Zum Inhalt der Seite

Katja's kleine Gutenachtgeschichten

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Das Ende einer Beziehung

Katja's Gutenachtgeschichte (2)
 

Er fuhr herum, als er das Knacken eines zerbrechenden Zweiges hörte. Das Knacken, das eindeutig auf einen Menschen schließen ließ.

Sie stand neben einem alten Eichenbaum, dessen Rinde eine Jahrhunderte lange Geschichte erzählte. Doch er sah den Baum nicht, erkannte ihn nicht als Eiche, nicht als Zeugnis der Geschichte. Er sah nur die Waffe in ihrer Hand. Die kleine, silberne Pistole, die das Licht der letzten Sonnenstrahlen, die noch durch das Blätterdach drangen, reflektierte. Wie in Zeitlupe sah er, wie sie den Abzug betätigte, wie sie schoss. Und im selben Moment fühlte er einen tödlichen Schmerz. Am Herzen? In der Lunge? Er konnte es nicht zuordnen. Er spürte nur, dass die Stelle tödlich sein würde.

Er sah in ihr Gesicht. Warum lächelte sie und sah zugleich so traurig aus?

In allen Filmen die er gesehen hatte, in allen Büchern die er gelesen hatte, gab es so etwas nicht. Die Hauptperson starb dramatisch. Sie hätte mit ihm reden müssen, ihn fragen müssen warum alles so gekommen war. Vielleicht hätte sie ihn auch anschreien und mit der Waffe wild umherfuchteln müssen. Aber sie hatte ihn nicht einmal angesprochen. Nur das Knacken des Zweiges hatte sie verraten. Sie hatte ihm nicht einmal mehr ins Gesicht gesehen, hatte nur dagestanden, gezielt und ihn erschossen. Und jetzt stand sie immernoch dort, wo sie abgedrückt hatte. Die Waffe auf den Boden gerichtet, ob sie sie wieder gesichert hatte?!

Es schmerzte den Kopf zu drehen, aber er wollte ihr in die Augen sehen, sehen, dass sie die Tat bereute. Das sie es bereute ihn getötet zu haben. Sie hatte auf ihn gezielt, ihn erschossen, ihn ermordet. Sie hatte ihn umgebracht! Nein! Er wollte nicht sterben. Er hatte noch soviel vorgehabt im Leben. Wieso sollte er für etwas, für das er nicht mal etwas konnte, sterben? Er hatte doch versucht alles richtig zu machen. Niemanden zu verletzen. Warum sollte er dafür sterben? Es war so unfair. Oder war es nur ein böser Traum und er würde gleich in seinem Bett aufwachen?! Genau, gleich würde ihn seine Mutter wecken, damit er nicht zu spät zur Schule käme. Aber der Schmerz war zu real.

Ein Windstoß erfasste die Baumkronen über ihm, die Blätter raschelten und auch ihre Haare bewegten sich im Wind. Sie sah ihn immernoch mit diesem traurigen Lächeln an. Warum konnte er keine Reue in ihrem Blick erkennen. Es war Schmerz, aber auch Erleichterung, als hätte sie sich von einer schweren Last befreit.

Sein Blick trübte sich. Er konnte ihren Gesichtsausdruck nicht mehr erkennen. Schwarze Schatten tanzten vor seinen Augen, als er diese wieder auf das Blätterdach richtete. Die Bäume begannen schon sich in Herbstfarben zu kleiden. Ein einzelnes, rotes Blatt tanzte herunter. Rot. Rot wie ihr Haar. Rot wie Blut.

Die schwarzen Schatten vernebelten seinen Blick nun vollständig. Er hörte nur das leise Rascheln der Blätter, die vereinzelten Motorgeräusche der Autos, die auf der Bundesstraße fuhren, welche sich ihren Weg durch den Wald kämpfte. Er spürte auch noch, dass sein T-Shirt von einer klebrigen Flüssigkeit durchnässt war, die es an seinen Oberkörper klebte. Und noch etwas, etwas feuchtes, dass auf sein Gesicht tropfte. Es schmeckte salzig. Ein letztes Mal nahm er all seine Kräfte zusammen und öffnete die Augen. Er sah ihr Gesicht. Weinte sie? Er sah nur noch wie sie ging. Sich umdrehte und ging ohne sich noch einmal nach ihm umzusehen.

Bald würde ihn die Welt vergessen haben. Er war Statist.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (3)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  BoogiePen
2007-09-09T20:12:42+00:00 09.09.2007 22:12
Diese kleine Geschichte lebt ganz durch ihren letzten Satz. Sehr schöne Idee, nett geschrieben^^
Ich hätte nur den Gedankengang weggelassen, in dem der Statist hoffnungsvoll denkt, er würde bald von seiner Mutter geweckt. Das macht erscheint mir ein wenig unlogisch :P
Von: abgemeldet
2007-05-26T10:15:12+00:00 26.05.2007 12:15
Ist das der selbe typ von eben?Ne oder? Naja kann lisa nur zu stimmen wüßte auch gern näheres aber is ja halt ne short story und so,ist gut geworden bin immernoch ganz sprachlos *schnief*
Von:  countess-caine
2007-05-13T15:21:42+00:00 13.05.2007 17:21
er ist kein statist!! *heul*
...aber ist schon gruselig, dass ich genau bei der story "rotes haar" von in extremo gehört hab! was für nen mieser coincidence!
und ich wüsste jetzt liiiebend gerne, warum sie das gemacht hat etc.! ...aber das macht die story ja aus, ne? dass man halt so gut wie nix weiß... dann werd ich mich damit zufriedengeben und sagen: suuuuper!


Zurück