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Hanyou wo Tomete!! [Stoppt den Dämon]

Inuyasha x Miroku - Neue News am 18.11.07
von

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Prolog ・Nie wieder

"Nie wieder",
 

dachte der Halbdämon. Sein silbern schimmerndes Haar fiel ihm strähnig über das verschwitzte Gesicht und seine Hände schienen sich nur noch schwerlich bewegen zu können.

"Elendes Weib", knurrte er mit zusammengepressten Zähnen.

Seine Hände stießen durch die Wasseroberfläche, das Blut, das an ihnen klebte, verlor sich in den Fluten, als er sie aneinander rieb. Es war überall,

das Blut.
 

Nicht nur an den Händen, auch in seinem Haar und auf seinem Gewand hatte SIE ihre Spuren hinterlassen.
 

Aber er wollte es alles vergessen. Alles, und vor allem SIE, die ihn hintergangen und fast getötet hätte.

Langsam glitt er aus seinem Übergewand, dann streifte er die Hose ab und ließ sich in das Nass des kleinen Baches gleiten. Alles sollte fortgespült werden.
 

Die Erinnerung.
 

Der Geruch.
 

Die Verletzungen.
 

Als er aus dem Wasser stieg und sich wieder ankleidete, sah er einen Fisch, der mit in der Sonne glänzenden Schuppen munter einen Sprung wagte. Wut erfüllte die Brust des Halbdämons.
 

"Sankon-Tessou"
 

Der Fisch wurde sauber in zwei Teile geteilt, die zuckend in das Wasser zurückklatschten und rote Spuren darin zogen. Das Blut an seinen Krallen reichte ihm nicht. Er wollte mehr Blut.
 

Blut, um ihren lästigen Geruch zu begraben. Er haftete noch immer an ihm.

Verräterin
 

Wasser, gemischt mit Blut, tropfte von seinen Händen, als er sich aus dem Gras erhob und den Blick auf das Dorf lenkte.
 

IHR Dorf.
 

Dort war auch er, der Juwel, um den sie ihn betrogen hatte.
 

Sie würden dafür büßen. Ihr Blut würde fließen, zur Vergeltung.... und um den Geruch zu vertreiben, der nun an ihm haftete wie ein lästiger Floh.
 

Nie wieder...

Der Halbdämon zückte seine Krallen. Tod für alle.
 

Nie wieder werde ich einem Weib glauben.
 


 


 


 


 

~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~
 


 

"Nie wieder",
 

dachte der Mönch. Er ballte die Faust um die Gebetskette, die er in aller Eile darumgeschlungen hatte.

Sie war das einzige, was in der Dunkelheit von dem dünnen Strahl des Halbmondes beschienen wurde, der durch das Loch in der Decke fiel. Im Dunkel suchte seine Hand den Stab. Er musste irgendwo im Raum sein...
 

Dort war er. Seine Hand schloss sich um das kalte Holz. An dem Stab drückte er sich in die Höhe und atmete tief durch. Seine Gedanken kreisten nur um eine Person.
 

"Verflucht", glitt es über seine Lippen.
 

Beinahe hätte der Fluch ihn getroffen, und seine Hände zitternten noch imer. Seine Haaren waren vollkommen durcheinander, sicherlich sah er schrecklich aus. Aber das kümmerte ihn nicht.
 

Nein, es würde ihn überhaupt nie mehr kümmern, wie er aussah. Mit zitternden Händen knotete er die Schärpe über seiner Schulter und strich den rauen Stoff glatt.
 

Er fror. Ungehindert drang die Kälte durch das kaputte Dach und seine Gewänder. Auch, dass er die Arme um seinen Oberkörper schlang, half nicht viel.
 

Er war allein hier und fror.
 

Feuer konnte er nicht machen, nicht so ohne Holz. Er musste den Morgen abwarten, der die Nacht verdrängen würde.
 

Verdrängen ja, aber auslöschen ließ sich das Geschehene niemals.
 

Erschöpft ließ sich der Mönch gegen die nasse Holzwand fallen und sank zusammen. Die Hände verbarg er in den weiten Ärmeln und kauerte sich fest zusammen. Die Holzperlen an seiner Hand drückten ihm in die Rippen.
 

Nie wieder...

schoss es noch einmal durch seinen Kopf,
 

Nie wieder werde ich mich mit einem Weib einlassen

Kapitel 一 ・ Der Fall Inuyasha

Kaede zügelte ihr Pferd und blickte entgeistert auf einen Baumstamm, der quer über dem schlammigen Waldweg lag.

Warum musste das jetzt auch noch passieren? Kaede sah sich um und glitt dann vom Rücken ihres Pferdes in den Matsch. Ihre Füße saugten sich sofort darin fest. Just in dem Moment—

Ein Schrei wie von einem wilden Tier ertönte. Dann stürzten vier Männer auf die Lichtung. Sie trugen abgerissene Kleidung und schartige Schwerter, und sie stanken so fürchterlich, dass sich Kaede ihren Ärmel vor Mund und Nase schlug.

„Was haben wir denn da?“, grölte der Kräftigste der drei und trat auf Kaede zu.

Sein Geruch war unerträglich! Die junge Frau wäre sicherlich zurückgewichen, doch hinter ihr hatte sich mit verschränkten Armen ein anderer der Banditen aufgebaut, der fast noch schlimmer roch.

„Eine hübsche, junge Frau, so ganz alleine im Wald...?“, bemerkte der, der offensichtlich der Anführer war. „Was machen wir wohl mit dir?“, fragte er, hämisch seine verfaulten Zähne entblößend. Kaede wich, angeekelt von seinem Atem, ein Stück zurück, stieß gegen den Mann hinter ihr.

Grob packte der Anführer sie am Oberarm und kam ganz nah an ihr Gesicht. Von seinem Gestank, einer Mischung aus Sake und Schweiß, wurde ihr fast übel. Ängstlich hielt sie die Luft an und wartete ab.

„Du willst wohl abhauen?“, fragte der Mann. Kaede schüttelte den Kopf.

„Na los, Kugon, nimm ihr den Bogen ab“, bellte der Anführer. Der Angesprochene riss den Bogen, der am Sattel ihres Reittieres gehangen hatte, gemeinsam mit den Pfeilen in einem Lederköcher, an sich.

„Du bist hübsch“, stellte der Anführer fest und nahm ihr Kinn unsanft zwischen die schwieligen Finger seiner linken Hand. „So was läuft einem nicht alle Tage über den Weg!“ Die anderen drei lachten höhnisch.

„Nehmen wir die mit, Boss?“, fragte der eine. Kaede war noch immer fest in der Umklammerung des Anführers, sie wollte weg, aber sie konnte nicht. Jetzt schickte sich der grobschlächtige Mann an, zu antworten.

Doch gerade, als er den Mund öffnete und Kaede somit wieder in eine Wolke des Gestanks hüllte, ertönte eine selbstsichere Stimme hinter ihr.
 

„Ihr werdet sie nicht mitnehmen.“

Kaede konnte sich nicht umdrehen, um den Fremden –denn ein Mann war es sicher- zu erkennen, doch die Banditen schienen ziemlich erschrocken.

“Was hast du hier zu suchen?“, blaffte der Anführer den Fremden an. Kaede mochte es sich nur einbilden, aber seine Stimme schien leicht zu schwanken. Nichtsdestotrotz hielt er ihren Oberarm weiterhin fest umklammert.

„Ich suche nichts, aber mir scheint, ihr sucht Streit...“, erwiderte die Stimme freundlich.

„Hau ab! Die ist unsere Beute!“, rief der mit Kaedes Bogen in der Hand. Kaede versuchte, sich umzudrehen um endlich einen Blick auf den Fremden werfen zu können, doch der Griff war steinhart und unnachgiebig, die Fingernägel des Mannes drückten unbeugsam in ihre Haut.

„Ich würde davon absehen, eine Frau als ‚Beute’ zu bezeichnen. Andernfalls sähe ich mich gezwungen, sie euch Banditen mit Gewalt zu entreißen."

„Versuch’s doch!“, rief einer der Männer.

Das hätte er besser nicht gesagt. Kaede hörte nur einen dumpfen Schlag und ein goldenes Klimpern, das für einen Augenblick die Luft erfüllte. Dann sagte einige zähe Minuten lang niemand etwas, bevor der Anführer der Banditen schrie:

„Los, worauf warte ihr?! Kugon! Haro! Schnappt ihn euch und tötet ihn!“

Kaede kniff die Augen zu, doch nichts geschah, außer dass sie erneut dieses Klingeln wahrnahm, das durch die Luft zischte. Die beiden Banditen stießen kurze Schreie aus, dann klatschten ihre Körper in den Schlamm.
 

„Du blöder Pfaffe!“, fuhr der Anführer auf, und jetzt, endlich, ließ er Kaede los und stürmte auf den Mann zu, der inmitten der bewusstlosen Banditen stand. Bevor Kaede ihn richtig erkennen konnte, hatte der Bandit ihr die Sicht versperrt, als er durch den Schlamm auf die Person zuwankte. Doch von der Person dort ging ein eigentümliches goldenes Leuchten aus.

„Schlaf gut“, kommentierte der Retter Kaedes und etwas Goldenes knallte auf den Kopf des Mannes. Er sank sofort zu Boden.
 

Der Mann, der inmitten des Weges stand, war ein Bettelmönch. Wie es schien, hatte er seinen Stab soeben als Waffe gegen die Männer benutzt. Sein Gewand war violett, darunter trug er einen schwarzen Yukata [leichter Sommerkimono]. Das Ungewöhnlichste an ihm war jedoch, dass er nicht, wie die meisten Mönche, eine Glatze trug, sondern sein dichtes schwarzes Haar zu einem dünnen Zopf im Nacken zusammengebunden hatte. Sein Gesicht sah sehr gut aus, ebenmäßig und nahezu so schön wie das einer Frau.
 

„Seid Ihr wohlauf, Miko-sama?“, fragte der Mönch. Er hatte an ihrer Tracht erkannt, dass sie eine Dienerin eines Shintoistischen Tempels war, die man Miko nannte. [sama ist ein Anhängsel für Verehrung].

Kaede nickte eilig und stapfte durch das aufspritzende Wasser in den Schlammlöchern zu dem einen Banditen und nahm ihm ihren Bogen und den Köcher wieder ab.

„Habt Dank, werter Mönch“ sagte sie und trat auf ihn zu, während sie sich den Bogen über die Schulter hängte.

„Nichts zu danken. Doch Ihr solltet nicht so allein unterwegs sein. Habt ihr keine Begleiter?“

„Nein, ich bin alleine unterwegs.“

„Was ist der Grund für Eure Reise?“

Dass eine Miko auf Reisen war, war tatsächlich sehr ungewöhnlich. Nur die Buddhistischen Priester führten diese Art von Leben, doch die Tempeldienerinnen waren unter normalen Umständen an einen Ort gebunden.

„Ich bin auf der Suche nach kampferprobten Mönchen mit einem guten Hou-riki... so wie Euch“ [Hou-riki ist die spirituelle Kraft]

„Da muss ich Euch enttäuschen. Mein Hou-riki ist, um es direkt auszudrücken, miserabel.“
 

Kaede blickte den Mann misstrauisch an. Das war eine glatte Lüge! Obwohl sie nur noch ein sehendes Auge hatte, war doch die Aura, die diesen Mann umgab heller als alles, was sie bisher gesehen hatte. Sein Hou-riki musste gewaltig sein. Doch warum versuchte er, dies zu vertuschen?
 

„Wir sollten uns bemühen, vor Einbruch der Nacht einen Ort zu erreichen“, riss der Mönch Kaede aus ihren Überlegungen. „Natürlich!“, stieß sie hervor. Mit einem kurzen Pfiff lockte sie ihr Pferd wieder zu sich. Als es neben ihr zum Stehen kam, schwang sie sich auf seinen Rücken.

„Ihr seid zu Fuß unterwegs, nehme ich an“, sagte sie zu dem Mönch herab. „Ja, in der Tat. Reitet nur voraus.“

„Was werden wir mit den Banditen machen?“, fragte Kaede ausweichend und streichelte ihrem Pferd über den Hals. „Wir lassen sie hier liegen. Wenn sie nicht von einem Dämon gefressen werden, dann werden sie bald wieder zu sich kommen und weiter umherziehen. Das ist nicht unser Problem.“ Kaede nickte und blickte ihn noch einmal an. Seine Aura war so hell...

Er wäre der Richtige. Wenn es jemand mit Inuyasha aufnehmen könnte, dann er. Sie konnte sich nicht von ihm trennen, sie musste ihn überreden...

„Ihr sagtet doch selbst, ich solle nicht ohne Begleitung den Wald durchqueren. Ich werde langsam reiten, so dass Ihr Schritt halten könnt.“

Sie blickte dem Mönch ins Gesicht, doch er wandte sich sofort ab.

„Tut, was Ihr wollt“, sagte er und setzte sich dann in die Richtung in Bewegung, aus der Kaede gekommen war. Sie trieb ihr Pferd neben ihn und zügelte es, so dass sie nun gleichschnell waren.

„Verratet Ihr mir Euren Namen, Mönch?“, fragte Kaede freundlich.

„Ich heiße Miroku.“ „Nun, mein Name ist Kaede.“

Der Mönch quittierte diese Vorstellung nur mit einem Brummen. Offenbar war er weibliche Gesellschaft nicht gewohnt.

Kaede bemühte sich auf dem restlichen Weg nicht weiter, ihn in ein Gespräch zu verwickeln. Stattdessen ließ sie ihre Gedanken ab- und ihren Blick zum Himmel schweifen.

Ob alle wohlauf waren? Es war gerade zwei Wochen her, dass sie ihr Dorf das letzte Mal verlassen hatte, doch in der Zeit konnte viel geschehen sein. Ob Narumi inzwischen ihr Kind geboren hatte? Ja, inzwischen musste das Kind ein paar Tage alt sein. Ob es wohl ein Junge geworden war, wie Takenori gehofft hatte? Sonst würden sich Nami, Mika und Kana sicher über ein Schwesterchen freuen. Und was war wohl aus den beiden Mönchen geworden? Vielleicht hatten sie es geschafft, Inuyasha vom Dorf fernzuhalten... Kaede zumindest hoffte es. Aber wenn sie diesen Mönch dazu bringen könnte, mit ihr zu kommen, dann würde die Gefahr bald vorüber sein. Dann würden die Dorfbewohner endlich wieder ruhig schlafen können.
 

„Dort ist es“, bemerkte Miroku und Kaede wurde aufmerksam. Der Wald öffnete sich in ein kleines, von zerklüfteten Bergen eingeschlossenes Tal. Die kleinen Strohhütten drängten sich dicht aneinander, um einer großen, von Reisfeldern bedeckten Fläche Platz zu machen. Kaede war bereits hier gewesen und hatte sich erst am Morgen von den Menschen verabschiedet, die nun wieder aus ihren Hütten eilten um zu sehen, wer die Ankömmlinge waren.

„Kaede-Miko-sama!“, stieß einer der Menschen aus. Sofort eilten drei Männer auf sie zu. „Was bringt Euch zurück hierher? Und wen habt Ihr da bei Euch?“

Miroku verbeugte sich tief: „Ich möchte euch bitten, mir für eine Nacht eine Bleibe zu gewähren.“ „Aber natürlich, werter Mönch“, sagte einer der Männer, „Wenn es für Euch in Ordnung ist, könnte Ihr gerne mit Kaede-sama in meinem Hause übernachten.“ Der Mann hatte Kaede schon in der vorangegangenen Nacht bei sich aufgenommen. Miroku verbeugte sich noch tiefer: „Habt Dank, ich nehme Eure Einladung an.“
 

Der Mann gab sich die größte Mühe. Wie es aussah, lebte er nur mit seiner elf Jahre alten Tochter zusammen, die den beiden Wanderern Reis und eingelegtes Gemüse servierte. Beim Essen erfuhr Miroku auch, dass Haruki seine Frau bei der Geburt seines Sohnes verloren hatte, der dann selbst kurz darauf an einem schlimmen Fieber gestorben war. So blieb ihm nur noch seine Tochter Matsuki, durch die er auch auf einige Nachkommen hoffte.

Miroku hörte aufmerksam zu, doch er sagte selbst wenig. Auf Harukis Fragen antwortete er nur vage und nicht in einem Maße, dass man daraus etwas über sein bisheriges Leben erfahren konnte.

„Sagt, Kaede-sama, begleitet Euch Miroku-sama nun in euer Dorf?“, fragte Haruki schließlich, als sie nach dem Essen noch gemeinsam um das Feuer herumsaßen und Reiswein tranken. Miroku hob den Kopf und entgegnete: „Wir begegneten uns zufällig. Ich hatte vor, morgen alleine weiterzureisen.“ „Dann habt Ihr ihm noch nicht erzählt, wonach ihr sucht?“, fragte Haruki Kaede. „Nun, sie sagte mir, sie sei auf der Suche nach Mönchen mit einem guten Hou-riki...“, meinte Miroku. Kaede nickte. „Doch ich habe Euch noch nicht die ganze Geschichte erzählt.“ Der Mönch bestätigte dies mit einem Nicken und fragte dann: „Worum geht es hier eigentlich?“

Kaede setzte ihr Trinkschälchen ab.

„Unser Dorf wird von einem Dämon tyrannisiert.“

Kapitel 二 ・Nein

Kaede begann leise zu erzählen:

„Alles begann vor zehn Jahren. Damals war meine große Schwester Kikyou noch am Leben. Sie war eine mächtige Miko und schützte das Dorf, in dem sie lebte, vor allen Arten von Dämonen. Gleichzeitig befand sich in ihrer Obhut ein ebenso wertvoller wie gefährlicher Schatz. Der Shikon no Tama [Juwel der vier Seelen] war sehr begehrt unter den Dämonen, da er ihre Kräfte verstärkt, wenn sie ihn in die Hände bekommen. Meine Schwester war jedoch stark genug, diesen Schatz zu beschützen. Bis...

Sie muss unaufmerksam gewesen sein, dass dieses Wesen, ein Halbdämon namens Inuyasha, sie angreifen konnte. Verletzt blieb sie zurück, als Inuyasha den Shikon no Tama aus dem Dorf stahl. Wir verfolgten ihn in den Wald, wo auch Kikyou schon war, schwer verletzt. Ich musste im Alter von sieben Jahren, mit ansehen, wie diese Bestie meine Schwester mit seinen Klauen zerriss. In ihrem letzten Atemzug entriss sie ihm den Juwel, er floh.

Kikyou starb und wir verbrannten sie gemäß ihrem Wunsch gemeinsam mit dem Shikon no Tama, wodurch er für immer dieser Welt entschwand. Wir glaubten, dies sei das Ende der Unruhen, da nun keine Dämonen auf der Jagd nach dem Kleinod unser Dorf zerstören würden.

Doch wir hatten uns geirrt. Seit jenem Tag gab es für uns keine Ruhe mehr. Wie es scheint, plant Inuyasha, unser gesamtes Dorf auszurotten. Er greift die Menschen wahllos an und tötet sie. Ich selbst habe nicht ansatzweise die gigantischen Kräfte meiner Schwester und kann Inuyasha somit nicht aufhalten.

Nun reise ich durch die Lande und suche Mönche, die ihn fangen könnten, doch bislang hat es niemand geschafft. Ihr jedoch, Miroku-sama, Ihr scheint mir stark genug zu sein, um Inuyasha den Garaus zu machen.“

Kaede sah den Mönch an.
 

„Nein“, sagte Miroku.
 

Mit einem unglaublich laut scheinenden Klacken setzte er sein Trinkschälchen auf den Boden.

„Warum nicht?“

„Ich habe einst geschworen, mein Horiki nur zu benutzen, um den Menschen und allen anderen Wesen auf dieser Welt zu helfen.“

„Ich verstehe nicht... Ihr würdet doch meinem Dorf helfen.“

„Doch ich würde diesen Halbdämon bekämpfen. Das ist mit meinem Schwur nicht vereinbar.“
 

Kaede ließ enttäuscht die Hände zu Boden sinken. Ihre Hände krallten sich in den Stoff ihrer roten Hose.
 

„Nun denn“, murmelte sie schließlich, „ich... werde mich nun zur Ruhe legen.“
 

Schweigend beobachteten Miroku, Haruki und Matsuki, wie Kaede aufstand und sich dann mit dem Rücken zum Feuer auf einer der Matten ausstreckte. Mirokus Blick schweifte ab und blieb an dem Feuer kleben, das in der Mitte des Raumes brannte. Es spiegelte sich unruhig in seinen Augen wider.

Schließlich erhob sich Haruki und sagte: „Ihr solltet nun auch zur Ruhe gehen, Miroku-sama. Wenn Ihr morgen früh weiterreisen wollt, ist es ratsam, ausgeschlafen zu sein. Ich lege mich jetzt auch hin. Matsuki, du bitte auch.“

Das Mädchen nickte und legte sich ohne Murren auf ihre Schlafmatte. Haruki schürte noch einmal das Feuer und legte sich dann auch schlafen.

Bald signalisierte sein lautes Schnarchen, dass er eingeschlafen war.
 

Miroku jedoch blieb sitzen und starrte müde in das Feuer, sah zu, wie es kleiner und kleiner wurde und schließlich nur noch eine kleine Glut in einem Haufen Asche war. Er hing seinen eigenen Gedanken nach und betrachtete lange seine rechte Hand. Sie war mit einem violetten Stoff umschlungen, dessen Farbton dem seines Überwurfes entsprach. Darum war eine Gebetskette aus weiß lackierten Holzperlen geschlungen.

Er hasste diese Kette.

Diese Hand.

Und sich selbst.

Er war so dumm gewesen...
 

„Miroku-sama...“

Er schrak auf, als er Kaedes Stimme hörte. Die Miko hatte sich aufgerichtet und blickte ihn aus dem ihrer Augen an, das nicht von der hölzernen Augenklappe bedeckt war.

Miroku wich ein Stück zurück, als Kaede zu ihm kroch und ihr Obergewand lockerte. „Miroku-sama... ich biete Euch meinen Körper, wenn Ihr mir versprecht, Inuyasha zu töten“, flüsterte sie und griff nach seiner linken Hand. Sie zog sie zu sich und schob sie unter den Stoff ihres Oberteils, drückte sie gegen ihre nackte Brust.

„Hört auf!“, rief Miroku und riss seine Hand unsanft zurück. „Haltet Euch fern von mir! Ich habe aller Weltlichkeit entsagt!“

Kaede wich erschrocken zurück und schloss sittsam ihr Gewand. Nicht seine Worte waren es, die sie erschrecken ließen, sondern der Ausdruck in seinen blauen Augen.
 

Pure Angst.
 

Die Miko warf dem Mönch noch einen verschüchterten Blick zu, doch der hatte die Augen geschlossen. Kaede legte sich wieder schlafen. Sie würde es akzeptieren müssen, dass er ihr nicht helfen würde.

Miroku hatte zwar die Augen geschlossen, doch seine Gedanken und sein Herz rasten gleichermaßen.

Er wollte es nicht. Nie wieder.

Sein Schwur, er durfte seinen Schwur nicht vergessen.

Und vor allem durfte er das nicht vergessen, was im angetan worden war.
 

Erst als das Feuer vollkommen verglüht war, kam er zur Ruhe und legte sich schließlich hin, doch sein Schlaf war unruhig und immer wieder schreckte er auf.
 

Jedes mal, wenn er mit einem leisen Schrei hochfuhr, wurde auch Kaede wach, doch sie ließ es sich nicht anmerken. Was war diesem Mann nur geschehen, dass er sie so angsterfüllt von sich gestoßen hatte? Was bereitete ihm solche Albträume?
 

Am nächsten Morgen waren Mirokus Augen eingefallen und dunkel, ein Zeichen für den Schlafmangel in der vergangenen Nacht. Beim Morgenmahl hantierte er nur sehr langsam mit den Stäbchen und sein Blick schweifte immer wieder ab. Kaede war ebenfalls müde, doch sie ließ es sich nicht anmerken. Spät in der Nacht, vielleicht auch schon kurz vor dem Grauen des nächsten Morgens, hatte sie beschlossen, Miroku in Ruhe zu lassen. Sie würde ihn nicht überreden können, ihr zu helfen, das war ihr klar geworden. Der Mönch wollte nicht. Sie würde jemand anderen finden müssen. Jemanden mit einem solch gewaltigen Horiki würde sie niemals wieder treffen, aber sie würde einen anderen Mönch finden, der mit ihr kommen würde. Und vielleicht auch stark genug, Inuyasha zu töten.
 

