Frustriert und mit hängendem Kopf schlich Schuldig wieder zurück in den Poolbereich. Er
warf sich auf einen Barhocker und orderte einen doppelten Wodka. Dieser Tag, den er sich mit seinem
Liebsten so wunderschön vorgestellt hatte, war zu einer Katastrophe geworden... Er griff nach
dem Telefon, das auf dem Tresen stand und wählte die Handynummer seines Freundes. Mühsam
unterdrückte er das Zittern, das sich durch seinen Körper fraß, je länger es
klingelte, ohne dass abgehoben wurde. Endlich gab er mit einem resignierten Seufzen auf. Hinter sich
hörte er Yohjis dunkles Lachen, spürte dessen Hand auf seiner Schulter.
„Was ist los...?“, raunte der Playboy des Hauses Weiß dem Telepathen ins Ohr. Leicht strichen
seine Lippen das Ohr des anderen und seine Hände glitten über den starken Rücken.
„Warum so verklemmt…?“ Es war glasklar was Yohji wollte, wen er wollte. Dass Ken grade frustriert
und total am Ende im Weiß-Hauptquartier ins Bett sank und das Gesicht im Kissen vergrub,
würde ihn auch nicht kümmern, wenn er es wüsste.
"Nimm deine elenden Griffel von mir, Kudou! Glaubst du wirklich, ich würde mir die Finger
an dir dreckig machen? Wenn du es noch nicht bemerkt haben solltest, liebe ich Ken. Aber davon
verstehst du wohl nichts." Ungehalten schüttelte Schuldig die Hand des Weiß von sich
ab, stand dann auf und lief zu den Umkleidekabinen.
Doch Yohji schien nicht locker lassen zu wollen. Er grinste nur leicht und folgte dem anderen.
Geschwind schlüpfte er mit ihm in die Umkleide. „Liebe… Er scheint _dich_ aber nicht zu lieben
oder? Er ist nicht hier….“ Die letzten Worte hauchte er dem anderen heiß gegen die Lippen.
„Komm schon… Er wird es… nicht erfahren…“
"Vergiss es, Weiß! Ich würde dich nicht mal anfassen, wenn du der letzte Mensch auf
Erden wärst! Und er hat es schon erfahren. Wie blöd bist du eigentlich? Denkst du, ich
gehe _allein_ zu so einem Event?" Wütend stieß Schuldig den Anderen von sich, nahm
seine Klamotten und zog sich hastig an.
Yohji stieß gegen die Wand und ein leises Lachen kam von ihm. „Schlappschwanz…“, lachte er und
öffnete die Kabinentür. „Hätte ich nicht gedacht…“ Damit schlenderte er aus der
Kabine und sah sich nach einem anderen Objekt um mit dem er seinen Spaß haben würde.
Irgendwas würde er schon finden…
Wütend starrte der Telepath dem Anderen hinterher. War ja klar gewesen, dass der keine Ahnung
hatte, wovon Schuldig gesprochen hatte. Aber der älteste Weiß war nicht wichtig. Viel
wichtiger war, dass er Ken erreichen musste. Unbedingt. Dieses dämliche Missverständnis
musste unbedingt aus der Welt geschafft werden. Schnell tippte der Orangehead eine Sms für
seinen Liebsten, versuchte, ihm zu erklären, was geschehen war. Fieberhaft wartete er auf eine
Antwort. Vergebens. Währenddessen schlich er durch die Strassen, fand sich plötzlich in
einer Bar wieder. Und noch ehe er wusste, was er tat, hatte er die ersten Gläser seines
Lieblingsgetränks auf ex gekippt.
~*~
Es war noch früh – kein Wunder, wenn man eine Flucht vor seinem eigenen Geburtstag startete,
dann musste es früh sein. Den Kragen der Jacke hochgeschlagen, versuchte Ken sich vor dem
kalten Wind zu schützen. Warum musste er auch ausgerechnet im Winter Geburtstag haben?
Nun stand er in Mitten des Parks vor dem zugefrorenen See und stellte fest, dass es auch noch anfing
zu schneien. Wunderbar…. Ganz klasse!!
Jeder andere hätte sich jetzt wahrscheinlich gefreut. Erstens bedeutete das, dass man ‚klasse’
Wetter an seinem Geburtstag hatte und noch dazu weiße Weihnachten. Aber nicht Ken. Ihm wurde
nur mal wieder schmerzlich bewusst, wie einsam er grade war.
