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Der schwarze Schatten der Seele

von

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Zwischensequenz 1: Fighting Fools

A/N:

Die unvermeidlichen Anmerkungen. :)

Bei diesem Kapitel handelt es sich um ein Zusatzkapitel, das den Charakter Bran Graves ein Wenig genauer beleuchtet. Um die Hauptgeschichte verstehen zu können, ist es nicht nötig, aber lesen kann man es selbst trotzdem.
 

Warnungen: Gewalt, Blut, Tod und die ganzen Schweinereien. Nichts für unschuldige Seelen! Wer so etwas nicht verträgt, dem sei vom Genuss abgeraten! (Soll heißen: Ab 16)
 

Danke für die Aufmerksamkeit.

mfg

NIX
 

September 1996

Der "zweite Krieg", wie die Presse ihn nannte, war bereits - oder vielleicht erst? - ein paar Tage alt. Der Unnennbare hatte sich gezeigt, sich und seine hässliche Visage, mitten im Ministerium. Mitten unter Fudge's Nase. Mitten unter den Nasen der Auroren. Mitten unter der Nase des gesamten, gottverdammten Ministeriums. Es war kein Desaster - es war schlimmer.

Damals, im ersten Krieg, war er ein Kind gewesen, nicht mehr. Das Jahr, in dem der Krieg geendet war, war sein erstes Jahr in Hogwarts gewesen. Er hatte damals kaum verstanden, warum alle um ihn herum in einen dauerhaften Zustand einer beinahe greifbaren panischen Angst verfallen waren.

Heute war Bran Graves Auror des Ministeriums. Und er verstand sehr gut. Der Krieg war kaum drei Monate alt und es verging kein Tag ohne neue Schreckensmeldungen. Er selbst war bis jetzt noch in keine verstrickt gewesen: Aber wäre er es gewesen, dann säße er jetzt auch nicht in seinem Stuhl hinter seinem Schreibtisch in der Aurorenzentrale, sondern läge unter der Erde. Zumindest, wenn man seinen Körper gefunden hätte. Lucas Kettleburn war dieses Schicksal erst vor drei Tagen beschieden gewesen. Sie hatten das Dunkle Mal über seinem Haus gefunden - seine Leiche nicht. Niemand musste fragen, was mit ihm geschehen war. Sie hatten ihn mitgenommen und gefoltert und den letzten Tropfen Wissen aus ihm heraus gepresst und ihn dann elendig verrecken lassen.

Jedem von ihnen, die sie versammelt in der Aurorenzentrale saßen und Papierkram erledigten, könnte dasselbe Schicksal blühen, wenn er hinaus ging, zu einem Einsatz. Doch niemand dachte daran, wollte nicht daran denken.

Brans Blick glitt unwillkürlich zu dem leeren Platz von Phineas. Der war gerade im Einsatz. Und niemand konnte sagen, ob er zurückkehren würde.

Mit dem jungen Blackwood verband ihn eine enge Freundschaft, seitdem sie sich über Jonah Greyham - der heutzutage in der London Library of Mankind and Wizardry saß und dicke Wälzer wälzte - kennengelernt hatten. Und diese Freundschaft hatte sich während ihrer gemeinsamen Ausbildung zu Auroren zu einem festen Band entwickelt. Sie waren beinahe, wie eine Person mit vier Händen, vier Füßen und zwei Zauberstäben, und im Kampf fast immer Rücken an Rücken. Nun aber war Phineas allein im Einsatz. Mad-Eye, der vor zwei Wochen erst offiziell aus dem Ruhestand zurückgekehrt war, hatte ihn und eine Hand voll Kollegen mitgenommen - und Bran zur Schreibtischarbeit verdonnert.

Schlagartig schreckte ihn die Unruhe auf, die die Zentrale erfasst hatte. Als Ursache machte er rasch den Kamin aus, um den sich Baldwin, Clark, Shackleton, Landis und Lloyd gescharrt hatten. Kurzerhand stand er auf und gesellte sich zu der Truppe.

Aus dem Kaminfeuer sah ihm der Kopf von Jonathan Higgs entgegen, einer seiner ehemaligen Jahrgangskameraden, nun Kollege und Freund. Er sah abgehetzt und verstört aus, doch als er Bran erkannte, hellte sich seine Miene ein wenig auf.

"Mein Gott! Ihr müsst mir helfen! Sie greifen mich an, verdammt! Es sind drei ... Sie sind schon fast vor der Haustür ..."