Als Kaede gerade ihr Pferd bestieg, kam Matsuki aus der Hütte ihres Vaters gerannt, in den Händen zwei Bündel groben Stoffes.

„Wartet, Kaede-sama, Miroku-sama!“

Miroku, der nur wenige Schritte von Kaedes Pferd entfernt stand, sah auf und lächelte freundlich, als das Mädchen vor ihm stehen blieb.

„Ich habe Euch ein paar Reisbällchen gemacht“, sagte Matsuki und hielt ihm eines der Bündel entgegen. „Vielen Dank“, meinte Miroku freundlich und nahm ihr das Präsent aus den Händen, ohne diese jedoch zu berühren. Vorsichtig verbarg er sie unter den Falten seines Gewandes.

Matsuki eilte weiter zu Kaede und sah sie freundlich an. „Reisbällchen für Euch“, sagte sie, „Als Dank, dass Ihr mir das Leben gerettet habt!“ Kaede lächelte. „Ich rette jedes Leben, das ich retten kann“, erklärte sie bescheiden und verstaute das Bündel mit den Reisbällchen in einer ihrer Satteltaschen.

Sie bemerkte, wie Miroku in Richtung der Berge sah und seinen dünnen Zopf zwischen den Fingern der linken Hand zwirbelte. Die rechte hatte er, wie schon gestern, unter seinem langen Ärmel verborgen. Kaede lenkte ihr Pferd neben ihn.

„Lebt wohl, Miroku-sama. Ich hätte mich sehr gefreut, wäret Ihr mit mir gekommen“, bemerkte sie.

„Lebt Ihr auch wohl“, entgegnete Miroku kühl.

Kaede seufzte, dann brachte sie ihr Reittier zum Anschreiten und brachte es auf den Weg nach Süden.

“Lebt wohl, Kaede-sama!“, rief Matsuki. „Ihr seid in unserem Dorf immer willkommen!“

Kaede rief Matsuki noch ein paar Abschiedsworte zu, dann ritt sie den schmalen Pfad zwischen den Reisfeldern entlang. Die Bauern, die im Wasser standen winkten ihr und verabschiedeten sie mit lauten Rufen, bevor sie in den Wald am anderen Ende des Tals eintauchte. Erst jetzt machte sich Miroku in die entgegen gesetzte Richtung auf den Weg. Einzig und allein Matsuki rief ihm ein munteres: „Lebt wohl, Miroku-sama!“, hinterher.
 

Kaede hielt die Zügel fest in den Händen und ließ immer wieder den Blick über das Unterholz schweifen. Die dicht stehenden Kiefern ließen nur wenig Licht durch, selbst am Mittag. Seit Kaede den Mönch Miroku getroffen hatte, waren einige Tage vergangen, doch bisher hatte sie in keinem der kleinen Bergdörfer einen Mönch mit annäherungsweise solch großer Kraft wie der Mirokus gefunden. Es gab einfach zu wenige, die ernsthaft etwas von ihrem Handwerk verstanden.

Miroku wäre der richtige gewesen, mit seinem einmaligen Horiki...
 

Kaede hatte viel nachgedacht und war zu dem Schluss gekommen, dass hinter seiner Weigerung, mit ihr zu kommen, etwas anderes stand als nur Mitleid mit einer bösartigen Kreatur wie Inuyasha. Doch wovor fürchtete er sich? Dass der Halbdämon ihm Angst einjagte, war undenkbar, bei seiner Stärke.

Doch was war es dann?

Kaede hatte keine Antwort gefunden. Auch nicht auf die Frage, warum er sie so dermaßen angsterfüllt angesehen hatte. Sie war noch nicht einmal im Begriff gewesen, ihn zu küssen, hatte ihn doch nur ein wenig reizen wollen mit ihrer Weiblichkeit. Und schließlich war er ein Mann. Wie konnte es sein, dass er nicht seinen Trieben folgte? Jeder andere, das wusste Kaede, wäre in einer vergleichbaren Situation nicht so stark gewesen, sie abzuwehren, auch kein Mönch.
 

Kaede hatte den Wald verlasen. Unter ihr, in einem Talkessel, lag eine grasbewachsene Ebene, nur stellenweise von größeren Steinen durchsetzt. Der Wind jagte über die grünen Halme und peitschte sie vor sich her. Auch die Wolken am Himmel wurden vom Wind getrieben wie unzählige Schafe. Das Wetter war schon am Morgen so aggressiv gewesen, aber Kaede hoffte, dass es noch eine Weile trocken bleiben würde.
 

Sie wurde enttäuscht. Gerade hatte sie den recht mühseligen Abstieg auf die Rasenfläche gemeistert, als der Himmel seine Schleusen öffnete und riesige Tropfen auf sie herabklatschen ließ.

Kaedes Auge suchte und fand in Windeseile ein Loch im Abhang, den sie soeben heruntergekommen war. Sofort drängte sie ihr Pferd darauf zu und stoppte es erst, als sie unter dem Schutz einer überhängenden Baumwurzel am Eingang der scheinbar größeren Höhle gefunden hatte. Ihre Kleider waren jedoch schon stark durchnässt.
 

Als ihr Pferd angsterfüllt schnaubte, hob Kaede den Kopf.
 

Vor ihr, an die Wand gekrallt, hockte ein Wasserlurch, eine gefährliche Art von Dämonen, die sich nur bei Regen aus ihren Höhlen wagt. Seine Augen, die ihm froschähnlich vom Schädel abstanden, waren groß und gelb, die Pupillen nur Schlitze. Der ganze Körper der Kreatur war von einem schleimigen Blau und überall mit Schuppen, stellenweise mit Schlamm bedeckt. Die Hände des Wesens, das annähernd die Statur eines Frosches hatte, hatten Schwimmhäute. Das Gefährlichste jedoch waren seine riesenhaften Zähne, mit denen es Gerüchteweise selbst Steine zermalmen konnte, und die obsidianschwarzen, langen Krallen an Vorder- und Hinterpranken und den Armgelenken.
 

Das Pferd bäumte sich in Panik auf und schleuderte Kaede auf den Boden der Höhle. Mit einem lauten Wiehern suchte es auf der Wiese das Weite. Kaede dagegen lag nun am Boden und der Lurch stürzte sich mit einem Zischen auf sie.

Gerade noch rechtzeitig drückte sie sich vom Boden hoch und floh aus der Höhle in den strömenden Regen. Nur knapp verfehlten sie die gefürchteten Krallen und rissen einen ihrer Ärmel ab.

Ihr Bogen und ihre Pfeile waren am Sattel des Pferdes befestigt gewesen.

Sie war dem Ungeheuer schutzlos ausgeliefert.

Es blieb nur eine Möglichkeit.

Weglaufen.
 

Kaede rannte so schnell sie konnte, doch das Gras war hoch und hielt sie mit seinen scharfen Kanten auf, die ihr in die Beine schnitten und ihren Lauf bremsten. Der Wasserlurch schien dagegen besser geschützt zu sein und sie hörte sein zischendes Atmen immer lauter.

Dann blieb ihr Fuß an einem Stein hängen.

Der Länge nach schlug Kaede auf den Boden, konnte den Sturz gerade noch mit den Händen abfangen, doch schon stürzte sich der Wasserlurch mit einem Schrei auf sie, der ihr das Blut in den Adern gefrieren ließ.

Kapitel 三 ・Vielen Dank

"Nein!!" Mit einem Aufschrei griff sie nach einem Stein, der neben ihr lag und schlug ihn dem Wasserlurch gegen den Kopf. Während das Wesen ins Gras klatschte, kam sie hoch. Streifte ihre Schuhe ab. Rannte weiter durch den Regen. Der Dämon sprang auf. Ihr hinterher.

"Hilfe!", schrie Kaede. Jemand musste ihr helfen, sonst wäre sie unweigerlich verloren. Sie wagte nicht, sich umzudrehen. Aber sie hörte das Aufklatschen der Schwimmflossenbewehrten Füße in den Pfützen, die sich mittlerweile gebildet hatten. Ihre Haare hingen ihr strähnig ins Gesicht und ließen ihre sowieso eingeschränkte Sicht noch mehr verschwimmen.

"Hilfe....!", stieß sie noch einmal aus, doch ihr Atem war fast verbraucht. Er ging schnell, doch sie konnte die Geschwindigkeit mit der sie rannte, nicht mehr halten und die Grasfläche bot keinerlei Schutz vor dem Wasserlurch.
 

Es ging nicht mehr. Kaede atmete ein, doch ihre Kräfte waren am Ende. Ihre Beine gaben nach und ihre Knie klatschten in den Schlamm. Das Lechzen des Wasserlurches war hinter ihr und dann hörte sie ihn abspringen. Kniff die Augen zu und...
 

Ein Klatschen in Wasser ließ sie aufschrecken. Der Lurch lag wenige Meter von ihr entfernt im Gras. Kaede hörte Schritte im Wasser zu ihr hin platschen. Dann sah sie aus dem Augenwinkel Bannzettel auf den Dämon zufliegen. Als sie ihn trafen, schrie er auf.

"Wie geht es Euch, Kaede-sama?"

Kaede drückte sich ungläubig und immer noch schwer atmend vom Boden hoch. Trog sie der Schein? Konnte es wahr sein? Dieses goldene Leuchten?

"Miroku-sama?" Der Mönch bot ihr seine Hand und zog sie hoch. "Wer hätte gedacht, dass wir uns so bald wieder sehen würden?", fragte er.

"Was tut Ihr hier?", rief Kaede.

"Ich war im Wald unterwegs, als ich Euer Schreien vernahm. Natürlich eilte ich sofort los, Euch zu helfen."
 

Kaede sah den Mönch verblüfft an.

"Wir sollten nicht weiter hier im Regen stehen...", merkte Miroku an, "Dort ist eine Höhle." Er deutete auf diejenige, aus der Kaede soeben in Panik geflohen war. Doch als er sich auf den Weg machte, folgte sie ihm dennoch, wenn auch aufgrund ihrer Erschöpfung eher langsam. Unterwegs schlüpfte die Miko wieder in ihre Schuhe, die noch auf dem Weg lagen. Durch einen Pfiff lockte sie ihr Pferd zu sich, das jedoch nur zögernd herannahte.

Erst, als Kaede sich ihm näherte, seine Zügel aufnahm und ihm beruhigend zusprach, ließ es sich zu der Höhle führen. Auch sie kam nun langsam wieder zu Kräften.

Miroku wartete bereits in der Höhle. "Wir sollten das Ende des Regens abwarten." "Ja, Miroku-sama."
 

Kaede lehnte sich gegen die raue Steinwand und seufzte. Miroku sah sie kurz an, wandte seinen Blick jedoch sofort ab. Kaede wusste natürlich, woran das lag; ihr weißes Obergewand war durch den Regen nass geworden und ihre Brüste zeichneten sich deutlich darunter ab. Miroku sah sie nicht an, er würdigte sie keines Blickes.

Noch immer an die Wand gelehnt, stellte Kaede eine Frage: "Wovor habt Ihr Angst, Miroku-sama?" "Ich habe keine Angst", sagte Miroku ernst.

"Oh doch. Ihr bekommt Angst, sobald Euch eine Frau zu nah kommt."

"Das sollte nicht Euer Problem sein."

Miroku wandte ihr den Rücken zu und beendete so das Gespräch.

Kaede lugte vorsichtig aus der Höhle. „Seht, dort bricht die Wolkendecke!“, rief sie, nach draußen deutend. Miroku blickte aus der Höhle. Tatsächlich hatte die Sonne mitten über der Wiese einen Weg durch die Wolken gefunden und warf dort einen Strahl in das Gras, in dem noch ein paar letzte Regentropfen tanzten. Mirokus Blick blieb an diesem Licht hängen und ließ sich nicht mehr abwenden. War es ein Zeichen? Mit starrem Blick verfolgte er, wie die Sonne einen weiteren Sieg gegen die Wolken errang.

„Wunderbar, nicht wahr?“, merkte Kaede an.

Mirokus Blick ließ sich nicht von ihrer Stimme ablenken. Abwesend beobachtete er, wie immer mehr Löcher in den Wolken entstanden. Kaede schürzte die Lippen und beschloss, die Ausrüstung ihres Pferdes zu überprüfen.

Als schließlich der Regen ganz versiegte, regte sich Miroku wieder und drehte sich zu Kaede um, die reisebereit neben ihrem Pferd stand und gerade die Riemen des Sattels etwas fester geschnallt hatte. „Lasst uns weiterziehen“, meinte Kaede. Sie ging an Miroku vorbei und warf ihm über den Rücken ihres Pferdes hinweg einen auffordernden Blick zu. „Uns?“, fragte Miroku und kam auf gleiche Höhe mit ihr.

Kaede strich dem braunen Pferd über den Hals. „Ihr habt diesen Wasserlurch ohne zu zögern außer Gefecht gesetzt. Und Ihr wollt mir weismachen, nicht in der Lage zu sein, dasselbe mit Inuyasha zu tun?“

Miroku sah hinüber in die Wälder und verschränkte die Arme innerhalb seiner langen Ärmel. „Ich kann nicht beurteilen, wie stark dieser Inuyasha ist.“

„Er ist sehr schnell und hat scharfe Krallen. Aber ich würde nicht sagen, dass er stärker ist als dieser Wasserlurch.“ Miroku lachte auf. „Und Ihr findet niemanden, der ihn fangen kann?“ „Er ist sehr aggressiv und tötet jeden, der ihm Böses zu wollen scheint.“

Miroku sah Kaede direkt an. „Nun, wenn ihr so sehr darauf besteht, dann werde ich ihn mir zumindest einmal ansehen“, stellte er fest.

Kaede blieb stehen. „Ihr... kommt mit?“

Miroku blieb jetzt ebenfalls stehen und sah zu ihr zurück. „Wenn ich es sage, meine ich es auch so. Es wird einen Grund haben, dass unsere Wege sich nun schon zum zweiten Mal kreuzen. Es ist ein Zeichen, und deshalb werde ich Euch zu helfen versuchen.“

Kaede spürte, wie Erleichterung ihr Herz ergriff. „Vielen Dank“, sagte sie überschwänglich. „Wie gesagt, ich werde ihn mir erst einmal ansehen.“ „Ja, bitte, wenn Ihr so freundlich wäret... Ihr müsst ihn nicht töten. Nur, haltet ihn von unserem Dorf fern..“ Miroku lächelte. „Ich werde mein Bestes tun, Kaede-sama.“
 

Kaede eilte sofort zu Miroku und gemeinsam machten sie sich auf den Weg.
 

Das Dorf Kaedes lag in einer Talsenke zwischen Bergen im Osten, Süden und Westen. Im Norden dagegen lag ein schier unendlich scheinender Wald, in dem die Bäume sehr dicht standen. Das Dorf selbst konnten Miroku und Kaede nicht sehen, als sie auf dem Gipfel eines Hügels im Süden stehen blieben, um die Szenerie zu überblicken. Am Talkessel waren viele Felder zu sehen, aber auch ein paar Wiesen, auf denen Kühe weideten.

„Dieser Wald dort wird als der Dämonenwald bezeichnet“, sagte Kaede und deutete zu den Bäumen, die trotz des Sonnenlichts das auf sie fiel seltsam dunkel wirkten. Miroku legte die Hand an das Kinn. „Tatsächlich...“, murmelte er. „Sagt, Kaede-sama, was hat es mit diesem goldenen Schimmer auf sich, der ihn umgibt?“ „Das ist das Miasma des Waldes. Nur Menschen mit mentalen Kräften, so wie wir, können es wahrnehmen. Es wird von den Bäumen ausgestoßen. Die gesamte Gegend hier war früher ein Ort, an dem die mächtigsten Priester und Mikos ein- und ausgingen und ihre Magie haftet noch immer an den Bäumen.“ „Wird er deshalb Dämonenwald genannt?“ „Nein, damit hat es etwas anderes auf sich. Ihr wisst ja, dass meine Schwester Kikyou hier den Shikon no Tama bewachte. Und auf ihn hatten es Dutzende von Dämonen abgesehen. Sie kamen immer aus der Richtung des Waldes. Inuyasha lebt dort, wenn er nicht gerade das Dorf überfällt. Dort hat er auch Kikyou getötet.“

Für einen Augenblick legte sich ein Schatten über Kaedes Augen, dann fuhr sie fort: „Das Dorf liegt fast direkt unter uns, deshalb können wir es von hier nicht sehen. Es ist recht klein und viele Hütten stehen leer. Ihr könnt Euch denken, warum.“

Miroku schob seine rechte Hand aus dem Ärmel. „Dieser Fluss dort...“, sagte er und deutete auf einen Wasserlauf, der kurz vor dem Wald entstand und dann in diesen hineinfloss. „Es ist der Fluss, den wir Aomizu nennen.“ [Aomizu=blaues Wasser; sehr fantasievoll, ich weiß] „Er entspringt höher in den Bergen und fließt dort in das Tal.“ Mit Erstaunen nahm Miroku wahr, dass der Fluss tatsächlich zwischen zwei Hügeln in das Tal floss. „Wir benutzen ihn zum Wässern unserer Felder. Er fließt in Rinnen zwischen ihnen hindurch und vereinigt sich dann weiter hinten wieder zu einem Fluss.“ „Ah, verstehe.“
 

Kaede blickte nach Westen und bemerkte: „Die Sonne wird bald untergehen. Wir sollten uns beeilen, vor Einbruch der Nacht im Dorf zu sein.“ Sie zog ihr Pferd auf einen dünnen Pfad, der den Hügel hinunterführte. Miroku schloss sich ihr an. „Sagt, Kaede-sama, könnt Ihr mir das Aussehen dieses Inuyasha beschreiben? So hätte ich zumindest schon etwas Wissen darüber, was mich erwartet.“ „Natürlich.“

„Inuyasha ist ein Halbdämon mit nahezu menschlichem Körper. Dennoch wirkt er nicht wie ein Mensch. Er hat die Ohren und die Fangkrallen eines Hundes, auch seine Zähne sind länger als bei uns. Seine Haare sind sehr lang und silbern, und so kalt wie Metall ist auch sein Herz. Er trägt ein rotes Gewand nach unserer Art, das ihn vor Angriffen mit Speeren oder Ackerwerkzeug schützt. Ihr werdet ihn auf jeden Fall erkennen.“ „Ja, das vermute ich auch.“
 

Kaede und Miroku tauchten in den Wald ein, der den Hügel bedeckte. Das Sonnenlicht drang nur stellenweise durch die Bäume und wurde zusehends schwächer. Die Vögel und Tiere des Waldes jedoch waren noch im Unterholz unterwegs – oder schon, denn jetzt war die Zeit, in der die nächtlichen Jäger erwachten.
 

Die Gedanken der beiden waren bei den bevorstehenden Aufgaben. Kaede klammerte sich an das Halfter ihres Pferdes. Wer war noch am Leben? Hatten sie alle überlebt? Aber bald würde es vorbei sein. Inuyasha würde für immer verschwinden...

Miroku hielt schweigend seinen Stab fest. Er versuchte, sich diesen Inuyasha vorzustellen, doch es war unmöglich. Er würde ihn selbst sehen müssen...
 

Beinahe hatten sie den Fuß des Hügels erreicht und schon sahen sie die letzten Baumreihen und das Dorf dahinter, als sie Schreie hörten. Entsetzt sahen sich Miroku und Kaede an. Die Miko schwang sich augenblicklich auf den Rücken ihres Pferdes und preschte zum Dorf, im Ritt noch nach ihrem Bogen greifend. Miroku rannte ihr nach.
 

Er fand sie zwischen den wenigen Hütten des Dorfes. Zwei Männer lagen dort, tot und ihr Blut war über den Erdboden verspritzt. Kaede zielte mit dem Bogen auf eine Gestalt, die zwischen ihnen hockte.

Es war der Augeblick, in dem die Sonne ihre letzten Strahlen auf das Dorf sandte, bevor sie hinter dem Berg im Westen verschwand. Zufall oder nicht, dieser letzte Sonnenstrahl fiel genau auf den Mörder, dessen silbernes Haar von ihm orange gefärbt wurde.
 

Es war Inuyasha.

Kapitel 四 ・Vorbereitungen

Inuyasha hockte Miroku gegenüber, alle Viere auf dem Boden. Sein Haar war merkwürdig sauber und seine Anmut von keinem Tropfen Blut befleckt. Inuyashas gelbe, animalische Augen blickten Miroku überrascht an. Seine Hände waren voll vom Blut der zwei Opfer. Es hatte dieselbe Farbe wie das Gewand, das der Halbdämon trug.
 

Nur einen Augenblick verharrte er. Dann verschwand die Sonne vollends, Schatten legten sich über das Dorf – und Inuyasha floh mit einem großen Sprung aus dem Schussbereich von Kaedes Bogen. Er floh in Richtung Wald und war schon bald nicht mehr zu erkennen.
 

Nur ein Augenblick war es gewesen, doch jedes Detail dieser Gestalt hatte sich in Mirokus Gedächtnis gebrannt, eine feurige Schrift, die nicht verschwinden würde. „Inu... yasha“, murmelte Miroku. Sein Blick haftete noch immer an dem Flecken Erde, auf dem nichts als ein paar Blutflecken davon zeugte, dass der Halbdämon dort gerade noch gewesen war.
 

„Habt Ihr ihn gesehen, Miroku-sama?“, fragte Kaede. Miroku riss seinen Blick los und sah auf. „Klar und deutlich“, erwiderte er. Kaede glitt von ihrem Pferd und drückte die Zügel einem jungen Mädchen in die Hand, das ängstlich herbeikam. „Merkt Euch sein Gesicht. Das ist der Halbdämon, den ihr vernichten sollt.“ Miroku nickte und beobachtete, wie einige Dorfbewohner, größtenteils Frauen, auf die Miko zueilten. Er warf noch einen Blick in die Richtung, in die Inuyasha verschwunden war, doch natürlich war nichts mehr zu sehen. Miroku stieß einen Seufzer aus.

„Miroku-sama“, rief Kaede ihm zu. Er wandte sich um. „Bitte, wäret Ihr so freundlich, unsere Toten zu bestatten?“ Miroku senkte den Kopf. „Gerne“
 

Die beiden Opfer Inuyashas wurden am nächsten Morgen abseits des Dorfes verbrannt. Miroku selbst hatte sie nicht einmal gekannt, führte jedoch die Riten gewissenhaft durch. Es kamen alle Bewohner des Dorfes, doch es waren nicht viele. Vielleicht fünf Männer, ungefähr die doppelte Zahl an Frauen, zwei Kinder und ein Neugeborenes. Inuyasha schien wirklich ganze Arbeit geleistet zu haben. Der Anzahl der Hütten nach zu urteilen waren es einmal etwa hundert Menschen gewesen, die hier gelebt hatten... Warum tat der Halbdämon das?
 

Am Abend fanden sich Miroku und Kaede in ihrer Hütte ein. Sie selbst hatte ihn gebeten, ihr Gast zu sein. An diesem Tag hatte Miroku auch einen Bannkreis um das Dorf herum errichtet, der Inuyasha fernhalten sollte. Kaede war schlecht gelaunt und rührte missmutig in dem Kessel, der über dem Feuer hing. „Dieser Dämon ist eine Bestie. Habt Ihr nun gesehen, dass man mit ihm kein Mitleid haben darf?“ „Ich habe ihn gesehen, doch ich frage mich, warum er auf einmal so aggressiv ist. Auf mich wirkte er wie jemand Wahnsinniges, als habe er sich nicht mehr unter Kontrolle. Sagtet Ihr nicht, er habe erst nach Kikyou-samas Tod begonnen, sich so zu benehmen? Habt Ihr Euch nie gefragt, warum?“ „Er hat nun einmal festgestellt, dass ihm das Töten gefällt, was sonst?“ „Aber warum sollte er so wahnsinnig wirken? Vielleicht gibt es da noch etwas, das wir nicht wissen...“ „Das interessiert mich nicht. Sorgt nur dafür, dass er das Dorf verlässt. Habt Ihr schon einen Plan?“ „Ich habe mir bereits Gedanken gemacht. Das, was ich plane, erfordert jedoch noch einige Vorbereitungen, die ich morgen treffen werde.“ „Na gut.“

Es war nicht zu übersehen, dass Kaede den Halbdämon lieber so schnell wie möglich erledigt gesehen hätte, doch sie sagte nichts, reichte Miroku nur wortlos eine Schale mit Eintopf. Der Mönch nahm sie und begann nachdenklich zu essen.
 

