Begegnung
Jaaahaaaaa!
Man glaubt es kaum: es geht weiter.^^°
Ich hoffe, ihr könnt euch überhaupt noch an die Geschichte erinnern…
*Hüstel*
(…)
Ich hoffe, ich habe euch beim letzten Mal nicht geschockt, was die Verletzungen von Shahi betrifft. Aber ich kann nicht leugnen, eine gewisse morbide Ader zu besitzen.
Es wird also noch öfter fies und auch ein wenig blutig werden, befürchte ich *Räusper*.
Bei Dämonen geht es nicht immer harmlos zu- und bei dem Kätzchen erst recht nicht!
Trotzdem und gerade auch für Hrafna (ich habs sogar früher geschafft): Viel Spaß^^
EINE ganze Vokabel- Miasma: Giftnebel
6. Kapitel: Begegnung
Kagome blinzelte benommen.
Was war geschehen?
Eben gerade noch war sie sich absolut sicher gewesen, sterben zu müssen, und nun…? In ihrem Kopf drehte sich alles.
War sie tot? Wo war sie? Vor ihren Augen lag Dunkelheit, sie konnte nur verschwimmende Schemen erkennen.
„Samûn!“
Der wütende, mehr einem gepressten Zischen ähnelnde Aufschrei drang wie ein Hieb in Kagomes Bewusstsein und rüttelte sie endgültig wach. Mit leichter Irritation stellte sie fest, dass sie noch immer im Gras der Lichtung kniete- und tatsächlich die aufkommende Kühle der Nacht auf ihrer Haut spüren konnte. Auch registrierte sie das Brennen verschiedener leichter Schürfwunden auf Knien und Beinen… Sie lebte noch?
Damit hatte sie nicht gerechnet… die finsteren Abgründe dieser Augen hatten sie scheinbar direkt in die Hölle saugen wollen. Wieder hatte sie das Gefühl vollkommener Hilflosigkeit und Ohnmacht überschwemmt. Alles in ihr hatte aufgeschrieen, sich in absoluter Todesgewissheit ein letztes Mal aufgebäumt, und dann waren ihr einfach die Sinne geschwunden.
Also, was um alles in der Welt…?
Waren die anderen doch noch rechtzeitig gekommen?
Inuyasha?
Aber warum war dann immer noch alles so still?
Sie hörte nur das Rauschen der Bäume, das letzte, zaghafte Zwitschern einiger Vögel, weit entfernt das raue Schreien einiger Krähen. Kein wütendes Gebrüll, keine Kampfgeräusche, keine ihr bekannten Stimmen. Nur diese schweren, angestrengten Atemzüge dicht neben ihr, das leise Rascheln von Kleidung
Langsam klärte sich ihre Sicht.
Das sich ihr bietende Bild war nicht unbedingt geeignet, ihr wild hämmerndes Herz zu beruhigen.
Sie fand sich unmittelbar vor dem verletzten Bein des schwarzen Youkai wieder, nur knapp außerhalb der Reichweite der tödlichen, voll ausgefahrenen Krallen eines vor Wut schäumenden Panther- Dämons.
Mit einem erschrockenen Luftholen wich sie zurück, stieß dabei gegen den Vorderlauf des direkt hinter ihr stehenden Pferdeyoukai - und gegen Shippou.
Sie überdachte ihre Situation.
Sie war zwischen einem sehr aufgebrachten schwarzen Panther und einem mit ausgesprochen unheimlichen Fähigkeiten ausgestatteten Pferd eingeklemmt, die sich- nach der vor Anspannung knisternden Atmosphäre und den vor Wut sprühenden Augen des Panthers zu urteilen- gerade im Moment nicht sonderlich wohl gesonnen waren.
Etwas in ihr sagte ziemlich laut und deutlich, das es jetzt sehr klug wäre, sich einfach wie Shippou zu verhalten: völlig reglos!
Shahi zerriss es förmlich vor Schmerz und Zorn. Sie war nicht mehr fähig, einen klaren Gedanken zu fassen, starrte nur in ungläubigem Entsetzen zu Samûn empor, der ihr die Miko geradewegs vor die Füße geworfen hatte.
Was bei allen Höllen Babylons hatte er vor?
Wieso betrog er sie um ihre Genugtuung?
Wieso schleppte er dieses Stück Abfall zu IHR?!
Dieser Mensch und sein Angstgeruch dicht vor ihren Klauen waren mehr, als sie ertragen konnte. Shahis mühsam aufgebrachte Selbstbeherrschung begann zusehends zu bröckeln. Wieder drängte das dunkle Feuer in ihr mit ungestümer Gewalt gegen die Fesseln ihres Bewusstseins, vermischte sich mit dem pochenden Schmerz und ihrer Wut zu einem Dröhnen, das ihren Verstand zu überwältigen drohte. Sie wollte irgendetwas zerfetzen, fremdes Blut an den Krallen spüren, sich in blindwütiger Raserei vergessen, Schmerzen zufügen, anstatt sie zu ertragen. Den Feind vernichten… Für einen Sekundenbruchteil vergaß sie sogar ihr Bein, als sie die Miko vor sich mit hungrigem Blick anstarrte.
Nur ein Hieb, ein einziger, schneller Schlag …
Samûn sah das weiße Flackern in den Augen seiner Vertrauten und schlug zu. Sein Huf traf ihr Handgelenk, prellte ihr das Schwert aus der Hand, das im hohen Bogen zur Seite flog und sich mit einem dumpfen Aufschlag einige Meter entfernt mit der Klinge voran tief in die weiche Erde bohrte. Shahi fuhr mit einem hasserfüllten, geifernden Jaulen hoch, schlug reflexartig nach ihm- und sank mit einem erstickten Laut zurück. Ihr Körper verkrampfte sich vor Qual, die Muskeln an dem verwundeten Bein und die Sehnen an den Händen begannen unkontrolliert zu zucken.