Mehr brauchte der junge Auror nicht zu sagen.

John Baldwin, der Älteste der Gruppe und in der Hierarchie der Zentrale ziemlich weit oben, übernahm ohne zu Zögern die Befehlsgewalt. "Halt dich bedeckt! Landis, geben Sie Alexis Bescheid."

Der jüngste der Gruppe hastete davon.

"Clark, Shackleton, Lloyd, Graves."

Er brauchte den Befehl nicht auszusprechen, die Jüngeren folgten ihm auch so. Alles andere hätte nur Zeit gekostet.

Zeit, die sie nicht hatten.

Geschlossen gingen sie zu den Räumen, auf denen kein Anti-Apparations-Zauber lag, überprüften beim Gehen ihre Zauberstäbe und warfen sich, als sich die Tür hinter ihnen schloss, einen letzten Blick zu. "Keine Alleingänge! Jeder deckt den Anderen! Versucht, sie nicht zu töten! Abmarsch, verdammt!"
 

Bereits als er mit einem Plopp in Jonathans Wohnzimmer - die Schutzzauber waren herunter gefahren - apparierte, wusste er, dass es zu spät war. Eine Falle.

Ohne auch nur zu denken warf er sich flach auf den Boden. Einen Moment später surrte ein Lichtblitz über ihn hinweg, von dem getroffen er nie wieder aufgestanden wäre. Reflexartig rollte er sich beiseite und ein weiterer Todesfluch hätte ihn beinahe erwischt, während er mit einem geschulten Blick die Lage erfasste. Eine Kommode bot Deckung, zumindest für einen Augenblick.

Er zählte. Eins... Zwei... Drei ... Es waren sieben Stück. Er fluchte. Keiner von den fünf Auroren würde diesen Tag überleben. Verfluchter Bastard.

Aus dem Augenwinkel sah er, wie Clark schreiend zu Boden ging. Cruciatus. Nichts bedrohliches, für den Moment. Baldwin hatte sich hinter einem Türrahmen in Sicherheit gebracht. Er blutete, doch er war Herr der Lage. Shackleton hockte hinter ihm und feuerte Flüche. Die meisten gingen ins Leere. Lloyd lag reglos auf dem Boden. Scheiße.

Bran duckte sich unter dem roten Lichtblitz weg, noch bevor der Fluch vollkommen ausgesprochen war.

Er griff seinen Zauberstab fester und blickte aus seiner Deckung hervor.

"STUPOR!"

Er hatte keine Zeit zum Zielen - sein Schutzwall zerbarst gerade unter einem blauen Fluch - aber er hatte Glück. Einer der Todesser ging lautlos zu Boden. Halb springend, halb rollend brachte er sich hinter einem Sessel in Sicherheit, weitere Flüche schleudernd.

Sie teilten sich auf. Einer ging, von einem gut gezielten Fluch Baldwins getroffen, zu Boden. Vier für den Alten und Shackleton. Zwei für ihn. Er fluchte wieder, denn er hatte einen derer, die auf ihn zukamen, erkannt. Verfluchter, kleiner Bastard.

Gerade noch rechtzeitig duckte er sich vor einen herannahenden Fluch und fluchte seinerseits. Um kaum einen Zentimeter verfehlte er sein Ziel. Verfluchter, kleiner, dreckiger Bastard.

Einer der Todesser schrie auf. Ein Blick hinter dem Sessel hervor, verriet ihm, dass der Cruciatus nicht mehr auf Clark lag, er hatte einen der anderen vier mit einem fiesen Stück Magie gefällt, doch jetzt wandte sich der größte der Angreifer ihm zu.

Keine Zeit, um ihm zu helfen, er brauchte selbst Hilfe ...

Der Sessel flog zur Seite. Verfluchter, kleiner, dreckiger, schleimiger Bastard.

Sein nächster Stupor prallte am Higgs Schild ab, doch der darauffolgende Fluch traf seinen Kollegen. Es war kein Lähmfluch gewesen. Jetzt wurde es blutig.

Shackleton schrie.

Er fuhr einen Schild hoch, ein roter Fluch prallte daran ab, einem grünen wich er aus, ein dritter traf ihn am Arm, doch der Adrenalinschub dämmte den Schmerz ...