Die Schultern hochgezogen und die Hände tief in den Jackentaschen setzte er einen ersten
tastenden Fuß aufs Eis. Es schien zu halten. Der zweite Fuß folgte und er trat weiter
hinaus auf den See. Ganz langsam und vorsichtig.
"Bist du wahnsinnig? Schau, dass du da runter kommst, aber ein bisschen plötzlich!"
Schuldig war auf einem Stadtbummel gewesen, hatte dann aber die vielen Leute nicht mehr ertragen
können und sich daher in den Park geflüchtet. Im ersten Moment hatte er gedacht, dass
seine Augen ihm einen Streich spielen würden, als er Ken in der Ferne erkannte. Er wollte den
Park schon wieder verlassen, doch als er sah, was der Jüngere vorhatte, rannte er zu dem
kleinen See, so schnell er konnte.
Ken zuckte stark zusammen als er die Stimme des anderen hörte. Inzwischen stand er schon gut
zwei Meter vom Ufer weg. So vorsichtig wie er eben noch gewesen war, so hastig wirbelte er nun herum
und rutschte beinahe aus. Da sah er ihn. Schuldig rannte auf ihn zu, die Augen blitzten ihm voller
Sorge und schon fast panisch entgegen. Ken ging einen kleinen Schritt rückwärts. In den
letzten Monaten war nicht ein Tag vergangen an dem er nicht an den Schwarz gedacht hatte. Und jetzt
war er wieder da… Ken hatte die Missionen gemieden, hatte Stress mit seinen Kollegen in Kauf nehmen
müssen und sich seit dem sogar von Omi verfremdet. Und der Grund für all das Unglück
trat nun wieder bildlich in sein Leben. Ausgerechnet heute.
Wie Donnerhall klang das Brechen des Eises in Schuldigs Ohren. "Verdammt, Ken, beweg
dich!", schrie er panisch. Seine eigene Sicherheit war ihm egal, als er den glitschigen,
instabilen Untergrund betrat und die Hand nach seinem Liebsten ausstreckte. "Komm her und lass
dir helfen, bevor du noch einbrichst!", befahl er bestimmt.
Zitternd realisierte auch Ken das Knacken und schluckte hart. Bewegen? Nein. Wenn er sich bewegte,
dann würde er erstrecht einbrechen. „Verschwinde! Runter vom Eis!“, fauchte Ken. Als Schuldig
auch einen Fuß auf das Eis setzte, knackte er ein weiteres Mal. „Lass mich in Ruhe…“
Knackend zog sich ein Riss durch das Eis und auf die beiden zu. Doch Ken rührte sich nicht.
Mehr als nur genervt schnaufte der Telepath auf. "Klar geh ich vom Eis runter - zusammen mit
dir! Keine Sekunde eher!" Statt zurück auf das sichere Ufer tapste er nach vorn, auf Ken
zu. "Beweg endlich deinen Arsch und komm her!", fauchte er wütend. Konnte das denn
die Möglichkeit sein? Der Riss im Eis wurde sichtlich breiter und Ken rührte sich nicht
vom Fleck! "Du bist sturer als ein Maulesel!"
„Und du schlimmer als Aya!“, kam es tonlos von Ken. Er sah in die Augen des anderen und schluckte
hart als es wieder laut knackte. „Ich hasse dich!“ Und mit diesen Worten ergriff er die Hand des
Telepathen. Er war mehr als dankbar, dass Schuldigs sanfte Finger von schicken weißen
Handschuhen umhüllt waren. Denn seine Haut zu spüren war das letzte was er jetzt wollte.
Das würde nur noch mehr wehtun. Mit zwei großen Schritten gelangten sie wieder ans Ufer.
Keine Sekunde zu früh, dann bei Kens letztem Schritt brach ihm das Eis unter dem Fuß weg
und eisiges Wasser durchnässte seinen Stiefel und den unteren Teil seiner Hose.
Mit Schwung zog der Schwarz seinen Geliebten vom Eis. Mit etwas zuviel Schwung, wie er im Nachhinein
feststellen durfte, als er den Halt verlor und rückwärts in den Schnee fiel. Da er dabei
Ken nicht losließ, stürzte auch der und landete genau auf ihm. Schnell schlang Schuldig
seine Arme um den Kleineren und grinste ihn anzüglich an. "So hab ich dich immer noch am
liebsten, Schatz!", zwinkerte er ihm frech zu.
