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Festhalten

if all wishes could come true
von

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Part 98 - The noose

Part 98 – The Noose
 

So glad to see you have overcome them

Completely silent now

With heaven's help

You cast your demons out

And not to pull your halo down

Around your neck and tug you off your cloud
 

But I'm more than just a little curious

How you're planning to go about

Making your amends to the dead

To the dead
 

Recall the deeds as if

They're all someone else's

Atrocious stories

Now you stand reborn before us all

So glad to see you well
 

And not to pull your halo down

Around your neck and tug you to the ground

But I'm more than just a little curious

How you're planning to go about

Making your amends to the dead

To the dead
 

With your halo slipping down

Your halo slipping

Your halo slipping down

Your halo slipping down

Your halo slipping down
 

Your halo slipping down to choke you now
 

--- A Perfect Circle – The Noose ---
 

~~ Sicher war nur der Tod.
 

Und fast sicher war die Übermacht Ashuras und das Leid aller Leute, die er liebte und die ihm etwas bedeuteten. Vor ein paar Tagen hatte er sich noch so gewünscht, dass ihm niemand etwas bedeutete. Er hatte sich so gewünscht er könnte Kurogane nicht mehr lieben, dass ihm die Kinder egal wären, dass ihm ganz Japan und Ceres und Keira und Chi und alle egal wären. Dass er einfach einen Dolch nehmen könnte und es würde endlich dunkel werden. - Doch es war ihm nicht egal und je länger er marschierte und je länger er sich im Palast aufhielt, merkte er, dass es unmöglich war. Unmöglich, dass es ihm jemals egal sein könnte. Ashura hatte so lange versucht sein Herz einzufrieren und ihm war es nie ganz gelungen, wie konnte er selbst das dann anstellen? Wollte er das überhaupt? Fye wusste es nicht, es tat alles gerade zu weh, und am meisten taten Hoffnungen und Wünsche weh.
 

Fye wollte nicht einen weiteren Toten in diesem Krieg sehen... es war einfach zu viel Leid, das hielt man doch im Kopf nicht aus. Krieg.. nur Krieg, sein ganzes Leben lang. Er hatte Tod und Krieg über andere gebracht und obwohl er wusste, dass es keine Strafe war und obwohl er wusste, dass er nicht allein die Schuld trug, sondern auch Ashura, obwohl er wusste, dass ihm vergeben wurde und obwohl er wusste, dass er mit dieser Schuld leben konnte... schien es ihm als wäre der Krieg bis zum Ende seines Lebens sein Schicksal und sein Henker.
 

Er wurde den Gedanken nicht los, dass er so viel hätte verhindern können, wenn er gleich aus Ceres geflohen wäre, gleich nachdem Shaolan sein Herz zurück hatte. Sie hätten hier noch eine schöne Zeit gehabt, der Junge hätte nicht leiden müssen und Sakura hätte nicht allein die Zeit der Schwangerschaft durchstehen müssen, Kurogane nicht allein seine Krankheit und er selbst hätte seine Seele nicht noch mehr mit Ashura beschmutzen müssen, sogar vielleicht ein paar kleine Lügen über seine Kindheit weiter glauben können. Er hatte Ashura geholfen nach Japan zu kommen, vielleicht hätten sie mehr Zeit gehabt, wenn er gleich geflohen wäre und sich nicht auf sein verdammtes, nicht vorhandenes Schauspieltalent verlassen hätte.
 

Und diese Kinder... Touya und Yuui und auch Hayato. Warum mussten sie überhaupt mit einem Namen wie Ashura in Verbindung kommen? Warum mussten sie diesen Kriegsgott kennen lernen? Einen so übermächtigen Gegner?
 

Fye konnte mit Hoffnung nichts mehr anfangen. Sie warteten quasi auf ihre Exekution. Und das, was ihm selbst übrig blieb, war zu kämpfen bis aufs Blut und so viele Opfer auf den Seiten Ceres mit in den Tod zu reißen. Auch wenn es sinnlos war, so sinnlos, jeder einzelne Tote so unglaublich sinnlos war. ~~
 

___________________________________________
 

Müde schloss der Krieger seine brennenden Augen, hörte dem leisen und regelmäßigen Atem neben sich zu, wünschte sich, ebenfalls einzuschlafen, wenn auch nur aus Erschöpfung..wünschte sich, in einen traumlosen Schlaf gefangen zu werden, der ihm das Denken verweigerte. Doch statt dessen ging ihm alles wieder und wieder durch den Kopf, ließ ihn keine Ruhe finden, sein Herz nicht beruhigen, sich selber fast verzweifeln..

Dabei, war es ein ganz normaler Tag gewesen.. so einer, wie er es schon seit fast einer Woche gewesen war:
 

Beängstigend ruhig.
 


 

Nicht nur die feindlichen Armeen hatten sich zurück gezogen, sondern auch der erwartete Anschlag von Ashura, blieb aus. Und auch wenn sie unterschwellig in Angst versetzt waren, so versuchten sie alle diese nicht zu zeigen und irgendwie in den Tag zu leben, solange sie nichts tun konnten. Es war nicht an der Zeit, einen Gegenangriff zu starten und für die Krieger ideal ein paar Tage zur Ruhe zu kommen. Auch für die frisch gebackenen Eltern kam diese Ruhe wie gerufen.

Doch irgendwas lag in der Luft, ganz unterschwellig und leise, fast genauso wie die Angst, die in ihnen allen lebte.
 

Langsam war der Krieger nach seiner Trainingsrunde über den Hof gelaufen, bemerkte besorgt die vereinzelten Schneeflocken, die vom Himmel fielen. Tomoyo ging es nicht gut, sie wurde immer schwächer durch den Bannkreis, den sie aufrecht erhielt.. aber sie hatte nicht mehr genug Kraft den Winter vollkommen aus Japan fernzuhalten. Das ließ sie sich nur noch mehr anstrengen, sich noch mehr zurück ziehen. Schwer seufzte Kurogane als er einen Blick in Richtung des Tempels warf, in dem seine Prinzessin alles dafür gab, die Vampire zurück zu halten. Er wusste, dass sie ihn nicht sehen wollte, sie hatte darum gebeten, dass man jeden, der sie in ihrer Arbeit stören könnte von ihr fern hielt und Tag und Nacht betete sie in dem Tempel für Japan. Fast ohne Pause.

Kuroganes Herz wurde schwer bei dem Gedanken daran, doch er konnte sie nicht aufhalten. Fast wollte sich der Krieger schon auf den Weg zurück zu seinem Zimmer zu machen und dort den Magier erwarten, der, während er selbst beim Training war, die Kinder und ihre Babys besuchen wollte. Doch der Krieger hielt inne in seinen Schritten, irgendwas war anders und ließ ihn stocken. Plötzlicher Tumult trat vor dem Tempel ein und einige Priester und Dienerinnen machten sich auf den Weg hinein. „Tomoyo..“ bemerkte der Ninja besorgt und alarmiert drehte er um und eilte zu den Tempeln, obwohl die Prinzessin darum gebeten hatte, es zu unterlassen.
 

„Ihr dürft da nicht rein,“ versuchte einer der Dienerinnen Kurogane davon abzuhalten, ebenfalls einzutreten, doch dieser gab nur ein verächtliches Schnauben von sich und ließ sich nicht weiter irritieren. Etwas zu unsanft stieß er die junge Frau bei Seite und gewährte sich somit unaufgefordert den Zutritt zum Tempel.

Das erste, was der Ninja sah, waren nur Diener und Priester, die sich wahrscheinlich um ihre Prinzessin versammelt hatten und ohne lange zu zögern, durchbrach der Krieger auch diese Barriere, es nahm ihn hier in dieser besorgten Stimmung sowieso keiner groß mehr wahr.. und nun sah Kurogane auch, was die Menschen hier so beunruhigte. Das bleiche Gesicht von Tomoyo ließ sein Herz fast für einen Augenblick aussetzen, ihre Augen waren müde und sie schien für einen Moment lang nicht wirklich hier zu sein. Etwas unbeholfen nahm die junge Frau einen Schluck von dem Wasser, das ihr angeboten wurde und Kurogane zerbrach es fast das Herz zu sehen, wie sie sich selbst jetzt noch anstrengte und sich alle Mühe gab, ein beruhigendes Lächeln für die Leute hier aufzusetzen.. sie hatte sich total verausgabt, stellte Kurogane fest, den die Prinzessin wohl noch gar nicht groß bemerkt hatte, oder nicht wollte und der es längst geschafft hatte, sie fast zu erreichen. Innerlich zerfraß ihn die Sorge um seine Prinzessin fast, aber ihrer Würde wegen in diesem heiligen Tempel und weil er wusste, dass sie seine Anwesenheit hier nicht gerade toll finden würde, hatte er sich ruhig verhalten. Auch die Priester und Dienerinnen, schienen von seiner Anwesenheit an diesem heiligen Ort, in dieser wichtigen Zeremonie, die hier fast ununterbrochen in den letzten Tagen stattfand, nicht wirklich begeistert.. aber das störte den Krieger nicht.
 

„Tomoyo..“ sprach er sie versucht ruhig an, und erst jetzt schien sie seine Anwesenheit zu bemerken und blickte zu ihm auf, ebenfalls mit diesem falschen Lächeln, das nur dazu diente, die Sorge und Angst aus den Menschen um sie herum zu verbannen.

„Unverbesserlich..,“ kam es leise und schwach von ihr, während sie versuchte sich ein wenig aufzurichten. „Ich hatte doch darum gebeten, nicht hier her zu kommen, Kurogane.“
 

Diese Aussage ignorierend, überbrückte er die noch wenigen Schritte, die ihn vollkommen von seiner Prinzessin trennten und ging neben ihr in die Hocke.. aus Reflex, wollte Kurogane fast schon ihre Hand nehmen, so wie es dem Magier immer half, wenn es ihm schlecht ging.. aber aus Respekt vor ihr hielt er sich zurück. „Hör auf und ruh dich aus“, versuchte er sie irgendwie dazu zu bringen endlich eine Pause einzulegen, hoffte, dass sie ihm diesmal endlich zuhörte.
 

Doch alles was sie tat war, eine Zeit lang zu schweigen und ihn anzulächeln. Kurogane meinte es nicht böse, das wusste sie und selbst wenn er gegen die Regel verstoßen hatte und in den Tempel eingetreten war - auch noch gegen ihren ausdrücklichen Wunsch - konnte sie ihm nicht böse sein. Sie hatte es ihm nicht nur verboten, damit sie nicht in ihren Gebeten gestört wurde und dies hier ein sozusagen reiner Ort war, sondern viel mehr, damit er ihren Anblick nicht ertragen musste und sie nicht dieses besorgte Gesicht, das von allen hier die ehrlichste Sorge um sie preisgab. Die Sorge eines langjährigen, guten Freundes. Es brach ihr fast das Herz. Und viel mehr brach es ihr, weil sie wusste, dass seines bald noch mehr brechen würde.
 

„Geh, Kurogane“, bat sie ihn freundlich. Es würde keinen Sinn machen, es ihm immer und immer wieder zu erklären. Ihr Bannkreis war schon so schwach, sie durfte sich keine Pause erlauben.. und so lange sie noch konnte, musste sie ihn aufrecht erhalten. Den Leuten im Palast und in Japan Zeit verschaffen, in denen sie Kraft tanken konnten. Das war ihr Schicksal.