Er hatte die Tür zum Schlafzimmer gefunden, stieß sie auf, rollte hinein, verzog keine Miene, als er den verletzten Arm falsch belastete und war wieder in Deckung. Der Raum war leer, bis auf das Mobiliar. Und das kam ihm zupass.

Shackleton schrie.

Mit einem Schlenker des Zauberstabs stürzte sich das Bett auf den hereinstürmenden Jonathan Higgs und drückte ihn gegen die Wand. Der Todesser, der ihm folgte, fand sich Arm in Arm mit einem Stuhl wieder und wurde zurück in das Wohnzimmer gedrängt ...

Shackleton schrie.

Das Bett fiel polternd zu Boden, der Verräter nahm sich keine Zeit, um Luft zuholen, donnerte einen Fluch auf sein Opfer, doch Bran war vorbereitet und eine herbeihüpfende Vase rettete ihm das Leben. Verfluchter, dreckiger, schleimiger Bastard. Und wenn ich sonst keinen mitnehme, dann dich.

Er hatte einen neuen Schutzschirm hochgefahren, stärker als der vorige und das war sein Glück, er spürte nur einen unangenehmen Luftzug auf der Haut. Im selben Atemzug schickte er den zweiten Stuhl, der im Zimmer stand, seinem Freund hinterher und richtete seine Aufmerksamkeit auf den momentanen Gegner.

Shackleton schrie noch immer.

Er sah, wie der Todesser auf der anderen Seite der Tür bewusstlos unter der zweiten Sitzgelegenheit zu Boden ging. Jetzt stand es drei gegen drei, denn noch immer lastete auf Shakleton der Cruciatus. Clark leistete erbitterten Widerstand, aber wo zum Teufel waren Baldwin und der Riese?

Ein weiterer Zauber zerbarst auf der Oberfläche seines Schutzschildes, dieser begann zu bröckeln. Rasch erneuerte er ihn. Jetzt hieß es er gegen den Verräter, er hatte keine Zeit, sich um seine Kollegen zu kümmern, die mussten allein klar kommen. Fast hätte er Jonathan mit einem unschönen Fluch erwischt, doch er wich dem nächsten nicht mehr aus. Jetzt waren sie beide am Arm verletzt, Gleichstand.

Shackleton schrie nicht mehr. Wo zum Teufel ist Baldwin?!

Das Bett, erneut zum Leben erwacht, bot ihm Deckung vor dem nächsten Unverzeihlichen, es zerbarst unter dem schieren Druck der Schwarzen Magie. So einfach kriegst du mich nicht, du verdammter, kleiner, dreckiger, schleimiger, schmieriger Bastard!

Dafür traf sein Fluch den Gegner, der anscheinend so rasch nicht mit einer Antwort gerechnet und den Schutzzauber nicht rechtzeitig oben hatte. Jonathan Higgs ging blutend zu Boden, er hatte es geschafft. Jetzt musste er Baldwin ...

Verdammt!

Er wusste es, bevor der Zauber ihn traf. In Gedanken verfluchte er sich für seine Unachtsamkeit und kämpfte gegen die unsichtbaren Fesseln der Ganzkörperklammer an, ohne Erfolg.

Clarks Gegner hatte sich selbigem vom Hals geschafft und war dem Verräter zur Hilfe geeilt. Er hätte es wissen müssen, als Shackleton aufgehört hatte zu schreien ...

Am Liebsten hätte er sich vor Wut auf die Zunge gebissen, doch er konnte sich keinen Millimeter rühren. Jetzt half sein Bezwinger dem Verräter wieder auf die Beine, doch dass sah er nur im Augenwinkel. Du mieser, kleiner ...

Ihm fielen keine Beleidigungen mehr ein ...

Higgs kam auf ihn zu. Auch dass sah er nur aus dem Augenwinkel - er konnte sich nicht rühren ...

Doch er konnte hören und Higgs Lachen sollte sich in sein Gedächtnis, in jede einzelne Zelle seines Körpers unauslöschbar einbrennen. Die Erkenntnis, was nun geschehen würde, traf ihn, wie einen Schlag. Siedendheiß fiel ihm das Schicksal von Lucas Kettleburn wieder ein. Sie hatten seinen Leichnam nicht gefunden. Vielleicht würde er noch irgendwann auftauchen, doch die Todesser waren diesbezüglich gut im Beseitigen, wenn sie denn beseitigen wollten. Alexander Durham hingegen hatten sie gefunden, sie hätten ihn beinahe nicht erkannt, so schlimm war er zugerichtet gewesen. Anscheinend fanden die Todesser an der spurlosen Folter durch den Cruciatusfluch nicht genug Befriedigung, sodass sie auch auf die barbarischeren Methoden zurückgriffen ...

