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Der schwarze Schatten der Seele

von

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Priori Incantatem

30. Juni 1998 (Voldemorts Hauptquartier)

Darius Blane lächelte. Und er lächelte, als sei er äußerst zufrieden mit sich selbst. Nur seine Augen verrieten, dass er unter starker Anspannung stand.

„Du brauchst dir übrigens nicht die Mühe machen, nach Pettigrew zu rufen.“, grinste er, den Blick noch immer fest auf Voldemort gerichtet. Dieser starrte fassungslos zurück. Genauso fassungslos starrten auch die vier Jugendlichen. Keiner rührte sich.

Die einzige, die nicht zu dem Verräter sah, war die Schlange Nagini, genauer, ihr Kopf. Klagend, ja vorwurfsvoll, blickte sie mit leeren, aufgerissenen Augen hinauf zu ihrem Meister.

Der Lärm im Inneren des Gebäudekomplexes, schwoll an. Todesser für Todesser schienen sich Voldemorts Lakaien in Bewegung zu setzen, sich Befehle zu zurufen. Lichter wurden hinter den Fenstern entfacht oder gelöscht und von irgendwoher drang das Geräusch von zersplitterndem Glas an ihr Ohr.

„Runter!“

Harrys Befehl befolgte Hermine blind, warf dich bäuchlings auf den Boden und rollte zur Seite ab, als auch schon ein Fluchblitz über sie hinweg surrte, von dem getroffen sie sich nicht mehr erholt hätte.

„Avada Kedavra!“, kreischte Voldemort erneut und schien dabei hysterisch und anscheinend gleichgültig, ob er Freund oder Feind traf.

„Lauft!“

Im Augenwinkel sah sie, wie Darius, nur beinahe von einem grünen Blitz getroffen, hinter den Springbrunnen in Sicherheit hastete, gefolgt von einem weiteren todbringenden Fluch, der ohne Schaden anzurichten im Nachthimmel verschwand.

Ohne darüber nachzudenken folgte sie dem Ruf und rannte, rannte davon, zurück zum Eingang des Gebäudekomplexes, durch den sie den Innenhof betreten hatte. Beide wurden nur von den Flüchen verschont, weil sich Voldemort anscheinend auf die beiden Halbbrüder, die hinter dem Springbrunnen Schutz gesucht hatten, konzentrierte.

Sie kam an Bran Graves vorbei, doch dieser schien zu irritiert zu sein, um einzugreifen, doch es interessierte sie in dem Moment auch nicht und sie dachte erst wieder daran, als sie mehrere ordentlich gestutzte Zierbäume zwischen sich und dem Schwarzmagier wusste.

Dicht an einen Stamm gelehnt, blickte sie über die Schulter zurück und berechnete ihre Chancen, das hier zu überleben.

Ginny kauerte hinter einem der Rosenbüsche, der ihr lediglich ein wenig Sichtschutz bot, während die beiden Söhne von James Potter einander kaum zu beachten schienen und aus ihrer Deckung heraus Fluch um Fluch feuerten, die allesamt von Voldemorts Schilden abprallten.

Ron hastete noch über den Rasen, Hermine hinterher, als ein grüner Lichtblitz in seine Richtung schoss. Vermutlich hätte dieser den Rothaarigen getroffen, doch seine Schusseligkeit kam dem Jungen einmal öfter zur Hilfe und ließ ihn rechtzeitig über seine eigenen Füße stolpern. Einen Augenblick später hockte der jüngste Weasleysohn wie sie hinter einem der Zierbäume. Halb unbewusst atmete Hermine, die in der Schrecksekunde die Luft angehalten hatte, auf.

Graves schien nach wie vor völlig fehl am Platz zu sein, doch dass konnte sich jeden Moment ändern. Sie wusste, dass es sich bei ihm trotz seiner Behinderung um einen sehr fähigen Krieger handelte...