Noch ein wenig mehr richtete sie sich auf und vorsichtig strich sie dem Mann vor sich über die Wange.. das erste und das letzte Mal. „Du hast Fieber. Geh und ruh dich aus.“
 

„Aber..“ wollte der Krieger ansetzen, ihr irgendwas entgegen bringen, sie irgendwie - verdammt noch mal - irgendwie davon abzuhalten, sich diesem Bannkreis zu widmen.. sie abhalten.. irgendwie.. aber er konnte nichts mehr sagen, obwohl er in die endlos müden Augen blickte.. diese viel zu müden Augen, die gleichzeitig zu unerschüttert und entschlossen waren. Sie würde sich nicht aufhalten lassen.. am aller wenigsten von ihm.

Mit einem schweren Seufzen, die Wut runterschluckend und alle Worte an sie verdrängend, stand der Krieger wieder auf.. er fühlte sich nicht wohl dabei.
 

Eine kurze Zeit lang noch lächelte die Prinzessin ihn beruhigend an und Kurogane hoffte, sie würde all seine Sorge und die Angst um sie in seinen Augen lesen können, mit Worten kam er bei ihr nicht weiter. „Pass auf dich auf.“ Sagte er noch anschließend, bevor er sich auf den Weg machte, den Tempel wieder zu verlassen. Ein ruhiges Nicken ihrerseits, war die Antwort.
 

„Kurogane.“ Hielt sie ihn noch einmal kurz auf, bevor er den Tempel schon wieder fast verlassen hatte. Schweren Herzens drehte der Krieger sich noch einmal zu ihr rum, sah wieder in ihr blasses und krankes Gesicht, das er so nicht sehen wollte. Aber etwas hatte sich in ihrem Gesichtsausdruck geändert. Der Krieger stockte darüber eine Weile, ihr Lächeln schien ehrlicher, ihre müden Augen schienen traurig..ein wenig meinte der Krieger sogar Angst in ihnen zu sehen. Aber vielleicht bildete er sich das alles auch nur ein.
 

„Ja?“, fragte er.
 

„Danke.“
 

„Aa..“
 

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Schwerfällig drehte der Ninja sich auf die andere Seite, nachdem ihm die Szene im Tempel noch einmal durch den Kopf gerast war. Schlafen konnte er immer noch nicht...
 

Er erinnerte sich, er ging mit einem komischen Gefühl, einem verdammt unguten, beängstigendem Gefühl aus dem Tempel, zurück in sein Zimmer. Er hatte den Sinn nicht verstanden.. hätte er es gewusst, hätte er es doch nur gewusst.. hatte Tomoyo es gewusst? Selbst wenn nicht, Kurogane hätte es ahnen müssen.
 

Die leisen Atemgeräusche von Fye beruhigten ihn ein wenig, doch gleichzeitig fühlte er sich durch sie in Panik versetzt... Sie erinnerten Kurogane daran, wie liebend gerne er sich ebenfalls dem Schlaf hingeben würde.. sie erinnerten ihn daran, dass er nicht allein war.. sie erinnerten ihn an diese skurrile Unterhaltung.. kurz bevor die Welt über ihm zusammen brechen sollte.
 

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“Hey.. erzähl doch irgendwas...“, bat Kurogane nach einer Weile den Blonden leise. „Einfach irgendwas...“
 

„Keira hat auch Enkelkinder...“, brachte sein Gegenüber das erste vor, das ihm einfiel. Er warf einen Seitenblick zu dem Ninja, der schon die Hälfte der Flasche allein ausgetrunken hatte. Sie hatten auf dem ganzen Marsch kaum etwas gegessen, ob Alkohol nun so gut war? Mit einem leichten Schmunzeln, das ganz plötzlich kam, erinnerte er sich, wie wenig Kurogane vertragen hatte als er noch ein Halbvampir war. „Gut, dass du Alkohol jetzt besser verträgst. Soll ich nicht etwas gegen dein Fieber unternehmen? Heilen kann ich dich nicht ganz, aber dir die Schmerzen nehmen, liegt gerade noch in meiner Macht...” Fye war zwar zu aufgeregt gewesen, um wirklich auf den Zustand des Kriegers zu achten, aber nun in Ruhe merkte er schon, dass es ihm nicht gut ging. Erschöpfung - und vermutlich auch die Krankheit.
 

Grummelnd blickte der Krieger den Mann neben sich an. „Tu, was du nicht lassen kannst...“, antwortete er, bevor er zu einem erneuten Schluck ansetzte, „...als ob ich Schmerzen hätte...“
 

“Jaja ich weiß, Kuro-sama, Ninjas kennen keinen Schmerz.” Schon hatte der Magier Kurogane an der Schulter gepackt, ihn zurückgelehnt und die Hand auf seine Brust gelegt. Einige Sekunden geschah nichts, doch dann wirkte der Zauber und die vertraute, silbern glitzernde Wärme begann sich unter seiner Handflächen auszubreiten.
 

Der Krieger schloss die Augen und ohne Widerworte ließ er Fye seine Magie anwenden. Langsam kam ihm dieses Gefühl schon fast bekannt vor, bemerkte er mit einem leisen Seufzen. So oft hatte der Magier schon Magie angewendet, um seine Verletzungen zu heilen, ihn zu einem Halbvampir gemacht und sogar sein Leben gerettet... jetzt konnte sie sogar das Fieber eindämmen und innerhalb einiger kurzer Sekunden spürte der Krieger auch schon wie das dumpfe Pochen in seinem Kopf und der Schwindel verklangen.

- und noch etwas anderes bemerkte er... Urplötzlich fing sein Magen unglaublich laut an zu knurren und grummelnd runzelte er die Stirn, während er versuchte nicht rot zu werden... Hunger hatte er zwar die ganze Zeit irgendwie gehabt... aber jetzt bemerkte er erst wie sehr.

Nachdem der Zauber gewirkt hatte, ließ der Magier seine Hände kurz auf Kuroganes Brust liegen, um dem Herzschlag zu fühlen. Doch dies wurde durch ein lautes Knurren vereitelt und er nahm die Hände wieder fort, damit er sich aufrichten konnte, um etwas zu essen. Schon vor einiger Zeit hatten ein paar Diener ihnen Essen gebracht, doch keiner von ihnen hatte bisher das Bedürfnis gehabt es anzurühren.
 

Mit dem endlich eintretenden Hunger griff der Ninja zu „Du solltest auch etwas essen“, forderte er den Blonden auf, nachdem er schon längst angefangen hatte. „Wann hast du eigentlich das letzte Mal was Vernünftiges gegessen? Du bist total abgemagert“, sprach der Krieger einfach das aus, was ihm schon lange aufgefallen war.
 

Völlig abwesend hatte Fye den Krieger einfach beim Essen beobachtet und schreckte regelrecht zusammen als er plötzlich angesprochen wurde. “Beim König...”, murmelte er und griff, obwohl er keinen Hunger hatte, nach den Essstäbchen.
 

Wieder einmal seufzte der Ninja leise, während er Fye kurz dabei zusah, wie er immer noch mehr schlecht als recht die Stäbchen benutzte und sich das Essen regelrecht gequält reinzwängte. Doch Kurogane sagte dazu nichts, denn er war froh, dass der Magier überhaupt etwas aß. „Manchmal wünschte ich, ich hätte auch so einen verdammten Heilzauber... dann würde ich jede einzelne Wunde in deinem Herzen und auf deinem Körper schließen oder verschwinden lassen...“
 

Völlig überrascht von diesen Worten ließ der Blonde sein Essgeschirr wieder sinken und sah den dunkelhaarigen Mann an. Nachdenklich blickte er auf seine Hände. Wunden... wenn das irgendwann wirklich geschah, wie würde er sich dann fühlen?
 

„Ich glaub... 'du' könntest das sogar schaffen...”, antwortete er leise nach einem langen Schweigen. Als Fye die Holzstäbchen auf das Tablett zurücklegte ertönte nur ein leises, mattes Geräusch. “Aber.... ich hab viel zu große Angst vor Morgen... um an irgendwann zu denken...” Auch wenn er nicht schwach sein wollte, auch wenn... das war vielleicht ihre letzte Zeit zusammen.... die letzten Atemzüge, hier wollte er keine Maske tragen.
 

Lange sah Kurogane den Magier an, bevor auch er die Stäbchen sinken ließ. „Komm mal her...“
 

Fye senkte den Blick und merkte wie sein Herz schneller schlug, was war nur mit ihm los? Die Stimme hatte ganz sanft gesprochen und er sehnte sich nach der Nähe des Anderen. Doch gleichzeitig war er so... durcheinander, dass er am liebsten gar nichts getan hätte. Diese Lethargie fraß sich in seinen Kopf, bis es unerträglich wurde, aber gleichzeitig schien es das einzige, was ihn auf weiteren Schmerz vorbereiten und davor schützen konnte.

Trotz all dieser wirren Gedanken, die vermutlich schon längst nichts mehr mit der momentanen Situation, sondern mehr mit seinen eigenen Ängsten zu tun hatten, stand er ruhig auf, überbrückte die wenigen Schritte zu dem Krieger und ließ sich vor ihm auf die Knie sinken. Er sah direkt in Kuroganes Augen und ein wenig beruhigte ihn das. Sie waren warm, nicht kalt, sie waren blutrot, nicht irrlichtergelb. Blut bedeutete Leben.
 

Vorsichtig legte Kurogane einen Arm um den Anderen, nachdem er eine Weile in das blaue Auge geblickt hatte und zog ihn in eine leichte Umarmung. „Dann denk nicht an Morgen... oder irgendwann... denk nur noch an 'jetzt'... ich weiß, du willst das wahrscheinlich nicht hören, du glaubst mit Sicherheit nicht einmal daran, aber ich werde diesen verdammten König eigenhändig in die Knie zwingen... und besiegen.“
 

Das war so anders als die Worte, die Kurogane ihm einmal gesagt hatte. “Bleib stehen und lebe.... und lass ihn dich finden”, flüsterte Fye, “das hast du mal gesagt...” Aber vielleicht doch nicht so anders. “Ich glaube nur einen Fehler gemacht zu haben...”, begann er leise zu erklären, während er sich nähe suchend noch mehr an den anderen, warmen Körper lehnte. “Nach einer Art Streit... hat Ashura selbst den Bann auf Shaolan gebrochen, indem er ihm mein fehlendes Auge gegeben hat.... und... letztendlich hat es Shaolan mit Chis Hilfe sogar geschafft sein eigenes Herz zurück zu bekommen... ist das nicht unglaublich...? Ich als Magier suche nach einer Lösung und meine 'Tochter' findet sie, weil sie in den 30 Jahren, in denen ich sie allein gelassen habe, nur Bücher gewälzt hat... Das war... vor einem halben Jahr. Ich glaube zu dem Zeitpunkt hätte ich gehen sollen... nichts hielt mich in Ceres... aber ich dachte ich könnte Ashura blenden. Mir sein Vertrauen erschleichen und in Japan in den Rücken fallen... deswegen bin ich geblieben. Aber nicht nur deswegen... selbst nachdem ich erfahren habe, dass Ashura mich von klein auf nur als Werkzeug von diesem geheimen Beobachter missbraucht hat, war ich so dumm... ich dachte irgendetwas von dem freundlichen Mann, den ich einst kannte, wäre noch da... Wäre ich zu dem Zeitpunkt mit Shaolan nach Japan geflohen, hätte es zwar dennoch Krieg gegeben, aber wir hätten alle mehr Zeit gehabt: Shaolan mit Sakura und ich mit dir... und Ashura hätte seine Armee nicht so schnell zusammen führen können... und bis er hier einfiel, hätte es auch länger gedauert. Ich habe das Gefühl das ich alles nur noch schlimmer gemacht habe, weil ich mir einbildete durch meine Lügerei und meine Schauspielerei irgendjemand täuschen zu können...