Ein Beben ging durch Kens Körper als er sich auf dem anderen wieder fand. Er wog sich in
trügerischer Sicherheit, fühlte sich verboten wohl. Doch sein Verstand riss ihn brutal in
die Realität zurück als er die Worte Schuldigs hörte. Er holte aus… und schlug zu.
Hart traf seine flache Hand die Wange des anderen und schon kämpfte er sich wieder hoch. „Fass
mich nicht an! Und ich bin NICHT dein ‚Schatz’!“, keifte er und entfernte sich einige Schritte von
dem anderen. „Das hast du dir gründlich versaut!“ Ob es an der Kälte seines rechten
Fußes lag oder an der Tatsache, dass er Schuldig gegenüberstand, wusste Ken nicht, doch
er zitterte am ganzen Leib.
"Wie oft soll ich dir denn noch sagen, dass das ein Missverständnis war? Du kannst doch
nicht ernsthaft immer noch glauben, dass ich das gewollt habe!" Schuldig war sauer, aber so was
von! "Du weißt, wie sehr ich dich liebe. Ich brauche niemand anderen außer dir!
Ken, bitte." Langsam kam der Telepath auf das zitternde Bündel zu, hielt den Atem an, als
er seine Arme ein weiteres Mal um den Anderen legte und ihn an sich zog. Wie sehr hatte er dieses
Gefühl vermisst!
Ken sah den anderen weiter an und schluckte hart. Doch er wich nicht zurück, auch wenn er keine
Anstalten machte die Umarmung zu erwidern. „Und… Wieso sagt Yohji dann… dass er einen
‚Riesenspaß’ mit dir hatte?“, fragte er leise und wandte das Gesicht ab. Er starrte in den
Schnee neben sich und verschränkte die Arme so gut es ging vor der Brust um deutlich zu machen,
dass er sich nicht wirklich wohl fühlte.
Schuldig lachte leise. "Frag deinen Yohji mal, ob er wirklich darauf steht, geschlagen und
zurückgewiesen zu werden... Wenn ja, kann ich mir schon vorstellen, dass er einen
Riesenspaß mit mir hatte." Dann wurde er wieder ernst. "Ken, ich habe Yohji nicht
angefasst. Im Gegenteil. Ich habe ihm wörtlich gesagt, dass ich dich liebe und mich auf ihn
nicht mal einlassen würde, wenn er der letzte Mensch wäre." Sanft strich er über
die kalte, gerötete Wange seines Liebsten. "Verdammt, wieso glaubst du mir nicht? Ich habe
in der ganzen Zeit nicht mal jemand anderen angesehen, geschweige denn angefasst. Ich gehöre zu
dir, und das kann niemand ändern."
Ken lauschte dem anderen und schüttelte dann minimal den Kopf. „Kein Wunder, dass mir das ganze
Team misstraut…“, murmelte er nur und trat noch einen Schritt zurück. „Ich kann dir das nicht
glauben, Schuldig… Ich würde nur auf die Nase fallen. Und so… habe ich immerhin die Chance mit
Aya und Omi wieder alles hingebogen zu bekommen...wie es mal war…“ Ken spürte wie Tränen
in ihm aufstiegen. Und er spürte, dass in ihm nicht das vorging was er sagte. Einmal mehr
versank er in den so vertrauten grünen Augen die vor Ehrlichkeit Funken sprühten und
schluckte hart.
Alles reden hatte keinen Sinn, erkannte der Telepath. Ken konnte oder wollte ihn nicht verstehen. Da
half nur noch eines... Liebevoll lächelnd hob Schuldig mit einem Finger Kens Kinn an, raunte
ein zärtliches "Alles Gute zum Geburtstag!" und verschloss dann die Lippen des
Anderen mit den seinen.