Ihm wurde schlecht bei dem Gedanken daran, dass dieses Schicksal nun auch ihm blühte. Kein Zweifel. Sie würden ihn mit sich nehmen und ihn foltern. Sie würden ihn jeden erdenklichen Tod angedeihen lassen, doch sie würden ihn am Leben erhalten, bis er brach und alles ausplauderte, was er wusste und dann erst würden sie ihn bestialisch zu Tode foltern. Und dabei würden sie lachen und Jonathan Higgs würde am lautesten lachen, denn er hatte die Falle erst ausgelegt ...

Ihm blieb keine Zeit mehr, sich zu fragen, wie viele seiner Kameraden sein Schicksal teilen würden und wie viele der Tod gnädig schon jetzt ereilt hatte. Der Verräter hatte seinen Zauberstab auf ihn gerichtet und in diesem Moment explodierte in ihm ein unvorstellbarer Schmerz, der alles je dagewesene in den Schatten stellte und ihn dazu gezwungen hätte, sich die Seele aus dem Leib zu schreien, hätte er schreien können ...
 

Zeit hatte keine Bedeutung mehr. Er maß sie in mehr Schmerz und weniger Schmerz. Größeren Schmerz spürte er, wenn sie bei ihm waren, ihn folterten und verhörten und ihm nach und nach seinen Verstand raubten, geringeren Schmerz spürte er, wenn sie ihn kurz erholen ließen und die Gewissheit der nächsten Torturen ihm nach und nach den Verstand raubten.

Zunächst hatte er noch darauf geachtet, was um ihn herum geschah. Er hatte sich die Todesser gemerkt, die ihn folterten, von manchen gar die Gesichter, denn die meisten zeigten sich hier, in Voldemorts - er war dazu übergegangen, das Übel beim Namen zu nennen - Hauptquartier unbedeckt. Er hatte seine Umgebung wahrgenommen, sogar die Schreie von Baldwin - sie hatten ihn also auch - erkannt. Die anderen hatte er nicht gehört, vielleicht waren sie bereits tot, vielleicht an einem ihm unbekannten Ort. Er betete für sie, dass es Ersteres war.

Doch letztendlich hatte er das aufgegeben. Ihn kümmerte es nicht mehr, wer ein und aus ging, wann er kam und wann er ging und ob Baldwin im Verlies neben ihm noch lebte. Er war zu beschäftigt. Zu beschäftigt mit einer einzigen Tätigkeit: Sterben.

Noch hatte er seine Sinne so weit beisammen, dass er den Mund nur zum Schreien öffnete, wenn sie ihn mit dem Cruciatus verfluchten oder ihm die Knochen einzeln brachen, doch er wusste nicht, wie lange er das noch durchhielt.

Irgendwann reden sie alle.

Er hoffte, dass er sterben würde, bevor er sein Mundwerk nicht mehr halten konnte. Er konnte die Geheimnisse der Zentrale nicht ausplaudern. Und er wollte es auch nicht. Es war für alle Beteiligten besser, wenn er davor unheldenhaft ins Gras biss. Und genau darauf arbeitete er hin, während sie ihn folterten ebenso, wie wenn sie ihn verschnaufen ließen. Es war leicht, in diesen Gewölben der ewigen Nacht zu leiden. Das tat er bereits seit einer geschätzten Ewigkeit. Doch er hatte schnell festgestellt, dass es nicht einfach war, zu sterben, solange die Todesser es nicht wollten.

Mit schmerzverzerrtem Gesicht lag er auf dem harten Steinboden seines Verlieses und arbeitete an der Erfüllung seiner letzten Aufgabe, als sich die Tür öffnete. Er sah nicht einmal auf, als eine Person eintrat. Er erkannte Bellatrix Lestrange mittlerweile am Schritt.