Aber weißt du... Ashura hat nie irgendetwas anderes für mich gefühlt als die Begeisterung für einen schönen, äußerst nützlichen Gegenstand... Vor drei Tagen, im Lager, habe ich ihm noch mal versucht weiß zu machen, dass ich glaube er benütze mich nur, dass ich ihm eigentlich egal wäre. Ich habe ein letztes Mal versucht ein wenig Ehrlichkeit in meine Worte zu legen und er... er hat nur Hayato herein geholt und wieder davon angefangen, dass ich ihn hintergehen würde... dass ich mich heimlich mit dir getroffen hätte und .... all das. Es lief schon tausend mal so... ich versuche ihn zu erreichen und lege mein Herz hinein und er schreit nur herum und fordert Loyalitätsbeweise... Ich erniedrige mich und gebe sie ihm und er ist zufrieden.... schon so oft und ich denke, ich hätte es früher kapieren sollen... viel früher... ich kapier es erst als ich ein Kind töten soll... das alles war so umsonst, Kurogane... und schlimmer kann es nun gar nicht mehr kommen...”
 

„Hätte, hätte, hätte Fye.. hör auf damit...“ mit diesen Worten drückte Kurogane den kleineren Körper nur noch fester an seinen, er wollte es nicht mehr hören. Er konnte es nicht mehr hören. Wann hörte dieser Idiot endlich auf, sich die Schuld für alles zu geben? Für Dinge, für die er noch nicht einmal was konnte. Wenn sogar Kurogane selbst das begriff, obwohl sein Dorf dabei untergegangen war, wenn er der Mann war, den er eigentlich hassen musste, wegen dem er gleichzeitig überhaupt durchgehalten hatte, der Rachegefühle wegen... wenn der Ninja trotz all dem wusste, dass Fye nichts dafür konnte? Wieso begriff der Magier das nicht endlich selbst? Wenn ihm keiner, absolut keiner die Schuld gab, Tomoyo nicht, die Kinder nicht und Kurogane selbst nicht... wenn alle, die ihm Schuld einreden wollten, nur der Magier selber war und dieser verfluchte König... wieso begriff Fye das nicht endlich?!

„Verdammt! Du hast doch getan, was du tun konntest! Woher solltest du wissen, dass dieser König nicht zu blenden ist, weil er seine Informationen über einen anderen erhält? Dass es immer noch er ist, der dich hintergeht? Du hast doch verdammt noch mal überhaupt keine Schuld.“ sprach Kurogane einfach weiter. „Du bist doch zu ihm zurückgegangen, weil du nicht wolltest, dass wir sterben. Deshalb hast du das in Kauf genommen... Idiot! Dass du dich dafür in eine solche Gefahr begeben hast, dahin zurückgegangen bist, wo du nicht wieder hinwolltest! 'Das' werde ich dir nie verzeihen. Denk doch verdammt noch mal nicht die ganze Zeit darüber nach, was gewesen wäre 'wenn'... wie willst du so nach vorne schauen? Es ist anders gelaufen! Aber du hast getan, was du konntest! Es ist doch nicht DEINE Schuld!“ er war lauter geworden, als er wollte, bemerkte Kurogane und etwas atmete er vor Aufregung schneller. Er konnte es nicht mehr ertragen wie Fye an diesen Selbstvorwürfen kaputt ging, wie Fye an diesem König kaputt ging, durch diese Angst, diese Abhängigkeit... lachhaft... was taten sie hier? Was verdammt noch mal taten sie hier eigentlich? Darauf warten, dass dieser Ashura wirklich angriff und ihre Zeit abgelaufen war? WARTEN?
 

„Weißt du was Fye?!“ sprach er nach einer Weile weiter. „'Er wird dich jagen, dann quälen bevor er dich tötet' hast du gesagt?.. und ich soll darauf 'warten'? Du läufst schon wieder weg... und ich verdammt, ich wär' auch fast am liebsten davor weggelaufen... aber im Grunde... Ich warte nicht mehr.. Ich war nie geduldig und ich werde diesem Bastard diesen Sieg nicht gönnen! Er wird niemanden finden, niemanden jagen oder quälen, er wird auch niemanden töten, er wird niemanden finden Fye, denn ICH werde zu IHM gehen!“
 

„NEIN!”, rief der Magier völlig erschrocken und klammerte sich nur noch fester an den Krieger, als wollte dieser jeden Moment aufspringen und zu Ashura rennen. „Dann haben wir noch weniger Zeit, Kurogane! Ich will nicht, dass du zu ihm gehst! Ich will es nicht! Vorher bring ich dich um, bevor Ashura dich umbringt! Du darfst nicht dahin gehen! Du darfst nicht.... ich habe noch Magie... ich schaff schon irgendwie Ashura umzubringen... ich... ich schaff das... “
 

„Jetzt sei doch vernünftig Fye... wenn wir weiterhin den Schwanz vor ihm einziehen, gibt ihm das doch nur noch viel mehr 'Macht'.. dann fühlt er sich überlegen. Und wir können keinen klaren Kopf behalten, weil wir nicht wissen, was er vorhat. Aber wenn ich gehe, dann kann ich vielleicht etwas ausrichten. Er wird mich schon nicht klein kriegen. Was bringt uns dieses sinnlose Zeit hinausschlagen?!“
 

Nun war es wirklich an dem kleineren Mann beinahe in Tränen auszubrechen. “Was es bringt?! Wir haben uns ein Jahr nicht gesehen! Und nun sterben wir so oder so! Warum können wir dann nicht wenigstens in Frieden sterben, wenn wir so schon nicht leben dürfen! Ich will... ich will einfach nur mit dir im Arm EINMAL einschlafen und wieder aufwachen...”, die Tränen flossen ihm über die Wange, aber er konnte sie nicht zurück halten. Er konnte gar nichts aufhalten! Warum sollte er sich um so was wie seine Tränen kümmern? „Ich.... ich will ja auch alle beschützen... Tomoyo-chan, Sakura und Shaolan, die Kinder... aber... . Ich will auch dich, ich will in erster Linie dich! Mag es egoistisch sein, oder nicht! Ich will... ich will....” Plötzlich versiegten seine Worte wie eine ausgetrocknete Quelle und selbst die Tränen liefen nicht mehr. Er würde Kurogane von gar nichts abhalten können... und Kurogane hatte sogar Recht. Wenn sie hier blieben, starben alle. Wenn sie gingen... hatten die Menschen hier jedenfalls eine Chance. Selbst unter Ashuras Herrschaft würde nicht jeder einzelne in diesem Land getötet werden. “Verstehst du denn nicht... Ashura... und sein Verbündeter... sie sind einfach zu übermächtig... er ist ein Gott, verdammt noch mal Kurogane, weißt du überhaupt, was das bedeutet?”
 

Schwer seufzte der Ninja. Er wollte nicht schon wieder so eine Panik in dem Blonden auslösen oder ihn zum Weinen bringen, aber in diesem Moment erschien es ihm als eine vernünftige Lösung, durch der die Menschen, die er liebte... Japan, vielleicht sogar eine Chance hatten.

Vorsichtig löste er sich etwas von dem Magier und zwang ihn in sein Gesicht zu sehen, indem er das des Magiers mit der Hand anhob... ebenfalls vorsichtig strich er mit dem Daumen dabei die Tränen aus dem blassen Gesicht. „Nein...“ antwortete er ehrlich. „..ich weiß nur, dass du schon längst aufgegeben hast. Lass mich wenigstens die Chancen, die mir bleiben nutzen. Wenn ich zu ihm gehe, vielleicht kann ich wenigstens die Wut des Königs eindämmen... und euch Zeit verschaffen.“
 

Kurogane würde wohl wirklich nicht von seinem Vorhaben abzubringen sein, das erkannte Fye an dem Unterton, die mit den ruhig gesprochenen Worten mitschwang. „Gut... dann gehen wir zusammen...“ Ob sie nun eine Chance hatten oder nicht, zu Zweit würden sie mehr ausrichten können als allein. Ernst sah Fye in die Augen des Kriegers, wenn sie eine Chance hatten, dann mit gemeinsamen Kräften.
 

Lange blickte der Krieger dem Magier in die Augen. „Hm..“ fing er leise an und legte seine Lippen wieder auf die des Anderen. „Gut.. dann gehen wir morgen früh, wenn hier alles noch schläft zu ihm...“ stimmte er nun den Vorschlag des Magiers zu, zusammen hinzugehen und ein wenig wurde ihm schwer ums Herz. Selbst wenn er entschlossen war nicht aufzugeben und auf einen Sieg zu hoffen, konnte er sich selbst nicht genug überzeugen und absolut positiv dieser Sache gegenüber zu stehen. Ihm war mulmig, auch er hatte Angst... auch er wusste im Grunde, dass es wahrscheinlich in Tod und Verderben endete... aber er wollte es wenigstens versuchen, bevor sie sich die ganze Zeit einfach nur verkrochen und auf nichts hofften, sie mussten es selber in die Hand nehmen. Sonst war erst recht alles verloren. Ihnen lief die Zeit so oder so davon... sein eigener Körper wurde immer schwächer... Tomoyo wurde immer schwächer... die Kälte legte sich schleichend aber bemerkbar aufs Land...

Und Fye verlor immer mehr den Mut...
 

Während ihm all das durch den Kopf ging und um sich selbst von dieser in ihm aufsteigenden Angst zu betäuben, intensivierte Kurogane den Kuss mit dem Magier und drückte ihn dabei ein wenig auf den Futon zurück. „Aber erst morgen...“ flüsterte er ohne seine Lippen kaum von dem des Anderen zu lösen.
 

Seine müden Augen fielen Fye fast automatisch zu als Kuroganei ihn küsste und ihm wurde bewusst wie müde nicht nur sein Nerven, sondern auch sein Körper war. Wie lange er ihm Essen, Schlaf und Ruhe entzogen hatte. Knochenlos lehnte er sich gegen den Krieger und erwiderte den Kuss. Erst als sie sich nach einer ganzen Weile löste, öffnete er sein Auge wieder und setzte zu einer letzten Frage zu diesem Thema an, doch dann lächelte er leicht und schloss seinen Mund wieder. “Morgen...”
 

Auch der Krieger schloss für einen Moment die Augen und das erste Mal seit Tagen gelang es seinem Körper und auch seinen Geist für einen Augenblick etwas zu entspannen, obwohl er innerlich ziemlich aufgewühlt war und ein regelrechtes Chaos in seiner Brust herrschte. Es kam ihm zwar wie die einzige Möglichkeit dieses Drama endlich zu beenden vor, wenn sie sich Ashura persönlich stellten und versuchten ihn irgendwie aufzuhalten, doch gleichzeitig hatte er noch überhaupt keine Ahnung, wie das funktionieren oder wie sie das anstellen sollten. Zwar konnte sich Kurogane nicht vorstellen, dass dieser König unbesiegbar sein sollte, irgendeine Schwachstelle hatte er mit Sicherheit, aber wenn es selbst Fye nicht gelungen war diese nach Jahren zu finden, wusste er, dass dieser König ein gefährlicher und durchaus ernstzunehmender Gegner war... vielleicht sogar ein Gegner, den sie nicht überleben würden.
 

