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Von Licht und Finsternis

von

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Kapitel 1

„Freust du dich schon auf dein Zuhause?“ Diese völlig harmlose Frage löste bei Maeglin einen leichten Schauder aus.

Obwohl er sich wirklich sehr auf sein Zuhause freute, konnte er nicht umhin sich Sorgen zu machen. Es war nicht die Wiederkehr die ihm Sorgen bereitete, sondern vielmehr war es der Abschied, der voran gegangen war. Bei den meisten Mitgliedern seines Dorfes, hatte er sich standesgerecht verabschiedet, aber eben nur bei den meisten. Und er wusste, die Person die sie suchten um sie zu führen, gehörte ganz eindeutig nicht zu denen, die ihn freundlich in die Arme schließen würden.

„Ja, ich glaube ich kann sogar schon den Kanincheneintopf meiner Mutter riechen.“ Er wusste das das nicht möglich war, aber er war zu aufgewühlt um näher auf Elions Frage einzugehen. Nicht das er ihn nicht mochte, es gab nur wenige mit denen er sich jemals besser verstanden hätte, um genauer zu sein nur eine, und genau die war es auch, die ihm jetzt ihm Kopf herumspukte.

Seine Gefährten hatten seiner wachsenden Unruhe nicht sehr viel Aufmerksamkeit geschenkt, sie dachten wohl er freue sich bloß auf seine Familie und seine Freunde, keiner von ihnen hätte etwas anderes erwartet. Einen aber beunruhigten die Veränderung in Maeglins Gemütszustand. Daeron, der empfindlicher auf die Schwingungen seiner Gefährten reagierte, um nicht zu sagen reagieren musste, machte sich allmählich sorgen um den jungen Elben. Er vermutete, dass mehr dahinter stecken musste, als die bloße Freude der Heimkehr, auch wenn Maeglin schon seit über fünfzig Jahren nicht mehr zu Hause war.

„Wer wagt es den Elbenwald ohne Erlaubnis zu betreten?!“ Die Stimme schien von direkt vor ihnen zu kommen, doch konnten sie keinen dazugehörigen Körper entdecken.

„…. Maeglin, bist du das?!!!!“ Ein dickes Grinsen breitete sich im Gesicht des blondhaarigern Elben aus, als schließlich seine alten Spielkameraden aus dem Gebüsch traten und ihn und seine Begleiter herzlichst Begrüßten.

Eine halbe Stunde später kam die ungleiche Reisegesellschaft schließlich im Dorf Elwenil an.

Sie wurden schon erwartet. Das ganze Dorf war versammelt um den Heimgekehrten und seine Freunde zu Feiern.

Nur einen konnte Maeglin in der Menge nicht ausmachen, was seine Laune nicht gerade besserte.

„Mein Sohn…“ er blickte in das gealterte Gesicht seines Vaters, der auch als Weiser von der Steineiche bekannt war. Sein Vater war schon nicht wirklich körperlich gealtert, vielmehr schienen sich die Sorgenfalten in seinem Gesicht verdoppelt zu haben. Seine Augen waren nicht mehr so strahlend hell und er hatte eine etwas stärker gebückte Haltung als vor fünfzig Jahren. Maeglin fragte sich was seinen Vater wohl so zu schaffen gemacht hatte, denn er erinnerte sich das seinen Vater kaum etwas aus der Ruhe bringen konnte.

Er stieg vom Pferd und verbeugte sich, wie man es ihn gelehrt hatte, doch sein Vater schüttelte nur den Kopf, lachte und umarmte ihn. Ein leises Räuspern unterbrach die idyllische Szene schließlich. Elion saß unruhig auf seinem Pferd und starrte vorwurfsvoll zu ihm herab. Maeglin konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen, die gesamte Zeit, die sie zusammen gereist waren hatte der Elbenprinz nie auf den dramatischen Moment verzichtet, in der er seine Identität bekannt gab.

„Oja, ich vergaß“ er musste seine gesamte Konzentration aufbringen um das Grinsen aus seinem Gesicht zu vertreiben „Ich habe die Ehre euch seine Majestät Prinz Elion Khar, zweit geborenen des rechtmäßigen Herrschers aller Elben, vorzustellen.“ Elion verbeugte sich in einer majestätischen Geste und stieg vom Pferd.