Später, als Kaede bereits schlief, saß Miroku noch da, mit dem Rücken an die Wand gelehnt und die Arme verschränkt. Das Feuer brannte noch und tauchte den Raum in sein unbeständiges Licht. Mirokus Augen brannten vor Rauch, doch seine Gedanken waren weit weg und ließen nicht zu, dass er sie schloss. In ihnen spiegelten sich die züngelnden Flammen, die auf und nieder schwappten und sich immer wieder neu erfanden. Sein Plan war so gut wie fertig, er brauchte nur noch Eines ...
 

Miroku wurde am Morgen von Kaede geweckt, die ihm an der Schulter rüttelte. Sie hatte bereits Wasser geholt, das nun munter in einem Topf über dem neu entzündeten Feuer blubberte. Miroku ging sich am Fluss waschen. Als er zurückkehrte, war das einfache Frühstück, bestehend aus ein wenig Reis und einer dünnen Gemüsesuppe, bereits fertig.

„Kaede-sama, ich habe noch eine Frage an Euch. Ist Euch jemals aufgefallen, dass Inuyasha sich an einem bestimmten Tag des Monats nicht gezeigt hätte?“ Kaede hielt inne und überlegte. „Nun, ich kann mich nicht entsinnen. Er kommt selten an zwei Tagen hintereinander, meist erscheint er erst nach zwei Tagen wieder... aber ich kann mich nicht entsinnen, dass es bestimmte Tage waren.“ „Das ist sehr bedauerlich, aber mein Plan wird auch so möglich sein“, stellte Miroku fest und setzte seine Schale ab. „Werdet Ihr mir Euren Plan verraten?“ „Bitte, lasst mich das allein tun. Aber seid unbesorgt. Wenn alles funktioniert, so wird Inuyasha schon vor morgen Abend gefangen sein.“ Miroku stand auf und sah sich im Raum um. „Ich werde den Tag außerhalb des Dorfes verbringen. Der Bannkreis wird dennoch weiterhin bestehen, es wissen ja alle, wo er sich befindet.“ „Ja, ich werde es ihnen noch einmal sagen.“ Miroku schob den Bambusvorhang zur Seite. „Ach, Kaede-sama“, er drehte sich noch einmal um, „würdet Ihr mir Euren Bogen leihen?“
 

Miroku blieb, wie er es angekündigt hatte, den ganzen Tag fort. Außer Kaede schien das niemand zu bemerken. Sie hielten ihn wohl für einen schlechten Mönch, der es auch nicht besser konnte, als seine Vorgänger. Einige der Männer äußerten sogar, es sei doch egal, ob einer von ihnen sterben würde, da das Dorf sowieso dem Untergang geweiht war. Nur durch ihre ganze Überzeugungskraft konnte Kaede die Männer im Dorf und somit im Inneren des Bannkreises halten.
 

Miroku kehrte zurück, als die Sonne sich bereits rot gefärbt hatte und ließ sich sofort erschöpft auf den Boden der Hütte fallen. Kaede reichte ihm wortlos eine Schale mit Essen. Er war wirklich im Wald gewesen. Seine wirren Haare waren voller Tannennadeln und –zweige, sein Gewand voll von Baumharz. Was genau er getan hatte, fragte sie nicht.
 

Als Kaede am nächsten Morgen erwachte, war Miroku fort. Wo mochte er sein? Gehörte es zu seinem Plan?

Kaede griff nach dem Kessel und machte sich auf den Weg zum Fluss, um Wasser für das Frühstück holen zu gehen. Als sie am Wasser ankam, hing über den Feldern und Wiesen noch Morgennebel. Kaede tauchte den Kessel ins Wasser, doch just in dem Augenblick vernahm sie Schritte. Als sie alarmiert den Kopf hob, entdeckte sie die Silhouette eines Menschen am andern Ufer. Sofort kauerte sie sich zusammen. Konnte das Inuyasha sein?

Aber nein, er hätte sie sicher schon bemerkt. Dann musste es Miroku sein. Die Dorfbewohner hätten sicher nicht zu so früher Stunde den Bannkreis verlassen, der doch nur bis hinüber zum anderen Ufer reichte. Aber was, wenn es einer der Männer war, der im Schlaf umherging? Kaede wusste, dass so etwas selten war, doch einen gab es, dem das manchmal passierte, Haruhiko. Und seine Frau war vor kurzem getötet worden, wer also hätte sein Verschwinden bemerken sollen?

Kaede ließ den Kessel liegen und eilte zu der Brücke, an der Miroku seinen Stab in den Boden gerammt hatte, um den Bannkreis zu errichten. Ihre Schritte hallten in der unheimlichen Stille auf den Holplanken.
 

Der Stab war fort.
 

Nur noch ein Loch im schlammigen Grund zeugte davon, dass er dort einmal gesteckt hatte. Er schien nicht in der Nähe zu sein. Wer hatte ihn weggenommen? Sie sah sich um, konnte aber die Gestalt nicht mehr ausmachen. Sie wandte sich im Laufschritt in die Richtung, in der sie die Person gesehen hatte. Den Fluss hinunter, in Richtung des Dämonenwaldes.

Was hatte das alles zu bedeuten? Wer lief hier am Fluss entlang? Und wer hatte den Bannkreis zerstört? Gehörte das zu einem Plan oder handelte es sich um eine schreckliche Verkettung von Zufällen?

Im dichten Nebel, der, getrieben von der aufgehenden Sonne gerade zu dieser Zeit von jedem Grashalm aufstieg und sich über der Erde sammelte, konnte Kaede etwa drei Schritte weit sehen. Jetzt bereute sie, ihren Bogen nicht mitgenommen zu haben. Mit der Waffe hätte sie sich deutlich besser gefühlt.
 

Die Sonne drang mit dünnen Fingern durch den Nebel und förderte auch die Gestalt vor Kaede wieder zutage. Kaede ging schneller. Bald konnte sie erkennen, dass es sich auf keinen Fall um Miroku handeln konnte. Die Gestalt hatte langes, schwarzes Haar und trug ein naturfarbenes Gewand. „Haruhiko?“, fragte Kaede deutlich.
 

Im nächsten Augenblick sprang die Bestie von hinter der Person auf sie zu. Sie erkannte nur das Rot seines Gewandes, bevor er sie mit seinen Krallen an der Brust traf. Kaede stieß einen Angstschrei aus, der über das ganze Tal hallte.
 

“Kaede-sama!!“, hörte sie jemanden schreien. Sie öffnete die Augen, gerade rechtzeitig um zu sehen, wie Inuyasha, von einer unsichtbaren Kraft gepackt, rückwärts gezogen wurde. „Misako, jetzt!“, schrie die Stimme.
 

Kaede schwanden die Sinne. Sie sah, wie sich jemand Inuyasha näherte. Dann hörte sie einen Ruf: „Weiche, Dämon!“

Kaede fiel auf den Boden und verlor das Bewusstsein.

Kapitel 五 ・Mönch und Halbdämon

„Miroku-sama! Sie erwacht!“

Miroku fuhr aus seinem Halbschlaf auf und sprang hoch. Kaede lag auf einem Lager aus Stroh, die Wunde, die Inuyasha ihr zugefügt hatte, verbunden. Misako, eine Frau aus dem Dorf, beugte sich über sie.

„Kaede-sama, wie fühlt Ihr Euch?“ Kaede blinzelte ein paar mal mit ihrem gesunden Auge. „Wo bin ich? Was ist geschehen?“ „Wir haben Euch in Eure Hütte gebracht, nachdem Inuyasha Euch verletzt hatte“, meldete sich Miroku zu Wort. Kaede bemerkte ihn erst jetzt wirklich und wollte sich aufrichten, sank aber sofort von Schmerzen gepeinigt zurück auf ihr Lager. Miroku warf einen kurzen Blick zur Seite nd erklärte dann mit verschränkten Armen: „Ihr seid leider unvorhergesehenerweise erschienen. Ich hatte nicht geplant, dass Ihr da hineingezogen werdet...“ Kaede runzelte die Stirn. „Wäret Ihr so freundlich, mir das alles zu erklären?“, fragte sie verwirrt.

„Nun, mein Plan sah folgendermaßen aus. Ich würde den Bannkreis auflösen, als sei ich abgereist, um Inuyasha in Sicherheit zu wiegen. Ich habe mich unter Wasser verborgen, wo er mich nicht riechen konnte. Eine der Dorfbewohnerinnen, Misako, sollte den Fluss entlag gehen und als Köder für Inuyasha fungieren. Wäre er aufgetaucht, hätte Misako ihm eine bannende Kette übergeworfen und mir über ein Seil ein Zeichen gegeben. Ich hätte Inuyasha mit einem Spruch gebannt und alles wäre glatte gelaufen. Doch Ihr tauchtet unvorhersehbar auf, so dass Misako ihm die Bannkette erst überstreifen konnte, als er Euch bereits verletzt hatte. Es tut mir Leid“, Miroku verbeugte sich, „dass ich Euch nicht vorher eingeweiht habe.“

„Ja, das hättet Ihr tun sollen“, bemerkte Kaede ruppig. Miroku schwieg.

„Aber Kaede-sama, seht doch ein, er hat es immerhin geschafft, Inuyasha zu fangen!“, versuchte Misako zu vermitteln.

„Er sollte sterben“, zischte Kaede. „Du solltest sterben, so wie Kikyou!!“, grummelte es aus einer Ecke des Raumes, den Kaede nicht einsehen konnte. Erschrocken blickte sie Misako an. „Er ist hier?“ „Er kann Euch nichts antun. Sobald er etwas tut, das er nicht tun soll, banne ich ihn“, erklärte Miroku.

„Ach ja?“, rief Inuyashas Stimme. Kaede konnte ihn jetzt sehen, wie er erhoben und mit gezückten Krallen dastand. „Weiche, Dämon!“, sagte Miroku. Mit einem Aufschrei wurde Inuyasha von einer Kette um seinen Hals zu Boden gerissen. Fluchend richtete er sich wieder auf. „Versuch gar nicht erst, irgendwas zu tun“, drohte Miroku. Inuyasha murmelte etwas in sich hinein, machte aber keine Anstalten, sich noch einmal gegen Kaede zu erheben.

„Diese Kette habe ich gestern angefertigt und mit Gebeten belegt“, erklärte Miroku. „Sie besteht aus den Fängen eines Hundes und Zedernholzperlen. Ein mächtiger Bann, den nur ich wirken kann.“

„Das interessiert mich nicht“, erwiderte Kaede. „Nehmt Inuyasha und verschwindet aus diesem Dorf. Bringt ihn hier weg.“ „Natürlich.“ Miroku verneigte sich.

Misako kam hastig hoch. „Wartet, Mönch! Alle im Dorf sind Euch sehr dankbar, dass Ihr den Halbdämon von uns abgewehrt habt! Bleibt noch ein wenig!“ Miroku schüttelte sofort den Kopf. „Eure Miko wünscht meine Anwesenheit nicht. Ich habe mein Pflicht erfüllt und nun ist es Zeit, weiterzureisen. Lebt wohl. Inuyasha, komm mit.“ Der Mönch drehte sich zur Tür und schob den Vorhang zur Seite. „Inuyasha, komm her“, wiederholte er geduldig. „Warum sollte ich?“ „Weiche, Dämon.“ Inuyasha wurde mit dem Gesicht direkt gegen den Boden gezogen und richtete sich nur langsam wieder auf, seine Nase haltend. „Ich kann das so oft tun, wie ich will. Wenn du nicht kommst, dann landest du noch ein paar mal mehr im Dreck. Oder aber Kaede tötet dich.“ „Verdammter Pfaffe“, knurrte Inuyasha und kam hoch. „Lebt wohl, Kaede-sama“, sagte Miroku noch, bevor er mit dem rot gekleideten Halbdämon die Hütte verließ.
 

Mit verschränkten Armen schritt er vor Inuyasha her, der sehr missgelaunt wirkte und das auch durch seine betont heftigen Schritte ausdrückte. In diesem Augenblick wirkte er auf Miroku nicht wie eine Bestie, die zum Spaß Menschen tötete, vielmehr wie ein störrisches Kind. „Warum bringst du mich nicht einfach um?“, fragte Inuyasha, „Ich habe schließlich das halbe Dorf abgeschlachtet!“ „Ich kannte die Opfer ja nicht einmal.“

Dazu fiel Inuyasha eine ganze Weile nichts ein, so trottete er einfach weiter hinter dem Mönch her. Sie verließen das Dorf in Richtung Westen über die Reisfelder. Erst, als sie in den Wald eintraten, begann Miroku mit versöhnlicher Stimme zu sprechen: „Dein Karma ist zur Zeit denkbar schlecht. Deine bösen Taten überwiegen mehrfach. Tötete ich dich jetzt, wäre deine Wiedergeburt eine mindere Kreatur.“ „Es gibt sowieso nichts Minderes als einen Halbdämon. Und zudem, was interessieren dich mein Karma und mein nächstes Leben?“ „Ich möchte es jeder Kreatur ermöglichen, ein gutes nächstes Leben zu haben.“ „Du bist verrückt, wenn du jemandem wie mir hilfst“, stellte Inuyasha fest. Miroku lächelte nur hintergründig.

Gegen Abend rasteten die beiden mitten im Wald. Nachdem Miroku ihm gedroht hatte, erneut den Bannspruch zu benutzen – und es auch einmal getan hatte – war Inuyasha freiwillig bereit gewesen, ein wenig Feuerholz zusammenzusammeln und für ein Abendessen in Form von zwei kleinen Vögeln zu sorgen. Nun saßen sie am Feuer und warteten, dass das Fleisch gar wurde. Oder vielmehr, Miroku Miroku wartete, dass sein Vogel gar wurde, denn Inuyasha hatte seine Beute schon roh verschlungen.

„Warum müsst ihr Menschen nur all euer Essen erhitzen?“, fragte der Silberhaarige mit gerümpfter Nase. Miroku stocherte ein wenig im Feuer herum, bevor er antwortete: „Das hat etwas damit zu tun, dass wir ohne Fangzähne rohes Fleisch nicht zerkleinern können“, bemerkte er liebenswürdig. „Pah!“, stieß Inuyasha hervor und drehte sich weg. „Dieses elende Feuer!“ Miroku horchte auf. „Du magst kein Feuer...?“ „Das geht dich überhaupt nichts an!“

Der Braunhaarige seufzte. Es war wirklich schwierig, mit diesem Halbdämonen zu kommunizieren.

Inuyasha lehnte ab, als Miroku ihm einen Teil seines gebratenen Vogels anbot. Der Mönch fand es zwar schade, dass sein Gegenüber diese Geste der Versöhnung nicht annahm, es war aber vorherzusehen gewesen.
 

Miroku zog die Stöcke, die im Feuer lagen, etwas auseinander und sagte dann: „Ich werde jetzt schlafen.“ Inuyasha tat so, als habe er nichts gehört. „Falls du vorhast, wegzulaufen...“, fuhr der Mönch fort und erhob sich, „ich werde jetzt einen Bannkreis errichten, aus dem du nicht hinauskannst. Im Gegenzug schützt er uns vor Gefahren.“ Inuyasha schwieg beharrlich, während Miroku, leise Gebete murmelnd, mit seinem Stab einen Kreis in den Boden ritzte und ihn schließlich in die Linie rammte. „Und komm nicht auf die Idee, mich umbringen zu wollen, denn dann wirst du in diesem Bannkreis kläglich verhungern. Nur ich kann ihn auflösen.“ Damit rollte er sich am Boden zusammen und schloss die Augen. Inuyasha blieb noch lange wach.
 

Der Halbdämon schien sich an das Umherziehen mit dem Mönch zu gewöhnen. Sie blieben Menschen fern, und so waren sie sich gegenseitig der einzige Gesprächspartner. Jedoch sprachen sie niemals mehr miteinander als nötig, oder vielmehr, Inuyasha reagierte nur selten auf Mirokus Versuche ein Gespräch zu beginnen. Es waren erst drei Tage vergangen, als sie an diesem Abend Rast an einem Bach machten. Seit dem Vortag war es unerträglich heiß geworden, selbst im Wald und um die fortgeschrittene Zeit. Die Sonne war noch nicht ganz untergegangen, tauchte die Baumspitzen in Gold.
 

„Ich denke, der Bannkreis wird langsam überflüssig...“, sagte Miroku. Er lehnte an einem Baum und ließ seine vom langen Marsch strapazierten Füße vom kühlen Nasse des Baches umspülen. Inuyasha schreckte aus einem Dösen auf. Die Hitze machte ihn träge, ständig schien er halb zu schlafen. „Was?“, fragte er erstaunt. Miroku lächelte und hob die Füße aus dem Wasser. „Ich werde keinen Bannkreis aufstellen.“ „Warum?“, fragte Inuyasha misstrauisch. „Ich glaube nicht, dass du weglaufen würdest.“ Inuyasha sprang auf: „Ich könnte jetzt sofort weglaufen!“ „Versuche es doch“, sagte Miroku mit geschlossenen Augen. „Ach was“, entgegnete Inuyasha und ließ sich wieder auf den Boden fallen.

„Könnten wir nicht angegriffen werden?“, fragte er dann auf einmal. „Theoretisch, ja“, erwiderte der Mönch, „allerdings vertraue ich darauf, dass du einen Gegner mit deiner guten Nase und deinen Ohren rechtzeitig bemerkst und mich dann weckst.“ „Das solltest du besser nicht tun“, riet Inuyasha. „Doch, ich vertraue dir“, wiederholte Miroku. Dann stand er auf und schlüpfte wieder in seine Sandalen. „Wir sollten uns etwas zu Essen suchen, meinst du nicht?“
 

Die Hitze verging nach dem Untergang der Sonne nur langsam. Da sie kein Feuer machen wollten, legten sich die Schatten schnell über die Lichtung. Selbst jetzt war die Hitze noch so drückend, dass Miroku einfach keinen Schlaf fand. Er blickte zu Inuyasha, der sich zusammengerollt hatte und bereits ruhig atmete. Der Braunhaarige seufzte.
 

Die beiden Männer wurden jäh aus ihrem leichten Schlaf geweckt, als im Gebüsch ein lautes Knacken und Rascheln ertönte. Sie waren bereits auf den Beinen, als das Wesen auf der Lichtung stand.

Es war ein Pferd. Ein einfaches Pferd mit weit aufgerissenen panischen Augen, schweißnassem Fell und einem wild hin- und herschlagenden Schweif. Aus seinem Mund troff Schaum.

Einen Augeblick nur standen sich die drei Personen gegenüber, dann wieherte das Pferd angstvoll auf und hob seine Hufe. Miroku schrie auf, als es ihm den Stab aus der Hand schleuderte und wich entsetzt zurück. Das Pferd schien verrückt, es bäumte sich wieder auf und schleuderte Miroku zu Boden, der überhaupt nicht mit so etwas gerechnet hatte. Schon war es direkt über ihm. Mit einem Aufschrei rammte Inuyasha das Pferd zur Seite, wo es sich jedoch sofort wieder aufrappelte. Miroku kam langsam hoch und schon wieder hatte sich das Pferd auf ihn gestürzt. Er fiel und landete mit dem Oberkörper im Wasser des Baches. Dann auf einmal durchzuckte ihn ein Schmerz, wie er noch nie einen verspürt hatte und stieß einen markerschütternden Schrei aus.

„Sankon-Tessou!!“, rief Inuyasha. Das Pferd wurde direkt von seinen Krallen getroffen und war sofort tot.

Dann drehte er sich zu Miroku. Sein rechtes Bein lag seltsam verdreht da, die Sandale war ihm vom Fuß gerutscht. Der Oberkörper des Mönchs lag im Wasser. Sein Kopf war in der Strömung und seine Haare wurden von ihr seicht bewegt. Er bewegte sich nicht.

Kapitel 六 ・Mitten in der Nacht

„Miroku!“, stieß Inuyasha aus und sprang zu dem Mönch hin und riss ihn an den Haaren aus dem Wasser und Miroku schrie gequält auf und ein Schwall Wasser spritzte aus seinem Mund und Inuyasha drückte ihn mit dem Rücken auf den Boden und drückte gegen seine Brust.

Mit einem Keuchen stieß der Mönch noch mehr Wasser aus, dann begann er zu husten. Inuyasha richtete seinen Oberkörper auf und klopfte ihm vorsichtig auf den Rücken, bis Miroku nicht mehr hustete.

„Mein Bein“, murmelte er. Es war vollkommen verdreht und ein Knochen ragte heraus. Miroku seufzte. „Und du hättest mich ruhig etwas vorsichtiger retten können“, merkte er zu Inuyasha an und rieb sich seine Kopfhaut. „Hey, hätte ich dich da liegen lassen sollen?“, fauchte Inuyasha und sprang auf. Miroku lächelte freundlich, wenn auch etwas gequält. „Tut mir leid, ich wollte dir keinen Vorwurf machen. Ich bin dir sehr dankbar, dass du mich gerettet hast.“ Inuyasha nickte nur. Dann fragte er unbeteiligt. „Was ist mit deinem Bein?“ Miroku verkniff sich einen abfälligen Kommentar und sagte: „Es sieht ziemlich gebrochen aus. Wir sollten wohl einen Heiler aufsuchen.“ „Jetzt sofort?“ „Es tut sehr weh.“

Inuyasha hockte sich neben Miroku, griff ihn an Rücken und Beinen und ob ihn hoch. „Gut.“ Miroku war erschrocken und sah Inuyasha überrascht an. „Ich bringe dich ins nächste Dorf“, sagte Inuyasha und wich Mirokus Blick aus. Damit setzte er sich in Bewegung. „Siehst du überhaupt noch irgendetwas?“, fragte Miroku. „Ich bin ein Hund“, entgegnete Inuyasha, „meine Augen sind im Dunkeln nicht nützlicher als deine, aber mein Gehör und mein Geruchssinn leiten mich gut, auch in der Nacht.“ Miroku schlang seine Arme um Inuyasha Nacken und schmiegte sich an ihn. „Was machst du da?“, fragte Inuyasha, irritiert stehen bleibend. „So fühle ich mich sicherer“, sagt Miroku müde. Inuyasha setzte sich wieder in Bewegung.

Der Wald war dunkel und das nächste Dorf fern, und so schlief Miroku schließlich trotz seines verletzten Beines ein. Inuyasha jedoch ging weiter, ungeachtet der Dunkelheit, der Baumwurzeln, über die er oft fast stolperte, und der Zweige, die ihm immer wieder gegen Gesicht und Arme klatschten.
 

Als er schließlich aus dem Wald hervortrat, war der Mond schon seit langer Zeit verschwunden und das spärliche Licht der Sterne am Himmel reicht nicht aus, um die Landschaft klar zu erkennen. Inuyasha schnüffelte in die Luft und nahm die Witterung der Menschen auf. Mit großen Sätzen sprang er los. Mirokus schlafenden Körper drückte er fest an sich.

Mit den Häusern kam auch der Geruch der Menschen, ihrer Exkremente irgendwo im Dorf verteilt, ihrer Feuer und der Tiere, die sie hielten. Ihm wurde von diesen Sinneseindrücken unwohl zumute. Er hasste die Menschen. Und SIE war keinen Deut besser gewesen!
 

„Miroku-sama, wir sind nun im Dorf“, raunte er dem Mönch ins Ohr, doch der schlief einfach weiter. „Miroku-sama!“, Inuyasha schüttelte seinen Begleiter. Er rührte sich nicht.

Was nun?

Inuyasha verharrte irgendwo zwischen den Häusern, mit kreisenden Gedanken. Konnte er so einfach in eine der Hütten gehen und die Bewohner wecken? Würden sie nicht vor einem Halbdämon Angst haben? Aber nein, es war ja dunkel, niemand würde erkennen, was er war. Er musste gehen.

Mit einem Harten Schritt kam Inuyasha durch die Tür des nächstbesten Hauses. Der Geruch von Feuer hing noch schwach in der Luft, vermischt von den Düften dreier verschiedener Menschen.

„Hey, wacht auf“, sagte Inuyasha deutlich.