Ken riss die Augen auf und starrte den anderen an. Schon als er die Finger an seinem Kinn
spürte, wusste er, was der andere vorhatte. Doch er unternahm nichts dagegen. Wie zu einer
Salzsäule erstarrt stand er da und als er die Worte hörte, die Lippen spürte und den
heißen Atem der ihm entgegenkam, war alles vorbei. Der Japaner schiss auf seinen Verstand und
schmolz in Schuldigs Armen praktisch dahin. Seine Lider senkten sich und seine eingefrorenen Finger
krallten sich in dessen Mantel. //Mistkerl… Du verdammter Mistkerl…// Er hoffte Schuldig mit diesen
Worten zu erreichen, doch gleichzeitig erwiderte er den Kuss sehnsüchtig. Oh wie hatte ihm das
doch gefehlt.
Natürlich erreichten Kens Gedanken den Schwarztelepathen. Mit einem deutlichen Grinsen in
seinen Gedanken antwortete er /Ich liebe dich auch!/, versenkte in diesem Moment seine Zunge im Mund
des Kleineren und verstrickte ihn in ein kleines, anregendes Duell, bei dem er ihn noch fester in
den Arm nahm und hart gegen sich presste.
Minimal lächelte Ken in den Kuss. Er schlang die Arme um Schuldigs Nacken und drückte sich
an ihn. Seine durchnässte Kleidung war vergessen und nur noch Schuldig war wichtig. Nie wieder
sollte Schuldig ihn loslassen, nie wieder ihn alleine lassen. Die Zeit ohne Schuldig war schlimm
genug gewesen, das wollte er nie wieder spüren, auch wenn sie ihm gezeigt hatte, dass es jetzt
eindeutig der Telepath war, der Vorrang hatte. Sein Team war egal. Weiß war egal. Die hatten
ihn inzwischen sowieso als Verräter abgestempelt.
Flink umspielte seine Zunge die des anderen und in diesem Kuss war deutlich zu spüren wie sehr
sie einander vermisst hatten. //Lass mich nie wieder los…//
Schuldig unterbrach den süßen Kuss, sah seinem Liebsten tief in die Augen. "Nie
wieder, ich versprech's!", raunte er heiser. "Komm mit!", forderte er dann den
Braunhaarigen auf, legte seinen Arm um dessen Schulter und führte ihn so aus dem Park. Sein
Herz schlug ihm bis zum Hals und wollte vor lauter Glück fast zerspringen. Er hatte
tatsächlich Ken wieder!
Und dieser zitterte noch immer am ganzen leib. Das Bild von Yohji und seinem Geliebten wollte nicht
mehr aus seinem Kopf verschwinden und vielleicht sollte er darüber einfach mal mit dem
Weiß-Playboy sprechen. Doch nicht jetzt. „Wohin…?“, fragte er stattdessen und klang dabei fast
schon etwas unsicher.
"Dahin, wo ich dich schon damals mitnehmen wollte... In unsere Wohnung", erklärte er
mit einem niedlichen Lächeln. So schnell wollte er den jungen Weiß jetzt nicht wieder
hergeben. Noch dazu hatte er ja ein Geschenk für ihn, auch wenn er nicht gewusst hatte, wie er
es ihm hätte geben sollen... Aber dieses Problem hatte sich ja jetzt erübrigt.
Ken hob die Brauen. „Ehm… Wohnung? Ich… wir haben eine Wohnung??“ erstaunt und verwirrt zugleich sah
er Schuldig an, ließ sich aber von ihm führen. Was um alles in der Welt sollte denn das
jetzt werden? Seit wann um alles in der Welt hatten sie beide eine Wohnung? Doch schließlich
machte Ken sich daran sich den Weg zu merken. Noch immer unsicher und verwirrt schmiegte er sich
leicht an den älteren und versuchte sein zittern zu unterdrücken.
"Ich wollte sie dir schon an unserem Geburtstag zeigen...", gab der Ältere
zurück. Während sie das kurze Stück bis zu dem Hochhaus, in dem er tatsächlich
eine kleine Wohnung für sie gemietet hatte, gingen, streichelten seine Finger automatisch
über Kens dicke Jacke.
Leicht musste der Japaner lächeln und senkte den Blick dann aber auf den Schnee schaute.
