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Brennendes Wasser

Engel der vergessenen Zeit
von

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Engel der vergessenen Zeit - 16

Die Flammen züngelten meterhoch, nun da sie nicht mehr zurückgehaltern wurden, entzündeten alles, worauf sie trafen, einschließlich der Schaumkronen der Wellen. Es war ein einzigartiges Schauspiel, erhaben der Tanz zwischen Feuer und Wasser, die durch Xilias Lichtfäden miteinander verschmolzen.

Die Göttin hatte den Wasserspiegel ruckartig ansteigen lassen, um das Feuer unter ihre Kontrolle zu bekommen, doch gegen Lenyas Willen kam sie nicht an, die Magie, die von ihr ausging, war nicht zu übertreffen, das Feuer brannte so heiß und ungehalten, dass es das Wasser verdunsten ließ, bevor es etwas ausrichten konnte.

Trotzdem rettete es Xilia und Lydia das Leben.

Lenyas Feuer war überall, ihre Federn brannten, Haut und Haar standen in Flammen. Das Feuer war übermächtig, das Mädchen verschwand wie eine Schattenfigur in der undurchdringbaren Mauer aus Hitze und Flammen.

Lydia schrie, immer wieder durchzuckten sie Schübe der Magie, die Lenya freigesetzt hatte. Die Flammen durchzogen sie, unterwarfen sich ihrer Kontrolle. Sie kannte dieses Gefühl, hatte es schon einmal gespürt, doch dieses Mal war es schlimmer als je zuvor. Sie wollte sich weigern, die Magie anzunehmen, die sich ihr erneut offenbarte, die Schmerzen waren nahezu grenzenlos.

"NEIIIN!", schrie sie immer wieder, immer wieder spürte sie neue Wellen aus Flammen in sich eindringen, die keinen Zweifel daran ließen, was geschehen war.

Lenya hatte gehandelt, war dem Gelübde gefolgt - bis in ihren eigenen Tod.
 

Eine kurze Zeit später war es still geworden. Das Feuer war zurückgegangen und hatte dem Wasser erneut die Oberhand gegeben. In Windeseile waren die verbrannten Lichtfäden neu gewoben, nur vereinzelnd tummelten sich noch Flammen in den Kronen der Wellen.

Lenyas Opfer hatte die Situation schlagartig geändert, doch Xilia wagte es nicht anzugreifen, und Lydia konnte es nicht.

Die Göttin, deren Flosse im hohen Wasser wieder sichtbar geworden war, konnte kaum glauben, welch eine enorme Magie das Mädchen entfesselt hatte. Natürlich, sie hatte ihr Vorhaben durchschaut, hatte sie auch aufhalten wollen, doch letztendlich konnte sie es nicht.

Sie, die Schutzgöttin Jaribyas konnte nicht gegen den erschreckenden Zauber ankommen. Wie schon so viele Male zuvor, spürte sie nur allzu deutlich, dass ihr Volk dem Untergang geweiht gewesen war, lange bevor das Reich tatsächlich zerstört wurde. Es war gutherzig gewesen, friedfertig. Aus den Belangen anderer hatte es sich stets herausgehalten, nie auch nur daran gedacht, einen Krieg zu führen oder sich zu verteidigen.

Und so war auch ihre Göttin letztendlich schwach, wenn es ums kämpfen ging. Immer und immer wieder hatte sie das nun erfahren müssen. Es war der Preis, den sie zu zahlen hatte.
 

Lydia lag in sich zusammengekauert am Boden, vereinzelnd zuckte sie, doch davon abgesehen, bewegte sie sich kaum. Sie starrte mit leerem Blick auf die Stelle, an der ihre Schwester eben noch gestanden hatte, dort, wo nun nichts als Wasserdampf und Dunst auszumachen war. Auch er musste noch dort sein, geschwächt zwar, jedoch nicht besiegt.

Das teuflische Feuer gehörte ihm, und auch wenn es ihm nicht gehorchte, so konnte es ihn doch nicht ohne weiteres besiegen.

Lydias Atem ging langsam, regelmäßig zwar, trotzdem fiel es ihr schwer. Ihre entsetzte Ruhe hatte den Feuersturm in dem Moment beruhigt, als sie Lenyas Kraft empfangen hatte. Dennoch. Die tobenden Flammen spiegelten viel eher wider, was in ihrem Kopf vor sich ging.