Dann erschlaffte sie und sank in sich zusammen.
Sie konnte nicht mehr.
Kagome war reflexartig zurückgewichen, als das Schwert urplötzlich auf sie zu kam, hatte aber noch nicht einmal Zeit gehabt, sich richtig zu erschrecken, bevor der Pferdeyoukai dazwischen gegangen war. Sie realisierte ungläubig, dass er sie tatsächlich beschützt hatte. Die Bewegung, mit der der Panther nach dem Schwert gegriffen und es aus der Wurzel herausgerissen hatte, war so schnell erfolgt, das sie gerade einmal einen verwischten Schemen hatte sehen können- und das Glitzern der auf sie gerichteten Schneide.
Unsicher sah sie auf, sah zu den Augen des Pferdeyoukai hinauf, die ihren Blick mit einer dunklen Entschlossenheit erwiderte. Sie wirkten wie unendlich tiefe Teiche voll eisigen, dunklen Wassers, ruhig, trügerisch glatt und friedlich, aber voll düsterer Abgründe. Kagome sah ihr eigenes Gesicht in diesen Augen gespiegelt, den Schrecken, der sich noch immer auf ihm abzeichnete.
Warum …?
Sie registrierte verblüfft, wie auf einmal jegliche Furcht aus ihr wich, als würde sie aus ihr herausgezogen und durch eine felsenfeste Gewissheit, das hier überleben zu können, ersetzt wurde. Allerdings nur, wenn… Kagome wurde die Bedingung, an der ihr Überleben hing, so deutlich bewusst, als hätte der Pferde- Dämon es laut ausgesprochen. Ihre unerträgliche Furcht von eben, jetzt das? Konnte er etwa…?
Sie öffnete den Mund, wollte etwas sagen, doch eine kaum merkliche Regung des Panthers und ein rasselndes Atemholen lies sie beide wieder aufblicken.
Der Pantheryoukai öffnete mühsam die Augen, starrte erschöpft ins Leere. Das weiße Flackern war erloschen, die Iris dunkel und wie von einem stumpfen Schleier überzogen. Kagome schluckte schwer, als sie die Feuchtigkeit in den Augenwinkeln sah. Es trieb ihm wirklich die Tränen in die Augen?
Kagome lief ein Schauer über den Rücken, als sich das Gesicht des Youkai erneut vor Schmerz verzerrte und ein von unsäglicher Pein erfülltes Ächzen ertönte. Sie umklammerte unwillkürlich den Rand ihres Rocks.
Das war unerträglich!
Die Tatsache, dass er sie eben hatte töten wollen, und das ihr ein weiteres Mal der Tod angedroht worden war, sollte sie ihm nicht helfen, verlor in diesem Augenblick völlig an Bedeutung. Niemand hatte es verdient, so leiden zu müssen, egal ob Mensch, Dämon oder was auch immer. Sie konnte ihm helfen, sie konnte es zumindest versuchen. Sie würde es nicht ertragen, wenn sie es nicht wenigstens einmal versucht hätte.
„Bitte… lass mich dir helfen. Ich…“
Sie verstummte.
Kagome wusste nicht, was sie noch sagen sollte.
OoO
Shahi starrte in den immer dunkler werdenden Himmel hinauf. Die dünne Sichel eines zunehmenden Mondes schob sich langsam über die Baumwipfel.
Ein Sichelmond…
Sie ertappte sich bei der Frage, was ER jetzt in diesem Moment wohl gerade tat- und verspürte ungeheure Dankbarkeit dafür, dass er sie nicht in diesem Zustand, in dieser erbärmlichen Lage sah. Von Menschenhand gefallen, vielleicht durch Menschenhand gerettet… Seine Reaktion konnte sie sich lebhaft vorstellen! Aber als ob es drauf noch ankommen würde…
Sie spürte Samûn in ihrer Seele. Seine Präsenz verströmte Ruhe, Zuversicht und Kraft. Für einen Augenblick wurden ihre Gedanken wieder klar. Sie hatte ihm immer vertrauen können. Wenn er es versuchen wollte, wenn er diesem verrückten Mensch glaubte, dann…
Seine Reaktion von eben zeigte unmissverständlich, was er von der Situation dachte. Er wollte es versuchen- und er würde sie mit Gewalt von jeder aggressiven Handlung abhalten, bevor dieser Versuch nicht erfolgt war.
Er konnte diese Miko immer noch mühelos töten.
Und sie notfalls von diesem Stück schwärenden Fleisches befreien…
Shahi würde die Jagd beenden, gleich, wie viele Gliedmaßen ihr noch zur Verfügung stünden.
Was dann geschehen würde, war ihr gleichgültig. Sie wollte diesen Bastard durch ihre Krallen verrecken sehen. Und wenn sie gemeinsam zu Hölle fahren würden, dann sollte es eben so sein.
Aber stünden ihre Chancen nicht wesentlich besser, wenn ihr Körper noch intakt wäre? Nicht für das Töten, sondern für die Jagd an sich? Was dieser Beute an Macht fehlte, machte sie durch Erfahrung und Klugheit wett- und er kannte sie. Er kannte sie verdammt gut! Und jetzt.. gerade jetzt würde sie alle ihre Kräfte brauchen.
Ihre Gedanken begannen, sich in ihrem Kopf zu drehen.
Es war gleichgültig, wie sie sich entscheiden würde.
Samûn hatte die Entscheidung für sie getroffen. Und sie war zu schwach, um sich dagegen wehren zu können. Es war sinnlos, weiter dagegen anzukämpfen.
Shahi drehte schwerfällig den Kopf. Die Miko hockte mit weit aufgerissenen Augen vor Samûn und sah sie voll aufrichtigen Mitleids an.
