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Hellsing goes School

International McKay School of England For Young Pupil
von

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Zeitungsberichte

Mittwoch, 13. September 2000 South England Times
 

Bewohner bleiben weiterhin verschwunden – Polizei ratlos
 

RAVENSTONE – Der Vorsitzende der Polizei in der Stadt Ravenstone teilte der Presse mit, dass trotz der großen Bemühungen kaum eine Spur auf die sechs Vermissten Bewohner gefunden wurde. Die Vermutung, dass es sich nur um vereinzelte Ausreißer handelt, wurde komplett dementiert. In den nächsten zwei Tagen werden deswegen erneut mehrere Gruppen von Polizisten mit der Hilfe von Freiwilligen die vielen Bezirke der Stadt durchlaufen. Diesmal wird der beliebte Park am westlichem Rande der Stadt als Hauptanlaufspunkt gesetzt.

Polizeichef des westlichen Bezirks, Scott Kennedy will einen Sondertrupp dafür anstellen, da sich ganz in der Nähe des Parks ein Internat befindet. Er bestätigt, dass die dort schon anwesenden Lehrer schon zur einer Durchsuchung zugestimmt haben.

Weiteres wird sich bald ergeben, meint Kennedy.
 

Samstag, 16. September 2000 Daily Ravenstone
 

Vermisste Person gefunden
 

RAVENPARK – Am Tag nach der erfolglosen Suche der Polizei, entdeckten zwei Fahrradfahrer am Morgen die Leiche einer der Vermissten Personen im Park, im westlichen Teil von Ravenstone. Der Fundort war deutlich an einer langen Blutspur zu erkennen, die sich bis zu dem Gebüsch erzog, in der sich die Leiche befand.

Polizeichef Scott Kennedy bestätigte, dass am Vortag noch nichts Auffälliges, geschweige denn eine Leiche gefunden wurde, wesshalb sich die Tat in der Nacht abgespielt habe. Untersuchungen am Fundort ließen keine Hinweise auf den oder die Mörder aufweisen. Die Tat muss sich an einer anderen Stelle im Park abgespielt haben, da Blutspuren wenige Meter von der Leiche entfernt gefunden wurden.

Hinzu kommt, dass die Leiche grob ausgeweidet wurde. Die Innereien, sowie Fleischstücke an den Schultern und in den Armen, konnten nicht geortet werden. Was für eine Tatwaffe benutzt, oder womit die Person ausgeweidet wurde, ist noch Unbekannt.

Um welche der Vermissten Personen es sich handelt, wird die Polizei bald bekannt geben.

Erster Tag an der Schule

Sie wusste nicht wie lange sie dort bleiben musste, er hatte ihr nichts genaues gesagt. Ihr war klar, dass sie nicht dort ewig bleiben würde, trotzdem war dies alles nur wirklich widerwillig. Solch eine große Umstellung aus ungenannten Gründen auf unbestimmte Zeit... seltsam.

Jedenfalls stand sie jetzt, von ihren Vater allein gelassenen, vor dem imposanten und recht alt wirkenden Gebäude und auf dem Vorplatz, auf dem sie selbst Fuß gesetzt hatte, tummelten sich eine Menge Mädchen und Jungen, welche alle ihren Alters ähnlich waren.

Integral Fairbrooks Wingates Hellsing wurde von ihrem Vater auf ein Internat geschickt um dort ihre Schulausbildung weiter zu führen. Das mit dem Privatunterricht war wohl erst einmal Geschichte.

Ihre zwei großen Koffer standen neben ihr und sie tappte mit ihren rechten Fuß auf den gepflasterten Boden, sie wartete auf den Empfangsmann, der sie vom Vorhof am Tor abholen sollte, bisher aber noch nicht aufgetaucht war. Gelangweilt zwirbelte Integral ihr langes, platinblondes Haar und musterte die vorbeiziehenden Schülergruppen, wobei sie recht auffällige Gestalten bemerkte. Dies war ein Englisch sprechendes, internationales Internat für Gymnasiasten im Norden Englands, weit weg entfernt von London... und ihrem Vater. Weshalb er sie hierhin geschickt hatte?

Gedanklich vertieft bemerkte sie nicht wie der Empfangsmann hastig auf sie zulief und fast gegen sie gerannt wäre.

„Verzeiht, Lady Hellsing, dass ich Sie habe warten lassen, aber es gab einen Zwist zwischen zwei Schülern, bei den ich mithelfen musste ihn zu schlichten. Ich bitte um Ihr Verständnis. Mein Name ist Colin Weaver und heiße sie Herzlich Willkommen auf der International McKay School of England For Young Pupil“ keuchte der hochgewachsene Mann als er mit einem starken Ruck die beiden schweren Koffer anhob. Integral nickte stumm und war einfach nur froh, dass sie nicht noch länger in der anwachsenden Masse von Schülern herumstehen musste. „Folgen sie mir einfach...“ Was anderes hatte sie auch nicht vorgehabt. Der Weg ging über den langgezogenen Platz, an einer strahlend grünen Wiese vorbei mit noch blühenden Bäumen, vorbei an einem Brunnen, an dem sich einige Mädchen im spiegelklaren Wasser begutachteten und die Haare zurecht zupften. An einer überdachten und breiten Treppe setzte Colin die Koffer kurz ab, weshalb die junge neue Schülerin kurz das Geplapper einer großen Gruppe von Mädchen ertragen musste, die eine Duftwolke hinter sich herzog, dass sie die Kopf weg drehen musste zum Luft schnappen – was würde das noch herrlich werden. Endlich schleppte Colin die Koffer die wenigen Stufen hinauf und durchtrat zwei hölzerne Schwingtüren um ins innere des Internat zu gelangen. Innen war eine kleine und breite Vorhalle, erfüllt von Gelächter und Gesprächen der vielen jungen Bewohner. Genau vor ihr war eine weitere Türe, die in eine riesige Halle führte.

Colin setzte die Koffer wieder ab und drehte sich zu Integral, „Vor Ihnen liegt die Speisehalle, wo auch Schulversammlungen, Begrüßungen, Abschlussfeiern und dergleichen stattfinden. Wenn Sie links durch die Türe dort gehen neben der Treppe, dann gelangen Sie zum Büro vom Rektor und Stellvertretenden Rektor, sowie zum Sekretariat und weiteren jetzt unwichtige Räumlichkeiten. Wenn Sie links die Treppen hochgehen, finden sie die Schlafräume vor. Die Schlafräume der Mädchen befinden sich im ersten Stock, die der Jungen in Zweiten und die der Lehrer im Dritten. Rechts die Treppe hinauf sind die Lehrräumlichkeiten, die sie ab Morgen 9 Uhr besuchen werden. Bitte warten Sie einen Moment, ich werde Ihren Zimmerschlüssel jetzt holen.“ Somit verschwand der braunhaarige Mann in den Massen von ebenfalls neuen Schülern, die allerdings schon seit dem vorherigen Tage anwesend waren. Integral runzelte die Stirn und rückte ihre Brille zurecht, als sie zwei schwarz tragende Kerle entdeckte, der Eine mit silbernen Dingen an Armen und Hals, zotteligen schwarzen Haaren, Bärtchen an Kinn und Oberlippe und einem Grinsen, das einem Angst einjagen konnte. Irgendwie lächerlich wirkte die dunkelrot getönte Sonnenbrille auf seiner Nase, welche seine Augen abschirmten, als hätte die Person Nagst man könnte aus ihnen lesen. Er unterhielt sich mit dem ebenfalls schwarzhaarigen Jungen, der eine Art schwarzen Nadelstreifenanzug trug. Grufties... von denen gab es in London auch genug. Einige Zeit beobachtete sie die beiden Gestalten noch, bis sie dann sich voneinander verabschiedeten und getrennte Wege gingen. Plötzlich fiel ihr auf, dass der große Kerl mit der Sonnenbrille genau auf sie zu zugehen schien. Ihr Blick wurde eiskalt, aber er rauschte nur mit klingelnden Ketten und Glöckchen an ihr vorbei, sah sie nicht einmal an und ging zur Tür hinaus, in die pralle Nachmittagssonne.

„Lady Hellsing?“ Colin riss sie aus den Gedanken, „Ich habe Ihren Schlüssel, Ihren Stundenplan und ein Heftchen, indem Schulregeln, Ferien und dergleichen stehen. Ihre Zimmernummer ist 15B, ich trage noch Ihre Koffer.“
 

Integral hätte sich nicht erdenken können, dass zum Zimmer „Nr. 15B“ ein so langer Weg wäre. Jedenfalls stand sie jetzt in einem kleinem Raum, eine Art Wohnzimmer mit Couch und Tischchen, zwei Sesseln und einem relativ großen Regal, indem schon zwei Fächer vollgeräumt waren. Das leere in der Mitte mit der Ziffer „B“ gehörte wohl ihr. Links von ihr war das Badezimmer. Integrals Koffer standen vor der Zimmertür in der Mitte, auf welcher ihr vollständiger Name mit einem kleinem Schildchen stand, darunter die Flagge aufgeklebt aus welchem Land die Person kam. Neugierde wuchs in ihr und wollte doch gleich die Namen ihrer Mitbewohnerinnen wissen.

Als sie jedoch vor der Türe von 15A stand und nur noch die britische Flagge erhaschen konnte, wurde sie auch direkt vor ihrer Nase aufgerissen und ein blondes Etwas mit strahlend blauen Augen rannte quasi in Integral hinein. Ein erschreckter Schrei, ein Knallen und die Türe war wieder geschlossen. Ein wenig überrascht rückte Integral ihre Brille zurecht und las den mit geschwungen geschriebenen Buchstaben Namen „Seras Victoria“. Sie machte sich nichts weiter daraus, Nr. 15C interessierte sie überhaupt nicht mehr, schließlich werden sie sich alle zwanghaft irgendwann kennen lernen, und brachte ihre zwei Koffer in das nun ihr gehörige Zimmer. Es war etwas größer als erwartet. Ihr viel sofort positiv auf, dass das Bett, welches direkt unter dem großen und geöffneten Fenster stand, eine beachtliche Größe besaß... doppelt soviel? Die Behältnisse mit den Anziehsachen waren schnell vor den Schrank geworfen und schon lag sie auf ihrem neuen Bett. Integral fing an sich Gedanken über den morgigen Tag zu machen, wenn die Schule beginnt und sie ihre Klassenkameraden kennenlernt... sie hatte eigentlich überhaupt keine Lust darauf.........................
 

Schreckhaft wachte Integral wegen einem Geräusch wach wurde. Sie öffnete die Augen und bemerkte das es dunkeler im Zimmer war als vorhin. Teilnahmslos schloss sie wieder die Augen und drehte sich auf die Seite, als das Geräusch wieder auftauchte. Erst jetzt wurde ihr schlagartig bewusst, dass sie eingeschlafen war und es an der Türe klopfte. Leise murrend stand sie mit wackeligen Beinen auf und schlurfte in Richtung des Ruhestörers. Mit einem wuchtigen Ruck war die Türe offen und es stand niemand anderes als Seras Victorica vor, die gleich wieder erschrocken einen Satz nach hinten versetzte.

„Ver.. Verzeihung! Hast du geschlafen...?“ Integral blickte den Blondschopf grimmig an, wusste nichts zum antworten.

„Wie spät ist es?“ fragte sie stattdessen und missachtete den irritierten Blick. „Kurz nach acht... unten in der Halle begrüßen die jetzig Zweijährigen uns Neuen. Ich sollte dich holen..“.

Die Lustlosigkeit auf so einen Überfluss war quasi auf Integrals Gesicht geschrieben, folgte dann aber widerwillig der um einen knappen Kopf kleineren Mitbewohnerin. Auf dem Weg zur Halle verwandelte sich Seras in einen Wasserfall und redete wie in einem Atemzug wie schön ihre Ferien doch waren, warum sie auf dem Internat gelandet ist, was sie später mal vorhat und weitere Dinge, die Integral eigentlich einen Mist interessierten und einen negativen Eindruck auf die kleine Person bekam. Auch wenn ihre Ausstrahlung liebenswürdig erschien, das Gequassel wurde nach einiger Zeit nervtötend und Integral war froh, als sie endlich ans Ziel gelangten.
 

„Lady Hellsing, na endlich! Jetzt sind wir komplett..“ Ein schon ergrauter Mann, der gerade mal so groß war wie sie selbst, faltete die Hände zusammen und wies die beiden zu einer kleinen Gruppe hin.

„Ich wünsche Ihnen allen einen guten Abend. Mein Name ist Ferdinant Petersen, ich bin der Klassenlehrer des zweiten Jahrgangs und heiße sie ihm Namen Mr. McKay’s Herzlich Willkommen auf diesem Internat. Ich werde jetzt die des zweiten Schuljahrs zu euch bringen, sie werden euch dann die Schule genauer zeigen. Bitte bildet mit ihnen Gruppen mit jeweils vier Leuten... einen Moment bitte.“ Somit ging er zum rechten Ende der Halle und öffnete eine Türe, wo sich gleich darauf der große Raum mit den Zweiern füllte. Seras musterte interessiert die Gruppe und starrte dann einige Zeit lang in eine Richtung, bis sie plötzlich den Kopf zur Seite drehte und Integral eine leichte Röte bemerkte. Daraufhin sah sie auf und sofort fiel ihr der Sonnenbrillenträger von vorhin auf... jedoch trug er die bescheuerte Brille nicht. Smaragdgrüne Pupillen blickten gelangweilt in der Gegend herum, zottelige Haare verdeckten beinahe die gesamte rechte Gesichtshälfte und das Gähnen war alles andere als unauffällig. Er schien genauso interessiert an der Sache zu sein wie sie, ein Mitfühlender im Raum. Er begann sich mit jemanden zu seiner Rechten zu unterhalten.

Die Gruppeneinteilung geschah schnell. Integral stand mit Seras an ihrer Seite gegenüber einem sehr hochgewachsenen, blonden und kurz haarigem, unrasiertem Mann. Seine Augen leuchteten Hellgrün, auf der linken Wange war überdeutlich eine große Narbe zu erkennen, das warme Lächeln, was er aufbrachte, ließ jedoch einen freundlichen Eindruck aufkommen. Neben ihm stand ein anderer junger Mann, seine Haare platinblond, wie Integrals auch, jedoch nach hinten zu einem Pferdeschwanz gebunden, die Augen ebenfalls wie die von seinem großen Freund Grün, allerdings war es sehr giftiges Grün, wie von einer Schlange, die einen heimtückisch auflauert um dich als Beute von hinten zu packen und schnell zu töten.

„Guten Abend die Damen, ich bin Enrico Maxwell, Italiener, im zweiten Jahr und heiße sie willkommen! Das ist Alexander Andersen,“ er hob die linke Hand und stubste dem Großen gegen den Arm, der darauf ihnen zunickte, „er ist Ire. Wir werden euch jetzt die Schule zeigen.“ Sein markantes Gesicht verzog sich zu einem Lächeln. Man hätte ihm auf den ersten Blick nicht zugetraut, dass er das könnte.
 

Die Masse im Raum hatte sich inzwischen gelichtet, Stille kehrte ein, als sich auch die letzten Vier aus der Halle entfernten. Vlad hatte auf Befehl von Mr. Petersen entnervt seinen MP3-Player sicher in der Hosentasche verstaut. Eigentlich hatte er vor alles Walter zu überlassen und nur friedlich daneben zu stehen, aber so lang der Andersen nicht in der Nähe war, konnte er auch mal für eine halbe Stunde auf seinen Krach verzichten. Schweigend standen die beiden gegenüber der beiden Neuen. Der eine hatte kurze blonde Haare, graue Augen, hatte eine stattliche Höhe und hatte den Hemdkragen über den Mund gezogen. Der redete wohl nicht allzuviel, um so besser. Die Person neben dem Kerl sah weiblich aus, jedenfalls könnte man es vermuten, vom Gesicht her. Langes schwarzes Haar, Sommersprossen und eine Brille.

„Hi,“ begann Walter, „mein Name ist Walter Crumm Dollneaz, Engländer...“ Schweigen.

„Riplina van Winkle, Deutsche. Und das ist Hans Günsche, ebenfalls Deutscher!“ Abermals Schweigen. Ja, so konnte es nach Vlads Geschmack ruhig weitergehen, nur nicht zuviel reden. „Vlad Dimitriu, Rumäne. Sehr erfreut.“ nuschelte er vor sich hin und rückte seinen Nietengürtel zurrecht. Erneut Schweigen. „Also sollen wir euch nun die Schule zeigen?“ fragte Walter nach einiger Zeit. „Danke, aber das ist nicht mehr nötig!“ meinte van Winkle, griff sich den großen Blonden und zog ihn weg.

Ratlos standen beide nun alleine im Raum.

„Hätten diese Trollos das NICHT etwas früher sagen können!?“ Wütend stampfte Vlad zu der Türe, die ins Treppenhaus führte. Walter seufzte nur als der temperamentvolle junge Mann die Klinke fast abriss.

Zu allem Übel standen nun Maxwell und Andersen vor ihm. „Na das hat mir gerade noch gefehlt! Die Schwuch....“ er verstummte auf der Stelle als er Integral sah. Enrico zupfte an seinen weißen Handschuhen, ein schmieriges Grinsen bildete sich in seinem Gesicht. „Was macht ihr beiden kleinen Gotteslästerer noch so allein hier? Antichristliche Rituale vorbereiten?“ Vlad sah ihn nicht an, sondern schloss nur die Augen.

„Sag nur was du willst. Nur weil es dir nicht passt, dass wir Schwarz tragen musst du uns nicht gleich immer dumm anmachen. Schließlich könnten wir uns irgendwann rächen...“ „Indem ihr uns opfert?“ Andersen legte seine Hand auf Maxwells Schulter und zog ihn zurück. „Gehen wir erst in die Bibliothek! Und streite dich nicht andauert mit diesen minderwertigen Kreaturen, sie sind die Mühe nicht wert. Außerdem sind Damen anwesend!“ Mit einem Ruck knallte er die Tür vor Vlads Nase zu und Stille kehrte wieder ein. Ohne weitere Worte und mit stiller Wut wünschten sich die beiden Schwarzträger noch eine gute Nacht und gingen getrennte Wege.

Schule und Essen

Morgensfrüh gibt es kein schlimmeres Geräusch als das nervige Klingeln des Weckers. Integrals Hand tappte schlaff auf ihrem Nachttisch umher und traf alles mögliche bis auf den Knopf zum Ausschalten des Gerätes. Nach vergebens langem suchen fuhr sie einmal mit der Handfläche über den Tisch und brachte den Wecker zum schweigen, als dieser auf den Boden krachte, mitsamt der Brille und dem Bild ihres Vaters. Mit einem mal war sie hellwach, riss die Bettdecke zur Seite und nahm das Bild in die Hand. Sie starrte es an. Immer noch fragte sie sich weshalb dies geschehen musste, warum er sie zu solch einen Ort geschickt hatte und warum er nicht anrief. Seufzend stellte sie den Bilderrahmen zurück an seinen Platz, ihre Brille fand den Weg auf ihre Nase und sie lief durch ihr Zimmer zum Kleiderschrank.

Integral öffnete ihre Zimmertür. Seras saß schon auf der kleinen Couch im Wohnzimmer, machte einen recht schläfrigen Eindruck während sie ihren Kaffe am trinken war. So still sollte sie immer sein, dacht sich Integral und legte eine Tasche mit ihrem Schulzeug auf das Tischchen vor der Couch.

„Ich kann nicht aufhören an den Kerl mit den langen blonden Haaren zu denken...“ murmelte Seras vor sich hin und ihre Augen fielen zu. Man konnte meinen sie wäre wieder eingeschlafen, wenn sie nicht andauernd immer etwas flüstern würde.

„Denk lieber daran, dass wir in einer halben Stunde im Klassenzimmer sein müssen!“
 

Pünktlich zum Gong saßen Integral an Seras im Zimmer Nr. 412, ihrem Klassenzimmer. Der Lehrer stand schon vorne und richtete seine Blätter.

„Einen schönen guten Morgen, liebe Schüler. Ich heiße Sie herzlich Willkommen zum ersten Jahr auf diesem Internat für weiterführende Schulen. Mein Name ist Eric Penwood, ich bin Euer Klassenlehrer und werde Sie vier Jahre lang bis zu Ihrem Abschluss begleiten! Das wichtigste voraus: Sie werden in zwei Wochen ein Fachschwerpunkt wählen, was in den Jahren bei ihnen eine wichtige Rolle spielt. Ihr Stundenplan wird sich daran orientieren, Sie werden dort Fachprojekte vollziehen und eine theoretische sowie, wenn möglich, praktische Prüfung am Ende des zweiten und des vierten Jahres ablegen.“ Mr. Penwood erzählte noch viel von diesen Fachschwerpunkten, erzählte über sich, Klassen die er schon unterrichtete, hauptsächlich über die Schulgeschichte, über andere Lehrer, sonstige Erlebnisse und das was er für die Jahre erwartete.

„Bei uns ist es Tradition, dass das erste Jahr viel mit dem zweiten Jahr zusammenarbeitet. Deswegen werden wir mit ihnen eine Art Kennenlernreise an die englische Küste machen. In zwei Wochen, danach werden dann auch die Fachschwerpunkte gewählt.“ Also wird sie viel mit diesem Maxwell und diesem Andersen zu tun haben...

„Den Schwerpunkt können Sie aus allen Fächern des Stundenplans wählen. Überlegen Sie es sich gut für welches Sie sich entscheiden werden, weil Sie können es erst am Ende des zweiten Schuljahres wechseln, wenn das Bedürfnis dazu steht. Dann wird es jedoch nicht mehr möglich sein!“, Mr. Penwood musterte kurz alle Schüler, „Ich werde bei euch Mathematik und Physik, sowie Biologie unterrichten. Auf dem Stundenplan steht nun Mathematik an.“ .............
 

Vlad konnte es nicht glauben. Es war grade mal der erste Tag nach den Ferien und noch einmal wollte Mrs. Emmersdorf im Deutschunterricht die Gegenstandsbeschreibung wiederholen. Die Frau musste alle für blöd halten (bei Andersen und Schmalzhaar konnte er es verstehen), auch wenn seine Klassenkameraden, eingeschlossen er, in der letzten Arbeit einen relativ guten Durchschnitt schrieben. Als Verzweiflungstat zog Vlad seinen MP3-Player raus um kein einziges Wort mehr hören zu können, aber bevor er ihn überhaupt anschalten konnte, fing Walter an zu reden.

„Deren Kind muss schreien, ansonsten würde die Kuh sich nicht so Mühe geben uns zu quälen!“ Vlad reagierte einfach nicht und steckte sich die Ohrhörer ein. Walter sah ihn an.

„Andersen meinte, er würde aufhören sich mit dir zu streiten, weil er eingesehen hat, wie kindisch er sich doch immer benommen hat.“ Kein triumphierendes Grinsen, kein entsetztes Anstarren. Nichts. Absolut keine Reaktion. Irgend etwas stimme nicht mit ihm.

„Das Mädchen... aus dem ersten Jahren, von dem du mir erzähltest...“ ruckartig wendete Vlad seinen Kopf zu ihm.

„Was ist mit der?“ fragte Pip, der genau links von Vlad saß und anscheinend alles mitbekommen hatte, „Ist es etwa möglich..“, fing er an. „ ,das unser Vladdi, der sich bisher so stark gegen das andere Geschlecht gewehrt hat,...“ sprach er weiter. „Sich letztendlich verliebt hat!?“ beendete Walter. Beide starrten ihn an. Vlad sagte zuerst nichts.

„Na das hättet ihr wohl gerne.“ meinte er ruhig und drehte jetzt so laut seine Krachmusik auf, das er kein Wort der beiden Spinner mehr mitbekam. Die beiden Spinner sahen sich gegenseitig noch mal kurz an und beschäftigten sich dann mit allem anderen als mit Unterricht.

Die Zeit verging, das Wetter draußen vor dem Fenster verschlechterte sich von Minute zu Minute, die Langeweile stieg. Die erste Stunde Deutsch war durchgerungen, doch es ging noch weiter. Die Trulla da vorne wollte einfach nicht aufhören zu reden, hatte in den letzten zehn Minuten versucht die Schüler dazu zu ermutigen, dass sie doch einen Gegenstand aus dem Klassenzimmer beschrieben sollten, worauf selbstredend keiner Lust hatte. Nach weiterem Gezeter hatte sie sich dazu überwunden die Kommasetzung richtig zu besprechen, denn das konnte so gut wie niemand.

Walters Kopf war vor sicherlich schon einer halben Stunde auf dem Tisch gelandet, seitdem hatte er sich kaum gerührt. Vlad vermutete, dass er eingeschlafen war. Er selbst wollte nicht schlafen, konnte die Augen nicht schließen, denn er wusste genau wenn er dies tun würde, dann würde er sowieso nur wieder an dieses hübsche Mädchen denken, sich vorstellen wie er sie anfässt, sie küsst. Dafür starrte er die junge, jedoch schon sehr faltige Frau vorne an der Tafel an, auch wenn deren längerer Anblick zum Augenschließen verleitete. Vlad wendete seinen Kopf zum Fenster, es hatte begonnen stark zu regnen, man konnte die Kälte draußen quasi in dem gut geheizten Klassenraum spüren. Der heftige Wind ließ die großen Regen gegen die Scheiben prasseln, riss die Blätter vom Baum, die sich schon wegen dem kommenden Herbst Braun gefärbt hatten. Vlad liebte den Herbst sowie den Winter. Es war kalt, trüb und man sah manchmal für Wochen die Sonne nicht. Sehr bald würde es schneien und alles mit der wunderbaren weißen Decke überziehen. Den Tot wird man wieder in jeder Ecke spüren können.

Es wunderte ihn nicht, dass seine Freunde gleich Aufmerksam wurden wegen dem Mädchen. Einen warmen Funken hatte sie ausgelöst. Als sie an diesem Morgen an ihm vorbei gegangen ist, auf dem Weg zu ihrem neuen Klassenzimmer, war ihm, als hätte sich eine sanfte Sommerbrise geregt, die sich stur durch die Hindernisse des Herbstes gerungen hat um ihn ein freudiges Glänzen in die Augen zu zaubern. Bei Ihrem Anblick dachte er an die ersten Blumen eines kommenden Frühlings, die sich dem Schnee widersetzten.

Jetzt kamen ihm diese Gedanken furchtbar schmalzig vor, so unpassend für den kühlen und harten Vlad. Er wischte sie sich aus dem Kopf, überlegte, wie er den nervigsten Lehrer, den er in seiner gesamten Schulgeschichte erleben musste, am besten in den Wahnsinn treiben könnte.

„In ein paar Minuten klingelt es,“ ertönte es plötzlich von links, als Walter sich zu Wort meldete, „kannst ja mal schnell den Pennywoody wegen den angeblich gestrichenen Biostunden fragen! Schließlich betrifft es dich am meisten von uns dreien.“. Vlad wusste genau was der schon wieder wollte, auch wenn er recht hatte; Naturwissenschaft war sein Schwerpunktthema.

