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You are not a man!

Nami x Robin
von

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Confusion

Was mache ich hier eigentlich? Warum sitze ich nicht in meiner gemütlichen Kajüte und arbeite an meinen Landkarten? Ich könnte dabei einen warmen Tee trinken, während ich meine Skizzen und Notizen durchgehe und einige Verbesserungen an den Karten vornehme. Ich könnte in meiner Arbeit völlig aufgehen, so dass ich meine Umgebung gar nicht mehr wahrnehme und an nichts mehr denke. Irgendwann würde ich dann völlig überrascht feststellen, dass der Morgen fast anbricht, und würde mit einem Recken und Strecken meiner Muskeln todmüde ins Bett fallen.

Doch was mache ich stattdessen? Ich wandere ziellos in den zahlreichen Gassen und Straßen der Stadt umher, während der kalte Regen meine Kleidung durchdringt und der eisige Wind mir um die Ohren peitscht.

Warum setze ich mich also dieser rauen Naturgewalt aus?

Weil ich es auf der Flying Lamb einfach nicht mehr aushalte; weil ich Sanjis nervende Fragen nicht länger ertrage; weil ich nur noch an den Kuss denken kann; weil ich von nichts anderen mehr träume als von IHR … und das seit drei Nächten! Drei endlos erscheinende Nächte, in denen ich mehrfach mit wild klopfenden Herzen und einem schweißbedeckten Körper erwache, der stumm nach erlösender Befriedigung schreit. Drei Nächte, in denen ich mich in meinem Bett in lustvoller Begierde winde und mich nach ihren verheißungsvollen Lippen verzehre.

Doch es ist nicht richtig, was ich fühle … was ich träume … was ich mir insgeheim wünsche. Es ist nicht richtig und darf nicht sein!

Und doch … ihre Worte gehen mir nicht mehr aus den Kopf. Immer und immer wieder, wie eine endlose Litanei, höre ich ihre sanfte flüsternde Stimme an meinem Ohr und spüre ihren heißen Atem auf meiner Haut, die in mir eine unerwünschte Hoffnung auslösen. Robin weiß, was in mir vorgeht … wie ich für sie empfinde. Verbotene Gefühle, die ich nicht zulassen darf … aber die sie akzeptiert … sie scheinbar sogar willkommen heißt. Bedeutet das, dass sie genauso empfindet? Dass sie ebenfalls tiefe Gefühle für mich hegt, wie ich für sie?

Aber das kann nicht sein! Wir sind beide von gleichem Geschlecht. Wir sind beide Frauen, zwischen denen es einfach keine Liebe geben darf. Oder vielleicht doch? Ist es möglich, dass sich zwei Frauen lieben können? Es sogar dürfen? Gibt es irgendwo auf der Welt Frauen, die andere Frauen lieben … ihre Zuneigung offen zeigen?

Seufzend vergrabe ich meine Hände tiefer in die Taschen meiner Jacke, unterdrücke das aufstrebende Gefühl von Hoffnung, während ich nur betrübt den Kopf angesichts der sich ständig im Kreis drehenden Fragen schüttle, ohne auch nur die Antworten zu erhalten.

Der Regen hat mittlerweile ein wenig nachgelassen und fühlt sich nicht länger mehr wie spitze Nadelstiche auf meinem Gesicht an. Doch der Wind bläst nach wie vor mit ungehemmter Stärke über die Stadt hinweg und reißt die welken Blätter von den Bäumen, die knarrend und ächzend der gewaltigen Kraft nachgeben und sich leicht biegen.

Und zum ersten Mal, seit ich die Flying Lamb – vor Minuten oder gar Stunden – verlassen habe, nehme ich meine Umgebung erstmals wieder so richtig wahr. Auf der hastigen Flucht vor der verzehrenden Rastlosigkeit meines Inneren habe ich überhaupt nicht darauf geachtet, wohin ich gelaufen bin. Und jetzt stehe ich hier … mitten auf einer morastigen Straße … umringt von nah beieinander stehenden Häusern, deren Fassaden von zickzackförmigen Rissen überzogen sind; umgeben von tiefschwarzen Schatten, die sich zu unförmigen und grotesken Fratzen verziehen.