Mitleid…
Alleine dieser Anblick trieb ihren Puls wieder jäh in die Höhe. Shahi verspürte den intensiven Drang, diese unerträglichen Augen augenblicklich auszureißen! Ein Mensch hatte Mitleid mit IHR?? Wieder fühlte sie dieses groteske Lachen in sich emporsteigen, doch sie hatte einfach keine Kraft mehr. Zu gar nichts mehr…
Shahi ahnte, dass sie ihrer Stimme nicht mehr trauen konnte und nickte der Miko lediglich zu.
Sie hatte nichts mehr zu verlieren.
Noch nicht einmal mehr ihren Stolz.
Das Mädchen seufzte unendlich erleichtert auf, als wäre ihr eine schwere Last von den Schultern gefallen.
Eilig rückte sie näher, glitt neben ihr in den Kniesitz. Vorsichtig riss sie die zerfetzte Hose weiter auf und legte die Wunde großflächig frei. Sie hob die Hand, wollte schon nach dem Geschoss greifen- und zögerte. Ein wenig ängstlich musterte sie den Pfeil.
„Vielleicht wird es etwas wehtun, ich habe so was erst einmal gemacht, und das war irgendwie anders…“
Shahi ließ ihren Kopf mit einem Knall gegen den Baumstamm fallen.
~~
Miroku schluckte.
Wo blieben bloß Sango und Kagome?
Allmählich begann er sich ernsthaft Sorgen zu machen.
Allerdings nicht unbedingt um die beiden Frauen!
Er machte sich nichts vor: ihm war sehr, sehr mulmig zumute.
Manchmal war die Verwandtschaft zwischen Inuyasha und Sesshoumaru aber auch zu eindeutig, auch wenn die Wirkungsweise der tödlichen Blicke unterschiedlich zu sein schien- statt zu Eis zu erstarren, befürchtete der Houshi jeden Augenblick in ein Häuflein Asche zu zerfallen. Der Mönch fühlte die brennenden Blicke in seinem Nacken, als würde man ihn mit glühenden Messern traktieren. Inuyasha schien tatsächlich ernsthaft wütend zu sein. Wieso eigentlich? Konnte dieser Hitzkopf denn nicht einmal ein bisschen Verständnis für einen armen Houshi und dessen strapazierte Nerven aufbringen? Miroku seufzte abgrundtief. Er fühlte sich missverstanden, ganz eindeutig missverstanden. Auch Sango und Kagome hatten ihm einige undeutbare Blicke zugeworfen, bevor sie ihn mit Inuyasha alleine gelassen hatten. Standen sie jetzt etwas auch nicht mehr auf seiner Seite? So was Undankbares! Er hatte schließlich auch in ihrem Interesse gehandelt.
Wahrscheinlich würden sie ihn nicht einmal mehr beschützen, wenn er Inuyasha befreite- denn ewig konnte er ihn wohl kaum unter dem Bann lassen. Obwohl Miroku dieser Gedanke recht verlockend erschien, bedachte er die wahrscheinliche Reaktion den Hanyou.
Miroku rieb sich die Schläfen. Die Situation war verfahren. Er MUSSTE Inuyasha irgendwann befreien, aber ihn auch gleichzeitig irgendwie so ablenken, das der seinen Zorn auf ein anderes Ziel konzentrieren würde… aber zu warten, bis Naraku sich ihnen in den Weg stellen würde? Das würden schon alleine die Anderen nicht zulassen. Bei ihrer Rückkehr würden sie darauf bestehen, dass er Inuyasha befreite… und er wäre dem Zorn des Hanyou ausgesetzt!
So ungerecht, lamentierte er innerlich. Er hatte es doch nur gut gemeint. Waren seine Sünden so groß, sein Karma so schlecht, dass seine Bemühungen so vergolten wurden? Konnten ihm Buddha und überhaupt mal ein paar der zahlreichen Götter denn nicht einmal gnädig sein?
Miroku warf einen vorsichtigen Blick auf Inuyasha, zuckte aber unter dem wilden Funkeln in den goldenen Augen verstört zusammen. Irgendwie war ihm vorher noch nie so richtig bewusst geworden, das der Hanyou schlitzförmige Pupillen besaß… das waren nicht die Augen eines Hundes, sondern die eines Drachen kurz vor dem Zustoßen!
Miroku ließ entmutigt den Kopf hängen.
Oh, Ehrwürdiger Buddha, Ihr Götter, wer auch immer, verlangt, was ihr wollt, ich werde es tun, nur errettet einen armen Mönch aus höchster Not…
Die Youki- Explosion war zwar schwach, aber deutlich spürbar und von einem eindeutigen Brandgeruch begleitet.
Und sie kam aus der Richtung, in die Kagome und Shippou verschwunden waren.
Augenblicklich war Miroku auf den Beinen.
Noch nie hatten der Erleuchtete und der gesamte Pantheon der Gami ein so inbrünstiges „Danke“ zu hören bekommen wie in jenem Moment, als Miroku nach dem Bannzettel auf Inuyashas Stirn griff.
OoO
„Kirara?“
Sango blickte alarmiert auf, als sich die Nekoyoukai mit einem erregten Fauchen in ihre große Form verwandelte. Sie kannte ihre Freundin gut genug, um den gerade erlegten Frischling fallen zu lassen und sich augenblicklich auf ihren Rücken zu schwingen. Nur einen Atemzug später raste die Feuerkatze zielstrebig im Tiefflug über das dichte Laubdach des Waldes hinweg, einen Flammenschweif hinter sich herziehend. Sango beugte sich tief über den massigen Nacken, vergrub ihre Finge in der dichten Mähne. Ihre andere Hand umfasste den Griff Hiraikotsus.
Was auch immer Kirara mit ihren feinen Sinnen gespürt hatte- Sango würde bereit sein.
~~
Shahi atmete tief aus, als die Miko nach dem Pfeil griff, konzentrierte sich, nahm die letzten Reste ihrer Selbstkontrolle und Fassung zusammen. Doch als die Fingerspitzen der Menschenfrau den Schaft berührten und die ersten heftigen Reaktionen die Welt in Agonie versinken ließen, wusste Shahi, dass es nicht ausreichen würde.
