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Hauptsache Glücklich

von

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Seeing and hearing

Am tag der Zeugnisse war ich ziemlich nervös und verbrachte Stunden damit, mein Outfit zu checken und zu optimieren. Außerdem spielte ich mit dem Gedanken, meine Brille zu Hause zu lassen und stattdessen Kontaktlinsen einzusetzen. Doch ich entschied mich doch für meine Brille, ich wollte nicht das Risiko eingehen, die Linsen wohlmöglich noch zu verlieren.

Die Feier fand am Abend in der Aula der schule statt. Fast alle Lehrer, Schüler und auch Eltern waren versammelt und trugen ihre schönsten Kleider und Anzüge zur Schau. Ich persönlich hatte mich für ein einfach geschnittenes türkises Kleid entschieden, dass wunderbar zu meinem Haar passte.

Ein letztes Mal sah ich mich im Spiegel und dachte noch daran, wie die anderen wohl schauen würden, weil ich so toll aussah (was ich natürlich nicht selbst beurteilen sollte, aber ich kam nicht umhin, es doch zu tun :o). dann ging ich zusammen mit meiner Mum zur Feier. Warum mein Vater nicht mitkam? Nun ja, ich kenne meinen Vater leider nicht. Mum sagt, er habe sie kurz nach meiner Geburt verlassen und seitdem habe sie nichts mehr von ihm gehört. Sie hat mal gehört, er sei bei einem Gebäudebrand ums Leben gekommen. Ich habe auch keine Geschwister, lediglich zwei Cousinen, mit denen ich aber recht wenig zu tun hatte, und das habe ich auch jetzt nicht ...

Die Schule war nicht weit von dem Haus entfernt, in dem ich lebte, also liefen wir ein wenig durch den angenehm warmen Nachmittagswind. Meine Mum hatte sich in ihr giftgrünes Kleid gezwängt und obwohl es doch schon ein wenig zu eng war, stand ihr die Farbe prächtig.

In der Aula angekommen, fiel mein Blick auch schon auf die vielen bunten Mädchen, die allesamt versuchten, die Schönste zu sein und die Jungen, die ihrerseits versuchten, am coolsten ihre Cola mit Schuss zu trinken. Dann erkannte ich meine drei besten und auch einzigen Freundinnen, die mir schon von einem großen runden Tisch zuwinkten. June, meine liebste Freundin von allen, trug einen schwarzen Blazer und einen braunen Rock, die Haare hatte sie elegant zu einem Knoten hochgesteckt. Sie war es auch, die meiner Sa einen Stuhl anbot. Cara, die zweite von ihnen, war komplett in dunkelrot gekleidet - eine Farbe, die sich wunderbar mit ihrem roten haar biss. Die dritte im Bunde hieß Danielle und sie sah von uns allen am prunkvollsten aus: sie trug ein blaues Samtkleid und in ihre Haare waren Perlen und blaue Haarteile eingeflochten. Sicher würde sie allen anderen die Schau stehlen. Insgeheim war ich schon immer etwas neidisch auf meine Freundinnen, denn jede von ihnen wirklich eine Schönheit und ich fühlte mich immer recht unwohl in ihrer nähe. Aber alle drei hatten auch ihre ungemütlichen Seiten und ich denke, ich bin nicht anders als sie. Das machte vielleicht auch unsere Freundschaft aus. Wir sind keine Konkurrentinnen, denn wir alle haben tolle Seiten, aber auch Fehler. Cara zum Beispiel ist ... na ja, eben kein Mensch für feste Bindungen, dafür hat sie aber immer ein aufmunterndes Wort parat. Danielle weiß nie genau, was sie will, aber in ihrer Nähe fühle ich mich geborgen. Und June ist manchmal sehr arrogant, aber sie ist auch intelligent und zielstrebig. Ich weiß, ich kann mich voll und ganz auf sie verlassen und sie würde mich niemals enttäuschen. Tja ... Und wenn ich jetzt an mich denke, wird es schon kompliziert ... Ich selbst konnte mich noch nie leicht charakterisieren. Man hört ja immer so Sprüche wie du kannst gut zuhören oder du bist hilfsbereit, aber um herauszufinden, wer ich wirklich bin, nützen mir diese Dinge nicht viel. und das kann ich mit Sicherheit sagen - auf der Suche nach Wahrheit über mein Selbst war ich schon immer.