Leise seufzte er, als der Magier sich löste und ihn anlächelte. Ihm wurde so verdammt schwer ums Herz, immer wenn er in dieses nicht mehr ganz so offene blaue Auge blickte und wusste, dass es wahrscheinlich die letzten paar Stunden waren, die sie miteinander verbringen konnten. Obwohl er eigentlich denken sollte, dass bald alles vorbei war, sie bald endlich zusammen sein konnten, ohne Flucht und ohne Krieg, konnte er sich dazu nicht durchringen. Die Hoffnungslosigkeit hatte auch ihn ein wenig eingeholt. Vorsichtig strich er dem Blonden übers Gesicht und versuchte sich zu beruhigen, sich wenigstens für die 'letzten Stunden' nur auf ihn zu konzentrieren und sich von keinen negativen Gefühlen beeinflussen zu lassen...
 

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Das war es gewesen. Eine einfache Unterhaltung. Das normale sich im Kreis drehen. Der quälende Versuch, Hoffnung zu schöpfen, der fast klägliche Versuch dem Magier Hoffnung zu geben.

Dieses Gespräch kam dem Ninja im nachhinein so naiv vor...hatte er an dem Abend auch nur eine Sekunde an Tomoyo gedacht? Wirklich an sie gedacht? Dass sie in dem Tempel war und verzweifelt versuchte, den Bannkreis aufrecht zu halten? Hatte er sie vergessen oder es verdrängt? War der Wunsch Ashura auszulöschen, so groß gewesen.. der Wunsch, den Magier vor ihm zu beschützen so übermächtig, dass er vergessen hatte, was er erst wenige Stunden zuvor im Tempel gesehen hatte? War Fyes Nähe so bedrückend und gleichzeitig berauschend, dass er tatsächlich nur im Sinn hatte, sich zu überlegen, wie sie den König stürzen können? Sich zu überlegen, wie er dem Anderen Mut machte?
 

Es schien sinnlos.. dennoch,. Kurogane war entschlossen gewesen, aber der „Morgen“, auf den sie gewartet hatten, trat nicht ein. Und die Ruhe, die die ganze Woche bedrohlich auf ihnen lag, sollte zerschlagen werden.
 

Verzweifelt drehte der Ninja sich wieder auf die andere Seite, sein Kopf tat weh und er war unendlich müde, doch immer weiter und weiter gingen ihm die Dinge dieses Tages durch den Kopf. Immer und immer wieder, meinte er die Welt erneut auf sich einbrechen zu fühlen.
 

Kalter Winter brach über sie herein. Aus einzelnen Schneeflocken wurde ein ganzes weißes Meer und die Kälte brannte sich beißend auf seiner Haut und in seinem Herzen fest.


 

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Hektisches Treiben und schnelle Schritte die beiden Männer aufschrecken. Alarmiert richtete der Krieger sich auf und griff nach dem Eisschwert, das wie immer in seiner Nähe lag. „Irgendwas stimmt hier nicht...“
 

Auch der Magier richtete alarmiert auf. Er spürte keine fremden, magischen Auren... Nur die eines Vampirs. Aber das konnte auch der Sohn seines Ebenbildes aus Nara sein, von dem Kurogane erzählt hatte. Seine Nervosität zwanghaft unterdrückend schritt der Blonde zur Terrassentür und schob sie auf. Der Himmel über ihnen war pechschwarz und ein eisiger Wind fegte in den kleinen, stickigen Raum. Die Schneeflocken waren noch dicker geworden und prasselten gegen sein Gesicht, hart und scharf. “Ein Schneesturm...?”, flüsterte Fye fassungslos.
 

Kurogane war schon an der Tür angekommen und auch ihm fiel als erstes diese beißende Kälte hier draußen auf und dann sah auch er, dass der Schnee nun dick und in Massen fiel, den Boden bedeckte. „Tomoyo..“ kam es ihm als erstes in den Sinn und nur kurz beobachtete er das hektische Treiben.

Doch ohne sich weiter groß darum zu kümmern, stürmte der Krieger los und rannte quer über den Hof durch den kalten Schnee zu den Tempeln rüber, in denen Tomoyo sich mit Sicherheit in ihren Gebeten total überschätzt hatte.

Er hatte es geahnt, die ganze verdammte Zeit über, hatte er es geahnt, dass dieses Mädchen, seine Prinzessin, sich damit kaputt machte. Er hätte sie abhalten müssen, er hätte alles tun müssen, sie zur Not zwingen.. sich nicht von ihr überreden lassen, dass es ihr Wille war und es ihr Wunsch, die Menschen in Japan zu beschützen. Jetzt wäre es auch dem Krieger egal, was sie sagen würde.. er würde sie von ihren Gebeten los reißen, zur Not auch mit Gewalt.. das ging zu weit. Sie machte sich kaputt, das wusste er. Sie musste wieder zusammen gebrochen sein oder schlimmer, dass der Schneesturm mit einem Mal über Japan einbrach.
 

Plötzlich stürmte Kurogane an ihm vorbei und Fye machte sich an ihm durch den Sturm hinterher zu rennen. Alles war still, obwohl alles im Aufruhr war, das Rauschen des Sturmes versetzte ihn nach Ceres zurück. Am Tempeleingang hielt er inne und auch er zog hart die Luft ein, konnte nicht glauben, was er da sah. War er in der Vergangenheit gelandet?
 

Hätten sie es nur gewusst, dass das hier das Ende war.
 

Hätten sie es nur gewusst..
 

Für einen Moment hatte der Krieger regelrecht vergessen, wieman atmete und sein Körper wurde für einige Sekunden lang so kraftlos, dass sein Schwert aus der Hand fiel. Doch er hörte es nicht aufkommen.... Er hörte gar nichts mehr... sah auch gar nichts mehr... Außer dieses Bild, das sich ihm bot.
 

Für einen Augenblick dachte er, er würde träumen, nein er musste träumen... das konnte nicht stimmen... das konnte nicht seine Prinzessin sein, die blutverschmiert war... das konnte nicht seine Prinzessin sein, in dessen Körper ein Schwert steckte... das konnte... nicht seine Prinzessin sein...

Vor seinen Augen verschwamm alles rot... er hörte sich selber ein- und ausatmen... er hörte sein eigenes Herz bis zum Anschlag pochen... aber alles andere bekam er nicht mehr mit.
 

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Erschrocken riss Kurogane seine Augen wieder auf, blickte in die endlose Dunkelheit seines Zimmers, hörte auch Fyes Atem gerade nicht mehr, als ihm dieses Bild wieder in den Kopf schoss.. verzweifelt versuchte er seinen eigenen Atem zu beruhigen und sein schmerzhaft, pochendes Herz.. Alles lief in Kuroganes Gedanken wie in einem Film ab.. er erinnerte sich nicht mehr an alles.. aber das, woran er sich erinnerte, war intensiv, laut, schmerzhaft..

„To..moyo..“ flüsterte er leise vor sich hin, genau, wie er wenige Stunden zuvor.
 

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„To..moyo...“, brachten seine Lippen flüsternd hervor... und dann sah er nur noch, wie das Schwert sich aus dem zarten Körper zog und es mit der Hand, die es hielt, in der Wand verschwand... in dem kleinen Dimensionstor, wie er wusste... wie er es mittlerweile wusste! Der Körper seiner Prinzessin sank langsam zu Boden...
 

Das...
 

war eindeutig...
 

ein schlechter Traum...
 

Langsam ging Kurogane einige Schritte auf den leblosen Körper zu und hob sie vorsichtig hoch, seine Hände automatisch auf die zugefügte Wunde presste um das Blut zu stillen...
 

Fye hielt sich am Türrahmen fest, als er dieses all zu vertraute Bild sah, das selbe Bild, dass er gesehen hatte, bevor er vor einem Jahr dieses Land verließ. Tomoyo, blutverschmiert, Kurogane, ein verzweifelter Beschützer über sie gebeugt, war doch alles umsonst, was sie taten. Er konnte nicht atmen, dennoch war er im nächsten Moment an Tomoyos anderer Seite, schob Kuroganes Hände mit aller Gewalt weg und presste seine eigenen auf Tomoyos blutende Wunde. Wie ein Abgrund tat sie sich unter seinen zitternden Händen auf, er spürte wo die Haut endete und das Fleisch begann, das eigentlich verdeckt sein solle. Fye spürte warmes, lebendiges Blut gegen seine bläulich glühenden Finger sickern, doch gleichzeitig spürte er auch, dass sie schon zu weit aus der Welt der Lebenden entwichen war. Der Magier konnte sie nicht zurück holen. Sie war längst fort. Nur noch ein dünner Faden hielt sie her, den er selbst mit all seiner Magie nicht greifen konnte, ohne dass er zerriss. Er versuchte es dennoch. Fye spürte wie ihm der Schweiß auf der Stirn stand, er konzentrierte sich mehr, doch er konnte ihn nicht halten, der Faden war zu fein, er zerriss, als bestehe er aus Nebel. Und in dem Moment wurde der Körper in Kuroganes Armen vollkommen schlapp. Der Magier ließ seine blutigen Hände von ihr sinken und wünschte es wäre alles still um sie herum. Doch der Schneesturm draußen rauschte dennoch gnadenlos weiter.
 

Eine ganze Zeit lang blickte der Krieger einfach nur in das viel zu blasse und leere Gesicht seiner Prinzessin.. in die violetten Augen, die ihn tot anblickten. Er konnte überhaupt keinen Gedanken fassen in diesem Moment, die Welt schien absolut still zu stehen... doch schon einmal stand die Welt einfach nur still, bevor sie laut und schmerzhaft auf ihn einbrach.. laut.. sehr laut ging hier alles kaputt.. nachdem der Bannkreis seiner Mutter zerstört wurde und sie nicht mehr atmete.. genauso wie Tomoyo nicht mehr atmete..

Er merkte, wie durch seinen ganzen Körper ein schmerzhafter Stich fuhr, als ihm dieses Bild diese Erinnerungen wieder hochbrachte.. ihm wurde augenblicklich übel.. aber er konnte sich nicht bewegen.. nur sein Körper zitterte etwas, das spürte er. Alles prallte nur noch dumpf an ihm ab in diesem Moment und er schloss die Augen.. schloss seine verdammten Augen und wartete..
 

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Kurogane wollte endlich schlafen.. einfach einschlafen und sich nicht mehr erinnern, nicht daran erinnern, wie er wartete.. Darauf, dass hier alles einbrach.. alles kaputt ging.. es musste etwas kaputt gehen.. es musste noch etwas passieren.. da war er sich zu dem Zeitpunkt sicher gewesen

Doch nichts war passiert.. auch nach endlos scheinenden Minuten, war gar nichts passiert.. Und außer dem Rauschen des Schneesturmes hatte Kurogane gar nichts gehört..
 

Schmerzhaft erinnerte sich Kurogane, laute Erinnerungen.. laut, weil er laut war. Laut, weil sein Schmerz laut war. Aber nicht laut, weil die Welt über ihm einbrach. Jedenfalls nicht, wie er es erwartet hatte.
 

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Ein leises Lachen entfuhr Kurogane, bevor er seine Augen wieder öffnete und diese violetten Augen ihn immer noch reglos anblickten. „Es reicht jetzt.. Tomoyo.. wenn das ein Scherz sein soll.. dann ist es ein verdammt schlechter Scherz.. hörst du?“, sprach er sie leise an und rüttelte sanft an ihrer Schulter.. das konnte nicht echt sein.. das hier konnte nicht passiert sein.. es konnte sich nicht wiederholen.. „Willst du mir eine Lektion erteilen, weil ich dir gesagt habe, du sollst mit diesem verdammten Zauber aufhören? Hey.. verdammt.. sag doch was..“, bei jedem seiner Worte, die nicht beantwortet wurden, schlug sein Herz panisch nur noch schneller.. aber das KONNTE nicht sein!
 