Eine kalte Furcht breitet sich in mir aus und umfängt mein Herz, während ich mit einer Hand nach meinen Stöcken greife, die ich mir vor dem Verlassen des Schiffs – und in einem kurzen Anflug rationalen Denkens – vorsorglich um den Oberschenkel gebunden habe. Langsam drehe ich mich um die eigene Achse, in der Hoffnung irgendwo ein helles Licht hinter einem Fenster zu sehen, das das finstere Nichts um mich herum durchdringt. Doch alles ist dunkel, und selbst die schmale Sichel des Mondes bleibt von den regenschweren Wolken verdeckt. Im Augenblick wünschte ich, ich könnte mir für meine törichte Gedankenlosigkeit in den Hintern treten. Nicht genug, dass der Himmel seine Schleusen geöffnet hat – und wohl auch nicht gedenkt sie in nächster Zeit wieder zu schließen – und ich bis auf die Haut durchnässt und durchfroren bin, befinde ich mich auch noch mitten in der Nacht irgendwo in den Straßen einer fremden Stadt. Ich bräuchte mich jetzt also nicht zu wundern, wenn man mich angreifen würde, da meine Unvorsichtigkeit ja geradezu danach schreit.

Angestrengt lausche ich daher dem stetigen Prasseln des Regens zu, ob sich nicht vielleicht noch ein anderes Geräusch hinzu gesellt, mir einen Hinweis von Geschäftigkeit liefert. Doch die einzigen Laute, die ich vernehmen kann, sind das plätschernde Rauschen des Regens und das dumpfe Ploppen der Tropfen auf Holz. Und auch in den Schatten scheint sich nichts zu bewegen, wodurch mich mit einem Mal das Gefühl des Alleinseins überkommt. Das schwarze Nichts um mich herum, in dem nichts Lebendiges zu sehen ist, erdrückt mich … kommt immer näher … lässt mich wieder die trostlose Einsamkeit verspüren, die ich ertragen musste, als ich noch für Arlong gearbeitet habe.

Sofort verdränge ich vehement die grausamen Erinnerungen aus meinem Kopf und versuche mir einzureden, dass ich alles andere als alleine bin. Dies ist schließlich eine Stadt! Und egal, wo man ist, so ist es doch üblich, dass in jeder Stadt und in jedem Dorf selbst bei Nacht noch ein gewisses Treiben herrscht – selbst wenn es sich dabei um herumstreunende Hunde oder Katzen handelt … oder um Ratten, die im stinkenden Abfall wühlen. Doch bei diesem regelrechten Sauwetter sollte es mich eigentlich nicht wundern, dass sich nicht einmal die Tiere auf die Straßen trauen.

Ich selbst spüre allmählich die Kälte in meinen Knochen, so dass ich kaum noch das unkontrollierbare Zittern unterdrücken kann. Und auch meine nassen Sachen, die mir unangenehm am Körper kleben, werden mir mittlerweile bewusst. Ein deutliches Zeichen dafür, dass es an der Zeit wird zum Schiff zurückzukehren, auch wenn mein Kopf nach wie vor noch voller Fragen ist. Doch damit kann ich mich auch am helllichten Tage noch befassen. Viel dringender ist es jetzt für mich den Weg zur Lamb zurückzufinden.

Leider habe ich in meiner Unachtsamkeit nicht auf den Weg geachtet, so dass ich nicht einmal sagen kann, aus welcher Richtung ich gekommen bin. Mein Wissen darüber, dass der Hafen – und damit auch das Schiff – irgendwo in nördlicher Richtung liegt, hilft mir leider auch nicht viel, da mir selbst ein Blick hinauf zum schwarzen Firmament keine Antwort darauf geben kann. Der grautobende Sturm verdeckt gänzlich den Nachthimmel. Ich kann nicht einmal einen kleinen Riss in den Wolken erkennen, durch den ein Stern mir den Weg hätte weisen können. Seufzend muss ich mir eingestehen, dass ich keine andere Wahl habe, als mich auf meine Intuition zu verlassen und zu hoffen, dass ich auch den richtigen Weg einschlage. Doch das dürfte sich als recht schwierig erweisen. Bereits am Tage musste ich feststellen, dass diese Stadt aus einem einzigen komplexen Labyrinth besteht, was mich an den Rand der Verzweiflung gebracht hat. Überall und an jeder Ecke zweigen Straßen und Gassen vom üblichen Weg ab, die entweder in einer Sackgasse enden oder wieder einen dorthin bringen, von wo aus man gestartet ist.