Zuerst regte sich nichts, dann fragte eine leise Mädchenstimme: „O-Too-sama, warst du das?“

„Nein, ich bin ein Fremder. Mein Begleiter hat sich auf der Reise verletzt und kann nicht weiter. Nehmt ihn in Euer Haus auf.“

„A-aber... ich weiß nicht, ob ich das darf...“, flüsterte die Stimme eingeschüchtert. „Lass ihn nur diese Nacht hier verbringen, dann können deine Alten das entscheiden.“ Inuyasha unterdrückte die Aggressionen die in ihm aufstiegen nur mit Mühe und ballte seine Faust zusammen, so fest, dass seine Fingernägel ihn ins Fleisch schnitten.

„Aber...“, wagte die Mädchenstimme noch einmal einzuwenden. Inuyasha musste all seinen Willen aufbringen, sich nicht in Raserei auf sie zu stürzen. Er stand still und versuchte, all sein Wohlwollen aufzubringen.

„Bitte, nehmt ihn auf“, brachte er über die Lippen.

Ohne weiter abzuwarten, legte er den immer noch schlafenden Mönch auf dem Boden ab. Wortlos stand er wieder auf, er roch die Angst des Menschenmädchens, das sich in der Hütte zusammengekauert haben musste. Inuyasha wandte sich ab und verließ die Hütte mit wütenden Schritten.
 

Draußen blieb er in der kalten Nachtluft stehen und atmete tief ein. Die Luft war klar und ließ ihn wieder etwas ruhiger werden. Was sollte er jetzt tun? Konnte er Miroku wirklich hier lassen?

Natürlich konnte er das! Wenn sie erst einmal sahen, dass er ein Mönch war, würden sie ihn gesund pflegen und es würde ihm an nichts fehlen. Die Sterne beobachteten ihn misstrauisch. Inuyasha vermisste einen Baum, unter dessen Krone er sich vor ihren Blicken verbergen konnte. Er würde einfach verschwinden. Miroku würde schon allein zurecht kommen. Und dann, wenn er gesund war, würde er wieder auf die Reise gehen, die kein Ziel zu kennen schien.

Inuyasha verkroch sich in den Schatten einer Hütte, direkt neben ein Wasserfass, wohin die Sterne ihm zumindest nicht so gut folgen konnten. Was würde er dann tun? Was war sein Ziel? Nein, er hatte kein Ziel. Er hatte keine Heimat. Er hatte keinen Begleiter.

Ein einsamer Halbdämon ohne Ziel und ohne einen Ort, an dem er glücklich sein konnte...

Wäre er ein Mensch gewesen, hätte er vielleicht geweint, so aber hüllte er sich in seinen Schmerz ein und versuchte, ihn zu verbannen. Es ging nicht, er übermannte ihn, er war allein im Dunkeln... Niemand, der ihn Feuerholz holen schickte. Niemand, dessen ruhigen Atem er in der Nacht neben sich spüren konnte. Der vertraute Geruch eines Begleiters fehlte. Nur der Gestank der Menschen erfüllte selbst die Nachtluft. Mit seinen langen Fingernägeln betastete er die Kette, das Zeichen, das ihn mit Miroku verband. Es allein konnte ihm zeigen, dass er vielleicht nicht allein war. Dass er gegen einen Menschen verloren hatte, ja, aber auch, dass es jemanden gab, der zu ihm gehörte. Der einzige, der ihm je Befehle erteilen konnte. Und der einzige, der ihm dieses Schmuckstück abnehmen konnte.

Konnte er ihn wirklich hier zurücklassen? Wollte er wirklich immer an ihn erinnert werden, wo er auch hingehen würde?

Nein, es würde nicht noch einer dazukommen. Er würde hier bleiben und warten, bis Miroku gesund wurde.
 

Miroku wurde vom Schrei eines Hahnes geweckt. Über ihm schälte sich langsam eine Holzdecke aus seiner schlaftrunkenen Sicht. Wo war er? Wo war Inuyasha?

Als er am Boden entlang tastete, war das einzige, was er spürte, Holz. Kein Halbdämon.

Der Hahn krähte noch einmal und jetzt drang auch das Rascheln von Kleidern und Decken in die morgendliche Stille. Miroku richtete seinen Oberkörper auf und ein Schmerz zuckte durch ihn. Sein Bein schmerzte höllisch und ließ ihn auf den Boden zurücksinken. Langsam erinnerte er sich, was gestern gewesen war. Dann hatte Inuyasha ihn wirklich in ein Menschendorf...

„Ihr seid ja ein Mönch!“, rief jemand aus. Miroku drehte den Kopf nach rechts und erblickte ein junges Mädchen von etwa fünf Jahren, mit gewelltem, schwarzem Haar, einer kleinen Stupsnase und großen braunen Augen, das sich über eine andere schlafende Person zu ihm hinüberlehnte.

„Wo bin ich?“, fragte Miroku. Sie grinste ihn an. „In meinem Dorf.“ Sie sprang über die andere Person hinweg und hockte sich neben ihn. „Ich dachte, Ihr wäret ein Räuber oder so etwas...“, stellte sie fest. Miroku lächelte gequält. „Warum?“ „Euer Begleiter war so unfreundlich, da dachte ich, ihr gehört zu einer Bande, die plündernd umherzieht!“ Miroku schüttelte schwach den Kopf. „Nein, ich bin ein einfacher Diener Buddhas mit einem gebrochenen Bein.“ „Ach, das Bein ist es?“, fragte sie und schob neugierig sein Gewand bis zum Knie hoch.

Mit einem lauten Schrei, wie ihn nur Mädchen hervorbringen können, wich sie zurück. Natürlich hatte dies das sofortige Erwachen der anderen Personen im Raum zur Folge. Ein Mann mit einem buschigen Bart, buschigen Augenbrauen und ungewöhnlich kurzen Haaren fuhr aus seinem Lager hoch. Zugleich regte sich eine Frau mit struppigem schwarzen Haar, ebenso struppigen Augenbrauen und langen Wimpern dort, wo das Mädchen eben noch gewesen war.

„Minako, was ist los?“, rief der Mann und sprang auf. Er war sehr stämmig und muskulös und Miroku zweifelte nicht daran, dass er für seine Tochter alles tun würde. „Wer ist das?“, rief er.

„Das ist ein Mönch...“, sagte Minako schüchtern. Miroku versuchte noch einmal vergeblich, sich aufzurichten und sagte dann im Liegen: „Mein Name ist Miroku.“

Möglichst kurz und ohne genauer auf die Umstände seiner Reise und seinen Begleiter einzugehen schilderte Miroku die Situation, in der er sich befand. Der Mann, der sich anschließend als Gurio vorstellte hörte geduldig zu, während seine Frau Ayami sich um ein Frühstück kümmerte. Die kleine Minako hörte ebenfalls zu, auch wenn sie ihrer Mutter bei der Arbeit helfen musste.

Schließlich endete Miroku damit, dass sein Weggefährte ihn wohl hierher transportiert haben müsse. Gurio nickte noch einmal nachdrücklich und murmelte leise „Ach so ist das.“ „Und deshalb bitte ich Euch, mich in Eurer Hütte wohnen zu lassen, bis mein Bein verheilt ist.“

„Ich fände das toll, O-Too-sama!“, mischte sich Minako in das Gespräch ein. Gurio senkte nur kurz die Augenbrauen und sagte dann zu Miroku: „Wie es scheint, bleibt uns keine andere Wahl. Aber wir werden es natürlich gerne tun.“ Minako nickte und sprang sofort zu Miroku. „Ja, das ist toll. Wir werden uns ganz toll um Euch kümmern.“

Gurio stand auf. „Nun, vielleicht solltest du erst einmal die Miko-sama bitten, sich um ihn zu kümmern. Sie wird bestimmt einige Kräuter parat haben“, mischte sich Ayami ein. „Ja, du hast Recht, O-Kaa-sama! Ich gehe sie sofort holen!“ Minako sprang übermütig aus dem Raum. „Diese Miko...“, begann Miroku fragend. „Sie ist schon seit ein paar Wochen hier im Dorf und heilt unsere Männer und Frauen, die verletzt sind.“ „Woher stammt sie?“ „Das hat sie nie gesagt. Aber das ist auch unwichtig, denn sie hilft uns ja.“ Miroku nickte und richtete seinen Kopf wieder zur Decke.
 

Wo Inuyasha wohl war? Hatte er vielleicht die Gelegenheit genutzt und sich aus dem Staub gemacht?

Mirokus rechte Hand fühlte nach der Gebetskette, die darum geschlungen war. Warum machte er sich denn Gedanken um Inuyasha? Er war ein ruppiger, ungeduldiger Halbdämon, nicht die Art von Begleiter, die man sich wünschen würde. Warum übte er dennoch, und schon seit ihrer ersten Begegnung, diese Anziehung auf ihn aus? Es konnte nur sein Aussehen sein. Seine silbernen Haare, die ihn wie ein Schleier umgaben, sein fein geschnittenes Gesicht, die niedlichen Hundeohren und natürlich...

diese umwerfenden, magischen, leuchtenden, fesselnden, geheimnisvollen goldenen Augen!

An ihnen konnte er sich einfach nicht satt sehen. Egal, ob sie wütend dreinblickten oder traurig, ihre Farbe war so wunderschön. Und sie schien immer anders zu sein. Während ihrer Reise hatte er sich immer wieder bemüht, sie zu ignorieren, doch es war ihm nur selten gelungen. Und wenn er sie nicht ansah, dann erschienen sie in seiner Vorstellung vor ihm, diese goldenen Edelsteine...

„Miroku-sama, kommt zu Euch!“ Er schrak aus seinem Tagtraum. Ayami kniete neben ihm. „Die Miko-sama wird sich gleich um Euch kümmern“, sagte sie freundlich. Miroku lächelte kurz und drehte sich dann zur Tür. „Hier drin ist er, Kikyou-sama!“, drang Minakos Stimme hinein. Miroku erstarrte und blickte wie gebannt auf die Frau mit den langen schwarzen Haaren, die den Raum mit einem Korb voll Kräuter unter dem Arm betrat. Das war nicht möglich...!

Kapitel 七 ・Außer Kontrolle

Inuyasha hatte die Nacht an die Holzhütte gelehnt verbracht, auch wenn er erst nach Stunden einigermaßen eingenickt war. Der Geruch der Menschen überall oder die Sorge um den jungen Mönch – er konnte kaum sagen, was ihm mehr den Schlaf geraubt hatte. Nun öffnete er die Augen mit dem ersten Hahnenschrei, der über die strohgedeckten Dächer hallte. Der Himmel war im Osten hellrosa gefärbt und die Spitzen der dort liegenden Bäume hoben sich deutlich von ihren schwarz scheinenden Rümpfen ab. Auch dieser Tag würde warm werden, das konnte der Halbdämon der Luft mit seiner Nase entlocken.

Nach einem neuen Krähen des Hahnes drangen die ersten Alltagsgeräusche an Inuyashas Ohren. Jemand entleerte sich nach der Nacht, ein Kind hatte zu schreien begonnen und überall ertönte das unterschwellige Rascheln von Kleidern. Aus der Hütte in seinem Rücken konnte er Stimmen hören, unter ihnen die des Mönchs, die wohlig in seinen Ohren klang.

Er verschränkte die Arme und lauschte der Konversation, die er so klar hören konnte, als sei er im Raum. Zumindest kümmerten sich die Menschen um Miroku.

Dass Minako zurückkehrte, bemerkte er, als ihre Stimme sich näherte und dabei jemandem schilderte, was in der Nacht passiert war. „Dann hat er ihn hingelegt und ist einfach weggegangen“, schloss sie. „Wirklich seltsam...“, hörte er die Stimme der Miko sagen.

Er kannte sie.

Seine Nase zuckte, als ihre Schritte auf die Hütte zukamen. Ihr Geruch strömte durch seine Nasenlöcher.

Er kannte ihn.

„Hier drin ist er, Kikyou-sama!“, sagte Minako.

Kein Zweifel.

Kaum dass Inuyasha die Situation erfasst hatte, sprang er auf. Seine Nase nahm den unsäglichen Geruch auf und ihre verhasste Stimme erklang deutlich aus der Hütte. „Bringt mir heißes Wasser!“ Diese kurze Anweisung ließ Inuyasha erschaudern.

Alles in ihm schrie.

Wie von sinnen bleckte er seine Zähne. Seine krallenbewehrten Hände zuckten und seine Augen weiteten sich.

Mit einem Tritt hatte er die Hauswand erstört und landete neben Miroku. Kikyou hatte schnell reagiert und erwartete ihn aufrecht stehend, doch mit erschrockenem Blick.

Sie öffnete den Mund, doch schon hatte Inuyasha seine rechte Hand genau durch ihr Herz gestoßen.

Minako schrie panisch auf.

Kikyous Augen sahen Inuyasha entsetzt an, bevor sie hintenüber fiel.

Doch etwas stimmte nicht.

Irritiert starrte der Mörder auf seine Krallen – an denen kein Tropfen Blut klebte. Ungläubig wanderten seine Augen zu ihrem Körper. Eine Sekunde, dann löste sich ihr Fleisch auf und nur die Kleidung blieb zurück, und ein Häufchen feuchter Erde.
 

„Kikyou-sama...“, presste Minako eingeschüchtert hervor.
 

Das konnte nicht sein.

Inuyasha starrte erneut auf seine Krallen.

Er wollte Blut.

ER WOLLTE BLUT!
 

Mit einem grausigen Heulen stürzte er sich auf das Kind, das mit schockverzerrtem Gesicht neben Miroku stand und die Hände gegen den Oberkörper gepresst hatte.
 

„WEICHE, DÄMON!“, gellte der Schrei des Mönchs durch den Raum. Die Kreatur schrie auf, als sie auf den Holzboden krachte. Dann wurde es still.
 

Inuyasha regte sich wieder und sofort hatte Gurio nach einem Küchenmesser gegriffen. „Verschwinde, Bestie!“, rief er mit zitternder Stimme und hielt die Waffe mit gestreckten Armen zwischen sich und Inuyasha. Der Rotgekleidete blickte ihn an, in seinen gelben Augen zeigte sich Verwirrung. Ratlos irrten sie im Raum umher.

„Hau ab!“, schrie Gurio, mutiger, da sein Gegenüber nichts Gefährliches tat. Inuyashas unruhiger Blick traf auf den von Miroku, dessen blaue Augen besorgt dreinschauten. Inuyasha schnaubte, drehte sich auf den Fersen herum und raste hinaus ohne sich noch einmal umzudrehen. Seine Schritte trugen ihn vorbei an den wenigen Häusern, vorbei an abgeernteten Feldern und hinein in die schützende Ruhe des Waldes. Das Rauschen der Blätter schien ihm so laut und der Gesang der Vögel so falsch...

Langsam kam er zum Stehen und atmete tief ein, den Blick auf die Erde gerichtet.
 

Er war eine grausame Bestie. Beinahe hätte er das Mädchen getötet.
 

Er würde sich von nun an von den Menschen fernhalten. Einmal gefasst, ließ ihn dieser Entschluss weitergehen, und schon bald schluckten die Bäume das Geräusch seiner einsamen Schritte.
 

Miroku lag mit geschlossenen Augen auf seinem Lager und versuchte Ordnung in seine Gedanken zu bringen.

Nachdem Inuyasha geflohen war, hatte Gurio langsam sein Messer sinken lassen. „Was ist mit Kikoyu-sama geschehen?“ „Sie ist einfach zu Erde geworden“, hatte Minako ungläubig gemurmelt, „bestimmt hat er sie verhext...“ „Nein“, hatte Miroku mit abwesendem Blick gesagt, „ich glaube nicht, dass so ein Wesen eine Miko einfach verwandeln könnte.“ Doch die Frage, was sonst geschehen war, hatte er nicht beantworten können. Während die Kunde vom Tod der Heilerin sich im Dorf ausgebreitet hatte, sowie die Information, dass ein fremder, verletzter Mönch den Mörder verjagt hatte, hatte sich Ayami um sein Bein gekümmert. Sie hatte die Wunde ausgewaschen, den Knochen gerichtet und ihn mit einem Holzstock geschient. „Kikyou-sama hätte sicher ein Kraut gehabt, Eure Schmerzen zu lindern“, hatte sie traurig festgestellt, als er beim Richten des Beines aufgeschrieen hatte.

Warum hatte Kikyou sich in Erde aufgelöst? Was genau war sie gewesen?

Inuyashas verwirrter Blick...

Genervt schüttelte er seine Gedanken an den Halbdämon ab.

Ihr Körper war also künstlich gewesen.

Seine erhobenen Krallen, ohne Zurückhaltung...

Nein, Kikyou! Sie war bereits tot gewesen. Dann konnte ihr Körper nur...

Er hatte ein wehrloses Kind...

Sie konnte nur von einer Person geschickt worden sein.
 

Miroku ging es im Dorf nicht schlecht. Die Dorfbewohner gaben ihm von ihrem Essen, obwohl die Ernten in diesem Jahr aufgrund der großen Hitze nicht sehr gut ausgefallen waren. Die Kinder waren immer um ihn herum, um ihn um Erzählungen aus seinem Leben als Mönch zu bitten. Hier fand er Ablenkung, und so begann er, zu erzählen. Zuerst waren es noch kleine Abenteuer, die er selbst erlebt hatte im Kampf mit größeren und weniger großen Dämonen, doch seitdem er einmal fallen ließ, dass er in seiner Jugend eine große Schwäche für schöne, reiche Frauen gehabt hatte, wollten die Kinder nur noch davon hören. Er selbst hatte in dieser Hinsicht nie große Abenteuer erlebt, doch um die Kinder nicht zu enttäuschen erzählte er die Geschichten vom Prinzen Genji, setzte sich aber selbst an dessen Stelle. Diese Geschichten gefielen nicht nur den Kindern, manchmal traten auch die Bauern nach getaner Arbeit dazu, um sie zu hören. Hier in der Provinz, wo niemand lesen oder schreiben konnte, waren die Geschichten natürlich unbekannt, doch Miroku hatte sie schon in seiner Jugend gelesen. Damals hatte er beschlossen, genau so zu werden, wie der leuchtende Prinz, doch irgendwie hatte es ihn doch zu einem Mönch verschlagen, vermutlich, weil seine Blutlinie nichts anderes zugelassen hätte. Immer wieder wollten die Kinder Geschichten hören, manche mehrmals und mit jedem Detail, und so wurde Miroku beim Erzählen nie langweilig.

Erst in der Nacht, wenn das ruhige Atmen seiner Hausgenossen die Stille erfüllte, kehrte die Unsicherheit zurück. Was tat Inuyasha, und wie ging es ihm? War er einsam? Lebte er noch, oder –und diesen Gedanken wagte er nie zu ende zu denken– hatte ein anderer Mönch, eine Miko, gar ein Mensch oder ein anderer Dämon ihn vielleicht angegriffen und...

Er quälte sich durch die Dunkelheit, denn mit den düsteren Gedanken kam auch der pochende Schmerz seiner nur langsam verheilenden Verletzung. Manchmal holte ihn der Schlaf erst kurze Zeit vor Sonnenaufgang ein, und dann war er froh, dass die Kinder ihn auch am Tag schlafen ließen, wenn er sie darum bat.
 

Nach zwei Wochen konnte er wieder, wenn auch auf seinen Stab gestützt, langsam wieder durch das Dorf humpeln. Nach weiteren zwei Wochen konnte er endlich seine Schiene abnehmen und nach ebenfalls zweien gelang es ihm wieder, ohne Stock zu laufen. Doch wie der Schmerz in seinem Bein langsam nachließ, so erhöhte sich die Unsicherheit, die ihn wach hielt und seine Gedanken immer wieder zu Inuyasha lenkte. Seine Ungeduld hielt ihn nicht mehr länger hier, und das war es auch, was er an einem Morgen Gurio mitteilte. Der nickte mit verschränkten Armen, als Miroku geendet hatte. „Es war vorauszusehen, dass Ihr gehen würdet. Wir werden Euch vermissen, aber aufhalten werden wir Euch nicht. Wann wollt ihr gehen?“ „Schon heute. All meine Habe besteht aus meinem Stab. Ich wäre nur dankbar, wenn ihr mir etwas Proviant mitgeben könntet.“ Gurio nickte sofort.

Es war ein kurzer Abschied. Die Kinder waren sehr traurig und wollten ihn nicht gehen lassen, doch als Miroku ihnen sagte, dass jeder von ihnen so stark sein könne wie er, hörten sie auf zu weinen und verabschiedeten sich mit gefassten Mienen. Man reichte ihm ein karges Essenspaket, das er auf seinen Rücken schnallte, er verabschiedete sich und dankte für die erwiesene Gastfreundschaft, und dann ging er, immer noch ein wenig humpelnd, nach Osten davon. Sein Ziel war der Ort, an dem er Kikyous Ursprung vermutete.

Kapitel 八 ・Spuren der Hexe

Fast fünf Tage war Miroku unterwegs, bevor er sein Ziel erreichte. Nachdem er seinen kargen Proviant aufgebraucht hatte, hatte er sich manchmal sehr lange auf die Lauer legen müssen, um etwas Essenswertes einzufangen. Auf dem Weg in die höher gelegenen Bergregionen hatten der Wind und die Kälte stetig zugenommen und so hoffte er er, diesen ungemütliche Ort so bald wie möglich wieder verlassen zu können, als er das Felsplateau betrat. Der Wind wehte auf einmal noch stärker und riss an seinen Kleidern. Mit vorsichtigen Schritten und den Rücken in den Wind gelehnt bewegte er sich bis zu einer großen Öffnung im Fels, die wie ein Schlund alles Licht zu verschlucken schien. Vorsichtig sah er hinein, und als nichts geschah, betrat er die Höhle ganz.

Er blieb stehen, während seine Augen umherwanderten und langsam etwas erkennen konnten. Die Höhle war nicht größer als das Haus, in dem er untergebracht gewesen war, abgesehen von einer Ausbuchtung, in der es noch finstere war und deren Größe er unmöglich bestimmen konnte. Hier war nicht viel zu sehen. Ein Tongefäß, das ursprünglich die Form eines Menschen gehabt hatte, aber nun in großen Trümmern dalag, ein Bottich voll Wasser, in einem Regal eine Ansammlung von kleinen und großen Behältern, die, wie er feststellte, allerhand seltene Kräuter enthielten und ein wenig getrocknetes Fleisch in einem Fass am Boden, das war alles, was der Mönch entdecken konnte. Nichts wies darauf hin, dass hier in den letzten Wochen jemand gewesen war. Das Fleisch war, als er es untersuchte, zäh und kaum noch zu essen und auf den Kräuterschälchen lag eine dicke Dreckschicht. Miroku versuchte gar nicht erst zu rufen, er drehte sich um und trat wieder an den Eingang.

Die Höhle war die der dunklen Magierin Urasue. Miroku war ihr einmal begegnet, vor mehr als zehn Jahren, als er auf der Suche nach Abenteuern in diese Gegend gekommen war. Er hatte die böse Energie auf dem Plateau gespürt, doch als er sich ihr genähert hatte, war ihm eine Gruppe bewaffneter Söldner entgegengekommen, deren Körper, wie er im Kampf festgestellt hatte, aus Ton bestanden. Dann war die Hexe erschienen, ein runzliges Weib mit riesenhaften Augen und einem stechenden Blick. Sie hatte ihm selbstzufrieden erklärt, dass sie Tonfiguren erschaffen und lenken konnte, und sogar aus Ton, Knochen und Graberde einen Toten originalgetreu wieder zum Leben erwecken konnte. Miroku hatte nach einem schier endlosen Kampf gegen ihre nie endende Tonkriegerarmee eingesehen, dass es keinen Sinn machte und war mit geknicktem Stolz abgezogen.

Und nun war die Höhle leer...

Er hatte herausfinden wollen, ob die Miko, die Inuyasha in solche Raserei versetzt hatte ein Werk der Hexe gewesen war, doch die Antwort würde er hier nicht finden. Etwas hatte die Bewohnerin der Höhle vernichtet. Ihre Aura war nur noch schwach und die des Todes umso stärker. Doch ihren Körper hatte er nicht entdecken können. War sie von etwas ausgelöscht worden, das so mächtig war, dass es ihren Körper ganz zerstört hatte?