Mr. Penwood unterrichtete gerade die Einser in Mathematik, ein kurzes Erblicken der Schönheit wäre möglich.

Wieder spürte er, wie der warme Funken aufblühte, wie sich sein Puls minimal verschnellerte.

Er bekam mit, wie Pip und Walter anfingen sich, quer über den Tisch von ihm, darüber zu diskutieren, weshalb es 10 weniger Biostunden in diesem Schuljahr geben sollte.

Vlad hörte nicht zu, interessierte sich nicht dafür, auch wenn Biologie wichtig für sein Schwerpunktthema war. Er entschloss sich dazu einfach ganz passiv nur den Unterricht so halb zu verfolgen und zu warten, bis der Tag endlich vorbei war.
 

Integral steckte ihr Mäppchen, sowie ihren Collegeblock zurück in ihre Schultasche. Für heute war für die Einser der Unterricht zu Ende und während Seras nur davon laberte diesen Abend mal auszugehen, drehte sich bei Integral quasi der Magen um und wollte um jeden Preis sehr schnell ins Bett... diesen Abend.

Beide gingen aus dem Klassenzimmer und gerieten sofort in ein Strom von anderen Schülern, von denen sie ohne möglicher Gegenwehr mitgezogen wurden. Alle wollten herunter in die Halle zum Mittagessen und gerade erst jetzt bemerkte Integral was für einen Hunger sie doch gerade empfand, also kam ihr das genau richtig. Vielleicht würde sich Seras überfressen und hätte dann keine Lust mehr zum weggehen oder so, denn sie hatte eine leise Ahnung, dass der kleine blonde Nervknäul darauf bestehen würde, das sie mitkommt.

„Glaubst du ich habe genug Mut dazu den blonden mit dem Zopf zu fragen, ob er mich heute Abend begleitet?“ tuschelte Seras leise in Integrals Richtung. Oh, vielleicht wollte sie ja DOCH nicht, dass sie mitkommt, wenn sie es schaffen sollte diesen Kerl anzusprechen. Integral lächelte heimlich in sich hinein.

„Ich denke schon. Der scheint auch ein Auge auf dich geworfen zu haben!“ Seras blieb kurz stehen und sah sie an. Diese eindeutig mehrdeutige Aussage erschien ihr gerade als sehr feindlich.

„Welch schwarzer Humor...“ wisperte Seras leise mit leicht zusammen gekniffenen Augen. In diesem Moment wurden Integral ihre Worte bewusst und konnte nicht einschätzen ob ihr Ausweg gerade davon flatterte oder bestärkt wurde.

„Du weißt, dass das nicht so gemeint war!“ Eigentlich wollte sie das nicht sagen. Seras schüttelte leicht den Kopf.

„Wir werden auch eine Begleitung für dich finden, damit du heute Abend nicht alleine an einem Tisch sitzt.“ Seras strahlendes Gesicht kehrte zurück, welches sie unermüdlich so ziemlich den ganzen Tag vor sich her trug. An Integrals gesamten Körper sah man ein gewisses Entsetzen. „Hast du schon eine Idee wen wir da nehmen könnten?“.

„Was ist, wenn ich gar nicht mitkommen will!?“ Integral wurde langsam etwas erzürnt, da sich der Blondschopf einfach die Freiheit nahm zu entscheiden, was sie machen wird. Seras sah sie an.

„So wie du reagierst, scheinst du es echt nötig zu haben mal auszugehen...“ meinte sie trocken und beendete somit die Unterhaltung, was Integral dann doch etwas überraschte. Aber solange Seras schwieg musste sie sich nicht aufregen.
 

Es dauerte nicht lange bis sie im großen Saal unten angekommen waren. Er war bereits gut von Schülern gefüllt und in der Luft war ein angenehmer Geruch von Fleisch und Nudeln oder ähnlichem.

Der Raum war riesiger, als man von außen sehen konnte. Etliche große, runde Tische waren aufgestellt, an jedem etwa ein halbes Dutzend Schüler Platz nehmen konnte. In der Mitte des Tisches stand ein leerer Metallbehälter, indem wohl das Essen serviert werden würde. Teller und Besteck lagen bereits kunstvoll gedeckt auf jedem Essplatz. Seras steuerte geradewegs auf noch einen freien Tisch zu, links von ihnen. Es wunderte Integral, dass noch überhaupt einer frei war, da das Meer von Schülern kein Ende nehmen wollte. Wie passten solche Menschenmengen in dieses eine Gebäude?

Die beiden Mädchen setzten sich nebeneinander an den Tisch und sahen zu, wie der Strom aufhörte und die letzten Gestalten sich setzten... nur nicht zu ihnen.

„Mag uns keiner?“ fragte Seras etwas verwirrt. „Und KENNT keiner!“ entgegnete Integral und wartete auf was zu Essen. Jedoch kam nichts. Keiner, der ihnen das Essen bringen würde. Sie beobachteten die anderen Tische und sahen, wie vereinzelt Schüler aufstanden und in einen kleinen Nebenraum verschwanden.

„Ihr müsst euch das Essen selber holen.“ erklang eine Stimme hinter ihnen. „Einer von euch nimmt das Metalldingsda und geht dort hinten in den Raum. Dort ist die Essensausgabe!“ Integral wendete ihren Kopf und sah vor sich eine große Person stehen. Sie war blond, hatte kurze Haare, trug eine Brille und es war eine Narbe auf der linken Wange zu erkennen. Andersen...!

„Wenn es mir die Damen erlauben, dann werde ich dies für euch erledigen.“ wandte er sich an Integral. Ohne eine Antwort abzuwarten nahm er sich das „Metalldingsda“ und ging mit großen Schritten den anderen Schülern hinterher. Seras lehnte sich zu Integral hinüber. „Jetzt haben wir den noch am Hals. Warum hast du nichts gesagt!?“ „Warum hast DU nichts gesagt?“ Der Blondschopf sah sie an, meinte nichts mehr dazu und setzte sich wieder gerade hin.

„Warten wir ab. Vielleicht ist er ganz erträglich...“ tuschelte sie zu der jungen Hellsing. Seras hatte Recht, sie sollten einfach abwarten, auch wenn sie ihn nicht mochte.
 

Vlad kam mit Pip und Walter in den Esssaal, reichlich spät wegen einer erneuten Auseinandersetzung, bei der am Ende natürlich wieder die drei Schuld waren und eine Standpauke bei ihren Klassenlehrer abholen mussten.

„Wenn Schmalzhaar nicht so’n Aufstand gemacht hätte, dann wären wir jetzt wohl schon am essen. Sieht irgendwer ‘nen freien Tisch?“ Walter strich sich lässig die Haare aus dem Gesicht und machte Anstalten sich einmal im Kreis zu drehen um anzudeuten, dass natürlich wieder nur einzelne Stühle frei waren. Schließlich war für jeden Schüler ein Essplatz bereit gestellt; wo der war hatten sie sich selbst drum zu kümmern. Der junge, immer etwas feiner gekleidete Mann stellte sich schon drauf ein, als Pip die Hand zu seiner Linken richtete.

„Na welch ein Zufall!“ kicherte er höhnisch und ging eigenständig sofort los ohne eine Reaktion abzuwarten. Vlad sah den Tisch, sah den verschwundenen Metallbottich und konnte sich stark denken wer Ihn entführt hatte, sagte aber nichts.
 

„Oh Gott... schau mal wer da kommt..!“ keuchte Seras erschrocken; es wirkte als wollte sie sich hinter Integral verstecken. Pip kam schnurstracks auf sie zu und setzte sich ohne Hemmung neben den blonden Strubbel. Während sich Seras bemühte nicht schrecklich aufgeregt zu wirken sah Integral den Ärger in zwei schwarz gekleideten Personen auf sich zukommen.

War das jetzt Zufall?

Walter setzte sich neben Integral, Vlad neben Walter.

„Hi, mein Name ist Walter Crumm Dollneaz. Ich bin leider noch nicht dazu gekommen mich vorzustellen, genauso wie mein Freund Vlad“ sein Finger richtete sich auf ihn „bisher ist irgendwie immer etwas dazwischen gekommen. Das letzte mal als wir uns gesehen haben war... vor dem kleinen Treppenhaus, soweit ich mich erinnere. Verzeiht, dass wir da etwas grob vorkamen, aber schwarz gekleidete Personen kommen halt nicht so ganz klar mit strengen Katholiken.“ Walter reichte ihr eine mit schwarzen Halbhandschuhen bekleidete Hand, die Integral auch ergriff.

„Nennt mich Integral Fairbrooks Wingates Hellsing. Und falls ihr es wissen wollt hat sich schon der strenge Katholik hier einen Platz ausgesucht.“ antwortete sie fast schon gehässig. Walter schwieg erst einmal und drehte sich zu Vlad um.

„Wollen wir das riskieren? Es gab eben schon Zoff wegen dem!“ Glasklar Grüne Augen starrten ihn an „Er war zuerst hier...“.

„Und WIE ich zuerst hier war!“ der Metallbottich wurde so sehr zurück auf den Tisch geknallt, dass beinahe die Nudeln auf der Tischdecke landeten. Andersen knurrte Vlad an, dieser sagte zuerst nichts.

„Ich habe keinen Hunger“ log er, stand auf und ging aus dem Saal. Auch Walter setzte sich in Bewegung, als er schon außer Sichtweite war und folgte ihm.
 

Gegen den Hippie hatte er nichts. Er hing zwar immer mit den zwei Idioten herum, ließ aber sonst nichts an sich Aussetzen. Schließlich war der schon kräftig mit dem blonden Zwerg am flirten.

„Ich hoffe die zwei haben dich nicht belästigt“ meinte Andersen „Denen kann man nicht trauen, die stellen immer irgendwas an. Nicht gerade das zutreffende Verhalten gegenüber zwei schöner Damen.“ Diese Integral konnte man doch sicher um den Finger wickeln. „Dabei muss man sich doch in solch gefährlichen Zeiten um das bessere Geschlecht kümmern“.

Integral runzelte die Stirn. Gefährliche Zeiten? „Was ist denn passiert?“

„Unten in der Stadt sind in den letzten Wochen mehrere Personen verschwunden. Die Polizei dachte zuerst, dass mal wieder vereinzelt Welche abgehauen sind, wie es oft dort geschieht – nur wurde im Park, der ganz in der Nähe unsrer Schule leider ist, dann die Leiche einer der Vermissten aufgefunden. Sie war...“ Andersen hielt kurz inne und beobachtete Integrals Reaktion „Ich weiß, dass die Aussage nicht passend zum Essen ist, aber die Person war... ausgeweidet. Eine riesige Blutspur zog sich über Meter bis zu einem Gebüsch hin. Aber das unheimlich daran ist jetzt, das die Leiche schon begann zu verwesen und es wurde kein Hinweis auf weitere Personen gefunden. Das Fleisch der Leiche wies Bissspuren auf, von Menschenzähnen, und Kratzspuren von Fingernägeln; einzelne Fleischstücke fehlten.“ Seras würgte wieder ihre Nudeln hoch.

„Dafür gibt es sicher eine logische Erklärung..." seufzte Integral etwas abwesend. An was dachte der Kerl? Mutanten? Zombies? Den Satan? Ihr Bild über Andersen verdrehte sich langsam zu einem Esel.

Morfall im Park

Pip ging mit schnellen Schritten den Gang hinunter, überholte Gruppen von Menschenansammlungen, zielstrebig zum Treppenhaus. Er wusste genau wo sich Vlad und Walter aufhielten. Was er gerade von Andersen vernommen hatte wollte er ihnen unbedingt mitteilen, auch wenn es die Beiden nicht interessieren sollte.

Kurze Zeit später stand er schon vor der Türe seines Zimmers, indem auch die zwei Zielpersonen untergebracht waren. Er ging ins Zimmer und Tatsache saßen sie dort und futterten irgendwelche chinesischen Nudeln eines Take- Aways. Pip ließ die Türe zuknallen, was die schon leeren Pappkartönchen leicht erzittern lies. Weiter ging er zum Sofa und setzte sich neben Walter, dieser hatte natürlich mal wieder gute Laune, auch wenn Vlad im Augenblick eine gedrückt negative Energie ausstrahlte.

„Und? Wie lief’s? Was hat die Kleine gesagt? Will sie mitkommen? Glaubst du sie kann dich leiden?“ durchs Reden vergaß er das Kauen, weshalb nur ein gedämpftes Gemurmel herauskam.

„Hat das Narbengesicht uns wieder schlecht geredet?“ Vlad’s missmutiges Grummeln warf Pip zurück zum bösen Thema, fast wäre er zu Seras abgedriftet.

„Ja.. aber ich denke, dass Integral nicht drauf angesprungen ist. Nachdem was Andersen sich geleistet hat, kann sie ihn wohl nicht mehr leiden.“ Vlads Augen begannen zu leuchten „Ach was.“ „Was ist denn passiert?“ fragte Walter schmatzend.

Pip erzählte ihnen (so gut wie) wortwörtlich was Andersen Integral berichtet hatte, ihre Reaktion darauf und was genau jetzt mit Seras war.

„Wenn du Integral noch erwischt, Vladdy, dann kannst du sie fragen ob sie heute Abend mitkommen möchte! Mit der Schmalzlocke und dem Wachhund wird sie wohl kaum was unternehmen wollen.“ meinte Walter wohlwollend und schmiss das Pappkartönchen zu den restlichen schon Leeren.

„Achja? Und was ist wenn Sie NEIN sagt?“ widersetzte Vlad etwas aufgelöst und vergaß nebenbei das Essen.

„Was ist wenn Sie JA sagt? Geb doch zu das du einfach Ang...“ Ohne Vorwarnung bekam Walter ein Essstäbchen ins Gesicht geworfen „Und wie ich sie fragen werde! Nehmt Gift drauf!“ „Um mich zu vergiften muss ich nur in dein Zimmer geh...“ Das zweite Essstäbchen flog, knapp an Walters Gesicht vorbei, an die Wand und hinters Sofa. Zwar hatte der kleine Recht, weil Vlad’s Zimmer einer einzigen Müllhalde glich, aber Hauptsache nicht gewinnen lassen.

Fast triumphierend darüber, dass er Walter zum Schweigen gebracht hatte wollte er weiter essen, bemerkte jedoch dann missmutig, dass er eben beide Stäbchen weggeworfen hatte.

„Die Sauerrei macht Du gefälligst nachher weg!“ forderte Vlad Walter auf und begann mit den Finger den Rest zu verdrücken.

„Aber Du hast doch...“ „Das weiß ich, aber DU hast mich provoziert!“ „Stimmt doch nicht!“ „Und wie Du das hast!“.

Das Gespräch artete in ein Nein- Doch- Kampf aus, was nicht eine Seltenheit war wenn die Beiden in einen Zwist geraten waren. Nach einiger Zeit stand Vlad einfach auf und ging zur Tür.

„Na! Hast Du aufgegeben?!“ warf Walter hinter her „Ne, der Klügere gibt nach!“ gab es als Antwort, und Vlad ging hinaus auf den Gang, hinterließ einen überrumpelten Walter, sowie einen amüsierten Pip.
 

Irgendwo musste er sie finden, irgendwie abfangen können. Im Saal war sie bereits nicht mehr, zweimal hatte er Runden dadurch gedreht. Nun ging er durch die große Eingangstüre nach draußen an die frische Luft und wurde fündig.

Nur war es nicht Integral.

Sondern...

Nun ja...

WIE hieß die noch gleich...?

„Hey du!“ rief Vlad etwas unsicher „Äh.. blonder Zottel!“ Seras drehte sich um, weg von ihrem Gesprächspartner, einer ebenfalls blonden Person; etwa so groß wie sie selbst, sah jedoch männlich aus, soweit Vlad es beurteilen konnte.

„Du rennst doch immer mit Integral in der Gegend herum, oder nicht?“ „..so kann man es nennen...“ Stutzig war die Antwort.

„Kannst mir nicht zufälliger weise sagen wo sie sich gerade befindet?“

Auweia. Dieses Leuchten in den Augen, dieses helle Lächeln, die freundliche Gestik. Das konnte doch nichts Gutes bedeuten.

„Weshalb fragst du?“ Seras Erwartungen überschlugen sich geradewegs..................... zögern.

„Naja, sie ist... ich wollte... ähm... tja, ich...“ „Mann, bleib mal locker!“ meinte der männliche blonde Zottel, mit einer überraschend tiefen Stimme. Vlad beachtete ihn nicht einmal.

„Moment mal! Was geht dich denn das an was ich sie fragen will!?“

#*@%, das waren ein paar Wörter zuviel. Seras war zuerst etwas sprachlos.

„Sie wollte auf das Zimmer, Nr. 15B! Wenn du schnell genug rennen kannst, dann kriegst du sie bevor sie im Mädchen- Abteil ist. Sie wollte den Rest des Tages lernen und du weißt ja was ist, wenn Kerle da rein gehen. Vor ungefähr zwei Minuten war sie noch hier. Außerdem ist mein Na...“

Seras hatte einen Menschen schon lange nicht mehr so schnell davon rennen sehen.
 

Vlad hätte sich nicht vorstellen können, dass zum Zimmer „Nr.15B“ erst einmal eine halbe Weltreise bewältigt werden musste, durch Winkel und Ecken. Kurz konnte er nichts anderes machen als an das riesige Einkaufszentrum in der Stadt denken, in dem er sich peinlicher Weise mal verlaufen hatte. Wie man allerdings von einem Internatsgang zu einem Einkaufszentrum kommt, war ihm selbst ein Rätsel.

Seine schweren Stiefel hallten nur leise von dem altertümlichen Holzboden wider, für ihn klang es wie Kanoneneinschläge. Die Schritte wurden unmerklich immer langsamer, Unsicherheit kam auf. Vom weitem hörte er eine Türe zuschnappen, vielleicht war sie eben erst angekommen, oder es kommt ihm gleich irgendeine dieser eingebildeten Schrullen entgegen und das wäre dann sein Ende.

Fast wäre er an der Nummer 15 vorbei geschlichen und auch wenn ihm das Herz bis zur letzten Haarspitze schlug, klopfte er sofort an. Erst nachdem er dies bereits getan hatte, fielen ihm Stimmen auf.

Sie war also nicht allein.

Wer in drei Teufelsnamen war jetzt bei ihr?!

Grad wollte er wieder abdrehen um schlimmen Konfrontationen aus dem Weg zu gehen, da wurde die Türe schon geöffnet.
 

Integral hätte ihm am liebsten wieder die Türe vor der Nase zugeschlagen. Sie wohnte erste wenige Tage in ihrem neuen zu Hause und wollte nicht, dass es schon zerstört werden würde. Es wäre ihr lieb gewesen, wenn Vlad eine Minute schneller gewesen wäre, jetzt musste sie ihn wieder wegschicken. Dies hätte sie lieber mit Andersen getan...

„Du solltest wieder gehen!“ sagte sie leise mit harter Stimme zu ihm „Andersen ist hier.“ Fassungslosigkeit viel über Vlad herein. Wie konnte sie diesen.... diesen.... asozialen... Typen in ihr Zimmer lassen? Er konnte die richtigen Worte nicht finden.

Wut empfand er. Für Walter und Pip, dass sie ihn in diese Situation gebracht hatten. Wenn sie nur nicht immer so einen verdammten Mist labern würden!

„Perfekt! Ich wollte auch gerade wieder gehen! Ich weiß noch nicht einmal was ich hier überhaupt von dir wollte!“ Erzürnt stampfte er den Gang zurück. Irgend etwas sagte sie noch, aber er nahm es nicht mehr wahr, so starrsinnig war die Wut auf alles überhaupt und die Welt und so. Er schwor sich... irgendwann, ja irgendwann würde er Andersen so sehr...

Ohja, und wie er das würde!

Seine Gedanken schrien so brüchig durch den Kopf, dass sie für ihn selbst keinen Sinn mehr ergaben oder er die Sätze grammatikalisch und logisch wieder zusammen setzen konnte.

Aber einem war er sich sicher, er wollte den beiden Klugscheißern einheizen; am liebsten aus dem Wohnraum werfen bis er sich wieder beruhigt hat.
 

Die beiden Klugscheißer saßen im Wohnraum auf dem Sofa vor einem Haufen leerer Pappschächtelchen aus dem Asia-Take-Away, den sie irgendwo in der Innenstadt gefunden hatten. Walter erzählte Pip gerade von einer interessanten Bar, den er dort vor geraumer Zeit mal gefunden, und auch schon öfters besucht hatte, als Vlad knurrig zur Türe herein kam.

„Ey! Wir haben nachher noch zwei Stunden Sport. Der Sklave vom Rektor, der Colin, hat vorhin ‘nen Gemeinschaftsanruf gemacht. Er meinte Volleyball wäre dran.“ teilte Walter ihm mit, „Der Kettley hält uns wohl für schwule Hähne...“

„Du bist wohl eher ‘ne schwule Krähe! Wegen dir hab ich mich bei Integral zum Affen gemacht!“ wütete Vlad.

‚Die schwule Krähe‘ sah ihn an, leicht grinsend „Achja, wie lief es überhaupt? Was hast du falsches gesagt?“

Pip hoffte, dass er aus dem bevorstehenden Massaker nur mit einem blauen Auge davon kommen würde. Aber zu seinem Wunder konnte er erleichtert feststellen, dass Vlad nicht ausflippte, sondern schlaff in sein Zimmer schlurfte. Sprachlos sah Walter ihm hinterher. Eigentlich hatte er ja versucht ihn zum explodieren zu bringen, wie er es so gerne immer wieder tat, weil niemand regte sich so schön und so schnell auf wie Vlad, da lohnte sich auch ein gebrochener Knochen.

„Da ist wohl was größeres passiert.“ meinte Pip und überlegte sich, ob er den Schweinestall vor sich mal aufräumen sollte.

„Dann hätte der Depp uns das wenigstens sagen können!“ Walter war eigentlich nie sehr schnell beleidigt, aber wenn er Vlad nicht ärgern konnte, dann anscheinend schon.

Pip gab sich einen Ruck und stand auf „Also ich hab keine Lust im Müll zu versinken.“ meinte er und wies auf dem Müllberg auf dem Tischlein hin „Es wundert mich immer wieder, wie schnell wir das schaffen!“

Walter sah mit lustlosem Gesichtsausdruck an. „Solange es hier nicht aussieht wie in Vlads Zimmer, ist es mir egal. Während du halt die Putze spielst, mach ich Kaffe.“
 

Gomez McKay legte die Regionalzeitung langsam vor sich auf dem Schreibtisch.

„Deine Vermutung stellt sich als Wirklichkeit heraus.“ meinte er mit geschlossenen Augen, die Hände vor dem Gesicht gefaltet. Colin sah von seinem Buch mit der silbern geschwungenen Aufschrift ‚Ewige Vergangenheit – Im Hier und Jetzt‘ auf, dass er in einem Buchhandel in der Stadt gefunden hatte. Er hatte sich so sehr in den Zeilen verloren, dass ihm auf Anhieb nicht einfiel, was Sir McKay meinen könnte. „Was meinen sie, Sir?“

„Juaná Periskowsky, unsere verschwundene Raumpflegerin...“ er verachtete das Wort Putzfrau „...ist tatsächlich einer der Opfer der unbekannten Mörder. Sie ist die Leiche im Park, die vor zwei Tagen gefunden wurde.“

Colin hielt inne und schlug automatisch das tief blaue Lederbuch zu. „Wie konnte das nur geschehen? Warum gerade jemand von unserer Schule?“ Gomez McKay stand vom seinem Sessel aufund stellte sich vor das riesige Fenster, was sich direkt hinter ihm befand. Es nieselte nur noch leicht, aber immer noch standen tiefschwarze Wolken am Himmel.

Der Wetterdienst sagte Regen und Gewitter für die nächsten drei Tage voraus. Gomez hatte vom dem Fenster aus trotzdem noch eine gute Sicht auf den Park, da sich sein Büro im dritten Stock befand. Die Polizeiautos, die in den letzten zwei Tagen die Wege verstopft und die Nacht mit ihren Warnleuchten zum Tag gemacht hatten, waren größten Teil wieder abgezogen.

„Das weiß wohl niemand.“ wisperte er gegen das Fenster „Die Frage ist, wie die Zukunft für uns aussieht.“ Colin musste sich am vorigen Tag mit Dutzenden Telefonanrufen der Polizei und Eltern der Schüler Im Sekretariat herumschlagen. Zudem gab es Hausbesuch von Ermittlern, mit Fragen, ob bei ihnen Personen verschwunden wären, sie einen Verdacht auf den oder die Mörder hätten oder ob Jemand eine Beobachtung parat hält.

„Es wundert mich, dass die Polizei nicht schon wieder vor unserer Türe steht.“ meinte er mit einem missmutigem Unterton.

Gomez seufzte „Vielleicht werden sie ja noch kommen. Aber dann sicher nur weil sie uns Observieren wollen. Ich hoffe, dass das Schuljahr ohne jegliche schweren Ereignisse sein Ende nehmen kann. Schließlich hat es gerade erst begonnen.“
 

Vlad saß auf einer der Holzbänke zwischen Walter und Pip, die an der Seite der Turnhalle angebracht waren. Die Volleyballnetze, sowie die Bälle, waren bereit benutzt zu werden, was die gesamte Klasse, bis auf die Mädchen natürlich, auf keinen Fall machen wollte. Mr. Kettley lief immer wieder an der langen Reihe junger Schüler mit seinem hölzernen und steifen Schritt hin und her, als wäre er einmal Ausbilder bei der Armee gewesen, und sagte was sie alles dieses Schuljahr vorhatten, Dinge zum Spiel und überraschender Weise erzählte er auch etwas interessantes.

„Ihr habt doch sicher alle von dem Mord im Park gehört, stimmt‘s?“ ein Raunen ging durch die Reihe „Ruhe gefälligst!“ Disziplin war das A und O. „Es hat sich herausgestellt, dass es eine unserer Putzfrauen war. Wir bitten euch, wenn einer etwas Verdächtiges mitbekommen hat oder es noch wird, es direkt Colin Weaver zu melden. Und jetzt sitzt nicht dumm herum sondern schafft!!“ brüllte er ihnen ganz zuletzt entgegen. Sofort stand die gesamte Klasse auf den Beinen, denn wer sich weigerte oder zögerte und nicht seine gesamte Leistung zeigte, bekam Strafe, welche vom Geschlecht und der schwere des ‚Verstoßes‘, wie es Mr. Kettley so gerne nannte, abhing. Walter meinte mal zu ihm, er sei ein wandelndes Kriegsgericht, als er eines Tages mit Vlad und Andersen wegen Prügelei einarmig 20 Liegestütze auf jeder Seite machen musste, wobei das Kriegsgericht anwesend war.

Wegen dieser ‚Militärlästernden Sünde‘ wurde er dazu verdonnert den Geräteraum, wo alle Materialien zum Sportunterricht aufbewahrt wurden, aufzuräumen und zu putzen. Und der Geräteraum fasste ein riesiges Volumen.