Das Gefühl von Übelkeit, seit Stunden sein ewiger Begleiter, verstärkte sich, während sich seine Innereien verkrampften. Wenn etwas schlimmer war, als die Folter durch den Unnennbaren selbst, war es diese Frau, der wirklich nichts mehr heilig war. Es hieß, sie sei bereits verrückt gewesen, als sie nach Askaban geschickt worden war. Spätestens jetzt war sie es und zwar auf eine der unangenehmsten Arten. Diese Frau war vermutlich das Schlimmste, dass ihn in diesen Kerkern erwartete - dass sagte ihm zumindest sein Auge, das sie ihm fein säuberlich unter hysterischem Lachen herausgetrennt hatte. Was damit geschehen war, wollte er sich lieber nicht vorstellen, und ob jetzt das andere fällig war auch nicht.

Lieber stellte er sich etwas anderes vor - seinen Tod. Er wusste nicht, was ihn erwartete, wenn er endlich starb und wenn er ehrlich war, hatte er eine Heidenangst vor dieser Ungewissheit, doch es musste besser sein, als dass was nun auf ihn zukam.

Ein unerhörter Schmerz flackerte in ihm auf, der ihn all seine Vorsätze vergessen ließ. Von weitem hörte er sich schreien und wäre er bei Verstand gewesen, hätte er sich vielleicht gefragt, woher er die Kraft dazu überhaupt nahm.
 

Wie lange der Cruciatus diesmal gedauert hatte, wusste er nicht, doch schließlich bedauerte er es, dass er keuchend zur Ruhe kam. Auch wenn diese Art des Schmerzes ihm nur schwerlich das Leben nehmen würde, so nahm es ihm doch den Verstand. Und dieser Gedanke war nahezu verlockend.

Unwillkürlich wappnete er sich für einen neuen Fluch, wie auch immer er geartet sein mochte. Doch dieser blieb aus. Erst mit einiger Verspätung bemerkte er, dass Bellatrix Lestrange abgelenkt war. Gesprächsfetzen fanden ihren Weg hindurch zum letzten Rest seines Denkvermögens, der noch arbeitete.

"Siehst du nicht, dass ich beschäftigt bin?!", blaffte eine Frauenstimme.

Lestrange., dachte er grimmig.

Eine zaghafte zweite Stimme, männlich diesmal, antwortete ihr. "Der Meister wünscht dich zu sehen, Bellatrix. Und er duldet keinen Aufschub.", stottere der Mann.

Er erkannte ihn nicht, hatte seine Stimme noch nie gehört. Doch allein die Tatsache, dass selbige beim Sprechen zitterte, ließ seinen Aurorenverstand erkennen, dass er anscheinend nicht für die Kerker zugeteilt war. Vermutlich war er kein Kämpfer. Nein. ganz sicher nicht. Ein Spion.

Vorsichtig öffnete er das ihm verbleibende Auge. Er blinzelte gegen die Helligkeit der Fackeln, die durch die Tür herein flutete.

Im Rahmen stand eine gebeugte, schmächtige Gestalt, deren Todesserrobe viel zu groß auszufallen schien.

Währenddessen hatte Bellatrix Lestrange anscheinend beschlossen, dass es weiser war, dem Befehl ihres Herren folge zu leisten.

"Pass du hier auf!", blaffte sie den Boten noch an, dann stürmte sie aus dem Gefängnis. Verstört sah der Mann ihr nach, blickte dann kurz zu dem Gefangenen und lehnte sich schließlich, irgendetwas in seinen Bart murmelnd, auf der anderen Seite der Wand gegen den Türrahmen, ohne die Tür selbst zu schließen.

Für einen Augenblick starrte er nur zu der untersetzten, murmelnden Gestalt, als sei sie ein unverhofftes Geburtstagsgeschenk. Er konnte es nicht fassen.

Doch schließlich schalteten sich seine bislang unterdrückten Auroreninstinkte wieder ein. Schwerfällig stützte er sich auf. Die linke Hand konnte er vergessen, jeder Knochen in diesem Arm war mehr als nur einmal gebrochen, doch die rechte genügte ihm als Stütze.

Mit einem Mal beflügelt, als hätte er einen kräftigen Schluck Felix Felicis genommen, kam er in die Hocke und schließlich in den Stand. Dabei war er überraschend lautlos gewesen. Er taumelte kurz, der Todesser hatte ihn noch nicht bemerkt. Er würde ihn auch nicht mehr bemerken, das hatte er soeben beschlossen.

Merlin war ihm wieder hold und er hatte keine Lust, dieses Glück aufs Spiel zu setzen.

