Blutige Stille
Kapiteltitel und "Hnn..." powered by ShinRaInc-Tifa. *knuddel*
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Der 7th Heaven lag in Edge, der kleinen Stadt, die am Rand des zerstörten Midgars aufgebaut worden war. Es gab mehrere Gründe, warum sie die Stadt dort gebaut hatten. Die wichtigsten waren aber, dass sie ohnehin nirgends sonst hingehen konnten, dass sie ihr Heimatland nicht verlassen wollten und dass sie Überreste aus der großen Stadt benutzt hatten.
Letzterer war wohl der markanteste Grund, immerhin hatte man also schon mal nicht weit gehen müssen, um sich neues Baumaterial zu besorgen.
Die kleine Bar gehörte Tifa Lockheart, einer lebenslustigen jungen Frau, welche schon so manche Krise durchgestanden hatte. Ebenso war sie aber auch ein Teil der Gruppe gewesen, die bislang alle Katastrophen hatte abwenden können. Meteor, Reunion und Omega, gegen all das hatte sie gekämpft, auch wenn man es ihr nicht ansehen konnte.
Tifa war immer gut drauf, schenkte jedem ein Lächeln und hatte auch für jeden ein paar freundliche Worte übrig. Es gab Leute, die nur kamen, um sie zu sehen.
Sie lebte nicht allein dort, sondern teilte sich den Wohnraum mit Cloud (ebenfalls einem Helden der Gruppe), Marlene (die Adoptivtochter eines Freundes), Denzel (ein Waisenjunge, den Cloud eines Tages einfach mitgebracht hatte) und seit einem halben Jahr auch mit Shelke (eine Bekannte eines Freundes, welche keinen anderen Ort zum Wohnen gehabt hatte).
Alle drei halfen Tifa so gut sie konnten. Cloud erledigte mit seinem Motorrad Fenrir Lieferungen für andere Leute, Marlene und Denzel halfen hinter dem Tresen soweit es ging und Shelke bediente die Gäste an den Tischen sehr gern.
Im Augenblick war alles ruhig.
Cloud war mit einer Lieferung unterwegs, die Kinder spielten oben und Shelke war einkaufen gegangen. Tifa hatte die Bar quasi für sich allein – und das feierte sie, indem sie Gläser spülte.
Obwohl ihr alle immer halfen, blieb sehr viel liegen und nach Geschäftsschluss, nachts um drei Uhr, hatte sie auch keine Lust mehr darauf.
Also machte sie das lieber tagsüber, wenn ohnehin niemand da war und summte dabei.
Sie sah nicht einmal von ihren Gläsern hoch, als die Tür aufging. „Bist du schon wieder da, Shelke? Das ging aber schnell.“
„Äh...“
Es war eine Männerstimme, also doch nicht Shelke. Tifa seufzte, drehte sich aber immer noch nicht um. „Wir haben geschlossen, kommen Sie später wieder.“
„Ich fürchte, das hier kann aber nicht warten.“
Sie fuhr herum, um zu sehen, was da wohl so wichtig war – und ihr Zorn wandelte sich in ein Lächeln. „Hallo Reno, hallo Rude. Es ist lange her.“
„Hallo Tifa“, begrüßte Reno sie, Rude nickte einfach nur.
„Was führt die Turks in meine Bar?“
Doch noch bevor einer von beiden antworten konnte, entdeckte sie ein junges Mädchen an Rudes Hand. „Wer ist dieses Mädchen?“
Reno legte eine Hand auf die Schulter der Kleinen „Das hier ist Mediam. Wir haben sie gefunden, hier in der Nähe. Sie ist ein... Waisenkind. Könnt ihr sie vielleicht aufnehmen?“
Die Barbesitzerin kam um den Tresen herum und beugte sich ein wenig vor, um gleichauf mit Mediam zu sein. „Hallo Mediam, ich bin Tifa. Wie geht es dir?“
Das Mädchen antwortete nicht, sah die Frau nur aus starren goldenen Augen an.