Seine aquamarinfarbenen Augen blitzten vor Vergnügen als ein erstauntes Raunen durch die Menge ging. Für jeden der ihn nicht kannte war es die perfekte Zurschaustellung königlicher Arroganz, in Wirklichkeit verabscheute der Prinz aber die höfischen Etikette, musste sich aber leider trotzdem an sie halten, und eine der wichtigsten Regeln war nun mal, das sein Gegenüber immer wusste mit wem er sprach. Obwohl Elion nicht überheblich und herrschsüchtig war, merkte man doch, das er nie um etwas kämpfen hatte müssen. Als jüngerer von zwei Söhnen war er inmitten all der Wunder aufgewachsen die das Elbenreich zu bieten hatte, er war mit einer Blindheit gesegnet, die alles ausblendete was seinem Weltbild nicht entsprach und er sah nur das was er sehen wollte.

Er stellte auch noch das dritte Mitglied vor, den immer ernsten Daeron, einen Abgesandten der Assassinen. Sie gingen an dem kleinen Marktplatz vorbei, und die roten Strahlen der schon tief stehenden Sonne tauchten die alten Baumriesen in ein sanftes Licht. Sie gingen an einem kleinen See vorbei, klar sprudelnde Bäche zerflossen hier ineinander und bildeten einen natürlichen Graben um den größten der Bäume. Versteckt zwischen seinen riesigen Wurzeln lag eine große völlig ebene Steinplatte aus schwarzem Onyx, die von hauch dünne Silbersträngen durchzogen wurde. Die Stränge schienen keinem bestimmten Muster zu folgen, aber sie trafen sich alle im Mittelpunkt der Baumhöhle. Am hinteren Ende der Höhle erwartete sie bereits der Ältestenrat. Sie saßen an einem hufeisenförmigen Tisch und alle trugen sie die gleichen langen Gewänder,

Nachdem die offizielle Begrüßung der Gäste beendet war, führte man die Gefährten in einen kleinen Raum in dem Wein und Essen bereitgestellt wurde. Müde vom langen Ritt und etwas gelangweilt von den Ausführlichen Begrüßungsfloskeln machten sich die fünf über das Essen her.

„Müssen wir von noch mehr Elben begrüßt werden oder reicht das erst mal für heute?“ Hran war der erste der Aussprach wofür die anderen zu gut erzogen waren. Müde führte Maeglin sie in das Haus seiner Kindheit, eine große Trauerweide in deren Wipfel sich ein großräumiges Haus befand.

„Mein Vater hat darauf bestanden euch bei uns unterzubringen. Ich hoffe eure Zimmer gefallen euch!“ Mit diesen Worten entließ Maeglin sie und machte sich auf die Suche nach seinem Vater. Er musste ihn unbedingt etwas fragen.

Er fand ihn lesend im großen Salon, in seinem lieblings Schaukelstuhl. Er setzte sich ihm gegenüber und sie schwiegen sich eine Zeit lang an.
 

Daeron hatte kein Problem damit seine Freunde auszuspionieren. Wie er schon sehr früh lernen musste, war Wissen Macht, Macht über andere. Es würde sich noch herausstellen ob und wie er diese Macht jemals benützen würde.

Schon nach kurzem hörte er aus Elions Zimmer ein leises Schnarchen. Er stand wieder auf und schlich aus seinem Zimmer. Er verschmolz mit den Schatten, schärfte seine Sinne und hörte zwei flüsternde Stimmen aus einem Zimmer im zweiten Stock.

Lautlos versteckte er sich im Schatten einer großen Holztür und lauschte dem Gespräch von Vater und Sohn.

„Sie wohnt seit langem nicht mehr hier… Sie lebt jetzt in einer Hütte nahe des verbotenen Waldes.“ In der Stimme des älteren lag ein tiefer Schmerz und aus seine Augen waren abgewandt und starrten aus dem Fenster, hinein in den Wald.

„Wie.. wie konntest du das zulassen?! Sie ist doch noch ein halbes Kind… es gibt dort niemanden der auf sie aufpasst.“ Maeglin starrte auf seine Füße und trommelte nervös mit den Fingernägeln auf die Sessellehne. Sein Blick wandte sich hin und wieder zu seinem Vater, der hielt den Blick aber abgewandt.