Adrenalin flutete seinen geschundenen Körper und ließ ihn die Schmerzen vergessen, die protestierend durch seinen Körper jagten. Hätte er sich selbst beobachten können, er wäre überrascht gewesen, wie leise er die wenigen Meter zu seinem Bewacher überbrückte, wie leise er den noch intakten Arm hob und gezielt wieder fallen ließ.

Der Schlag, so schwach er auch gewesen sein mochte, genügte. Er hatte nur einen Versuch gehabt, aber er hatte den richtigen Punkt getroffen. Kein Glück. Auroreninstinkt.

Die Gestalt sackte mit einem leisen Ächzen zu Boden. Im Schein der Fackeln erkannte er ein Gesicht und vor seinem inneren Auge tauchte das passende Steckbriefbild dazu auf. Peter Pettigrew.

Am Liebsten hätte er diesen Bastard in die ewigen Jagdgründe geschickt, doch er wusste, dass ihm keine Zeit blieb - er hörte Stimmen aus einem benachbarten Gang.

Kurzerhand bemächtigte er sich Pettigrews Zauberstab und trat hinaus auf den Gang. Ein leises Prickeln in seinem Nacken verriet ihm, dass er den Anti-Apparationszauber durchschritten hatte, der auf seinem Verlies gelegen hatte. Er zögerte nicht, ja er verschwendete nicht einmal einen Gedanken daran, dass Baldwin in seinem Gefängnis nebenan vielleicht noch lebte. Mit einem leisen Plopp verschwand er.
 

Als er den Apparationsraum der Zentrale erkannte und feststellte, dass er noch alle Gliedmaßen beisammen hatte, sank er erleichtert in die Knie. Er war in Sicherheit. Er war der Hölle entkommen. Er hatte nicht geredet.

Der Energieschub, der ihn noch vor Augenblicken beflügelt hatte, verließ ihn. Kraftlos fiel er zur Seite und starrte ins Leere, immer noch fassungslos über sein Glück.

Ein Klicken verriet, dass ein Zauber auf der anderen Seite die Tür entriegelte und einen Moment später wurde sie aufgerissen. Mehrere Menschen stürmten herein, er konnte sie nicht erkennen - sein noch intaktes Auge schien nicht mehr funktionieren zu wollen.

Er hörte erleichterte Seufzer, als man ihn erkannte und spürte, wie sich jemand neben ihn kniete und dann noch jemand.

"Einen Heiler! Verdammt noch mal, jetzt lauf schon, die kommen nicht von allein, Junge!"

"Bran! Merlin sein Dank!", murmelte eine vertraute Stimme.

Ihm zogen sich die Eingeweide zusammen. Bastard. Elender, kleiner, schmieriger, dreckiger, schleimiger, verdammter Bastard.

"Graves. Hast du ..."

Auch diese Stimme erkannte er. Sie gehörte Kingsley Shacklebold.

Er konnte nicht anders, als grinsen. Am liebsten hätte er hysterisch gelacht, doch dazu fehlte ihm die Kraft.

"Gesungen?", fragte er leise. "Nein. Ich nicht. Aber du. Wie ein Vögelchen."

Er hatte sein Auge geöffnet und blickte zu Jonathan, der neben ihm kniete und seine Hand hielt, hoch. Und er grinste. Bastard.

"Was redest du denn da? Du musst verwirrt sein, Bran ... Eigentlich auch kein Wunder ..."

Der junge Auror lehnte sich sanft über seinen Kollegen und drehte dabei wie zufällig seinen Arm, nur ein ganz kleines Stück.

Bran Graves schrie auf, es war der gebrochene gewesen.

Doch Phineas Blackwood hatte den Hinweis längst verstanden. Und noch während der Schmerz seinen Freund in die wohlverdiente Dunkelheit der Bewusstlosigkeit trieb, hatte er Jonathan Higgs mit einer Hand bei der Schulter gepackt, mit der anderen Hand stach er ihm den Zauberstab in den Rücken. So wehrlos führte er den Verräter hinfort zu den Sicherheitsverliesen.
 

Keiner der vier anderen Auroren hatte den Hinterhalt überlebt.

Lloyds unversehrten, aber toten Körper hatten die Todesser achtlos zurückgelassen, ebenso den von Shackleton.

Baldwins Kopf würde zwei Tage später durch den Kamin der Aurorenzentrale gesegelt kommen, durch den das ganze Unheil erst geschehen war. Weder den Rest des Körpers noch den von Clark sollte man jemals finden.