Und während ich mich zu entscheiden versuche, welche dieser Straßen ich folgen soll, schießt mir die lächerliche Frage durch den Kopf, ob die Bewohner jeden Tag mit einer Straßenkarte in der Hand durch die Stadt laufen. Ein leises Kichern entringt sich mir bei dieser Vorstellung, das allerdings im nächsten Augenblick auch schon wieder verebbt, angesichts meiner etwas trostlosen Situation. Aber dann muss ich mich fragen, wie zum Teufel ich mich bei Nacht zu Recht finden soll, wenn ich es schon bei Tage nicht geschafft habe?

Während ich also zögere, welchen Weg ich einschlagen soll, bemerke ich aus den Augenwinkeln ein kurzes helles Aufflackern. Schnell blicke ich hinüber, doch da war es auch schon wieder weg, und ich frage mich, ob ich es mir nur eingebildet habe. Vielleicht war es nur eine Reflektion eines Blitzes? Aber bereits im nächsten Augenblick sehe ich es wieder. Für einen kurzen Moment ist das Ende einer Gasse in ein sehr dunkles Licht getaucht, so dass ich nur die schemenhaften Umrisse einer Mauer erkennen kann. Angetrieben durch die neuangefachte Hoffnung renne ich auf das Licht zu, ungeachtet dessen, dass ich auf meinem Weg jede noch so kleine Pfütze mitnehme und mir das Regenwasser an meinen Waden hinunter rinnt. Am Ende der Gasse beschreibt der Weg eine Rechtskurve, aus der die Lichtquelle herrührt. Ohne dass ich jetzt überrascht wäre, bestätigt mir ein Blick um die Ecke auch sofort meine Vermutung.

Im böigen Wind schaukelt leise quietschend eine kleine Sturmlaterne, die an einer Halterung eines Verandapfostens hängt. Auch aus den dahinter liegenden Fenstern, bestehend aus dicken Milchglas und in gleichmäßig angeordneten Rechteckfeldern, durch die man hindurch nichts erkennen kann, dringt dunkles Licht, was mich vermuten lässt, dass dies die einzige Schänke ist, die in der gesamten Stadt noch geöffnet hat. Kaum, dass mir dieser Gedanke durch den Kopf geht, befinde ich mich auch schon unter dem Verandadach, meine Hand um den kühlen Griff des Türknaufs geschlossen, den ich in der nächsten Sekunde drehe und den dahinter liegenden Raum betrete.

Ich muss ein ziemlich lächerliches Bild abgeben, wie ich so dastehe und mit einem offen stehenden Mund und weit aufgerissenen Augen auf das Treiben vor mir blicke. Im Grunde genommen habe ich mit allem gerechnet – unflätige Bemerkungen, anzügliche Witze, Hände, die nach meinem Körper grapschen – aber nicht, dass sich halbnackte Männer und ebenso halbnackte Frauen auf irdengroßen Kissen am Boden in eindeutigen Umarmungen räkeln. Meine Anwesenheit nimmt nur einen Sekundenbruchteil ihrer Aufmerksamkeit in Anspruch, so dass sie für einen Augenblick zu mir herüberschielen, ohne dabei von ihrem Treiben abzulassen, bevor sie sich wieder voll und ganz auf ihren Partner konzentrieren. Schnell schließe ich die Augen, als mein Blick auf zwei Männer fällt, die einen weiblichen Körper mit ihren gierigen Händen überall streicheln und deren Münder den wohlgeformten Busen mit Küssen übersäen. Krampfhaft versuche ich meine Augen geschlossen zu halten und meine Ohren vor den quietschenden und lang gezogenen Stöhnen zu verschließen, die mehr als nur vergnügliches Wohlwollen zum Ausdruck bringen, während ich gleichzeitig mit fahrigen Fingern nach dem Türknauf hinter mir suche. Ich bin so mit meinem Wunsch beschäftigt, diesen Ort so schnell wie möglich zu verlassen, dass ich fast die raue melodische Stimme überhöre, die scheinbar zu mir spricht.