Sein Meister, außer sich vor Wut, schien ihn völlig vergessen zu haben. Wie von Sinnen schleuderte er Flüche in allen Regenbogenfarben, vor allem aber grüne, in die Richtungen, in denen er die Jugendlichen vermutete. Sein besonderes Augenmerk galt dabei den beiden Jungen hinter seinem fröhlich plätscherndem Springbrunnen. Anstatt Harry traf er mit seinem leuchtend gelben Zauber lediglich einen der Wasserspeier, dessen schlangenartiger Körper in winzige Einzelteile zerbarst. Nur sein Kopf blieb verschont. Er schlug auf dem Boden auf, doch das Geräusch des Aufpralls wurde vom Lärm innerhalb des Hauses geschluckt, der nun eine bedrohliche Lautstärke angenommen hatte, als würden sie gleich von einer Horde Todesser überrannt werden.

Kurzum: Ihre Überlebenschancen liefen gegen Null.

Während die Tür zu einem Seiteneingang aufgerissen wurde und kurz darauf eine Person ins Freie trat, vermummt und nur von dem dämmrigen Licht einer Fackel aus dem Flur hinter ihr beleuchtet, um sofort im Schatten der Bäume einzutauchen, wurde sich Hermine endlich ihres Zauberstabes gewahr. Ohne zu zögern griff sie danach und ratterte dabei in Gedanken alle Zauber, die ihr nun hilfreich sein könnten, ab.

Gleichzeitig hatte anscheinend auch Ginny sich wieder ihrer Waffe erinnert. Ohne Rücksicht auf ihre spärliche Deckung zu nehmen, feuerte sie Flüche auf den noch immer wütenden Schwarzmagier. Doch auch ihre Zauber verpufften an den magischen Schutzbannen.

In Graves war, seitdem ein Avada Kedavra ihn nur um Haaresbreite verfehlt hatte, wieder Leben gekommen. Als er Ginny bemerkte, stürzte er sich mit gezogenem Zauberstab auf das Mädchen.

Doch die Krähe sollte ihr Ziel nie erreichen. Vermutlich hätte er es geschafft, aber den Fluch, den einer der beiden Jungen hinter dem Brunnen, auf ihn schleuderte, bemerkte er nicht rechtzeitig. So stürzte er getroffen, keinen Meter von Ginny entfernt, zu Boden und hielt sich, vor Schmerzen schreiend, die Schulter, in die die Hexerei ein unschönes, vermutlich heftig blutendes Loch gerissen hatte.

Das Mädchen nutzte diesen Augenblick, um hinter ihrem Rosenbusch hervor und in eine mehr schutzbietende Deckung in einen der Gebäudeeingänge zu hasten, während Voldemorts Flüche nun auch hinter ihr her prasselten und sie immer nur um Haaresbreite verfehlten.

Irgendwo, in Ginnys Nähe brach eine weitere Tür auf und öffnete den Weg ins Freie.

„Meister! Wir haben ...“

Die Stimme des unbekannten Todessers verstummte, doch Hermine konnte den Grund dafür nicht erkennen.

Voldemort schien sich ohnehin nicht dafür zu interessieren, denn anscheinend hatte er etwas viel interessanteres entdeckt, weshalb er auch mit den Angriffen inne hielt, während weitere Flüche an einem grellgelb aufleuchtenden Schutzschild zerbarsten.

Hermine konnte sich den Grund für den Sinneswandel des Schwarzmagiers zunächst nicht erklären, doch plötzlich fiel ihr Blick auf einen Schatten, der am Boden lag. Allein beim bloßen Gedanken an das, was nun folgen würde, wurde ihr furchtbar schlecht.

Ein kurzer Blick zu Ron, der ein paar Bäume weiter in Lauerstellung gegangen war, sagte ihr, dass auch er begriffen hatte, was nun geschehen würde. Der Junge war aschfahl und sah aus, als würde er jeden Moment entweder in sich zusammenbrechen, oder aber sich auf den Hexer stürzen. Hermine konnte nur hoffen, dass er keinem dieser Verlangen nachgeben würde.

„Kommt raus, kommt raus, wo seid ihr?“, rief Voldemort über den Hof und versuchte dabei zu klingen, als sei er ein Kindermädchen, dass mit seinen Schützlingen Verstecken spielte. Die einzige Wirkung, die er dabei erzielte war, das es ihr eiskalt den Rücken herunter lief.