OoO
Kagome sah erschrocken, wie der Pfeil unter ihrem Griff hell aufleuchtete. Feine Linien aus läuternder Energie breiteten sich wie die Verästelungen alles verbrennender Blitze über das schon versengte Fleisch aus und brachten das Blut zum Kochen. Mit einem schrillen Kreischen bäumte sich der Youkai auf, grub die Klauen in die Wurzeln des Baumes. Das Eisenharte Holz zersplitterte wie eine Papierlaterne unter der Kraft des Dämons, der sich in Qualen unter den Händen der Miko wand und sich den Pfeil so noch tiefer ins Fleisch trieb.
Kagome wurde von der heftigen, unkontrollierten Bewegung mitgerissen, verlor fast den Griff um den Pfeil. Der Pferdeyoukai packte die Schulter des Panthers mit dem Maul, versuchte, ihn niederzuhalten. Ein ungezielter Prankenhieb riss tiefe, heftig blutende Furchen in sein Gesicht, doch der Youkai zuckte nicht einmal zurück, hielt weiter eisern fest.
Kagome biss verzweifelt die Kiefer aufeinander, versuchte, mit den unwillkürlichen Zuckungen mitzugehen, sich irgendwie zu konzentrieren, den Pfeil aufzulösen, wie sie es bei Inuyasha gemacht hatte…
Wie bei Inuyasha?
Sie umklammerte den Pfeil mit aller Kraft, die sie noch aufbringen konnte, stemmte die Knie gegen das zitternde Bein des Youkai und zog!
Ihr wütender Schrei ging in dem tierischen Aufbrüllen des Panthers unter.
Noch einmal leuchtete der Pfeil grell auf, tauchte die nachtdunkle Lichtung in schimmerndes Licht- und zerbarst in einer heftigen Explosion!
Etwas wie ein dumpfer Schlag prallte gegen ihren Körper und schleuderte sie wie eine Puppe rücklings davon. Ihr letzter Gedanke, bevor ihr Hinterkopf äußerst unsanft mit dem Erdboden Kontakt aufnahm, war eine innerliche Ohrfeige. Das hatte man davon, wenn man helfen wollte…
„Au! Verdammt…“
Kagome blinzelte, um die bunten Punkte vor ihren Augen zu vertreiben. Sie lag lang ausgestreckt im Gras und blickte geradewegs in einen samtig –schwarzen Himmel, auf dem zahllose Sterne wie Diamanten funkelten. Wunderschön. So friedlich…
Kami, mach, dass es jetzt gut ist, bitte… Sie nahm sich vor, sonst einfach wieder bewusstlos zu werden. Eine weitere tödliche Bedrohung innerhalb der nächsten zwei Sekunden war einfach eine zuviel. Dann hätte sie ihr Glück definitiv überstrapaziert und würde vermutlich einfach sterben. Sie hielt beides für möglich- das es nicht geklappt hatte und das Pferd sie töten würde, oooder es HATTE geklappt- und sie würden sie töten, damit der Pantheryoukai sie schlicht fressen konnte. Nach dieser Aktion war er bestimmt ziemlich müde und hungrig…
Sie schloss erschöpft die Augen. Langsam wurde es Zeit, dass sich ein gewisser Hanyou zu Wort meldete- Ach, nein, den hatte ein genervter Mönch in seiner grenzenlosen Weisheit ja gebannt…
Seit wann verfügte sie überhaupt über solchen Galgenhumor?
Du musst echt fertig sein, Kagome, wenn du schon zynisch wirst…
Ein rasselndes, bösartiges Grollen ließ sie augenblicklich hochschnellen.
Oh, Nein…
Die Explosion war heftig gewesen.
Der Baum, unter dem der Panther gelegen hatte, lag halb auf der Seite, zahllose Äste einfach weggerissen. Der Pferde- Dämon war zurückgeschleudert worden, lag einige Meter von den Trümmern entfernt reglos am Boden, den besinnungslosen Kitsune immer noch an seinem Bein hängend. Die Energie- Entladung des Pfeils hatte ihm scheinbar im Gegensatz zu ihr böse zugesetzt. Sie musste jedem Dämon übel zugesetzt haben… Shippou!
Wieder dieser Laut, noch wilder und tiefer als zuvor. Kagome spürte, wie sich ihr die Nackenhaare sträubten.
Im Schatten der Bäume hockte etwas, was nur noch entfernte Ähnlichkeit mit einem intelligenten Wesen hatte. Der Panther kauerte auf allen Vieren, die Kleidung nun wirklich nur noch in blutigen Fetzen herunterhängend. Um ihn herum schien sich die Luft zu verdunkeln, wogende Schwärze breitete sich wie Nebel über die Lichtung. Jegliche Farbe war aus seinen Augen gewichen- sie leuchteten in einem wabernden, unstetem Weiß, wie schwelende Glut. War sein Körper vorher noch annähernd menschlich gewesen, so war er jetzt grotesk verzerrt, schien vor lauter Anspannung gekrümmt und gleichzeitig gewachsen zu sein. Wie ein Tier kurz vor dem Sprung… Und mehr war er wohl auch nicht mehr. In seinem Oberschenkel gähnte ein schwarzrot schimmernder Krater aus verbranntem Fleisch und geronnenem Blut.
Ihre Blicke begegneten sich, und er entblößte die Fangzähne zu einem heiseren, gierigen Fauchen.
Okay.
Dritte Möglichkeit.
Einfach den Verstand verlieren und den umbringen, der diesen Höllenschmerz von eben verursacht hatte.
Ganz eindeutig.
Kagome beschloss, ebenfalls instinktiv zu reagieren.
Sie sprang auf und rannte!
