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Der schwarze Schatten der Seele

von

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Tage der Nacht

Entschuldigungen wollt ihr eh nicht hören, richtig?

Also lassen wir das.

Viel Spaß mit meinem persönlichen Lieblingskapitel. :)
 

mfg

NIX
 


 


 

30. Dezember 1997 (Grimmauldplatz Nr. 12, London, England)

Am folgenden Morgen waren sie schlauer. Gleich nach dem Frühstück, Mrs Weasley sah gerade nach den Lebensmittelvorräten, erhoben sie sich mit ein paar Toasts bepackt und schlichen sich aus der Küche, hinauf in Rons Zimmer. Die Rufe von seiner Mutter nahmen sie schon gar nicht mehr wahr. Stattdessen nahm Hermine einmal öfter das kleine schwarze Buch, sprach das Passwort (»Bücherwurm«) und schlug die Seite auf, bei der sie am Abend zuvor geendet waren. Sie waren noch nicht einmal bis zur Hälfte.

„Von jetzt an kann es nur noch bergab mit ihm gehen, oder?“, flüsterte Ginny und betrachtete fast ehrfürchtig die Seite des siebenundzwanzigsten Augusts.

„Halbes Jahr hat er noch.“, antwortete Ron, ebenfalls den Blick auf die Seite geheftet.

Auch Hermine sah auf das Blatt in ihrer Hand. Anscheinend hatte der Schreiber zwar - zur Abwechslung mal - Interessanteres im Kopf gehabt als seine Bücher, doch das hieß nicht, dass er sein Hobby vernachlässigte...
 

27. August 1979

Hatte heute meinen ersten Arbeitstag in der London Library of Mankind and Wizardry. Es war fantastisch! Sämtliche Mitarbeiter sind sehr freundlich und zuvorkommend zu mir. Und als Angestellter habe ich natürlich auch Zugang zu der verschlossenen Abteilung, die der Öffentlichkeit nicht zugänglich ist. Ich habe bereits einen kleinen Blick in die abgedunkelte Kammer geworfen und ich habe das Gefühl, dass ich Lesestoff für Jahre gefunden habe.

Leider ist Philippa von Büchern nicht halb so fasziniert, wie ich...
 

1. September 1979

Morgen ist nun also der große Tag! Ich werde Philippa ins Grand Highbred geleiten und mit ihr dinieren! Ich hoffe, es kommt nicht wieder etwas dazwischen. Mittlerweile verwundert es mich, dass ich noch nicht wieder zu IHM gerufen wurde, um meinen ersten Auftrag zu erhalten, aber morgen käme es wirklich ungelegen.

Himmel, was ziehe ich nur an?

Vater macht sich schon seit längerem darüber lustig, ich würde länger für Kleidungswahl und Bad brauchen, als seine Frau...
 

2. September 1979

Werde gleich Philippa abholen und dann mit ihr in die Winkelgasse apparieren.

Ich bin so aufgeregt! Dieser Abend wird perfekt! Zuerst werden wir gemütlich bei Kerzenschein essen, dann werde ich sie nach Hause bringen und dann werden wir sehen, was sich ergibt!

Habe jetzt auch endlich den perfekten Ring für sie, er wird ihr gefallen, da bin ich mir sicher.

Oh, ich muss los.
 

An dieser Stelle hatte Regulus Black einen Absatz gelassen und anscheinend nach seinem Date wieder eingesetzt. Doch im folgenden Abschnitt wirkte seine Schrift plötzlich gar nicht mehr so sauber, wie noch zuvor, dafür aber zittrig und verschmiert.
 

Es ist furchtbar! Einfach schrecklich! Ich verstehe noch immer nicht, warum sie das getan hat!