Keiner der Jugendlichen folgte der unverhohlenen Drohung, die in den Worten mitschwang. Darius und Harry, von denen Hermine nicht sagen konnte, wer wer war, blieben hinter dem bereits arg demolierten Brunnen und auch Ron stürzte nicht aus seiner Deckung, um seinen Bruder zu retten.

Für einen Moment war alles ruhig. Das einzige, was sie hören konnte, war der Lärm im Gebäude, bei dem Hermine sich fragte, wieso die Todesser so lange brauchten, um zu erscheinen, Bran Graves, der sich gerade schmerzerfüllt stöhnend auf den Rücken drehte, und ihr eigenes angsterfülltes Herz, das ihr bis zum Hals zu schlagen schien.

Dann durchbrach ein Donner die Luft, anscheinend genau über ihnen und so laut, dass es Hermine schier in die Knochen fuhr.

Ein heller Blitz flog auf der anderen Seite des Innenhofes durch die Luft. Ein weiterer folgte ihm und dann brach ein Kampf los, von dem Hermine nicht sagen konnte, wer ihn kämpfte, nur, dass Ginny sich vermutlich mitten drin befand.

Gleichzeitig schrie Bill Weasley auf. Schrie auf und schrie so laut, als würde jeder Knochen in seinem Körper bersten und schrie so laut, dass Hermine sich vor Schreck beinahe die Hände vors Gesicht geschlagen hätte. Stattdessen blickte sie kurz zu ihrem Freund. Dieser hatte sich so gedreht, dass er den Mann in der Mitte des Hofes jederzeit sowohl angreifen als auch vor ihm fliehen konnte, doch noch verharrte er still und nur seine Miene verriet die Anspannung, die ihn ergriffen hatte.

Die ersten schweren Regentropfen schlugen, unbemerkt von den Beiwohnern dieses makaberen Spiels, auf dem Boden auf und verursachten dunkle Flecke auf dem Kies.

Irgendwo, ganz in ihrer Nähe barst eine Tür auf. Gestalten traten ins Freie, alle in schwarzen Umhängen und dann war Hermine zu beschäftigt, Flüche zu blocken und ihnen auszuweichen, um auf die nächsten Worte Voldemorts zu achten.

Ein grüner Blitz surrte haarscharf an ihr vorbei und ein roter verfehlte sie nur um Zentimeter. Etwas Schweres warf sich auf sie und riss sie mit sich zu Boden. Doch bevor sie sich fragen konnte, was nun wieder geschehen war, zog jemand sie unsanft am Ärmel wieder auf die Füße und stieß sie in eine offen stehende Tür.

Für einen Augenblick lehnte sie sich dankbar an die schützende Mauer in ihrem Rücken und atmete tief durch, bevor sie sich ihrem Retter zudrehte. Dieser hatte ihr den Rücken zugedreht und stand in der Tür, durch die er sie gestoßen hatte, um die Todesser zu beobachten. Dennoch konnte sie erkennen, dass er sich anscheinend vermummt hatte. Ron hatte sich indes hinter einen anderen Zierstrauch geflüchtet, da der, an dem er gelehnt hatte, nun trotz des immer stärker werdenden Regens lichterloh brannte.

Sie hörte den Schrei einer weiblichen Person, von der sie nicht sagen konnte, ob es sich dabei um Ginny handelte oder nicht, und dann eine Stimme nah bei ihrem Ohr und erkannte erst mit Verspätung, dass es sich bei dem Sprechenden um ihren Retter handelte.

„Verdammt, Granger! Kannst du nicht ein Mal selbst auf dich aufpassen?“

Hermine brauchte das Gesicht des Mannes nicht zu sehen, um zu wissen, um wen es sich handelte. Sie erkannte ihn an der Stimme, schließlich war sie sechs Jahre lang mit ihm in einem Jahrgang in Hogwarts gewesen.

„Danke.“, murmelte sie schlicht.

Dann hatte sie auch schon ihrem Zauberstab gegriffen und spähte an ihm vorbei zu den Angreifern, die sich auf Ron zu konzentrieren schienen, der alle Mühe damit hatte, den Flüchen, die sie auf ihn schleuderten, etwas entgegen zu setzen.