Fye lauschte diesen Worten, aber er ließ es zu viel schneller zu begreifen, was hier vor sich ging. Tomoyo war tot. Ermordet. Doch auch wenn er sie gemocht hatte, sie hatte ihm nie so viel bedeutet wie Kurogane. Vorsichtig legte er eine blutverschmierte Hand auf Kuroganes Oberarm. „Kurogane..”, sagte er leise, versuchte das Zittern in seiner Stimme und Brust zu verbergen. Der Magier musste den anderen Mann irgendwie hier behalten, dieser Blick aus den weit aufgerissenen, ungläubigen roten Augen schien viel zu gefährlich, als würden sie nie wieder in diese Welt sehen wollen. „Kurogane..”, wiederholte er noch einmal. „Sie macht dir nichts vor...”
 

Er zuckte regelrecht zusammen, als ihm etwas am Oberarm anfasste und mit ihm sprach... aber das, was er da hörte, wollte er überhaupt nicht hören! Kurogane biss die Zähne zusammen als ihn diese Erkenntnis überkommen wollte... doch er wollte sie nicht zulassen... er wollte es nicht hören! Er wollte es nicht sehen! ER WOLLTE ES NICHT WISSEN, VERDAMMT!
 

Etwas kräftiger schüttelte er seine Prinzessin an den Schultern. „Verdammt! Tomoyo! Wach auf!! Sag was!“ Kurogane bemerkte, wie es ihm immer schwerer fiel Luft zu bekommen und wie sich diese hinterhältige Flüssigkeit aus seinen Augen bahnen wollte... aber das durfte er nicht! Das durfte nicht wahr sein! Und es war nicht wahr verdammt noch mal! Das hier war ein schlechter Traum.. oder ein schlechter Scherz! Wenn das hier wahr war, dann verdammt, war Tomoyo tot.. dann war seine Prinzessin ermordet worden! Dann hatte er wieder nicht beschützen können, was er liebte! Dann hatte er wieder etwas an diesen Bastard verloren!! „TOMOYO!!“
 

Die Welt brach auf ihn ein, schmerzhaft, nicht laut.
 

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Sein eigener Schrei ließ Kurogane in seinen Erinnerungen zusammen zucken und es war wie ein Tritt in die Magengegend, verzweifelt fuhr er sich durchs Gesicht.. konnte das nicht aufhören? Er wollte daran nicht mehr denken.. er wollte sich dem regelmäßigen Atemzügen hingeben, die einen im Schlaf übermannten, den ruhigen Herzschlägen.. nicht dem harten und schmerzhaften Herzrasen und dem sich fast überschlagenden Atem ausgeliefert sein.
 

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Der Schrei ließ den Magier nicht einmal zusammen zucken. Dennoch glaubte Fye, dass ihn jemand genau in die Brust geschlagen hätte. Er musste irgendetwas tun, um Kurogane zu beruhigen, das war gerade viel wichtiger als Tomoyo. Trotz dass er merkte, wie sich der andere seiner Hand entzog, ließ er nicht los, auch als Kurogane die Leiche seiner Prinzessin schüttelte und schrie. Doch was sollte er sagen? Er wusste doch selbst, dass keine Worte der Welt den Verlust einer geliebten Person besser machen konnten. Mittlerweile waren auch andere Leute im Tempel angekommen, Priester, Leute vom Hof, er konnte und wollte es nicht genau wissen. Langsam fuhr er mit seinen Händen nach unten, bis sie auf Kuroganes lagen, die seine Prinzessin fest umklammert hielten, so dass es wohl bläuliche Blutergüsse auf der weißen Haut bewirkt hätte, würde noch Blut durch diesen Körper pulsieren. Doch ihr Herz schlug schon seit einigen Minuten, die sie hier saßen, nicht mehr.

„Kurogane, sie ist tot...”, sagte er leise, “Sie kann nicht zurück, egal wie sehr du schreist...” Der Magier löste seine Hände, nur um sie vorsichtig um den völlig erstarrten Mann zu legen, ihn in eine sanfte Umarmung zu ziehen, in der er immer noch Tomoyo halten konnte.
 

Die Worte des Magiers nahm er immer noch kaum war, weil er sie verdammt noch mal einfach nicht wahr nehmen wollte. Aber auch sein Verstand, brachte ihm immer mehr entgegen, dass sie tot war.. tot...

Wieso verdammt?! Wieso sie?! Sie hatte nie etwas Böses gewollt.. nie einen Menschen getötet... sie war immer für Frieden gewesen, hatte ihr Land beschützt! Wieso ausgerechnet Tomoyo?!

Er spürte wie er in eine sanfte Umarmung genommen wurde, die er ohne Wiederworte zuließ, denn er war unfähig in diesem Moment seinen Körper zu bewegen, in dem sein eigenes Herz schmerzhaft und schnell pochte.. er wollte nicht mehr atmen.. Er wollte, dass es aufhörte! Endlich aufhörte!! Es tat weh.. viel zu sehr weh, als dass er meinte, dass er es ertragen könnte..
 

„Tomoyo...“ flüsterte er nun wieder..drückte den leblosen Körper näher an sich, die Leute, die mittlerweile hinzugekommen waren, nahm er gar nicht wahr.. wieso?! WIESO?!
 

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‚Wieso?’ wiederholte sich die Frage auch jetzt wieder in seinem Kopf, ein wenig, zog er den schlafenden Körper des Magiers an sich heran, einfach nur, um durch diese Frage nicht erneut den Halt zu verlieren, einfach nur in dem Versuch, dass es dadurch weniger weh tat...

Dieser Körper war noch warm, nicht kalt.. nicht so kalt wie es Tomoyos Körper war, den er ein letztes Mal im Arm gehalten hatte.. versucht hatte, zu beschützen, was längst verloren war.. ein letztes Mal hatte er sie im Arm gehalten.. er hatte sie immer nur im Arm gehalten, wenn sie an der Grenze zwischen Leben und Tod stand oder sie beschützen wollte..

Doch dieses Mal, war es definitiv das Letzte Mal gewesen.. das letzte Mal.. und sie war längst tot, als er sich von ihr gelöst hatte.
 

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Der leblose Körper fiel aus seinen Armen und ruckartig hatte er sich von dem Magier gelöst, stürmte auf die Wand zu, in der diese verfluchte, tötende Hand erneut verschwunden war „DU VERDAMMTER BASTARD!“ Schrie er während er mit seiner eigenen Hand gegen die Wand schlug, als könnte er sie damit zerschlagen. „Du verdammter Bastard!! Zeig dich doch endlich! Zeig dich verdammt!!“
 

Sich hart auf die Lippen beißend, beobachtete der Magier wie Kurogane regelrecht ausrastete. „Schon wieder...?”, fragte er leise und ruhig, aber dennoch deutlich hörbar. Er erinnerte sich wie Kurogane in einer anderen Dimension den Schulleiter regelrecht zerfetzt hatte, wenn er jetzt wieder in diese Wut verfiel, dann konnte ihn nichts mehr daraus zurück holten. Etwas wacklig auf den Beinen stand Fye auf, ihm war so kalt und alles schien wieder in dieser schwarzen Verzweiflung zu versinken, doch diesmal war es nicht er, der versank, sondern der Ninja und Fye musste ihn irgendwie aus diesem Sumpf heraus ziehen, irgendetwas tun, sonst war Kurogane verloren. “Willst du dich wieder von dieser Wut blind machen lassen? Denkst du das will Tomoyo? Hat sie dich nicht schon einmal davor bewahrt? Denkst du wirklich sie will, dass du wieder in diesem Hass versinkst? Wir besiegen ihn und wenn wir es nicht tun, dann werden wir es bis zum letztem Atemzug versuchen. Aber für Japan, für die Menschen, die Tomoyo schützen wollten, die du schützen wolltest und die ich schützen will. Hass, Kurogane, hatten wir schon unser Leben lang genug, also lass dich nicht von ihm verschlingen, das hat deine Prinzessin sicher nicht gewollt!”
 

Die Stimme des Magiers beruhigte ihn, auch wenn er den Sinn seiner Wörter nicht wirklich verstand.. sein Hämmern gegen die Wand wurde schwächer und unkoordinierter, während er versuchte, sich auf die vertraute Stimme zu konzentrieren, die ihm als Einziges echt vorkam in dieser verworrenen Situation. Kraftlos schlug seine Hand noch ein paar Mal gegen die Wand, bevor er seine Stirn ebenfalls kraftlos dort anlehnte... seinem ganzen Körper schien gerade die Kraft zu entweichen, meinte Kurogane, als er auch schon merkte, wie er langsam in sich zusammen sackte und diese Tränen sich nun doch aus seinen Augen stahlen, obwohl er sich immer noch Mühe gab, sie zu unterdrücken. Er hatte etwas Angst.. hatte Angst vor diesen Tränen, denn er meinte, wenn er jetzt einmal damit anfing, würde es ihm klar werden und er hätte akzeptiert, dass seine Prinzessin tot war.. dann war es nicht mehr rückgängig zu machen.. und er hatte Angst, dass mit dieser Erkenntnis und den Tränen, er nie wieder damit aufhören könnte.. doch es war auch so nicht mehr rückgängig zu machen.

Sein Herz zog sich abermals zusammen.. und er presste sich die Hand auf den Bauch, der ihm auf einmal ebenfalls so weh tat und ihm augenblicklich wieder übel wurde..
 

Hart biss Kurogane sich auf die Lippe... „Nein..“ murmelte er leise vor sich hin.. „Nein..“ wiederholte er immer und immer wieder, je mehr ihm klar wurde, was das bedeutete, dass seine Prinzessin tot war.. eine Person, die ihn all seine Jahre über begleitet hatte, die ihn damals bei sich aufgenommen hatte, die ihm eine Freundin geworden war.. die ihn zwar streng aber nie böse behandelt hatte.. die ihn nicht von sich stieß, egal wie sehr er versucht hatte, niemandem nahe zu kommen und ihr damit weh getan hatte... eine Person, die ihm so unendlich wichtig war.. die er liebte.. die erste und einzige Person, die ihm jemals von sich aus etwas bedeutet hatte.. nachdem sein ganzes Dorf untergegangen war. Und jetzt... war sie nicht mehr hier... jetzt, konnte er sie nicht mehr erreichen.. ihr nicht mehr sagen, was er ihr hätte sagen sollen, sie beschützen.. er hätte sie beschützen müssen.. vor all dem Unheil. Er hätte den Krieg beenden müssen..

Es tat weh.. es tat verdammt weh... Tomoyo... sie würde nie zurück kommen... es tat so weh, verdammt! Dabei wollte er stark sein! Dabei war er so verdammt schwach...
 

Etwas hilflos stand der kleinere Mann da und konnte nur beobachten wie Kurogane an der Wand des Tempels zusammen brach. Der Spiegel, vor dem Tomoyo gebetet hatte, war zerbrochen, der Altartisch umgekippt und alles lag auf dem Boden herum. Die tote Prinzessin lag wie eine Puppe davor und langsam kniete Fye sich hin, um ihr die Augen zu schließen. Was sollte er in dieser Situation tun? Er wusste wie es war, jemanden zu verlieren, jemand der unschuldig war, der das nicht verdient hatte, den er hätte schützen sollten. Und gleichzeitig könnte er nie vollkommen verstehen was Tomyo für Kurogane war. Doch so etwas ähnliches wie Ashura für ihn, oder? Eine Familie...

