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Callboys

ZoxRo (LyxKa, SaxNa)
von

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Schnittpunkte der Vergangenheit

37. Robin Schnittpunkte der Vergangenheit

Ich habe einen Verdacht. Einen schlimmen Verdacht. Ein Gedanke, der im hintersten Winkel meines Gehirns wie ein Blitz entstand und sich nun stechend in mein Bewusstsein bohrt.

Drei Katanas.

Aber es ist nur ein Verdacht.

Glühend! Gebe ich zu.

Ich nehme einen kleinen Schluck Sekt zu mir, konzentriere mich auf das Prickeln in meinem Mund, doch es bleibt ein fader Beigeschmack.

Und ich weiß noch, dass mich auch damals ein komisches Gefühl beschlich, als wäre etwas faul an der ganzen Sache. Doch da war auch das Gefühl von Stolz, als ein reicher Geschäftsmann Dad’s Galerie für einen Abend mietete, um seine private Sammlung ausstellen zu können.

Er sei in seinem Leben bereits durch viele Länder gereist, in Europa, Afrika, Südamerika, aber auch Asien. Prahlte mit seinen Reiseerlebnissen und präsentierte stolz seine Errungenschaften, die er von dort mitgebracht hatte. Angeblich mitgebracht hatte, muss ich wohl sagen.

Oder?

Jedenfalls befanden sich darunter drei Katanas.

Ich erinnere mich daran, wie ich ehrfürchtig vor diesen drei Kunstwerken stand, sogar den Atem anhielt, als ich erkannte, wie alt und dennoch gut erhalten sie waren. Als würde jemand sich voller Hingabe jeden Tag um sie kümmern.

Vielleicht war mein Gedanke damals gar nicht so falsch.

Es war vor knapp vier Jahren, die Erinnerung daran klar und deutlich, auch wenn ich nicht selbst den Abend leitete, nur meinen Vater unterstützte. Dennoch war ich nicht mit weniger Eifer dabei als mein alter Herr. Kunst weiß mich eben zu begeistern.

Und gerade deshalb hatte ich mich nach der genauen Herkunft der drei japanischen Langschwerter erkundigt, man mir aber nur ein vielsagendes Lächeln schenkte.

Was meine Neugier weckte.

Doch jetzt bin ich es, die ein Lächeln auf den Lippen trägt!

Eiligen Schrittes betrete ich mein Haus, stelle nebenbei mein Sektglas auf den Tisch und laufe weiter in den Flur.

Ich höre Nami ein: „Alles okay?“, brüllen, doch ich bin schon die Treppe hochgeeilt.

Wo habe ich es nur hingetan? Ich habe es auf jeden Fall schon aus der Umzugskiste ausgepackt, da bin ich mir sicher.

Am Türrahmen meines Büros bleibe ich kurz stehen, atme einmal tief durch.

Mein Blick schweift über geöffnete Kartons, Aktenberge, Bücherstapel, meinen Schreibtisch voller Papiere und einen Berg Kabelsalat. Jetzt weiß ich auch wieder, weshalb ich mich bisher erfolgreich davor gedrückt habe hier aufzuräumen oder überhaupt erst Einzug zu halten. Dieser ganze Elektrokram interessiert mich einfach nicht besonders und Akten über alte Rechnungen ebenso wenig.

Aber nun führt doch kein Weg daran vorbei.

Ich betrete vollends den Raum, spüre wie der weiche Teppich unter meinen Schritten nachgibt. Würde hier nicht das Chaos herrschen, könnte ich mich hier wohlfühlen.

Conchita hat auch schon geschimpft. Leider zurecht.

Aber deshalb bin ich nicht hier.

Also. Wo ist mein altes Laptop? Obwohl Schlepptop der passendere Ausdruck wäre, das Teil ist viel zu schwer und unhandlich.

Ich stöbere in den Kisten, wühle in Taschen, bis ich besagten Gegenstand in einem der Bücherregale zwischen mehreren Schnellheftern liegen sehe. Angestaubt, wohl bemerkt. Ein Glück! Ich nehme es an mich, ebenso das Ladegerät, denn wenn man schon mal ein Laptop braucht, ist auch meist der Akku leer.

Zufrieden laufe ich die Treppe wieder nach unten, wo Nami und Ryo mich offensichtlich schon erwarten.