„Habt ihr nicht gehört, ihr Bälger? Es ist vorbei! Kommt raus, sonst werdet ihr mit eurem Freund hier sterben!“, hallte Voldemorts kalte Stimme durch den Kampflärm, der nun auch um sie herum ausgebrochen war. Niemand der Angesprochenen würde dieser Aufforderung nachkommen, da sie zweifelsohne erst recht den Tod bedeutete.

Nur Bills Schreie, die nach einem kurzen Augenblick des Wartens erneut erklangen und Hermine schier das Blut in den Adern gefrieren ließen, bezeugten, dass der älteste Weasleysohn noch lebte.

„Willst du nur gaffen?“, knurrte der Vermummte und sprach einen Fluch, der jedoch am Schutzschild eines der Todesser abprallte.

Eine Explosion, weiter weg, ertönte und plötzlich waren noch mehr Menschen auf dem Schlachtfeld und überall flogen Lichtblitze.

„Ich sagte doch, du hast uns nicht alle!“, drang Harrys Stimme an ihr Ohr und danach Voldemorts Lachen und Bills Schreie...

Doch Hermine nahm all das gar nicht richtig wahr, sie schüttelte nur den Kopf und adressierte damit ihren Retter. Natürlich wollte sie nicht nur gaffen. Sie war lediglich darüber irritiert, dass gerade er ihr helfen wollte. Und genauso irritiert war sie, über die hinzuströmenden Kämpfer, denn nicht alle schienen Todesser zu sein...

Kurzentschlossen duckte sie sich, damit sie ihren Retter nicht behinderte und feuerte ihrerseits all jene Hexereien, die sie sich in den vergangenen Monaten angeeignet hatte.

Längst nicht alle trafen ihr Ziel. Immerhin hatte sie es hier mit voll ausgebildeten Magiern zu tun, die oftmals bereits langjährige Kampferfahrung hatten. Viele der Zauber prallten an den Schutzschilden ab, manche setzte sie zu hoch an und nur die wenigsten zeigten die gewünschte Wirkung – doch zumindest taten es überhaupt welche.

Der Mann neben Hermine sprach kein Wort, während er seine Magien vollführte. Anscheinend hatte er sich, nachdem er im letzten Jahr aus Hogwarts geflohen war, die Fähigkeit, non-verbale Zauber zu wirken, angeeignet. Und er hatte mit dieser Methode sichtbar mehr Erfolg, als sie oder Ron.

Dennoch würde es nicht reichen, ein paar der Todesser außer Gefecht zu setzen. Es waren zu viele. Hermine hatte sie nicht genau zählen können, vielleicht kämpften sie gerade gegen fünf. Vielleicht waren es aber auch zehn oder mehr. Sie wollte nicht daran denken, wie viel Verstärkung Voldemort noch im Gebäude hatte.

Mittlerweile kämpfte sie ohnehin nur noch nach Instinkt, nicht nach Verstand. Viele der Zaubereien spürte sie, bevor sie haarscharf an ihr vorbei surrten, und entschied spontan, vor welchen sie sich schützen musste. Dabei lag sie oft sogar richtig, dennoch hatte der Kampf ihr bereits zugesetzt: ihr Ärmel hing in Streifen ihren Arm hinab und sie spürte dumpf, dass sie blutete.

Eine Erschütterung in ihrem Rücken ließ sie aufschrecken, doch der Avada Kedavra hatte sein Ziel noch einmal verfehlt und hatte statt ihres Retters nur einen Teil des Türrahmens vernichtet. Der Mann lehnte sich nur kurz gegen ihren Schutz, den Blick ebenfalls auf das Loch in der Mauer und das zersplitterte Holz der Tür gerichtet, doch dann war die Schrecksekunde vorbei und er schleuderte wieder Flüche...

Ein Todesser ging zu Boden, nun waren es noch drei...

Es war nicht ihr Zauber gewesen, aber der von Ron...