Langsam stand der Magier wieder auf und ging auf den Krieger zu. Legte ihm von hinten die Hände auf die Schulter, streichelte massierend darüber, versuchte zu beruhigen, Wärme zu geben, wo gerade alles eiskalt sein musste. Dieses Loch in der Brust irgendwie ein wenig zu füllen. Mit einem leisen Schluchzen lehnte er sein Gesicht in Kuroganes Haar, aber er durfte jetzt nicht auch weinen, er musste aufrecht stehen, damit er dem anderen Mann irgendwie eine Stütze sein konnte. „Kurogane...”
 

Obwohl er meinte unter dem Schmerz, der in seinem Körper herrschte, der Trauer und der Wut, die um die Überhand stritten, gar nichts mehr zu bemerken, bemerkte der Krieger trotzdem die Hände auf seiner Schulter und die leise Stimme des Magiers, die seinen Namen aussprach. Eigentlich sollte er wütend werden, hier alles zerschlagen, bevor um ihn herum alles zerschlagen wurde... bevor er noch mehr verlor, alles auslöschen... alles, was ihm etwas wegnehmen könnte, was ihm etwas bedeutete, von sich schlagen... aber es linderte den Schmerz etwas, wenn nicht besonders viel, es half ein wenig... Er war alleine gewesen als er das erste Mal alles verlor... hatte sein Herz eingefroren, aus Angst wieder etwas an sich heranzulassen, was er verlieren könnte, hatte verzweifelt alle Gefahren aus der Welt geschaffen, die seine neue Heimat bedrohten... doch gerade... gerade konnte die Wut ihn nicht überlisten...

Etwas vergrub sich in seinem Haar und Kuroganes Hände versuchten sich in den kalten, leblosen Boden zu krallen... das hier, war alles nicht lebendig.. tot.. alles tot.. immer nur tot und voller Blut..

Der einzige Ort wo dieser Schmerz hinkonnte... irgendwas brach in ihm die Dämme... als er die Berührungen der Hände auf seiner Schulter spürte und die vertraute Stimme vernahm. Irgendwo, wo er trotz allem noch hin wollte, obwohl er gerade nicht einmal mehr wusste, wo er war, was er fühlte... Alles was er wusste war, dass er Tomoyo verloren hatte... verloren... für immer... sie war tot... einfach so tot... und nichts konnte diese Tatsache rückgängig machen...
 

Tomoyo war tot..
 

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Dem Ninja blieb der Atem bei dieser Erkenntnis fast stehen, genauso wie sein Herz, als ihm wieder klar wurde, als er meinte wieder zu begreifen, was im Tempel passiert war.. dass es kein Traum war, sondern Wirklichkeit.. dass Tomoyo tot war..

Es nahm ihm die Luft zum Atmen, es nahm ihm die Möglichkeit, diese Erkenntnis wieder zu verdrängen.. sie schlich sich stets wie ein Blitzschlag wieder ein..

Aber der Blitz konnte ihn nicht zerfetzen.. das schaffte er diesmal nicht.. denn ständig, sobald er einschlug, wurde er besänftigt.. er war die ganze Zeit da gewesen, hatte die ganze Zeit dafür gesorgt, dass der Einschlag nicht zu heftig wurde..
 

Fye war da gewesen, die ganze Zeit..
 

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Fast ohne sein Zutun, wand er sich ein wenig dem warmen Körper hin, der ihn von hinten umarmte... der einzige Halt, das einzige, was noch lebte... nicht weg war, nicht tot... von dem, was er liebte...

„Fye..“ flüsterte er leise, fast flehend.. als seine Hände sich nun in den Yukata des Magiers krallten, anstatt in den leblosen, harten Boden.
 

Hier war Wärme... hier konnte man sich festhalten... hier...
 

Fye schloss die Arme um Kuroganes Kopf als er sich letztendlich doch zu ihm umdrehte, verbarg den Trauernden vor all den anderen, denn so etwas sollten sie wirklich nicht sehen. Das ging sie nichts an, denn sie konnten es nicht verstehen. Mit ein paar fast lautlos ausgesprochenen, wispernden Worten, legte er magische Stille um sie Beide und schützte sie vor den Blicken. In dieser Privatsphäre kniete er sich zu dem Krieger, umarmte ihn so fest er konnte und strich ihm immer wieder beruhigend über die Schläfen. „Ich weiß... ich weiß... aber ich bin noch da, du bist noch da, Sakura und Shaolan und Toya und Yuui Li... Moko-chan...und auch dein Sohn... du bist nicht allein, auch wenn du jetzt traurig bist.... trauere nur um sie... wir sind hier vollkommen für uns...”
 

Der Ninja spürte, wie ihn etwas fest in die Arme schloss und immer noch Worte an seine Ohren drangen, obwohl er einfach nur noch darauf wartete, dass hier alles in Feuer, Asche und Schreien unterging... Wenn hier alles im Chaos steckte, wenn hier alles schrie und verbrannte oder verblutete, war wenigstens etwas um ihn herum, was lauter war als das, was in seinem Herzen gerade so laut schrie, dass er das Gefühl hatte, es würde jeden Augenblick zerreißen. Irgendetwas, worin er sich flüchten konnte, worin er sich vergessen konnte... aber es war ganz still... nur die leise Stimme des Magiers war immer noch zu hören...
 

Kurogane hatte die Umarmung des Blonden längst erwidert, ohne es überhaupt bemerkt zu haben, hielt er sich an dem kleineren Körper so fest, wie er nur konnte..
 

Bloß nicht fallen, bloß verdammt noch mal nicht fallen.
 

Tränen liefen aus den roten Augen und fest presste er sein Gesicht an die Schulter des Magiers.. trauern.. wieso trauern? Er hoffte doch immer noch, das Ganze hier war nur ein schlechter Traum.. dass er bald aufwachen würde und dann all das hier wieder endete.. dass er einen schlechten Albtraum hatte. Das hatte er doch alles schon einmal gesehen.. diese Gefühle alle schon einmal gehabt..
 

Schweigend hielt der Magier den anderen Mann einfach nur fest. Auch wenn die Umarmung viel zu fest war und schmerzte. Doch das war gerade egal. Immer und immer wieder streichelte er Kurogane über den Hinterkopf, über den Rücken, umarmte ihn und zeigte ihm damit, dass noch etwas Lebendiges um ihn herum war. Doch mehr konnte er nicht tun... er wusste nur was falsch in dieser Situation war... nicht was richtig war. „Kurogane...”, murmelt er leise, doch dann schwieg er, ließ den Mann einfach weinen und hoffte es reichte, wenn er einfach nur da war und ihn festhielt.
 

Seine Tränen versiegten langsam als ihn plötzlich eine Gefühlsleere einnahm. Mit dieser Erkenntnis, seine Prinzessin verloren zu haben und dem Ausbruch an Gefühlen, die ihn danach überkamen, kam es ihm so vor, als hätte dies alles in ihm weggeschwemmt... und nur eine dunkle Leere blieb zurück.

Etwas löste sich sein fester Griff um den kleineren Mann und er versuchte wieder ruhig zu atmen. Er wollte nichts mehr verlieren... aber gleichzeitig war es ihm auf einmal so gleichgültig...
 

Er hatte sein Versprechen gebrochen... hatte Tomoyo nicht beschützen können...
 

...hatte einen Menschen sterben lassen, der es am allerwenigsten verdient hatte..

Jetzt konnte er nur noch eins tun, diesen Krieg beenden... und sich an allen zu rächen, die den Menschen, die ihm etwas bedeuteten weh getan hatten... die ihm alles genommen hatten... Niemand würde ihm noch irgendetwas nehmen...
 

Ganz still. Kurogane hatte aufgehört zu weinen und er selbst atmete nur noch so flach, dass er seinen eigenen Atem nicht hörte. Fye schloss die Augen und lehnte seine Stirn gegen Kuroganes. Strich mit den Fingerspitzen hauchzart über die tränennassen, aufgeweichten Wangen. Wieder so viel Tränen und Zerbrechlichkeit, wie in keinem Gesicht liegen sollte und erst recht in keinem, das zu einer Person gehörte, die er so liebte und beschützen wollte. Auch wenn er vor einigen Minuten glaubte keinen Schritt weiter gehen zu können, es keine Hoffnung gab, spürte der Magier, dass es sehr wohl noch Kraft in ihm gab. Und diese wollte er nutzen, um wenigstens diesen Menschen zu beschützen, ihm den Schmerz zu nehmen. Irgendwie. Irgendwie musste es doch auch ohne Hoffnung einen Weg geben... irgendwo... würde er schon noch Hoffnung finden, ans Tageslicht zerren und Kurogane vor Augen halten...
 

„Ich bin der letzte Mensch, der dir sagt, dass es besser werden wird, oder dass die Zeit alle Wunden heilt... Kurogane... aber... wenn es wegen ihrem Tod so sehr schmerzt, dass es dich kaputt macht.... bin ich sicher, das hat Tomoyo nicht gewollt... da bin ich mir ganz sicher, obwohl ich dieses liebe Mädchen noch nicht so lange kenne... du kennst sie schon viel länger... denkst du, sie hätte gewollt, dass du dich verschließt? Oder dich von Wut und Hass auffressen lässt? Ich habe all das damals gemacht... als ich meine Familie verloren hatte und du hast mir gesagt, dass mein Verhalten falsch war... und ich weiß es nun selbst. Bitte... mach nicht den selben Fehler wie ich damals... lass alles raus, schrei, weine, werde wütend... hier ist niemand, außer wir zwei... du kannst alles machen... nur dich selbst nicht kaputt... das darfst du nicht, hörst du?”
 

Der Krieger, der sich von Fye gelöst hatte und längst aufgestanden war, um wer weiß wohin zu gehen, obwohl er nicht einmal wusste, wo er gerade war, denn um sie herum war alles still und leer, als ob die Zeit hier wirklich eingefroren war, blieb stehen, als er wieder angesprochen wurde. Für einen kurzen Augenblick wollte er fast sauer werden.. wieso gab dieser Idiot denn nicht endlich auf? Am liebsten hätte er jetzt seine Ruhe gehabt.. wieso redete dieser Magier noch immer mit ihm..? Wieso hörte Kurogane ihm überhaupt noch zu? Er wollte gerade am liebsten von niemandem mehr etwas wissen.. er wollte alles beschützen, aber nicht mehr lieben.. und trotzdem, hörte er noch zu.
 

Kurogane konnte ihm gerade nicht in die Augen sehen und so starrte er einfach nur ins Leere und mit jedem weiteren Wort wurde er wütender auf den Blonden.. verdammt wütend.. wieso hörte er nicht auf zu reden?! Er wollte das nicht hören! Das alles nicht hören! Weil jedes einzelne Wort des anderen seinem hinterlistigen Körper und seinem feigen Geist erlaubte, einfach das zu zeigen, was er fühlte. Schwer atmete Kurogane und sein Herz schlug wieder schneller, wieder biss er die Zähne zusammen. Wieso... durfte er.. hier... wieso durfte er hier das kleine Kind sein, das sich nicht beherrschen konnte und nicht stark genug war, sein Herz noch einmal einzufrieren?
 

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Gerade, fühlte sich der Krieger so schwach.. so verdammt schwach. Fye war es, der ihn schwach machte.. Fye war es, der all seine Schwäche und die damit verbundene Hässlichkeit an die Oberfläche gezogen hatte.. Fye war es gewesen, der es laut gemacht hatte.. laut, obwohl nichts laut war.. laut, waren nur seine eigenen Schreie gewesen.
 