Aber zurück zu der Abschlussfeier! (unglaublich, wie man manchmal von der eigenen Geschichte abdriften kann ...) wir vier Mädels redeten noch ein paar Minuten miteinander, dann klopfte irgendein Idiot an das Mikrofon, das oben auf der Bühne stand und die ganze Halle hielt sich die Ohren zu wegen dem furchtbaren Ton, den es von sich gab. Dann trat der Direktor auf die Bühne und ein höflicher Applaus schlich sich durch die Halle. Niemand konnte den Direktor so Recht leiden, er war etwas seltsam. Natürlich würde nächstes Jahr, wenn ich aus der Schule raus sein würde, einen neuen, jüngeren Direktor geben ... Der noch-Direx hielt seine äußerst ermüdende Ansprache, die einige von uns dazu brachte, sich mit dem Ellbogen auf dem Tisch abzustützen. Ich kenne bis Heute keinen zweiten, der es fertig bringt, so unverständlich in seinen nicht vorhandenen Bart zu nuscheln wie der Direktor. Ich dachte gerade daran, wie es wohl aussehen würde, hier zu gähnen, als er urplötzlich seine Rede beendete und die ersten Schüler aufgerufen wurden, um oben auf der Bühne ihr Zeugnis entgegenzunehmen. Von da an wurde ich wieder nervös und mein Blut pulsierte schon beinahe unangenehm in der Nähe meines Halses.

Nachdem vielleicht zwanzig Mann bereits ihr Zeugnis bekommen hatten, wurde ich zusammen mit McKeane, Corey und Lewis, Miranda nach oben gebeten. Mit zittrigen Knien und einem Frosch im Hals nahm ich mein Zeugnis entgegen und lief danach wieder zu meinem Tisch zurück, wohl darauf bedacht, mit diesen verflixten Absatzschuhen nicht abzuknicken. Nachdem ich den Weg erfolgreich hinter mich gebracht hatte, wurde mir wieder sehr schnell sehr leicht ums Herz und von jetzt an ging auch die Veranstaltung recht schnell vorbei. Wie erwartet zog Danielle alle Blicke auf sich und benebelte den Verstand der jungen, wie sie es immer tat und auch noch Heute tut. Nur den einen, den sie schon immer haben wollte, den bekam sie nie ...

Später am Abend, etwa gegen elf Uhr ging meine Mum schon nach Hause, doch wir Jugendlichen saßen noch eine Weile am Brunnen, der auf dem Schulhof stand. So spät am Abend war er bereits abgeschaltet, jedoch hatte er immer noch eine geradezu magische Wirkung auf mich ... Ich ließ meinen Blick über die spiegelglatte Oberfläche schweifen, und über den silbernen Vollmond, der sich darin widerspiegelte ... Da merkte ich erst, dass ich gar keine Brille aufhatte ... Ich hatte aber auch keine Kontaktlinsen! Was war mit meinen Augen los? In diesem Augenblick fiel mir noch etwas Seltsames auf: meine Augen hatten eine ungewöhnliche Farbe angenommen, sie wirkten fast orange. Vielleicht fiel das Licht nur ungünstig, also betrachtete ich meine Augen genauer in Danielles praktischem Taschenspiegel, den ich ihr aus der winzigen blauen Handtasche stibitzte. Und tatsächlich – meine Augen waren orange! Was hatte das nur zu bedeuten?

Als es fast um Zwölf war, beschloss ich, nach Hause zu gehen. Schließlich würde ich die anderen schon bald wieder sehen, wir würden ja in ein paar Tagen so wie so ins Freibad gehen. Also verabschiedete ich mich von Danielle, June und Cara. Wie hätte ich damals wissen können, dass dies einer der letzten Augenblicke sein würde, in denen ich meine Mädels sehen würde? Vielleicht hätte ich mich dann ganz anders verabschiedet ...

Ich ging nicht den üblichen weg nach Hause. Einerseits wollte ich noch ein wenig allein an der frischen Luft bleiben, andererseits liefen mir viel zu viele Verrückte durch die beleuchteten Straßen, die ihren Abschluss feierten. Ich nahm stattdessen einen abgeschiedeneren weg, der durch Gassen und einen Park führte. Auf einer großen Wiese hielt ich einen Moment inne, um den Mond anzusehen und die frische Nachtluft einzuatmen. Manchmal brauche ich solche Momente, die ich ganz für mich allein hatte. Auch jetzt gehe ich noch oft an verlassene Orte, schließe einfach nur die Augen und lausche der Natur. Aber am liebsten sehe ich den Mond an, er hat etwas ... Magisches. Ein Licht in der Dunkelheit; ein Wegweiser in der Undurchdringlichkeit der Nacht ...