Sie rannte wie noch nie zuvor in ihrem Leben und schrie, was ihre Lunge hergab. Nicht, das sie ernsthaft damit rechnete, dass es etwas nützen würde…
Aber sich wie ein Lamm auf der Schlachtbank zu ergeben, das kam einfach nicht in Frage. Und vielleicht…
Kami, Inuyasha…
Sie fühlte, wie der Panther hinter ihr los sprang, unfassbar schnell und lautlos, sie spürte seine Aura näher kommen, nur ganz schwach, sogar rasant schwindend- doch für sie würde es noch reichen!
Dann geschahen mehrere Dinge gleichzeitig.
Mit einem wütenden Brüllen versuchte sich der Pferde- Dämon wieder aufzurappeln.
Dann krachte es im Gebüsch und etwas Rotes schoss mit einem gellenden Kampfschrei auf die Lichtung, warf sich zwischen Kagome und ihren Jäger. Mit einem Zischen sauste die gewaltige Klinge eines Schwertes herab- genau auf den geifernden Panther- Dämon zu, zu schnell und nah, als das er hätte ausweichen können…
Nur Sekundenbruchteile danach schlug Hiraikotsu mit einem erderschütternden Aufprall direkt vor den Hufen des heranstürmenden Pferde- Dämons ein, der sich mit einem gewaltigen Sprung zu Seite warf und nur einen Atemzug später von einer wütenden Kirara attackiert wurde.
Kagome bekam einen heftigen Stoß in den Rücken, als ein Körper gegen sie prallte, wurde erneut zur Seite geschleudert und zu Boden geworfen. Sie schrie auf, als sie auf ihren bereits lädierten Knien landete.
Ihr Schrei kam gleichzeitig mit dem entsetzten Aufkeuchen Inuyashas- und einem unendlich zufriedenen, lang gezogenen Grollen voller Blutgier.
Inuyasha lag flach ausgestreckt auf dem Rücken, schiere Fassungslosigkeit im Gesicht.
Der Dämon war über ihm, eine Klaue in seinem Schwertarm gegraben, den anderen Arm mit einem Hinterbein förmlich an den Boden genagelt. Die halb gebleckten Fangzähne schwebten dicht über ihm, heißer Atem blies ihm stoßweise ins Gesicht.
Inuyasha bäumte sich mit einem wütenden Knurren gegen das Gewicht seines Gegners auf, versuchte, Tessaiga zu heben, doch ein brutaler Ruck riss seinen Arm nach oben, renkte ihm fasst die Schulter aus und ließ die Knochen seines Handgelenks knirschen. Gleichzeitig bohrte sich das andere Hinterbein mit den Klauen voran in seinen Magen, trieb ihm die Luft aus den Lungen und ließ grelle Flecken vor seinen Augen tanzen.
Tessaiga glitt ihm aus den Fingern, rutschte klappernd über das taufeuchte Gras und blieb dicht über seinem Kopf liegen- unerreichbar.
oOo
Das Blut rauschte in ihren Ohren, in ihrem Geist, spülte jeden klaren, nüchternen Gedanken ins Nichts.
In ihrem Verstand herrschte völlige Leere
Die Witterung von frischem Blut, Schrecken und aufkommender Furcht drang ihr süß und verlockend in die Nüstern, nährte das Wüten, die Gier in ihr. Ihre Nerven und Muskeln vibrierten im Takt des hämmernden Pulsschlages.
Keine Wut, keinen Hass, keinen Schmerz- nur pure Lust, freudige Erregung, den rauschhaften Zustand der völligen Extase, der ihren Körper mit einer Macht durchströmte, das sie glaubte, gleich zerbersten zu müssen..
Sie genoss es hemmungslos.
Ihr Atem ging hart und keuchend, als sich die Rippen ihres Opfers unter ihrem Gewicht bogen, es angestrengt nach Luft schnappte.
Ihre Sinne spürten weitere Präsenzen um sie herum, der Geruch von Entsetzen, Zorn und Kampf lag in der Luft und jagten ihr wohlige Schauer über den Rücken.
Mehr…
Viel mehr…
Langentbehrter Genuss des Blutrausches…
Befreiung aller Instinkte und Triebe.
Töten.
Ein freudiges Wimmern entwich ihr, als sie die Pranke hob, den Blick auf die Beute richtete, um zu sehen, wie sich ihre Krallen durch das weiche Fleisch der Kehle fraßen, sie zerfetzten, sich in sie hineingruben...
Dann berührte sie etwas.
Ein Hauch, eher eine Ahnung von etwas bekanntem, vertrautem, das durch die weiße Wand in ihrem Geist drang, sanft, aber unerbittlich an ihrer Seele zog und ihr Bewusstsein weckte.
Eine Erinnerung kämpfte sich durch den trägen, blutigen Nebel in ihrem Inneren.
Goldene Augen!
Sie kannte diese Augen!
oOo
Ein Beben durchlief den angespannten Körper des Pantheryoukai.
Die erhobene Pranke mit den sichelförmigen Krallen sank zögerlich nach unten.
Sein leerer Blick wanderte langsam von Inuyashas Gesicht nach oben, über seine Haare, seine Ohren hinweg- und blieb an der matt schimmernden Klinge Tessaigas hängen.
Einen Moment lang starrte der Youkai auf das Schwert, während das irrsinnige Weiß aus seinen Augen durch von rasendem Schmerz getrübtes Grün verdrängt wurde. Wieder glitt sein Blick zurück zu Inuyashas Augen, er blinzelte mehrmals, als würde er aus einem bösen Traum erwachen. Ein leises, schmerzerfülltes Jaulen drang aus seiner Kehle, als er endgültig zu sich kam.
Langsam, geradezu vorsichtig löste der Panther seinen Griff und wich zurück, während sein Körper vor ihrer aller Augen zu schrumpfen schien.
Dann begann er leicht zu schwanken.