Sie war weg. Ihre süße kleine Schwester war einfach verschwunden. Sie würde niemals wiederkehren.

Sie hatte ihr noch so vieles sagen, noch so viel Zeit mit ihr verbringen wollen. All das war nun unmöglich. Lydias Blick führte ins Leere, ein großes Loch schien aufgerissen worden zu sein, dort an der Stelle, wo Lenya gewesen war.

Nun war sie wieder die einzige Wächterin der Heiligen Flamme, die einzige, deren Aufgabe es noch war, die Magie zu schützen.

Lydia verstand es nicht, wollte es nicht verstehen. Warum war Lenya überhaupt zurückgekehrt? War sie gefangen und in den Turm gebracht worden? Unzählige Fragen gingen Lydia durch den Kopf, allen voran eine einzige: Warum?

Nein. Sie hatte die Amphore geöffnet, hatte sich ihm ganz offensichtlich entgegen gestellt. Lenya war aus freien Stücken zurückgekehrt. Um den Willen des Feuers auszuführen.

Diese Magie war teuflisch, es bestand kein Zweifel daran. Trotzdem wollte Lydia es nicht glauben, nicht wahr haben, was geschehen war. Sie konnte sich noch immer nicht bewegen, gebannt von einer Kraft, die sich wie Fesseln um sie legte.

Was sollte sie mit einer Magie, die ihre Schwester getötet hatte? Wieso sollte sie sie bewahren? Es wäre so viel einfacher gewesen, nicht wegzulaufen, sich einfach dem Unausweichlichen zu stellen. Lenya wäre niemals eine Wächterin geworden..

Das Gefühl, das Lydia schon die ganze Zeit über plagte, steigerte sich nun scheinbar ins Unendliche. Sie war für Lenya verantwortlich gewesen, es war ihre Schuld, dass sie die Magie der Flammen gehabt hatte, allein ihre Schuld, dass sie nun..

Lydia wagte es nicht, den Gedanken zu Ende zu denken, wollte überhaupt nicht mehr nachdenken, doch sie hatte keine Wahl. Sie konnte nicht anders.

Warum war das geschehen? Hätte sie ihn doch nur besiegt, wäre sie doch nur nicht so unglaublich schwach gewesen, naiv genug zu glauben, sie hätte ihre Schwester schützen können. Sie hätte an ihrer Stelle sein müssen, Lenya war so unschuldig gewesen, hatte immer gelächelt, immer alles getan, was Lydia wollte.

Niemals hatte so etwas passieren dürfen. Lydia zog ihre Finger krampfhaft zusammen, schloss, sich auf die Lippe beißend, die Augen. Rühren konnte und wollte sie sich weiterhin nicht.

Sie fühlte sich unglaublich leer, ganz so, als wäre sie mit ihrer Schwester gestorben. Aber sie durfte es nicht, durfte ihr jetzt nicht folgen, musste die Aufgabe erfüllen. Das war wohl die Strafe, die Gott ihr auferlegt hatte.

Manchmal fragte sie sich, wer dieser Gott war, der ihre ganze Existenz an das eine Gelübde gebunden hatte, das ihr jede Freiheit nahm und die Wächter zwang ihr eigenes Leben zu vergessen.

Und ob der Teufel nicht Recht damit hatte, ihn zu verfluchen..



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von: abgemeldet
2007-10-31T11:10:24+00:00 31.10.2007 12:10
Ich gebe Angel_Eyes recht, die Gefühlesind wirklich klasse beschrieben, alles ist total toll beschrieben, man kann sich das wirklich sehr bildlich vorstellen und das mag ich! Ich finde die hilflosigkeitd ie plötzlich inallen steckt trotz des einen angriffs der gelungen ist toll. Also mach bloß weiter, Süße,denn das ist wirklich, neben der Zeremonie, eine geschichte, die abhängig macht, die man weiter lesen will und die unbedingt mehr aufmerksamkeit verdient!
Von:  Melodya
2007-10-25T20:28:08+00:00 25.10.2007 22:28
*tempo holen geh*...*schnief*...voll das traurige Kaspitel und das Lenya sich geopfert hat...arme Lydia... jetzt ist sie ganz allein...
ich finde du hast die Gefühle von Lydia echt total gut beschrieben... ihre ganzen Gedanken... echt super!
ich bin schon richtig gespannt aufs nächste^^...
kann es kaum erwarten *süchtig danach bin*...^^
grüssle
angel


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