Miroku stolperte fast, als er zum Rand des Felsplateaus kam und musste sich stark in den Wind stemmen, um nicht zu fallen. Im reißenden Luftstrom lugte er über den Rand, wo sich die Kiefernhaine weit erstreckten. Nur in weiter Ferne konnte er Häuser ausmache, aber schon wandte er sich ab und ging ein paar Schritte zurück. Während er die schroffen Felsen am Eingang der Höhle betrachtete, kam ihm der Gedanke, dass es Urasue nie gegeben hatte. Nein, es hatte sie gegeben, doch ihre Existenz war ausgelöscht und die Erinnerung verweht. Niemand würde sich an sie erinnern.

Mit diesen Gedanken machte er sich wieder an den Abstieg. Wo er nun hinwollte, hatte er ebenfalls schon lange geplant. Vielleicht würde er dort doch noch eine Antwort finden.
 

Inuyasha war gelaufen, bis seine Kräfte ihn verlassen hatte. Seine Schritte hatten ihn nach drei Tagen ohne Pause ausgerechnet dorthin geführt, wo er am allerwenigsten hatte landen wollen. Er hatte es nicht geglaubt, als er im Licht der untergehenden Sonne aus dem Wald getaumelt war und ausgerechnet dieses Dorf erblickt hatte. Still war er in der Nacht zwischen den Häusern hindurchgeschlichen, unbemerkt, und hatte sich in den Wald begeben, der schon so lange seine Heimat gewesen war. Er hatte mit dem Gedanken gespielt, sich einfach an einen Baum zu setzen und so lange zu hungern, bis er starb. Doch dann hatte ihn die Kette um seinen Hals daran erinnert, dass es doch noch jemanden gab, der ihm etwas bedeutete... und so hatte er sich entschlossen, zu warten.

Mit halbgeschlossenen Augen lag er auf dem Ast einer Kiefer und hing seinen Gedanken nach, die wieder einmal nur um Kikyou und das kleine Mädchen, Minako, kreisten.
 

Plötzlich schrak er auf. Was war das?

Das Geräusch von brechenden Zweigen drang an seine feinen Ohren.

Wer wagte es, in seinen Wald einzudringen?

Er sprang zu Boden und hob den Kopf, um Witterung aufzunehmen. Der Geruch war nur schwach, aber wahrnehmbar unter dem von Baumharz und den Tieren des Waldes.

Es schien, als könne er nicht schnell genug rennen, als er sich nun in Bewegung setzte. Er kam den Geräuschen immer näher und dann brach er vor dem Eindringling aus dem Gebüsch und stürzte sich auf ihn.

„Inuyasha!?“

Miroku stolperte und riss den Halbdämon mit sich, der ihm gerade so stürmisch um den Hals gefallen war. Gerade eben konnte er sich mit den Armen abfangen, um nicht mit voller Wucht auf den Boden zu stürzen. Erstaunt schob er die silbernen Haarsträhnen zur Seite, die auf sein Gesicht gefallen waren und blickte genau in dieses Paar goldener Augen, die nur eine Handbreit von seinen entfernt waren. In ihnen konnte er unbändige Freude glitzern sehen.

„Inuyasha?“, fragte er noch einmal ungläubig. „Ich... ich hätte dich überall erwartet, aber hier...“

Der Halbdämon schüttelte leicht den Kopf und stand auf. Miroku kam selbst auf die Beine und sah auf den Rücken Inuyashas, der sich mit verschränkten Armen von ihm abgewendet hatte. Der Mönch konnte nicht anders, auch er fühlte Glück in sich aufsteigen beim Anblick des anderen.

„Was hast du überhaupt hier verloren?“, fragte Inuyasha. Miroku grinste, denn diese Frage hatte er ziemlich genau so kommen sehen. Der Halbdämon war unfreundlich wie eh und je, doch er wusste jetzt, dass es nur eine Fassade war und dass er sich wirklich gefreut hatte, ihn wiederzusehen.

„Ich bin auf der Suche nach Spuren der Kikyou, die uns vor ein paar Wochen begegnete.“ So kurz wie möglich schilderte er Urasues Fähigkeit und seine Vermutung über eine Kikyou aus Ton, Graberde und Knochen. „Im Dorf sagte man, das Grab der Miko sei kurz nach unserer Abreise aufgebrochen worden. Ich wollte nur nachsehen, ob es dort Hinweise auf Urasue gibt.“

Miroku erwartete erst gar keine Antwort, sondern setzte sich langsam in Bewegung, gefolgt von Inuyasha. „Es ist dort vorn“, bemerkte der Hundedämon bald und deutete auf eine baumlose Stelle hinter den Zweigen. „Ich war lange nicht mehr hier“, fügte er hinzu und blieb stehen, „Ich habe gesehen, wie sie sie vergraben haben, aber danach habe ich den Platz gemieden.“ „Kann ich verstehen“, sagte Miroku und trat durch die überhängenden Tannenzweige auf die Lichtung, in deren Mitte sich ein großes Loch in der Erde befand. Inuyasha kam nach, während der Mönch mit seinem Stab schon auf das Loch zuschritt – und plötzlich alarmiert stehen blieb. Das rettete ihm für diesen Augenblick das Leben.

Aus dem Loch schoss ein riesiges Monster und stieß dann genau einen Schritt vor ihm in die Erde. Miroku machte einen Satz nach hinten und beobachtete, wie sich ein riesenhafter Hirschkäfer aus der Erde erhob und sein Geweih schüttelte. Dann hob er langsam den Kopf, betrachtete kurz die beiden Männer und schoss auf Miroku zu.

Das letzte was Miroku sah, war ein roter Schatten und dann wurde er unsanft zur Seite gestoßen, wo er unsanft mit der Schulter gegen einen Baum prallte.

Ein Schrei ließ ihn sich schnell wieder aufrappeln. Der Käfer hatte Inuyasha mit seinem Geweih gegen einen Baum gedrückt, ihn zwischen seinen Geweihhälften gefangen. Der Halbdämon war unverletzt und versuchte sich irgendwie zu befreien, indem er die Hände gegen das Geweih drückte. Bald stellte er fest, dass es keinen Sinn hatte, und so zückte er seinen Krallen. „Jetzt pass mal auf! Sankon-Tessou!“

Sein Gegner wurde zurückgedrängt, wurde aber ansonsten nicht verletzt. Sofort schoss er wieder auf Inuyasha zu, dem sich im Ausweichen die Spitze des Geweihes in den Bauch bohrte. Er taumelte.

In Miroku arbeitete es fieberhaft. Es war kein Dämon, es musste ein verzaubertes Tier sein. Und das bedeutete...

„Inuyasha! Das Blatt auf seinem Kopf!“

Der Halbdämon begriff sofort. Er schlug seine Krallen in die eigene Wunde und zog sie vor blut triefend wieder hinaus. „Hijin-Kessou!!“ [Blutklingenkralle]

Von seinen Krallen flogen Klingen aus Blut genau zum Ziel, einem Blatt zwischen den Augen des Käfers, das sauber in zwei Teile zerfiel. Augenblicklich schrumpfte das Insekt wieder auf normale Größe.

Erleichtert trat Miroku darauf zu und nahm den Käfer in die Hand. „Wie ich mir dachte. Jemand hatte ihn mit einem Salbeiblatt und etwas Magie zu einem Wächter für dieses leere Grab gemacht.“ Inuyasha betrachtete den Käfer. „So ein kleines Vieh“, murmelte er und schnippte ihn Miroku aus der Hand. Der trat auf das Grab zu und sah hinein. „Ist da was?“, fragte Inuyasha. Miroku schüttelte den Kopf. „Nur ein großes Loch. Es hat sicher jemand ihre Knochen mitgenommen...“ „Ist das eigentlich noch wichtig?“

Miroku richtete sich erstaunt auf. „Ich dachte, du wolltest wissen, was es mit ihr auf sich hatte.“ „Es ist unwichtig. Kikyou ist tot, und das bleibt sie auch. Ich muss nicht wissen, warum sie da aufgetaucht ist.“

Miroku nickte erstaunt. So viel hatte er Inuyasha noch selten am Stück reden hören. „Ja, du hast wohl Recht...“, sagte er. „Und du hast mir schon wieder das Leben gerettet“, fiel ihm noch ein.

„Stimmt. Du musst mir nicht mehr misstrauen.“

„Soll ich dir die Bannkette abnehmen?“

Inuyasha erstarrte.

Kapitel 九 ・ Mirokus Geschichte 

Kapitel 九・Mirokus Geschichte
 

"Soll ich dir die Bannkette abnehmen?"
 

Inuyasha starrte Miroku ungläubig an. "Du... willst... sie mir abnehmen?", stieß er aus. "Nur, wenn du sie nicht behalten möchtest", sagte Miroku mit einem hintergründigen Lächeln. Inuyasha sah ihn verwirrt an, räusperte sich, machte den Mund auf und wieder zu, räusperte sich erneut und sagte schließlich: "Ich... ich will sie... behalten. Sie stört mich ja gar nciht."

"Gut", sagte Miroku. "Wieso ist das gut?", fragte der verwirrte Halbdämon. Miroku wandte sich ab und grinste. "Nun, dann kann ich dich besser unter Kontrolle bringen, was ich sehr praktisch finde." Er ging um das große Loch im Boden herum und folgte dem dünnen Waldweg, der vom Dorf wegführte. Inuyasha blieb wie angewurzelt stehen. "Wo bleibst du denn?", rief Miroku. Inuyasha starrte auf seinen Rücken und rannte ihm dann hinterher. "Was soll den daran praktisch sein?", rief er aufgebracht. Miroku blieb ihm die Antwort schuldig.
 

Auch in den nächsten Tagen verlor der Sommer nicht seine Gewalt, auch wenn sich hin und wieder eine kühle Brise bemerkbar machte. Das Reisen zu Fuß war beschwerlich, da immer wieder kleinere Dämonen oder wilde Tiere ihren Weg kreuzten. Hier erwies sic die Begleitung durch Inuyasha mehr als einmal als nützlich, denn die meisten Gegner schlug er sofort in die Flucht. Wenn Miroku ihm dafür danken wollte, winkte er jedoch ab und betonte, dass er das alles nur zu seinem eigenen Schutz tat, und so gab er es langsam auf und dankte ihm nur noch im Stillen.
 

Drei Wochen waren seit ihrem Aufbruch vom Dorf vergangen, drei Wochen in denen sie nur einmal auf ein menschliches Dorf getroffen waren und dort die Nacht verbracht hatten, drei Wochen, in denen sie den ganzen Tag liefen und kaum je mitenander sprachen. Miroku war nicht zufrieden mit der Situation, doch die Hitze und Inuyashas Griesgrämigkeit vertrieben ihm jede Lust auf eine Konversation; überhaupt fehlte ihm ein Gesprächsthema.

Jetzt war es später Abend und der Schatten der Nacht legte sich langsam über die beiden Wanderer, noch hatten sie kein Lager aufgeschlagen. Miroku sah zum Himmel, wo sich bereits der Abendstern zeigte, und stellte fest: "Wir sollten langsam rasten." Inuyasha nickte zustimmend, doch dann schien er etwas zu bemerkten und hob die Nase. "Warte, hier in der Nähe ist irgendwo Wasser...!", stellte er fest. "Ist es weit von hier?" Inuyasha schnupperte noch einmal und seine Nasenlöcher weiteten sich. "Wir schaffen es bis Sonnenuntergang, aber nur, wenn ich dich trage. Wenn wir in deinem Tempo weitergehen, brauchen wir bis morgen mittag..." "Gut, dann trage mich, bitte."

Inuyasha drehte sich um und hob den Mönch auf seine Arme. "Halt dich fest!", sagte er und setzte sich dann mit langen Sprüngen in Bewegung. Miroku klammerte sich an Inuyashas Ärmel fest und schloss die Augen. An Inuyashas Brust zu liegen war so angenehm, es war so beruhigend, von seinen starken Armen gehalten zu werden. Inuyashas Haare wurden vom Wind, der beim Rennen entstand, zerzaust und ein paar Strähnen flogen Miroku ins Gesicht und ließen ihn an seine Augen denken. Am Tag, wenn sie wanderten, ging er meist hinter Inuyasha und hatte kein Problem, ihnen auszuweichen, doch wenn es Nacht wurde und sie gemeinsam am Feuer saßen, dann zogen ihn die goldenen Augen magisch an, und dann regte sich in ihm der Wunsch, auf ihn zuzutreten und ihm tief in die Augen zu sehen, sein silbernes Haar zur Seite zu streichen, mit den Händen sein Gesicht zu berühren, ihm näherzukommen und -

"Wir sind da!", verkündete Inuyasha und setzte ihn so plötzlich auf dem Boden ab, dass seine Beine nachgaben und er gegen ihn taumelte. Fluchtartig wich Miroku zurück und wendete sich mit glühenden Wangen von seinem Begleiter ab. Was war er gerade im Begriff gewesen sich vorzustellen;...?

"Schade, ich dachte, es wäre kaltes Wasser, aber es ist eine heiße Quelle", brach Inuyashas wohlige Stimme in seine Gedanken. Miroku drehte sich in Richtung des blubbernden Wassers und nickte. Seine Augen blieben an dem Anblick des Dampfes hängen, der sich über der Oberfläche wölbte. "Inuyasha, geh bitte Feuerholz holen", sagte er, ohne den Blick von dem Wasser zu lösen. Inuyasha folgte der Aufforderung ohne Murren und verschwand in den Bäumen neben der Quelle. Mirokus Hand wanderte zu seinem Mund und berührte seine Lippen. Was war nur mit ihm los? Einer plötzlichen Idee folgend legte er seinen Stab auf den Boden, löste den Knoten sines Überwurfes, entledigtes sich seines Yukatas und ließ sich dann über einen verhältnismäßig glatten Stein am Ufer in das heiße Wasser gleiten. Es durchdrang sofort seinen angespannten Körper und löste in ihm ein Wohlbefinden aus, das er schon lange nicht mehr erlebt hatte.

Die Nacht ließ nicht lange auf sich warten und kam dunkel, doch sternenklar und mit einem dünnen, abnehmenden Mond. Inuyasha kehrte zurück und ließ das gesammelte Holz auf den Boden fallen. "Du bist ins Wasser gegangen?", fragte er ungläubig. "Es tut sehr gut!", antwortete Miroku. Inuyasha stieß einen abfälligen Laut aus und schnupperte in der Luft herum, sprang dann an den Rand des Beckens und begann in Mirokus Kleidern zu wühlen. "Was machst du da?", fragte Miroku. Inuyasha hatte jetzt offenbar gefunden, was er suchte und sprang wieder zum Holz, wo er herumhantierte, bis er das Feuer entzündet hatte. Miroku hatte sich auch so schon gedacht, dass Inuyasha seine Feuersteine und das Brennpulver gesucht hatte. Inuyasha hockte sich im Schneidersitz an das Feuer und verschränkte die Arme. Er betrachtete Miroku, der Im Wasser lag und nur seinen rechten Arm auf den Stein am Ufer gelegt hatte. "Was hat es mit dieser Stulpe um deinen Arm auf sich?", fragte er, "Du nimmst sie ja wirklich niemals ab!" Miroku hob den genannten Arm und betrachtete ihn im Feuerschein.

"Das Wichtigste daran ist die Gebetskette", sagte er, "Sie schützt mich vor meinem Fluch." Sein Körper war warm, doch in seinem Herzen regte sich wieder die Kälte jener Nacht und ließ ihn erschaudern. Inuyasha starrte ins Feuer und wartete auf weitere Erklärungen.

"In meiner Jugend war ich sehr unternehmungslustig. Kaum, dass ich meien Ausbildung als Mönch abgeschlossen hatte, zog ich durch die Lande um mit meinem Horiki Dämonen zu bekämpfen. Das war mein Traum, genau wie der, so zu werden wie der leuchtende Prinz Genji aus der Legende."

"Nie gehört", meldete sich Inuyasha zu Wort.

"Das habe ich nicht anders erwartet. In der Legende, die von Murasaki Shibiku vor ein paar Jahrhunderten aufgeschrieben wurde geht es um den Sohn des Kaisers, Genji, der umherzieht und die Liebe der Frauen erwirbt. Ich wollte so werden wie er und Liebesabenteuer erleben, doch vielleicht hätte ich in dem Fall kein Mönch werden sollen. Wie es schient, hielten sich die Frauen aus dem Grund von mir fern, vielleicht habe ich mich auch nicht genug angestrengt oder nicht den Charme des Genji... Ich erlebte nichts, was auch nur im Entferntesten mit seinen Abenteuern vergleichbar gewesen wäre. Doch dann traf ich SIE. Es war eine kalte Winternacht und es war mitten im Wald. Sie war von Räubern überfallen worden, die ihr nichts als ein paar Kleider gelassen hatten und wandte sich in ihrer Verzweiflung an mich. Da ich von einer Hütte wusste, die sich im Wald befand und in der niemand lebte. Dorthin brachte ich sie und entzündete uns ein Feuer. Da sie fror, bot ich ihr an, sie mit meinem Körper zu wärmen, was bei ihrer Schönheit wirklich das erste war, was mir einfiel. Ich legte meinen Stab ab und näherte mich ihr.

Das war der Augenblick, auf den sie gewartet hatte. Sie öffnete ihren Mund und heraus schoss ein Fluch, dem ich nur knapp entkommen konnte. Ich zog meine Bannzettel hervor, um sie in Zaum zu halten, doch kaum hatte ich einen in der Hand, stieß sie einen Fluch aus und durchstieß die Hand mitsamt dem Bannzettel. 'Merke dir meinen Namen, Mönch!', rief sie, als sie durch die Decke entkam, 'Naraku! Die Hölle auf Erden!' Ich glaubte, sie habe aufgegeben und war froh, mit einer verletzten Hand davongekommen zu sein, doch dann bemerkte ich, dass mit der etwas nicht stimmte. Als ich auf meine Handfläche sah, war es keine nomale Wunde sondern ein Loch, hinter dem nichts war. Ich konnte durch es hindurch an einen anderen Ort sehen, doch das Problem war, dass das Loch einen immer stärker werdenden Wind erschuf, der den Staub in das Loch zog. Doch es blieb nicht bei dem Staub, bald schon verschwand das ganze Lagerfeuer darin, ohne eine Spur zu hinterlassen... Schließlich gelang es mir, es mit einer Gebetskette zu versiegeln."

Die Sterne funkelten kühl und fern, doch Inuyasha sah ihn an und sein schönes Gesicht wurde in einen warmen Schein getaucht, der vom Feuer herrührte.

"Tja, das war meine Geschichte", murmelte Miroku schließlich, "wirklich nicht besonders heldenhaft..." "Warum hat dich der Dämon angegriffen?", fragte Inuyasha. "Ich vermute, er hatte angst vor mir. Jeder Mönch und jede Miko, die mir begegneten, sagten mir, wie unglaublich mein Horiki doch sei. Dieser Dämon muss gefürchtet haben, dass ich ihn damit vernichten könnte und hat meine Schwäche für Frauen ausgenutzt... Seither halte ich mein Horiki im Zaum und nutze nur die einfachen Bannsprüche." "Sag bloß, du hast Angst vor noch so einem Angriff!?" "Ja, das habe ich", sagte Miroku. Inuyasha stieß einen Erstaunensschrei aus. "Du und Angst?" "Ich gebe es nicht gerne zu und verberge es so weit wie möglich... doch ich habe schon Angst um mein Leben. Du nicht, Inuyasha?" Inuyasha lachte ein gestelltes Lachen, das seine Fangzähne entblößte. "Ich und Angst? Dass ich nicht lache!" Miroku lächelte müde. "Das hätte ich eigentlich wissen müssen... Willst du eigentlich nicht baden?" "Bei dieser Hitze auch noch in dieses heiße Wasser zu gehen... du bist schlichtweg verrückt." "Nein, es tut wirklich gut. Es entspannt dich und du wirst ruhig schlafen können." "Ich brauche kaum Schlaf! Wer soll denn Wache halten, wenn ich schlafe?" "Inuyasha, mir bleibt nichts anderes übrig als zu glauben, dass du wasserscheu bist." Inuyasha sprang auf. "Rede keinen Mist!", sagte er. Ohne eine weitere Einladung zu benötigen, streifte er sein rotes Obergewand und dann das weiße darunter ab, ließ seine Hose fallen und glitt neben Miroku in das Wasser. Miroku konnte nicht anders, als ihn dabei genau zu beobachten und jeden Teil seines Körpers zu bewundern. Er war einfach perfekt, gut gebaut, muskulös und ... was dachte er hier nun schon wieder?

"Starrst du alle Leute so an, wenn sie sich ausziehen?", fragte Inuyasha. Miroku riss panisch die Hände aus dem Wasser und fuchtelte damit vor Inuyashas Gesicht herum. "ICh habe dich nicht angestarrt, ich habe ... ich war... ich war nur in Gedanken versunken. Ich habe nichts gesehen!" Inuyasha zuckte die Achseln und tauchte bis zum Kinn in das Wasser. "Mir ist es egal, ob du mich anschaust oder nicht. Aber das Wasser ist wirklich angenehm."

Miroku seufzte und blickte hoch zum Mond, um nicht weiter Inuyasha anzustarren. "Damals, als dieser Dämon Naraku mich mit diesem Siegel gebannt hat, da habe ich beschlossen, mich keiner Frau mehr zu nähern. Ich will nicht noch einmal auf diese Weise erniedrigt werden..."

Der Abendwind bewegete die schwarz scheinenden Blätter und das Geräusch der Grillen schwoll an, als sie in kompletter Stille verharrten.

"Weise Entscheidung", bemerkte Inuyasha schließlich. Er berührte mit seinen Fingern die Wasseroberfläche und ließ damit kleine, sich ausdehnende Kreise darauf entstehen, die sachte gegen Mirokus Brustkorb schwappten und ihn erschaudern ließen. "Von Frauen sollte man nichts erwarten", fügte der Halbdämon hinzu. Miroku blickte ihn verwundert an. Solch einen abwesenden, gar traurigen Gesichtsausdruck hatte er bei ihm noch nie zuvor erblickt. Er spürte die tiefe Verletztheit des anderen. Sie waren beide einsam.

Im Wasser machte er eine Bewegung auf Inuyasha zu und sah ihm in die Augen, in denen sich der Mond spiegelte, und als der das bemerkte, erwiederte er den Blick.

Mirokus Gesicht brannte, seine Fantasien schienen Wirklichkeit zu werden. Er hob den Kopf und konnte nicht anders. Er küsste Inuyasha auf den Mund.

Kapitel十・Im Stich gelassen

Noch bevor Inuyasha irgendwie reagieren konnte, wich Miroku zurück; ihre Lippen hatten sich nur einen Augenblick lang berührt. Miroku starrte Inuyasha an, der erschrocken zurückstarrte, und sekundenlang herrschte Stille zwischen den beiden Männern.

Mirokus Gedanken rasten. Sein Kopf war schien zerplatzen zu wollen und sein ganzer Körper brannte. Er musste hier weg!

„Weiche, Dämon!“, schrie er, um sich in dem Moment aus dem Wasser zu ziehen und sich den Yukata überzuwerfen, in dem Inuyasha mit einem Gurgeln in der heißen Quelle versank. Miroku atmete ein und spürte die kalte, angenehme Luft an seinem Körper.

„Bist du verrückt?“, kam es da auch schon mit rauer Stimme von Inuyasha, der danach sofort zu husten begann. Miroku knotete seinen Gürtel zu und drehte sich nur langsam um, und ohne Inuyasha anzusehen, der sich an das Ufer klammerte und hustete, als würde er gar nicht mehr damit aufhören. „Kannst du mir das mal erklären?“, fauchte er, als es wieder einigermaßen ging. „Nein“, sagte Miroku, den Blick auf den dunklen Umriss eines Berges in der Ferne gerichtet, „Das kann ich nicht... Ich weiß ja selbst nicht, warum ich... Vergiss es einfach.“ „Was?“, schrie Inuyasha auf, sprang mit einem Satz aus dem Wasser und baute sich vor Miroku auf. „Vergessen? Er küsst du mich und dann soll ich das einfach VERGESSEN?“

Die Stimme des Halbdämons überschlug sich, doch Miroku sah ihn nicht an und drehte sich weg. „Ich bin müde. Wir sollten wirklich schlafen“, sagte er. Er wickelte seine violette Mönchsrobe wieder um und hockte sich ans Feuer.