Sie sah, wie ein weiterer Baum, hinter dem sich der Rothaarige versteckte, in magische Flammen aufging, genauso der dahinter. Die brennenden Zierbäume tauchten das Kampffeld in ihr flackerndes Licht und für einen Moment konnte sie nichts sehen und sie dachte, es sei vorbei, doch dann hechtete ihr Freund mit einem beherzten Sprung zu ihnen in die Deckung, unter den Flüchen vorbei...

Ron grinste ihr kurz zu, bevor er sich wieder den Todessern zu wandte. Seine Haare klebten wie seine Kleidung wie eine zweite Haut an ihm, vielleicht waren sie nicht nur durch den Regen nass, sondern auch Blut darunter. Er schien genauso erschöpft wie sie, doch keiner von ihnen ließ dieser Erschöpfung Raum.

Ihr wurde kurz schwummrig vor Augen, doch sie verdrängte das Gefühl, so schnell, wie es gekommen war, und als sie wieder aufblickte, standen nur noch zwei Gegner. Einer hing plötzlich Kopfüber in der Luft und sie brauchte nicht zu raten, wer den Zauber gesprochen hatte.

Sie sprach einen weiteren Stupor, doch ihr Fluch erreichte sein Ziel zu spät. Von irgendwo hatte ein verirrter grüner Lichtblitz ihn in die Seite getroffen. Ein grüner Lichtblitz, den man nicht blocken konnte.

Irritiert blickte sie sich um, doch sie konnte keine weiteren Todesser in nächster Nähe ausmachen und erst verspätet verstand sie, warum. Sie hatten diesen - wenn auch nur diesen - Kampf gewonnen. Das war mehr, als sie hätte erwarten können, wenn auch viel zu wenig.

Sie lehnte sich kurz zurück an die kühle Mauer, die vermutlich ihr Leben gerettet hatte und nun schon arg mitgenommen wirkte, mit dem ab gesprengten Putz und dem praktisch nicht mehr vorhandenen Türrahmen. Auch die Tür war fast völlig zerstört.

Während Ron ihr gegenüber sich keuchend auf die Knie stützte, dabei aber ihren Verbündeten nicht aus den Augen ließ, versuchte sie, sich einen Überblick über das Schlachtfeld zu verschaffen. Ginny schien noch immer zu kämpfen. Sie hatte anscheinend Unterstützung bekommen, denn die Todesser kämpften nun nicht nur gegen sie, sondern gegen zwei Fronten. Wer diese Helfer waren oder um wie viele es sich handelte, konnte Hermine auf die Entfernung allerdings nicht erkennen, dafür war es zu dunkel, die Sicht durch den nun sehr starken Regen verschwommen und das Licht zu unstet.

Vor dem Brunnen lag noch immer ein Bewusstloser, bei dem es sich entweder um Bill Weasley oder Bran Graves handeln musste, doch auch das war auf die Distanz nicht erkennbar. Neben dieser Person waren weitere zu Boden gegangen, vermutlich allesamt Todesser, aber eindeutig zu wenig, um diesen Kampf zu gewinnen.

Sowohl Voldemort, als Harry schienen wie vom Erdboden verschluckt und nur Darius lieferte sich mit einer Gruppe Todesser noch ein verbissenes Duell, dass er nicht gewinnen konnte. Gerade ging der dritte der vier Wasserspeier unter zwei grünen Flüchen zu Bruch und seine Trümmer verfehlten den jungen Mann nur durch Zufall.

„Wer sind Sie?“, hörte sie Rons Stimme und war plötzlich wieder nicht mehr nur Zuschauer.

Der Angesprochene schüttelte nur den Kopf, ebenso wie Hermine, die sich zu ihrer eigenen Verwunderung plötzlich selbst sprechen hörte. „Es ist doch jetzt ohnehin egal, Draco.“

Der Mann neben ihr zuckte genauso zusammen, wie der Rothaarige, doch schließlich ergab er sich in sein Schicksal. Vorsichtig wickelte er den Schal, den er sich bis über die Nase gezogen hatte und in dem längst mehrere große Risse klafften, von seinem Hals und strich dann die Kapuze zurück, unter der verdrecktes, filziges, platinblondes Haar zu Vorschein kam.

„Draco Malfoy!“, keuchte Ron und seine Stimme klang dabei verräterisch hoch.