Verunsichert richtete die Barbesitzerin sich wieder auf. „Stimmt etwas nicht mit ihr?“
„Sie kann nicht sprechen“, erklärte Rude. „Steht wahrscheinlich unter Schock.“
Tifa fuhr sich durch die Haare und verschränkte dann ihre Arme vor der Brust. „So, und jetzt soll sie also hier bleiben? Hat die ach so tolle Shinra keinen anderen Platz für Waisenkinder?“
Der rothaarige Turk wollte widersprechen, aber sie lachte bereits. „Das war doch nur ein Scherz. Sie kann hier wohnen, so lange sie will.“
„Danke, Tifa“, sagte Reno. „Du hilfst uns damit echt aus der Klemme.“
Ein wenig neugierig war sie schon, normalerweise kamen die Turks nie in ihre Bar und dann gleich mit einem Kind... aber sie fragte nicht danach, erfahrungsgemäß würde sie ohnehin keine Antwort bekommen. „Kein Problem. Muss ich auf etwas Bestimmtes achten?“
Der Rothaarige schüttelte seinen Kopf. „Nein, sie ist sehr umgänglich. Sorg einfach dafür, dass es ihr gut geht und alles ist bestens. Und falls sie sich in irgend einer Art und Weise seltsam benimmt, lass es uns wissen.“
Er reichte Tifa einen Zettel mit einer Telefonnummer. Sie nickte, immer noch ein wenig verwundert darüber. „In Ordnung.“
Rude kniete sich neben Mediam. „Du wirst jetzt hierbleiben müssen. Reno und ich werden wieder gehen. Aber ich werde dich besuchen kommen.“
Sie sah ihn forschend an. Er erwiderte ihren Blick durch seine Sonnenbrille.
Plötzlich schien sie zu verstehen und ließ seine Hand los.
„Gutes Mädchen“, brummte er und richtete sich wieder auf.
Reno hob seine Hand. „Also dann, man sieht sich. Macht's gut, ihr zwei Hübschen!“
Damit verließ er die Bar wieder, Rude folgte ihm nach einem kurzen Nicken.
Tifa sah ihnen nachdenklich hinterher. Schließlich zuckte sie seufzend ihre Schultern und wandte sich an Mediam: „Na, dann stell ich dich doch mal Marlene und Denzel vor.“
Sie nahm das Mädchen an der Hand und ging mit ihm hinauf.
***
Nessy starrte aus dem Fenster. „Denkst du wirklich, dass das eine gute Idee war, das Kind in die Hände von Zivilisten zu geben?“
Tseng sah von seiner Zeitung auf. „Sie sind nicht nur einfache Zivilisten, sie sind diejenigen, die diesen Planeten bereits mehrmals gerettet haben. Und falls Mediam tatsächlich eine Waffe ist, werden sie damit wesentlich besser klarkommen, als wir. Vertrau mir in diesem Punkt einfach.“
„Ich wünschte, das könnte ich.“
Sie drehte sich zu ihm um. „Aber leider habe ich in der Vergangenheit schlechte Erfahrungen mit den Turks gemacht – und auch mit dir.“
„Dafür kann ich mich nur entschuldigen. Damals war Veld der Auftraggeber, nicht ich.“
„Ich brauche keine deiner dummen Ausreden oder Schuldzuweisungen. Alles, was ich will ist, dass du deinen verdammten Job richtig machst, damit es nicht so endet wie damals. Ich erinnere dich gern daran, dass Dutzende von Turks gestorben sind, als es euch nicht gelungen ist, eine Shinra-Waffe unter Kontrolle zu bringen.“
Tseng senkte schuldbewusst seinen Kopf. „Ich weiß... und es verfolgt mich heute noch in meinen Träumen. Denkst du,... Mediam ist ebenfalls eine Waffe?“
Nessy zuckte mit ihren Schultern. „Ich bin mir nicht sicher. Ich werde den Chip aus ihrem Ohr noch genauer untersuchen, vielleicht finde ich darauf noch einen Hinweis.“
Er nickte ihr zu, sie ging in Richtung Labor davon. Als sich die Tür hinter ihr schloss, seufzte er leise. Vielleicht war es doch keine gute Idee gewesen, eine Pendragon einzustellen...
***
Elena sprang aus dem Helikopter und sah sich suchend um. Sie befanden sich auf dem Grünstreifen jenseits des Canyons. Zwischen den Schluchten konnte der Helikopter nicht landen, also blieb ihr wohl nichts anderes übrig, als diesen Fußmarsch in Kauf zu nehmen.
Es war ja nicht allzu weit.
Dennoch wünschte sie sich einen Chocobo her, damit hätte sie zumindest ein Problem weniger gehabt. Das nächste Mal würde sie vorher daran denken müssen.
Zwei Shinra-Soldaten sprangen ebenfalls aus dem Helikopter. Sie sollten Elena bis zum Cosmo Canyon begleiten und dann vor der Siedlung auf sie warten – wenn sie überhaupt hereingelassen wurde.
Stumm liefen sie durch die Landschaft, nur ihre Schritte waren zu hören.
Ein kalter Schauer lief über Elenas Rücken, aber sie redete sich ein, dass es nur an der untergehenden Sonne lag.
Plötzlich blieb einer der Soldaten stehen.
„Was ist los?“, fragte Elena verärgert.