Miroku stürzte gerade noch rechtzeitig auf die Lichtung, um zu sehen, wie der Youkai leblos zusammenbrach.
~~
Einige Atemzüge lang herrschte gefrorene Stille in der Höhle.
Dann ließ sich Kongen am ganzen Leib schlotternd auf seinen Futon zurückfallen.
Bei allen Göttern- DAS war knapp gewesen!
Er holte zitternd Luft, als er sich die letzte Szene vor Augen rief.
Beinahe…
Schaudernd blickte er auf die schimmernde Wasserfläche vor ihm. Er konnte gerade noch sehen, wie sich der Hanyou erhob und sich die Menschen um ihn und die bewusstlose Pantheryoukai versammelten. Die Miko kniete neben ihr nieder, dann erschien der blutige Kopf des Pferde- Dämons im Bild. Einen Moment lang schienen alle aufgeregt miteinander zu sprechen, besonders der Hanyou gestikulierte lebhaft mit beiden Händen, ballte sie zu Fäusten- und schien frustriert aufzugeben, als sich die Miko drohend vor ihm aufbaute.
Der Mönch und die Taijiya schickten sich an Shahi aufzuheben, während die Miko - Kongen kniff die Augen zusammen - etwas kleines Braunes vom Bein des Pferde- Dämons pflückte?
Der Youkai runzelte irritiert die Stirn.
Er war wohl eindeutig nicht mehr in der Lage, sich ausreichend zu konzentrieren.
Durch die heftigen Aggressionen und das freigesetzte Youki war das Bild eh die meiste Zeit sehr unruhig gewesen… das Wasser hatte gezittert, als würde sich der Kampf direkt in seiner Höhle abspielen.
Und nun…
Mit einem unendlich erleichterten Seufzen strich er über den Rand der Schale. Das Bild leuchtete kurz auf und verlosch.
Sie lebten noch. Alle miteinander. Gerade noch so eben…
Das war einfach zuviel Aufregung für einen alten Dämon!
Das lief alles völlig anders, als er es sich erhofft hatte!
Eigentlich war es überhaupt nicht seine Art, aber hier halfen die althergebrachten Methoden der Beruhigung nicht mehr.
„Kozo! Sake! Und zwar den ganzen Krug!“
Kongen hob die feine und Reichverzierte Porzellanschale auf, goss das Wasser ab und stellte sie vorsichtig in die Felsnische über seinem Lager. So zittrig wie er jetzt war und so betrunken, wie er gleich sein würde, durfte so ein kostbares Kleinod nicht einfach so frei im Raum herumstehen.
„KOZO!!!“
Der Tanuki schob vorsichtig seinen Kopf aus einem Tunnel.
„Kongen- Sama? Ist… ist euer Plan aufgegangen?“
Kongen ließ sich aufseufzend mit unterschlagenen Beinen auf seiner Matte nieder.
„Ist er. Sake! Und zwar den Guten! Der braune Krug!“
Der Diener wurde bleich unter seinem Fell.
„Der? Aber, Kongen- Sama, den habt ihr doch für meinen Vetter beiseite gestellt…“
Ein Blick reichte, um den Tanuki aufkeuchend davoneilen zu lassen.
Kongen schauderte, als er an die dunkle, bösartige Aura dachte, die er sogar durch den Wasserspiegel hindurch hatte spüren können. Ahnten die Menschen überhaupt, was sie da in Gang gesetzt hatten? Was sie im Begriff waren, aufzuwecken? Solange hatte diese Seite in ihr geschlafen, zu Ruhe gebracht durch seinen alten Freund, und wohl noch niemals zuvor war diese Raserei gegen Menschen gerichtet worden… und ein übereifriger Dämonenjäger drohte alles mit einer einzigen Dummheit zunichte zumachen.
Er schüttelte sich.
Wenigstens war sie wieder zu Verstand gekommen, bevor sie dem Jungen oder der Miko etwas angetan hatte. Und bevor ihre Raserei ihren Körper endgültig überfordern konnte…
Doch war das Tor zur Hölle nun ein Stück weit offen- ob Edo es durchschreiten würde lag verborgen in der Zukunft.
Der Gegenstand in dem Tuch- was würde er nun bewirken? War es ein Fehler gewesen, ihr ihn wiederzugeben? Dieser dämliche, unsäglich dumme Mensch… Narr!
Er brauchte Sake!
„KOZO!!“
Der Tanuki wankte unter dem Gewicht des Tonkruges.
„Kongen- Sama, was soll ich denn jetzt meinem Vetter sagen? Er wird glauben, ich sei an allem schuld…“
Kongen riss seinem Diener den Krug aus der Hand, öffnete den Verschluss und setzte sich das Gefäß ohne weitere Umstände an den Mund.
Kozo beobachtete mit immer größer werdenden Augen, wie sein ehrwürdiger, weiser Herr in langen, gierigen Zügen beinahe den halben Krug in sich hineintrank, bevor er ihn mit einem tiefen Atemzug wieder auf den Boden stellte und erleichtert die Schultern fallen ließ.
Kozo war entsetzt.
„Herr, ihr werdet das nicht vertragen. Ihr habt keine Übung darin, soviel auf einmal zu trinken…“
„Meinst du, ich sollte mich an deinen Beutezügen in meinem Weinkeller häufiger beteiligen?“ murmelte Kongen. Der Alkohol wirkte in der Tat schnell. Ihm wurde bereits schwindelig. Wer hatte je behauptet, Alkohol würde Youkai nichts ausmachen?
Er trank gerne Sake. Zwei, vielleicht drei Schalen über einen ganzen Abend verteilt, zusammen mit einem guten Essen, einer anregenden Unterhaltung, nur um den feinen Geschmack zu genießen… Pah!
Es gab wohl kaum einen besseren Zeitpunkt mit dem richtigen Saufen anzufangen, als diesen.
Hatte er mit zu hohem Einsatz gespielt?