Pip und Vlad hatten ihn erst am nächsten Morgen wieder gesehen, als sie nach dem Aufstehen in den Wohnraum gingen und ihn auf dem Sofa schlafend liegen sahen. Seitdem sagte Walter in den zwei Stunden Unterricht so gut wie kein Wort mehr.
 

Seras ging mit einer Integral im Schlepptau quer über den riesig wirkenden Schulplatz, zur Sporthalle hin, wo die Zweier gerade Unterricht hatten. Pip hatte Seras eine SMS geschrieben, dass sie doch mal vorbei kommen könnten, was sie natürlich für eine tolle Idee hielt. Integral weniger – weswegen Seras quasi auf Knien betteln musste, dass sie mitkommt. Dummer Weise hatte sie Ja gesagt, weil sie Seras nicht so am Boden liegen sehen konnte.

Auf der Suche nach der Halle mussten sie zwei verschiedene Schüler und einen Lehrer nach dem Weg fragen, weil sie sich im Schulhaus verlaufen hatten, und sonst noch solche Geschichten, sowie, dass sie plötzlich bei den Zimmern der männlichen Schüler herumliefen. Integral hatte immer noch nicht den Schock verarbeitet, den sie davongetragen hat, als ihnen ein nur in einem wirklich knappen Handtuch bekleideter Kerl entgegen kam... und dann in die beiden hinein stolperte. Seras konnte eine leichte Röte nicht verbergen und war amüsiert über die böse Absicht des jungen Mannes. Integral weniger.

„Na siehst du? Da sind wir doch schon.“ freute sich Seras und zupfte aufgeregt an Integral Ärmel, was diese natürlich nicht so prickelnd fand. „Ja, nach Kampf und Peinlichkeit!“ Integral hatte ihr schon gesagt, dass sie ihr das ewig übel nehmen würde.

Sie fanden eine breite Steintreppe, die zu einem Steg führte, von dem sie aus in die Halle gelangen würden, auf die Zuschauerplätze. Sie wussten nicht, ob sie das überhaupt durften, aber die Tür in die Halle war nicht abgeschlossen. Außerdem konnten sie von dem Platz aus den gesamten unteren Bereich überblicken.

Zwei Volleyballnetze waren aufgebaut, an jedem spielte jeweils eine Mädchen- und eine Jungengruppe. Die Spielzeit war wohl gerade erst erreicht worden, denn es begann ein Austausch, dass nun Jungs gegen Jungs spielten. Wie nicht anders erwartet waren Pip, Walter und Vlad nicht mit Andersen und Maxwell in einer Gruppe. Integral fragte sich ob das Taktik der Mitschüler war, weil diese fünf sich sicher bis zum bitteren Ende bekriegen würden.

Sie täuschte sich nicht, weil nach kurzer Zeit der Ball zu einem Geschoss wurde, der immer wieder über das Netz schmetterte. Wahrscheinlich um eine Stelle am Körper zu treffen, die wirklich weh tut.

„Vielleicht fliegt einem der beiden das Hirn raus, wenn einer trifft!“ murmelte Walter Vlad zu, und wieder schoss der Ball quer durch die Halle „Aber ein Schädelbasisbruch würde schon reichen...“ meinte Pip von hinten und nahm den zurück fliegenden Ball mit einem schmerzhaften Klatscher gegen die Hand an. „Solange der dann tot umfällt.“ Was schöneres konnte Vlad sich im Angesicht der Situation nicht vorstellen.

Inzwischen waren nur noch die fünf am Spiel beteiligt und der Ball schlug wie Bombenschläge auf sie ein. Der Sportlehrer stand neben dem Feld und wie Seras es auffiel, lachte er vor sich hin. Lauthals machte er sich über die restlichen ‚Weicheier‘ lustig, die da herumstanden und den Ball nicht mehr zu fassen bekamen... oder sich nicht trauten, wenn sie die Chance hatten.
 

Seras schlug sich nach einer gewissen Zeit die Hände über dem Kopf zusammen, als nicht nur noch der Ball flog, sondern auch bösartige Kommentare, sowie Schimpfwörter. Zwar verging die Zeit schneller, als sie sich vorgestellt hatte, aber so langsam wurde das lächerlich, weil nur noch vier waren auf dem Feld. Die Spielzeit war eigentlich längst überschritten, aber der Sportlehrer meinte, wenn sie sich doch so sehr ins Zeug legen würden, könnten sie noch bis ganz zum Schluss weitermachen.

Während die anderen Mitspieler am Rand saßen und ab und zu schlagartig einem Ball ausweichen mussten, schlich sich Pip in den Geräteraum, weil man von dort aus zu den Zuschauerplätzen gelangen konnte. Er hatte keine Lust mehr auf den Krieg gehabt, nachdem er am Brustkorb getroffen wurde. Natürlich setzte er sich breit grinsend sofort neben Seras, die schon nervös auf ihrem Platz hin und her rutschte.

Integral interessierte sich nicht dafür über was sie redeten, die bekam nur kurz mit, dass sie über dem Vorfall im dritten Stockwerk berichtete. Als Pip sie fragte, WIE sie auf der Suche nach der Turnhalle in den dritten Stock gelangt sind, konnte sie natürlich nicht beantworten. Sie sah einfach weiter zu, wie sie dort unten herum hüpften und ihnen langsam die Puste ausging.

Der Unterricht würde sowieso gleich sein Ende nehmen, warum sie noch da herumsaß und zuguckt wusste sie nicht. Sie hätte viel bessere Dinge tun können, sowie lernen, oder schon Schulsachen zusammen ordnen... als sich plötzlich Pip nach vorne zu ihr hin lehnte.

„Eine kleine Frage hätte ich da mal.“ sagte der verschwitzte Blonde „Und zwar war ja vorhin Vlad bei dir. Warum ist er so sauer wieder gekommen?“ Integral setzte einen seltsam kühlen Blick auf. „Weil Alexander schon bei mir im Wohnraum war.“ Pip sah sie an, nein er starrte... entgeistert. Andersen bei ihr im Wohnraum?! „Was wollte er eigentlich von mir?“ warf sie ein, weil sein relativ unkomfortabler Blick ihr alles andere als gefiel.

„Nun, er wollte fragen ob du heute Abend zusammen mit uns mitkommst. Wir wollen uns gemütlich in eine Bar setzten und mal so einen trinken, um uns besser kennen zu lernen.“ Die Antwort kam schneller als er erwartet hatte. „Nein danke, ich habe schon bei Alexander abgesagt.“ Sie antwortete nicht mehr auf die Frage, WOZU er sie eingeladen hatte, da es klingelte. Während sich die Sportler in die Umkleidekabinen verzogen, verschwand sie über den Weg, den sie auch gekommen war.
 

Colin saß in seinem Büro und laß wieder in dem Buch, als es zaghaft an der Tür klopft. Er bat die Person hinein, und es ließ sich ein relativ kleines Mädchen, mit langem schwarzen Haar blicken. Sie trug eine graue Tasche mit sich und sah verschwitzt aus.

„Mr. Colin, der Mr. Kettley sagt, wir sollten uns bei ihnen melden, wenn wir etwas beobachtet haben zu dem Mordfall.“ etwas schüchtern sprach sie und trat an seinen Schreibtisch heran. Interessiert lag er sofort das Buch zur Seite und hörte zu.

„Vor zwei oder drei Tagen habe ich in der Nacht eine kleine Gruppe Personen gesehen, die sich in der Nähe der Schule befand. Sie trugen etwas, etwas langes, was wohl eingeschnürt war, weil Seile davon runter hingen. Sie sind in Richtung Park gelaufen.“ Durchdringlich sah er sie an. Er stellte ihr Fragen, welche Klasse, der Name und warum sie in der besagten Nacht noch wach war. Colin bedankte sich bei ihr und entließ sie wieder.

Kurz starrte er sein Buch an, dachte nach über viele verwirrende Dinge, über das Mädchen. Zögerlich griff er zu seinem Telefon.
 

Walter sah, wie Kathy, diese kleine Französin, das Büro vom Colin verließ.

„Glaub ihr, sie hat was gesehen?“ fragte er und rieb sich die linke Schulter, weil er da einen recht heftigen Ball abbekommen hatte. „Und wenn. Glaubst du die Polizei kommt bei einem so komischen Fall durch die Hinweise eines Zwerges auf den Mörder?“ Walter sah Vlad als dieser mal wieder dumme Antworten gab „Glaubst du ich meinte das so? Auf die Idee von Zombies werden die nie kommen...“ Vlad blieb schlagartig stehen. „Man sollte deinen GameCube zerstören. Du zockst eindeutig zuviel Resident Evil! Du glaubst doch wohl ernsthaft selbst nicht, dass hier Zombies rumschlurfen?“

„Kann doch möglich sein..?“ Vlad lief weiter, wollte weg von diesem zombiesüchtigem Spinner. „Das ist doch krank! Sind wir hier in Racoon City oder was?“ „Was hat das damit zu tun? Tut mir ja echt leid, dass Integral nicht mitkommen will, sowie Pip uns das gesagt hat, aber desswegen musst du jetzt nicht so grantig sein!“

Vlad sagte nichts mehr, er wollte einfach nur noch was essen und dann schlafen.

Alptraum

Integral saß auf dem Stuhl im Büro ihres Vaters. Er hatte ihr gesagt, es sei wichtig. Aber was könnte so wichtig sein, dass er sie mitten aus dem Unterricht zog, obwohl er doch sehr viel auf Bildung, besonders bei seiner Tochter, setzte. Der wohlgepolsterte Stuhl stand direkt vor dem Schreibtisch, welcher leer und kalt wie ein Grab war. Es sei wichtig und er war nicht da, auch gut. Auch wenn Integral ihren Vater viel Respekt und Begeisterung entgegenbrachte, war sie nun etwas genervt von ihm, wie es auch eigentlich in dem Alter üblich war. Da ist der Geschichtsunterricht gerade mal wirklich interessant, wird dann mittendrin heraus gezogen und dann stellt sich raus, für nichts. Sagen und Geschichten über Vampire und andere Monster interessierten sie, ihr Vater hatte schon sehr viel erzählt über diese Wesen und setzte drauf, dass er in seinem Leben etlichen begegnet ist und sie auch, ohne es zu wissen. Als sie jung war hatten diese Geschichten sie sehr beeindruckt, doch jetzt hielt sie ihn für einen Vampirfetischist und machte sich nichts weiter daraus. Wer glaubt schon, dass er mitten am hellichtem Tage einem Vampir über den Weg lauft. Seltsame Personen hat sie in ihrem Leben gesehen, jedoch konnte sie sich nicht vorstellen, dass selbst der normalste Büromensch, wie ihr Vater es sagte, ein Vampir oder Werwolf sein könnte.

Integral sah auf, als ein Geräusch hinter der Tür von ihr gegenüber kam. Sie wurde geöffnet und ihr Vater kam herein, hinter ihm der Butler James, der eigentlich nicht einmal James hieß, sondern Jonathan, aber ihr Vater meinte, der Name würde nicht nach einem Butler klingen. Integral fand dies lächerlich von ihrem sonst so vernünftigem Vater, aber Jonathan störte das nicht wie er selbst meinte, wenn der Hausherr der Meinung war ihn so zu nennen, dann sollte er doch.

„Ich kenne Arthur schon ziemlich lange. Das geht schon in Ordnung, werte Dame.“ meinte er einmal zu ihr, als sie ihn darauf ansprach ob es ihm nicht stinken würde.

Jonathan trug zwei große Koffer ins Zimmer hinein und Integral fragte sich kurz, ob ihr Vater ihn entlassen hatte. Empört sah sie ihn an, der Butler war ihr ans Herz gewachsen, er hatte sich oft um sie gekümmert, wenn ihr Vater keine Zeit für sie hatte, hielt immer Ratschläge für sie bereit und in Not war er oft ihr erster Anlaufspunkt. Arthur trug einen ernsten Blick, wie er es schon lange nicht mehr getan hatte. Er setze sich auf den Schreibtischstuhl und schwieg. Es war nicht lange, jedoch kam es für Integral wie eine halbe Stunde vor, da sie endlich wissen wollte was nun los war. Sie sah Jonathan an, wollte, dass er es ihr sagen würde, doch schon sprach ihr Vater.

„Ich traue dir viel zu, Integral. Sehr viel. Ich habe desswegen beschlossen, dass du auf ein Internat im Süden von England gebracht wirst.“ Integral blinzelte. Was hatte er gerade gesagt? Sie sah, wie Jonathan den Kopf senkte. Sie hatte wohl richtig verstanden. Auf die Frage warum, antwortete ihr Vater nicht.

„Halte die Augen offen, durchdenke jedes auffällige Ereignis. Denke daran, viele Dinge sind oft nicht Zufall. Fliehe nicht aus gefährlichen Situationen, denen du gewachsen bist. Und du weißt wann es Zeit ist meine Hilfe zu holen.“

Einen noch dümmeren Gesichtsausdruck hätte Integral nicht aufsetzten können. Den Grund warum sie auf dieses weit entfernte Internat gehen sollte sagte er nicht, hatte nur noch dieses zusammenhanglose Zeug geredet. Und so nahm nun Jonathan die Koffer, die er unter Aufsicht Arthurs gepackt hatte, als sie im Büro gewartet hatte, und ging wieder zur Türe hinaus. Ihr Vater führte sie aus dem Zimmer, den langen Gang entlang, an vielen Zimmern vorbei, die große Treppe hinunter. Die große Halle war leer und leblos, wie immer. Durch die Eingangstüre begleitete er sie noch und mit einem „Viel Glück!“ ging er auch wieder ins Haus. Jonathan räumte die Koffer in den Gepäckraum des schwarzen Rolls Royce.

Die Reise ging zum Londoner Flughafen, erinnerte sich Integral, an dieses übergroße und überfüllte Gelände. Jonathan sagte kein Wort als sie ihn immer und immer wieder fragte Warum.

Integral saß auf dem Bett, es war schon kurz nach Mitternacht, da sie nicht schlafen konnte. Die ganze Zeit überlegte sie über den Vorfall mit der toten Putzfrau aus der Schule. Nach Vaters Theorie war dies kein Zufall, die Mörder hatten irgend etwas mit dem Internat zu tun. Vielleicht waren die Schüler, oder die Lehrer mit drin verstrickt. Jedoch kam ihr der Gedanke ziemlich irrsinnig vor, dann müsste ihr Vater gewusst haben, dass hier seltsame Dinge vorgehen, sonst hätte er soetwas nicht gesagt. Aber vielleicht hätte er auch was anderes gemeint. Integral konnte sich keinen Reim mehr daraus machen. Sie müsste noch auf weitere Ereignisse warten, aber die würden sie vielleicht auch nicht weiterbringen.

Abwarten und Tee trinken hieß es... was anderes war ihr auch nicht übrig.
 

Vlad zuckte etwas. Ihm war kalt, all seine Knochen schmerzten. Langsam öffnete er die Augen und bemerkte sofort, dass er sich nicht in seinem Zimmer befand, auch wenn seine Sicht sehr verschwommen war. Sein Kopf brummte und er legte seine Hand auf die Stirn. Sie glühte förmlich. Er wollte sich aufrichten, konnte sich aber nicht bewegen. Mühsam rollte er sich umher. Dadurch konnte er die nähere Umgebung erfassen. Er lag in einer Art Büro, alles war weiß, wirkte steril, als hätte sich hier ein Arzt einquartiert. Die Wände waren kahl, ein einziges Regal stand neben einem Aktenschrank, überfüllt mit Ordnern, die seltsame Kürzel und Symbole trugen.

Von seinem Platz aus konnte er nur einen Gegenstand erkennen, der nicht weiß oder hellgrau war. Es war eine Art Box, es sah bläulich aus, aber die genaue Farbe konnte er nicht bestimmen.

Seine Nase juckte, er roch an sich selbst einen seltsamen Gestank und fragte sich umso mehr was los war. Er schien zu träumen, etwas anderes konnte er sich nicht erklären. Wahrscheinlich hatte er sich wegen Walter noch so geärgert, dass er nun wegen ihm einen Alptraum hatte. Dafür würde er noch bezahlen müssen! Vom weiten hörte er ein Geräusch.
 

Plötzliche Schwärze trat ein.
 

Es kam ihm vor, als hätte er nur für ein paar Sekunden die Augen geschlossen. Vlad blinzelte, seine Sicht nicht klarer als vorher, aber diesmal war er woanders. Verschwommene Striche und Punkte tanzten vor seinem Gesicht umher, hörte ein Brummen, ein Wispern. Irgendwas tätschelte ihm den Kopf, er erwiderte es, indem er zuckte. Seine Sicht wurde unmerkbar klarer, konnte aber nun ein Objekt erkennen, was genau vor seinem Gesicht stand. Es war schwarz und eckig, die Mitte reflektierte das Licht einer Lampe, das von irgendwo her kam. Eine Person trat in seinen Blickfang.

Nun war er sich sicher, dass es sich nur um einen Alptraum handeln konnte. Mr. Kettley grinste ihm dreckig ins Gesicht. Er trug ein seltsames Kostüm, es sah aus wie eine Uniform, grau, bestückt mit Abzeichen. Sein Mund bewegte sich, aber Vlad konnte die Worte nicht verstehen, es kam nur als lautes Brummen an.

Erst jetzt bemerkte er, dass er kein Oberteil trug, als Kettley in auf den Rücken drehte. Er spürte kaltes Stahl auf seiner nackten Haut. Vlad erahnte den Umriss einer weiteren Person, es sah aus wie Mr. Howardt, sein Biologielehrer vom letztem Jahr. Er hielt etwas in der Hand, etwas langes mit einer seltsamen Form. Mr. Howardt bemerkte wohl, wie Vlad das Objekt anstarrte, weswegen er es nun direkt vor sein Gesicht hielt. Es sah aus wie eine Spritze, nur in veränderter Form – eher wie eine Pistole. Es hatte eine lange, dünne Nadel, dann eine Kammer, mit einer grün schimmernden Flüssigkeit. An der Kammer war ein Griff mit einem Druckhebel.

Mr. Howardt redete etwas, auch wenn Vlad nun die Worte besser verstehen konnte, war die Wahrnehmung noch zu sehr Betäubt um Sätze zu bilden. Er verstand nur ‚Mittel‘ sowie ‚Druck‘ und ‚Mutig‘ oder ‚Mutant‘. Von weitem hörte er einen Schrei, laut, durchdringend und schreckenserfüllt. Es klang, als würde Jemand um sein Leben schreien. Howardt legte eine behandschuhte Hand um sein Kinn und zog leicht dran, um den Mund zu öffnen. Er sah wie die Spritze näher kam, die Nadel in seinen Mund hinein geführt wurde. Neben redeten Personen, während Vlad sich versuchte zu wehren.

Da träumt er schon so etwas perverses und kann sich noch nicht einmal verteidigen.

Außer zappeln brachte er nicht zustande. Hände klammerten sich an seinen Körper, hielten ihn fest, damit der Howardt seine Arbeit beenden konnte. Die grünlich schimmernde Flüssigkeit wurde heraus gedrückt, in die hintere Unterseite seiner Zunge, bis sie vollständig durch seine Blutbahnen schoß. Die Hände ließen ihn los und durch die enorme Spannung, die sich in seinem Körper aufgebaut hatte, fiel er von der kalten Metallplatte auf einen Steinboden. Ungeachtet der Schmerzen folglich des Aufprall und dem grausamen Pochen im Mund und Ohren begann er sich am Boden entlang zu räkeln und zu rollen. Ein schmerzlicher Druck schoß ihm plötzlich in die Wirbelsäule, als ein Fuß ihn in den Rücken trat und zurück auf den Boden fallen ließ. Jemand riss an seinem Haaren, seinem Kopf nach oben, als ein Tuch sich über Mund und Nase legte.
 

Vlad öffnete schlagartig die Augen, stieß einen erschreckten Laut aus, als er sich sofort aufrichtete. Erleichterung fiel über ihn, als er sich in seinem Zimmer, in seinem warmen Bett, wiederfand. Durch die beginnende Morgendämmerung drang ein leichtes Licht durch die Vorhänge an seinem Zimmerfenster. Ein schneller Blick auf seinen Wecker teilte ihm mit, dass er noch nicht einmal verschlafen hatte. Er warf die Decke zur Seite und als er aufstand spürte er einen stechenden Muskelkater im ganzen Körper, vom harten Sportunterricht am Tag zuvor. Trotz den Schmerzen machte er sich auf die vergebliche Suche nach seinen bestimmten Anziehsachen, die er an diesem Tag nehmen wollte, und als er einer der Wäscheberge in seinem Zimmer durchwühlte fiel ihm ein, dass er schon einmal sowas träumte. Nur hatte man ihm Blut abgenommen, von derselben Stelle, wo ihm diesmal was hinein gespritzt wurde. Da lag er auch auf dieser Metallplatte. Pip meinte, er hätte ähnliches geträumt, nur war er in einem komischen Raum, in dem er auf dem Schreibtisch lag und auch Blut abgenommen wurde. Walter meinte, er könnte auch sowas geträumt haben, war sich aber nicht ganz sicher und zum nachdenken war ihm nicht, weil er an dem Morgen schreckliche Kopfschmerzen hatte und sich über dem Mittag dann im Klassenzimmer erbrochen hatte. Der Mathematiklehrer sagte nur kühl, dass er nicht so viel saufen sollte am Vorabend und wurde den restlichen Tag vom Unterricht befreit. An diesem Tag hatte die ganze Klasse sowieso einen ganz schön schlimmen Durchhänger. Auch Teile der Lehrer wirkten total übermüdet.

Das geschah noch vor den Sommerferien, am nächstem Tag nach der Abschlußfeier für die Vierte Stufe. Also machten sich viele keine Gedanken über den trägen Tag. Walter hatte eigentlich garnicht mal so viel Alkohol getrunken, Vlad hatte zum Beispiel viel mehr getrunken als er. Mit dem Spott von Maxwell und Andersen, dass er sich im Klassenzimmer auf seinen Collegeblock übergeben musste, konnte Walter gut leben, aber dass sich dann die Lehrer darüber lustig gemacht haben, war irgendwann nicht mehr zum Lachen.

Das war aber Vergangenheit und Vlad hörte auf darüber nachzudenken, denn es war für ihn nur ein wiederkehrender Alptraum, irgendwann würde sowas wohl noch einmal kommen. Schließlich hatte er das T-Shirt seiner begehren gefunden, das mit dem Eisernen Kreuz. Er zog es sich über und schlüpfte auch in die restlich benötigten Klamotten. Er nahm sich seine Tasche und ging zur Türe hinaus, in den Wohnbereich.

Pip saß auf dem Sofa, die Augen geschlossen. Vielleicht war er mit seiner schnuckeligen, großbusigen Freundin letzte Nacht zu lange weg und hatte vor Müdigkeit nicht mehr den Weg zu seinem Bett bewältigen können. Jedoch trug er seltsamer Weise seinen Schlafanzug, dieses ockerfarbene Ding, mit dem Karomuster und der seltsamen Aufschrift. So fies Vlad doch sein könnte warf er seine Tasche direkt auf Pip’s Schoß, der auch sofort mit einem Ächzen zusammenzuckte. Instinktiv warf er die Tasche runter und stand hektisch auf. „Hier war gestern Nacht Jemand! Da bin ich mir sicher!“ Vlad sah ihn an, wie er mit den Armen rumfuchtelte und auf die Tür wies. „Da standen er! Ich wollte ihn aufhalten, aber dann...“ „...bist du urplötzlich eingeschlafen. Und damit es nicht so verdächtig aussieht, hat man dich auf das Sofa gesetzt. Hast du zuviel getrunken?“ Vlad stufte Pip als unzurechnungsfähig ein. Vielleicht war er ja noch blau vom Vorabend. „Ich habe keinen verdammten Tropfen Alkohol angefasst!“ warf Pip wütend zurück „Ich schwöre, dass Jemand hier war!“

In diesem Moment kam Walter aus seinem Zimmer. Beide starrten ihn an. Walter starrte zurück, setzte einen Blick auf, als hätte man ihn bei etwas peinlichem ertappt. So früh am Morgen schon wird er verarscht... „Was!?“ fragte er. Diese Stille im Raum war erdrückend, anscheinend warteten sie darauf, dass er etwas entscheiden würde, etwas von großer Bedeutung. „Pip sagt gestern Nacht wär Jemand hier gewesen....“ Niemand konnte so baff gucken wie Walter, fiel beiden gleichzeitig auf.

„Ich habe nur mitbekommen, wie Pip wiedergekommen ist, weil er so einen Krach gemacht hat...“ „Hab ich nicht! Ich war ganz leise!“ „...aber sonst hab ich die Nacht durchgepennt.“ antwortete Walter schlicht. Auch er hatte schon seine Tasche in der Hand, schwarz, mit Nieten und Patches bestückt. „Warum bist du noch im Schlafanzug, Pip?“ fragte er dann, als hätte er nicht mitbekommen, was Vlad gesagt hat. Keiner Antwortete. Vlad nahm nur seine Tasche und ging zur Türe.

„Es gibt bald Essen. Ihr könnt machen, was ihr wollt, aber ich werde jetzt gehen.“
 

Die drei saßen an einem relativ kleinem Tisch. Sie wollten nicht unbedingt, dass sich fremde zu ihnen setzten. Die versuchten nur immer mit ihnen zu reden, über so dumme Dinge wie das Wetter oder die Lehrer, oder über irgendwelche dummen Kühe. Zwei Plätze waren noch frei, die natürlich für die beiden Damen aus dem ersten Jahr vorgesehen waren, aber Vlad machte sich keine großen Hoffnungen, dass sich Integral zu ihnen setzten würde. Die peinliche Szene vor ihrer Tür hatte er bereits verdrängt, aber den Scham verspürte er immer noch leicht, an Momenten in denen er sie sah.

Zum Frühstück gab es mal wieder belegte Brötchen, sowie immer eigentlich. Walter war schon am kauen, hielt morgens nichts von Benehmen, da er keinen Bock hatte auf die ganze Schule zu warten, bis er was essen durfte. Das praktische an diesem Verhalten war, dass immer er das Essen am Morgen holte, da musste schon gar nicht mehr gefragt werden.

Bisher hatten sie noch keinen Lehrer gesehen, was recht unüblich war. Eigentlich stolzierten sie immer durch die Tischreihen und passten auf, dass noch keiner am essen war. Wie Walter es bisher immer geschafft hatte nicht erwischt zu werden, hatte die beiden schon oft gewundert.