Der Soldat sah immerzu auf eine bestimmte Felsformation. „Ich habe da gerade etwas gesehen.“
Sie folgte seinem Blick, sah aber nur Felsen.
Prima, dachte sie bei sich. Ich bin mit einem Kerl unterwegs, der Gespenster sieht. Ganz toll.
Doch plötzlich spürte sie wieder diesen kalten Schauer, ihre Nackenhaare stellten sich auf; jemand beobachtete sie.
Suchend sah sie sich um, während sie ihre Pistole zog. Entdecken konnte sie nichts, aber sie war sich sicher, dass noch jemand hier war.
Sie hasste es, es sich eingestehen zu müssen, aber genau in diesem Augenblick wünschte sie sich, dass einer von den anderen hier bei ihr wäre. Selbst Reno wäre ihr jetzt recht gewesen, zumindest hätte er gewusst, was nun zu tun war.
Ein Geräusch erklang, es kam von rechts.
Elena wandte sich der Felsformation zu. Sie konnte es sehen, etwas befand sich dahinter.
Sie trat einen Schritt zurück und zielte mit ihrer Pistole darauf. „Identifizieren Sie sich!!“
Statt einer Antwort erklang ein leises Kichern.
Einer der Soldaten verlor die Nerven – und feuerte.
Erschrocken schrie Elena auf. „Schluss damit! Feuer einstellen!“
Die Kugeln fielen klappernd zu Boden und rollte ihnen direkt vor die Füße. Elena starrte darauf, unfähig, sich zu rühren. Was war das für ein Wesen, welches Schüsse aus einer MG abfangen konnte?
Und vor allem: War es ihnen feindlich gesinnt?
Stille war eingetreten, nicht einmal der Wind heulte durch den Canyon.
Elena und die zwei Soldaten starrten wieder bewegungslos auf den Felsen, hinter dem sich etwas zu bewegen schien.
Ein plötzlicher Schrei zerriss die Stille. Elena spürte etwas Warmes auf ihrem Gesicht.
Sie sah zu dem Soldaten rechts von ihr – aber er war nicht mehr da. Alles, was noch entfernt an ihn erinnerte, waren blutige Fetzen.
Elena spürte, wie sich ein hysterischer Schrei den Weg nach draußen bahnen wollte, aber sie hielt ihn zurück. Der andere Soldat wimmerte leise, während er auf die Überreste seines Kameraden starrte, sein Körper zitterte wie Espenlaub.
Ein Knall, wie der einer Peitsche, zerschnitt die Luft.
Der Soldat verstummte, verharrte bewegungslos – sein Oberkörper löste sich von der unteren Hälfte und fiel klatschend zu Boden.
Elena starrte darauf hinab. Tränen traten in ihre Augen, liefen aus und vermischte sich mit dem klebrigen Blut des ersten Toten.
Jetzt konnte sie den Schrei nicht mehr zurückhalten. Er löste sich gewaltsam und trotzdem realisierte sie nicht, dass sie es war, die dieses Geräusch verursachte.
Niemand auf der Akademie hatte ihr beigebracht, was sie in solch einem Fall tun sollte.
Sie wollte sich abwenden und wegrennen, aber ihre Beine ignorierten ihren Befehl. Unterbewusst war ihr klar, dass es dafür ohnehin schon zu spät war.
Sie sah etwas auf sich zurasen, dann spürte sie einen stechenden Schmerz im Magen.
Vor ihren Augen sah sie sich selbst, wie glücklich sie bei ihrem Abschluss der Akademie gewesen war, wie stolz, als sie zum Turk befördert worden war. Sie sah Reno, Rude und Tseng, Präsident Rufus, Clouds Gruppe und auch Kadaj, Yazoo und Loz.
Am Schluss sah sie noch sich selbst, ausgeblutet und tot auf dem Boden liegen – dann wurde es schwarz um sie.
***
Die Handys von Reno und Rude klingelten gleichzeitig. Sie holten die Telefone heraus und sahen auf das Display.
„He, es ist Elena!“, rief Reno erfreut.
„Hnn...“, machte Rude nur.
„Vielleicht hat sie ja was herausgefunden.“
Sie hoben beide ab. Ein lautes Rauschen und Kratzen erklang.
Reno sah Rude an. „He, Moment mal! Wie kann sie uns beide gleichzeitig anrufen? Und was ist das für ein Geräusch?“
Plötzlich erklang eine Stimme in dem Rauschen. Es war eine zischende, bösartige Stimme und noch dazu kaum zu verstehen – dann brach die Verbindung zusammen.
Die beiden Turks sahen sich besorgt an, dann nickten sie sich zu und begannen zu rennen.
Zurück zu Tseng.