Doch was niemand ahnte, während der Überlebende besinnungslos auf eine Trage gehievt wurde und der Verräter in die Sicherheitsverliese wanderte, war die Tatsache, dass der junge Bran Graves einen Entschluss gefasst haben würde, kaum dass er im St. Mungo's Hospital zu sich kam.

Drei Wochen nach seiner Entlassung aus dem Krankenhaus war er im Orden des Phoenix ...



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Kommentare zu diesem Kapitel (6)

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Von: abgemeldet
2007-08-30T23:24:35+00:00 31.08.2007 01:24
Nur mal rein aus Neugierde, aber Jonathan Higgs ist nicht mit Terence Higgs, dem Slytherin-Student, verwandt, oder?

Paradoxerweise kann ich zu dem Kapitel am wenigsten sagen. Es hat mir gefallen, die Action-Szenen war auch wirklich actionreich. Schön spannend geschrieben, viel mit Suspense gearbeitet, die Flüche und Beschimpfungen haben für zusätzliche Wirkung gesorgt. Stellenweise hat mich das alles an Stephen Kings Stotter-Bill erinnert, weil er eine ähnliche Denkweise wie Bran besitzt, was mich ziemlich zum Schmunzeln gebracht hat.

Ich hab mich vorhin schon gefragt, als Bran den Durchschnitt erwäht hat, was um alles in der Welt in seinem Leben schief gegangen war - nun, hier konnte man es ja sehr gut sehen.

Und jetzt sagt mir noch einmal, Todesser zu sein wäre cool. *lacht* Das Kapitel lässt auf ein großes Blutbad und viel Action in späteren Kapiteln schließen. [<3]
Von: abgemeldet
2007-08-30T18:03:33+00:00 30.08.2007 20:03
>Er war zu beschäftigt. Zu beschäftigt mit einer einzigen Tätigkeit: Sterben.

GENIAL!
Mir hat dieses Zusatzkapitel bisher am besten gefallen. Actionszenen zu schreiben ist ziemlich schwierig, aber das ist dir super gelungen! alles wirkte schlüssig und realistisch und einige Sätze grenzen an pure Großartigkeit!
Bravo!
Von:  Sitamun
2007-04-30T18:06:25+00:00 30.04.2007 20:06
OMG!

Genial . . . >/////< . . .

Ich muss gestehen, die Art und Weise, wie du den Überfall geschrieben hast, und die Zeit, die er im Verlies verbraucht hat, ist wirklich einfach nur genial.

Ö___Ö

Dass du am Anfang immer und immer wieder diese eine Beleidigung wiederholst hast (( "Du elender, dreckiger, schmieriger, schleimiger Bastard.")), war ein geschickter Schachzug in Anbetracht seiner Lage und der Tatsache, dass er gleich das Zeitliche segnen könnte.

Ich mag es^^.

Vermutlich gerade deswegen, weil erstens 'ne Menge Blut geflossen ist und weil dein Schreibstil einfach zu HP gehört.
Von: abgemeldet
2007-04-27T15:19:45+00:00 27.04.2007 17:19
Das Zusatzkapitel hier war echt gut, auch wenn es recht brutal war ... aber es war super gut geschrieben und auch realistisch. Bei manch anderer Geschichte entkommen die Gefangenen auf recht absurde Art und Weise, aber bei deiner ergibt alles einen Sinn ... aber ich halt mich jetzt nicht länger mit schreiben auf, sondern lese lieber ganz, ganz schnell das nächste Kapitel.

lg Luna
Von:  HazelEyedButterfly
2007-04-26T11:13:47+00:00 26.04.2007 13:13
Buah...zwar brutal aber sehr gut geschrieben voller spannung und seeehr packend.
Ich musste die ganze Zeit lachen als du geschrieben hast:
Du elender, dreckiger, schmieriger, schleimiger Bastard xxxD
Das kommt so oft vor das ich es lustig fand
*totlach*
Aber sonst wirklich Hut ab!
Respekt!
Von: abgemeldet
2007-04-24T16:18:18+00:00 24.04.2007 18:18
es ist also kein adult..
sehr heftig, muss man schon sagen.. armes armes bran. trotzdem, von mir gibts ein dickes lob dafür.. war einfach sehr packend geschrieben, hat mich richtig mitgerissen. so sehr, das ich beim ersten mal lesen glatt das betan vegessen habe ._.'
so, und mehr sag ich dazu nicht.


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