Seras zog Integral mit in den großen Saal, der schon überfüllt von Schülern war. Integral war so müde, dass sie es kaum geschafft hatte aus dem Bett zu kommen, als sie dann schließlich von Seras am Bein herausgezogen wurde. Beide hatte viele Blaue Flecken davongetragen und Integral meinte, sie würde ab sofort Abends immer abschließen. Trotzdem ließ sie sich von Seras ziehen, weil sie sonst beim Laufen einschlafen würde. Der blonde Zottel hatte ihren Liebling schneller gefunden als erwartet und setzte sich auf sofort neben ihn. Integral setzte sich zwangsweise neben Vlad, was ihm wohl etwas unangenehm war. Ihr war es egal, ihr war momentan alles egal. Sie wollte nur nicht mit dem Kopf ihre Kaffeetasse erschlagen, aber sonst konnte passieren was wolle. Und während Walter sich kauend einen abgrinste, kamen auch mal die Lehrer in den Raum. Sofort wurde es Totenstill, weil sogar der Rektor höchstpersönlich eintrat.

Seras konnte sich ein „Wer issn das?“ nicht verkneifen, als der wohlgepflegte Mann mit seinem Ja-sager Colin an der Seite durch die Reihen schritt und sich ganz nach vorne auf eine Art Podest, einer Erhöhung, stellte, auf dem die Tische der Lehrer sich befanden.

Gomez McKay sah über die Schülermassen hinweg. Es war so still, man konnte den Wasserhahn ein Stockwerk höher tropfen hören. Colin stellte sich rechts von ihm hin, trug ein ebenso ernstes Gesicht wie er selbst. Vor ihm stand ein Mikrofon in das er auch hinein sprach: „Guten Morgen, liebe Schüler...“ Vlad schüttelte den Kopf und fragte welcher Lehrer denn gestorben ist, dass ER sich mal unter den Schülern blicken ließ. Dieser Kerl war von seinem eigenen Internat total besessen, und auch wenn man nur Gutes von dem hörte, redete man davon, er würde auf seinem Schreibtisch schlafen um sein geliebtes Büro nicht zu verlassen. Aber Vlad wollte sich nicht weiter dumme Gedanken über den machen und hörte stattdessen weiter zu.

„...schon am Anfang dieses Schuljahres gibt es nur schlechte Nachrichten zu verkünden. Wie einige sicher mitbekommen haben, ist die Polizei wieder hier im Gebäude anwesend. Sie haben den Verdacht, dass unsere Schule ins Visier der Mörder gefallen ist. Ich bitte darum, dass jeder Einzelne von Euch Augen und Ohren offen hält und uns sofort mitteilt, wenn etwas Auffälliges geschieht oder etwas weiß, auch wenns nur die kleinste Vermutung ist. Und dazu bitte ich euch trotzdem normal weiter in den Unterricht zu gehen. Niemand verlässt nach 21 Uhr mehr seinen Wohnbereich. Die Türen dazu werden abgeschlossen! Wer dies nicht einhält, wird getadelt!“

Der Rektor redete noch eine ganze Tabelle von Tun und Nicht Tun runter. Die Gesichtsausdrücke der Mitschüler war gemischt. Vielen war es egal, was das hohe Tier ganz da vorne laberte und unterhielten sich über ihre eigenen Probleme. Anderen konnte man die Angst direkt von den Augen ablesen. Walter schluckte hart. Er hatte aufgehört zu essen, ließ das halb angekaute Brötchen auf dem Teller liegen. Ihm war wohl der Appetit vergangen. „Da ist mehr passiert! Es ist sicher irgendwas gesehen, dass DER sich mal aus dem Büro traut und uns solche Vorschriften macht!“ Das Internat war bekannt für die Freiheit die den Schülern gelassen wird. Integral war schlagartig hellwach. Worüber sie letzte Nacht gegrübelt und nachgedacht hatte, bekam Unterstützung, um weitere Nächte schlaflos zu verbringen. Das war doch alles kein Zufall! Vor wenigen Stunden musste sie aufgeben und entschloss sich dazu, nicht mehr so waghalsige und sich überschlagende Gedanken sich auszumalen. An die schlimmsten und verrücktesten Dinge hatte sie gedacht, stellte sich vor, wie das Internat in einem blutigem Massaker enden würde, als sie schließlich alles für lächerlich erklärt hatte und sich schlafen legte. Nun rückte alles wieder in den Möglichkeitsbereich Nummer Eins! Sie zügelte ihren Wahnsinn etwas, als sie bemerkte, dass Vlad sie dumm von der Seite anstarrte, als könnte er fühlen, wie aufgewühlt sie in diesem Moment war.

Gomez McKay verabschiedete sich von den Schülern und lief schnurstracks wieder aus dem Saal, Colin dicht hinter ihm. Draußen, vor der Türe, auf dem Weg zurück zu seinem Büro strich sich Gomez durch die Haare. „Sorge dafür, dass der Fleck endlich verschwindet, bevor das Essen zu Ende geht! Ich will, dass niemand etwas davon bemerkt und dann eine Massenpanik auslöst! Das Problem muss so schnell wie möglich beseitigt werden, denn so kann das nicht weitergehen!“ Colins Gesicht verzog sich zu einer unstimmig wirkenden Grimasse. Schon seit den ersten Morden konnte er sich vor Stress nicht mehr retten und er wusste, es würde noch mehr auf ihn zukommen.

Theorien

Physikunterricht. Es gab nichts schlimmeres für Vlad, auch wenn er die Naturwissenschaften als Schwerpunkt gewählt hatte, er hasste dieses dumme Fach über alles. Dieses dämliche Formelgeschwätz. Ein Ding kann man für zwanzig verschiedene Rechnungen verwenden. So ein schwachsinniges Gelaber! Noch schlimmer war, dass der Lehrer durch und durch ein Schwachkopf war. So ein Dussel dürfte keinen Unterricht machen!

Das Internat prahlt mit dessen guten Lehrern, ist bekannt bei vielen anderen Rektoren, jeder Lehrer prügelt sich um eine Stelle bei ihnen, aber bei dem ist absolut nichts gut.

Um ja nicht in Dessen nähe zu sein, hat sich Vlad nach der dritten Stunde, von der zweiten Reihe, in die Letzte gesetzt, also in die Vierte. Dort verbrachte er die meiste Zeit mit Musik hören und/oder zeichnete in seinem Collegeblock herum. Manchmal wünschte er sich, er hätte besser Geschichte genommen, wie Walter auch, weil die durften sich gerade einen interessanten Film über die Azteken anschauen, und er durfte bei dem schlimmsten Lehrer der Welt versauern. Noch zwei Stunden durfte er sich das antun, ob er das überleben würde hatte er Zweifel mit. Wenn er doch nur wenigstens Chemie hätte...

Der einzige Lichtblick, den er hatte, war Integral, die einen Platz rechts vor ihm saß. Bisher konnte er sich mit dem wundervollen Anblick ihrer Haare ablenken, wie sie das Licht reflektierten, einem Spiegel gleich. Sie wirkten so seidig und glatt, wie gerne würde er einmal seine Hände hindurch gleiten lassen und den angenehmen Geruch genaustens aufnehmen, den er bisher nur schwach erfassen konnte, wenn sie an ihm vorbei lief. Jede Bewegung von ihr konnte er graziös nennen, wenn sie schrieb, sich nach hinten lehnte oder sich ganz einfach nur am Kopf kratzte. Er traute sich nicht Musik anzumachen, denn sie könnte sich ja melden und eine Frage des Lehrers beantworten... dann würde er den harmonischen Klang ihrer Stimme nicht hören.

Oh, wie schmalzig und kitschig das doch klang. Er schämte sich fast schon für diese Gedanken und war froh, dass niemand sie lesen konnte. Zwar war er sich sicher, man sah ihm alles an, konnte quasi von den Augen ablesen, aber bisher wurde er noch nicht von Walter oder Pip oder sonst wen dumm desswegen angemacht. Noch eine ganze lange Weile starrte er sie an, seine Gedanken überschlugen sich geradezu und wurde erst zur Realität zurückgeworfen, als die zwei gemischten Klassen plötzlich begannen zu lachen. Er sah auf, von ihr weg und fragte sich, was passiert war. Allerdings konnte er es nicht erfahren, denn bis nach ganz vorne hin konnte er nicht gucken, seine Sicht war total verschwommen auf größere Entfernungen. Er blinzelte ein paar mal, aber es nützte nichts und nun begann auch Integral etwas zu verschwimmen. Den Stift, den er unbewusst die ganze Zeit in der Hand hatte, entglitt ihm und Vlad rieb sich die Augen. Sie brannten, stachen und tränten. Ein genervtes und etwas verzweifeltes Stöhnen konnte man von ihm hören und sein Banknachbar, mit dem er eigentlich kaum was zu tun hatte aber immerhin etwas Unterstützung in Sachen „Ich hab keinen Bock!“ brachte, sagte etwas, fragte was los sei, aber Vlad hatte in diesem Augenblick andere Probleme als ihm zu antworten. Es war, als hätte ein Gas seine Augen angeätzt, oder so etwas in der Richtung. Aber da er von den Anderen kein Klagen hörte, war diese Theorie schonmal ausgeschlossen. Vlad begriff, dass es keinen Sinn hatte sich weiter die Augen zu reiben, also verschränkte er die Arme über den Tisch und legte seinen Kopf, mit geschlossenen Augen, auf sie. Er hoffte, es würde in den nächsten zwei Schulstunden besser werden, indem er einfach die ganze Zeit die Augen kein Stück bewegte. Vielleicht würde er ja einschlafen, schließlich hatte er letzte Nacht nicht all zu gut geschlafen...
 

„Nein, keine Widerrede mehr!“ Andrej Dimitriu schlug mit beiden Händen auf den Tisch, Blätter segelten auf den Parkettboden. „Ihr könnt mich nicht gegen meinen Willen auf so ein scheiß...“ sein Sohn erhob nun auch die Stimme, brüllte quasi seinen Missmut ihm entgegen.

„Es ist Tradition! Wenn dein Bruder 18 ist, wird er genauso wie du auf ein Internat gehen! Lerne gefälligst

Verantwortung und leiste deines Vaters Worte folge!“ Vlad hielt inne. Noch nie hatte es Sinn mit dem zu streiten,

wenn es sich um dieses Thema handelte. Wohl oder übel war es Zeit für ihn, auf das Internat zu gehen. Aus

gerechnet auf das, was am weitestem von seinem zu Hause entfernt war. Reichlich im Norden von England, auf

dem Land. Er war Großstadt gewöhnt, groß London. Also lag eine langweilige Zeit vor ihm – seine Freunde waren

nicht mehr da, was hieß, er konnte keinen Unsinn mehr treiben. Er konnte sein schwer verdientes Geld nicht mehr

am Camden Market (Stadtteil von London, in dem man ziemlich gut einkaufen kann ;) ) hinauswerfen, nicht mehr

Nachts durch belebte Straßen laufen und einfach nur abhängen.

Er war an diesem Mittag nach Hause gelaufen von der Schule, wenige Tage bevor er seinen Abschluß machte, hatte er sich in ein Mädchen verguckt, war auch kurz davor mit ihr etwas zu unternehmen und dann brachte sein verklemmter Vater diesen Mist! Dieses beknackte Internat...

Vlad stellte auf stille Wut um, drehte sich zur Türe und ging hinaus. Andrej brüllte ihm etwas hinterher, aber es war ihm egal. Er wollte nichts mehr davon hören, wollte nur noch in sein Zimmer und sich mit Musik zudröhnen. Wenn er sich beruhigt hatte, würde er noch einmal herauskommen und vielleicht mal was essen. Zwar kam es ihm vor als würde er jeden Moment verhungern, aber das Geschwafel wollte er sich nicht weiter antun. Er ging die Treppe hinauf, sagte seiner Mutter, Vater würde mal wieder einen Wutanfall haben, die fragte was los sei und verschwand dann kurz darauf auch in seinem Zimmer. „Pack schon mal deine Koffer!“ hörte Vlad es noch von unten herauf brüllen, bevor die Musik durch das Zimmer krachte.

Er lag auf dem relativ großen Bett, eingewickelt in einer schwarz-roten Decke und döste vor sich hin. Er träumte von dem Mädchen, diesem schwarzhaarigen süßen Ding, als eine Hand auf seine Schulter gelegt wurde und Jemand etwas sagte. Kurz fragte sich Vlad wie das sein konnte, weil er doch eigentlich abgeschlossen hatte.
 

„Schön, dass du meinen Unterricht so magst, dass du gar nicht gehen möchtest.“ Mister Matthew schüttelte den schlafenden Schüler ein wenig, „Aber leider muss ich dich jetzt aus den Raum bitten!“ Vlad regte sich, schreckte auf und sah ihn an. Mister Matthew stand vor ihm mit nun verschränkten Armen, der Gesichtsausdruck wütend. Hatte er es doch tatsächlich geschafft, den Rest der Stunden zu schlafen. Vlad war sich Rekordsicher! Und nebenbei fiel ihm auf, dass seine Augen nicht mehr stachen, seine Sicht war klar wie eh und je. Warum er von seinem Vater geträumt hatte, wusste er nicht, aber es war ihm egal. Schließlich waren seine Augen wieder in Ordnung, also stand er auf, sagte dem Matthew noch Tschüs und ging dann auch schon. Er dachte daran, dass er verpasst hatte, Integral zu zugucken, wie sie aufstand und den Raum verließ. Vlad mochte die Art wie sie sich bewegte, so elegant, aber bevor er wieder in eine Kette von schmalzigen Schwärmereien geriet machte er sich lieber Gedanken über den nächsten Unterricht.
 

Als Vlad ins Klassenzimmer ging, war es reichlich belebt von den Leuten aus seinem Jahrgang und dem Ersten. Die Horde anderer Schüler machten es ihm schwer direkt zu seinem Sitzplatz zu gelangen, sondern musste erst einen reichlich großen Bogen an einer Traube von Menschen vorbeiziehen, das ihn allerdings an Maxwell zu nah heranbrachte. Neben seinem Platz war die Truppe, mit der er sonst immer zusammenhing, versammelt und hatten eine rege Unterhaltung. Aus irgendeinem Grund schwätzten Pip und Walter gleichzeitig auf Integral ein, während Seras daneben stand und sich einen abgrinste. Allerdings als sie Vlad antraben sah, tappte sie Pip auf die Schulter, der auch seinen Kopf hob und verstummte. Auch Walter hielt sofort den Mund.

„Na, was heckt ihr denn für Verschwörungen gegen mich aus?“ fragte Vlad matt, als er seine Tasche auf den Tisch absetzte, „Und warum belabert ihr sie?“ er nickte zu dem fragil wirkendem Mädchen mit den langen platinblonden Haaren, „Macht lieber was gescheites und ärgert das Schnipselgesicht!“ Damit meinte er Andersen, mit seiner Narbe auf der Wange. Integral lachte leise in sich hinein.

„Die beiden Herren haben versucht mich davon zu überzeugen was für ein netter Kerl du doch in Wirklichkeit bist.“ Vlad hatte das Gefühl er würde vor Scham sofort rot anlaufen, während Walter und Pip eine offensichtliche Bleiche vor Schock bekamen, „Auf der Klassenfahrt sollte ich doch mal mit dir...“ Walter fiel ihr ins Wort, gedrängt kratze er sich am Hinterkopf und suchte krampfhaft nach einem Grund warum er sie unterbrochen hatte.

„Ach ja, ha ha, die Klassenfahrt... eh...“ man könnte meinen er kratzte sich blutig, „Du hast dich doch sicher gefragt, was hier so los ist, nich? Eh he. Nun... eeehm.“ Vlads böse Blicke ließen ihn kurzzeitig verstummen.

„Der Colin war hier und hat gesagt wir beiden Klassen sollen uns hier versammeln, damit man uns damit voll labern kann.“ sagte dann Pip schließlich, weil Walter immer noch so verstört wirkte.

Vlad seufzte und setzte sich an seinen Platz.
 

Er fühlte sich unwohl. Diese vielen Menschen um sich herum, Integral direkt neben ihm. Er wollte nicht wissen, was die beiden ihr noch erzählt hatten... es konnte nur schlimm sein. Und da wünschte er sich doch nichts sehnlicher als mal ganz alleine mit ihr in einem Raum zu sein, wo sie sich ganz in Ruhe unterhalten könnten; und vielleicht auch mehr. Aber als er sie ansah vergingen ihm sofort wieder diese unzüchtigen Gedanken. Er wünschte sich nichts sehnlicher als den starken Zwang in ihm zu befreien.

Aber wenn die beiden weiter versuchen würden sie zu verkuppeln, dann, und er war sich todsicher, würde sie sich nur verschließen. Zwar konnte man sie einfach nicht einschätzen, das könnte man wohl erst nach einigen Monaten, aber sie war ganz sicher nicht einer dieser leichtzuhabenen Hühner, die sofort auf alles eingehen. Walter meinte auch, dass er sich genau das gedacht hatte... beim ersten Blick. Für Vlad war er sowieso immer ein Spezialfall.

Das der Colin schon anwesend war, bemerkte er erst, als die Unruhe um ihn herum langsam abklang. Das Gesicht vom Sklaven des Direktor war ernst, er hatte wohl schlechte Nachrichten. Für ihn lag es auf der Hand... die Kennenlernfahrt würde ausfallen; und genau dies sagte der Strauß ganz vorne auch als allerersten Satz, was wieder für Unruhe sorgte.

„Das kann der nicht bringen!“ Walter war drauf und dran seinen Kuli nach vorne zu werfen, „Hallo!? Die Fahrt ist wichtig!“ „Zum kuppeln?“ Vlad lehnte sich zu ihm herüber. Zuerst schien er nicht zu verstehen, aber dann bekam Vlad anstelle von Colin den Kuli an den Kopf.

Einer der Schüler fragte, warum die Fahrt abgesagt wurde und ob sie stattdessen etwas anderes vorhatten, oder ob sie nur verschoben wurde.
 

„Es wurde abgesagt! Sie wurde nicht verschoben und wir haben auch nichts anderes geplant. Den Grund dafür kann ich euch jetzt leider nicht sagen, aber später werdet ihr noch erfahren warum.“

Vlad hatte das Gefühl, dass er vom Colin böse angefunkelt wurde. Aber da er sicher nicht der ausschlaggebende Punkt war dafür, machte er sich nichts weiter daraus.

„Der Unterricht wird regulär fortgesetzt. Heute, sowie die Zeit, in der ihr weg wolltet! Ich wünsche euch noch einen schönen Tag.“ Ohne weitere Worte verschwand er und hinterließ zwei ratlose Klassen.
 

Der restliche Unterricht verlief schnell, da ständig welche protestierten und sich bei verschiedenen Lehrern beschwerten. Vlad, Walter und Pip saßen nach dem Unterricht in ihrem Wohnraum und diskutierten heftig, was nun der Grund sein könnte. Während Walter mal wieder bei irgendwelchen Zombiegeschichten war, meinte Pip nur, dass die schlicht und ergreifend keinen Bock hatten... oder keinen Plan von irgendetwas. Vlad war ab und zu dumme Kommentare in die Runde und Strafte Walter teilweise mit Tritten, wenn seine blödsinnigen Erfindungen zu abgedreht wurden. Auch wenn seine Theorie nachvollziehbarer war, klang es, besonders für Außenstehende, seltsam.

„Aber wisst ihr was mir heute aufgefallen ist?“ Walter versuchte Spannung aufzusetzen durch eine lange Pause, bis Pip ihn boxte und meinte, er solle sofort damit raus rücken, „Kathy war heute nicht da!“ Er tat so als hätte er gerade etwas fantastisches gesagt und die Aussage ließ die beiden Anderen ziemlich stutzig gucken, aber als er wieder mit laufenden Leichen begann, verflog das Verdutzen.

„Wir haben sie gestern aus Colins Büro kommen sehen.“ erklärte Vlad Pip, der immer noch doof guckte. Ihm war zwar auch aufgefallen, dass er sie am diesen Tag noch nicht gesehen hatte, obwohl das eigentlich eine kleine Schleimerin und Streberin war, aber ob daran was nun so bombastisch war konnte er sich nicht denken.

„Wusste sie was? Der Kettley sagte doch, der, der was weiß, soll zum Colin.“ Walter sprang auf, streckte die Hände in die Höhe. „Und genau deswegen musste sie aus dem Weg geräumt werden!“

Stille.

„Vom Colin...“ Walter wandte sich zu Vlad und meinte nur, „Korrekt.“

Pip lachte, jeder auf der Schule würde dem Spinner einen ganzen Haufen seltsamer Dinge zutrauen, aber das war zu abgefahren. „Und was soll er mit einem Zwerg anfangen? Jetzt sag bloß nicht seinen Hauszombies verfüttern!“ er verschränkte die Arme, wusste aber eigentlich schon, dass Walter ganz sicher das gedacht hat. Aber Walter hielt inne, „Ich will es weder wissen noch herausfinden...“ sagte er schließlich.

Der grünäugige Rumäne räusperte sich, lehnte sich zurück und schüttelte dabei nur den Kopf, „Der hat doch nicht den Mumm dazu. Der kann nichts anderes als Arsch kriechen und seinem Herrchen folgen. Als ob ein Weichei wie der eine Schülerin entführen würde. Bitte, so ein Schwachsinn.“

„Man kann ja nie wissen.“ meinte Walter trotzig und sah zu, wie Pip aufstand. Grad wollte er einen auf beleidigt spielen, da er wohl eindeutig genug Kram gehört hatte, als dieser nur sein Handy zückte, annahm, und mit einem „Na Schatz“ seine Zimmertüre knallen ließ.

Nächtlicher Horror

Es war Abendessenszeit. Der Saal war gut gefüllt, es wurde viel geredet, diskutiert. Wie üblich saß die kleine Gruppe gemeinsam an einem Tisch. Nach so kurzer Zeit hatten sie sich schon so daran gewöhnt beisammen zu sein, dass sie schon nicht einmal mehr fragten, ob sie sich hinsetzen dürften. Es gab diesen Abend eine sehr gut aussehende und riechende Lasagne, womit sich er kleine Tisch auch gewaltig voll futterte. Nur einer nicht.

Seras hatte Vlad schon gefragt, warum er doch so bleich sei. Er wusste es nicht und meinte, dass es ihm über den Tag immer seltsamer und schlechter ging. Ihm war oft schwindelig, manchmal verschwomm seine Sicht und dass seine Augen im Physikunterricht fürchterlich stachen, sagte er nun auch mal den Anderen.

Warum er nichts aß begründete er damit, dass ihm ein Stein im Magen lag, sowie dass er einfach keinen Hunger verspürte; auch wenn er den Tag über kaum etwas gegessen hatte.

Nach weiteren langen Minuten in denen er seinen leeren Teller anstarrte, meinte er, er wollte mal schnell frische Luft schnappen gehen, wogegen niemand Einwende hatte.

Auf den eigentlich kurzen und dichten Weg zur Türe hin machte er mindestens zweimal den Eindruck als würde er umkippen. Seras starrte besorgt hinterher und war jeder Zeit bereit auf zuspringen und zu ihm zu rennen.

„Sollte nicht einer mitgehen?“ fragte Integral mit einer tatsächlich besorgten Stimme, zum Wunder aller.

„Ja, nicht das er da gleich draußen bewusstlos auf dem Boden liegt.“ Pip unterbrach seinen flüssigen Essrhythmus und konnte sich nicht entscheiden, ob er nun Integral oder Walter angucken sollte.

Was den Rest nun wirklich erstaunte war, dass Integral als erstes stand und sich wortlos vom Tisch wegbewegte. „Da funkt jetzt NIEMAND dazwischen!“ befahl Walter als Seras ihr hinterher wollte, wo Pip auch zustimmte. „Wird Zeit, dass sie sich mal näher kennen lernen.“ flüsterte der Franzose grinsend und aß ruhig weiter.
 

Vlad war bei dem ersten Umsehen nicht zu entdecken. Bei gründlicherem Suchen fand sie ihn aber hinter einer Säule angelehnt, ganz links, die Füße auf der zweiten Treppenstufe. Offensichtlich starrte er auf den ruhigen Park, der nicht weit entfernt lag und man immer noch das Rot-Blaue Leuchten der Polizeiautos sehen konnte, die am Mittag vor der Schule standen. Es war schon mitten in der Dämmerung, die Sonne war schon hinter den Bäumen des Parks verschwunden. Vlad regte sich nicht, obwohl er offensichtlich ihre Schritte hörte. Wahrscheinlich hielt er sie für Walter oder so. Sie stellte sich direkt neben ihn.

„Was willst du?“ fragte grob er nach etwas längerer Zeit. Integral war sich nun sicher, dass er nicht wusste, dass sie es ist. „Nach dir sehen.“ antwortete sich mit ihrer ruhigen Stimme, die sich sofort um sein Herz schlang. Erschrocken sah er sie an und stand auf. „V-Verzeihung. Ich dachte... du wärst...“ stotterte sich und sein bleiches Gesicht bekam wieder etwas Farbe, was ganz nach Röte aussah. Integral winkte ab, „Ist schon okay.“ Ihr sanftes Lächeln brannte sich tief in ihm fest und so fühlte er sich plötzlich um einiges besser, leichter, als würde er gleich abheben. Leider verschwand das leichte Lächeln so schnell wie es auch erschien und ihr Ausdruck wurde ernster.

„Wie kann es dir über den Tag so dramatisch schlechter gehen? Heute früh war dein Blick schon so trübe und das in Physik war ja auch nicht gerade eine Besserung.“ Machte sie sich etwa Sorgen um ihn? Der Zwang sie zu umarmen war überwältigend groß.

„Die Anderen machen sich Sorgen um dich. Sie hatten Angst, du würdest draußen umfallen.“ Und dann ist sie gekommen, zu ihm... um nach ihm zu sehen, „Geht es dir denn jetzt besser an der frischen Luft?“ Das leichte Licht der Dämmerung, das auf ihr Haar fiel, ließ sie noch bezaubernder aussehen.

Aus seinem nahezu abgeschnürten Hals brachte er ein leises Ja. Da! Da war dieses kleine Lächeln wieder, das sofort aus seiner Sicht verschwand, als sie sich auf den Treppenansatz setzte. Zögerlich begab er sich neben sie, wenn auch nicht zu nah. Er konnte dem Willen widerstehen sich an sie zu lehnen, nicht, dass sie wieder aufstehen und empört gehen würde. Dies würde ihm quasi den Todesstoß geben.

Leise begannen sie sich zu unterhalten und er hoffte niemand würde sie stören, denn dann würde er diesem Jemand einen unschönen Tod als Rache schenken.
 

Inzwischen war es nun fast halb neun und Vlad war immer noch nicht aufgetaucht. Walter hatte noch schnell in einem 24 Stunden Einkaufszentrum etwas zu trinken besorgt, was die drei Freunde auch genüsslich entgegennahmen. Zwar war Alkohol, wie in jedem Internat oder einer Herberge, verboten, aber wenn sie sich schon um 21 Uhr in ihren Zimmern einschließen sollten, dann wollten sie sich noch was gönnen und das hatten sie auch ab sofort immer vor... solange es halt gut gehen würde.