Dabei lief doch alles so gut! Ich habe Philippa von ihrem Elternhaus abgeholt - ihre Eltern konnten sie nicht begleiten, da sie selbst zu einem Dinner eingeladen waren - und bin dann wie geplant mit ihr in die Winkelgasse, wo ich sie zum Grand Highbred geführt habe. Dort haben wir - ebenfalls wie geplant - ein herrliches Dinner genossen und wir haben uns wunderbar unterhalten und sie hat über meine Witze gelacht und alles.

Schließlich habe ich sie wieder zurück begleitet, ihre Eltern waren noch nicht wieder im Haus. Dort habe ich Philippa dann den Ring geschenkt, sie hat sich gefreut und mich noch auf einen Kaffee hereingebeten. Aus diesem Kaffee wurde sehr schnell sehr viel mehr, es lief alles wunderbar, besser als ich es hätte planen können!

Doch dann ist es geschehen. Ich hatte mich gerade meines Hemds entledigt, als ihr das Zeichen auf meinem Unterarm aufgefallen ist. Anscheinend hat sie auch erkannt, worum es sich dabei handelte und was es bedeutete. So hatte ich es natürlich nicht geplant, aber ich dachte, es würde mir eine langwierige Rede und Vorgeplänkel ersparen. Aber ich hatte falsch gedacht! Sie war nicht einfach nur verblüfft, sie war erschrocken. Ich werde den Anblick ihrer schockgeweiteten Augen nie vergessen.

Und dann - ohne eine Bitte um Erklärung der Umstände - hat sie mich aus dem Haus geworfen! Sie hat mich nicht hinausgebeten, nein, sie hat mich hinausgeworfen! Auf meine Frage, was denn geschehen sei, hat sie mir nicht geantwortet. Dafür hat sie den Ring, den ich ihr keine Stunde zuvor geschenkt hatte, vom Finger gerissen und mir vor die Füße geworfen, mit den Worten, einen Verräter wie mich wolle sie nie wieder sehen!

Ich wollte mich verteidigen, doch sie warf mir die Tür vor dem Gesicht zu und reagierte dann weder auf mein Klingeln noch auf Rufen.

Schließlich bin ich gegangen - sie hatte gedroht, die Magischen Brigaden wegen Hausfriedensbruch zu rufen.

Ich verstehe noch immer nicht, wieso sie so heftig reagiert hat! Sie ist doch ebenso reinblütig wie ich, sie sollte wissen, was die Uhr geschlagen hat, sich für mich freuen! Stattdessen wirft sie mich hinaus...

Ich weiß nicht, wie ich weiter machen soll...

Philippa...
 

3. September 1979

War bei Philippa. Sie hat mir nicht mal geöffnet.
 

4. September 1979

War erneut bei Philippa. Doch wieder ist sie nicht einmal zur Tür gekommen.
 

5. September 1979

Heute hat Philippa ihre Drohung war gemacht. Die Magischen Brigaden haben mich auf die Dienststelle mitgenommen. Vater war außer sich.
 

7. September 1979

Mutter regt sich auf, dass ich nichts esse. Philippa antwortet nicht auf meine Briefe.
 

10. September 1979

Habe meinen Bruder und seinen Freund Potter in der Bibliothek getroffen, frage mich immer noch, seit wann sie lesen können...

Anscheinend haben sie über Philippa geredet, frage mich, was da läuft.
 

23. September 1979

Hatte heute meinen ersten Auftrag für IHN. Zusammen mit weiteren Mitgliedern der Organisation haben wir - Snape war mit dabei - für ein wenig Unruhe auf der Hochzeit von John Grisham und seiner Muggelfreundin gesorgt. War für mich nicht so schlimm, wie ich es mir vorgestellt hatte, die Anonymität der Uniform wirkt wahre Wunder. Grisham wird es sich das nächste Mal zweimal überlegen, wen er heiratet.
 

29. September 1979

Mein Herr hat mich erneut zu sich gerufen und mir ein Projekt übertragen. Ich soll alles über einen bestimmten Zaubertrank, den ich hier nicht näher benennen möchte, herausfinden. Dürfte mit den Materialien in der Bibliothek eine einfache Aufgabe sein.
 