„Wow…“, murmelte er und lehnte sich noch ein stück näher an den anderen bevor er wieder
aufsah und schließlich das Haus musterte, vor dem Der Telepath mit ihm stehen blieb. „Seit
wann… hast du sie schon?“
"Seit kurz vor meinem Geburtstag. Ich wollte einen Ort für uns, an dem wir ungestört
sind", erklärte der Orangehead leise. "Schau sie dir an. Bitte." Was er tun
würde, wenn Ken nun doch einfach gehen würde, weil ihm das zu plötzlich kam, wusste
der Telepath nicht. Er konnte nur hoffen, dass seine Träume, die er damals gehabt hatte, jetzt
in Erfüllung gehen würden.
Ken biss sich leicht auf die Unterlippe und nickte dann leicht. „Ja… natürlich werde ich sie
mir ansehen…“, murmelte er und trat mit Schuldig in das große Gebäude ein. Auch her sah
er sich wieder um. Die Reihe der Briefkästen wies zum Schluss sogar einen Kasten mit ihren
beiden Namen auf. Schmunzelnd strich er im Vorbeigehen darüber und stampfte sich dann erst mal
den Schnee von den Stiefeln.
Ein wenig nervös fummelte der Deutsche den Schlüssel aus seiner Tasche, ging dann mit Ken,
den er immer noch im Arm hielt, auf den Aufzug zu und ließ sich mit seinem Liebsten in den
neunten Stock bringen. Zittrig schloss er die Tür auf und ließ den Anderen eintreten.
Ungeduldig wartete er, bis sich Ken ein wenig umgesehen und sich einen ersten Eindruck verschafft
hatte.
Langsam trat Ken in die Wohnung ein und seine braunen Augen glitten über die üppige
Zimmereinrichtung. Nicht sonderlich groß, aber perfekt für zwei. Es war gemütlich
und schön und Ken gefiel sogar die Einrichtung. Nur kam es ihm fast ein bisschen zu ordentlich
vor, als wenn Schuldig nicht einmal hier gewesen war. Eine Träne rann über seine Wange,
doch hastig wischte er sie weg und blieb mitten im Wohnzimmer stehen. Die vollkommen verglaste Wand
nach außen hin, bot einen wunderschönen Blick über die Dächer und als er den
Kachelofen entdeckte musste er schmunzeln. Er sah sich und Schuldig schon jetzt gemütliche
Abende hier zusammen verbringen. Langsam wandte er sich wieder zu dem Deutschen um und zog die Jacke
aus. Mit einem Lächeln kam er wieder zu dem anderen. „Sie ist… echt wunderschön…“
Ken hatte mit seiner Vermutung recht - Schuldig hatte keinen Grund gesehen, sich ohne Ken in der
Wohnung aufzuhalten. Aber das änderte sich ja gerade... "Ich bin froh, dass sie dir
gefällt", meinte er leise. Seine Augen leuchteten vor Freude, als er sah, dass Ken seine
Jacke auszog und auf ihn zukam. Es kam ihm vor wie in einem Traum, als er Ken so nah vor sich hatte,
dass er ihn einfach wieder küssen musste. "Bleib hier. Bleib bei mir!", bat er leise.
Leicht biss sich Ken wieder auf die Unterlippe und senkte den Blick dann. „Ich weiß nicht ob…
ich das kann… heute Nacht hier bleiben, meine ich…“, kam es leise von ihm. „Die anderen werden sich
wundern wo ich stecke und ich muss noch Gestecke fertig machen…“ Verzweifelt stellte er fest, dass
das alles nur ausreden waren um nicht hier bleiben zu müssen. Mit einem nach Verzeihung
heischenden Blick sah er auf. „Schu ich…“
Der Telepath seufzte schwer auf. Er hatte schon verstanden. Langsam ließ er den Kleineren
wieder los. "Schon okay", gab er kaum hörbar zurück. Klar konnte Ken die letzte
Zeit nicht einfach wegwischen und vergessen. Aus einer Schublade eines kleinen Kästchens nahm
er einen zweiten Schlüssel. "Der gehört dir ... wenn du ihn willst." Auf der
offenen Hand hielt er dem Brünetten den kleinen Gegenstand hin.