Langsam – und mit dem Schlimmsten rechnend – öffne ich meine Augen zu einem winzigen Spalt. Als sich die verschwommenen Linien dann zu einem klaren Bild geformt haben, sehe ich vor mir eine Frau von exotischer Schönheit stehen. Langes nachtschwarzes Haar, das zu einem einzigen geflochtenen Zopf über ihrer Schulter liegt, umschmeichelt ein ovalgeformtes Gesicht, deren dunkle Haut mich ein wenig an die Farbe von Haselnüssen erinnert. Braune mandelförmige Augen, umrahmt von schwarzen Kajal, blicken mich verständnisvoll an, während der Mund mit seinen vollen blassen Lippen zu einem freundlichen Lächeln verzogen ist. Im Gegensatz zu den anderen Anwesenden im Raum, sind die weiblichen Attribute dieser Frau verhüllt. Über dem smaragdgrünen BH-artigen Oberteil trägt sie einen weißen durchsichtigen Schleier, der an den Trägern auf der Schulter befestigt ist. Nur zu gut kann ich mir vorstellen, dass dieses Kleidungsstück die Fantasie der Männer anregt, da der Schleier ihr Dekollete nur verschwommen darstellt. Das Gleiche gilt aber auch für das Unterteil, dass ich in meinen Gedanken nur als ein „Etwas“ bezeichne, da ich mir nicht sicher bin, was es genau darstellt. Ist es nur ein recht kurzes Höschen? Oder vielleicht doch nur eine neumodige Art eines Rockes? Die gazellengleichen Beine liegen für jeden Betrachter völlig offen dar und nur zwei ellenlange Schöße bedecken sowohl vorne als auch hinten gerade mal das Nötigste.

Gerade als ich fragen wollte, was sie zu mir gesagt hat, legt sich eine schlanke Hand um meinen Unterarm. Die goldenen Armreifen um ihr Handgelenk geben dabei ein leichtes Klimpern von sich. Mit einem sanften Druck gibt mir die unbekannte Frau zu verstehen, dass ich ihr folgen soll. Überwältigt von dem Geschehen um mich herum, kann ich nichts anderes tun als nur sprachlos mit dem Kopf zu nicken, um dann anschließend, leicht stolpernd und an den Liebenden vorbei, weiter ins Innere des Hauses geführt zu werden. Zu viele Eindrücke schwirren mir im Kopf herum, als das ich irgendwie auch nur auf meine Umgebung achte, so dass ich es kaum bemerke, wie wir durch mehrere Türen gehen, bis ich schließlich inmitten eines kleinen Raumes stehe, der scheinbar als Garderobe dient. Überall, wohin ich auch blicke, sehe ich einen bunten Wirrwarr von Kleidern, die an den Wänden auf Bügeln hängen; Regale voller Hüte in den unterschiedlichsten Größen und Farben, die mit Federn oder Pailletten geschmückt sind; reichverzierte Gürtel, die gebunden oder umgeschnallt werden können; Schuhe und Stiefel, flach oder mit Absätzen, in den verschiedensten Ausführungen.

Allmählich werde ich mir meiner Sprachlosigkeit bewusst, während ich meine Umgebung mit riesigen, staunenden Augen betrachte. Mir innerlich einen Ruck gebend, wende ich mich daher meiner Gastgeberin zu – wenn ich sie denn so bezeichnen darf? –, denn schließlich soll sie nicht glauben, ich sei stumm oder könne ihre Sprache nicht sprechen.

„Es … es tut mir Leid, dass ich einfach so bei ihnen reingeplatzt bin“, stottere ich dann endlich, wobei ich mir meiner etwas kratzigen Stimme bewusst bin, so dass ich mich ein wenig räuspere.

