Vergeltung
So, mit den Enthüllungen geht es jetzt Schlag auf Schlag, ... damit wir in der Handlung mal
vorankommen. ^^ Ich hab schließlich noch einiges vor mit unseren Protagonisten...
Viel Spaß also beim Lesen ... und regt euch nicht zu sehr auf ^^...
„.........“ = wörtliche Rede
>........< = Gedanken
[..........] = persönliche Kommentare der Autorin
unterstrichene Worte sind betont
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„Ja“, stimmt Ren Tsuruga unumwunden zu, aber es sind nicht Freude oder Stolz darüber, die seine
Gesichtszüge beherrschen, „und ich werde nie für sie da sein können, wenn sie Schutz braucht...“
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„Du sprichst auf diese Sache während der Dreharbeiten in Karuizawa an?“
Ren nickt resigniert. „Ja.“
Nur eine Sekunde später schaut er den LME-Chef verblüfft an.
„Sie wussten davon?“
„Natürlich.“, gibt Rory ernst zurück. „Wenn jemand von meinen Schützlingen belästigt und beinahe
vergewaltigt wird, muss ich davon wissen ... und zwar so schnell wie möglich, damit ich einen
unnötigen Skandal schon im Vorfeld verhindern kann. – Nicht auszudenken, wenn dieser Möchtegern-
Künstler Kyoko-chans Karriere schon im Ansatz zerstört hätte. – Letztlich nur, weil sie selbst sich nicht
gegen diesen brutalen, selbstgefälligen Kerl wehren konnte.“
Er betrachtet den jungen Schauspieler vor sich eindringlich.
„Du machst dir Vorwürfe, weil nicht du es warst, der sie gerettet hat?“
Ren nickt unglücklich. „Stattdessen ging ausgerechnet dieser Sho Fuwa dazwischen...“
Rory Takarada horcht auf. „Warum ‚ausgerechnet’?“, hakt er nach.
„Es ... es tut mir Leid, aber das kann ich Ihnen nicht sagen. Das ist eine private Angelegenheit zwischen
Kyoko-chan und ihm. – Es wäre mehr als unfair, ohne ihr Einverständnis darüber zu sprechen.“
„Hm, ... verstehe.“, meint Rory nachdenklich. „Und ich verstehe auch, dass du dir Vorwürfe machst,
wenn du für sie im Notfall nicht immer da sein kannst. - Wer, wenn nicht ich?“, murmelt er; mit fester
Stimme spricht er dann weiter. „Dabei spielt es gar keine Rolle, ob man sich tatsächlich einen Vorwurf
machen sollte oder nicht. –Yashiro hat mir erzählt, dass du ihn damals sogar vorgeschickt hast... Du
hattest so was wie eine böse Vorahnung, oder?“
„Ja. Ich war schon vor Beginn der Aufnahmen unruhig, ich hatte sie schon am Abend vor der Abfahrt
angerufen und um besondere Vorsicht gebeten. – Sie muss mich für komplett verrückt gehalten
haben... Und bei dem Fotoshooting, wegen dem ich erst ein paar Tage später nachkommen konnte ...,
saß ich dann regelrecht auf heißen Kohlen. Es war so entsetzlich weit weg vom Set... - Dabei wusste ich
nicht einmal, warum ich so angespannt war...“
„M-hm...“, macht Rory. Er denkt eine Weile angestrengt nach und beobachtet dabei Ren, der, den Blick
auf den Boden gesenkt, deprimiert vor sich hin brütet.
„So, wie ich das sehe“, meint er schließlich, „gibt es für dich in Sachen Liebe schon längst kein Zurück
mehr.“
Der junge Schauspieler sieht geschockt auf und starrt seinen Chef sprachlos an.
„Eigentlich weißt du es längst selbst.“, stellt Rory trocken fest. „Deine Verbindung zu ihr ist bereits so
stark, dass du – unabhängig von der Entfernung – schon vorher spürst, wenn Gefahr im Verzug ist.
Yashiro meinte, du hättest nicht den kleinsten greifbaren Hinweis dafür gehabt.“
„Ja, ... stimmt schon“, antwortet Ren verblüfft, „aber...“
„Es gibt kein ‚Aber’.“, unterbricht ihn der Ältere entschieden.
„Aber was“, wirft Ren verzweifelt ein, „ wenn ... wenn ... ich die Kontrolle endgültig verliere?“
Rory schmunzelt leise in sich hinein. „Eigentlich erwartet jeder halbwegs normale Mensch genau das
von jemandem, der einen geliebten Menschen in Gefahr sieht. Bei dir ist es sogar mittlerweile so, dass
jeder, der dich mag und näher kennt, auf so einen Gefühlsausbruch geradezu wartet ... und sich
darüber freuen würde.
Ich habe mich sehr für dich gefreut, als ich das erste Mal mitgekriegt habe, wie du jemanden
mit einem wahrhaft echten Lächeln ansiehst. – Auch, wenn es nur beim Dark-Moon-Dreh in deiner
Rolle war, ...es war Kyoko-chan, die das letztlich ausgelöst hat, nicht wahr?“
„Ja. Natürlich.“ Ren lächelt plötzlich weich. „Ohne sie hätte ich Dark Moon niemals zu Ende drehen
können. Übrigens nicht nur ich. Diese ‚blutige Anfängerin’ hat uns allen – inklusive Regisseur – gezeigt,
wie man eine Rolle neu auflegt, ... wie man ein Remake dreht, ohne mit Pauken und Trompeten
unterzugehen. Ohne ihre Initialzündung wäre Dark Moon wahrscheinlich gar nicht zustande
gekommen.“
Rory nickt; Ähnliches hat er schon vom Regisseur des Films und einigen anderen Crewmitgliedern
gehört.