Inuyasha sagte gar nichts mehr. Er zog sich wieder an und lehnte sich an einen Baum ein wenig vom Feuer weg, wo er mit verschränkten Armen und wütendem Gesichtsausdruck sitzenblieb. Miroku starrte in die Flammen, bis seine Augen brannten, doch selbst dann sah er nicht weg. Seine Gedanken waren sowieso ganz woanders. Nur das leise Knacken der Holzscheite durchbrach zeitweise den Gesang der Grillen. Doch irgendwann erlosch auch das Feuer und tauchte die Lichtung in pechschwarze Finsternis.
 

Miroku wurde von der Sonne geweckt, die ihm direkt ins Gesicht schien, und blinzelte langsam in den Morgen. Die Luft war noch kühl und aus den Bergen stieg weißer Nebel auf, doch es würde wieder ein heißer Tag werden. Am Himmel, der im Osten noch ein leichtes Rosa zeigte, trieben ein paar Wolkenfetzen ziellos umher Miroku gähnte und stellte fest, dass er nur ein paar Stunden geschlafen hatte. Er musste irgendwann eingenickt sein, nachdem das Feuer ausgegangen war, denn daran konnte er sich noch erinnern. Mit den Gedanken an gestern Abend kam auch die Verwirrung zurück. Warum hatte er so etwas getan? Er hatte Inuyasha einfach so geküsst....!

Miroku warf einen müden Blick zu dem Halbdämon hinüber, der noch immer an dem Baum gelehnt war, die Arme verschränkt, doch er schlief, und sein ebenmäßiges Gesicht drückte Frieden aus, ja, Glück... Was er wohl träumte? Miroku sah ihn an und versank in seinem Anblick, dem silbernen Haar, der feinen Nase, der niedlichen Hundeohren...

Er wurde von seinem Magenknurren aus dieser Phase gerissen. Kein Wunder, er hatte seit gestern früh nichts mehr gegessen... Er zog sich an seinem Stab hoch, gähnte noch einmal und machte sich auf den Weg, etwas zu Essen zu besorgen. Vorher fachte er das Feuer wieder an, was gar nicht so schwer war, weil noch ein wenig Glut vorhanden war.

Bald kam er mit ein paar Fischen zurück, die er aus einem nahen Fluss gefischt hatte. Er steckte sie auf kleine Stöcke und steckte sie am Feuer in die Erde. Ihr Duft ließ auch schon bald Inuyasha erwachen, der ebenfalls laut gähnte und sich die Augen rieb. Miroku schwieg, doch er hielt ihm einen der Fische hin, und Inuyasha nahm ihn an, und fiel sofort gierig darüber her. Als die Fische alle gegessen waren, löschte Miroku das Feuer und sie brachen auf.

Miroku kam, während sie so nebeneinander herliefen, der Gedanke, dass er endlich mal wieder unter Menschen sein wollte. Inuyasha schön und gut, aber gerade jetzt war er so schweigsam wie nie und seine schlechte Laune schien ihn mit anzustecken. Als sie also gegen Mittag ein Dorf erblickten, das in einer Talsenke lag, schlug Miroku den Weg dorthin ein. Da Inuyasha offenbar geschworen hatte, nicht mehr mit ihm zu sprechen, hatte er keine Widerworte und trottete ihm einfach hinterher.

Das Dorf war ziemlich groß, es mussten an die fünfhundert Häuser sein, die hier zusammenstanden an meheren größereb Straßen zusammenstanden. Es gab einen kleinen Tempel, der ziemlich zentral gelegen war, und einen Schrein ein wenig abseits auf dem Hang eines Berges. Ein besonders großes Haus im Süden der Stadt fiel ihm auf, mit einem weiten Hof, der von einer hohen Mauer umgeben war. Es musste einer wirklich reichen Familie gehören.

Als sie zwischen die ersten Häuser traten, wurde sofort ein Mann auf sie aufmerksam, der mit einer Hacke über der Schulter die Straße entlanggeschlurft war. „Ein Mönch!“, rief er aus. Sein Aufschrei lockte mindestens ein Dutzend anderer Dorfbewohner aus ihren Häusern und sie alle eilten auf den verdutzt dreinschauenden Miroku zu und warften sich vor ihm in den Staub. „Bitte helft uns!“, rief eine Frau flehentlich. Miroku erwiderte: „Das würde ich gerne, wenn Ihr mir sagt, wie.“

Eine immer größer werdende Menschenmenge brachte ihn bis zu dem großen Haus, wo offenbar ein Samuraifürst regierte. Er begrüßte Miroku an der Tür und brachte ihn in einen prunkvollen Saal, wo ihm und Inuyasha erst einmal ein reiches Festmahl serviert wurde, bevor sich der Mann wieder blicken ließ. Er erklärte Miroku, dass das Dorf seit zwei Monaten von Menschenfressenden Fledermäusen und ihrem Anführer, einem Fledermausdämon, terrorisiert wurde. Sie kamen jede Nacht und fielen jeden an, der es wagte, nach Sonnenuntergang auf den Straßen zu sein, doch seit neuestem hatten sie sich darauf verlegt, auch ganze Häuser zu zerstören und alle Bewohner zu töten. Das große Übel war der Dämon. Es war zwar ein paar Kriegern gelungen, einige der ungewöhnlich großen Fledermäuse zu töten, doch der Dämon hatte sich dafür grausam gerächt. Überhaupt schien er der Grund zu sein, dass die Fledermäuse so mutig geworden waren, ins Dorf zu kommen.

“Seine wahre Gestalt ist die einer riesigen Fledermaus, doch meist erscheint er in annähernd menschlicher Form, mit Fledermausflügeln auf dem Rücken. Er entführt Frauen und tötet alle Männer, die ihm über den Weg laufen, indem er ihnen ihr Blut aussaugt. Ich bitte Euch, Mönch, beseitigt diese Bestie!“

Miroku hatte sich eine Bedenkzeit erbeten, die er in einem prunkvoll ausgestatteten, ihm zugewiesenen Zimmer verbracht hatte. Inuyasha war bei ihm gewesen, doch er hatte keine Anstalten gemacht, ihm irgendwelche Angebote zu machen oder Tipps zu geben. Schließlich hatte Miroku ja gesagt.

Die Sonne stand knapp über den Baumwipfeln, deren Blätter durch keinen Windstoß bewegt wurden, und die Grillen hatten ihr Abendkonzert begonnen. Nach einem reichhaltigen Abendessen und einem erfrischenden Bad hatte Miroku es sich auf der Terrasse ihres Zimmers bequem gemacht und starrte gedankenverloren in den Himmel. Bald mussten die Fledermäuse kommen. Inuyasha war mit ihm in den Raum gekommen und saß griesgrämig an die Wand gelehnt da. „Inuyasha...“, sagte Miroku, „Kann ich im Kampf gegen die Fledermäuse auf deine Hilfe zählen?“

Es kam keine Antwort. Miroku stand auf und trat in den Raum. „Du musst nicht mit mir reden, aber...“ Er brach ab, denn Inuyasha war nicht da, wo er ihn vermutet hatte. Wo konnte er jetzt noch hingegangen sein? Miroku schloss die Terrassentür und trat auf den Gang, wo er eines der Dienstmädchen fragte: „Hast du meinen Begleiter gesehen?“ Sie nickte ehrfürchtig. „Er verließ das Haus“, sagte sie, „doch ich wagte nicht, ihn nach seinem Ziel zu fragen. Er ist nach rechts gegangen.“ „Danke.“

Miroku trat auf den Weg. Der Himmel war, jetzt wo die Sonne untergegangen war, graublau, doch noch recht hell. Ein paar Sterne zeigten sich bereits, doch ein Mond war nicht zu sehen. So schmal wie er am Vortag gewesen war, musste heute Neumond sein. Miroku wählte ebenfalls den Weg nach rechts und fragte sich, ob der Neumond ein gutes Zeichen war oder ein schlechtes. Er hielt es eher für ein schlechtes, und dass Inuyasha einfach weggelaufen war, schien das zu bestätigen.

„Inuyasha?“, rief er laut und deutlich. Keine Antwort. Er ging die leicht ansteigende Straße hinauf. „Inuyasha?“, rief er noch einmal. Auch diesmal kam keine Antwort von dem Halbdämon, und Miroku wollte gerade ein drittes mal die Stimme erheben, als er etwas hörte. Das Schlagen von Flügeln!

Als er zum Himmel blickte, sah er eine große schwarze Wolke näherkommen. Im schwindenden Licht entpuppte sie sich als ein dichter Schwarm der größten Fledermäuse, die er jemals gesehen hatte, und mitten unter ihnen war der Dämon, noch in Fledermausgestalt. Vom Ende seines einen Flügels zu dem des anderen mussten es bestimmt fünf Meter sein. Miroku stockte der Atem bei diesem Anblick und er wünschte, Inuyasha wäre bei ihm. Wo verdammt war er?

Der Dämon schien ihn bemerkt zu haben, denn er landete direkt vor ihm und nahm dabei seine Menschengestalt an. Er war ein hagerer, aber gutaussehender Mann mit dichtem, zu einem Zopf zusammengefasstem schwarzem Haar, dunklen Augen und einem schwarzen Gewand. Seine Flügel breiteten sich als dunkle Wand hinter him aus. „Sieh an, ein Mönch“, lachte er. „Ich sehe, dass du mich angreifen willst, aber da hast du dich mit dem Falschen angelegt...!“ Miroku schwieg und packte seinen Stab fester. „Du wirst sterben“, sagte der Dämon, „heute Nacht! Auf ihn, meine Lieben!“

Mit markerschütternden Schreien kamen die riesenhaften Fledermäuse auf ihn zugeschossen; ihre Körper hatten die Größe von jungen Hunden und ihre Flügel waren noch einmal doppelt so breit. Sie bleckten ihre langen Fangzähne und griffen Miroku an. Es gelang ihm, drei von ihnen mit Bannzetteln auszuschalten, doch es war sinnlos. Es waren zu viele, es war zu dunkel und er war zu schwach. Sie rissen an seiner Haut und gruben ihre Zähne in sein Fleisch. In Panik schlug er mit seinem Stab um sich und traf ein paar von ihnen, doch eine besoners Hartnäckige blieb an seinem Nacken kleben. Miroku kam ein schneller Gedanke, und er setzte ihn sofort in die Tat um. Er entfernte die Gebetskette von seinem rechten Arm. Sofort riss der Wind aus seiner Hand die Fledermäuse vor ihm in den schwarzen Schlund und mit angsterfüllten Schreien verschwanden immer mehr. Inzwischen war es zu dunkel, um sie noch richtig erkennen zu können, und so bemerkte er auch das Kommen des Dämons nicht, bis er seinen Arm gepackt und in Mirokus Richtung gedreht hatte. In letzter Sekunde versiegelte der Mönch das Loch wieder und schlug dem Dämon mit seinem Stab ins Gesicht. Der Schwarzhaarige ließ zumindest seinen Arm los und wischte sich mit wutentstelltem Gesicht das Blut von der Stirn. „Du wagst es, mich zu verletzen? Du wagst es, meine Sippe zu töten? Rächt eure Familien! Tötet ihn!!“

Und wieder schossen Fledermäuse auf ihn zu. Miroku konnte nicht mehr sehen, wie viele es waren, denn sie waren überall, bissen ihn in die Arme, in die Beine, rissen Wunden in seinen Oberkörper und ließen ihn mit Schmerzen aufschreien. Es gab nur noch einen Weg!

Mit letzter Kraft ballte er die Faust um seinen Stab und schloss die Augen. In einem Augenblick waren die Schmerzen fort und er spürte nur die Kraft, die ihn durchfloss. Er hörte die Schreie der Bestien, als sie von seinem Körper fortgerissen wurden.

Und dann war es still.
 

Er ließ den Stab locker und öffnete die Augen. Er konnte die erleuchteten Fenster der Häuser sehen, doch nicht viel mehr. Er hatte seine ganze Übung verloren. Wie lange war es her, dass er sein Horiki wirklich genutzt hatte? Es war ihm nur gelungen, für Sekunden einen Bannkreis aufzubauen, der die Fledermäuse aus dem Dorf vertrieb, doch nun konnten sie jederzeit zurückkommen. Er atmtete schwer und seine Verletzungen brannten. Sein Gewand war zerfetzt von ihren Bissen.

Sie kamen nicht zurück. Vielleicht hatten sie für diese Nacht genug...

Miroku taumelte in Richtung des großen Hauses, als ihm etwas einfiel. Wo war Inuyasha? Er biss die Zähne zusammen. Dieser verdammte Halbdämon! Hätte er ihm geholfen, wäre alles kein Problem gewesen.

„Weiche, Dämon!“, schrie er wütend in die Nacht.

Er hörte einen ihm nur all zu bekannten Aufschrei und ein dumpfes Gerausch. Es kam aus einer Hütte, die zwischen zwei anderen im Dunkel lag und ihm sonst gar nicht aufgefallen wäre. Miroku schleppte sich dorthin und riss die Tür auf. „Hier hast du dich also versteckt“, sagte er unwirsch. Er konnte Inuyasha nicht sehen, doch er war definitiv da, irgendetwas verriet ihn, auch wenn er nicht sagen konnte, was das war. „Ich dachte, du hasst die Menschen so?! Indem du mich allein in den Kampf mit diesen Bestien schickst, musst du nur noch länger hierbleiben!“ Inuyasha schwieg. Miroku erhob die Stimme: „Antworte mir gefälligst! Sag bloß, du bist immer noch eingeschnappt wegen gestern Abend? Ich hätte sterben können im Kampf gegen diese Monster, aber das scheint dir ja egal zu sein!“ „Das ist es nicht...“, gab Inuyasha schuldbewusst zurück. Miroku kniete sich vor ihm auf den Holzboden und starrte böse in die Richtung, in der er ihn vermutete. „Was dann? Inuyasha, du hast mich schwer enttäuscht... Aber lass uns das im Haus des Lords besprechen, meine Wunden...“ während er sprach, hatte er nach Inuyashas Arm gegriffen und wollte ihn hochziehen, doch Inuyasha schrie fast panisch auf. „Nein!!“ Miroku stutzte, und langsam verflog seine Wut und verwandelte sich in Besorgnis. „Inuyasha, was ist los mit dir?“ Als Antwort griff Inuyasha nach Mirokus Handgelenken und drückte seine Hände gegen seinen Kopf. Der Mönch fühlte das dünne Haar, doch er merkte sofort, was los war.

„Inuyasha, deine Hundeohren...“

Kapitel十一・Leidenschaft, die Leiden schafft

„Inuyasha, deine Hundeohren...“

Miroku blinzelte in die Dunkelheit. Langsam konnte er Inuyashas verschwommene Silhouette ausmachen, und was er sah, ließ ihn erstaunt die Hände senken. Sein Haar wirkte viel dunkler als sonst, und der normalerweise selbst in der Nacht sichtbare silberne Schimmer hatte sich vollkommen verflüchtigt. Als er in seine Augen sah, diese sonst so wunderbaren goldenen Augen, hatten diese die dunkelbraune Färbung eines Menschen angenommen.

[In Japan haben alle Menschen braune Augen (Miroku ist eine Ausnahme... Was kann ich dafür wenn Rumiko Takahashi so unrealistische Charakterdesigns macht?)]

„Dann ist heute der Zeitpunkt gekommen, zu dem das Dämonenblut in deinen Adern seine magischen Kräfte verliert und du zum Menschen wirst...?“, fragte Miroku erstaunt nach. „Ja, die Neumondnacht...“, bestätigte Inuyasha leise und nicht gerade begeistert. Miroku ballte in der Dunkelheit die Fäuste. „Ich kann verstehen, dass du das nicht jedem auf die Nase bindest, weil du dann befürchten müsstest, dass dann jemand deine Schwächephase ausnutzt, aber ich bin schließlich dein Begleiter und habe ein Recht darauf, das zu erfahren!!“, sagte er mit nun wieder aufsteigender Wut. Inuyasha schwieg ein paar unangenehme Augenblicke. Als er die Stimme erhob, zitterte sie leicht. „Ich wollte es dir sagen. Aber...“ „Nur weil ich dich geküsst habe, verschweigst du mir so etwas Wichtiges?“ Mirokus Stimme blieb gesenkt, doch sein Ärger war deutlich zu spüren. „Du musst mich nicht verstehen! Für dich bin ich ja nur ein Wesen, das du jederzeit für deine Zwecke benuzten kannst!“, stieß Inuyasha verzweifelt hervor.
 

Benutzen?
 

Miroku schluckte. Seine Wut verflog innerhalb von Augenblicken und wurde durch Unsicherheit ersetzt. Hatte er Inuyasha wirklich das Gefühl gegeben, er sei nur ein ... „Werkzeug“? Oder hatte er seinen Begleiter tatsächlich nur als eine Art Diener gesehen, der ihm lästige Angreifer vom Hals hielt und ihn ins nächste Dorf trug, wenn er verletzt war? Er spürte nicht einmal mehr den Schmerz seiner Wunden, doch in seinem Inneren fühlte er einen anderen Schmerz, den Schmerz, jemanden verraten zu haben, der ihm etwas bedeutete. Er hatte einen Fehler gemacht.

„Hast du dazu nichts zu sagen?“, fragte Inuyasha verletzt.
 

Miroku suchte verzweifelt nach Worten. „Es tut mir leid... Es kann sein, dass ich dich wirklich... nicht ernst genommen habe, Inuyasha... aber...“ Er brach ab, als sein Blick den seines Gegenübers traf. Inuyashas Augen mochten nicht mehr die übliche Farbe haben, doch irgendetwas an ihnen hatte sich nicht verändert. Sie waren immer noch in der Lage, ihn komplett zu verschlingen. Er verlor sich in dem satten Braun und den dunklen Pupillen, die keine Anstalten machten, den Kontakt zu unterbrechen. Mit abwesender Stimme sagte er: „Inuyasha, du... du erfüllst mich mit einer lange vergessenen Leidenschaft... Wenn ich dich ansehe, dann ...“ Miroku schluckte und seine Kehle fühlte sich viel zu trocken an. Seine Hände zitterten leicht. Sein Körper erbebte allein bei dem Gedanken daran, wie er den Satz fortführen wollte.

Er streckte die Hand aus, und berührte zögernd Inuyashas Kinn.

Seine Finger brannten von der Berührung mit seiner Haut, doch er zog sie nicht zurück. Er fuhr an seinem Hals entlang und zog Inuyasha mit der anderen Hand näher an sich, schob die Hand dann unter sein Gewand. „Inuyasha...“, flüsterte er in sein Haar. Wie von selbst berührte er mit den Lippen sein Schlüsselbein.

Warum tat der Halbdämon nichts? Warum stieß er ihn nicht angeekelt von sich, so dass er diese Gedanken ein für alle mal aus seinem Kopf verbannen konnte? Warum schloss er die Augen und ließ ihn einfach gewähren?

Und warum... hatte er dieses wunderbare Gefühl, dass alles richtig war und dass er einfach weitermachen sollte? Er ließ sich davon ganz einhüllen, und verbannte jeden vernünftigen Gedanken aus seinem Kopf, um nur noch seiner Leidenschaft zu folgen.
 

Miroku schlug die Augen auf und blinzelte hinauf zu einer dunklen Holzdecke. Wo war er? Was war geschehen?

„Miroku, wie geht es dir?“, fragte eine Stimme. Miroku drehet seinen Kopf zur Seite, wo er Inuyasha entdeckte, der neben ihm hockte. Er war vollkommen angekleidet und hatte wieder seine gewohnte Halbdämonengestalt angenommen. Der Mönch blinzelte noch ein paar mal und wollte sich dann aufrichten, sank jedoch sofort zurück. Sein ganzer Körper schmerzte. „Wie geht es dir?“, fragte Inuyasha noch einmal. Miroku stellte fest, dass er nicht einmal seine Arme heben konnte. Seine Zunge war schwer, als er zu sprechen begann: „Ich kann mich kaum bewegen. Was ist passiert?“ Inuyasha verdrehte die Augen gen Himmel. „Du bist verletzt, und das nicht einmal leicht. Diese Fledermäuse haben dir arg zugesetzt und dass du mit mir geschlafen hast, hat es schätzungsweise noch schlimmer gemacht. Du hast drei Tage im Fieber gelegen.“

Mirokus Pupillen weiteten sich. Die Erinnerungen an ihre gemeinsame Nacht stiegen wieder in ihm auf. Er hatte seine Wunden vollkommen vergessen, als er sich auf Inuyasha gestürzt hatte, und das war nun der Preis dafür...

„Du musst dir keine Sorgen mehr um die Fledermaeuse machen. Ich habe ihren Anführer vor zwei Nächten getötet. Aus diesem Grund lässt uns der Fürst auch in seinem Haus wohnen, bis du genesen bist.“ Miroku nickte langsam. Das alles war ein wenig zu viel für ihn. Inuyasha wirkte auf einmal so fürsorglich. Und ... er sprach so viel. War das noch der Inuyasha, den er kannte? Aber natürlich konnte ... so etwas ... nicht spurlos an ihm vorbeigehen. „Was glaubst du, wie lange muss ich noch so hier liegen?“, fragte er mühsam. „Ich weiß nicht. Hier im Dorf gibt es eine gute Heilerin, die dich gestern begutachtet hat. Sie sprach von zwei Wochen.“

Miroku seufzte entnervt auf. Das hatte ihm gerade noch gefehlt.

„Hast du Hunger?“, fragte Inuyasha. „Vor allem großen Durst“, erwiderte Miroku. Inuyasha erhob sich. „Ich werde dir etwas zu Trinken holen gehen“, sagte er.
 

Miroku ließ den Blick zur Decke gleiten. Schon wieder war er für einige Zeit vollkommen hilflos. Das wurde ja wirklich zur Gewohnheit... Aber er war froh, dass Inuyasha da war um sich um ihn zu kümmern. Seine Gedanken kehrten zurück zu der Nacht und ihm wurde schon bei dem Gedanken an ihre Berührungen warm. Alles kam ihm jetzt so unwirklich vor, als sei es nur eine Ausgeburt seiner Fantasie. Und dennoch musste es wahr sein. Er seufzte. Inuyasha hatte Recht, wenn er sagte, dass dies seinen Gesundheitszustand nur noch verschlechtert hatte. Wie hatte er sich nur so von seiner Leidenschaft überlisten lassen können?

Er gab es langsam auf, sich immer so komplizierte Fragen zu stellen. Er verstand es nicht. Er verstand alles nicht. Seit er Inuyasha getroffen hatte, wusste er nicht mehr, wo ihm der Kopf stand. Diese Beziehung war so kompliziert, so ... unnormal. Oder war es ganz natürlich, dass er solch eine Leidenschaft für Inuyasha empfand? Weil er so gut aussah? Oder weil er der einzige war, der ihn zu verstehen schien?
 

Inuyasha kam zurück, er trug ein Tablett, auf dem ein paar Schälchen standen, und stellte es neben Miroku ab. Der Duft von gebratenem Fisch stieg Miroku in die Nase. „Ich habe dir Tee gebracht“, sagte Inuyasha und hob einen Tonbecher an. Miroku nickte, doch er konnte nicht einmal den Oberkörper aufrichten, um das Getränk zu trinken. Inuyasha griff um seinen Rücken und setzte das Gefäß an seine Lippen. Miroku trank die heiße Flüssigkeit und schluckte sie vorsichtig. Seine Zunge war noch immer schwer, aber er hatte solchen Durst, dass er den ganzen Becher dennoch in kurzer Zeit geleert hatte. Inuyasha half ihm auch, ein wenig kalten Reisbrei und ein wenig Fisch zu essen, doch er hatte icht sehr großen Hunger und brachte nur ein paar Bissen hinunter. Als er zurück auf das Kissen sank, fragte er: „Warum... warum tust du das alles nur für mich, Inuyasha?“ Der Halbdämon sah ihn mit einem warmen Ausdruck auf dem Gesicht an. „Das ist doch offensichtlich, oder nicht? Miroku...“, sagte er liebevoll und strich ihm eine seiner Haarsträhnen aus dem Gesicht. Ohne eine weitere Erklärung erhob er sich und verschwand aus dem Raum. Mirokus Brust zog sich schmerzlich zusammen, denn er wusste genau, was Inuyasha meinte. Und es gefiel ihm nicht.
 