War es ein Fehler gewesen, Kozos Verwandtschaft auf den jüngeren Sohn und dessen Truppe anzusetzen- um sie zu ihr zu locken? Diese Verrückten zu beherbergen, sie zum Wald zu schicken… Und mitten in der Schusslinie diese Kräuter zu verbrennen, um genügend Youki freizusetzen, damit dieser Mönch endlich seinen elenden Bannzettel ablöste! Kein Wunder, das der Tanuki aus der Haut gefahren war.
Es hatte Kozo einiges gekostet, seinen Vetter zu diesen Aktionen zu überreden- unter anderem ein Fass von Kongens bestem Sake, weitere Kräuter aus seinen Vorräten und einige nachdrückliche Drohungen, die sein Vetter herzlich erwidert hatte. Letztlich hatten wohl doch Wein und Kräuter den Ausschlag gegeben, aber Kongen hatte gar nicht gewusst, das Tanukis über einen derartigen Reichtum an Flüchen und Schimpfwörtern verfügten.
Doch trotz all seiner Mühen: Beinahe wäre das Mädchen gestorben- und Inuyasha!
Was hätte sein alter Freund gesagt, wenn er schon so früh mit seinem Sohn im Jenseits vereint worden wäre? Kongen war sich sicher, das er seinem Unmut nachdrücklich Luft gemacht hätte- tot oder nicht. ER hatte sich noch nie von derlei Kleinigkeiten beeindrucken lassen!
Wieder erschauderte Kongen.
Er hätte damit rechnen müssen, dass die Hilfe der Miko nicht gerade auf Begeisterung stoßen würde. Wäre dieser Wind- Geist, dieser Pferde- Dämon nicht gewesen…Shahi hätte dem Mädchen mit Freuden beim Sterben zugesehen. Und was der Hanyou dann getan hätte- alles wäre vorbei gewesen, bevor es überhaupt richtig hätte beginnen können.
Aber hatte er eine Alternative gehabt?
Nein, entschied er.
Es war die einzige Möglichkeit gewesen, sie zu retten, sie zusammenzubringen und es war gerade noch rechtzeitig geschehen- auch, wenn Shahi ihn umbringen würde, sollte sie jemals herausfinden, dass er dahinter steckte.
Hoffentlich würde es auch in Zukunft das Schlimmste verhindern.
Für die wilde Raubkatze aus der Wüste.
Und vielleicht für ziemlich viele Lebewesen auf diesem und noch einem anderen Teil der Welt.
Und für Edo.
Er hing an diesem Baum!
Moment…Seit wann gab es diese Wurzel doppelt?
Irrte er sich, oder begann er tatsächlich bereits zu schielen?
Du hast wirklich keine Übung, alter Mann…
Kozo schenkte ihm fürsorglich eine weitere Schale Sake ein und reichte sie ihm, vergaß allerdings nicht, auch für sich ein Schälchen abzuzweigen. Dann ließ er sich neugierig auf sein breites Gesäß plumpsen. Nachdem die Zeit der Anspannung vorbei war und sein Meister scheinbar die Freuden des Daseins zu entdecken schien, überdachte der Tanuki noch einmal das Geschehene. Er verstand in der Regel nicht viel von dem, was sein Meister plante, aber eines irritierte ihn. Es war ihm durchaus nicht entgangen, dass das Gelingen des Planes auf der Schneide eines Schwertes gestanden hatte und der jüngere Sohn des alten Hundes beinahe durch diese wahnsinnige Katze ums Leben gekommen wäre. Und es war ihm ein Rätsel, warum sein Herr nicht zur nächstliegenden Lösung gegriffen hatte, anstatt vor Spannung und Sorge fast einem Herzstillstand zu erleiden. Der Tanuki gab nicht sehr viel auf Würde und Ansehen, aber DAS wäre für einen tausende von Jahren alten Baumgeist doch ein wirklich schmähliches Ende gewesen.
Nach Kozos Wissen gab es nur noch eine lebende Person, vor der das Biest einigermaßen Respekt verspürte.
Kein Wunder!
Sie waren Einer schlimmer als der Andere!
„Verzeiht, wenn ich so dreist frage, Kongen- Sama… Aber wieso habt ihr nicht den Inu no Taisho benachrichtigt und um Hilfe gebeten? Für ihn wäre es doch ein leichtes gewesen, diesen Pfeil zu vernichten. Schließlich kennen sich der Fürst und...“ Kozo verstummte, als er den Gesichtsausdruck seines Meisters sah.
Kongen war kreideweiß geworden und starrte seinen Diener mit entsetztem Blick an.
„Sesshoumaru?!?“
Er stürzte den Sake mit einem hastigen Schluck herunter und griff in beinahe derselben Bewegung wieder nach dem Krug. „Auf keinen Fall!“
In dem verblüfften Gesicht seines Dieners konnte Kongen die Frage nach dem „WIESO?“ so deutlich erkennen, als hätte der sie laut ausgesprochen. „Weil sie dann schneller tot gewesen wäre, als es sich diese arroganten Priester je hätten erträumen können!“ erklärte er düster und setzte das Gefäß an.
Der Baumgeist trank den Krug leer, ohne auch nur einmal abzusetzen. Er schaffte es gerade noch, das schwere Behältnis dem völlig fassungslosen Tanuki wieder in die Hände zu drücken und einmal kräftig aufzustoßen, bevor er sich mit einem glückseligen Lächeln in eine wohltuende und ebenso wohlverdiente Ohnmacht fallen ließ.
~~
Die lange, mit einer Reihe nadelspitzer Zähne bewerte Schnauze grub sich wütend in den flach gedrückten Nadelteppich.
Fort.
Die Witterung der Beute hing zum Greifen dick in der Luft, entströmte dem Erdreich in dichten Schwaden.
Und doch…
Frustriertes, enttäuschtes Brummen.