„Was der Casanova jetzt wohl mit ihr treibt?“ warf Walter in die Runde mit einem dreckigem Grinsen, merklich angetrunken. Seras zog nur die Augenbrauen hoch, als Pip lachte. „Ich denke nicht, dass er jetzt schon randarf.“ meinte sie nur skeptisch und versuchte ihm das Bier wegzunehmen, was selbstverständlich fehlschlug. „Du hast noch selber! Verteidige meins nötig wenn mit...“ er brach ab und merkte selber schnell, dass sein Satzbau für die Katz war. „Trink nicht zu viel. Morgen ist Schule, denk dran! Auch wenn's nur Freitag ist“ Seras verschränkte die Arme. Walter zuckte nur mit den Achseln und trank einfach weiter wie zuvor.

Kurz vor 21 Uhr dann verabschiedete sich Seras von den beiden Herren, von Vlad, der schon vor kurzer Zeit eingetrudelt war, konnte sie nicht Tschüss sagen, weil dieser vor den löchernden Fragen der Drei geflüchtet ist, indem er sich in seinem Zimmer eingeschlossen hatte. Gegen die Tür klopfen und weiteres Nerven hatte ihn nicht zum Reden gebracht, auch als der betrunkene Walter wirklich unausstehlich wurde. Selbst mit Bier locken funktionierte nicht. Seras meinte, sie könne es ja mal mit Integral versuchen, auch wenn sie Zweifel daran hatte, dass diese reden würde.

Pip und Walter saßen noch eine sehr lange Weile auf dem Sofa, zwar tranken sie nur noch Wasser, weil sie dies Seras versprochen hatten, waren trotzdem noch lustig drauf, redeten aber leise, um nicht bei der Nachtwache, die der Rektor angeordnet hatte, auffällig zu werden. Allerdings schliefen beide irgendwann ein.
 

Walter regte sich. Sein Kopf schwamm, es drehte sich ein wenig. Vorboten auf einen schrecklichen Kater kamen auf ihn zu. Plötzlich wurde er hellhörig, er hörte etwas, etwas weswegen er wach geworden ist. Weiterhin lauschte er und es war von dem einem auf den anderen Moment klar, dass er eine Türe zuschnappen hörte. Eigentlich nicht ungewöhnlich, da es schließlich zu jeder Zeit mal drückt. Er sah sich um. Alles war dunkel.

Und genau das war das Problem. Walter drückte den leise schnarchenden Pip von seiner rechten Schulter weg und stolperte fast über den kleinen Sofatisch, die Flaschen hatten sie zum Glück noch alle weggeräumt bevor Seras gegangen war, ansonsten wäre er schon längst wieder gelegen. Leise schlich er zu Vlads Zimmertüre und griff zum Henkel. Zu seiner Überraschung war sie nicht abeschlossen, also öffnete er sie vollständig und machte auch sofort das Licht an. Der grelle Schein blendete ihn für kurze Zeit, aber dann konnte er klar erkennen, dass das Bett leer war, genaus so wie der Rest des Zimmers. Noch schlimmer war, dass er sein Handy grad neben dem Lichtschalter fand. Er verließ den Raum wieder, lief nun etwas schneller zum Bad und sah dort nach. Auch einsam und verlassen. Zu seinem weiteren Grauen bemerkte er, dass Vlad Schuhe fehlten. Sofort knallte seine Hand auf den Lichtschalter um grob den schlafenden Franzosen zu wecken. Als dieser wach war, überrumpelte Walter ihn.

„Vlad ist verschwunden! Seine Schuhe sind weg und sein Handy ist in seinem Zimmer. Ich werde ihn suchen!“ Pip sah ihn an. „Bleib mal locker. Der ist vielleicht zu Integral.“ er gähnte und glaubte es eigentlich selbst nicht so wirklich. „Um diese Uhrzeit? Ich glaube kaum, dass die das mitmachen würde...“ so ernst hatte er schon lange nicht mehr gewirkt, „Ich werde bei ihnen anrufen!“ entschlossen griff er nach dem Zimmertelefon und vertippte sich aus Stress zweimal, bevor er es schaffte, die Nummer richtig hinzubekommen.

Lange lies er es klingeln. Er versuchte es ein zweites Mal.

„Wenn die was abgemacht hätten, dann wäre Integral schon längst dran gegangen.“ meinte Pip schläfrig und machte es sich gemütlich. Ein Schnauben bekam er als Antwort. Er hatte zwar Recht, aber Walter war so wütend und aufgelöst zugleich, dass er keine Hemmung hatte und 3 Uhr morgens bei denen das Telefon ringeln zu lassen.

Bei dritten Versuch, Walter war inzwischen sicher schon 10 Minuten am Hörer, riss Jemand am anderen Ende ab.

„Integral? Bist du...? Mome... Ja, ich weiß wie spät... Aber...!“ Er bekam eine Verzweiflung in der Stimme, weil er nicht gegen ihr Wüten ankam, die Pip fast zu lachen brachte.

„Hey! Ich hab einen Grund warum ich das tue!“ brüllte er schon ein wenig zu laut, aber wenigstens kam er mal zum reden, „Vlad ist weg. Ist er bei dir?“ Eine lange, sehr lange Pause, die Pip Furcht einflößte, besonders wie er ganz genau sehen konnte, wie Walter kreidebleich wurde.

Das konnte ja nur eines bedeuten. Terror füllte den Raum, als Pip stürmisch vom Sofa sprang. Er riss ihm den Hörer aus der Hand und knurrte Walter an worauf er denn noch warten würde. Aufgelöst hatte er nun eine ebenso aufgelöste Integral an der Schnur. Sie machten Walter Vorschläge wo er sein könnte um diese Uhrzeit, aber das klang alles nicht logisch. Nichts war mehr logisch.

Walter schlüpfte hektisch in seine Schuhe und warf seinen Mantel über. Der Pulli den er dazu noch trug würde reichen um draußen nicht zu erfrieren.

„Soll ich mitkommen?“ fragte Pip besorgt, als er den Hörer neben das Telefon legte. „Nein. Warte hier. Vielleicht kommt er ja wieder. Ich halte dich und Integral auf dem Laufenden!“ antwortete er und zeigte ihm sein Handy. Als er zur Türe hinaus stürmen wollte, hielt ihn Pip noch einmal auf.

„Nimm das hier mit. Wer weiß wer oder was dir über den Weg läuft...“ meinte er nur und gab ihm sein massives Klappmesser. Dankend nahm er es an und lief hinaus.
 

Der Flur war wie ausgestorben, so ungewohnt unheimlich und unbeleuchtet. Wenn Vlad einen Spaziergang hinaus in den Park machen würde, dann wäre es vielleicht schon zu spät ihn einzuholen. Draußen war es gefährlich und Walter konnte sich nicht ausmalen, was passieren könnte, oder warum der Mistkerl das überhaupt tat. Manchmal war Vlad ein Draufgänger, aber er war nicht dumm.

So leise und schnell wie möglich huschte er über den langen Gang und kam schließlich bei der Tür an, die zum Treppenhaus führt. Sie war nicht geschlossen, was wirklich ihn vor einen Rätsel stellte. Diese verdammte Türe war eigentlich jede Nacht, auch im letzten Schuljahr, immer abgeschlossen gewesen. Wie ist er an den Schlüssel gekommen? Diese Türe war eigentlich seine allerletzte Hoffnung. Wäre diese zu gewesen, dann wäre der Ausreißer noch irgendwo auf dem Gang gehockt, in einem Rauschzustand, oder was immer ihn auch dazu getrieben hatte abzuhauen. Die alte, massive Türe knartschte ein wenig, als er sie aufzog.

Das Treppenhaus war ihm noch nie geheuer gewesen, was wohl die ganzen Gruselspiele und Filme schuld waren. Überhaupt die ganze Situation flößte ihm solche Angst ein, dass er dem kalten Schweiß schon von der Stirn wischen musste. Wohl oder übel musste er es wagen und sich nicht von seiner Angst blenden lassen, er musste seinen besten Freund finden, um jeden Preis.

Er schloss die Tür hinter sich und bereute es, das er keine Taschenlampe mitgenommen hatte. Aber dafür war keine Zeit mehr. Er hastete los, ob er leise war oder nicht, war ihm egal. Nur plötzlich traf ihn ein Gedanke.

Das Internat. Es war riesig. Es würde Tage dauern alles abzusuchen.

Trotzdem blieb er nicht stehen, seine Intuition leitete ihn durch das große Treppenhaus, bis er unten ankam. Auch die Türe zur Eingangshalle stand einen winzigen Spalt offen. Wieder kam ein Gedanke. Ein ziemlich dummer.

Warum waren diese Türen alle nicht geschlossen, nur seine Zimmertüre und die in den Wohnraum hinein. Es erschien überflüssig, trotzdem nagte es am Verstand... auch wenn er es zu seinem Vorteil nutzen konnte.

Ein bisschen erfreulich war es, das die Eingangshalle in einem schwachen Mondschein getränkt war, weil das Treppenhaus kam ihm schwarzer als schwarz vor. Allerdings, moment...

Walter wollte auf die Knie fallen. Auch die Türe nach Draußen... nach ganz draußen war nicht geschlossen, nein, sie stand komplett offen in den Raum hinein. Er versetzte sich in die dumme Hoffnung, das eine Nachtwache kurz sich auf dem Hof umsah, aber das wäre zu ungewohnt. Deswegen fummelte Walter noch schnell an seinem Handy herum und es auf 'Laut los' zu stellen, um nicht in einer Notsituation durch das kleine Ding ins Verderben fällt.

Und so begann auch die verzweifelte Suche nach Vlad, in einer gefährlichen Nacht, wo sonst was geschehen könnte. Leise fragte er sich, warum gerade er in so einen Dreck geraten ist.

Auf dem Hof war er sicher nicht. Park war auch irgendwie unwahrscheinlich... aber das war der kürzeste Weg in die Stadt.

...die Stadt!

Dort gab es einen Ort, wo sie immer, fast jeden Tag abhingen. Hinter dem 'Café Longsbree' ganz in der Nähe des 24 Stunden Ladens, wo er vor wenigen Stunden noch eingekauft hatte. Und genau dieser Laden war sein erster Anlaufpunkt. Wieder gab es etwas zum tot ärgern. Und zwar fuhr um diese Uhrzeit kein Bus, mit dem er auch vorhin in der Stadt war und Vlads Autoschlüssel würde er sicher nicht finden, nachdem einmal ein Scheinchen mit seinem Foto Vlad zugestellt wurde... mit einer reichlichen Geldsumme angegeben.

Das bedeutete wohl oder übel, dass er laufen musste.

Nun haperte es gewaltig an seiner Entschlossenheit seinen besten Freund zu suchen. Allerdings... er hätte es auch für ihn getan. Also rannte er los, so schnell wie möglich vom Internat weg, in Richtung Verderben.
 

Es dauerte nicht lange, da hatte Walter etwa einen viertel des Parks hinter sich, aber das schlimmste kommt auch erst in der Mitte, wo zum Beispiel die Leiche gefunden wurde, wo die Wege stark verzweigt waren und teilweise zwingend durch dichtes Gebüsch und Baumreihen führte. Der sandige Weg war nur schwach mit vereinzelten Laternen beleuchtet, die mehr störten als halfen. Immer als er sich etwas an die Dunkelheit gewohnte hatte, kam wieder solch eine Lampe und blendete ihn. Was allerdings noch störender war, und vor allem sein Herz für kurze Zeit aussetzen ließ, waren Mäuse oder andere kleine Tiere, die durch den schwachen Lichtschein huschten.

Das Messer von Pip hatte er inzwischen längst gezückt und stichbereit in der Hand, er würde nicht zögern es anzuwenden, auch wenn ihn nur ein harmloser Hund anspringen würde. Verzweifelt versuchte er nicht an Zombies zu denken, wie sie ihn packen würden, in den Hals beissen, zerfleischen. Oder schlimmer wäre es Vlad am Boden zu finden, und einer friss an ihm herum, oder er ist schon selbst einer. Tausend Gedanken sprangen ihm durch den Kopf, wie zum Beispiel er reagieren oder was er tun würde, wenn ein untoter Vlad auf ihn zu schlurft.

Er kämpfte sich unter einem Baum durch, der plötzlich mitten im Weg stand, auf dem auch noch ein riesiger Busch folgte. Er bemerkte, dass ein leichter, jedoch sehr auffälliger Gestank von dem Busch aufstieg. Er war sich sicher, dass dort die Leiche lag. Langsam und sehr vorsichtig glitt er an dem Ungetüm von Busch vorbei, versuchte nicht einmal ein Blättchen davon zu berühren.

Er ging einen Halbkreis um das Gewucher herum. Als er zwischen Busch und noch mehr Büschen hervor kam, bekam er solch einen Schreck, das er sicher war, dass er daran sterben würde und nicht weil ein Monster ihn zerfetzt. Fast wäre er gegen einen PKW gelaufen, der einfach mitten in der Landschaft stand. Nebenbei bemerkte er, dass er schwarz war, außerdem gut gepflegt und nicht gerade eine billige Schrottkarre.

Walter sah sich um und suchte den Besitzer des Autos, sah aber niemanden. Kurz überlegte er sich die Scheibe einzuschlagen, es kurz zuschließen und gucken wie weit er damit kommen würde. Er lehnte sich nach vorne und starrte auf den Fahrersitz, vergaß allerdings auf seine Umgebung zu achten...

„Was wird das?“ Die Stimme verpasste Walter den nächsten Beinahe-Herzinfarkt. Er wirbelte umher, fuchtelte mit dem Messer herum. Er konnte gerade noch erkennen, dass es ein Mann ist, als dieser seinen Arm ergriff, zur Seite verdrehte und Walter zu Boden warf.
 

„Erstens ist es nicht schlau um diese Uhrzeit an einem Leichenfundort herum zuschnüffeln!

Zweitens ist es nicht schlau um diese Uhrzeit an einem wirklich gefährlichem Ort herum zuschnüffeln!

Drittens ist es nicht schlau einen Polizisten mit einem Messer abstechen zu wollen!“ Walter hustete, weil der Wurf hatte einen Schlag auf seinen Rücken, sowie auf seine Lunge übertragen. „Polizist?“ keuchte er leise.

Der Mann zog eine Waffe und richtete sie auf ihn, seine Augen weiteten sich. „Hey, was soll das?“ Er war empört. „Was machst du hier?“ fragte der Mann, selbst in der Dunkelheit erkannte Walter den Zorn in seinem Gesicht. Der junge Mann wollte sich aufrichten, aber der angebliche Polizist drückte ihn etwas unsanft mit dem Fuß zurück auf den Boden, bei der Aktion konnte Walter eine Marke unter der Jacke an seinem Gürtel hervor blitzen sehen.. „Kann es sein, dass du ein Schüler von dem Internat bist?“ Nach kurzem Zögern nickte Walter eingeschüchtert, was den Mann wohl erkennen ließ, dass er keine Gefahr für ihn war, weswegen er auch seine Waffe wieder von ihm abrichtete. „Dann entschuldige,“ erbot ihm seine Hand an und zog ihn auch wieder auf die Füße, „aber es ist wirklich Vorsicht geboten. Also... was treibst du hier draußen herum?“

Walter klopfte sich den Sand vom Mantel und sein Gesicht wirkte hilflos und ängstlich. Langsam begann er zu erzählen weshalb er allein und schlecht bewaffnet durch den Park lief. Der Polizist starrte ihn an, alsob er einen Schock erlitten hätte. „Wir werden ihn suchen. Steig ins Auto ein, die Türen sind offen.“ Etwas verwundert über den schnellen Entschluss des Mannes tat er, was er sagte.

Wortlos saßen sie nebeneinander, als der Polizist langsam los fuhr. Walter kam es im Auto fast noch unheimlicher vor, als alleine draußen im stockdustern, vor allem, weil er dem Kerl nicht traute. Der könnte ihn jetzt sonst wo hin kutschieren um dort dann sonst was mit ihm zu machen. Er schluckte hart und starrte den Polizisten von der Seite an. Dieser schien es zu bemerken „Du fragst dich sicher, was ich dort zu suchen hatte, nicht wahr?“ Walter antwortete nicht, sondern wendete seinen Blick nur wieder Richtung Front „Die örtliche Polizei hat Streife durch den Park angeordnet. Ich bin ausgestiegen, weil etwas vorne an meinem Auto vorüber gelaufen ist. Es sah aus wie eine Person, vielleicht war es ja der, den du suchst.“ Das erweckte natürlich das Interesse des jungen Mannes, er sagte aber nichts. „Mein Name ist... Coen. Nenne mich einfach Coen.“ Walter nannte leise seinen eigenen Namen, mehr aber auch nicht. Er war einfach zu aufgelöst und in Gedanken um eine gescheite Unterhaltung hinzu bekommen. Langsam zogen Bäume und Büsche an ihnen vorbei, die Dunkelheit drückte von allen Seiten auf das Auto, verängstigte die Insassen. Es trat wieder stille ein, nur das Brummen den Motors war klar und deutlich. Das Scheinwerferlicht leuchtete nur wenige Meter des Weges aus, aber das störte Walter nicht mehr, weil das Gefühl des zu vielen Alkohols zurück kam. Der Kopf schmerzte, die Umgebung drehte sich leicht und er lehnte sich in den Sitz hinein. Er war froh sich in einem einigermaßen sicheren Objekt fort zu bewegen und schloss die Augen. Es würde noch ein wenig dauern bis sie in der Stadt waren, also konnte er sich noch ausruhen und etwas schlafen.

Allerdings konnte er nicht lange schlafen.

Coen trat gewaltsam auf die Bremse, fluchte laut und Walter vernahm ein lautes knallen. Er befürchtete das Schlimmste, und es war auch das Schlimmste was hätte eintreten können. Das Auto kam zum Stillstand und vorne auf der Motorhaube rutschte eine Person über die Scheibe. Voller Schrecken sahen sie das Gesicht... was nicht mehr wirklich ein Gesicht war. Walter blieb die Luft weg. Der wahre Terror starrte ihnen direkt in die Augen.

Fleischige Wangen, weiße Augen und ein blutiger Mund. Zumindest Walter wusste sofort was es war, aber Coen anscheinend nicht, als er die Tür öffnete und heraus sprang. Die Waffe auf das Ungetüm gerichtet, bereit zum schießen. „Wer sind Sie? Warum sind Sie vor mein Auto gesprungen und wie sind Sie so verletzt worden?“ brüllte Coen den offensichtlichen Zombie an.

Das war etwas was Walter in Filmen und in Spielen, sowie in diesem Augenblick immer nervte: Vor Jemanden steht ein Zombie, der wirklich eindeutig ein Zombie ist und diese Idioten sagen so etwas wie 'Stehen bleiben!' oder 'Sind sie verletzt?'. Jedoch kam er vor lauter Schrecken nicht zum Kopfschütteln, auch wenn er es vor nicht langer Zeit geschafft hatte mal wieder etwas Luft zu holen.

Als der Zombie versuchte Coen zu greifen, schoss er endlich... jedoch nur ins Knie, was natürlich nicht viel brachte. Coen wich zurück, als das Monster weiter auf ihn zu schlurfte. „Kopfschuss!“ schrie Walter panisch. Er hatte nun höllische Angst, das noch mehr kommen würden, wenn sie nicht ganz schnell das Weite suchten. Der Polizist tat erst das, was Walter ihm zu gebrüllt hatte, als auch der Schuss ins zweite Knie das Monster nicht aufhielt. Schockiert starrte Coen den nun am Boden liegenden Zombie an. Walter stieg aus, er wollte es auch mit eigenen Augen sehen, auch wenn die Angst ihn fast umbrachte. Coen hatte ihn umgedreht und ins Scheinwerferlicht gezogen, nun wurde erst das wahre Gesicht des Grauen sichtbar. Beiden stand ungläubig der Mund offen. Man konnte meinem, dass dem toten Mann, wie man nur noch mit Mühe und Not feststellen konnte, der komplette Brustkorb fehlte. Die eigentlich dort vorhanden sein müssenden Organe waren nicht vorhanden, die Eingeweide des Bauchraumes hingen halb hinaus, wurden nur von wenigem, angefaultem Fleisch gehalten. Ein Gestank ging von ihm aus, Walter drang es, sich zu übergeben, was er eigentlich sowieso schon die ganze Zeit tun wollte, was aber eher der Alkohol schuld war. Ihm war vor lauter Angst so schlecht geworden, er konnte sich nicht erinnern, dass es schon einmal so schlimm gewesen war. Der leicht süßliche Geruch des Todes peitschte ihnen ins Gesicht. Coen wich zurück und hielt sich den Bauch, ihm schien genauso schlecht zu sein wie Walter.

„Wie kann das sein?“ keuchte er leise, „Ist es wirklich das, was ich vermute?“ Er starrte die Kreatur an, bemerkte, dass die Augen schon leicht eingefallen waren. Anscheinend verstand er endlich, dass es sich nur um einen Zombie handeln konnte.

Vorsichtig näherte sich Coen ihm. „Kennst du die Kleidung die er trägt?“ flüsterte er, bekam auch Angst, dass mehrere von denen noch kommen würden. Walter hätte fast gelacht. Die Klamotten waren teilweise gar nicht mehr vorhanden, es war Dunkel und das übermäßige, eingetrocknete Blut erschwerte es noch mehr. Trotzdem bemühte er sich etwas die Kleidung zu erkennen.

Zu seiner Erleichterung konnte er feststellen, dass es sich nicht um Vlad handelte, was eigentlich auch überhaupt nicht hätte möglich sein können. Walter verneinte und drängte ihn dazu wieder einzusteigen und weiter zu fahren.

Aber es fiel ihm noch etwas ein.

Er zog sein Handy aus der Tasche.

Coen starrte ihn angewidert an „Was bist du für einer? Das ist pervers!“

Walter wusste, dass so etwas kommen würde und knipste eifrig einige Fotos des Toten „Vielleicht bin ich das. Ich stehe schon seit vielen Jahren auf Zombiefilme und Spiele. Und meine besten Freunde wissen das. Wenn ich mit der Geschichte ankomme und erzähle ich war dabei wie ein Zombie erschossen wurde, dann würde mir sicher niemand glauben und nur meine teure Spielkonsole aus dem Fenster werfen. Die Fotos taugen als Beweis!“ Schon ein wenig erzürnt entgegnete er es ihm, aber es blieb keine Zeit zum aufregen, es wäre nur dumm gewesen. Schließlich war Vlad immer noch nicht gefunden.

Beide saßen wieder im Auto und Coen machte sich gar nicht erst Mühe um die Leiche herum zu fahren. Walter hörte es laut knacken, das Auto wackelte und er konnte sich vorstellen, wie der Oberkörper nun komplett zerschmettert war. Coen schüttelte den Kopf „Ich bin gespannt was Morgen dazu der Kennedy sagen wird. Ich hoffe nur, dass nicht mehr Menschen angefallen worden sind...“

Walter drehte sich der Magen um. Nun wollte er endgültig sich übergeben. Was ist, wenn Vlad angefallen und getötet wurde? Wenn er in der restlichen Nacht ahnungslose Bürger anfällt und bald die ganze Stadt ausgelöscht sein wird? „Wir müssen ihn finden!“ drängte er... ob es tot oder lebendig ist.
 

Pips Handy vibrierte. Vor Schreck und aufkeimender Hoffnung starrten es alle an. Integral und Seras waren zu Pip in den Wohnraum gekommen um gemeinsam auf Berichte zu warten. Und nun war es soweit. Endlich bekamen sie nach einer knappen halben Stunde ein Lebenszeichen von Walter.

Die beiden weiblichen Personen im Raum zwangen Pip mit ihren Blicken dazu das Handy zu nehmen. Und er tat es.

„Und? Ist es Walter?“ fragte Seras aufgekratzt und rutschte nervös auf dem Sofa umher.

„Hmm..“ Pip drückte auf dem Handy rum, „Eine MMS... warum schickt der mir ein Bild?“

Sekunden später sahen Seras und Integral wie Pips Gesicht versteinerte. Das Blut floss rasend schnell aus den Wangen, eine unheimliche Bleiche überkam ihn. Das Handy vibrierte noch einmal. Wieder eine MMS, wie die beiden heraus fanden, als Pip noch ungläubiger auf das Display starrte.

„Was ist denn los?“ fragte Integral beunruhigt und nahm ihm das Handy weg.

Das geöffnete Bild hatte einen seltsamen Kontrast, war etwas unscharf, aber trotzdem konnte man es erkennen. Integral sah ein Gesicht, es grinste fies, da die Lippen fehlten... sie waren wohl abgerissen worden. Die Augen waren gräulich, oder weiß, jedenfalls sahen sie ziemlich verschrumpelt aus. Das linke Ohr fehlte komplett, sowie einige Fleischstücke, dort wo das Haar war.

In der Stirn war deutlich ein Loch zu erkennen, wahrscheinlich von einer Schusswaffe verursacht. Integral starrte nun genauso ungläubig auf das Display wie Pip es getan hatte.

Das Handy vibrierte abermals und nun stand '1 Textnachricht erhalten' auf dem Display. Ohne zu zögern, oder das Handy der aufdringlichen Seras zu geben, öffnete sie die Nachricht. Sie war von Walter...
 

'Da es mir komplett die sprache

verschlagen hat, wie bestimmt euch

auch, kann ich nur tippen. das, was

ihr da seht war ein zombie. vlad habe

ich noch nicht gefunden, aber es ist

ein polizist bei mir. noch geht es mir

gut. wünscht mir sehr viel glück.

walter'
 

Seras riss ihr das Handy aus der Hand und schrie auch sofort auf, „Was!? Zombies!?“ und warf es in Pips Richtung, der es gerade so fangen konnte. Er las die Nachricht und der Unterkiefer klappte nach unten.

„Ich hoffe Vlad hat es nicht erwischt...“ flüsterte Integral. Sie war nur mit Schlafanzug, Bademantel und dünnen Socken bekleidet aufgetaucht, weswegen Pip ihr eine Decke gebracht hatte, unter der sie es sich gemütlich gemacht hatte.

Pip schwieg. Seras hatte sich wieder neben ihn gesetzt und an den linken Arm geklammert.

„Zombies? Ich glaube eher, dass eine entstellte und angegammelte Leiche in den Park geworfen wurde. Der Typ wurde abgeknallt, halb ausgeweidet und dann ließ man den gammeln. Mehr nicht!“ Pip war davon überzeugt, man hörte es in seiner Stimme. Integral wollte ihm glauben, aber sie zog vieles in Betracht.

Einige Minuten saßen sie nun dort in einer drückenden Stille.

Bis das Handy noch einmal vibrierte.
 

Walter hätte es schlauer gefunden den Zombie einfach zu überfahren, aber Coen wollte anscheinend sichergehen und den aus eigener Hand umlegen. Es war der zweite, der von ihnen nicht weit entfernt vom ersten gefunden wurde. Er hielt an und stieg vorsichtig aus. Sofort nahm Walter sein Handy, richtete es auf sich und entschloss ein kleines Video zu machen.