Draco nickte nur. In seine linke Wange hatte sich eine tiefe Wunde gefressen, die blutete, doch er schien sie nicht wahrzunehmen. Er blickte erhobenen Hauptes zum Kampfgetümmel und schien es ebenso zu analysieren, wie Hermine zuvor.

„Der Orden ist hier. Es ist nur ein kleiner Trupp, aber dank des Überraschungseffekts reicht es, um die Todesser eine Weile in Schach zu halten.“

Hermine nickte, als hätte sie diese Information bereits gewusst, bevor der Junge sie aussprach. Vielleicht ahnte sie es auch nur. „Lasst uns den anderen helfen. Vielleicht kriegen wir noch Verstärkung.“

Sie glaubte nicht daran, Verstärkung zu bekommen, denn diese Verstärkung kämpfte in diesen Minuten in Hogwarts und war der einzige Grund, weshalb sie hier überhaupt eine Chance gegen die Todesser hatten – auch wenn diese Chance verschwindend gering war.

Aber zumindest war sie da – und sie wollte sie nutzen.
 

Hermine warf, genauso wie die beiden Jungen, einen letzten Blick in alle Richtungen, um mögliche Hinterhalte zu erkennen. Als sie nichts sahen, nickten sie sich noch einmal zu, dann sprangen sie gleichzeitig aus ihrer Deckung und schleuderten die ersten Flüche auf Darius Gegner, während sie Schutz hinter den verbliebenen Bäumen suchten.

Die Überraschung gelang ihnen.

Völlig überrumpelt durch die zusätzliche Gegenwehr schafften es drei Todesser nicht, ihren Zaubern rechtzeitig einen Bann entgegen zu setzen. Zwei gingen, von roten Blitzen getroffen, zu Boden, ein dritter hing hilflos in der Luft und zappelten mit den Beinen.

Aus dem Augenwinkel sah sie, wie Darius hinter dem letzten verbliebenen Wasserspeier kurz inne hielt und zu ihnen blickte. Nun konnte sie auch sehen, dass es nicht gut um ihn stand. Er schien sich eine blutende Wunde an der Stirn zugezogen zu haben und sein rechter Arm hing schlaff herab, er zauberte jetzt mehr schlecht als recht mit links. Sein Reaktionsvermögen schien ebenso eingeschränkt zu sein.

Ein heftiger Schmerz in ihrem linken Arm ließ sie zusammenfahren. Als sie sich die Wunde besah, die der Fluch gerissen hatte, sah sie nicht viel mehr, als Blut. Ein weiterer Zauber verfehlte sie um Haaresbreite. Jetzt erst verfluchte sie sich für ihre Unachtsamkeit. Die Zähne kurz zusammen gebissen, verdrängte sie den Schmerz, so gut sie konnte und konzentrierte sich wieder auf ihre Aufgabe. Kurz darauf war sie so damit beschäftigt, Zauber zu blocken und gleichzeitig Flüche zu sprechen, dass sie erst verspätet merkte, dass in das Gebäude hinter ihr Bewegung gekommen war und schließlich ein paar Zauberer durch die Tür traten, die ihnen zuvor noch Schutz geboten hatte.

Nur zufällig machte sie eine Bewegung in die richtige Richtung, die den Fluch nicht sie, aber einen der Todesser treffen ließ, der wie ein Stein zu Boden viel.

Dem nächsten Zauber – sie sah ihn nicht einmal kommen – wich sie nicht mehr aus. Sie spürte noch, wie etwas sie mit voller Wucht in den Rücken traf, dann fiel sie der Länge nach, unfähig, sich auch nur einen Millimeter zu bewegen.

Nicht einmal die Augen konnte sie rühren und so musste sie hilflos mit ansehen, wie Malfoy neben ihr das gleiche Schicksal erlitt. Nur Ron stand noch, anscheinend ungesehen von den Angreifern, doch dass würde nicht mehr lange dauern, denn die Todesser, gegen die sie gekämpft hatten, feuerten noch immer Zauber in seine Richtung.