Nami hatte für den heutigen Abend einen kleinen Imbiss organisiert, den sie in der Küche anrichten wollte. Ryo bot sich an ihr zu helfen und hat, wie ich sehe, aus dem Reservoir meiner kleinen Hausbar einen Cocktail gezaubert.

„Wir wären fertig, wenn du möchtest. Ich habe einfach verschiedene Kleinigkeiten gekauft. Oder willst du jetzt etwa Büroarbeit erledigen?“ Ungläubig sieht Nami auf das Laptop in meiner Hand, wohl sicherlich auch deshalb, weil sie es vor einiger Zeit gewesen ist die mich dazu überredete, mir endlich ein neues anzuschaffen.

„Nein, mir ist nur etwas eingefallen, das ich euch später zeigen möchte.“

Mit diesen vielsagenden Worten setze ich mich an den gedeckten Tisch und werfe einen Blick auf das Essen. Und wie ich sehe, hat Nami wirklich von allem etwas gekauft.

„Es lebe die gute alte Mikrowelle!“, verkündet sie nicht ohne Stolz und kommt samt gut gefülltem Brotkorb zu mir.

Dabei ist Mikrowelle das falsche Wort, schließlich hat Nami beim Aussuchen und Kauf der Küche darauf bestanden, dass ich mir ein Kombigerät zulege. Als ob ich Ahnung davon hätte. Folglich wird sie die teuren Speisen nicht einfach in der Mikrowelle totgekocht haben.

Schweigend beginnen wir mit dem Essen, suche mir ein paar Häppchen zusammen und probiere von Ryo’s Mixgetränk.

Doch meine Gedanken sind bei diesen japanischen Schwertern. Drei an der Zahl. Drei!

Während der Besatzungszeit haben viele amerikanische Soldaten Schwerter aus Japan mit nach Hause gebracht; illegal. Wohl als eine Art Trophäe. Und gerade deshalb kommt es noch immer vor, dass Stücke unter der Hand angeboten werden, die eigentlich darauf warten, ihrem rechtmäßigen Besitzer übergeben zu werden.

Eben auch eines dieser Themen, denen der Staat zu wenig Beachtung schenkt.

„Schmeckt es dir nicht?“

Doch ich antworte Nami erst gar nicht, sondern blicke direkt zu meinem Gegenüber. Es ergibt schließlich keinen Sinn auf das Essen zu starren, solange ich keine Antworten auf meine Fragen habe. Hat mich der Entdeckergeist erst einmal gepackt, komme ich nur wieder schwer davon los.

„Ich sagte doch damals schon, du darfst mich alles fragen“, offeriert er mir.

„Aber dass du nicht auf alles antworten wirst. Was ist damit?“, gebe ich zurück.

„Als ob wir über diesen Punkt nicht schon längst hinaus wären. An dem Abend, als du mir von deinem Treffen mit Diego erzählt hast, wäre ich normalerweise dazu verpflichtet gewesen unsere Treffen zu unterbinden.“ Er lächelt entschuldigend.

Auch ich lächle, meine Wangen sicherlich ein wenig gerötet.

Es braucht einen kleinen Moment bis ich mich wieder gefangen habe, die Hitze in mir nachlässt.

„Erzähl mir bitte von deinen Schwertern. Beschreibe sie mir. Ich werde in der Zwischenzeit versuchen mein altes Schlachtschiff hochzufahren“, meine ich mit einem kleinen Lächeln an ihn.

„Okay.“ Er nickt.

„Ursprünglich waren es einmal vier, wobei das vierte einem Säureangriff zum Opfer fiel. Koshiro, mein Schwiegervater, hatte es für eine kleine Ausstellung auf dem japanischen Volksfest zur Verfügung gestellt. Nachts haben ein paar betrunkene Männer randaliert, haben die Verkaufsstände aufgebrochen. Sie sind auch in die kleine Halle eingebrochen, in der die Anwohner ihre traditionellen Kunstgegenstände oder Musikinstrumente ausgestellt hatten. Es wurde vermutet, dass sie ein fremdenfeindliches Motiv hatten. Gefasst wurden sie jedenfalls nicht. Seitdem ist das Yubashili leider wertlos. Die Papiere habe ich aber noch.“