Gerade eben noch hatte sich das Opfer nicht rühren können, und nun plötzlich… auch der Mensch war fort, war ihm gefolgt.
Das Wesen ließ seine Kiefer klirrend aufeinander schlagen, weißer Speichel spritzte über den Fleck Laub und Nadeln, an dem noch dieser verlockende Duft hing.
Entkommen.
Einen Augenblick lang starrte es in die Richtung, wo ihre Beute verschwunden sein musste. Noch könnte es sie verfolgen, die Hatz zu Ende bringen und seinen Hunger, seine Gier stillen, die von Minute zu Minute heißer in ihm brannten. Es brauchte nur die Fährte weiter zu verfolgen. Weit konnte das Wild noch nicht sein… Seine Muskeln begannen, vor Vorfreude zu zucken. Nur noch ein kurzer Spurt, dann…
Doch ein Windhauch machte alle seine Sehnsüchte zunichte.
Sie kehrten zurück!
Wie unter einem Hieb zuckte die Bestie zusammen, als sie Witterung aufnahm und unter den verschiedenen Gerüchen eine nur zu vertraute Duftspur erkannte.
Mit einem jappenden Laut fuhr es herum und verschwand wieder im Unterholz.
Die Jagd war verloren.
Es war nicht schnell genug gewesen… sein Meister würde nicht erfreut sein.
Und es hatte nicht einmal genug Zeit, seinen Zorn an seiner Umgebung abreagieren zu können.
Es konnte nur versuchen, zu flüchten, bevor seine eigene Witterung erkannt wurde.
Und seinen Hunger zu unterdrücken, der sich immer heißer durch seine Adern brannte.
Während es in vollem Lauf durch den Wald jagte, versuchte es die intensive Vorstellung des Geschmacks der toten Beute zwischen ihren Zähnen zu verdrängen. Es wusste, es hatte sich zu sehr der Vorfreude hingegeben. Es lenkte ab, machte schwach, nährte die Gier und vernebelte seine Sinne. Vielleicht hatte es deswegen versagt… Doch diese Beute war so einmalig, so viel versprechend gewesen.
Herrliches Fleisch, zart, aber doch voller Kraft. Ebenso das Blut, heiß und noch voller Leben, wenn es ihm das Herz herausriss…
Mensch und Dämon zugleich, pulsierende Lebendigkeit mit dunkler Kraft vermischt…
Es hatte noch nie einen Hanyou gefressen.
Die Enttäuschung schwand, als es die Stimme des Meisters verspürte, schmeichelnd, tröstend, verheißend.
Die ihm eine andere Beute versprach, auf andere Weise ebenso verlockend wie das Fleisch des Halbdämons.
Eine neue Jagd, ein neues, verlockendes Opfer voller dunkler Macht und reinem Blut. Ungeheure dämonische Energie, mehr, als es je zuvor auf einmal hatte kosten dürfen…Sein Magen zog sich verlangend zusammen. Ungehemmt diese finstere Kraft in sich hineinschlingen zu können, diese Vorstellung bereitet ihm beinahe sinnliches Vergnügen.
Die Bestie fühlte, wie neue Kraft sie durchströmte und der Hunger sich mit Entschlossenheit vermengte.
Diese Jagd würde nicht misslingen!
Diese nicht.
Ein mächtiger Baumstamm zersplitterte in unzählige feine Späne, als die Kreatur sich herumwarf, den gefallenen Riesen einfach zerbrach, als wäre er aus dünnem Balsa- Holz.
Unermüdlich hetzte sie weiter durch die Wälder, beinahe schnurgerade der Richtung folgend, die ihr der Meister gezeigt hatte:
Nach Westen.
~~
Stille lag über dem in unwirklicher Dämmerung liegenden Zimmer. Seit einigen Ewigkeiten saßen sich zwei Personen beinahe reglos gegenüber.
Die roten Augen des Mannes waren unverwandt auf die Oberfläche eines Spiegels gerichtet, der auf den Knien eines zart erscheinenden, geisterhaft bleichen Mädchens lag, beobachtete mit unbewegter Miene.
Schließlich gab er dem Mädchen mit einer Handbewegung den Befehl, sich zurück zu ziehen.
Während die weiße Youkai lautlos verschwand, wandte er seinen Blick zu den durchscheinenden Shoji- Wänden. Schwaden giftigen Miasmas zogen wie dicker Nebel vor den Paperwänden entlang, tauchten den Raum in purpurnes Zwielicht. Er hörte, wie die hölzernen Wände des Schlosses unter dem Druck seiner Energie und seines Giftes stöhnten und knarrten.
Er konzentrierte sich auf diese Bewegungen, die Geräusche um sich herum, bis er den auflodernden Zorn in sich unter Kontrolle hatte und sein Atem wieder einigermaßen normal ging.
Schließlich sagte er nur ein Wort, in dem soviel Wut und Hass mitschwang, das die Luft um ihn herum zu erstarren schien.
„Inuyasha…“
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So.
Ähm…
Das ist doch jetzt kein Cliffhanger, oder?
Oder etwas doch…?
Zumindest hoffe ich, das ich deutlich genug gemacht habe, wer Inuyasha und Co verfolgt, bzw. angelockt und durch die Gegend geschickt hat… und wer das eventuell noch bereuen wird.^^°
Ich hoffe, das Ganze wird nicht zu rätselhaft, aber ich möchte noch nicht zu schnell mit den Lösungen herausrücken. Das Kätzchen hat durchaus was dagegen, dass andere Leute etwas von ihren Beweggründen erfahren. Völlig wird es nicht Drumherumkommen, aber es noch etwas hinauszögern, den Gefallen werde ich ihm tun- mir zuliebe^^°
Und mit dem nächsten Kapitel wird es hoffentlich nicht so lange dauern…
Ihr dürft mich dann auch gerne treten, solltet ihr das dringende Bedürfnis dazu verspüren^^!
Liebe Grüße, Carcajou