30. September 1979

Philippa stand vor der Tür. Sie hat anscheinend herausgefunden, dass ich bei dem Anschlag auf die Hochzeit beteiligt war, ich frage mich, woher sie es weiß. Anschließend hat sie mir gedroht, mich bei den Magischen Brigaden anzuzeigen, sollte ich ihr noch einen Brief schreiben, und mir alle Briefe (an der Zahl siebenundfünfzig) der letzten Wochen vor die Füße geworfen.
 

6. Oktober 1979

Die Nachforschungen für meinen Auftrag laufen nicht so recht, wie sie sollen, es ist zum verzweifeln. Habe Philippa gesehen. Mit Nathan Graves.
 

13. Oktober 1979

Hatte heute meinen nächsten Auftrag. Wäre beinahe erkannt worden. Beinahe.
 

17. Oktober 1979

Endlich sehe ich wieder ein Licht.

Zwischen Nathan Graves und Philippa Goodwill ist es aus, sie hat ihn für einen Muggel verlassen, wie er mir heute Mittag im Tropfenden Kessel erzählte, wo wir zufällig beide zu Mittag aßen. Im Nachhinein war sie doch nicht so wunderbar, wie ich sie mir eingebildet habe, diese Blutsverräterin.

Zudem gehen meine Recherchen voran, mit etwas Glück werde ich schon zum Wochenende fertig sein.
 

19. Oktober 1979

Ich fasse es immer noch nicht! Das Glück ist mir wieder hold!

Während meiner Recherchen - die ich heute abgeschlossen habe - ist mir ein sehr interessantes und seltenes Buch aus dem 14. Jahrhundert namens „Tage der Nacht“ in die Hände gefallen. Ich bezweifle, dass es jemand aus der Bibliothek vermissen wird, es war nicht einmal katalogisiert.
 

21. Oktober 1979

Soeben habe ich IHM die Früchte meiner Nachforschungen vorgelegt und ER war begeistert! ER hat mir meinen nächsten Auftrag erteilt. Am nächsten Wochenende werden wir Philippa Goodwills Geburtstagsfeier ein wenig erheitern. Ich freue mich schon drauf!
 

29. Oktober 1979

Der Besuch mit meinen Kollegen bei Philippa Goodwills Geburtstag verlief nach Plan. Ich habe ihr zum Geburtstag gratuliert, indem ich ihre geliebte Katze ein wenig auffriesiert habe. Habe gehört, es hätte Tote gegeben, aber selbst gesehen habe ich nichts.
 

31. Oktober 1979

Habe Philippa Goodwill gesehen, anscheinend lässt sie sich von meinem Bruder trösten. Blutsverräter unter sich!
 

6. November 1979

„Tage der Nacht“ ist ein noch interessanteres Buch, als ich mir in meinen kühnsten Träumen nicht auszumalen traute! Es behandelt wirklich alte Magie, vornehmlich Schwarzmagie, selbstredend. Noch dazu ist es so offen und ehrlich geschrieben, wie es sich diese Trottel nicht trauen würden, die sich heutzutage Schriftsteller nennen! Ich bin beeindruckt.

Gleichzeitig frage ich mich, wann ich meinen nächsten Auftrag erhalten werde. Es juckt mir in den Fingern, endlich mal etwas mehr zu tun, als Schlammblüter nur in Unterwäsche in der Luft schweben zu lassen!
 

7. November 1979

Meine Frage hat sich erledigt. Ich habe soeben meinen nächsten Auftrag erhalten. Aber ...

Das kann ich einfach nicht tun, nein.

Unmöglich.

Wieso wird das von mir verlangt? Wieso? Wieso ich? Unbedingt ich?

Ich kann das nicht!!!
 

„Was er nicht kann, hat er nicht zufällig dazugeschrieben?“, fragte Ron und runzelte die Stirn.