„Das macht doch nichts“, winkt sie mit unbekümmerter Stimme ab. „Ich heiße Tanara und bin die Besitzerin dieses Etablissement.“

„Nami.“

„Nami …“, wiederholt Tanara mit sinnierender Stimme, fast so, als wollte sie sich meinen Namen auf der Zunge zergehen lassen. „Du hast dich wohl verirrt?“

„Oh .. ähm, ja“, dränge ich mich zu einer Antwort, wobei ich meine anhaltende Sprachlosigkeit allmählich verfluche. Ich weiß nicht, was es ist oder woran es liegt, dass ich scheinbar zu keiner vernünftigen Kommunikation fähig bin, aber so langsam sollte ich mich nun doch ein wenig zusammenreißen.

„Lasst euch durch das, was ihr draußen gesehen habt, nicht beeinflussen“, meint Tanara, während sie sich geschmeidig auf einen kleinen Hocker setzt, die gertenschlanken Beine übereinander schlägt und mich fast schon mütterlich ansieht. „Schließlich ist nichts Schlimmes passiert.“

Ihre Worte hören sich beinahe wie ein Tadel an und sorgen dafür, dass ich mich seltsamerweise schuldig fühle, obwohl ich überhaupt nichts getan habe. Ich spüre, wie ein leichter Groll in mir aufsteigt und ich mich in die Offensive gedrängt fühle, so dass ich auch gleich sofort zum Angriff übergehe.

„Es kommt nun einmal nicht oft vor, dass ich einen Raum betrete, in dem irgendwelche Leute ihrem primitiven Trieb nachgehen und übereinander herfallen.“

Zunächst bekomme ich auf meine schnippische Bemerkung eine fragendhochgezogene Augenbraue zur Antwort, bevor Tanara dann leise zu lachen anfängt, das allerdings zur Folge hat, dass mein Groll nur noch mehr ansteigt. Die Lippen fest zusammen gekniffen, blicke ich Tanara aus schmalen Augen an, wobei ich hoffe, dass mein Blick auch wirklich böse ist.

„Meine Mädchen und die Männer dort“, weist sie mit einer Hand zur Tür und völlig unbekümmert angesichts meiner angesäuerten Miene, „gehen sicherlich ihren Trieben nach. Aber in erster Linie frönen sie ihrer Liebeslust und haben Spaß mit dem, was sie tun. Oh, ich weiß schon“, hält sie mich mit erhobener Hand von einer passenden Erwiderung ab, „du gehörst zu der Sorte Frau, die Sex hinter verschlossener Tür und abgedunkelten Fenstern hat. Aber darf ich dich fragen, warum?“

Völlig überrumpelt, angesichts der plötzlichen Wendung dieses Gespräches, bin ich zunächst zu keiner Antwort fähig. Wie kommt es, dass wir jetzt über mein Sexleben reden? Haben wir nicht gerade noch darüber gesprochen, dass ich mich ein wenig Unwohl in diesem Haus fühle? Dass ich – zu recht! – geschockt über das vorhin Gesehene bin? Und überhaupt – was bildet sich diese dämliche Zicke ein mir irgendwelche Vorhaltungen zu machen? Nur, weil ich in dem Irrglauben war, dass es sich hierbei um ein Gasthaus handelt, hat sie noch lange nicht das Recht mich wegen meiner Ansichten zurechtzuweisen! Jeder hat das Recht sich seine eigene Meinung zu bilden, ohne Rücksicht darauf zu nehmen, ob man damit vielleicht jemanden vor den Kopf stößt – basta!

„Es tut mir Leid“, höre ich Tanara mit leiser Stimme sagen, als ich gerade vorhabe mich zur Tür zu wenden, um diesen unseligen Ort an Ausschweifungen zu verlassen. Mich innerlich dafür verfluchend, dass ich dem entschuldigenden Ton nachgebe, bleibe ich mit dem Rücken zu ihr stehen, meine Hände dabei zu Fäusten geballt.

„Wir haben beide unterschiedliche Ansichten über Sex, und das sollte ich akzeptieren. Obwohl mich die Engstirnigkeit der Menschen so verdammt wütend macht.“

„Warum Engstirnigkeit?“

Jetzt habe ich es doch getan! Anstatt ihre Entschuldigung höflich anzunehmen und dann zu verschwinden, bin ich so blöd und gehe auf diese Unterhaltung ein, und das auch noch mit neugierigem Interesse. Dabei habe ich doch überhaupt keine Lust über dieses Thema zu reden. Und davon mal abgesehen, habe ich doch ganz andere Probleme, wie zum Beispiel, dass ich irgendwie zur Flying Lamb zurückkehren muss.