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Etwas drehte er sich zu dem Magier um, der immer noch auf dem Boden hockte und blickte ihn eine Zeit lang einfach nur in das vereinzelte blaue Auge. Sein Körper zitterte schon wieder... doch die Worte des Kleineren drangen zu ihm durch.. wieder diese Tränen..dabei hatte er sie doch gerade erst unter Kontrolle gebracht. „Du Idiot...“, flüsterte Kurogane leise. Eigentlich wollte er etwas wütender klingen, doch seine Stimme erlaubte ihm das gerade nicht... und dann konnte er wirklich nicht mehr an sich halten, presste sich die eigenen Hände auf sein Gesicht, während er mit einem lauten Schrei langsam wieder auf die Knie sank und sich nun endgültig all den Schmerz von der Seele schrie und weinte... als wäre er alleine auf dieser Welt... obwohl der Magier in seiner Nähe war... aber er war ihm schon so vertraut, dass er ihn kaum noch bemerkte gerade... er wollte sich zusammen reißen... er wollte stark sein, verdammt! Wieso sagte man ihm jetzt, dass es in Ordnung war?
 

“Verdammt!“ schrie er und krümmte sich nur noch mehr in sich zusammen und presste die Hände auf sein Gesicht, über das die Tränen liefen. „VERDAMMT!! VERDAMMT!“ schrie er immer wieder, wenn seine Tränen und das Schluchzen nicht gerade seine Schreie verschluckte. „Wieso sie?! Sie hat nichts getan!! Sie hat nur beschützen wollen!! Verdammt.. wieso ausgerechnet sie?!“ Tief holte er zwischendrin immer wieder Luft. „Ich.. versteh es nicht.. ich versteh es nicht, verdammt... ich...ich..“
 

Fye hörte einfach zu. Ließ Kurogane toben und schreien und weinen, wie er gesagt hatte, dass er es tun konnte. Niemand bekam das hier mit außer ihm und irgendwie erleichterte Fye es auch, dass Kurogane das tat. Es nicht in sich hinein fraß, oder es vor ihm verbarg, es nicht in Hass umwandelte. Erst als der Körper vor ihm auf den Boden keinen Ton mehr von sich gab, ganz ruhig geworden war, näherte er sich ihm wieder und legte die Hand in sein Haar. Mehr tat er nicht, sondern stellte einfach nur Körperkontakt er. Wenn er gewusst hätte, was in dieser Situation die richtigen Worte gewesen wären, hätte er vielleicht etwas gesagt, aber er spürte irgendwie, was er jetzt tun musste. Er konnte gerade nichts besser machen, denn er konnte keine Toten erwecken, er konnte es gerade nur erträglicher machen, indem er da war. Mehr konnte er nicht tun. Er konnte keiner dieser Fragen beantworten. Obwohl er schon sein ganzes Leben genau die selben 'warum's mit sich herum schleppte.
 

Eine ganze Zeit lang gab sich Kurogane einfach nur diesen Gefühlen hin, bis er keine Kraft mehr hatte weiter zu schreien und zu weinen und sein Körper sich wieder beruhigte. Schwer atmete er und nur hin und wieder entwich ihm noch ein leises Wimmern oder Schluchzen. Ein wenig fühlte er sich jetzt wirklich befreiter, erlöster, obwohl es den Schmerz und die Trauer, dieses Nichtverstehen nicht nehmen konnte und eine leichte Leere in ihm zurück ließ, doch bevor sie ihn wieder einnehmen konnte, spürte er erneut etwas auf seinem Körper, in seinen Haaren...

Das verstand er gerade irgendwie am aller wenigsten.. warum es sich auf einmal so anders anfühlte.. so lange war er doch bei ihm gewesen, so oft hatten sie sich Trost und Nähe gespendet.. aber gerade konnte der Krieger es nicht wirklich verstehen.. es musste doch eigentlich alles in Hoffnungslosigkeit und Einsamkeit versinken.. aber immer, wenn dieses Gefühl ihn neben der Trauer einnehmen wollte, riss ihn etwas leise wieder dort heraus. Ohne Worte, einfach nur mit einer einfachen Geste, die er kaum spürte, weil seine Gedanken so durcheinander waren und sein Körper so erschöpft war...
 

Langsam öffnete er seine Augen etwas und nahm die Hände aus seinem Gesicht... traute sich vorsichtig zur Seite zu blicken, still flossen immer noch einige Tränen aus seinen mittlerweile brennenden Augen.. und auch wenn es noch weh tat, die grausame Wut und dieses Gefühl verloren zu sein waren etwas eingedämmt..
 

„Fye...“ flüsterte er leise, doch diesmal erkannte er den Mann neben sich wieder, wusste, dass er da war, merkte, dass er es war, der ihm gerade das Gefühl von Einsamkeit und Wut genommen hatte, ihn festgehalten hatte. Solange bis er sich beruhig hatte.. er wusste nicht wie lang sie in dieser wahrscheinlich magischen 'Kapsel', oder was immer das sein sollte, waren... wie lange der Magier einfach nur hier gewesen war und ihn hatte toben lassen.
 

Vorsichtig lehnte Kurogane sich an den Mann zu seiner Seite und schloss noch einmal die Augen. „Ich bin.. froh, dass du da bist...“ sprach er leise, ohne es direkt zu bemerken, er fühlte sich so betäubt und so weit weg von allem...
 

Plötzlich schlug das Herz des Magiers schneller. Er wusste, dass er an so etwas jetzt nicht denken sollte, aber gerade spürte er, wie nah sie sich waren, wie anders als mit Ashura das hier das doch war. Trotz der Verzweiflung, der Hoffnungslosigkeit, war jeder restliche freie Platz mit Liebe und Nähe und Vertrauen angefüllt und gab ihnen noch Luft zum Atmen. „Natürlich...”, flüsterte er leise, „du bist es doch auch...” Vorsichtig, fast ein wenig wie es seine eigene Mutter immer getan hatte, strich er dem Ninja durch das Haar und drückte ihn etwas näher an sich.
 

Ein paar Minuten erlaubte der Krieger sich noch einfach in den Armen des Magiers liegen zu bleiben und dieses Gefühl von Taubheit in seinem Gehirn, in seinem Körper und vor allem auf seinem tränenfeuchten Gesicht zu genießen, den Schmerz ein wenig durch den Augenblick des Friedens hier zu verdrängen und die leichte Ernüchterung in seiner Brust etwas breit machen zu lassen. Dass Tomoyo tot war, hatte er begriffen, dass ihr Tod weh tat.. unwahrscheinlich weh tat, wusste er jetzt auch.. aber was ihr Tod bedeutete.. dass sie wirklich nie mehr wieder kam, dass war ihm noch nicht klar und darüber wollte er auch gerade nicht nachdenken. Er wollte sie nicht vergessen oder verdrängen, aber weiter darüber nachzudenken würde er wahrscheinlich gerade nicht verkraften.

Leicht fiel der Ninja für diese Zeit in einen Dämmerzustand, der ihn halb wach und halb schlafend sein ließ, bevor er jedoch endgültig die Augen wieder öffnete. „Wir müssen Japan retten...“, flüsterte er immer noch, seine Stimme war noch schwach und ein wenig heiser von der Müdigkeit und vom vielen Herumschreien. „ Und dann endlich... etwas schlafen...“ fügte er noch an, bevor er sich erneut etwas von dem kleineren Körper löste.
 

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Ja, das hatte er sich gewünscht.. Schlaf.. und damit ein wenig vergessen. Und nun lag Kurogane hier, hellwach, mit all diesen grausamen Erinnerungen.. seine Augen brannten, er hatte sie mittlerweile wieder geschlossen. Fye im Arm..
 

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Der noch kniende Mann nickte, fühlte sich selbst gerade unsagbar erschöpft. Langsam stand der Magier auf und sah auf Kurogane hinunter. „Die umgekehrte Reihenfolge wäre vermutlich weiser, so erschöpft wie wir sind, werden wir heute nichts auf die Reihe bekommen. Wir können abwechselnd Wache halten, aber zunächst sollten wir uns ein wenig ausruhen... komm, steh auf...”, sagte er sanft und hielt Kurogane seine Hand hin.
 

Leise seufzte der Ninja als er versuchte seine schweren und nun unwahrscheinlich brennenden Augen offen zu halten und nach oben zu blicken. Obwohl er nicht meinte schlafen zu können, hatte Fye mit Sicherheit Recht. Ihm war immer noch etwas übel, bemerkte er, als auch er versuchte sich aufzurichten...

Der ganze Hof war wahrscheinlich in Aufruhr.. alle wussten mit Sicherheit schon um Tomoyos Tod. Hoffentlich hatten sie wenigstens ihre Leiche weggebracht.. sie noch einmal zu sehen würde Kurogane nicht ertragen.. obwohl er nichts sehnlicher tun würde als sie noch einmal wieder zu sehen.. lebendig, ihn tadelnd, streng anblickend oder sanft lächelnd.. etwas schwerer wurde ihm schon wieder ums Herz, als ihm diese Bilder seiner Prinzessin in den Kopf schossen..

Nicht nur er war wahrscheinlich schockiert, über ihren Tod.. auch Souma und Tomoyos Schwester Amaterasu, die längst nicht mehr an diesem Hof war musste das schwer treffen...
 

Nein.. Kurogane wollte nicht zurück an den Hof. Er wollte ihre Gesichter nicht sehen, ihre Tränen nicht sehen, diesen Tempel nicht mehr und kein Blut mehr. Er hatte absolut keine Kraft mehr... Kein bisschen mehr. Fast verzweifelt umgriff er die Hand des Blonden fester und blickte nach oben in das blaue Auge. „Ich kann.. jetzt nicht dahin zurück..“, bemerkte er leise - auch wenn es wie weglaufen war. Nein, selbst wenn es weglaufen WAR. „Wie lange kannst du diesen verdammten Zauber aufrecht halten? Selbst wenn es nur ein paar Stunden sind...“

Die Vampire würden mit Sicherheit noch ein paar Tage brauchen bis sie zum Palast hervorgedrungen waren. Viel zu weit waren sie noch immer durch Tomoyos Zauber davon entfernt gewesen und jetzt mussten sie, auch wenn sie das weiter brachte als die Hitze, sich durch Schnee und einen Sturm kämpfen. Sie würden nicht so schnell angreifen können...
 

„So lange du willst...”, antwortete der Blonde mit einem leichten Lächeln, „halt meine Hand.”
 

Fast verzweifelt umgriff er die Hand des Blonden fester und blickte nach oben in das blaue Auge.
 

Kurz schloss Fye sein Auge und im nächsten Moment befanden sie sich wieder in Kuroganes Zimmer, durch die offene Tür drang Schnee und Kälte herein und Fye löste sich von dem anderen Mann, um die Türe zu schließen. „Aber ich glaube das hier ist besser...“, fügte er mit einem Seufzen hinzu. Auch wenn er noch Energiereserven hatte, es kostete ihn viel Konzentration seine Zauber aufrecht zu halten. Konzentration, die er jetzt kaum aufbringen konnte... Dennoch sorgte ein Bann dafür, dass sie hier nicht gestört werden würden.
 

Plötzlich befanden sie sich in seinem Zimmer wieder und Kurogane wunderte sich gar nicht groß über diese Tatsache, dafür war sein Körper einfach viel zu erledigt und sein Geist zu leer, sein Kopf nebenbei noch mit so vielen anderen Fragen beschäftigt... dass er es einfach so hinnahm.