Hermine blätterte vor, schüttelte dann allerdings den Kopf. „Nein. Er fragt sich zwar noch mehrmals, warum ausgerechnet er das machen soll, aber über das, was er tun soll oder wie er es tun will, sagt er nichts. Hier ist noch ein Eintrag, dass sein Herr ungeduldig wird, aber, nein, wieder keine Erklärungen.“

Erneut schüttelte sie den Kopf und reichte dann das Buch an Rons Schwester weiter, die die Prozedur des Durchblätterns wiederholte. Schließlich sah auch die Rothaarige auf.

„Denke, er sollte jemanden töten. Jemanden bestimmtes. Hier schreibt er, dass sein Auftrag anscheinend dem »erlesenen Kreis« - verdammt, wieso sagt der nicht einfach Todesser? - Probleme bereitet.“

„Ja, aber er hat doch schon oft darüber geschrieben, dass er es tun will, oder?“

Da hatte Ron natürlich Recht. Dennoch glaubte Hermine Ginnys Theorie. „Ja. Aber erinnert ihr euch daran, was Harry uns über seine Erlebnisse auf dem Astronomieturm erzählt hat? Er meinte doch, dass Dumbledore zu Draco sagte, es sei weitaus schwieriger, einen Mord auch wirklich zu begehen, als ihn nur zu planen? Vielleicht hat Regulus das auch gemerkt. Oder er hat die Person, die er töten sollte, gemocht. Möglich ist es, oder?“

Bevor Ron Widerspruch einlegen konnte, ertönte Ginnys Stimme, die weiter im Tagebuch geblättert hatte. „Ich glaube, Hermine hat Recht. Schaut euch das mal an.“

Die Rothaarige reichte ihr das Buch zurück und sie wandte ihren Blick der Seite zu.
 

2. Dezember 1979

Ich bin mir noch immer sicher, dass ich nicht tun kann, worum ER mich bittet. Aus diesem Grund habe ich heute Lucius gefragt, was ich tun solle. Er hat Verständnis gezeigt und mir versprochen, mich zu unterstützen. Vielleicht kann er es tun. Er hat sowas doch schon oft gemacht. Obwohl er vermutlich auch gezögert hätte, wäre es sein Vater...

Morgen wollen wir es tun.

Ich kann nicht mehr zurück.
 

„Vater? Du meinst...?“

Die Rothaarige nickte beklommen und deutete ihr an, weiterzublättern, was sie auch tat.
 

3. Dezember 1979

Verflucht! Ich habe es getan!

Ich kann es immer noch nicht richtig verstehen, aber ich habe es getan, nicht Lucius.

Es ging alles nach Plan. Er hatte geschäftlich in der Nokturngasse zu tun, dass hatte ich schon vor zwei Wochen gewusst. In meiner Mittagspause habe ich mich mit Lucius getroffen, wir haben seine Spur aufgenommen. Wir haben ihn dann auch gefunden, in der Nokturngasse, dort, wo die Läden bereits leer stehen und sich niemand hin verirrt. Glaube, da war auch ein Geheimgang in die Muggelwelt, durch den Sirius als kleiner Junge mal vor unseren Eltern geflohen ist. Sirius ... Ich werde ihm nie wieder unter die Augen treten können!

Als er uns bemerkte - durch das Knirschen des Schnees unter unseren Sohlen waren wir vermutlich meilenweit zu hören, so kam es mir zumindest vor - hat er vermutlich verstanden, dass er in Gefahr war. Er hat nicht einmal versucht, zu fliehen. Und obwohl ich meine Uniform trug, hat er mich erkannt. Ich werde seine Stimme, seine Worte nie vergessen...