„Weißt du“, beginnt Tanara zu erklären, „in den Köpfen der Leute hat sich eine Moralvorstellung manifestiert, die einen in seinem Freiheitsdrang einschränkt. So gilt der Geschlechtsakt als auch der männliche und weibliche Körper in der Gesellschaft zu einem Tabuthema. Man redet nicht darüber. Aber warum das so ist, kann keiner sagen. Man nimmt es einfach als Gegeben an. Und dabei ist nichts Beschämendes daran.“

„Du meinst also, wenn ein Mann und eine Frau Lust auf Sex haben, dann sollen sie ihrer Lust an Ort und Stelle nachgeben?“

Meine Wut auf Tanara ist längst verraucht, und stattdessen höre ich ihr ganz interessiert zu. Ihre Denkweise ist faszinierend und erfrischend zugleich. Irgendwo im hintersten Teil meines Kopfes kann ich das Gesagte verstehen. Und ich erkenne auch, dass ihre Worte eine Menge Wahrheitsgehalt beinhalten.

„Oh, nein“, lacht Tanara laut auf, und wieder bin ich verwirrt. Habe ich ihre Worte doch falsch verstanden? „Wenn das jeder machen würde, würde es nur zu einem völligen Chaos führen. Stell dir nur mal vor, was eine solche Tat für Aufsehen erregen würde. Man hätte dann etliche Zuschauer, die einen begaffen. Und du könntest dich nicht mehr auf deine Lust konzentrieren. Nein, ich meine damit, wenn du einen Partner hast, dann zeige ihm ganz ungeniert deinen Körper. Sag ihm, wie er dich streicheln oder küssen soll. Das Gleiche gilt natürlich auch umgekehrt. Der Geschlechtsakt ist ein ständiges Geben und Nehmen. Und du und dein Partner sollen Spaß daran haben.“

Ein tiefes Schweigen legt sich über uns, während Tanara mich seelenruhig über das eben Gesagte nachdenken lässt, während ich langsam und völlig vertieft durch den Raum wandere. Und ich denke wirklich über ihre Worte nach. Denn wenn ich so an den Sex mit Sanji denke, so muss ich erkennen, dass ich stets diejenige war, die gegeben hat. Und Sanji war immer derjenige, der genommen hat. Zwar hat es auch Momente gegeben, die wirklich sehr schön für mich waren, aber das, was Tanara gesagt hat, lässt mich vermuten, dass es noch mehr gibt. Ich fühle mich mit einem Male wie elektrisiert. Es juckt mir in den Fingern herauszufinden, was dieses „mehr“ ist – und wie es sich anfühlt.

Plötzlich entsteht vor meinem inneren Auge ein Bild, das mich mit Robin in einer leidenschaftlichen Umarmung zeigt. Erschreckt zucke ich zurück, wodurch ich einen Schritt zurückstolpere, da ich noch zusätzlich einen Stich von unerfüllter Sehnsucht verspüre. Erneut muss ich an Tanaras Worte denken und unwillkürlich stellt sich mir eine Frage. Abschätzend blicke ich zu ihr hinüber, die völlig gelassen auf dem Hocker sitzt, das Kinn auf eine Hand abstützend. Sie hat eine offene, ehrliche Art, wie es mir erscheint. Und ihre Worte bezeugen, dass sie eine von vielleicht einer handvoll Leuten ist, die auch ganz offen ihre Meinung vertritt. Ob ich es also wagen kann? Im schlimmsten Falle würde Tanara mich hinauswerfen, und mich vielleicht auch beschimpfen.

Meinen gesamten Mut zusammennehmend, wende ich mich ihr gänzlich zu. Mein Mund ist staubtrocken und meine Zunge fühlt sich seltsam pelzig an, während mir eine heiße Röte ins Gesicht schießt. Dennoch straffe ich meinen Rücken, gewappnet für das, was kommen mag. Und bevor ich es mir noch einmal anders überlegen kann, stelle ich Tanara mit geschlossenen Augen die wohl mit Abstand wichtigste Frage meines Lebens.