Schuldgefühle machten sich in Ken breit. Auch wenn sein Verstand ihm sagte, dass er diese
eigentlich nicht zu haben brauchte. Immerhin hatte Schuldig den Mist verbockt, oder besser gesagt
Yohji. Egal wer – er nicht. Dann senkte er den Blick auf die Hand des anderen und mit einem
Lächeln nahm er den Schlüssel dann sanft an. „Danke…“ Lächelnd sah er wieder auf und
küsste den Deutschen kurz zärtlich. „Wirst du morgen… hier sein?“
Weihnachten – Zuhause wollte er es nicht feiern. Aya würde sich in seinem Zimmer
einschließen und lesen oder sonst was alleine tun, Omi war sicher bei seiner neuen Flamme und
Yohji – na mit dem wollte er ohnehin nicht feiern. Aber Schuldig… Sie würden sich sicher einen
schönen Weihnachtstag machen können…
Ganz langsam nickte der Deutsche. "Ja, ich werde morgen hier sein..." 'Und auf dich
warten', fügte er in Gedanken an. Wie jeden Tag in letzter zeit. Jede einzelne Stunde davon
hatte er auf ein Wort von Ken gewartet, hatte sich mit jeder Minute mehr in seine Verzweiflung
gestürzt.
Eine ganze Weile stand Ken einfach nur schweigend da und sah den anderen an. Er trieb in Gedanken
davon, versank in den grünen Augen die er so sehr liebte. Langsam kam er wieder einen Schritt
näher, ließ den Schlüssel in die Hosentasche gleiten und legte die Arme um die
Taille seines Geliebten. „Ich liebe dich, Schu… Ich hab es die ganze Zeit getan…“, hauchte er und
lehnte die Stirn an die Brust des größeren und schloss die Augen.
Auch Schuldig schloss die Augen, um das aufkommende Brennen in seinen Augen zu unterdrücken,
und schluckte hart. "Ich liebe dich auch", brachte er endlich heraus. Dann griff er noch
einmal in seine Tasche. Warum er Kens Geschenk heute bei sich trug, wusste er nicht. Aber er war
froh, dass er es tat. Lächelnd hielt er dem Kleineren eine kleine Schatulle unter die Nase.
Er öffnete die Augen wieder und sah auf die kleine Schachtel. Sein Herz schien stehen bleiben
zu wollen. Was hatte das jetzt zu bedeuten? Wen da das drinnen war, wonach es aussah, dann
würden ihm gleich die Beine wegklappen. Mit leicht zitternden Fingern nahm er die Schatulle
entgegen und hob das Gesicht. Unsicher sah er Schuldig an. Sein Blick glitt leicht ins fragende
über. „Was…“
"Dein Geburtstagsgeschenk", erklärte der Größere geduldig, als müsste
er seinen Liebling daran erinnern, was heute für ein Tag war. "Und wenn du's nicht
aufmachst, wirst du nie erfahren, was drin ist, ich werd's dir nämlich nicht verraten."
Hart schluckte Ken und sah wieder hinunter auf das Kästchen. Sein Denken raste. Doch er wusste,
dass er es aufmachen musste, auch wenn ihm jetzt schon schwindelig bei dem Gedanken wurde. //Mach
dich nicht selbst verrückt, Hidaka!//, mahnte er sich dann und langsam öffnete er das
Schächtelchen. Sein Herz schlug ihm in der Kehle und seine Beine schienen tatsächlich
nachlassen zu wollen.
Der Telepath suchte Kens Blick, als der die kleine Schachtel endlich geöffnet hatte und ihm die
beiden Ringe entgegenfunkelten. Die Aufregung von vorhin flutete wieder durch seinen Körper, er
hoffte, dass er seinen Liebsten damit jetzt nicht heillos überforderte. Kurz überlegte er,
was er sich dabei gedacht hatte... Er hatte sich von seinen Gefühlen leiten lassen, die
für Ken immer noch ungebrochen waren.
Das war das Ende. Jetzt war der Zeitpunkt gekommen in dem Kens letztes Stündchen geschlagen
hatte. Er würde sterben. Hier und jetzt. Sein Herz schlug nicht mehr. Seine Lungen pumpten kein
Sauerstoff mehr. Ihm wurde schwindelig. Alles schien sich zu drehen. Nur die Ringe nicht. Fest
starrte er auf das glitzernde Gold und hatte tatsächlich aufgehört zu atmen. Nur eine
Statur war er wie er dastand und auf die Ringe starrte.
Schuldig sah mit Entsetzen die atemlose Starre des Jüngeren. "Ähm... Ken? Wenn sie
dir nicht gefallen... tausch ich sie auch um...", begann er schwach. Innerlich betete er, dass
sein Liebster die Ringe nicht zurückweisen würde. Vielleicht war es nach ihrem Streit doch
noch viel zu früh für so eine saudämliche Aktion. Am liebsten hätte sich der
Schwarz geohrfeigt, schon spürte er sein Herz in tausend Scherben springen.