Hinweis: Ich habe in diesem Kapitel urspruenglich einen Teil gehabt, der Adult gewesen waere. Da ich jedoch die juengeren Leser auch an der Geschichte teilhaben lassen will, habe ich ihn rausgeschnitten. Kann sein, dass das Kapitel euch jetzt ziemlich kurz vorkommt, Sorry. Trotdem danke fuer die ganzen Kommis, sie freuen mich immer sehr. ^.^
 

Jitsch*

Kapitel 十一・Leidenschaft, die Leiden schafft (Adult version)

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Kapitel 十二・Überfall

„Habt noch einmal vielen Dank, Mönch, dass Ihr uns geholfen habt“, sagte der Fürst mit einer tiefen verbeugung. Miroku verbeugte sich ebenfalls tief und entgegnete: „Nein, wirklich, im Gegenteil habe ich vielmehr Euch zu danken, dass ihr mich so lange Zeit lang aufgenommen und verpflegt habt.“ Der Fürst nickte. „Es war nur selbstverständlich, nachdem Euer Begleiter uns von diesem Dämon befreit hat!“, sagte er. Miroku verbeugte sich noch einmal. „Habt Dank für alles“, sagte er . Der Fürst sprach: „Es wäre uns eine Ehre gewesen, euch noch länger aufzunehmen. Bitte gebt auf Euch Acht, wenn ihr weiterreist.“ „Ja, natürlich, vielen Dank.“ Miroku verbeugte sich ein letztes Mal und wandte sich dann zum Gehen. Inuyasha, der gelangweilt am Tor gelehnt hatte, hob den Kopf. Sein Haar lag ihm glänzend über den Schultern und in seinen Augen spiegelte sich das Morgenlicht.

„Gehen wir?“, fragte er in einem Ton, der deutlich machte, dass er es nicht mehr abwarten konnte endlich von hier zu verschwinden. „Ja“, sagte Miroku beruhigend und trat neben ihn. Zwei Vasallen machten sich daran, das Tor aufzuschieben. Der Mönch und sein Begleiter verließen den Hof und machten sich auf den Weg nach Süden. Hinter ihnen schlossen die Männer das Hölzerne Tor wieder.
 

Miroku lächelte leicht, als Inuyasha einen Schritt schneller vor ihm herging. Der Halbdämon musste ja fast verrückt geworden sein in den vergangenen zwei Wochen, hatte er das Haus doch wirklich kein einziges Mal verlassen. Miroku fühlte sich jetzt, wo sie wieder gemeinsam unterwegs waren, richtig glücklich. Er sah zum Himmel, wo die Wolken gemächlich hintereinander herzogen und beeilte sich dann, wieder mit Inuyasha auf eine Höhe zu kommen. „Es ist schönes Wetter, nicht?“, meinte er. Inuyasha nickte nur unmerklich, doch seine Augen leuchteten. Schweigend ließen sie sich von der Staße in richtung Wald führen und setzten ihre Reise über die Berge fort. Es gab kein festgelegtes Ziel, doch Sie waren beide nicht allein, und deshalb war es vollkommen egal, wohin die Reise ging.
 

Gegen Mittag kamen sie in ein kleines Dorf in den Bergen, das nur aus wenigen Hütten bestand und dessen Bewohner sich damit abmühten, ein paar kleine Reisfelder zu bewirtschaften. Als sie den Mönch erblickten, eilten sie ,dankbar für ein wenig Abwechslung, heran und teilten mit den beiden Reisenden ein einfaches Mahl. Die Kinder waren begeistert von Inuyasha, der sie bereitwillig auf den Schoß nahm und nicht einmal protestierte, als sie begeistert an seinen Hundeohren herumspielten. Miroku konnte nicht anders, als zu lächeln, als er ihn so sah, einen Jungen auf den Schultern, zwei Mädchen auf dem Schoss und zwei weitere Kinder, die an seinen Ärmeln zerrten. Warum konnte es nicht immer so friedlich sein? Bei dem Gedanken entkam ihm ein Seufzen.
 

Trotz aller Gastfreundschaft verabschiedeten sich die beiden irgendwann, um allein weiterzuziehen. „Wohin gehen wir eigentlich?“, fragte Inuyasha, die Arme hinter dem Kopf verschränkt. Miroku, der seinen Stab geschultert hatte, blieb stehen und sah hinauf zu den Baumwipfeln. „Überallhin und nirgendwohin, denke ich“, sagte er versonnen. „Wir sind auf einer Reise ohne ein bestimmtes Ziel... aber das ist egal, oder? Wir ziehen weiter, und vielleicht treffen wir irgendwann auf Naraku. Und wenn nicht, dann bleiben wir eben zusammen...“ Er sah Inuyasha an, auf dessen Gesicht sich ein leichtes Lächeln geschlichen hatte. „Klingt ein wenig langweilig, wenn du mich fragst. Aber ich bin einverstanden. Die Dämonen werden uns schon finden.“
 

Sie wanderten bis zum Anbruch der Dunkelheit, und schlugen ein kleines Lager auf einer kleinen Felsplattform auf, von der man einen wunderbaren Blick über die Talebene hatte, über die die Reisfelder verstreut waren, verziert von den dunklen Farbklecksen der Häuser, die langsam in der Dunkelheit zu einer Masse verschwammen. Die Ränder der gegenüberliegenden Berge waren von der Sonne mit einem satt orangefarbenen Strahlenkranz umgeben. Inuyasha besorgte, wie immer, das Feuerholz, während Miroku den Proviant auspackte, den sie vom Fürsten mitbekommen hatten. Es war nur ein wenig kalter Reis und etwas eingelegtes Gemüse in einer Bambuskiste, doch für einen Abend reichte es allemal. Als sich schliesslich die Nacht wie ein schwarzer Schleier über die Hügel legte, prasselte zwischen ihnen ein warmes Feuer und sie waren satt geworden. Mirokus Blick blieb an den züngelnden Flammen hängen. „Du wirst mich beschützen, nicht wahr, Inuyasha?“, sagte er. „Ja“, erwiderte Inuyasha sofort und mit Nachdruck in der Stimme. Miroku lächelte in die Glut. „Das ist beruhigend...“ Er lehnte sich gegen einen Stein, verschränkte die Arme um seinen Stab und schloss die Augen. Inuyasha sah ruhig zu, wie er immer regelmäßiger atmete und schließlich sicher eingeschlafen war.
 

„Miroku, wach auf“, sagte eine sanfte Stimme. Es war Inuyasha, der neben ihm hockte. Über den Bergen hing der Nebel im sanften Morgenlicht. Es war kalt und musste noch sehr früh sein, doch die Vögel sangen bereits. Inuyasha streckte seine Hand aus. „Lass uns weiterziehen“, sagte er. Miroku nahm Inuyashas Hand und stellte dabei fest, dass der Stoff und die Gebetskette um seine rechte Hand verschwunden waren. Das musste ein Traum sein. Ein schöner Traum. Inuyasha führte ihn an den Rand des Felsplateaus. Miroku verspürte keine Angst, als er nach unten sah, wo in der Ferne winzige Hütten und Felder und Wiesen lagen. Sie sprangen gleichzeitig und fielen. Ein Moment, in dem sie vollkommen frei waren. Flügel breiteten sich von ihren Rücken aus und trugen sie über das Land. Der Himmel war so weit und vollkommen blau. Die Wälder bildeteten einen weiten Teppich, über den sie hinwegschwebten.
 

Doch es hielt nicht an. Ohne Vorwarnung verschwand alles. Der Himmel und die Erde und Die Flügel, die sie getragen hatten. Sie fielen, mitten hinein in die Tintenschwarze Finsternis. Und Inuyasha ließ seine Hand los. „Ich liebe dich“, sagte er. Er packte Miroku bei den Schultern und zog ihn zu sich. Er küsste ihn. Und sie fielen, fielen, fielen...
 

Er riss die Augen auf. Unter seinen Füßen war fester Boden. Doch die Erleichterung, dass es nur ein Traum gewesen war, verschwand sofort.
 

Denn es war kein Traum. Inuyasha hockte halb über ihm und küsste ihn leidenschaftlich. Seine Hand hatte er in Mirokus Kragen gesteckt und ruhte direkt auf seinem Bauch. Miroku überlegte nicht, er stieß Inuyasha an den Schultern von sich. Der Halbdämon landete auf dem Boden, doch stand sofort wieder auf. „Miroku“, flüsterte er mit Leidenschaft in den Augen. Miroku drückte sich mit seinem Stab hoch und stand ihm gegenüber. Er zitterte.

„Ist dir kalt?“, fragte Inuyasha dunkel. „Ich werde dich wärmen.“ Er schlang seine Arme um Mirokus Hüfte und küsste ihn erneut auf den Mund. Während er ihn mit einer Hand hielt, fuhr er mit der anderen über seinen Rücken und ließ sie unter sein Gewand gleiten. Miroku konnte sich kaum wehren gegen seinen eisernen Griff. Inuyashas Zunge war in seinem Mund und es tat weh, wie hart er seine Lippen bewegte. Mit aller Kraft nahm er seinen Stab, den er noch immer in der rechten Hand trug, schlug ihn Inuyasha vor die Brust und wich ein paar Schritte zurück. „Hör auf...“, flüsterte er atemlos. Seine Lippen brannten, sein Magen rebellierte. Es war falsch! Inuyasha packte seine Hände und drückte ihn gegen eine Felswand. Mirokus Augen weiteten sich, als er ihn am Hals küsste. „Nein...“, stammelte er. Inuyasha hörte nicht. „Wir haben die Grenze bereits überschritten“, sagte er mit tiefer Stimme und küsste ihn am Nacken. „Ich will dich“, murmelte er in sein Haar.

Sein Körper drückte ihn gegen das kalte Gestein und seine Hände schoben sich in sein Gewand. „Ich liebe dich“, sagte er leise. „Du machst mich verrückt. Ich will nur dich...!“

Miroku erbebte. Mit aller Kraft erob er die rechte Hand und stieß sie gegen Inuyashas Brust. Mit der Linken griff er nach der Gebetskette.

„Ich löse die Kette“, sagte er mit zittriger Stimme. Inuyasha hielt inne und wich zurück. „Tu so etwas nie wieder.“ Inuyasha begegnete seinem Blick. „Ich kann nicht anders. Ich liebe dich. Im Schlaf warst du so begehrenswert...“

Miroku erschauderte. „Ich will nichts davon hören“, stieß er aus.

Er riss seine Hand zurück und drehte sich zur Seite. Alles war dunkel. Selbst das Feuer war erloschen. Inuyashas Augen glommen selbst in dieser Finsternis wie Glühwürmchen. Warum hatte er nie bemerkt, dass sie in Wahrheit die eines Dämons waren? Dass sein Haar kalt war wie der Schnee? Sein Gewand rot wie das Blut seiner Opfer? Er war nur ein Halbdämon, doch es lag in seiner Natur, sich zu nehmen, was er wollte. Er würde nicht aufhören, im Schlaf über ihn herzufallen, wenn er es nicht wollte.

Angsterfüllt starrte Miroku Inuyasha an. Seine dunkle Silhouette baute sich vor ihm auf. Wie von selbst trugen ihn seine Füße fort. Er drehte sich nicht einmal um und hoffte nur, dass Inuyasha ihm nicht folgte.
 

Miroku blieb erst stehen, als er nicht mehr laufen konnte. Seine Füße schmerzten. Es war noch immer stockdunkel. Im Wald war er mehrmals über Wurzeln gestolpert und seine Haare hatten sich im Strauchwerk verfangen. Doch noch schlimmer als die Pein an seinem Körper war die Leere, die sich in seinem Inneren ausbreitete. Hatte er wirklich geglaubt, dass Inuyasha ihn einfach als Begleiter sehen würde, nach dem, was in jener Nacht geschehen war?

Er schluckte schwer. Wo war das simple Glück des Tages hin? Warum war es nun alles verschwunden? Was hatte sich verändert, dass Inuyasha ihn nun ... dass nun alles zerstört war?

Er wollte es nicht. Er wollte keine solche Beziehung. Er wollte einfach nur einen Partner... und dennoch... war er Schuld? Hatte Inuyasha dieses Gefühl für ihn nur entwickelt, weil er ihn geküsst hatte? Nein, weil er ... damals in dieser Nacht... begonnen hatte?
 

Er hatte geahnt, nein, gewusst, dass Inuyasha sich in ihn verliebt hatte. Seine Augen hatten eine viel zu deutliche Sprache gesprochen. Doch er hatte sich verschlossen, es ignoriert und den Spalt missachtet, der sich aufgetan hatte. Es war unmöglich. Er liebte Inuyasha nicht. Alles was er für ihn war, war ein Begleiter und Weggefährte. Warum nur hatte er sich damals von seiner Leidenschaft übermannen lassen? Warum nur hatte er Inuyasha nicht klar und deutlich gesagt, dass es nur ein Ausrutscher gewesen war?
 

Er war wieder allein. Die Schwärze erfüllte ihn ganz. Er schlang die Arme um den Körper, doch die Kälte blieb. Er sank auf die Knie. Zweige stachen ihn durch den Stoff seines Gewandes in die Haut, doch das spürte er nicht einmal. Wieder. Wieder diese Kälte, die ihn umfing. Er hatte alles falsch gemacht.
 

Die Bäume schwiegen und die Eulen gingen auf die Jagd, wie in jeder Nacht. Der Mond ließ sich nicht sehen. Kein Stern brach durch die Wolkendecke. Verzweiflung klammerte sich um sein Herz, und es war niemand da, der sein verzweifeltes Schluchzen vernahm.
 

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Hallo!! Schön, dass ihr weiterlest. ^.^

Dieses Kapitel kommt jetzt ziemlich kurz nach dem davor, das liegt aber daran, dass ich das 11. einfach nicht hochgeladen habe, obwohl es schon lange fertig war. Entschuldigung!! *tief verbeug*

Die Story entgleitet mir irgendwie... Ich schreibe einfach drauf los und irgendwie machen Miroku und Inuyasha was sie wollen... Findet ihr das Kapitel komisch?

Egal, ich schreibe weiter. Bis die Tage!
 

Jitsch*

Kapitel十三・Offene Wunden

Es war Morgen. Die Vögel sangen unsichtbar in den Bäumen, und durch die Zweige der Kiefern fiel ein sanftes Licht. Miroku lag mit dem Rücken direkt auf dem Waldboden. Seine Arme hatte er von sich gestreckt. Sein Blick war direkt nach oben gerichtet, wo sich die grünen Nadeln der Bäume in einer sanften Briese wiegten. Er atmete tief ein und bewegte vorsichtig seine Finger. Irgendwo hatte er wohl gehofft, tot zu sein.

Als er vorsichtig seinen Oberkörper aufrichtete, überzeugte ihn ein stechender Schmerz in seinem Rücken, dass er auf keinen Fall tot sein konnte. Er streckte seine Wirbelsäule und legte den Kopf in den Nacken, um die Verspannung zu lösen.
 

Die Erinnerung an den Vortag war noch immer da. Selbst im Traum hatte er nichts anderes gesehen, als Inuyasha. Der ihn zu Boden drückte. Ihn küssen wollte. Ihn mit diesem Verlangen in den Augen ansah.

Miroku schüttelte seinen Kopf, um diese Gedanken loszuwerden, doch als er sich an seinem Stab aufrichtete und in den Wald blickte, tanzte vor seinem inneren Auge noch immer der Halbdämon, mit wild glühenden Augen.

Miroku setzte sich langsam in Bewegung. Er stützte sich auf seinen Stab, als seien seine Beine nutzlos, und er kam nur langsam voran. Es gab doch keinen Grund, sich zu beeilen. Er hatte kein Ziel mehr vor Augen. Er hatte alles verloren, was ihm in den letzten Wochen Grund zur Freude gegeben hatte. Seinen Begleiter. Den einzigen, der ihn verstand. Und warum? Nur weil er sein Verlangen nicht hatte kontrollieren können, weil er in einem, nein, zwei schwachen Momenten der Leidenschaft nachgegeben hatte...
 

Vor Jahren habe ich mir geschworen, mich nie wieder mit einem Weib einzulassen. Doch ich habe mich geirrt... Worauf ich mich nie wieder einlassen sollte, ist nur eines. Die Liebe.
 

Unter den schweigenden Kiefern verlor er jegliches Zeitgefühl, er schleppte sich einfach nur dahin. Als die Bäume lichter wurden, stand die Sonne im Zenit und warf seinen Schatten als einen kleinen schwarzen Fleck auf die Erde unter seinen Strohsandalen. Unter ihm, in der um diese Jahreszeit noch immer recht starken Hitze lag eine Stadt, an einen Berghang geschmiegt und die Häuser bis in die Hälfte des kleinen Tals verstreut, das sich vor ihm ausbreitete. Ein Fluss schlängelte sich vom Berg zwischen die Häuser und floss schließlich in die Reisfelder, die die restliche Talsohle bedeckten und weiter in die offene Ebene dahinter. Im Osten der Stadt lag ein Tempel mit einer großen Hauphalle und einer sechsstöckigen Pagode. Miroku öffnete seine halbgeschlossenen Augen, geblendet vom Licht, das von der goldenen Pagodenspitze reflektiert wurde. Dies musste die Stadt Kouhan mit ihrem Higashi-Ji sein. Vielleicht konnte er hier ein wenig bleiben...

Er machte sich den Weg den Hang hinunter und kam bald zwischen die Häuser. Menschen waren auf den Straßen unterwegs, in Sänften und Wagen, und niemand bemerkte den Mönch mit seinem goldbesetzten Stab, der sich den Weg zwischen Händlern, Frauen und Bettlern hindurchbahnte. Als er an das Südtor der Tempelanlage kam, fühlte er sich ausgelaugt und noch einsamer als zuvor. Ein mit einem Schwert bewaffneter Mönch stand neben dem Tor Wache, doch als er Miroku sah, verbeugte er sich und sagte: „Tretet nur ein und ruht Euch aus. Ihr scheint müde zu sein.“ Miroku nickte schwach.

Er ging weiter. Links lagen in einem hölzernen Gebäude die Mönchsquartiere, die Grundsteine einer Pagode, die wohl einem Feuer zum Opfer gefallen war und ein kleiner Schrein, der den Schutz der Kami über den Tempel sicherte. Auf der anderen Seite lagen die Pagode, die ihm schon von weitem aufgefallen war, die Lektionshalle und ein paar weitere Gebäude der Verwaltung. Geradeaus befand sich hinter einer Steinlaterne die Haupthalle mit einem offenen Türrahmen.

Miroku trat an den kleinen Brunnen neben dem Eingang, in dem Wasser aus dem Maul eines steinernen Drachen plätscherte, und übergoss seine Hände aus einer hölzernen Kelle mit dem Wasser. Dann ließ er etwas Wasser in seine Handflächen laufen und trank es. So gereintigt betrat er die Haupthalle mit einer Verbeugung.

Es war dunkel, da die wenigen Fenster nur wenig Licht durchließen, und Miroku konnte im ersten Augenblick nur ein paar weiße Punkte sehen, die ihm vor den Augen tanzten. In der Mitte des Raumes befand sich die Statue Amida Buddhas, des Buddhas des Paradieses im Westen, der auf einer Lotusblüte saß und eine Hand meditativ in den Schoß gelegt und die andere zur Abwendung des Bösen erhoben hatte. Miroku betrachtete die Darstellung und ließ sich von ihrer Ruhe durchströmen.

Er war nur ein kleiner Punkt inmitten der Welt, und die Sterne bewegten sich weiter am Firmament. Die Ewigkeit des Lebens war unendlich. Was machte er sich Sorgen um Inuyasha? Wenn er ein gutes Karma bewahrte, würde er im nächsten Leben glücklich sein. Dieser schmerzhafte Augenblick war nur ein kurzer, verglichen mit dem Zyklus, den die Menschen gingen, und irgendwann würde er vielleicht ins Nirwana eingehen...
 

Mit einem langsamen Einatmen sammelte er seine Energie, bevor er sich vor dem Erleuchteten verbeugte und dann langsam die Haupthalle verließ. Die Ruhe, die ihn beim Anblick der goldenen Statue durchströmt hatte, wollte wieder verfliegen, sobald er unter dem überhängenden Dach der Halle hervortrat. Doch irgendwas hielt ihn davon ab, umzudrehen und wieder die Ruhe zu suchen.

Wenn ich dem Schmerz aus dem Weg gehe, werde ich ihn nie überwinden können

Als er das Tempelgelände verlassen wollte, bemerkte er jemanden, der sich neben dem Tor im Schatten eines Baumes niedergelassen hatte und verlangsamte seinen Schritt. Beim näheren Hinsehen erkannte er einen Bettelmönch, dessen Gewand zerschlissen war und der sich seinen Strohhut tief ins Gesicht gezogen hatte. Miroku wusste nicht warum, aber der Anblick dieses so friedlich dasitzenden, offenbar schlafenden Menschen hatte eine beruhigende Wirkung auf ihn und ließ ihn amüsiert lächeln. Er wollte gerade weitergehen, als der andere sich regte und sich den Hut aus dem Gesicht schob. „Ich muss geschlafen haben“, murmelte er mehr zu sich selbst, griff nach seinem Stab und richtete sich auf, wobei er sich etwas Erde vom Gewand strich. Erst dann bemerkte er Miroku, der ihn interessiert ansah. „Buddha sein mit Euch, Mönch“, sagte er. Miroku verbeugte sich und erwiderte den Gruß. Der andere Mönch schob seinen Hut zurecht und trat aus dem Schatten. Er hatte, wie die meisten Mönche, ein rasiertes Haupt und trug seinen Strohhut mit einer Schnur aus gedrehtem Reisstroh unter seinem Kinn befestigt. Sein Gesicht war kantig und eine Narbe zog sich von seinem linken Mundwinkel bis zur Stirn darüber. Das linke Auge war leer und grau.

„Heiß heute, nicht wahr?“, fragte er. Miroku nickte zustimmend, irgendwie war ihm gerade ziemlich nach einem belanglosen Gespräch zumute, deshalb sagte er: „Ja, doch es dürfte bald kälter werden. Der Sommer ist fast vorüber.“ „Wie wahr, wie wahr...“, erwiderte der andere mit einem Blick zum Himmel. „Wie ist Euer Name?“, fragte er dann. „Ich heiße Miroku. Darf ich Euren Namen erfahren?“ „Keiryou. Ich freue mich immer, andere Mönche zu treffen. Wollen wir nicht zusammen etwas trinken gehen?“ Miroku musste nicht lange überlegen. „Ja, gerne. Hunger habe ich auch.“ Keiryou lächelte und entblößte seine wenigen verbliebenen Zähne. „Ich kenne ein wunderbares Teehaus in der Stadt. Folgt mir, Miroku-sama.“
 

Das Teehaus „Yama-no-ue“ lag an der Hauptverkehrsstraße und war recht voll, doch die beiden fanden einen Platz in der hinteren Ecke, wo sie sich an einem Holztisch auf dem Boden niederließen. Die Wirtin tauchte auf, um sie nach ihren Wünschen zu fragen, und Miroku bestellte eine Tasse Tee und etwas zu Essen, während Keiryou um etwas Sake bat. Sobald sie verschwunden war, begann Keiryou: „Ihr seht aus, als habet ihr eine weite Reise hinter Euch. Woher kommt ihr?“ „Mein Letzter Aufenthalt war im Dorf Yamagata. Wart Ihr schon dort?“ „Ich? Nein, ich bleibe meist in dieser Gegend und ziehe wenig umher. Ich bin alt, meine Knochen vertragen das Reisen nicht sehr gut, fürchte ich. Doch ich hörte von Yamabe und dem Dämon, der dort sein Unwesen trieb. Ein anderer Dämon, das Haustier eines Mönchs, soll ihn besiegt haben.“ Miroku schluckte, denn die Bezeichnung Haustier weckte in ihm unangenehme Erinnerungen.
 

Dumusst mich nicht verstehen! Für dich bin ich ja nur ein Wesen, das du jederzeit für deine Zwecke benuzten kannst!
 