„Regulus...“, hat er geflüstert, „...ich wusste, dass es so enden würde. Weißt du? Insgeheim habe ich immer gehofft, du würdest werden, wie dein Bruder. Sirius ist ein Narr, dass wissen wir beide. Aber er weiß Richtig von Falsch zu unterscheiden. Das ist eine Fähigkeit, die dir fehlt.“

Ich wusste selbst nicht, was ich tat, aber ich hatte meinen Zauberstab sofort erhoben, schneller noch, als Lucius. Doch die Worte, die er sprach, bevor ich den unverzeihlichen Fluch abfeuerte - ich hätte mich nicht mehr bremsen können, selbst, wenn ich es gewollt hätte -, werde ich nie vergessen.

„Vielleicht hätte ich mich besser um dich kümmern sollen. Vergib mir, Regulus...“

Dann traf ihn der Fluch mit voller Wucht.

Immer, wenn ich die Augen schließe, höre ich seine Worte und sehe, wie er - wie in Zeitlupe - nach hinten kippt, die Augen weit aufgerissen und noch immer auf mich gerichtet. Mich, seinen Sohn, seinen Mörder.

Ich weiß nicht, wie ich es Mutter beibringen soll...

Ich bin ein Mörder. Orion Blacks Mörder. Vaters Mörder...

Es klingelt an der Tür. Vermutlich haben sie ihn gefunden. Ihn ... aber den Mörder unter seinem Dach nicht.
 

4. Dezember 1979

Mutter heult die ganze Zeit. Zum Glück ist sie zu viel mit sich selbst beschäftigt, als dass sie sich um mich kümmern würde. Ich könnte ihr nicht in die Augen sehen. Ich kann mich nicht einmal mehr selbst im Spiegel betrachten, denn langsam fange ich an zu realisieren.
 

7. Dezember 1979

Habe heute während meiner Mittagspause Sarah Chester getroffen. Als sie mich einsam an meinem Tisch sitzen sah, hat sie sich zu mir gesetzt. Die ganze Zeit hat sie nicht gesprochen, ich auch nicht. Sie hat ein Baguette mit Schinken gegessen, dass weiß ich noch. Nur, als sie wieder gegangen ist, hat sie kurz etwas gesagt.

„Du tust mir leid.“

Das und ihre Geste - sie hat mir die Hand auf die Schulter gelegt - hat sich genauso in mein Gedächtnis gebrannt, wie der Mord an Vater...
 

8. Dezember 1979

Heute wurde Vater beerdigt. Ich kann immer noch nicht wirklich glauben, dass ich es getan habe. Ich komme mir wie ein schlechter Schauspieler vor.
 

10. Dezember 1979

Sarah Chester hat sich heute wieder zu mir gesetzt. Sie arbeitet in Flourish & Blotts, das hat sie mir erzählt. Das und wie ihr Tagesablauf so ist. Dann, nachdem sie ihr Baguette - wieder mit Schinken, sie scheint das Zeug zu mögen - gegessen hatte, ist sie wieder gegangen.
 

11. Dezember 1979

Wieder hat sich Sarah Chester neben mich gesetzt, in der Mittagspause, wieder mit Schinkenbaguette. Sie redet von mal zu mal mehr, während ich nur zuhöre. Ich weiß selbst nicht warum, aber ihre Gesellschaft tut mir gut. Diesmal hat sie mir erzählt, dass sie dabei war, wie sie den Leichnam meines Vaters aus der Winkelgasse getragen haben, sie hatte gerade Mittagspause. Sie hat mich nicht gefragt, wer sowas getan haben könnte, wie all die anderen es ständig tun. Ich glaube, als sie meinen Blick gesehen hat, hat sie verstanden. Vielleicht wusste sie es auch schon, als sie sich zum ersten Mal neben mich gesetzt hat.
 

12. Dezember 1979

Diesmal hat sich Sarah Chester nicht zu mir gesetzt, sondern ich mich zu ihr, denn heute kam ich etwas später in dieses kleine Restaurant am Ende der Winkelgasse. Wir haben nicht viel gesprochen. Sie hat mich nach meiner Arbeit gefragt und ich habe ihr erzählt, was ich in der Bibliothek so mache. Ich genieße diese Treffen. Eines allein ist tausendmal wertvoller als alle, die ich je mit Philippa Goodwill hatte. Gleichzeitig habe ich Angst, dass einer aus dem erlesenen Zirkel mich mit ihr sieht, das könnte unser beider Ende sein.
 