Plötzlich hörten meine Ohren das Knirschen von schweren Schuhen auf dem Kiesweg, der die Wiese umschloss. Sie kamen schnell näher und mir wurde schon etwas unheimlich. Ich setzte meinen Weg rasch fort und binnen Sekunden wurde mir kalt und unbehaglich, denn die Schritte wurden schneller. Auch ich lief schneller und wagte es mir nicht, mich umzusehen. Ich war mir sicher, dass diese Schritte zu Männerschuhen gehörten, sie waren schwer und laut und sie kamen mir verdammt schnell nah. Als der Unbekannte nur noch ein paar Meter von mir entfernt zu sein schien, fing ich an zu rennen. Ich dachte schon, ich hätte meinen Verfolger abgehängt, doch da hörte ich seine Schritte auch schon wieder, er rannte, so wie ich. Mein Puls wurde schneller und der süßlich-bittere Geschmack von Adrenalin stieg mir den Hals hinauf und in meinen Mund. Ich merkte nicht einmal, dass meine Beine und meine Hände eiskalt und steif waren vom rauen Gegenwind, den das Rennen verursachte. Ich lief immer schneller und schneller und bog Gassen ein, die immer kleiner und kleiner zu werden schienen. Meine Lunge schmerzte und atmen konnte ich auch nicht mehr. Ich drehte mich gerade hektisch um und erblickte die dunkle Silhouette meines Verfolgers, als ich mit voller Wucht gegen eine Wand krachte und zu Boden fiel. Zu allem übel schmerzte jetzt auch noch mein Kopf. Dann bemerkte ich erst voller Entsetzten, dass ich direkt in eine Sackgasse gelaufen war! Ich war verloren! Ich hatte keine Chance zu entkommen, so viel war klar. Dann hatte ich noch die letzte Hoffnung, dass sich alles nur als ein Irrtum herausstellen und ich meinen Verfolger kennen würde, doch dann sah ich, wie dieser Kerl, mit einem Messer spielend, auf mich zukam. Ich hatte furchtbare Angst, in meinen Gedanken formten sich immer wieder Sätze wie ich werde sterben, und wie aus Reflex hielt ich mir die Hand schützend übers Gesicht. Ich hatte meine Gedanken schon gar nicht mehr unter Kontrolle, sie überschlugen sich ja fast. Ich dachte gleichzeitig an all die Dinge, die mir im Leben unangenehm waren; die Dinge, die wunderschön waren; die, ich wohl nie vergessen werde … und die wenigen Sekunden, die ich vor dem Mann geflohen war, der mich jetzt in eine Sackgasse gedrängt hatte …

Der Kerl war ganz nah bei mir und ich konnte seinen üblen Atem riechen und auch sehen, dass er wohl auf der Straße lebte. Er sah ein wenig russisch aus, es gab viele solcher Leute in der Stadt. Er bleckte seine Zähne und streckte seine gierigen Hände nach mir aus. ich schrie, er solle mich in Ruhe lassen und ich versuchte, ihn abzuwehren, das machte ihn nur noch wütender und er holte mit dem Messer aus und traf meinen Arm, den ich mir noch schützend übers Gesicht gehalten hatte. Als er das Blut sah, grinste er bösartig und holte zum zweiten, vielleicht viel gefährlicheren Hieb aus. Er hob das Messer weit nach oben und das ferne Licht der Lampen spiegelte sich darin. Doch plötzlich veränderte sich sein Gesichtsausdruck ...

Da geschah etwas mit mir, mein ganzer Körper kribbelte und mir wurde ganz warm. Ich betrachtete meine Hand, deren Nägel um das Dreifache wuchsen und beinahe krallenartig wurden und ich sah, wie sich orange-braunes Fell auf der Rückseite meiner Hand und auf dem gesamten Arm bildete. Dann wurde mein Blick schärfer, mein Gehör besser und ich wurde kleiner, kleiner ... Dann lehnte ich nicht mehr an der Wand, nein ich stand auf allen Vieren! Was war geschehen? Was war mit mir los?

Der Kerl fragte sich wahrscheinlich das Selbe, denn er blickte verdutzt auf mich und wurde plötzlich wieder wütend. Er stach mit dem Messer auf mich ein, ich huschte jedoch an ihm vorbei - was auch immer ich jetzt war ... Er fluchte und hetzte hinter mir her, doch ich war schneller und nach einer Weile konnte ich ihm im Dunkel der Nacht nicht mehr ausmachen.

Ich lief nach Hause, auch wenn ich nicht gerade gut mit meinen Beinen zurechtkam, außerdem schien ich einen Schwanz zu haben, über den ich ständig stolperte. Mein Herz raste noch immer wie wild. Ob der Kerl nun außer Reichweite war oder nicht, ich hatte immer noch unheimliche Angst, ich dachte an jeder Ecke daran, dass er hervorspringen und mich erwischen würde. Ich war kaum dazu fähig, alles so schnell zu realisieren, was soeben geschehen war. Aber: was war eigentlich genau geschehen?



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