Kurz nippt er an seinem Glas, ehe er fortfährt: „Bei den anderen drei handelt es sich um ein schwarzes, ein rotes und ein weißes Katana. Das Schwarze ist recht schwer für ein Schwert seiner Art. Der Stahl ist sehr dunkel, dennoch kann man seinen Wellenschliff gut erkennen. Es dürfte um die vierhundert Jahre alt sein. Ich habe das Shusui bei einem hochdotierten Kendoturnier gewonnen. Das Rote heißt Sandai Kitetsu und gehört zu den seltenen Schwertern, die einen Flammenschliff haben. Es war ein Geschenk meines Schwiegervaters an mich, als Zeichen des Willkommens in seiner Familie. Sowohl der Griff, als auch die Schwertscheide sind mit Gold verziert. Es existiert eine kleine Legende die besagt, das Schwert sei verflucht. In Anbetracht dessen, was mir alles in meinem Leben bereits widerfahren ist, neige ich langsam dazu daran zu glauben. Als letztes wäre das weiße Wado-Ichi-Monji zu nennen. Es war das Schwert meiner Frau. Obwohl es optisch am unscheinbarsten ist, ist es das wertvollste der drei Schwerter. Es stammt aus der Kamakura-Epoche und ist circa sechshundert Jahre alt.“

Unweigerlich muss ich lächeln, als ich Ryo’s Leidenschaft für diese Schwerter in seinen Augen sehe. Als würde er für einen kurzen Moment diese Welt hier verlassen und an einen anderen Ort zurückkehren. Er muss gern an diesen Teil seiner Vergangenheit denken.

Ich versuche mir Ryo in der Gestalt des Kämpfers vorzustellen, denn mein Laptop zeigt zwar schon mein Hintergrundbild, die Cheops-Pyramide von Gizeh in Ägypten, doch da noch immer Geräusche herauskommen, als würde ein Hamster in seinem Rad Vollgas geben, habe ich noch etwas Zeit, bis es vollständig hochgefahren ist. Und ich muss gestehen, in dieser Rolle des Samurai würde Ryo sicherlich eine gute Figur abgeben.

„Woran denkst du?“, unterbricht Nami meinen Gedankengang und entgegen meiner sonstigen Art flunkere ich ein bisschen.

„Ob ich auf der richtigen Spur bin.“

Sie schenkt mir einen spitzbübigen Blick.

Und gerade rechtzeitig scheint mein Laptop endlich startklar zu sein, so dass ich mich diesem wieder zuwenden kann.

Ungeduldig durchforste ich die Fotodateien und ärgere mich dabei im Stillen wieder einmal über mich selbst, weil ich so chaotisch bin. Parallel frage ich mich aber auch, an welchem Datum diese Ausstellung stattgefunden hat. Mist!

Es ist ein bisschen so, als würde man die Nadel im Heuhaufen suchen und dabei kann ich noch von Glück reden, dass ich nicht zu der Sorte Mensch gehöre, die jeden Augenblick ihres Lebens in Bildern festhalten müssen.

Dennoch gebe ich zu, hin und wieder ärgere ich mich darüber, dass ich in der Vergangenheit nicht öfters auf den Auslöser gedrückt habe. Bei meiner Promotionsfeier in Yale, um nur ein Beispiel zu nennen.

Frustriert schließe ich den Ordner Bilder wieder und starre auf die Wüstenlandschaft auf meinem Screen. Und siehe da, am Fuße dessen, was der ganzen Leidenschaft meiner Mutter gehörte, springt mir einer dieser gelben Dateiordner ins Auge, die ich beinahe ganz vergessen hätte: Versicherungen.

Zwar auch nicht gerade eine meiner Leidenschaften, aber für gerade jene fertige ich immer Fotos unserer Ausstellungsobjekte an. Nicht dass die Versicherung nicht zahlt, sollte je einem dieser Kostbarkeiten etwas zustoßen, nur weil kein Bild vom Ursprungszustand existiert.

Bis jetzt ist zwar noch nie etwas passiert, aber man muss es ja nicht darauf ankommen lassen.

Eifrig scrolle ich durch die Miniaturansicht, bis ich glaube gefunden zu haben, was ich suche. Drei japanische Langschwerter.

„Kannst du dir das bitte einmal ansehen, Ryo?“, frage ich mein Gegenüber über das Laptop hinweg.