„Da ihr es mir sicher nicht glaubt,“ keuchte er atemlos, „werde ich es euch so zeigen müssen!“ Walter öffnete langsam die Autotüre und schlich Coen hinterher. Um ihn herum war es dunkel und er bemerkte, dass er das Handy etwas zu hektisch bewegte. Der Zombie war inzwischen nicht mehr weit entfernt, aber er wollte nicht riskieren sein Leben zu lassen, nur weil er die Kreatur filmen wollte. Er zoomte das Bild, worauf nun eine stark wackelnde Person zu sehen war. Eindeutig fehlte ihr ein Arm, das Gesicht, wie bei der anderen auch, war fürchterlich entstellt. Walter zoomte zurück und nun war auch Coen auf dem Bild zusehen. Zwar konnte man so ziemlich nur seine blonden Haare sehen, da er eher dunkle Kleidung trug, aber das war nun egal.

Die Geräusche, die das Ding von sich gab, waren unheimlicher, als die Geräusche, die man hörte, wenn man durch ein uraltes Haus lief.

Plötzlich blieb Walter die Luft weg und das einzige was heraus kam, war entsetztes Stottern „Da... das ist! Ist das nicht Kathy?! Leute, man! Das ist Kathy! Ach du...“ er brach ab, als Coen auf die vermeintliche Kathy schoß.

Vorsichtig näherte sich Walter dem Zombie, fiel fast über einen Ast, der ihm im Weg lag, weil er so gebannt auf den toten Körper starrte, dass er komplett die Umgebung vergaß. Angekommen zoomte er auf das Gesicht.

„Das ist wirklich sie...“ keuchte er ungläubig und richtete die Kamera auf den schnaufenden Polizisten, nun konnte man ihn genauer erkennen, wie er fand. Sie erschraken ein wenig, als wieder dieses Geräusch, dieses widerliche, angst einflößende Stöhnen zu hören war. Der Kopf des Polizisten wandte sich nach links und Walter beendete ungewollt die Aufnahme. Aber das störte oder ärgerte ihn nicht.

„Wir müssen ganz schnell hier verschwinden...“ flüsterte Coen, der nun direkt neben dem entsetzten Walter stand. „Das können wir nicht!“ keuchte Walter, grausame Gedanken schossen ihm in den Sinn, „Wir können nicht einfach abhauen und die Dinger frei rumlaufen lassen!“ Ein 'Warum nicht?' wartete er gar nicht erst ab, „Wenn Zombies einen gesunden Menschen beissen, dann wird dieser auch zum Zombie... stell dir vor die kommen in die Stadt..“ keuchte Walter weiter, zählte inzwischen sechs Zombies, die sie quasi umzingelt hatten. Er bereute, dass er keine Waffe in der Hand hielt.

„Wenn mich die Dinger zerfleischt haben, dann kann es mir auch egal sein, was mit der Stadt passiert, geschweige denn der ganzen Insel.“ meinte Coen gehetzt und schaffte es, zwei aus den Weg zu räumen, nun wäre die Flucht zum Auto kein Problem mehr, und das nutzten die Beiden auch. Walter war der Gedanke natürlich nicht recht, aber das war ein Punkt, bei dem er zwangsweise zustimmen musste. Er saß als erstes um Auto, blickte hektisch durch die Fensterscheibe und sah, wie sich die Zombies, mit einer wirklich perversen Art, auf die Leichen stürzten.

Er musste alles zusammennehmen, um nicht zu erbrechen.

Wenige Sekunden vergingen und Walter bemerkte, dass etwas nicht stimmte. Da war ein dumpfes Aufschlagen, ganz leise, übertönte jedoch das Stöhnen und die zerfleischenden Geräusche, was sein Herz fast zum stehen brachte. Ein schweres Engegefühl in der Brust, Atemnot, Panik. Langsam blickte er zum Fahrersitz, wo eigentlich schon längst Coen sitzen sollte, aber Walter wusste schon, was er sehen würde. Nämlich nichts.

Das dumpfe Aufschlagen war seine Leiche, die einfach umgefallen war.

Walter riss die Türe auf, wollte nichts sehen, weder Coen, noch die Zombies, noch sonst etwas. Zwar war er nicht besonders fit und er hätte sich selbst gewundert, was für eine Kraft und Geschwindigkeit er aufbrachte, wenn er nicht in einer solch beschissenen Situation gewesen wäre. Nach kurzer Zeit konnte er schon die Lichter der Strassenlaternen erkennen, was bedeutete, dass er nicht mehr weit von der Stadt entfernt war.

In seiner Panik und Eile hatte er schon fast vergessen, dass er nach Vlad suchte und bremste abrupt ab, da er sich fast sicher war, dass er die Monster abgehängt hatte.

Tausend Gedanken schossen ihm durch den Kopf, wie es den Anderen gehen würde, ob sie nun auch nach ihm suchen würden, ob Vlad noch lebt, wie Coen gestorben ist, was passiert, wenn die Zombies zur Stadt kommen...
 

Atemlos kramte er sein Handy aus der Tasche.

Bedrohliche Begegnung

Seine Schritte wurden immer langsamer, bis er sich letztendlich an einer Hauswand anlehnte und zu seiner Stirn griff. Sie war verschwitzt und kalt, und der Schmerz in seinem Schädel pochte weiterhin unermüdlich.

Nebenbei fiel ihm auf, dass er die Kälte kaum noch spürte, er spürte so gut wie garnichts mehr. Weder seinen Herzschlag, der vor wenigen Minuten noch raste, noch wie er ein und ausatmete, noch den eiskalten Wind.

Das leise Flüstern, dem er schon die ganze Zeit folgte, übertönte nun den pochenden Schmerz und ein weiteres Mal wendete er sich um, das Gefühl verfolgt zu werden, wurde immer und immer intensiver. Es war, als würde Jemand direkt hinter ihm stehen, seinen Namen sagen, schreckliche Dinge berichten. Aber es war nie etwas zu sehen. Der Wahnsinn, der verfolgte ihn... aber an irgendwas würde es doch liegen.

Er hatte selbst im wachen Zustand Albträume.

„Ich kann... darf nicht zurück...!“ stöhnte er leise, redete mit sich selbst, mit dem Terror, der in ihm lebte. Langsam schleppte er sich die Straße weiter entlang und bemerkte nebenbei, dass er sich in der Brimstigton Street befand, was bedeutete, dass er nicht mehr weit vom 24 Stunden Laden entfernt war. Er hatte einen furchtbaren Durst und er konnte sich nicht ausmalen, woher dieser kam.

Die Sicht war stark verschwommen, jedoch kam es ihm vor, als wäre es taghell, denn er sah kaum Schatten, keine Dunkelheit. Sein Gehirn spielte ihm einen schlimmen Streich, der immer grausamer wurde.

Er war sich sicher, dass im irgendwelche Drogen eingeflößt wurden, über das Essen, das Trinken. Aber woher der Drang kam, so schnell wie möglich aus dem Internat zu verschwinden, dass wusste er nicht, es war so ein Gefühl, als würde etwas Schreckliches geschehen. Mit Ihm.

Vlad blieb schlagartig stehen. Jemand hatte seinen Namen gesagt, aber nicht so, wie die Stimmen in seinem Kopf die ganze Zeit flüsterten. Die Stimme war menschlich, besorgt und ängstlich. Die Stimme fragte nach ihm, wie es ihm geht und ein weiteres Mal drehte sich Vlad um.
 

Sein Gesicht war kreidebleich und kaltschweißig. Er schien ihn nicht wirklich wahrzunehmen, denn der Gesichtsausdruck war nicht überrascht, sondern schlaff und schmerzerfüllt. Walter hatte ihn ein paar mal gerufen, aber er hatte ihn wohl erst gehört, als er genau hinter ihm stand. Walter musste zugeben, dass eine grauenvolle Angst ihn gepackt hat, als Vlad sich so langsam und träge umdrehte. Er hatte keine Verletzungen, Bisswunden oder den kleinsten Tropfen Blut an Händen oder Klamotten festgestellt. Aber warum sah er so schlimm aus, wenn ihn augenscheinlich kein Zombie angegriffen hatte.

„Vlad...? Was ist mit dir? Warum bist du abgehauen?“ fragte Walter energisch und wollte ihn stützen, aber Vlad schubste ihn unsanft weg „Ich bin durch die Hölle gegangen um dich zu finden!“ keuchte er etwas wütend.

Vlad hockte nun am Boden, lehnte sich gegen die Hauswand, und schwieg lange, er rang nach Luft.

„Wenn ich dort bleibe... dann geschehen... euch... schlimme Dinge... ich darf nicht... zurück...!“ stieß er aus sich heraus. Walter stockte kurz. Was könnte auf der Schule schlimmes geschehen? Für sie gab es im Augenblick wohl keinen sicheren Ort, als sich im Zimmer einzuschließen.

„Sie verfolgen mich...!“ sagte Vlad plötzlich etwas klarer. Er riss die Augen auf, starrte Walter an, sein Mund öffnete sich, aber er sagte nichts, es war, alsob er einen Geist gesehen hätte und nun die offene Panik ihm gegenüber stand. Er wendete seinen Kopf ab, schwieg eine Weile, er überlegte wohl „...Und sie benutzen mich...“ flüsterte er schließlich. Walter fragte ihn, was er damit meinte.

Vlad sah ihn wieder an, das Gesicht mit Ernsthaftigkeit und Horror gefüllt, er sagte wieder etwas, die Stimme fest und klar: „Um dich zu kriegen...!“

Walter erstarrte. Was meinte er damit?

„Sie wussten alles...“ meinte Vlad „Und jetzt haben sie dich... und ich bin es schuld...“ er zog die Beine an seinen Körper und legte den Kopf auf seine Knie. Walter war zu geschockt um etwas zu sagen, als er dann spürte, dass man eine Hand auf seine Schulter legte.

Die Stimme war Walter bekannt, aber die Person redete nicht auf Englisch. Er sah schlagartig das Gesicht vor seinem inneren Auge. Als es dann schwarz wurde.
 

Vlad sah Walter zu Boden gehen. Die Person hielt ihn fest, nahm erst nach einer Weile das Tuch von seinem Gesicht weg. Zwei andere Typen griffen dann seinen bewusstlosen Freund und zogen ihn unsanft zum einem Auto, wo sie ihn genauso unsanft hinein warfen. Der Mann kniete sich zu Vlad hinunter.

„Wer hätte gedacht, dass deine Flucht uns soviel verschaffen würde!“ Ein dreckiges Grinsen und Vlad hätte am liebsten hinein gespuckt, wenn er doch die Kraft dazu gehabt hätte.

„Du siehst ganz schön kaputt aus...“ meinte der Typ „Aber sei versichert, dass es dir bald besser gehen wird... viel besser. Und ab da an wird es dir nie wieder schlecht gehen!“ er stand wieder auf und griff grob den Arm von Vlad, er zog ihn hoch und nahm ihn mit zum Auto. Er konnte kaum laufen, er fühlte sich so furchtbar schwach. Er wünschte sich bewusstlos zu werden, damit er sich nicht zu viele Gedanken darüber machen würde, was als nächstes grausames geschehen würde. Aber er war sich sicher, es würde sehr grausam werden.
 

Vlad hatte alles mitbekommen. Die ganze Fahrt, das dumme Gespräch, was der Typ versucht hat zu halten mit ihm, die Ankunft und wie er in den Keller verfrachtet wurde. Sie brachten Walter in einen völlig anderen Raum, er wusste nicht wo. Allerdings saß er in einem kleinen Raum, eingesperrt. Wie lange er dort schon war hatte er nicht wahrgenommen, auf jeden Fall schon sehr lange und mit jeder Minute, die verging, kochte eine unglaubliche Wut und Kraft in ihm auf. Er hatte das Gefühl das er jeden Moment beginnen könnte zu rasen und die karge Einrichtung zerstören. Die Ecke war das einzige im Raum, was nicht unheimlich wirkte, fand Vlad, weswegen er sich auch dort hinein gekauert hatte. Allerdings fühlte er sich so aufgebracht, dass er inzwischen hektisch im Raum herum lief, ab und zu gegen das hässliche Regal schlug, was ihn für kurze Zeit beruhigte.

Jedoch brachte es nichts mehr nur dagegen zu schlagen. Inzwischen trat er mir voller Kraft zu.

Dann eskalierte es. Er nahm den Stuhl und und warf ihn im Raum umher, zerschmetterte den Tisch, zerriss das komplette Bett, warf sich selbst schreiend gegen die Türe.

In seiner Rage vergaß er vollkommen, dass eine Kamera alles beobachtete.
 

Ein hagerer Mann saß vor dem Monitor, auf dem er einen völlig durchgedrehten Vlad erkennen konnte. Neben ihm stand der Typ, der ihn und Walter zu diesem Ort verschleppt hatte. Die zwei Männer schauten ihm sehr lange zu, schwiegen dabei. „Soll er sich austoben... wenn er seine neue Kraft unter Kontrolle hat, dann legt ihn in Ketten und bringt ihn zu mir. Sein Verstand wird bald schärfer sein als unser Aller zusammen!“ sagte er und verschränkte die Arme. Der hagere Mann drehte sich zu dem anderen um.

„Aber ich werde ihn erst bringen können, wenn die Schmerzen vorbei sind..., Sir. Die Krämpfe werden sehr lange anhalten und dann darf sich absolut niemand ihm nähern.“ Ein Seufzten als Antwort.

„Und wann wird die Umwandlung vollständig abgeschlossen sein, Professor?“ fragte der Andere dann schließlich. Schweigen. „Tut mir Leid, Sir, aber dies wird noch einige Tage dauern.“

„Und wann kann es absolut nicht mehr rückgängig gemacht werden?“ Der Professor schien kurz zu überlegen.

„Erst wenn die Umwandlung vollständig ist, Sir.“ sagte er dann schließlich. Sein Vorgesetzter lachte kurz auf, „Das ist ein schlimmer Makel in Ihrer großartigen Forschung, Professor. Wir haben so furchtbar wenig Zeit und wer weiß wer uns alles stören könnte. Es ist Schade, dass Sie erst heute angekommen sind, Professor, und ich frage mich, warum Sie diesen wichtigen Fakt nicht in der Produktbeschreibung erwähnt haben!“ Der ältere Mann schwieg sichtlich verärgert. „Ein solcher Vorgang braucht sehr viel Zeit. Schließlich ist es nur ein synthetisiertes Mittel und kein direkter Biss! Wir sind stolz darauf, dass wir keine Chips mehr verwenden müssen und unsere Forschung schon so fortgeschritten ist, dass es mit einer einzigen Spritze möglich ist!“

Der Andere schwieg eine Weile. Ja, der Professor hatte recht mit seinem blah blah und ihm war auch ein originalgetreues Stück lieber als eine billige Kopie, aber die Zeit war ein riesiger Nachteil. Chips hätten vielleicht gerade mal die halbe Zeit benötigt und man könnte ihn besser überwachen. Jedoch würde er genauso schnell sterben und sein Blut war das einzige, was nicht von dem Mittel zerstört wurde. Sie hatten sowieso Glück, was die Berichte anbelangte. Bei dem jetzigen Stand gab es nur Einen unter Hunderttausend, die dies überlebten.

„Wir arbeiten selbstverständlich daran, dass es schneller und 'verträglicher' wird. Ich hoffe, dass wir bald jeden Menschen damit infizieren könnten.“ Der Professor sah wieder auf den Monitor. Vlad hatte sich etwas beruhigt, zumindest schlug er nicht immer wieder mit einem Metallstab gegen die solide Türe. Er warf nur noch einzelne Holzteile herum.

„Dessen bin ich mir sicher, Professor. In diesem Falle hätten wir jedoch einen Native an schleppen sollen!“ sagte sein Boss und verschwand in der Dunkelheit des Zimmers.
 

Walter regte sich. Er war noch nicht richtig wach, trotzdem fühlte er sich schon richtig schlecht und er wusste, dass er an einem schlimmen Ort war. Wo immer dieser auch war. Langsam konnte er die Augen öffnen und er bemerkte, dass er an einem Stuhl gefesselt worden war, an beiden Füßen und am Oberkörper, mit robusten Seilen, aus denen er sich in dieser Lage niemals hätte befreien können. Trotzdem begann er quasi aus Reflex sich zu winden, aber die Seile rührten sich kein Stück. Also da er sich kaum bewegen konnte und kaum Kraft hatte sich jetzt aufzuregen, sah er sich ein wenig im Zimmer um. Zu seinem Überraschen stand direkt vor ihm ein Fernseher, er war ausgeschaltet und über seinen Nutzen fragte er sich kurz. Der Fernseher stand auf einem mobilen Rolltisch, oder so, und dieser stand vor einem Schreibtisch, auf welchem er all möglichen Papierkrempel liegen sah. Dazwischen lag mal etwas farbiges, es sah dunkelblau aus, aber er konnte nicht erkennen was es war. Vielleicht ein Buch... auch wenn es nicht in eine solche Umgebung passte.

Ansonsten sah er nur einem Aktenschrank und ein total mit Ordner überfülltes Regal. Die Rücken der Ordner waren mit seltsamen Symbolen oder Kürzeln bemalt. Ganz neben bei fiel ihm auf, dass alles weiß oder sehr hellgrau war, nur der Fernseher und der Rolltisch, auf dem er stand, nicht. Die Wände waren weiß, keine Bilder oder Briefe oder sonst was. Der Schrank und das Regal war weiß, der Schreibtisch war weiß, der Stuhl auf dem er saß war weiß, wie er bemerkte, der Fußboden war weiß und alles insgesamt wirkte mehr wie ein Operationssaal und er wollte nicht wissen, was noch alles hinter ihm stand. Vielleicht ein Regal voller Messer, Sägen, Pinzetten, Spritzen und neben dran ein OP-Tisch. Das war der Psychohorror schlechthin für Walter... an genau so einem Platz zu enden... oder verenden. Um dies zu widerlegen versuchte er seinen Kopf zu drehen um sich etwas umzusehen. Zuerst versuchte er es krampfhaft über seine rechte Schulter, sah zu seiner Erleichterung eine Wand hinter sich. Er drehte seinen Kopf zurück, seufzte kurz und guckte nun über die linke Schulter.

Und er bekam einen Schreck, so groß, dass ihm schwindlig wurde. Er hatte zwei Person gesehen, beide in grauen Uniformen gekleidet, die Arme verschränkt und ein Gesichtsausdruck, der Morden könnte. Den einen kannte er... sogar sehr gut, den anderen allerdings hatte er noch nie gesehen. Er spürte, wie sein Herz gegen den Brustkorb hämmerte, durch den Druck der Seile wurde das Gefühl unnötig verstärkt und er bekam Panik. Es war schwer diese nicht zu zeigen, da er sich wieder zu winden und zu zappeln begann.

Sein Herz blieb eine Sekunde lang stehen, als er eine Türe hörte, die geöffnet und sofort wieder geschlossen wurde. Eine männliche Stimme, die Walter nur allzu bekannt war tönte durch den Raum.

„Ist er schon wach?“ fragte der Mann, ging zu ihm hin und stellte sich vor ihn. Walter starrte ihn nur ungläubig an, er hatte einen Schock, den er erst einmal verarbeiten musste.

„Gut, gut. Hör zu, Herr Crumm Dollneaz. Ich werde dir sagen wo wir sind, und zwar sind wir im Internat, aber wo, sage ich nicht. Was wir vor haben und warum wir das machen, dass erfährst du irgendwann vielleicht. Deinen Freund halten wir in einem Raum ganz in der Nähe gefangen. Also, wir haben dich zu uns geholt, weil wir dich brauchen. Und zwar befindet sich seit diesem Schuljahr eine Person von besonderer Gefährlichkeit hier im Hause. Sie sollen für uns herausfinden warum sie hier ist und danach sie zu uns bringen.“ sagte die vertraute Person und lehnte sich leicht an den Fernseher. Er hielt eine Scheibe... nein, eine DVD in der Hand, welche er wohl sicher gleich abspielen würde. Walter hustete kurz, er fühlte sich überrumpelt.

„Und warum sollte ich das tun?“ fragte er, angewidert knurrte er ihn an. Der Mann wedelte mit der DVD herum, „Wenn ich dir das zeige, dann bin ich mir sicher, dass du es tun wirst...“ er legte sie in den Player, schaltete den Fernseher an und wartete bis ein Bild zu sehen war.

Man konnte einen Tisch erkennen, der zu Walters Grauen ausgerechnet ein OP-Tisch war, welcher aber noch leer vor sich hin rostete. Jemand stellte an der Linse herum, da das Bild plötzlich unscharf wurde und als man wieder mehr erkennen konnte, kamen zwei grau gekleidete Personen, Walter war sich sicher, dass das die Beiden hinter ihm waren, ins Bild und stellten sich ans Fußende des Tisches. Sie hievten eine Person darauf, mit nacktem Oberkörper und rabenschwarzen Haaren, und legten ihn so hin, dass er auf dem Bauch lag und sein Gesicht direkt in die Kamera blickte. Walter verschlug es den Atmen.

„Was!? Was soll der Scheiß! Was macht ihr mit ihm!?“ er wütete, kämpfte gegen die Seile an, als er Vlad erkannte. Natürlich bekam er keine Antwort, sondern wurde mit strengem Blick dazu gezwungen sich das Video weiter anzuschauen. Lange geschah nichts, Vlad lag nur bewusstlos auf dem Tisch, als wieder zwei Personen ins Bild kamen. Der eine stand mit dem Rücken zu der Kamera und versperrte die Sicht auf Vlads Kopf. Den Anderen erkannte er... es war Mr. Howardt... der Biolehrer aus dem ersten Jahr... diese schiefe Frisur und die komische Brille würde Jeder auf der Schule sofort wieder erkennen.

Die Beiden unterhielten sich, aber Walter wollte ihnen nicht zuhören. Er wollte wissen, was sie mit Vlad gemacht haben! Der bullig gewachsene Mann ging einen Schritt zur Seite, und man sah Vlad wieder... er blinzelte leicht, immer und immer wieder. „Ich glaube er ist wach.“ meinte der Howardt und tätschelte kurz Vlads Kopf, dieser zuckte nur leicht, weswegen der ehemalige Lehrer sofort aus dem Bild verschwand. Der Andere hockte sich hinunter, damit er mit dem Gesicht seines Opfers auf einer Linie war. „Du kleiner Wurm bist nicht direkt eine glückliche Kreatur. Welch ein Pech, dass du auserwählt wurdest.“ Diese fiese, brummige Stimme... Kettley, er war es ganz sicher. „Der Doc hat eine kleine Überraschung für dich...“ Mr. Howardt kam zurück und er hielt etwas in der Hand, was eindeutig eine modifizierte Spritze war.

Kettley nahm Vlad und drehte ihn grob auf den Rücken und nun verweilten die drei Gestalten kurz. Der Howardt hielt ihm die Spritze vor sein Gesicht und redete, „Das ist ein Mittel, das dich mutieren lassen wird. Du wirst nur einen leichten Druck der Flüssigkeit spüren, den Stich nicht: so betäubt bist du noch.“ Ein schriller Schrei war im Hintergrund zu hören, den Walter einen kalten Schauer den Rücken runter laufen ließ. Es hatte ihm die Sprache verschlagen. Er war so entsetzt, dass er sich nicht einmal mehr versuchte zu befreien.

Der 'Doc', wie ihn Kettley nannte, legte eine Hand auf Vlads Kinn und öffnete seinen Mund und schob die endlos lange Nadel der Spritze hinein. „Ihr perversen Schweine...“ flüsterte Walter ungläubig, „Was ist das für ein Scheiß?“ Im Video redeten wieder welche, eine dritte Person war zu hören, die dann auch ins Bild rannte, weil Vlad anfing zu zappeln. „Haltet ihn gut fest. Wenn er eine Wunde spürt, dann schöpft er verdacht!“ Kettley ergriff ihn auch, drückte solange brutal zu, bis die Spritze komplett leer war. Sie ließen ihn los und prompt fiel er vom Tisch.

Walter wollte fast weinen, als er nach der grässlichen Aktion nun auch das wimmernde Stöhnen seines besten Freundes hörte. Kettley kam wieder ins Bild, dieses Mal sah man sein Gesicht. Er trat auf Vlads Rücken, welcher deswegen ein Laut von sich gab. Er hatte was weißes in der Hand, was aber erkannte Walter nicht, da er sich runter bückte und nur noch Brummen vernahm.

Kettley stand wieder auf und Vlad verstummt. „Fertig.“ meinte der Kerl nur und perverser Weise winkte er nun in die Kamera, bis plötzlich das Bild schwarz wurde.

Stille.

Walter konnte nichts sagen. Wut, Schrecken und unvorstellbare Angst hatten Überhand gewonnen. Er wollte nicht wissen, was sie noch mit ihm gemacht haben, was sie noch mit ihm selbst vorhatten. Diese kranken Verrückten... wer gehörte aus der Schule noch alles dazu? Wer zum Geier führt diesen Müll an?

„Nun, Herr Crumm Dollneaz. Wenn du das tust, worum ich dich gebeten habe, dann werde ich dir das Gegenmittel geben und dein Freund wird wieder ganz normal und wird auch keine Schädigungen haben. Wie sieht's aus?“ Nach langer Zeit brachte Walter ein stummes Nicken zu Stande. „Wen soll ich euch bringen?“

Der Mann rieb sich kurz die Hände, schritt vor ihm her und stellte den Fernseher aus. „Du kennst die Person. Recht gut sogar, sowie ich das beurteile. Aber erst werde ich dir genaueres sagen... wenn du sie zu auffällig fragst oder mit ihr redest, so, dass sie Verdacht schöpft und es irgendwo meldet, dann kannst du das Gegenmittel sofort vergessen. Du erzählst niemanden was von uns, legst keine Hinweise, oder sonstiges. Du hast mich und einige Lehrer auf dem Video gesehen... ein auffälliges Verhalten gegenüber ihnen, wie Aggression oder Fragen, gibt’s auch nichts mehr. Pass auf, denn du wirst nicht glauben, wie groß unser Netz im Internat ist. Wir werden jeden Handgriff von dir beobachten! Alles verstanden?“ Walter nickte nur total eingeschüchtert.

„Sag mir jetzt endlich wen ich euch bringen soll...“
 

Integral legte wieder auf. Walter hatte sich nun über 1 ½ Stunden nicht mehr gemeldet und ans Handy ging er einfach nicht dran. Sie hatten es inzwischen sicher schon fünfzehnmal versucht, aber nichts.

„Und wenn ihm doch was passiert ist?“ flüsterte Seras, sie war total fertig und vor allem übermüdet, da es schon fast halb sechs am Morgen war und sie in drei Stunden wieder in den Unterricht mussten. Pip hing auch nur noch schlaff auf dem Sofa und machte sich Vorwürfe, das er mit ihm hätte mitgehen sollen. Mal wieder trat eine mutlose und erdrückende Stille ein.

„Sollen wir's denn nicht endlich den Lehrern melden? Ich mein, die könnten die Polizei einschalten, dann würde man wenigstens nach ihnen suchen, oder sollen wir weiter tatenlos rumsitzen und auf ein Wunder warten?“ sagte Seras etwas empört, aber die Anderen wollten es nicht; aus welchem Grund auch immer.