„Ist es möglich, dass zwei Frauen sich lieben können?“
 

++ Ehrlich gesagt, noch nie hatte ich solche Probleme gehabt ein Kapitel zu schreiben wie bei diesem hier. Zeitweise habe ich mich mit einer Schreibblockade rumärgern müssen, wodurch ich mich einfach nicht in den Charakter hinein versetzen konnte. Etliche Handlungen habe ich geschrieben und wieder verworfen, weil ich einfach nicht zu dem von mir gewünschten Ausgangspunkt kam. Und ehrlich gesagt, habe ich es auch jetzt noch nicht so wirklich geschafft - womit ich mir auch ein Eigentor geschossen habe. Es wird noch ein drittes Kapitel geben - supi :( Und das, hoffe ich, wird dann auch das Letzte sein ++



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Kommentare zu diesem Kapitel (7)

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Von:  alexandra89
2012-12-05T01:30:07+00:00 05.12.2012 02:30
Ich find die ersten beiden Kapitel wirklich gelungen und super schön geschrieben und wollte mal anfragen wann denn das dritte Kapitel erscheinen soll? Ich freue mich nämlich mega auf die Fortsetzung!!!

Von:  PrettyCure1
2010-07-27T12:07:32+00:00 27.07.2010 14:07
Oh bitte schreib weiter, ich will unbedingt wissen, wie es weitergeht, und ob noch mehr zwischen Robin und Nami passiert, geschweige denn, wie Robin die ganze Situation überhaupt sieht. Aus ihren Worten im ersten Kapitel wurd ich echt nicht ganz schlau und brennend interessiert mich, wie Namis Frage am Ende vom zweiten Kapitel beantwortet wird
Einfach eine TOLLE Geschichte :)
Von:  rikku1987
2010-04-16T08:22:59+00:00 16.04.2010 10:22
gutgut sehr gut Yohoho, alles klar erst mal zu den favos damit
Von:  Angel-of-the-Night
2010-04-15T17:59:21+00:00 15.04.2010 19:59
Also ich finde das letzte Kapi ganz besinders gut^^
nix was deine Unzufriedenheit begründen könnte <lol>
es wäre echt toll wenn du bald mal wieder weiter schreiben würdest^^
bis dann hoffentlich
lg
Von:  Rukia-sama
2009-07-06T16:13:01+00:00 06.07.2009 18:13
Ich weiß garnicht was du hast <_<
Das Kapitel ist doch klasse^^
Aber schade dass das nächste Kapitel schon das letzte sein soll :(
Seeeeeeeeeeeeeeehr Schade
(hehe^^)
Ich freu mich aber trotzdem^^
Von:  BlackFox5
2009-07-04T18:45:03+00:00 04.07.2009 20:45
Erstmal möchte ich dir danken das du dich nach so langer Zeit dazu durchgerungen hast diese, im ersten Kapitel fantastische Story, weiter zu führen.
So und nun zum neuen Teil: Wie du selbst schon sagt ist es auch zu bemerken das du dich etwas schwer getan haben musst mit der Fortsetzung, doch da ich es aus eigener Erfahrung kenne kann ich dir nur sagen du hast es trotzdem super geschafft. Je länger man sich Zeit lässt desto schwerer wird es und darum hoffe ich dass der 3te Teil bald folgen wird und bestimmt hast du da dann deinen Schreibfluss wieder besser drin.
Noch ma zur Idee. Ich find es gut das Nami ein solches Gespräch mit einer komplett außenstehenden Person führt. In anderen FFs sind´s ja immer Freunde.

Freu mich auf Teil 3^^
Von:  Talitha2
2009-07-04T17:46:10+00:00 04.07.2009 19:46
Schön, dass die Story nach so langer Zeit weiter geht!!!!
Wie auch Kapitel 1 schön und flüssig geschrieben, allerdings merkt man, dass es dir nicht so leicht von der Hand ging. Im Vergleich zu Kap 1 ist der Handlungsstrang etwas "holprig" (tut mir leid, finde kein besseres Wort), obwohl Namis innerer Konflikt gut nachvollziehbar ist. Freue mich schon auf Kap. 3!!!!!!!


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