Er nickt nur, denn er hat noch den Mund voll, kommt aber dennoch gleich um den Tisch zu mir gelaufen. Und kaum dass er einen Blick auf den Bildschirm geworfen hat, höre ich ihn hart schlucken.

Gespannt mustere ich seine Reaktion, sehe Trauer, gefolgt von Wut, die anschließend einer Art tiefen Verbitterung zu weichen scheint.

Sein Blick ist starr auf den Bildschirm gerichtet, seine Gedanken scheinen weit weg.

So ist es auch kein Wunder, dass es eine Weile dauert, bis er merkt, dass ich ihn schon die ganze Zeit über ansehe.

„Ja, das sind sie.“ Seine Stimme klingt ein wenig heißer.

Auch Nami hat sich zu uns gesellt, doch mein Hauptaugenmerk liegt auf Ryo. Zu gern würde ich an seinen Gedanken teilhaben, aber ich kann verstehen, dass der Anblick seiner lange Zeit vermissten Katanas nicht so einfach für ihn zu verdauen ist und dass er einfach einen Augenblick braucht, um sich zu sammeln.

„War es...eine Auktion?“, bricht er schließlich das Schweigen.

„Nein. Ich hatte eher den Eindruck, dass es primär gar nicht um irgendwelche Kunstgegenstände ging. Es war ein seltsamer Abend. Deshalb ist er mir wahrscheinlich auch in Erinnerung geblieben.“



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Kommentare zu diesem Kapitel (4)

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Von:  Silja
2020-06-20T18:28:43+00:00 20.06.2020 20:28
Frau...du bist genial. Und das ist nicht so dahin gesagt. Die Katanas als Berührungspunkte zu nehmen...ich bin sprachlos und begeistert zugleich. Ich weiß, welche Liebe du für die Schwerter hast. ABer auch so was wie ein Säureunfall. Du lässt halt einfach alle vier ihre Rolle spielen. Und die leidenschaftliche Beschreibung von Zorro.
Ich hab vorgestern erst selbst ein späteres Kapitel meiner FF geschrieben, wo...ich gebe es zu...die drei (Tut mir Leid Yubashiri...in einen anderen Kapitel werde ich dich würdigen) eine Rolle spielen und ich bin fast dran verzweifelt.

Aber du warst schon immer die Geniale von uns beiden.
Auch diese Liebe zu Kleinigkeiten und Details. Habe ich erwähnt, dass du genial bist?
Antwort von:  Stoechbiene
22.06.2020 22:16
Ich bin nicht genial genug, um endlich meine drei neuen Kaps in den richtigen Kontext zueinander zu bringen.
Antwort von:  Silja
22.06.2020 22:47
Soll ich für dich den Weihrauch und das Weihrauchfass holen? Meinst du, dass bringt dir was für deine Kaps? Und ja, ich hab so was immer noch hier. *lach*
Von:  PurplePassion
2018-01-20T21:38:18+00:00 20.01.2018 22:38
zu aller erst mal: ich hatte gar nicht gewusst, dass du hier weitergeschrieben hast! konnte es kaum fassen, als ich mich zufällig reingeklickt hab.
ansonsten fand ich das kapitel unglaublich spannend! weil sich schon etwas "action" einbahnt, merkt man wie sich alles langsam richtung auflösung bewegt. ich freue mich schon sehr auf die fortsetzung. vor allem, weil das ende jetzt auch stark nach flashback oder ähnliches gerochen hat. ;)
immer weiter so und lg!
Antwort von:  Stoechbiene
22.01.2018 20:28
Ja, langsam kommt der Stein ins rollen! Einen richtigen Flashback wird es wahrscheinlich vorerst nicht geben, aber einiges an Hintergrundinformationen werde ich thematisieren. Es wird auch noch ein weiterer OP-Chara dazukommen, der bis jetzt noch nicht in dieser FF vorgekommen ist. Dieses Kap ist auch schon lange fertig. Aber die Kaps dazwischen...
Ich danke dir für deine Treue und dass du so viel Geduld hast.
LG
Antwort von:  PurplePassion
20.02.2018 16:31
huiii! na da freu ich mich schon sehr drauf!
Von:  Kathili
2017-02-14T12:10:46+00:00 14.02.2017 13:10
Super, endlich geht es weiter!

Ein tolles und und aufschlussreiches Kapitel!

Bin sehr gespannt, wie es weiter geht!




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