13. Dezember 1979

Sarah war heute nicht im Restaurant. Bei Flourish & Blotts habe ich erfahren, dass sie krank sei. Bei diesem Wetter eigentlich kein Wunder.

Ich glaube, ich habe Angst um sie.
 

14. Dezember 1979

Heute war Sarah wieder da. Irgendwie wirkt sie noch immer leicht verschnupft auf mich. Nach der Arbeit habe ich sie nach Hause gebracht. Sie wohnt in einer schönen Gegend - für Muggelverhältnisse. Nein, eigentlich auch sonst. Ihre Wohnung gefällt mir - und ich bin noch kurz mit rauf gekommen. Aus kurz wurde etwas länger, die ganze Nacht.

Den halben Abend haben wir nur geredet. Ich habe ihr erzählt, dass ich ein Todesser bin, was ich getan habe, ihr sogar das dunkle Mal gezeigt. Sie hat mich nicht vor die Tür gesetzt und dafür bin ich ihr dankbar. Ganz im Gegenteil, sie scheint mich zu verstehen.

Ich glaube, die Vereinigung der Todesser ist nichts für mich. Ich werde aussteigen. Das habe ich endlich begriffen.

Für Vater kommt diese Einsicht zu spät.
 

16. Dezember 1979

Der dunkle Lord hat heute seine Villa eingeweiht. Der Prunk hat mich nicht halb so sehr beeindruckt, wie er es eigentlich hätte tun sollen.

Durch Zufall hörte ich ein Gespräch, dass nicht für meine Ohren - für niemands Ohren - bestimmt war. Der dunkle Lord hat anscheinend einen Horkrux erschaffen. Irgendwo habe ich darüber schon einmal gelesen. Ich frage mich, wo.
 

17. Dezember 1979

Habe mich heute wieder mit Sarah getroffen. Ich genieße die Stunde mit ihr, als sei es meine letzte. Nun, nach dem, was ich herausgefunden habe, könnte dem auch so sein. Ich habe das Buch wiedergefunden, in dem ich das Wort »Horkruxe« gelesen habe. Es ist »Tage der Nacht«. Demnach ist ein Horkrux ein Gegenstand, in dem ein Stück der eigenen Seele versiegelt wird. Solange der Gegenstand existiert, ist der Rest der Seele in ihrem Körper unsterblich. Wenn der dunkle Lord tatsächlich einen Horkrux erschaffen hat, sieht es für den Widerstand schlecht aus. Ich muss etwas tun. Und ich muss aus dieser Organisation raus. Ich werde den dunklen Lord bitten, mich zu entlassen. Ich habe das seltsame Gefühl, dass ich es tun muss und er mich nicht töten wird. Nicht sofort, jedenfalls.
 

18. Dezember 1979

Sarah hat mir das Medaillon, das sie von ihrer Großmutter vererbt bekommen hat, als Glücksbringer geschenkt. Hoffe, es bringt mir wirklich Glück. Übermorgen werde ich es brauchen...
 

19. Dezember 1979

Bin heute durch Zufall in den Besitz eines kleinen Fläschchens Felix Felicis gekommen. Ich weiß auch schon, wann ich es nutze. Ich hoffe, der dunkle Lord hat seinen Horkrux noch nicht an einen anderen Ort gebracht...
 

20. Dezember 1979

Ich habe heute dem dunklen Lord mein Anliegen vorgebracht und ich lebe noch!