„Es… ist jetzt anders. SIE ist anders... Elestirne hat sich seit deiner Abreise sehr verändert. Sie hat sich noch mehr zurückgezogen, sowohl äußerlich als auch innerlich. Seit mehr als dreißig Jahren hat niemand mehr ihr Gesicht gesehen, seit ihrem hundertsten Geburtstag… Immer wenn sie das Dorf betritt, und das ist wahrhaft eine seltene Begebenheit, versteckt sie sich hinter einem schwarzen Umhang. Kein Lichtstrahl durchdringt die Dunkelheit die sich dann über sie legt. Es scheint fast so, als wäre unter dem Umhang nur ein rastloser Geist…“ Maeglins Vater erhob sich und ging ans Fenster „Sie ist damals das erste Mal verschwunden. Einen Tag vor ihrem Geburtstag war sie weg und bleib es auch für mehr als ein ganzes Monat. Ich weiß nicht was in dieser Zeit mit ihr geschah, aber ich glaube wir würden es sowieso nicht verstehen, selbst wenn sie uns daran teilhaben ließe. Ich denke nicht einmal sie selbst versteht es. Es hat sie sehr verletzt…“ Maeglin antwortete mit betretenem Schweigen. Er hatte erwartet, dass seine Cousine nicht gerade gut auf ihn zu sprechen sei, aber dass sie sich auch gegen alle anderen gewendet hatte… „Ich wollte nicht gehen ohne mich zu verabschieden, aber… sie war nicht da und der Trupp hätte nicht gewartet, ich hatte keine Wahl.“

„Man hat immer eine Wahl, mein Sohn. Du hast die deine getroffen, so wie sie die ihre. Du kannst das Vergangene nicht mehr verändern, aber du kannst dafür sorgen, dass die Zukunft anders aussieht… Aber nun zu einem anderen Thema. Warum seid ihr wirklich hier? Ich glaube kaum das der Prinz samt Gesandtem der Assassinen hierher gekommen ist, nur um zu sehen wo du wohnst.“

Daeron wusste nicht so recht was er von dem bisherigen Teil des Gesprächs halten soll. Er wusste weder wer diese Elestirne war, noch in was für einer Beziehung sie zu Maeglin stand. Er vermutete, dass es sich um seine Jungendliebe handelte, vielleicht sogar seine Verlobte, die er verlassen hatte um in den Krieg zu ziehen. Aber all das interessierte Daeron nicht, er war nicht hier um sich um die Herzensangelegenheiten anderer zu kümmern. Seiner Meinung nach war Liebe etwas völlig überflüssiges. Nicht das er keine Frauen mochte, das nicht, aber er sah einfach keine Notwendigkeit darin sich ein Leben lang an eine einzige Person zu binden. In Wirklichkeit lag es nicht in seiner Natur. Als Angehöriger der Gilde der Assassinen aufzuwachsen heißt niemanden zu vertrauen und in jedem Gesicht einen möglichen Mörder zu sehen. Er war der Sohn einer lonischen Mutter und eines menschlichen Vaters und durch das Erbe seiner Mutter war es ihm möglich, die Gefühle anderer zu erspüren, ein nettes Hilfsmittel im Geschäft mit dem Tod, aber seinem Leben brachte es nichts gutes. Er spürte immerzu die Angst und das Misstrauen wenn man ihm begegnete. Noch nie war ihm jemandem begegnet, der sich nicht von seinem Beruf bedroht gefühlt hatte. Für ihn war es ein immer währender Kampf mit sich selbst, denn eigentlich konnte er es ihnen nicht einmal verübeln. Er hasste sich selbst für das was er war, denn es gab etwas, was selbst der Herr der Assassinen nicht über ihn wusste.

Er wandte dem Gespräch den Rücken zu und ging zurück in sein Zimmer. Er war tief in Gedanken über den nächsten Tag versunken, der sie, so hoffte er, ihrem Ziel endlich näher bringen würde. Je schneller er seine Aufgabe erfüllt hatte, desto schneller würde er endlich wieder die Einsamkeit genießen können.



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