Hastig schnappte Ken nach Luft und sackte erst mal nach hinten in den Sessel. Doch seine Augen
klebten noch an den Ringen. Was um alles in der Welt sollte das bedeuten? Das wonach es aussah. Sein
Herz schmerzte schon, so schnell schlug es noch immer. Was sollte er denn jetzt machen? Das ging
eindeutig alles viel zu schnell. Sein Denken war so heftig, dass er nicht mal spürte, wie
Tränen über seine Wangen rannen und er wieder stark zu zittern anfing. Die Ringe waren
wunderschön, das stand außer Frage. Aber er sollte einen von ihnen tragen? ER? Und
Schuldig den anderen??
Mit einem tieftraurigen Blick ging der Deutsche vor seinem Liebling in die Hocke. "Ken,
hör zu", begann er mit brüchiger Stimme. "Du brauchst ihn nicht tragen. Nimm ihn
einfach nur mit, ja? Vielleicht willst du ihn irgendwann mal... Dann ist es immer noch früh
genug. Nur.. bitte... nimm ihn an."
Unsicher sah er nun auf und in die Augen des anderen. Er wusste nicht was er tun oder sagen sollte.
Also nickte er nur und nahm dann die Hand des anderen. Langsam und mit zittrigen Fingern streifte er
ihm das Schmuckstück an den Ringfinger der linken Hand. Sanft küsste er dann den Ring an
der Hand seines Geliebten. Eine Gänsehaut überkam ihn und zitternd ließ er dann die
Hand des anderen los. „Ich will… ihn tragen…“
Jetzt war es Schuldig, der die Luft anhielt. "Bist du dir sicher?", wollte er tonlos
wissen. Auch seine Finger waren nicht ruhig, als er den zweiten Ring aus dem Kästchen nahm und
ihn Ken liebevoll überstreifte. Dann sah er ihm fest in die Augen. "Ich liebe dich",
wiederholte er kaum hörbar.
Er nickte nur leicht und rang sich zu einem Lächeln durch. Doch wirklich sprechen konnte er
noch immer nicht. Die Nagst, dass nur irgendein zusammenhangloses Zeug dabei hervorkam war viel zu
groß. Zur Antworte küsste er Schuldig nur noch einmal. Seien salzigen Lippen fanden die
des anderen und er zog ihn sanft näher.
Glücklich nahm der Telepath seinen Freund in die Arme und erwiderte nur zu gern den
zärtlichen Kuss. Seine Finger glitten durch das weiche braune Haar, streichelten über die
zarte Haut der Wangen. "Du wolltest doch gehen...", erinnerte er seinen Liebsten nach
einer Weile leise.
Langsam löste sich Ken wieder und nickte leicht. „Ja…. Ich geh ja schon…“, lächelte er und
küsste Schuldig noch mal auf die Stirn. Jetzt bekam er das Lächeln nicht mehr von den
Lippen. Er zog sich die Jacke wieder an und immer wieder glitt er mit dem Daumen über den Ring.
Es war wahr. Der Ring war da. Und er? Verlobt…?
Wieder machte sich bittere Enttäuschung in Schuldig breit. Er hatte so sehr gehofft, dass Ken
jetzt doch bei ihm bleiben würde... Aber er würde den Jüngeren nicht davon abhalten,
zu gehen. "Wann kommst du morgen?", wollte er wissen, nachdem er sich wieder halbwegs
unter Kontrolle hatte.
Leicht biss sich Ken auf die Unterlippe als er merkte, dass Schuldig wieder enttäuscht war.
„Hey…“ Sanft zog er ihn auf die Beine und sah ihm in die Augen. Dann lächelte er leicht und
blickte noch mal auf den Ring. „Spätestens zum Frühstück… Ich bring dann
Brötchen mit…“ Seine Hand glitt durch das Haar des anderen und ihm war anzusehen, dass er
allmählich wieder sicherer wurde und das Zittern nachließ.