„Um noch einmal auf deine Angst vor Kontrollverlust zurückzukommen“, sagt er schließlich, „hast du
vielleicht Angst, deine Vergangenheit könnte dich einholen, indem du wieder zum Schläger werden
könntest?“ Geflissentlich übersieht er das Entsetzen in Rens Gesicht. „Wenn ich da so an die Sache in
Karuizawa denke ... mit dieser Beinahe-Vergewaltigung...
Ren fühlt sich sichtlich ertappt. „Ja.“, gibt er zu und senkt erneut den Blick. „Wenn ich diesen Typen in
die Finger gekriegt hätte, hätte ich vermutlich Hackfleisch aus ihm gemacht. – Dabei weiß ich bis heute
nicht einmal, wer es war.“
In Rorys Gesicht breitet sich unwillkürlich ein Grinsen aus.
„Kyoko-chan ist ein kluges Mädchen. – Sie war die Einzige, der ich nicht gesagt hatte, sie solle
den Namen nicht preisgeben.“
Der junge Schauspieler starrt ihn mit offenem Mund an.
„Um die Situation unter Kontrolle zu halten“, fährt der LME-Chef schmunzelnd fort, „war es in diesem
Fall notwendig . Yashiro-san hat sehr wohl gespürt, dass du – wohl nicht nur wegen der
Selbstvorwürfe – kurz vor dem Platzen standest und hat mich informiert. Er war übrigens auch nicht der
Einzige, der mich über diesen Vorfall informiert hat, sondern nur der Erste. – Er wusste zwar nicht, dass
du in deiner Jugend ein schlimmer Rowdy warst, ... aber inzwischen hat er einen guten Blick für deine
Reaktionen.
Es hätte schließlich nichts gebracht, diesen Kerl im Nachhinein noch einmal zu verprügeln. Dafür habe
ich schon auf anderer Ebene gesorgt.“
Rens Kiefer will anscheinend nicht mehr in seine Ausgangsposition zurück, er sieht sein Gegenüber mit
großen Fragezeichen im Gesicht an.
„Der Typ ist auch aus dem Showbiz.“, erklärt Rory Takarada grinsend. „Ein paar Anrufe und er war
schachmatt gesetzt. Sollte er den Mund auch nur einen Millimeter weit öffnen, um über diese
Geschichte zu plaudern, ist er endgültig raus aus dem Geschäft. Der Skandal würde nicht nur ihm das
Genick brechen, sondern auch seiner Agentur. – Es hat sich nämlich herausgestellt, dass er einem
anderen Künstler mehrfach sein geistiges Eigentum gestohlen und versucht hat, ihn auf übelste Weise
zu sabotieren, um selbst nach oben in die Charts zu kommen. - Da war es nicht weiter schwierig,
andere Agenturen in dieser Sache zur Zusammenarbeit zu bewegen.“
Ren schweigt staunend, dann jedoch legt er die Stirn in Falten.
„Aber, ... wird ihn das nicht erst recht wütend machen? Was, wenn er sich jetzt an Kyoko-chan rächen
will? Der Kerl muss Furcht erregend sein, Kyoko-chan ist nicht der Typ Frau, der sich leicht
einschüchtern lässt ... und sie hat noch ein bisschen gezittert, als ich damals dazu kam.“
„Das könnte tatsächlich sein“, gibt Takarada zu, „obwohl ich glaube, dass er zumindest vorerst
stillhalten wird. – Nichtsdestotrotz ist genau das der Grund, warum ich über einen Betreuer für sie
nachdenke, der idealerweise Nahkampftechniken beherrscht. Es ist ohnehin an der Zeit. – Dark Moon
wird nämlich einschlagen wie eine Bombe. Ich habe gestern die Rohfassung gesehen, ... besonders
Kyoko-chan ist einfach sensationell. Sie wird sich nach der Premiere vermutlich vor Angeboten kaum
retten können; es gibt nicht viele Mädchen in ihrem Alter, die auch schwierige Charakterrollen spielen
können...“
Er schaut Ren in die Augen und hält mit einem Mal inne.
„Sag mal, ... wieso hast du solche Angst auszurasten? Ich meine, ... es ist doch nur natürlich, jemanden
zu beschützen, den man gern hat, ... notfalls eben auch mit Gewalt. Ich denke noch nicht einmal, dass
es dir jemand übel nehmen würde.
Sicher, dein Image wäre etwas beschädigt, aber meines Erachtens gehört das sowieso modifiziert. – Was
steckt dahinter? Du hast doch wohl offenbar eine Heidenangst, dass du dann völlig außer
Kontrolle gerätst...“
„Ja“, gibt Ren mit gesenktem Kopf zu, „weil dann die ganze alte Scheiße wieder hoch kommt.“ [Huuch!!
Solch ein Wort aus dem Mund eines geradezu legendären Gentlemans?!]
„Warum? Ich dachte, das hast du überwunden, ... genau wie diese albernen Weibergeschichten.“
Der Gesichtsausdruck des jungen Schauspielers ist zutiefst verzweifelt. Schließlich seufzt er und macht
dann leise und ein bisschen widerstrebend ein Geständnis.
„Weil Kyoko-chan der Anfang von alldem war.“