Er schauderte unangenehm als er die Kälte spürte, die durch die offene Tür in seinem Zimmer herrschte und beobachtete Fye still dabei, wie er die Tür schloss und atmete leise aus. Sein Blick fiel kurz auf die Sutren an seiner Wand und für einen Moment erinnerte er sich an die Monate, die er mit der Wüstenprinzessin alleine in diesem Land verbracht hatten. Auch sie hatte sich in dieser Zeit gut mit Tomoyo angefreundet.. wie es ihr wohl ging, wenn sei von ihrem Tod erfuhr? Sie war gerade Mutter geworden... So viel ging ihm durch den Kopf und gleichzeitig, dachte er nicht wirklich ernsthaft über irgendetwas nach oder konnte seine Gedanken länger als ein paar Sekunden halten.
 

Wieder in diesem Zimmer überfiel Fye wieder eine Art von Zeit- und Kraftlosigkeit, aber er musste wenigstens dafür Sorgen, dass Kurogane etwas schlief. Obwohl im Palast alles in Aufruhr war, ging er zu dem Mann, der auf seinem Futon saß und ins Leere starrte. „Schlaf jetzt...” Mit diesen Worten wurde Kurogane etwas auf das Futon gedrückt und eine kühle Hand strich ihm über die Stirn. „Du brauchst Kraft für den nächsten Tag... ich achte solange auf alles und wecke dich, falls etwas geschehen sollte.”
 

Ohne Widerstand, denn die Kraft hatte er im Moment sowieso nicht, ließ der Krieger sich von dem Magier zurück auf das Futon drücken und blieb einfach nur regungslos liegen, sah dem Blonden in das blaue Auge, bis es etwas verschwamm, weil sich wieder diese heiße Flüssigkeit in seine Augen stahl. Er wusste es.. verdammt, er hatte Angst gehabt und es gewusst, dass wenn diese verdammten Tränen ihn erst einmal überlistet hatten, sie nicht wieder aufhörten. Dabei wollte er nicht weinen, er hasste es, in diesem Moment hasste er es einfach nur. Er hatte gelernt, dass es auch eine Art Stärke war weinen zu können, in manchen Situationen... aber er wollte das gerade einfach nicht mehr... wäre er alleine gewesen, hätte er nicht geweint, da war er sich sicher gewesen... dann hätte er ihren Tod nicht mit Tränen bedauert. Aber der Magier hatte alles ans Licht gezerrt, was er versucht hatte immer zu verstecken und zu verbannen.

Seine Augen brannten mittlerweile, aber als ihm einfiel, dass sie einfach so gegangen war, ohne dass er ihr noch etwas sagen konnte und dass sie sich bei ihrem letzten Gespräch nur über diesen sinnlosen Krieg unterhalten hatten, kein privates Wort ausgetauscht hatten und sich noch dazu etwas gestritten, wollten diese verhassten Tränen wieder nach außen dringen.
 

Er schloss die Augen nachdem Fye ausgesprochen hatte und wusste, dass der Magier wahrscheinlich damit Recht hatte. Dass er schlafen sollte, sie beide sollten etwas schlafen, denn das hatten sie zu lange nicht mehr richtig getan... Schlaf.. wäre die erhoffte Erlösung im Moment. Und auch wenn der Magier gesagt hatte, dass es natürlich war, dass er bei ihm gewesen war und der Krieger auch wirklich froh darüber war.. denn er hätte nicht gewusst, was er sonst gemacht hätte..schämte er sich immer noch etwas für seine Schwäche, obwohl er wusste, dass er das nicht brauchte, nicht vor Fye.

Aber gerade wollte der Ninja irgendwie nicht, dass der Magier weiter zu sah, ihm weiter so nah war.. „Ich glaub...“ fing er nach einer Weile leise an. „..ich muss jetzt etwas alleine sein.“

Er konnte es gerade wirklich nicht gut ertragen. Dabei hatten sie sich so lange nicht gesehen und der Magier wollte nur helfen, die Gefahr, die draußen herrschte war eigentlich viel zu groß... und ihm fiel nichts besseres ein, als den Blonden wegzuschicken.
 

Etwas schluckte der Magier und drehte den Kopf weg, um seine eigenen Tränen zu verbergen. Doch dann riss er sich zusammen, obwohl der Gedanke jetzt ohne den anderen Mann zu sein, ihm schier die Luft nahm. Aber er musste stark für Kurogane sein, musste.... musste.... Schweigend stand er auf und ging zur Tür, doch dort stockte Fye, ließ die Hand in der Luft schweben, die er ausgestreckt hatte, um nach dem Griff der Schiebetür zu greifen. „Ich kann nicht...”, flüsterte er leise und ließ sich auf den Boden sinken, lehnte sich gegen die Wand, den Kopf zurück und schloss die Augen, versuchte ganz ruhig und gleichmäßig zu atmen, sich seinen Zustand nicht anmerken zu lassen. „Ich bin ganz leise... ich hör nicht hin und sage nichts... aber bitte... ich mag jetzt nicht gehen..” Das würde er nicht aushalten... allein der Gedanke in dem leeren Gang vor dem Zimmer zu stehen und zu überlegen, wo er jetzt hingehen könnte. Allein? Zu jemand anderen? Allein bei dem Gedanken fühlte er sich unsagbar verloren, noch mehr als sonst schon – hatte Angst um den Krieger.
 

Immer noch blieb der Ninja regungslos und wartete darauf, dass der Magier aus dem Zimmer war, doch als eine Zeit lang nichts passierte und der Magier wieder mit ihm sprach, schluckte er diese verdammten Tränen endgültig wieder runter und richtete sich etwas auf. In der Beziehung waren sie vollkommen verschieden.. der Krieger brauchte einfach hin und wieder seine Ruhe, wenn ihm alles über den Kopf wuchs, Fye suchte dann immer Nähe.. eine ganze Weile sah er den Schatten an der Wand an, selbst wenn er alles andere als klar im Kopf war, entging ihm nicht, was der Magier gerade versuchen wollte vor ihm zu verbergen. Auch ihm ging es schlecht.. und auf einmal fiel ihm wieder etwas ein, was er sich geschworen hatte, dem Blonden die Nähe zu geben, die er brauchte, wann immer das auch sein sollte... auch wenn der Krieger etwas Ruhe gebrauchen könnte, weil er selbst gerade auch etwas vor Fye verbergen wollte, eigentlich vor der ganzen Welt und sich am liebsten auch vor ihr verkrochen hätte. Nur für ein paar Stunden, um wieder Luft zu holen.. aber es tat ihm auch weh, Fye so zu sehen..
 

Schwer seufzte er, als er mit seiner Hand einmal durchs Gesicht fuhr. „Nein.“ flüsterte er ebenso leise wie Fye es getan hatte. „Wenn du schon hier bleibst.. dann versteckst du dich auch nicht vor mir... und kauerst erst recht nicht an dieser bescheuerten Wand da rum...“
 

Langsam stand Fye wieder auf und ging zu Kurogane, ließ sich neben ihm auf das Futon fallen, die Augen geschlossen, lehnte er sein Gesicht etwas gegen die mittlerweile wieder aufgewärmte Schulter. Er konnte gerade nicht denken, er war so müde, dass er gerade noch einen Zauber, um das Schloss weben konnte, der ihn weckte, sollte etwas Seltsames geschehen. „Okay...”, sprach er immer noch leise, denn laute Geräusche schienen gerade für sie beide unerträglich. Alle Unsicherheiten über Bord werfend, denn dafür war er definitiv zu erschöpft, bettete er sein Gesicht in Kuroganes Armbeuge, verbarg sein Gesicht vor ihm, während er still und lautlos den Tränen freien Lauf lief, die schon seit nun vier Tagen an die Oberfläche quellen wollten.
 

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Eine ganze Weile, hatte der Magier seine Tränen leise vergossen, bis er einschlief. Kurogane hatte still zugehört, versucht, sich abzulenken.. hatte überlegt, kurz durch den Palast zu gehen.. irgendwas gab es nun sicher zu tun. Aber der Wunsch nach Schlaf, war übermächtig, seine brennenden Augen sehnten sich nach Ruhe, ebenso wie sein Herz.

Lange, sehr lange, gingen ihm noch diese Ereignisse durch den Kopf.. bis es auch endlich schwarz und dunkel um ihn herum wurde und er vor Erschöpfung den ersehnten Schlaf erlangte.
 

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Am nächsten Tag wurde es wie immer spät hell. Doch im Gegensatz zu den anderen Tagen davor begleiteten Kälte und trübe Wolken den beginnenden Morgen. Trauerkleidung ward aufgelegt worden, nicht nur bei den Menschen am Hof, auch jene, die vom Land in die Hauptstadt geflohen waren, trugen weiß, so weit es durch die Kriegsumstände denn möglich war. Tomoyos Schwester Amaterasu hatte erst einmal das Beten für den Bannkreis übernommen, jedoch war ihre Kraft nicht einmal zu einem Teil so stark wie Tomoyos. Doch noch schienen die Vampire nicht anzugreifen. Eine beängstigende Stille lag über dem ganzen Land. Eine betäubte Stille oder vielleicht auch die Ruhe vor dem Sturm.
 

In dieser Stille waren ihre Füße recht laut auf den Tatamimatten, die unter jedem Schritt leises Knarzen von sich gaben und eigentlich durfte sie auch noch gar nicht herum laufen, aber als sie heute früh erfahren hatte, das Tomoyo gestorben war, hatte sie nichts mehr in ihrem Zimmer gehalten. Shaolan lief neben ihr, stützte sie dann und wann, aber sie bestand darauf nicht getragen zu werden. Endlich kam Sakura an der Türe an und öffnete sie leise. Dahinter war das leise Murmeln der Priester zu hören und auf einer Bahre lag Tomoyo. Blass und hübsch mit Blumen im Haar, als würde sie nur schlafen. Hart schluckte das Mädchen und versuchte gegen die Tränen anzukämpfen. Doch letztendlich konnte sie nicht länger auf den Leichnam ihrer Freundin sehen und vergrub ihr Gesicht bei Shaolan, weinte leise und stumm, bis der Junge sie hochnahm und wieder zurück trug.
 

Im Tempel schimmerte ihre Feder in einem noch etwas matterem Schwarz.
 

~~~Part 98 ende~~
 

Anmerkung: An TRC und the noose haben wir keine Rechte, sondern CLAMP und a perfect circle haben die. Wir verdienen kein Geld damit, sondern leihen sie nur für unsere schlaflosen Nächte.
 

Kommentar: Endlich ein Update und das bevor wir die ein-Jahres-Grenze überschritten haben. Falls dies noch jemand liest, danke! Es gibt als Wertschätzung von unserer Seite auch einen Uploadflash die nächsten Wochen! Ob man es vermutet oder nicht, die zwei Autoren haben auch ein Leben und das hat uns ziemlich beschäftigt gehalten. Nicht beschäftigt genug, um ab Kapitel 100 einiges in diesem RPG zu vermurksen und da uns eh – mal wieder – Turns verloren gegangen sind, haben wir beschlossen es ab diesen Punkt neu zu schreiben. Aber keine Sorge, es hat sich schon wieder genug Stoff für massig Updates angesammelt! Wir sind sehr zufrieden mit der neuen Version *brabbel* Vielleicht stellen wir mal paar „Omake“ bei passender Gelegenheit online, damit ihr mit uns über den Unterschied lachen könnt XD
 

Nun denn, auf zur 100!

LG

Rakuen&Mayou



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