Zum Stichwort Wunder.

Jeder von ihnen erschrak fürchterlich, als es plötzlich an der Türe klopfte, es war zaghaft, fast unsicher, aber es war ein Klopfen. Sofort schoss die Hoffnung auf, das es Walter war, der Vlad gefunden hatte, aber sein Handy verloren... oder es war ein Lehrer, der ihre Stimmen gehört hatte. Pip stand auf, rannte regelrecht zur Türe, als Seras und Integral ihm gebannt hinterher starrten und fast umkamen vor Hoffnung. Er schloss auf und öffnete langsam der Person. „Mein Gott, was ist mit dir geschehen?“ stieß es aus Pip plötzlich heraus und der weibliche Besuch rannte sofort zur Türe. Ein völlig verdreckter, verschwitzter, niedergeschlagener und blutender Walter trabte in den Raum. Seras legte ihm eine Decke um die Schultern und half mit Pip ihn zum Sofa zu bringen. Er konnte kaum noch laufen, war seinen Gliedern kaum noch Herr und sein Gesicht war kreidebleich. Sein Blick war starr, ging ins Leere und er schien sich nicht zu trauen einen von ihnen in die Augen zu sehen.

Als sie ihn endlich zum hinsetzen gebracht hatten, konnten sie sich nur schlecht zurück halten ihn sofort mit Fragen zu bombardieren, weswegen eine sehr gedrückte Stille entstand.

Integral bemerkte, dass Walter leicht zitterte. Einerseits wollte sie unbedingt seine Erlebnisse wissen, aber andererseits war sie sich sicher, dass sie niemals das Grauen erfahren sollte. Seras fing an ihm beruhigende Worte zu zuflüstern, da man fast meinen konnte, dass er jeden Moment beginnen könnte zu weinen. Leise wisperte er etwas, aber so leise, dass es keiner von ihnen verstehen konnte.

„Ich habe ihn nicht gefunden...“ sagte er noch einmal, an der Bewusstlosigkeit grenzend, „Ein Albtraum...“ und sein Kopf sackte ab. Pip drückte ihn an die Lehne, da er nach vorne fiel.

Verrat?

Hachja. Diese wundervolle Stille. Das leise und gemächliche Rauschen des Meeres, es war wie Musik in seinen Ohren. Der Wind wehte leicht, was eine kleine Erfrischung gegen die Hitze der prallen Sonne gab. Die Palmen wiegten sich im Winde.

Er drehte sich auf die Seite und der warme Sand passte sich sofort seinen Körper an. Was gab es schöneres, als am Meer zu entspannen? Niemand und Nichts war in seiner Nähe, was ihn stressen oder davon abhalten könnte, sich einmal auszuruhen.

Hmm...

Echt Niemand?

„Walter?“ rief eine Stimme und er drehte sich in diese Richtung, aber die Sonne blendete zu sehr um die Person zu erkennen, die ihn störte. Sie kam aber näher und streckte eine Hand nach ihm aus.

Eine kleine Berührung, und...
 

...er wurde zurück in den Albtraum geworfen. Schlagartig öffneten sich seine Augen, ein Schmerz zuckte durch seinen gesamten Körper und die Person, die ihn geweckt hatte, machte einen Satz nach hinten. „Was!?“ brüllte Walter so laut wie es seine heisere Stimme erlaubte, „Manchmal hasse ich dich Pip!“. Etwas verdutzt guckten Seras und Integral ihn an. „Und wo zum Teufel bin ich?!“ brüllte er und wäre am liebsten schreiend aus dem Raum gerannt. Warum war er so wütend?

„In der Krankenstation.“ meinte Integral kühl „Und nun beruhige dich gefälligst!“. Leicht gesagt und Walter knurrte sie mürrisch an. „Du hast doch keine Ahnung was ich durchgemacht habe.“ „Und wir haben uns bestens amüsiert, als du weg warst!“ Integral sah ihn mit harten Augen an und Walter verschränkte die Arme. Sie waren beide verbunden, weil er sich die letzte Nacht sie sich ziemlich stark auf geschrammt hatte. Pip trat wieder näher an das Bett hinan um somit den Streit zu beenden. „Was ist den los, Walter? Wir machen uns verrückt vor Sorgen und du wachst auf und willst am liebsten den Raum auseinander nehmen...“ Seras knibbelte sich am Hemd herum, war nervös und besorgt. Walter sah schrecklich aus. Seine Stirn war verbunden, da die Krankenschwester eine Platzwunde am Hinterkopf gefunden hatte. Insgesamt sah er aus, als hätte man ihn ganz schön zusammen gedrescht. „Ich will hier sofort raus.“ zischte er und versuchte sich hinzusetzen, was aber nicht wirklich gelang, denn als er die versuchte, spürte er ein plötzliches Stechen im Rücken, außerdem wurde ihm fürchterlich Schwindelig. Er sank zurück ins weiche Bett und dachte sich, dass die kranken Schweine von der letzten Nacht ihm wohl noch ganz schön zugesetzt hatten.

„Mr. Howardt sagte, dass du wohl noch ein paar Tage hier liegen bleiben musst.“ sagte Pip und setzte sich auf den Stuhl, der direkt neben dem Bett stand. Es war als würde Walter erstarren, weshalb, konnte sich niemand ausmalen. „Ach was...“ flüsterte Walter leise, „Lasst mich raten, zur Beobachtung, nich? Ist mir egal! Ich werde heute Abend gehen, mir egal, ob ich ein Krüppel bin.“ Natürlich versuchten die Anderen es ihm auszureden, aber Integral war sich sicher, dass man ihn davon nicht abhalten konnte. Nach einer halben Stunde weiterer Versuche kam schließlich eine Krankenschwester ins Zimmer und sagte, dass man Walter jetzt schlafen lassen sollte. Pip und Seras standen auch schon ohne weitere Aufforderung auf. Integral meinte aber, dass sie gleich nachkommen würde. Sie wartete, bis nur noch sie beide im Zimmer waren.

„Was ist genau vorgefallen? Bis jetzt hast du noch nichts zum genauen Vorgang gesagt.“ meinte sie dann schließlich ernst und Walter dachte sich dazu nur, dass ihm halt keine gescheite Geschichte dazu eingefallen war. „Warum willst du das wissen? Diesen kranken Horror kann man nicht so einfach erzählen.“ flüsterte er. Integral starrte ihn durchbohrend an.

„Auf diesem Internat ist ganz schön was faul, aber ich denke, dass dies schon so ziemlich Jeder hier mitbekommen hat, aber von dir möchte ich wissen, ob du gestern etwas erfahren hast, was eigentlich niemand erfahren sollte.“ Sie lag nah dran, dachte sich Walter und überlegte in Rekordzeit, was er nun sagen sollte, denn er war sich sicher, dass sein Bett verwanzt war. „Ist es eine Verschwörung? Eine Verschwörung der Lehrer? Oder der Haushaltskräfte?“ Wie ist sie auf diesen Zweig nur gekommen?

„Jemand der solche Fragen stellt ist nicht zum lernen hier...“ flüsterte Walter misstrauisch, „Hast du einen bestimmten Grund weshalb du auf diesem Internat bist?“ Es schien, als würde der erste Teil seiner Aufgabe ihm direkt in den Schoß fallen. Integral antwortete nicht direkt, sie schien genauso verkrampft über ihre Antworten zu überlegen wie er selbst und es war schon offensichtlich, dass sie ihm nicht mehr traute. „Nein, kein bestimmter Grund. Aber mein Vater sagte mir, dass nichts Zufall ist.“ Und mit diesen letzten Worten stand sie auf. Ein böser und durchdringender Blick war quasi eine Warnung für ihn zum Abschied, danach verließ sie den Raum.

Walter fasste sich an die Stirn. Seine Gedanken schwammen, Kopfschmerzen machten sich bemerkbar.

„Ich hoffe, dass reicht euch!“ sagte er klar und deutlich, und machte Anstalten, die Vase mit den Blumen vom Nachttisch zu werfen, kam aber peinlicher Weise nicht dran. Beleidigt verschränkte er wieder die Arme und sackte ins Bett zurück. „Ich glaub's ja nicht.“ Es war ein einziger schlimmer Albtraum und es kam ihm so vor, als könnten nächtliche Träume nie das Grauen der Realität erreichen.
 

Mittagsessenzeit. Seras hatte den ganzen Tag über nichts gegessen und der Hunger hatte schon quälende Zustände angenommen. Es war gleichzeitig widerwertig und göttlich nun Essen vor sich stehen zu haben, denn eigentlich wollte sie nichts essen. Nicht wenn sich immer wieder die Bilder der vorherigen Nacht in ihrem Kopf abspielten. Jedoch lockte das Sahneschnitzel so sehr, dass es nicht mehr anders ging.

„Endlich isst du mal was..“ seufzte Pip, der schon sein zweites as.

Integral stocherte nur nachdenklich in der Soße umher und beachtete die beiden nicht einmal. Sie bekam es nicht einmal mit, wie Seras sie ansprach, erst als Pip sie anstubste wurde sie aus den Gedanken gerissen. „Was ist?“ fragte sie grimmig und stocherte weiter beleidigt im Fleisch. Das sie psychisch komplett abwesend war, hatte sie nicht bemerkt. „Wir fragten und grad, was wir als nächstes unternehmen sollen. Ich mein, Vlad ist ja total verschwunden...“ Ach was. Integral hätte sich nicht denken können, dass Vlad total verschwunden ist. Sie nickte Pip zu, was eher als unfreundliche Geste rüberkommen sollte, gepaart mit dem bösen Blick, den sie so gut drauf hatte, aber er nahm es wohl nicht so auf.

„Fragt Walter.“ nuschelte Integral irgendwann und beteiligte sich überhaupt nicht mehr am Gespräch, auch nicht bei den hektischen Fragen von den beiden Anderen. Sie hatte keine Zeit zu diskutieren, sie machte sich zu viele Sorgen um die sehr nahe Zukunft und nach dem Schulgong stand sie auch schon auf, um sich wieder in den Unterricht zu setzen, den sie eigentlich eh nicht mitverfolgen könnte.
 

Mathe. Eigentlich das schönste und logischste Fach überhaupt, jedoch hatte Integral im Moment andere Sorgen. Sie saß nur drin, um nicht als Abwesend eingetragen zu sein, sowie Seras. Sie war garnicht erst erschienen und Integral hatte sie beim Lehrer entschuldigt, weil's ihr schlecht ging, oder was sie nochmal für eine dumme Ausrede hatte; sie wusste es nicht mehr. Ihr Gedanken waren so stark an etwas geschnürt, dass sie alles um sich herum Vergaß. Sie hatte sogar ihre Schultasche im Essenssaal vergessen, als sie so eiskalt Pip und Seras verließ. Es war wohl der peinlichste Augenblick jemals für sie, als sie zurück kam und sie holte.

Was Pip trieb war sie sich nicht sicher, vielleicht war er ja grad bei Walter, oder bei Seras.

Sie seufzte und kritzelte den Aufschrieb von der Tafel ab, was für sie nur wie Striche und Kreise vorkam, um nicht komplett wahnsinnig vor grausamen Gedanken zu werden. Sie benötigte dringend so etwas wie einen Geistesblitz, wie sie ihn schon oft in stressigen oder komischen Situationen hatte, aber der ließ ganz schön auf sich warten. Irgendwo war ein Zusammenhang, aber sie wusste nicht wo, ob zwischen welchen Ereignissen und Fakten oder Personen und erst nach langer Zeit, als der Unterricht schon in die letzten Minuten schritt, gestand sie sich ein, dass sie Walter brauchte, denn der wusste bestimmt, ganz bestimmt, etwas. Etwas wichtiges.
 

Es war schon Abend, etwa 21 Uhr, als Seras sich von ihrem Zimmer trennen konnte. Sie hatte sich den ganzen Tag über dort eingesperrt und keinen Mucks von sich gegeben und was immer sie heraus trieb, es war wohl schwerwiegend. Integral saß auf dem Sofa im Wohnraum, mit verschränkten Armen und Beinen, sah aus, als würde sie versuchen mit ihren Gedanken die Wand gegenüber von ihr einzureißen. Walter wollte nicht mit ihr reden, als sie vorhin nochmal bei ihm war und er meinte, er würde am Abend zu ihrem Zimmer kommen. Aber der Weg von der Krankenstation zu ihr war weit, sehr weit und eine Menge Stufen im Treppenhaus waren sicher ein zusätzliches Hindernis für ihn. Schließlich war er mit Schmerzmitteln zugepumpt worden und manche seiner Verletzungen waren nicht ganz ohne. Seras setzte sich neben sie und stützte ihren Kopf auf die Arme auf. „Was neues herausgefunden oder passiert?“ fragte sie platt und hörte sich ganz schön erschöpft an. Nachdenken ist halt schwierig, manchmal war es wie harte körperliche Arbeit. Aber Integral schüttelte nur stumm den Kopf.

„Ich warte auf Walter...“ sagte sie, gedanklich war sie komplett abwesend, „...und so langsam glaube ich, dass er es erst in ein paar Stunden hier her geschafft haben wird.“ Seras hatte irgendwie Schwierigkeiten ihr zu folgen, da ihr der Satzbau etwas seltsam vorkam.

Und da klopfte es auch schon zaghaft. Ohne zu zögern stand Integral auf und trottete zur Türe, Seras sprang ihr hinterher, um auch sofort der armen Walter abzustützen, oder so. Die Türe geöffnet kam Pip zum Vorschein, mit einem schnaufenden Walter an der Schulter hängend. Pip wollte ihn ins Zimmer ziehen, aber Walter hielt sich am Türrahmen fest. Pip jedoch zog beharrlich weiter, „Man, du musst dich ausruhen!“ keifte er dann schließlich, als Walter sich nun mit aller Kraft festhielt. „Nein, wir müssen grad los!“ motzte er zurück und versuchte sich aus den klammernden Armen zu befreien. Integral und Seras guckten dem Schauspiel nur wortlos zu, es hatte etwas urkomisches an sich und die Beiden hätten sich sicher totgelacht, wenn die Situation nicht so ernst gewesen wäre.

„Mach den armen Walter nicht kaputt“ meinte Seras dann schließlich trocken und folgte Integral, die inzwischen schon im Flur stand. Pip schob Walter zur Seite und schloss die Türe wieder. Man konnte ihm den Ärger vom Gesicht ablesen, sicher war er wütend, dass er nicht gegen Walters Sturheit angekommen ist.

Trotzdem stützte er ihn weiter, als die drei Helden den Gang entlang liefen, schnurstracks zum Treppenhaus.

Es war ein großes Risiko um diese Uhrzeit im Internatsgebäude sich rumzutreiben, denn dies könnte mit einem Ausschluß enden, aber Walter dachte sich, da er ja jetzt Handlanger spielte, dass die Lehrer ein Auge zu drücken würden. Die Anderen hatten keine Ahnung wo es eigentlich hin ging, und er fragte sich, warum sie das nicht wissen wollten, denn Niemand machte Anstalten dafür. Nur Integral war ihm ab und zu einen eiskalten Blick an den Schädel. „Wir müssen in den Esssaal, zu dem linken Eingang der Küche...“ keuchte er schon völlig erschöpft. Seine Sicht, die sowieso schon stark wegen den dunklen Stellen im Treppenhaus beeinträchtigt war, wurde immer schwächer, da die Platzwunde am Hinterkopf nun so stark schmerzte, dass er glaubte, in wenigen Augenblicken garnichts mehr sehen zu können. Zudem waren wohl, durch den Machtkampf mit Pip, wieder die Schrammwunden an beiden Armen aufgegangen, denn sie fühlten sich heiß und matschig an.

Er schaffte die letzte Treppe gerade noch so ohne hinunter zu fallen, aber das auch nur durch hinzu gekommender Hilfe von Seras. Seine Beine zitterten stark, was auch Integral auffiel.

Alle drei zwangen ihn gemeinsam sich kurz hinzusetzen. Lange schwiegen sie, achteten auf jedes kleinste Geräusch, was sie im Treppenhaus hörten, denn zu jeder Zeit könnte ein Lehrer oder eine Nachtwache vorbeikommen. Oder etwas... anderes. Nach langer Zeit, machte die Stille Seras viel zu sehr Angst, „Was sollen wir eingentlich im Esssaal?“ Walter antwortete nicht, sondern zuckte nur kurz mit den Schultern. Eigentlich wusste er es selbst nicht, aber er war sich sicher, dass es eine schlimme Überraschung geben würde. Nach einer Weile machte er Andeutungen, dass er weiter wolle, schließlich hatten sie nicht ewig Zeit.

Und weiter ging der beschwerliche Trott zum Saal. Es war nicht mehr weit, aber unter diesen Umständen, die Walter nur allzu gut spürte, ließen es für ihn wie eine Weltreise wirken.

Mit Ach und Krach schaffte er es ohne sonderliche Stützung auf zwei Beinen zu laufen, was dann den Weg, und vor allem die Zeit, erheblich verkürzte. Nicht viel später standen sie dann auch schon am Ziel.

Der Saal wurde von nur vier sehr spärlichen Lichtern erhellt, aber es reichte, um nicht über die Stühle zu stolpern. Schnell hatten sie den Raum durchquert und standen nun vor der großen Küchentüre auf der linken Seite. Sie stand offen und eine undurchdringliche Finsternis kroch ihnen entgegen. Niemand traute sich davon in die Nähe zu stellen, denn es könnte ja sonst was urplötzlich herausspringen.

Sie waren schneller dort, als Walter gedacht hatte. Eigentlich sollte er erst um 21:30 Uhr an Ort und Stelle sein, aber sie hatten noch etwa 10 Minuten Zeit. Sie schwiegen alle und starrten sich gegenseitig an. Seras hatte sich fest an Pip geklammert und weigerte sich ihn los zu lassen. „Und was hast du jetzt mit uns vor?“ fragte Integral und verschränkte die Arme mal wieder. Walter antwortete zuerst nicht, sondern starrte auf die riesige Uhr über der Eingangstür. „Darf ich mal kurz mit Integral alleine reden?“ fragte Walter Seras und Pip, die dann auch recht zügig den Raum verließen.

Walter konnte die Anspannung kaum noch aushalten, er hatte ein so furchtbar schlechtes Gewissen, er fühlte sich als Verräter. Er malte sich fürchterliche Szenen aus, die in den nächsten paar Minuten oder Sekunden geschehen könnten. Das er schon seit einiger Zeit nervös an seinen Verbänden an beiden Armen knibbelte, fiel ihm erst jetzt auf. Auf wenn ihm die Angst den Atem raubte, versuchte er mit ihr zu reden.

„Integral...ich... ich weiß nicht so recht, was ich dir jetzt sagen soll, aber du hattest recht.“ er schnaufte schwer, die Luft lag wie Blei in seinen Lungen und sein Herzschlag tat ihm inzwischen weh. Sie sah ihn fragend an, nicht mehr so eiskalt und abwertend, sondern besorgt und verwirrt. „Leider... ist nichts Zufall.“ flüsterte er und zu diesem Stichwort geschah es dann.

Langsam schritt ein Mann aus der Dunkelheit in der Küche. Er hatte eine Waffe, gerichtet auf Integral. Kurz verweilten sie in in dieser Pose, Integral total geschockt und Walter von Schuldgefühlen überschwemmt. „Was hat das zu bedeuten?“ konnte sie dann schließlich stotternd aus sich heraus drücken, „Walter, was...?“ plötzlich schoss es ihr in den Sinn und ihr Gesicht wurde noch bleicher, als es eigentlich war, ihre Lippen bewegten sich zu einem Wort, was Walter so fürchtete, „Judas...“ flüsterte sie leise, allerdings war es für ihn wie ein Stein, den man in sein Gesicht warf, „Du verdammter Verräter. Das war eine miese Falle...“.

Der Mann drückte nun die Pistole an ihre Schläfe, und sie spürte, dass er zum Abdrücken bereit war.

„Du wirst jetzt mitkommen, Hellsing!“ sagte er finster und packte sie am Arm, ruckartig zerrte er sie in die Küche hinein. Er warf einen stechenden Blick zu Walter. „Wenn du mir folgst, dann wird sie und dein Freund sterben. Ich werde ausrichten, dass du deinen Teil erfüllt hast...“ mit diesen Worten verschwand er dann mit Integral. Walter konnte noch ihr leises Quietschen hören, aber der bullige Mann konnte sie dann wohl zum Schweigen bringen.

Trotz der Warnung, die ihm dann eigentlich schon ziemlich zu Denken gegeben hatte, schlich er hinterher und er konnte nur hoffen, dass er in der Dunkelheit nicht einen Haufen Töpfe oder sonstiges Geschirr umstieß. Schnell gewöhnten sich seine Augen an die Finsternis und er konnte schwach erkennen, dass die beiden zu einen der vielen Kühlschränke liefen. Zum zweiten von Rechts, glaubte er zu sehen.

Der Mann schubste Integral einmal mehr sehr unsanft in der Gegend rum und, so dumm Klischeehaft es Walter auch vorkam, öffnete den Kühlschrank, welcher keiner war. Statt einen Haufen Lebensmittel kam ein recht hell beleuchteter Raum zum Vorschein, was eindeutig eine Aufzugkabine war. Sehr einfallslos, dachte sich Walter, aber es erfüllte seinen Zweck, und er wusste nun, wie man nach Unten kommt, zumindest hoffte er, dass dieser Aufzug nach unten führte. Integral und der Mann waren hinter der Türe des Pseudo-Kühlschranks verschwunden und er schlich zurück in den Esssaal. Er hoffte, dass niemand ihn bemerkt hatte, und dies galt auch für Pip und Seras.

Verheerender Vorfall

Noch immer lag er mit dem Gesicht nach unten auf dem Boden. Niemand scherte sich darum ihn hoch zuheben, irgendwo hin zusetzen, oder sowas. Nicht einmal Beschimpfungen oder Tritte, obwohl er nicht alleine im Raum war. Naja, einen Raum konnte man das nicht nennen, es war eher wie ein Kerker, wohin sie ihn vor etwa einer halben Stunde gezogen hatten. Sie hatten ihn in Ketten gelegt, warum, das fragte er sich immer noch, denn eigentlich stellt er im Augenblick keine wirkliche Bedrohung dar, schließlich fühlte er sich halb bewusstlos.

Er fühlte sich so unglaublich schwach, die starken Krämpfe, unter denen er noch vor wenigen Stunden litt, hatten so ziemlich noch das kleinste Stück Energie aus ihm geraubt. Und jetzt wollten sie etwas von ihm. Sicher mehr Spaß am quälen und foltern.

Noch lange hörte er leise Stimmen reden, sie diskutierten über etwas, etwas, was sie ziemlich zu beschäftigen schien. Schließlich kam dann jemand zu ihm, der ihn unsanft an den Ketten hochzog und in eine Sitzposition zwang. Der Mann, welcher nach Vlads Verdacht wohl für alles verantwortlich war, hockte sich dann schließlich vor ihn. Er sagte nichts, sondern musterte seinen geschwächten Gefangenen durchdringlich.

„Dein Freund,...“ er sprach von Walter. Man hatte ihm von diesem Plan schon erzählt, „...er hat seinen Teil erfüllt. Nur leider...“ was für ein fieser Hinterhalt kam denn jetzt? „...kann ich nicht meine Abmachung halten.“

Das war ja klar. Natürlich hatten sie ihn nur von vorne bis hinten verarscht. „Es gibt kein Gegenmittel!“ Und mit diesen Wort ging eine Tür hinter ihnen auf. Vlad wollte sich schon gar nicht mehr umdrehen, er würde nur eh wieder deprimierende oder grässliche Dinge sehen.
 

Der Mann mit der Waffe schubste sie aus dem Fahrstuhl heraus. Er hatte so gut wie nicht geredet, nicht gedroht, nicht geflucht. Er hatte nur kurz was in ein Handy gesagt, 'Der Kleine' hätte seine Aufgabe erfüllt, und das wars dann auch schon. Nun sah sie einen langen, rechteckigen Gang vor sich, der etwas von einem Abwasserkanal hatte, kalt und nass. Ohne besonders große Aufforderung ging sie weiter, an ihrem Arm klebte immer noch das Tier, was sie entführt hatte. Ihr rasten die verwirrtesten Gedanken durch den Kopf, denn dies war eine äußerst gefährliche Situation. Wo würde er sie hin bringen?

Die Reise ging durch viele Korridore, Hallen, Gänge, an alten, verrosteten Metalltüren vorbei und schließlich eine Treppe hoch. Oben an der Treppe war eine Plattform, auf welcher sowas wie eine Prüfstation war. Ein, in einer grauen Uniform gekleideter und schwer bewaffneter, Mann musterte sie und nach langem, stechenden Augenkontakt nickte er dem Anderen wortlos zu, und noch wer Anders öffnete eine Türe. Sie war hochmodern, im Gegensatz zu den anderen Türen, die sie bereits sehen durfte, wohl mit einem Code versiegelt. Und schon wurde sie rau dazu aufgefordert weiter zu gehen, durch die Türe und es war ihr, als würde sie plötzlich an einem komplett anderen Ort sein. Sie stand in einem Saal, hell erleuchtet, von vielen Menschenseelen belebt. Es herrschte Hochbetrieb, überall waren in grauen, und in dunkelroten, sowie dunkelblauen Uniformen bekleidete Leute und trugen Papierstapel, Koffer, Akten und andere Behälter von der einen Ecke zur anderen. Es gab einen offenen zweiten Stock, der Saal war quasi in zwei Etagen unterteilt. Oben saßen Menschen an riesigen Computersystemen und brüllten ab und zu Daten zu einem Anderen.

„Was in aller Welt ist das hier!?“ rutschte es entsetzt aus ihr und blieb schon beeindruckt und überwältigt stehen. Waren sie wirklich noch unter der Schule? Oder schon längst unter der Stadt?

Lange blieb ihr nicht Zeit um darüber nach zudenken, denn sie wurde grad nach Rechts mitgezogen, weg von dem Tumult, durch ein weitere, aber diesmal etwas kleinere Türe. Diese stand ganz alleine und unberührt in der Wand, während die anderen rege benutzt wurden.

Sie liefen durch einen langen, weißen Gang, vorbei an vielen Türen, bis zur letzten, ganz am Ende des Ganges.

Ehe sie sich versah wurde sie auch schon in den Raum geschubst. Dort sah es auch schon wieder das anderes aus, etwa wie in einer Folterkammer und sie zwei waren nicht alleine.

„Hier ist sie, Sir.“ sagte er mit aufrechter Körperhaltung und durchdringlicher Stimme, die Waffe noch immer an ihrem Kopf. Er sprach kein Englisch, sondern eine Sprache, die sie nur brüchig konnte. Deutsch. Der Mann, dieser 'Sir', hockte vor Jemanden, Jemanden mit rabenschwarzen Haar und gefesselt in massiven Ketten.