Nachdem ich den Zaubertrank in einem Zug geleert hatte - ich schätzte die Dauer seiner Wirkung auf zirka sechs Stunden, für mein Vorhaben mehr als ausreichend -, bin ich zu seiner Villa appariert und habe ihn in seinem Thronsaal angetroffen. Furchtlos - es muss die Wirkung des Tranks gewesen sein - habe ich ihm berichtet, kein Todesser mehr sein zu wollen. Er hat unter einer Bedingung eingewilligt: ich sollte noch einen Auftrag für ihn erledigen, gegen Ende des Jahres. Natürlich habe ich angenommen, obwohl mir sehr wohl bewusst war, dass es sich um eine Falle handelte. Dann ließ er mich allein in diesem Saal, der an der Wand von unzähligen Vitrinen gesäumt war, in dem er verschiedenste Gegenstände aufbewahrt hat. Ich bezweifle, dass auch nur eines der Objekte rechtmäßig ihm gehört.

Wieder griff mir Felix unter die Arme. Unter all dem Plunder fand ich ein altes Medaillon, dass ich als Slytherins Erbstück identifizieren konnte und mir war sofort klar, um was es sich handelte. Kurzerhand nahm ich den Horkrux an mich und tauschte ihn gegen Sarahs Geschenk - ein Glück, dass ich es bei mir trug, aber es war schließlich mein Glücksbringer! - aus, das ich mit einem kleinen Zauber modifizierte, welcher es zumindest für die nächsten Tage tarnen durfte, hoffentlich genug, um das Original zu vernichten. Allerdings hinterließ ich dem dunklen Lord davor noch ein nettes Andenken im Inneren des falschen Medaillons, das vom Original nicht mehr zu unterscheiden war.

Dann habe ich das Anwesen verlassen, bin allerdings nicht - wie geplant - nach Hause zurückgekehrt, sondern zu Sarah gegangen. Ich habe das Gefühl, dass ich ihr alles anvertrauen kann!
 

Sie spürte Ginnys Blick im Nacken und sah auf.

„Könnte es sein, dass ihr nach diesem Horkrux sucht?“, fragte die Rothaarige mit einer Stimme, die man sonst nur von ihrer Mutter kannte.

Hermine nickte schwach. „Deswegen ist Harry nicht hier.“

Sie erwartete, dass das Mädchen ihren Gefühlen mit einen Wutausbruch Luft machte, doch dieser blieb aus. Stattdessen seufzte sie nur und blätterte eine Seite weiter.
 

21. Dezember 1979

Die Wirkung des Felix Felicis hat aufgehört. Ich kann nicht mehr schlafen, wach sein geht auch nicht. Ich habe Angst. Furchtbare Angst. Nur, wenn ich bei Sarah bin, fühle ich mich etwas sicher.

Schaffe es nicht, den Horkrux zu zerstören. Habe ihn deshalb mit »Tage der Nacht« in meinem Elternhaus versteckt, ich bezweifle, dass es irgendjemand findet, bevor zwanzig Jahre rum sind.
 

22. Dezember 1979

Werde Weihnachten bei Sarah verbringen.
 

23. Dezember 1979

Glaube, Mutter ahnt, dass mit mir etwas nicht stimmt, aber sie fragt nicht nach. Vaters Tod ist ihr nicht gut bekommen, obwohl er sie mit einer Muggel betrogen hat.
 

24. Dezember 1979

Habe heute in der Winkelgasse ein Weihnachtsgeschenk für Sarah gekauft und bin dabei auf Sirius getroffen. Der hat sofort gemerkt, dass mit mir etwas nicht stimmt, hat aber nichts weiter dazu gesagt. Ich habe meinen Mut zusammengenommen und ihn gefragt, was ich mit dem Spiegel anfangen soll. Er hat nur gesagt, dass er das Gegenstück hätte, was mich nicht sonderlich weiter bringt. Ich denke, ich sollte ihn gut aufheben.
 