Schuldig nickte leicht. "Ich werde dann am Besten gleich hier bleiben und auf dich
warten", entgegnete er. Er wollte seinem Schatz jetzt kein schlechtes Gewissen verpassen und
erst recht nicht mit einer dummen Überreaktion den morgigen Tag gefährden. "Ich freu
mich schon!", lächelte er Ken an, auch wenn das Lächeln ein wenig gezwungen wirkte.
Aber bis morgen war es ja nicht mehr lange. Und dann hatte er seinen Liebsten wieder bei sich.
Für eine lange Zeit...
Ein leises Seufzen kam von dem Japaner. Er legte eine Hand an die Brust des anderen und trat
näher an ihn heran. „Bringst du mich noch ein Stück?“, fragte er unsicher. Er wollte
nicht, dass Schuldig dachte, Ken wolle ihn so schnell wie möglich wieder loswerden. Denn auch
wenn das alles jetzt etwas schnell ging, so wollte Ken die vermisste Nähe des Telepathen
durchaus spüren. Und morgen würde er das, nachdem er alles erst mal in seinem Kopf
sortiert hatte.
"Klar!", nickte Schuldig schnell und streifte auch schon wieder seinen Mantel über.
So hatte er wenigstens die Möglichkeit, noch für eine kurze Weile bei seinem Liebsten zu
sein und dessen Gegenwart auszukosten. Draußen hatte es wieder zu schneien begonnen, den
Gehweg und die Strasse bedeckte ein weißer Schleier und vermittelte dem Telepathen ein
Gefühl von Wunderland.
Ein Lächeln breitete sich auf Kens Zügen aus und er setzte einen Kuss auf die Brust des
größeren. Gleich darauf schnappte er sich seien Jacke und zog diese wieder an. Er
vergewisserte sich noch, dass sein neuer Haustürschlüssel da war wo er hingehörte und
schob ihn noch ein wenig tiefer in die Tasche. „Dann los…“ Sanft nahm er die Hand des anderen und
zog ihn wieder mit sich. Dabei streichelte er mit dem Finger ein wenig über den Ring seines
Geliebten und musste wieder lächeln. Nur leicht, aber glücklich.
Langsam schlenderte Schuldig mit Ken an der Hand über die verschneiten Strassen. Zum Glück
eilte es nicht wirklich, dass der Braunhaarige ins Koneko kam, denn schneller zu gehen wäre
wegen dem rutschigen Untergrund unmöglich gewesen. Trotzdem waren sie viel zu schnell an der
Ecke angelangt, an der sie sich verabschieden mussten. Entgegen jeglicher Vorsicht zog der Telepath
seinen Schatz noch einmal an sich und küsste ihn liebevoll. "Bis morgen!", raunte er
ihm dann leise ins Ohr. Leichte Traurigkeit streifte sein Herz, als er anschließend zusah, wie
Ken über die Strasse lief.
Von Ken war nur noch ein leichter Kuss und ein lächelndes Nicken gekommen, als er sich dann
auch schon abwandte und davonging. Noch nicht ganz auf der anderen Seite angekommen drehte er sich
noch einmal winkend um. Sein Verhängnis. Seien Schuhsolen versagten ihren job und Ken landete
auf dem hintern. „Hmpf.. Alles okay…“, beruhigte er seinen Schatz dann auch gleich und richtete sich
wieder auf. Kens glückliches lächeln war das Letzte was Schuldig noch sehen konnte, bevor
das Quietschen von Bremsen und das laute Zetern eine Hupe sie beide zusammenfahren ließ.
Schmerz… Ken segelte mit ungeheurer Kraft über die Motorhaube eines weißen Kleinwagens
und als er wieder auf der Straße aufschlug, verfärbte sich der Schnee um ihn her
dunkelrot. Der Japaner rührte sich nicht mehr…
"KEN!" Schuldigs Schrei hallte laut durch die Dämmerung. Schneller als es gut war
rannte er auf die am Boden liegende Gestalt zu. Sein erster Impuls war, ihn einfach in seine Arme zu
reißen. Doch er wusste genug von Verletzungen, um sich in letzter Sekunde selbst davon
abzuhalten. Atemlos und mit Tränen in den Augen starrte er auf seinen Freund, der reglos da
lag. Entfernt hörte er das Aufheulen eines Martinshorns, brachte es aber nicht mit Ken in
Verbindung. Sein Denken setzte einfach aus....
~*~tbc~*~