Und während sie diesem Kampf nur noch zusehen konnte, während sie eigentlich nur noch Beine sah, die an ihr vorbei rannten, während ihr die kalten Regentropfen ins Gesicht schlugen und sie für ihre Niederlage zu brandmarken schienen, explodierten in ihrem Kopf förmlich die Gedanken.

Es war aus.

Vorbei.

Sie war besiegt.

Malfoy war besiegt.

Harry war verschwunden, Darius schwer verletzt, Ron beinahe eine Zielscheibe.

Es war vorbei. Die Todesser würden sie sich nach und nach holen. Man würde sie foltern und töten. Und es gab kein entkommen.

Sie hätten nicht kommen sollen.

Sie hätten das Anwesen nicht ohne den Rest des Ordens betreten sollen.

Es war vorbei. Sie waren verloren...

Jemand stieg über sie hinweg, traf ihr dabei in den Rücken, doch sie konnte nicht schreien, nicht einmal ihren Unmut durch ein Stöhnen kundtun...

Es wurden Befehle gebrüllt und Zauber. Um sie her entflammte ein wahres Feuerwerk an leuchtenden Blitzen in allen Regenbogenfarben.

Sie konnte Ron nicht mehr sehen, zwischen Malfoy und sie waren andere getreten, ein Wald aus Beinen. Irgendwo schrie ein Mann, sie konnte nicht sagen, wer oder wo.

Auch über ihnen, am Himmel, herrschte ein Feuerwerk, ein Feuerwerk aus Blitzen, gefolgt von trommelfellzerfetzendem Donner und begleitet von eiskalten Regentropfen.

Und plötzlich...

Plötzlich war es still.

Beinahe schien es, als hätten alle Kämpfenden inne gehalten, Freund und Feind, und nur das Wetter schien wenig daran interessiert, was geschehen war.

Hermine lag auf dem Boden, sie konnte nicht sehen, was die anderen sahen, doch es musste etwas großes sein...

„Was in Merlins Namen ist das?“, keuchte eine Frau entsetzt, ganz in ihrer Nähe.

„Priori Incantatem.“, erwiderte ein Mann außerhalb ihres Blickfeldes und klang dabei ehrfürchtig. „Ich habe davon gehört...“

Auch Hermine hatte davon gehört. Es war lange her und sie brauchte einen Moment, bis sie sich an die richtige Erzählung erinnerte. Damals, in ihrem vierten Jahr, nach dem fatalen Ende des Trimagischen Turniers hatte Harry ihr davon erzählt. Sein Zauberstab hatte sich mit dem von Voldemort verbunden und den anderen zur Wiedergabe seiner verübten Zauber gezwungen...

„Wer kämpft da?“, erklang eine dritte Stimme.

Hermine kannte die Antwort.

Das finale Duell...

...es hatte begonnen.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Sitamun
2009-02-14T22:21:45+00:00 14.02.2009 23:21
(Ich bin müde und meine Fähigkeit zu denken, hat bei Weitem nachgelassen, weswegen ich auch nicht sehr viel schreiben werde ... ich hoffe mal, ich schreibe nicht allzu großen Mist jetzt hierrein^^' ... aber besser Mist als dass ich es wieder vergesse >_>')

Dramatik! Das Ende naht mit großen Schritten! *nods*
Und wer hätte das gedacht? Priori Incantatem - das kommt dem informierten Leser doch bekannt vor. Mal schauen, wie sich das jetzt von dem erstmaligen Auftreten dieses Zaubers in Band 4 unterscheidet und ob der Unsagbare etwas realistischer abtritt als umzufallen und sich den Kopf anzuschlagen. Aua. ôo
Mmh~ ... vllt denk ich einfach nur zu langsam im Moment, aber ... da waren noch andere vom Orden? Oo Ich dachte, Draco wäre/müsste alleine da hin (auch wenn das an eine Art Himmelfahrtskommando erinnern würde Oo ....).
Und was noch übrig bleibt, ist Hogwarts .... aber wenn der Big Boss fällt, dann übersteht Hogwarts das auch sicherlich^^ .... nehm ich mal an Oo ... irgendwo muss der kleine Albus Severus doch zur Schule gehen.
>_>'''


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