Sie wusste sofort wer es war.

Der Mann sah auf, musterte sie und ging dann zu ihr. „Gut Gemacht, Soldat! Sie können jetzt wegtreten!“ und somit verschwand der Mann, der sie so grob zu diesem Ort gebracht hatte. Auch der andere Mann sprach Deutsch, von dem sie gar nicht wusste, dass er es kann. Sie kannte ihn, und als sie sein Gesicht erkannte, rutschte ihr das Herz in die Hose. Es war unfassbar, dass er, ER ein hohes Tier in dieser Organisation war. Was sollte das alles?

„Schmierige Schlange!“ fauchte Integral ihm entgegen und wäre ihm am liebsten sofort an den Hals gesprungen.

„Was habt ihr mit ihm gemacht!?“ brüllte sie und sofort kam ein Wachmann, der sie packte und daran hinderte, dass sie ihm etwas antat. Der allzugut bekannte Mann lehnte sich vor, der Blick steinhart und erstechend. „Noch nicht viel, aber mit dir werde ich gleich meinen Spaß haben!“ Diese Antwort war wie ein Schlag ins Gesicht. Der Kerl war zu grausamen Dingen bereit, sie sah es in seinen Augen und dem gefesselten Mann schien diese Aussage nicht wirklich zu gefallen. Er lachte kurz auf.

„Ihr glaubt doch wohl nicht etwa, dass ich was für euch mache, wenn ihr meinen Freunden etwas angetan habt.“ die Stimme schwach, tief vor Erschöpfung und rau von den endlosen Schreien der Schmerzen. Der Andere schwieg kurz und setzte dann ein selbst zufriedenes Lächeln auf.

„Nein, nein, so glaube ich selbstverständlich nicht. Erst wenn du nichts tust, dann werde ich ihr, und vielleicht auch den Anderen etwas antun.“ Der Genuss, den er bei dieser Antwort verspürte, man konnte ihn quasi riechen und wieder setzte eine Stille ein, Vlad sagte nichts dazu. Ebenso wie Integral.

Immer noch hielt der bullige Wachmann ihre Arme auf dem Rücken fest und so sehr sie es auch versuchte, konnte sie sich sich nicht aus dem harten Griff heraus winden. Der Mann vor ihr starrte sie mit einem bösen und furchteinflößenden Blick an, alsob er ziemlich wütend auf sie sei. In diesem Moment fühlte Integral sich so, wie wenn ihr strenger Vater vor ihr stand und er kurz davor war sie auszuschimpfen, weil mal wieder etwas angestellt hatte. Aber sie wollte auf keinen Fall ihren ehrenvollen Vater mit diesem feigen Monster vergleichen!

„Wie geht es deinem Vater, Hellsingabschaum?“ fragte er dann schließlich grimmig, „Hatte er nicht den Mumm um selber zu kommen? Oder solltest du uns nur ausspionieren?“. Integral setzte einen furchtbar dummen Blick auf und sie fragte sich, was der Kerl von ihr wollte, aber sie war sich sicher, dass sie in großen Schwierigkeiten war. Ihr Vater und er hatten wohl eine harte Abneigung zueinander und nun kam umso mehr die Frage auf, warum sie auf diesem Internat war. Er hatte sie bewusst in Gefahr geschickt.

Plötzlich wirkte er nicht mehr wütend, sondern selbstzufrieden und schmierig, ein breites Grinsen im Gesicht,

„Was für ein genialer Zufall, dass ich ausgerechnet die Tochter meines größten Feindes in die Klauen bekommen habe.“ Wieder ein Umschwung, und sein Lächeln verschwand, das Gesicht im Zorn verzogen, „Der alte Kauz hat sich sicher etwas dabei gedacht, dich mir zu überlassen! Ich sollte dich eigentlich sofort meinen gefräßigen Untertarnen vorwerfen, aber ich glaube, dass du noch einen Nutzen für mich hast um endlich deinen Alten aus den Weg zu räumen! Trotzdem... ich will unbedingt wissen warum du hier bist!“ er fauchte sie regelrecht an und langsam keimte Furcht um ihr eigenes Leben in ihr auf.

„Sag es mir sofort, ansonsten werde ich deine Freunde vor deinen Augen foltern und grausam verrecken lassen! Und wenn ich mit ihnen durch bin, dann bist du dran! Und glaub mir, ich werde dann deinem Vater nicht freundlich mitteilen, dass du tot bist, nein, ich werde dich ihm Paketweise zuschicken!“. Ein widerliches Grinsen.

Zum ersten mal in ihrem Leben hatte sie fürchterliche Angst, aber so schlimm wie diese Situation auch für sie war, versuchte sie hart zu bleiben, sie offenbarte weder ein geschocktes Gesicht, noch zitterte sie wie Espenlaub. Und so sehr ihr doch dieser hochgradig gestörte Mann eben gedrohte hatte, sagte sie ihm trocken die Wahrheit ins Gesicht, und zwar, dass sie keinen blassen Schimmer hatte, weshalb sie an diesen Ort geschickt wurde. Und schon schäumte seine Wut quasi über und er zog wortlos eine Waffe, welche sich dann auch sofort an ihrer Stirn befand.

„Ich werde dich auf der Stelle abschlachten, du wertlose Sau!“ Er drückte nun den Lauf seiner Waffe schmerzhaft gegen ihre Stirn, doch sie versuchte so gut es ging ihren eiskalten Blick beizubehalten, was ihn nur noch zorniger machte. Man konnte genau erkennen, wie er mit sich selbst um die Beherrschung rang, um ihr nicht das Hirn heraus zublasen. Schließlich brauchte er sie noch...

Und stattdessen schlug er ihr aus Wut mit dem Pistolenknauf gegen die linke Schläfe, weswegen sie sofort das Bewusstsein verlor und im harten Griff des Wachmanns zusammen sackte, welcher sie sofort losließ und sie unsanft auf den Boden fiel. Blut rann ihr in Strömen aus der großen Platzwunde, bildete schnell eine beachtliche Lache auf dem Boden, und der Mann befahl seiner gehorsamen Wache sie in einen der Zellen zu sperren. Jedoch als er sie an den Armen packte, um sie fortzuziehen, stellte sich plötzlich das Licht aus. In der Ferne konnte man ein Rumpeln, ein leises Donnern vernehmen und man spürte ein leichtes Vibrieren.

Einige Sekunden befanden sie sich in kompletter Finsternis, nur Vlad konnte sehen, wie der Mann, der Integral eben umgeschlagen hatte, wütend mit den den Armen wedelte und zornig herum brüllte, was los sei. Vlad wusste, weshalb der so perfekt im Dunkeln sehen konnte, schließlich hatte man ihm oft genug unter die Nase gerieben, dass er zu einem Vampir mutiert und niemand dies aufhalten konnte. Es ging wieder Licht an, aber mit dem spärlichen normalen Licht, leuchteten nun auch rote Lampen. Da ist was größeres passiert.

„Was soll das!? Hat uns das MI5 entdeckt, oder wie?“ brüllte der Mann weiter in seiner unbeherrschten Wut. Vlad bemerkte, dass das kleine Lämpchen am Telefon nicht mehr leuchtete. Der Strom war weg.

Es dauerte nicht lange, da konnte man draußen auf dem Gang eilige Schritte hören. Jemand rannte panisch zu ihnen und wenig später krachte die Türe auf und ein sehr außer Atem seiender Mann, in einem weißen Kittel gekleidet, stand ihm Rahmen und keuchte so stark, als wäre er von der Stadt daher gerannt.

„Sir,... die... die Zombies! Jemand hat sie frei gelassen...!“ stotterte er dann mit zitternder Stimme.

„Dann verriegelt das komplette Labor und bereitet die Evakuierung vor!“ brüllte sein Vorgesetzter nach einigen Sekunden des Schocks.

Der Mann im Kittel sank auf die Knie und weinte fast, „Jemand hat unsere Stromversorgung in die Luft gejagt! Selbst unsere Telefone sind tot und und ohne Strom können wir das Haupttor nicht öffnen!“ Vlad sah, wie sich der Mann weiter nach vorne lehnte und die Hand auf den Bauch legte, er erbrach sich. Wortlos starrte sein Boss ihn entsetzt an, genau sowie sein Wachmann.

„Soll das jetzt etwa heißen, dass wir hier mit 200 halbverhungerten Zombies festsitzen?“.

Vlad weitete die Augen; WAS hatte er eben gesagt? Er wendete sich von dem Geschehen wieder ab und plötzlich fühlte er sich mit neuer Energie beladen, er fühlte sich, alsob er vor lauter Adrenalin in seinem Blut die Ketten zersprengen könnte. Jedoch bemerkte er dann, dass es noch nicht einmal reichte, um gescheit aufzustehen. Vlad drehte sich mühsam wieder zurück und sah, dass Integral immer noch bewusstlos auf dem Boden lag.

„Und was ist mit den anderen Objekten?“ Es klang so pervers. Hatten sich diese Psychos etwa noch mehr gebastelt als haufenweise Zombies? Er musste zwanghaft an Resident Evil denken, ein Konsolenspiel, was Walter quasi pausenlos zockte, und an die Gestalten, die dort sonst noch so den Charakteren das Leben erschwert oder beendet haben, außer den Zombies. Wenn so etwas bald in den Gängen rum trotten würde, dann würde Vlad wohl einen Kopfschuss vorziehen, als etliche hoffnungslose Fluchtversuche.

„Nein, aber wenn wir es nicht schaffen, den gesamten Notstrom darauf zuleiten, dann werden sie wohl sehr bald die schwache Sperre aufbrechen können...“ jammerte der Professor, oder Laborassistent, oder was immer der war. Sein Vorgesetzter starrte ihn nur weiter an, wie der Gesichtsausdruck war, konnte Vlad nicht sehen, da der Typ inzwischen mit dem Rücken zu ihm stand. Jedoch konnte er sehen, wie er seine Waffe hob und auf den schluchzenden Mann im weißen Kittel richtete.

„Bitte, Sir,...“ stieß der Mann aus sich, Tränen liefen über seine Wangen, „...ich habe Familie...“ aber dem Anderen war es egal, er drückte ab. Vlad sah nur noch, wie die Wand im Gang einen breit gefächerten roten Fleck ab bekam und der Mann, mit nun einem Loch in seinem vor Angst erstarrten Gesicht, nach vorne fiel, und ausgerechnet Kopfüber direkt in seinem eigenen Erbrochenen landete. So abartig es auch war, Vlad war sich sicher, dass er in dieser Nacht noch viel schlimmere Dinge sehen würde.

„Da sich diese Sache ja grad erledigt hat,...“ schnaufte der Mann und sprach nun den Wachmann an, „...kannst du die Beiden jetzt ins Verlies bringen. Komm dann in den Kontrollraum.“ sagte er weiter und stieg dann über seinen nun toten Untergebenen. „Und die Sauerei wird bald eh Niemanden mehr stören.“ Vlad lachte fast, bis er dann ruckartig nach oben, auf sein Beine, gezogen wurde.
 

Eigentlich hatte er damit gerechnet, dass sie ganz schnell hinter Gittern gebracht werden würden, aber es lief doch alles ganz einfach und schnell. Nachdem sie in dem unteren Geschoss aus dem klischeehaften Aufzug gestiegen waren, war absolut Niemand zu sehen, das einzige was sie sahen, war ein schlecht beleuchteter Gang und Walters Fantasien in Sachen Horror liefen mal wieder Amok. Zwar lief alles ganz nett, schließlich wurden sie nicht entdeckt, allerdings waren die Gänge und Hallen so verwinkelt und verwirrend, dass sie... es war sicher eine Stunde, umher irrten, bis sie in die Nähe einer großen, hellen Halle kamen. Dumm war nur, dass da ein großes, hochmodernes Tor war, was von mindestens 10 Männern bewacht wurde. Und so begann das Vergnügen auch schon, als sie wieder etwas zurück liefen und eine der verrosteten Metalltüren öffneten.

Darin befand sich nämlich ein altes Büro, mit Mobiliar, aber ohne Papierkram. Dort fanden sie dann auch den Lüftungsschacht... tja, es lief weiterhin alles problemlos, nur wussten sie nicht, ob sie mit der Methode hinter das hochmoderne Tor kommen würden, aber es hatte den Anschein. Durch die Lüftungsschlitze konnte man ab und zu in den Raum unter ihnen schauen und sah dort oft Menschenmassen, oder besetzte Büros.

Aber er wüsste gerne, wie sie in DIESE Situation gekommen sind!

Nachdem sie ein plötzliches großes Tumult in den Räumen unter ihnen bemerkt hatten, und sie aber munter weiter in den engen Schächten herum gerutscht waren, schloss sich zwischen ihnen... naja, soetwas wie eine Wand. Sie kam einfach so über ihnen raus... und trennte Seras und Pip von ihn ab. Klopfen und Rufen half nichts, er hörte einfach gar nichts, nur sich selbst.

Als er dann nach langer Zeit, voller Panik und Verzweiflung dann schließlich weiter kroch, fand er auch recht schnell einen weiteren Lüftungsschlitz, der runter in einen Raum führte. Unten sah es aus wie ein Kerker, nass und kalt und allein. Lange lag er still da und lauschte, ob er Geräusche vernahm. Niemand redete, oder bewegte sich, auf jeden Fall hörte er keinen einzigen Laut, und er beschloss sich aus dem Schacht zu befreien und runter in den verlassenen Raum zu fallen. Schließlich wollte er sich auf die Suche nach Pip und Seras machen, die sicher auch schon unten herum liefen und nach ihm sahen. Und so hob er vorsichtig das Gitter und hob es neben das nun entstandene Loch. So langsam und leise es ging rutschte er aus dem Schacht und setzte mit den Füßen auf dem Boden auf. Kurz stockte er...

„Na ganz klasse!“ rutschte es aus ihm heraus, als vor ihm, und zu beiden seiner Seiten Gitter waren. Ja, Gitter! Und hinter ihm war eine Wand! Kurz überlegte er sich, was der Architekt nur für ein unfähiger Vollidiot war, dass er einen Lüftungsschacht in eine Gefängniszelle führte.

„Walter...?“ hörte er eine brüchige, schwache Stimme, die ihm allzu bekannt war. Sofort sah er sich nach Vlad um, wollte ihn sofort fragen, wie es ihm ging, was passiert war und als er nach links sah, konnte er seine Konturen erkennen, allerdings... war er weit weg. Eine leere Zelle trennte die Beiden.

Walter ging zu der Gittertüre und rüttelte dran. Überflüssiger Weise war sie abgeschlossen, aber er wollte nicht wissen, wer oder was schon alles durch den Lüftungsschacht geflohen war. Also fragte er dann schließlich seine Fragen, die ihm auf der Zunge brannten, denn er wusste, dass er in seinem geschwächten Zustand nicht in der Lage war, diese verrostete Türe aufzubrechen.

„Mir geht es so Lala...“ schnaufte er nur, und hielt sich an den Gittern fest. Man hatte ihn von den Ketten befreit, aber es wäre wohl gleich gekommen, wenn sie es nicht gemacht hätten.

„Hör zu Walter! Wir haben ein ganz beschissenes Problem!“ Was würde jetzt kommen? Das Problem, dass sie hinter Gitter sitzen und keinen Schlüssel haben? Das ist wahrlich ein Problem, jedoch... „Diese Verrückten haben sich hier über 200 Zombies angezüchtet und was weiß ich noch auch,...“ Walter starrte ihn an, und wusste schon was passiert ist, „Jemand hat sie frei gelassen und die Stromversorgung zerstört! Wie immer du hier rein gekommen bist, so müssen wir hier auch raus!“ seine Stimme streng und so voller Hoffnung.

„Man hat die Schächte eben versiegelt...“ Walter scheute es nicht ihm die Tatsachen ins Gesicht zu klatschen, schließlich konnte alles nicht noch schlimmer werden. Er starrte ihn nur ungläubig an, bis er sich wieder fing und auf den Boden setzte. Walter tat es ihm gleich, weil so viel Stress hatte ihm alle Energie geraubt und wegen des Kriechens im Schacht brannten seine Arme, aber wenigstens bluteten sie nicht mehr und es drängte ihn, die Verbände abzulegen. Seine Wunden könnten sich gleich so gut durch das gammlige Blut in der Binde entzünden, wie wenn er damit durch Dreck und Staub wühlen würde. Und so gedacht, begann er auch schon damit, sie abzuwickeln.

„Hey, brauchst du die noch?“ fragte Vlad, der inzwischen wieder stand und sich abermals ans Gitter hing. „Integral hat eine Kopfverletzung, die immer wieder aufgeht...“ Was? Integral!? Walter jagte sofort einen Schock durch den Körper. Sie war hier? Aus irgendeinem Grund hatte er Angst davor sie zu treffen, mit ihr zu reden, sich zu rechtfertigen. Sie würde ihm eh nicht glauben und somit vielleicht auch Vlad das Vertrauen zu ihm rauben. So gut er konnte warf er seinem besten Freund die gebrauchten, vom trockenen Blut schon harten, Binden zu und machte anstalten, in den Schacht zurück zu kriechen.

„Ich werde versuchen einen anderen Schacht zu finden, vielleicht kann ich ja noch irgendwo anders raus! Macht ja keinen Sinn hier noch hinter Gittern zu sitzen...“ sagte er hektisch, „Vielleicht kommen ja Pip und Seras vorbei, sie könnten euch mehr helfen.“
 

Oder vielleicht auch nicht. „Da werden wir nie durch gelangen!“ keuchte Seras, die angespannt vor dem Schlüsselloch stand. Pip lag auf dem Boden und starrte durch den Türschlitz und das einzige was sie sahen, waren hektisch herumlaufende Personen; es kam ihm so vor, als würden es immer mehr werden. „Unter die Leute mischen werden wir wohl kaum schaffen, dafür sind wir zu auffällig...“ meinte er tonlos und seufzte. Seras antwortete nicht, sondern richtete sich auf und blickte sich um. In dem unbeleuchteten Raum sah sie so gut wie nichts, nur das, was von dem schwachen roten Licht, was von der Decke blinkte, kurz erleuchtet wurde.

„Dann machen wir uns halt unauffällig.“ entgegnete sie, mit einem überraschend optimistischen Unterton. Pip wunderte sich nur, als er aufstand und seiner Freundin hinterher starrte, die sich nun durch den Raum schlängelte, an den voll beladenen Regalen vorbei, zu einem Schrank. „Ich hoffe nur, dass dies ein kleiner Lagerraum ist,“ welcher glatt einer sein könnte, so voll gerümpelt er war, „denn dann könnten wir Glück haben, und...“. Zum ersten Mal in dieser Nacht hatten sie tatsächlich Glück, als sie leise den ersten Schrank öffnete.
 

Vorsichtig traten beide auf den Gang. Immer noch war er von vielen panischen Seelen belebt; sie riefen sich gegeseitig Dinge zu, in einer Sprache, die die Beiden nicht verstanden, einige rannten quasi um ihr Leben, mit Blättern in der Hand, welche wohl schnell ihr Ziel erreichen sollten.

'Thorben K. Vondorf' und 'Sabrina Berg' drängelten sich durch die Masse, wussten selbst nicht wo sie eigentlich hin sollten, schließlich kannten sie sich dort unten kein Stück aus. Dummerweise waren so ziemlich alle Türen geschlossen, und wenn mal eine öffen war, dann konnte man sichergehen, dass nicht die gesuchten Personen dort waren. „Wo sollen wir anfangen?“ fragte sie leise und drängte sich näher an ihn dran. „Ich mache mir eher sorgen darum, dass mir der echte Vondorf über den Weg läuft!“ meinte er nur platt, sichtlich entnervt von dem ganzen Stress, der sie umkreiste. Um die Beiden in weißen Kitteln bekleideten Personen handelte es sich um Pip und Seras, die diese Anzüge glücklicher Weise in der kleinen Kammer gefunden haben. Die Idee, die er anfangs für brillant gehalten hatte, fand er nun überhaupt nicht mehr lustig. Schließlich sprachen beide kein Wort Deutsch und wussten noch nicht einmal wo sie waren, geschweige denn was eigentlich los war, oder wo die anderen Drei sich aufhielten. „Du glaubst doch wohl nicht ernsthaft, dass wir in diesem Chaos auffallen. Wir müssen so schnell wie möglich die Anderen finden und dann abhauen! Ich will gar nicht erst wissen was hier passiert ist.“ Sie liefen gegen die Masse, denn beide waren sich einig, dass sie mehr in der Mitte Glück hatten. Es war ziemlich schwierig voranzukommen, denn es schien, dass immer mehr Panik ausbrach. „Scheint ziemlich schlimm zu sein...“ meinte Pip, „Glaubst du wir sollten uns bewaffnen?“. Seras hätte fast losgelacht. „Wo sollen wir hier bitte schön eine Waffe finden?“ Pip zuckte nur mit den Schultern und meinte dann nur, dass sie eine Wache niederschlagen könnten, es würde eh keiner wirklich mitbekommen. Zwar hatte er recht, aber sie wollte nicht unnötige Blicke auf sich ziehen.

Sie kämpften sich weiter durch den immer dichter werdenden Fluss aus aufgebrachten Menschen, ein gewaltiger Lärm kam auf, Schreie, bis sie durch eine geöffnete Schleuse traten, welche in einen riesigen Raum führten. Es wirkte auf sie wie eine Kontrollstation, wegen den vielen Computern und seltsamen Geräten, wegen der Zentimeter hohen Schicht von Papieren, auf der sie liefen. Rechts von ihnen eine gewaltige Türe. Sie sah hochmodern aus und undurchdringlich. Vor ihr eine unglaubliche Masse Menschen, gekleidet in Kitteln, Uniformen, seltsamen Anzügen, sie schlugen gegen die geschlossene, riesige Türe, brüllten sich die Seele aus ihren Leibern, schlugen und erdrückten sich gegenseitig. Sie blieben Beide wie angewurzelt stehen und spürten die Energie, die Energie, die beim Kampf ums Überleben aufkam, sowie eine erdrückende Angst und Panik über sich hängen. Sie standen inmitten des Tumultes und wurden von allen Seiten an gerempelt. „Das ist nicht gut“ keuchte Pip in das Getöse. Seras verstand ihn nicht, „Wie sollen wir sie in diesem Chaos nur finden?“ brüllte sie gegen die Schreie, konnte sich kaum selbst verstehen. „Ich glaub wir sollten nach einem Gefängnis suchen!“ Seras stimme ihm mit einem Nicken zu, nur war da wieder die Frage, wo sie um alles in der Welt suchen sollten.

Plötzlich setzte Pip sich in Bewegung, als hätte er einen Geistesblitz, oder Jemanden entdeckt, und sie folgte ihm nur hastig, was schwerer war als gedacht. Er lief zu einem Platz, wo kaum einer stand, zur Treppe, die in den offenen zweiten Stock führte. „Die Lüftungsschächte!“ brüllte Pip und flog quasi die Stufen hinauf, und als er oben angekommen war, rannte er in einem Tempo, als ging es um Leben und Tod. Seras hatte Mühe ihm zu folgen, auch wenn kaum ein Mensch sich auf dem metallenen Boden befand. „Ich habe Walter gesehen!“ rief er laut und schon kam dieser auch in Sichtweite. „Er ist grad aus einem Schacht gekommen! Vielleicht weiß er wo die Beiden sind.“ Sie sahen ihn, wie er am Geländer stand und runter auf die offene Panik starrte. Er war kreidebleich, wirkte fast wie eine Statue. Als sie ihn erreichten, sah er sie nicht an, bekam es offensichtlich nicht mit, seine Augen starrten nur weiter in Leere. Pip ergriff ihn und schüttelte kräftig, brüllte ihn an, er solle zu sich kommen und schließlich zeigte er eine Reaktion. Er sah Pip an und öffnete den Mund, „Wir sind im Arsch...“ sagte er nur.



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Kommentare zu dieser Fanfic (7)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von: abgemeldet
2009-05-16T12:09:57+00:00 16.05.2009 14:09
Man Integra ist ja jetzt schon sowas von enevt, mal sehemn wielange das gut geht.
Von: abgemeldet
2009-05-16T11:59:13+00:00 16.05.2009 13:59
ein interessanter einstieg, gibt scon mal eine netten vorgeschmack!
Von: abgemeldet
2009-04-14T09:33:28+00:00 14.04.2009 11:33
Na dann schreib ich auch mal nen Kommentar dazu. Ganz ehrlich, ich finde die Geschichte super. Die Storyline gefällt mir sehr gut, sie ist nicht vorhersehbar, was natürlich die Spannung oben hält.
Würde mich freuen bald ein neues Kapitel lesen zu dürfen!
Lg
Von:  sleeping_snake
2008-06-24T19:52:12+00:00 24.06.2008 21:52
Boah. 0.ô
"Wie Alucard zum Vampir wird" mal anders.
Sie sind hinter Integra her! Gibs zu!!!
Oh Gott. Der arme Walter.
Dieser Konflikt. Wird er Vlad retten können, indem er einen seiner anderen Freunde ausliefert???
Das wird so spannend!!!! ((o>.<o))
(Wehe du verrätst etwas.)

Du hast voll Phsychoterror betrieben in diesem Kapi. Toll!!! Mach weiter so.
lg S_S


Von:  sleeping_snake
2008-06-02T06:14:39+00:00 02.06.2008 08:14
Oh mein Gott!!!
Der arme Walter. ;.;
*volldiePanikhab*
Findet er Vlad? Wer ist für die Zombis verantwortlich? Werden sie es überleben?
Die Spannung brennt mir auf den Zehnägel. >.<'''
Schreib bitte schnell weiter!!!
*dasKribbelnnichtmehraushalt*
Von: abgemeldet
2007-06-25T22:06:47+00:00 26.06.2007 00:06
Hey du ^^
würd mich auch freun wenn du weitermachen würdest, aber da swar ja sowieso schon geplant ;-) hehe, also, mir gefällt seras und intregra ist... integra halt :D alucard als kumpeliger freund von Walter, und die beide als goffel (meine version von gothics xD ich darf das) sau mega süüß hehe ^^
und wie cih sehe hat maxwell anderson schon an der leine. wo bleibt pater... öhm, der leibwächter tüpi ausm museum von maxwell? naja, bin gespannt wien flitzebogen, mach schnell weiter ^^
Von: abgemeldet
2007-06-25T10:06:10+00:00 25.06.2007 12:06
mach mal wieter! die Geschichte fängt doch schon mal interessant an! Außerdem kann man hier vielleicht zum ersten mal beobachten wie ein Kampf Alucard vs. Anderson ohne besondere Fähigkeiten ausgeht...

Außerdem hast du eine sehr schöne Wortwahl und einen angenehmen Schreibstil... (also keine Überflüssigen Kommentare, die den Verlauf der Geschichte unterbrechen etc.) Außerdem fließt die Geschichte sehr schön vor sich hin, sodass es keine Mühe macht sie zu lesen!

naja... schreib bitte weiter...

MfG
Der_Dicke


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