Neuer Mut
Nach dem Gespräch mit Tsubasa kamen Genzos Sehnsucht nach Kojiro und seine Gewissensbisse mit doppelter Stärke auf. War es das? Sollte seine Beziehung mit Kojiro wirklich zu Ende gehen? Sollte er aufhören sich darum zu bemühen, dass Kojiro ihm verzeiht? [Ich liebe ihn doch so sehr, wie soll es denn mit mir weitergehen, ohne ihn?] Den ganzen Tag dachte Wakabayashi darüber nach... und je länger er darüber nachdachte, desto größer wurden seine Zweifel, dass er und Kojiro irgendwann wieder zusammenkommen.
Erst am Abend entschloss er sich die einzige Person anzurufen, von der er sich Verständnis erhoffte. Er nahm das Telefon ans Ohr und wartete, bis am anderen Ende sich jemand meldet.
„Ja?“
„Taro? Hey, wie geht‘s dir? Hast dich lang nicht mehr bei mir gemeldet.“
„Tut mir leid, ich war die letzten Tage ziemlich beschäftigt. Ich bin durch halb Japan gereist, hab ständig neue Leute getroffen. Da gab es keine Zeit um mal in Ruhe einen guten Freund anzurufen.“
„Hast du die Reise aus irgendeinem bestimmten Grund unternommen?“
„Ja, Jun ist dran schuld“ Misaki kicherte „Er wollte mir unbedingt ein paar seiner Freunde und seine Familie vorstellen. Dann hat er noch einen romantischen Ausflug ans Meer geplant.“
„Und wo bist du jetzt?“
„Bei Jun zu Hause. Wir sind gerade erst vor einigen Stunden angekommen.“
„Und... hast du vor... bei ihm zu bleiben?“
„Ja Genzo, genau das werde ich machen.“
„Bist du glücklich mit ihm?“
„Genzo... stell mir doch bitte nicht solche Fragen. Du weißt doch... es fiel mir nicht leicht mich dafür zu entscheiden und...“
„Ja, ich weiß“ unterbrach ihn der Keeper „du musst dich nicht rechtfertigen, ich weiß schon Bescheid.“
„Wie gut, dass wenigstens du mich verstehst... Aber sag mal, wie sieht es denn eigentlich jetzt bei dir aus? Hat sich zwischen dir und Kojiro was getan?“
„Wenn du wissen willst, ob wir Kontakt zueinander hatten, dann lautet die Antwort ‚ja‘“
„Wirklich?!“ fragte Misaki begeistert. „Und? Habt ihr euch endlich ausgesprochen? Hat dieser Sturkopf dir endlich verziehen?“
„Nenn ihn nicht so. Ich kann es ihm ja nicht übel nehmen, dass er sauer ist.“
„Ja aber herrscht denn jetzt endlich wieder Frieden zwischen euch?“
„Nein, eigentlich...“ Wakabayashi seufzte schwer „Wir haben in den letzten Tagen zweimal miteinander telefoniert. Und keines dieser Gespräche deutete darauf, dass er bereit ist mir zu verzeihen. Eigentlich... ich hab mir Gedanken gemacht, ob ich Kojiro nicht einfach aufgeben sollte.“
„Aufgeben? Du willst aufgeben?! So kenn ich dich nicht!“
„Ich kann ihn nicht zwingen mir zu verzeihen... und es sollte mich auch nicht wundern, dass er so wütend ist. Und... weißt du, ich hab heute mit Tsubasa geredet. Er hat gesagt, dass es von Kojiro richtig war mich fallen zu lassen, dass ich es nicht anders verdient habe.“
„Tsubasa...“ flüsterte Taro, fragte weiter mit unsicherer Stimme: „Wie... wie geht es ihm?“
„Nicht so gut. Er ist nicht er selbst in letzter Zeit. Er wird wohl noch eine Weile brauchen, um mit dem fertig zu werden, was passiert ist.“
„Er fehlt mir, weißt du? Ich denke jeden Tag an ihn...“
„Er an dich wohl auch. Gerade heute ist er auf Sanae losgegangen, nur weil sie deinen Namen erwähnt hat.“
„Genzo... ich hoffe du hast dein Versprechen eingehalten und redest mit Tsubasa nicht über mich?“
„Ich versuche es. Aber wenn du nun mal das Einzige bist, woran er denken kann...“
„Weiß er, dass wir noch Kontakt zueinander haben?“
„Nein, keine Sorge, davon hab ich ihm nichts erzählt.“
„Gut, halte das bitte auch weiterhin vor ihm geheim. Ich hoffe, dass er mich bald vergisst...“
„Taro... du hast mir zwar erklärt was deine Beweggründe waren, aber ich finde das alles so furchtbar deprimierend... Das ihr nicht zusammen sein könnt...“
„Daran lässt sich nichts ändern. Ich habe dir doch schon gesagt: es wird sicherlich das beste für uns beide, vor allem für ihn sein.“
„Hast du vor mit Jun eine ernste Beziehung einzugehen?“
„Das weiß ich noch nicht. Im Augenblick läuft es zwischen uns ganz gut. Jun bemüht sich wirklich sehr, damit ich Tsubasa endlich vergesse.“
„Gut dass du jemanden hast, der dir dabei hilft. Ich bin nur auf mich allein gestellt... Sag mir, wie soll ich es anstellen, wie soll ich Kojiro vergessen?“
„Warum willst du das denn unbedingt? Warum willst du ihn aufgeben?“
„Nach dem heutigen Gespräch mit Tsubasa fange ich langsam an zu glauben, dass es das Beste wäre.“
„Tsubasa ist im Moment die letzte Person, auf die du hören solltest. Genzo... ich weiß, was du für Hyuga empfindest. Und auch wenn ich es nicht verstehen kann... ich bin der festen Überzeugung, dass du um ihn kämpfen solltest.“
„Meinst du?“
„Zweifellos. Noch ist nichts verloren, lass dich also nicht hängen. Wenn du ihn wirklich so sehr liebst, dann kämpf um ihn.“
„Du... du hast Recht. Ich darf nicht das aufgeben, was mir am wichtigsten ist. Ich werde um ihn kämpfen!“
„Na bitte, jetzt klingst du wieder wie du selbst.“
„Taro...“
„Ja?“
„...Danke.“