26. Dezember 1979

Ich bin immer noch bei Sarah. Einen ganzen langen Tag konnte ich meine Ängste vergessen und wieder ich selbst sein. Es war das schönste Weihnachten, das ich je hatte. Sie hat sich richtig über die Kette gefreut, die ich ihr geschenkt habe. Von ihr habe ich ein Buch bekommen, es ist mein erster Roman, den ich je lesen werde, noch dazu ist er von einem Muggel geschrieben.

Denke, ich werde noch bei Sarah übernachten, bevor ich in den Alltag zurückkehre.
 

27. Dezember 1979

Habe eine wundervolle Nacht mit Sarah verbracht. Sie hat einen Drohbrief erhalten, ich fürchte, SIE wissen jetzt, dass ich mit ihr zusammen bin. Schließlich habe ich sie überreden können, zu ihrem eigenen Schutz ins Ausland zu gehen. Am liebsten wäre ich bei ihr geblieben, doch das war nicht möglich.
 

Jetzt bin ich wieder zu Hause und die Angst ist zurück. Ich weiß nicht, was ich tun soll...
 

28. Dezember 1979

Ich habe mich heute ein letztes Mal mit Sarah getroffen. Nach einem letzten Gespräch - ihre Koffer hatte sie bereits gepackt - ist sie appariert. Sie hat mir versprochen, Briefe zu schreiben, doch ich ahne, dass sie nicht bei mir ankommen werden.

Tief in meinem Inneren weiß ich, dass ich sie nie wieder sehen werde.

Ich vermisse sie.
 

29. Dezember 1979

Ich lese jede freie Minute an dem Roman, den Sarah mir geschenkt hat. Zur

Arbeit gehe ich nicht mehr.

Mir rinnt die Zeit davon.
 

30. Dezember 1979

Meine Uhr sagt mir, dass es um zehn in der Nacht ist.

Bin soeben mit Sarahs Roman fertig geworden.

Die Angst wird immer größer.

Ich werde sterben.

Ich weiß es.
 

Es ist eine Stunde vor Mitternacht.

Mutter heult vor meiner Tür, aber ich werde ihr nicht öffnen.

Sein Ruf kann jeden Augenblick kommen.

Immer, wenn ich meine Augen schließe, sehe ich mein Leben an mir vorbeilaufen. Ich habe so viele Fehler gemacht.

Ich wünschte, ich könnte Sarah noch einmal sehen.

Doch ich kann es nicht.

Ich hoffe sie vergibt mir.
 

Halb zwölf.

Ich kann nicht mehr klar denken.

Zusammenhanglose Bilder tauchen vor meinem inneren Auge auf.

Ständig sehe ich Vaters toten Körper.

Warum habe ich das nur getan?
 

Zehn vor zwölf.

Ich habe einen Brief an Sirius geschrieben.

Ich hoffe, er vergibt mir.
 

Fünf vor zwölf.

Ich muss den Brief an Sirius abschicken.
 

Drei vor zwölf.

Ich traue mich nicht.
 

Zwei vor zwölf.

Mutter ist vor der Tür eingeschlafen.
 

Eins vor zwölf.

Leere.
 

31. Dezember 1979
 

Mitternacht...
 


 

Er ruft mich.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Sitamun
2008-08-05T09:42:35+00:00 05.08.2008 11:42
Uuiiii~ ... da ist jemand gegen Ende aber ziemlich nervös geworden ^_^ ...

Naja, auf jeden Fall - um es kurz zu fassen, hab ja noch ein paar Kapitel vor mir^^''' - finde ich die Tagebucheinträge ziemlich spannend und überhaupt die Idee, sich mit der Geschichte Regelus so weit auseinanderzusetzen, wirklich interessant. ^o^

*sich aufs nächste Kapitel stürzt*
Von:  Tonja
2008-02-12T15:41:09+00:00 12.02.2008 16:41
Hi,
das Kappi ist echt klasse.
Ich finde besonders das Ende klasse.
Du hast richtig Spannung aufgebaut.
Bye Tonja


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