Er senkte den Blick und sagte leise: „Ich hörte davon.“ „Dann habt Ihr den Mönch nicht getroffen? Wie schade.“ „Warum schade?“ „Ich wuerde ihn gern fragen wie der dazu kommt, einen Dämonen an seiner Seite zu haben. Dämonen sind das Übelste, das es auf dieser Welt gibt. Ein Mönch und ein Dämon, das ist, als würde der Buddha selbst in die Dimension der Hölle hinabsteigen.“
 

Miroku blickte auf seine Hände, die er in seinem Schoß gefaltet hatte, und versuchte, seine Gefühle im Zaum zu halten. Du hast ja so Recht!, hätte er schreien mögen, Ein Mönch und ein Halbdämon ist die denkbar schlechteste Kombination die es geben kann. Warum nur habe ich dich nicht vor Inuyasha getroffen?

„Ja, ich verstehe es auch nicht, aber ich kam erst vor wenigen Tagen in das Dorf und da war er schon lange abgereist“, sagte er leise. „Dämonen sind wirklich eine Teufelsbrut. Aber wisst Ihr, was noch schlimmer ist?“

Miroku schüttelte den Kopf. Die Wirtin brachte die Getränke in Tonbechern, und Keiryou leerte seinen in einem Zug. Miroku nippte an seinem Tee.

„Wisst Ihr, was noch schlimmer ist?“, fragte Keiryou noch einmal. Miroku senkte den Becher kurz, und sagte: „Nein, aber ich bin mir sicher, Ihr werdet es mir erzählen.“ „Sicher“, erwiderte Keiryou. Miroku trank noch etwas von seinem Tee. Er wollte nicht all zu neugierig wirken, und außerdem stellte er jetzt fest, wie viel Durst er hatte. Wann mochte er das letzte mal etwas getrunken haben?

„Seht ihr diese Narbe?“, fragte der Mönch und deutete auf den roten Streifen in seinem Gesicht. Miroku nickte. „Nun, sie ist nicht das Werk von Waffen oder Menschen, sondern das eines Halbdämons.“

Der Becher entglitt seinen Händen und sein Inhalt verteilte sich über den Tisch.

„Sagtet Ihr Halbdämon?“
 

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Halloo!

Na, wie ist das Kapi? Ich finde es etwas kurz, aber dafür wird es spannend, nicht? Was glaubt ihr, passiert als nächstes?

Um nochmal auf das Adult-Kapitel zurückzukommen; NEIN, ich werde es keinem von euch per ENS oder sonstwie zukommen lassen. Würde ich das tun, hätte ich auch gleich nur das Adult-Kapitel hochladen können und es dann jedem, der mich danach fragt, zuschicken. Also, fragt bitte nicht weiter.
 

Oh, und danke für die vielen Kommis zu Kapitel 11 und 12, das freut mich echt riesig. Hoffe, es kommen auch ein paar zu diesem.
 

Jitsch*

Kapitel 十四・Hass

„Sagtet ihr Halbdämon?“

Keiryou fuhr sich mit der Hand über das vernarbte Gesicht und sagte: „Genau das. Wollt Ihr meine Geschichte hören? Sie ist nicht besonders aufmunternd, müsst ihr wissen.“ Miroku schloss die Augen und dachte einen Augenblick nach. Im Grunde sprach nichts dagegen, die Geschichte eines Menschen zu hören, der von einem Halbdämon verletzt worden war. Doch andererseits spürte er, dass diese Erzählung ihn wieder an Inuyasha erinnern würde, und wollte er das wirklich?

„Ich werde sie euch erzählen“, sagte Keiryou schließlich, ohne eine Antwort Mirokus noch länger abzuwarten, und senkte dann seine Stimme.
 

Einst war ich glücklich. Ich war als Sohn von Bauern in einem ärmlichen Dorf der Musashi-Region geboren, doch wir hatten immer genug zu essen und keine Angst vor Dämonen. Eine Miko schützte das Dorf vor ihnen, und ich hatte ein unbeschwertes Leben. Ich heiratete eine Frau aus dem Dorf und hatte drei Kinder mit ihr. Doch dann...

Eines Tages fiel die Miko einem Monster von Halbdämon zum Opfer.
 

Miroku hielt die Augen geschlossen, doch die Worte des Mannes wühlten sein Inneres auf wie ein Stein, der in den Boden eines klaren Flusses geworfen den Sand aufsteigen und das Wasser braun werden ließ. Der Dreck würde sich bald wieder gelegt haben und der Fluss, als sei nichts geschehen, dahinfließen, doch bei Miroku hatte es einen anderen Effekt. Das Wasser wurde aufgepeitscht von Sturm und Regen, und konnte nicht einfach wieder ruhig fließen. Er wartete, dass Keiryou seine Rede fortführte.
 

Von dem Tag an wurde alles anders. Der Halbdämon begann, uns zu terrorisieren. Es reichte ihm nicht, unseren einzigen Schutz getötet zu haben, sondern er schien uns alle ausrotten zu wollen. Es gab viele Opfer, doch ich und meine Familie waren eine lange Zeit verschont geblieben. Viele hatten Angst davor, die Arbeit auf ihren Feldern zu verrichten, doch wir brauchten die Erträge, um zu überleben.

Es war ein Tag kurz vor Beginn des Sommers, ich erinnere mich an jedes Detail als sei es gestern gewesen. Als wir auf die Reisfelder kamen, lag noch ein wenig Nebel über der Ebene. Meine Frau Sachiko, meine Kinder Yukio, Hanako und Tsukiko und ich machten uns an die beschwerliche Arbeit, die Reissamen zu pflanzen. Es würde mehrere Tage dauern und wir waren alle in Angst, dass der Halbdämon auftauchen könnte. Sachiko bewegte sich hastig, manchmal war sie so unaufmerksam, zwei Samen in ein Loch zu pflanzen oder glitt fast auf dem Boden aus. Die Kinder hielten sich so nah an uns wie möglich. Wir waren nicht die einzigen, auf jedem der Felder konnte man Bauern wie uns arbeiten sehen. Sie alle hatten Angst, wie wir, doch nichts geschah. Es wurde Mittag, und wir aßen in unseren Häusern. Sachiko kochte etwas Gemüse und Reis. Nach dem Essen kehrten wir sofort zurück zu unserer Arbeit. Meine Frau war nun ruhiger, da bisher nichts geschehen war, und auch ich glaubte, dass der Halbdämon heute vielleicht nicht kommen würde. Doch dann…

Ich hatte mich ein Stück von meiner Familie entfernt, und in dem Augenblick schlug er zu. Niemand hatte ihn kommen sehen, keiner auch nur irgendetwas geahnt. Ich konnte nur zusehen, wie sie von seinen Krallen getroffen zu Boden fielen. Ihr Blut benetzte die Erde. Sie hatten nicht einmal Zeit, zu schreien.
 

Miroku saß unverändert ruhig da, doch in seinem Inneren tobte ein Sturm. Er konnte fast das Blut sehen. Den Halbdämon, wie er in einer Blutlache dasaß und ihn anstarrte. Es war keine Vorstellung, es war eine Erinnerung. Sie stürzte auf ihn ein und füllte seinen ganzen Körper mit kaltem Schmerz. Er pochte in seinen Füßen, in seinem Bauch und in seinem Kopf, war wie glühendes Metall auf seiner Haut.
 

Dann griff er mich an. Ich spürte einen unglaublichen Schmerz und war bereit zu sterben, doch die Götter waren nicht so gnädig. Ich erwachte gut eine Woche später. Der Halbdämon hatte mich für tot gehalten, nachdem er mein Auge ausgeschlagen hatte und mein ganzes Gesicht voll von Blut war. An diesem Tag tötete er niemanden sonst, nur meine Familie. Ich hatte überlebt, dank der Heilkräfte unserer Miko. Als ich von all dem erfuhr, wünschte ich mir im ersten Augenblick, mit ihnen gestorben zu sein. Ich hatte von einem Tag auf den nächsten alles verloren, was mir je etwas bedeutet hatte.
 

Miroku schwieg, doch in Gedanken stellte er fest, dass ihm dieser Mönch ähnlich war. Er selbst hatte vor langer Zeit auch so viel verloren, und nun, erst in der letzten Nacht wieder. Seine Hände zitterten. Er drückte sie fest gegen seine Knie, dass es aufhören möge, doch das gelang ihm nicht. Keiryou schien das alles gar nicht zu bemerken. Hätte Miroku aufgesehen hätte er bemerkt, dass sein Gegenüber den Blick gesenkt hatte und mit all seiner Kraft gegen die ürberwältigenden Gefühle kämpfte, die die Erinnerung in ihm auslöste.
 

Ich hatte die Hoffnung aufgegeben, doch aus irgendeinem Grund war mein Körper da anderer Meinung, meine Wunde genas und schon bald war ich wieder gesund. Doch ich konnte einfach nicht im Dorf bleiben. Jeder Stein schien mich an das Schicksal meiner Familie zu erinnern. Ich war kurz davor, mich selbst zu töten, doch etwas hielt mich davon ab. Jemand hatte mich vor dem Tod bewahrt, und das musste ein Zeichen sein. So beschloss ich schließlich, ein Mönch zu werden. Die Lehren Buddhas bedeuteten mir Trost. Ich konnte leben. Mittlerweile habe ich mein Schicksal akzeptiert. Doch eines bleibt mir, und das ist der Hass auf Halbdämonen. Sollte ich je auf den treffen, der meine Familie auf dem Gewissen hat, so werde ich ihn mit meinem Horiki bekämpfen, bis er tot ist – oder ich.
 

Miroku schwieg still. Das alles verwirrte ihn, und auf der anderen Seite war es doch nur logisch. Natürlich hatte Inuyasha Menschena auf dem Gewissen. Er hatte es gewusst und ihn dennoch als seinen Begleiter akzeptiert. Er hatte einen großen Fehler gemacht, ihn überhaupt mitzunehmen. Er hätte die Dorfbewohner über ihn richten lassen sollen.

„Wie … ist der Name des Halbdämons?“, fragte er schließlich. Er wusste es schon längst, doch er wollte es noch einmal wissen. Von dem Mönch selbst hören. Keiryou sah ihn erstaunt an, doch dann nickte er. „Inuyasha“, sagte er. Seine Stimme war abwesend und tonlos, als wolle er so viel Abstand wie möglich zwischen sich und den Namen bringen.
 

In der erneut herrschenden drückenden Stille zwischen den beiden Mönchen kam die Wirtin, um Miroku sein Essen zu bringen. Es war eine Schüssel mit Reis, über das gedünstete Sojasprossen, Karotten und Lauch gestreut waren. Miroku begann langsam zu essen, während Keiryou noch einen Becher Sake bestellte. Als die Gemüsestücke und der warme Reis in seinem Mund verschwanden, dachte Miroku nach.

Gewiss, Inuyasha hatte das Dorf Yamagata von einem gefährlichen Dämon befreit, doch das mochte, genau wie die Tode der Bewohner von Kaedes Dorf, nur in einem unstillbaren Verlangen zum Töten begründet sein. Er hatte die Menschen Yamagatas nur nicht getötet, weil er Miroku und seiner Bannkette gefürchtet hatte. Nun, wo er wieder allein war, hatte er sicher erneut angefangen, wahllos zu töten. Und dem musste er ein Ende bereiten.
 

Als er seine Schale abstellte, sah er Keiryou an. „Ich werde euch helfen, Inuyasha zu finden und zu töten“, sagte er. Keiryou blickte ihn erstaunt an. „Das würdet Ihr tun?“, fragte er ungläubig. Miroku nickte. „Ich bin schon lange auf der Suche nach einem Dämonen, den ich toten will. Doch ich habe keinen Hinweis darauf, wo er sich aufhält. So werde ich Euch helfen.“ Keiryou verbeugte sich so weit, dass seine Stirn den Tisch berührte. „Ich danke Euch, Miroku-sama!“, sagte er mit zittriger Stimme. „Ich danke Euch wirklich!“ Miroku betrachtete ihn einen Augenblick, dann lächelte er schwach. Er würde wieder einen Partner haben, und er hatte nun ein Ziel vor Augen.
 

Miroku und Keiryou verließen die Stadt Kouhan am nächsten Tag, nachdem sie die Nacht in den Gästequartieren des Higashi-Ji verbracht hatten. „Wohin gehen wir nun?“, fragte Keiryou, „ich wüsste nicht, wo ich Inuyasha suchen sollte.“ Miroku schulterte seinen Stab und sah ihn aufmunternd an. „Dann habe ich Euch etwas voraus. Ich merkte doch gestern an, dass ich aus dem Dorf Yamagata kam. Es war reiner Zufall, denke ich, doch der Dämon in Begleitung des Mönchs, der dort war, war Inuyasha.“ „Wirklich? Warum hat Ihr das nicht gleich gesagt?“, stieß Keiryou aus. „Ich hielt es für nicht so wichtig. Aber nun ist es das. Ich weiß, dass er das Dorf verlassen hatte, kurz bevor ich dorhinkam, das heißt, er ist nicht mehr dort. Aber vielleicht können wir ihn in der Umgebung finden. Er muss jemandem aufgefallen sein!“
 

Doch wie sich herausstellte, hatte Miroku sich da verschätzt. Sie besuchten alle größeren und kleineren Dörfer um Yamagata, doch niemand hatte Inuyasha gesehen und es schien nicht, als habe er weitere Morde begangen. Während sie umherzogen, sprachen Miroku und Keiryou viel über die Lehren Buddhas und ihre Bedeutung. Keiryou war ein aufmerksamer Zuhörer. Als Miroku ihm seine Geschichte erzählte, nickte er verständnisvoll. „Ich hörte nie von einem Dämon namens Naraku, doch ich bin mir sicher, Ihr werdet ihn finden, wenn Ihr weiterhin sucht. Es kann doch nicht sein, dass niemand ihn kennt!“ „Ja“, erwiderte Miroku darauf, „es sei denn, Naraku war nicht sein wirklicher Name. Vielleicht aber gibt er sich jetzt auch einen anderen Namen, ich weiß es nicht. Wahrscheinlich werde ich ihn nie finden.“ „Wenn Ihr in fändet, was würdet Ihr dann tun?“, fragte Keiryou. Miroku sah auf zu den Baumwipfeln. „Darüber hab ich noch niemals nachgedacht. Ich denke, ich würde versuchen, ihn zu töten. Genau wie Ihr über Inuyasha sagtet, entweder stürbe er oder ich.“ Keiryou nickte nachdenklich.
 

„Miroku-sama, was glaubt Ihr? Werden wir Inuyasha jemals finden?“, fragte Keiryou eines Abends. Es war Herbst geworden und der Wind trug rote Ahornblätter mit sich, wenn er über die Berge wehte. Miroku und Keiryou waren in einem Dorf namens Sankyo eingekeht, das auf dem Rücken eines Berges lag. Sie saßen im Haus des Dorfältesten am Feuer und aßen. Auch hier hatte niemand etwas von Inuyasha bemerkt. Miroku sah müde ins Feuer. „Ich weiß es nicht, ehrlich gesagt. Es scheint, dass er sich nicht in dieser Gegend befindet, oder nicht? Vielleicht sollten wir an einem vollkommen anderen Ort suchen.“ „Aber Japan ist groß! Wo sollen wir beginnen?“ Miroku legte nachdenklich die Finger an sein Kinn. „Es heißt, ein Mörder kehrt immer wieder zum Ort des Verbrechens zurück, oder nicht? Vielleicht sollten wir einmal versuchen, ob er sich in Eurem Heimatdorf befindet. Es wäre das Letzte, was mir einfiele.“ Keiryou fuhr sich über seinen rasierten Schädel und meinte schließlich: „Also gut, wir können es versuchen.“
 

Sie waren fast zwei Wochen unterwegs, in denen sie nur Abends in einem Dorf Rast machten und um etwas Essen baten. Manchmal mussten sie im Freien übernachten, dann stellte Miroku seinen Bannkreis auf um sie vor eventuellen Angreifern zu schützen. „Euer Horiki ist bemerkenswert“, sagte Keiryou, als er ihn dies zum ersten mal tun sah. „Ich wäre nicht einmal in der Lage, einen Bannkreis die ganze Nacht aufrecht zu erhalten, wenn ich wach bliebe, und Ihr könnt sogar schlafen und er bleibt dennoch stark. Solltet ihr diesen Naraku jemals finden, werdet ihr ihn auf der Stelle toten können!“

Im letzten Licht des Tages kamen sie an den Dämonenwald, gekennzeichnet durch das goldene Leuchten des Miasmas. Miroku versuchte, sich an die Struktur des Tals zu erinnern und ihm fiel wieder ein, dass der Wald den Kessel im Norden abschloss. Wenn sie ihn durchquerten, würden sie zum Dorf kommen. Er und Keiryou blieben auf einer kleinen Ebene stehen, die von Gras bewachsen war und von der sie den ganzen Wald sehen konnten, doch nicht das Dorf, das dahinter lag. „Nun sind wir da“, bemerkte Keiryou. „Wenn er hier ist, dann befindet er sich im Wald“, stellte Miroku fest. Keryou machte einen Schritt nach vorne. „Ich werde sofort gehen. Wenn er hier ist, dann wird er noch heute Nach sterben!“ Miroku nickte und war ihm gerade zwei Schritte nachgegangen, als er stehenblieb und den Kopf hob. Es war den ganzen Tag klares, aber kühles Wetter gewesen, und jetzt hatten sich die Sterne an den Nachthimmel gestohlen. Doch etwas fehlte.
 

Es war Neumond.

Kapitel 十五・Sterne

Es war Neumond.
 

Miroku verharrte einen Augenblick, während Keiryou bereits am unteren Ende des Hanges angelangt war. „Wo bleibt Ihr, Miroku-sama!“, rief er anklagend hinauf. Der Angesprochene senkte den Kopf und blickte auf das Gras zu seinen Füßen, das sich leicht in einer für ihn unspürbaren Briese wiegte. „Es ist Neumond“, sagte er tonlos. Keiryou zuckte die Achseln. „Was bedeutet das?“, fragte er. Miroku antwortete nicht. Seine Gedanken trieben fort, in die kleine Hütte, wo er in jener Nacht Inuyashas Geheinmnis erfahren hatte. Er erinnerte sich an das Gefühl von Inuyashas Haar unter seinen Fingerkuppen. War es nun einen Monat her? Nein, es mussten zwei sein, so lange wie er verletzt gelegen hatte und dann auch noch mit Keiryou umhergezogen war. Er starrte auf seine Hände und bewegte die Finger, als müsse er sich überzeugen, dass sie sich noch bewegten. Erinnerungen überfluteten ihn, Erinnerungen daran, wie er Inuyashas Haut mit seinen Lippen berührt hatte, wie sie eins geworden waren...

Hör auf, an so etwas zu denken! Du bist hier, um ihn zu töten!, schalt er sich und kniff die Augen zu, um die Visionen loszuwerden. Die Erinnerung an Inuyashas Geruch, an sein Haar in seinen Händen, an sein aufgeregtes Stöhnen, an diesen ergebenen Blick.

„Miroku-sama, was ist los mit Euch?“, fragte Keiryou mit erhobener Stimme und schreckte den Mönch auf. Sein Begleiter stand direkt vor ihm und starrte ihn aus seinem gesunden Auge böse an. „Wir sollten jetzt sofort losgehen, meint Ihr nicht?“ Miroku wich zurück. Noch nie hatte er dieses Funkeln im Auge des anderen gesehen. Es jagte ihm Angst ein, fürchterliche Angst. Er hasste Inuyasha, und das konnte er ihm auch nicht verübeln. Er hatte seine ganze Familie auf dem Gewissen. Seine Frau, seine Kinder. Sein Glück.

Miroku senkte den Blick. „Verzeiht meine Unsicherheit. Ich...“

Auf einmal hielt er inne. Vor seinem Inneren Auge war das Bild Inuyashas aufgetaucht, mit blitzenden goldenen Augen inmitten einer Blutlache, und Blut an seinen Klauen. Dann segelte die Vision eines Inuyasha in seine Gedanken, der ihn aus braunen Augen verzweifelt ansah, als er klagte, dass Miroku ihn nur als ein Werkzeug ansähe.
 

„Nein...“, sagte Miroku auf einmal. Keiryous Augenbraue zuckte gefährlich nach Unten. „Was meint Ihr?“ „Wir sollten warten“, sagte Miroku, und ohne Keiryou Zeit für eine Reaktion zu geben, fuhr er fort: „Es ist Neumond, das sehe ich als ein schlechtes Zeichen. Zudem heißt das, dass es heute Nacht so dunkel ist wie es nur sein kann, und zwischen den Bäumen wird es uns extreme Probleme bereiten, unseren Weg zu finden. Inuyasha dagegen ist zur Hälfte ein Hundedämon, und Hunde haben ein sehr feines Gehör, was heißt dass er uns wahrscheinlich bemerken wird, bevor wir ihn gefunden haben. Und dann sind wir bereits den ganzen Tag ohne Pause gelaufen und deshalb müde und erschöpft, was unsere Chancen gegen ihn zu gewinnen nicht gerade erhöht.“ Er sah Keiryou an und atmete tief ein. Einen Augenblick wirkte Keiryou, als würde er im nächsten Augenblick seinen Stab erheben und ihn Miroku gegen den Kopf schlagen, doch dann schloss er das gesunde Auge und seufzte. „Ihr habt ja Recht...“, sagte er niedergeschlagen. Miroku lächelte schwach. „Lasst uns hier ein Lager aufschlagen und abwarten, zumindest bis die Sonne aufgeht.“
 

Nachdem Miroku seinen Bannkreis aufgestellt hatte, ließen sie sich auf dem bereits feuchten Gras nieder. Keiryou wickelte sein Gewand eng um seinen Körper und schlang die Arme um seine angewinkelten Beine. Miroku ließ sich neben ihm nieder, ein Bein locker auf dem Boden und das andere angewinkelt. „Eine Nacht...“, murmelte Keiryou tonlos. „Nur noch eine Nacht, dann werde ich endlich meine Ruhe finden...“ Miroku schloss die Augen und sagte gar nichts. Er ließ seine Gedanken über die schwarzen Baumwipfel treiben, die leicht im Licht des Miasmas schimmerten und wie eine schwarze Wand vor ihm aufragten. Die Sterne am Himmel blitzten ihm diesmal aufmunternd an. Die Sterne... sie waren immer gleich. Es waren dieselben Sterne wie in jener Nacht, als Inuyasha ihm das Leben vor diesem wildgewordenen Pferd gerettet hatte, dieselben Sterne wie an dem Abend, als er Inuyasha geküsst hatte, und auch als er gegen den Fledermausdämon gekämpft hatte, hatten sie ihm zugesehen. Verfolgt ihr mich?, fragte er in Gedanken. Oder begleitet ihr mich? Seid ihr hier, um mir zu helfen? Natürlich erhielt er keine Antwort. Er schlang seine Hände ineinander und seufzte leise. Er warf einen Seitenblick auf Keiryou, der die Augen geschlossen hatte. Doch er atmete zu schnell, um zu schlafen. Miroku betrachtete wieder den Wald, der ihn mit seiner Schwärze zu verschlucken schien.

Warum hatte er Keiryou gebeten zu warten?

Es ist ganz einfach, erklärte er sich im Geiste noch einmal selbst. Der Inuyasha, der sich jetzt in diesem Wald befindet ist nicht der, der Keiryous Familie getötet hat. Er ist unschuldig. Nur, wenn Keiryou den Halbdämonen Inuyasha tötet, ist das seine wahre Rache. Es wäre ein leichter Sieg heute Nacht, der ihn nicht mit Zufriedenheit erfüllen würde...

Er war so tief in seine Gedanken versunken, dass er nicht einmal bemerkte wie seine Hände in der Kälte der Nacht zu zittern begannen. Er schloss die ermüdeten Augen und Bilder von Inuyasha tauchten vor seinem inneren Auge auf. War es so einfach? War der menschliche Inuyasha gut, und der Halbdämon böse? Waren sie gleich? Wo lag der Unterschied zwischen den beiden Wesen? Gab es einen? War nicht nur die Erscheinung eine andere? Niemals. Der Halbdämon hätte sich mir niemals so... hingegeben, wie es Inuyasha getan hat. Sie sind verschieden, aber inwiefern?

Er spürte eine Berührung und bemerkte, dass Keiryou eingeschlafen und mit dem Kopf gegen seine Schulter gesunken hatte.

Just in dem Augenblick erinnerte er ihn unglaublich an jemand anderen... Kaede, die kleine Schwester Kikyous, die einen ebenso verbitterten Hass auf Inuyasha hegte, der ein Auge fehlte, und mit der er mehrere Tage gereist war. Er schob Keiryou von sich weg, so dass dieser auf den Boden sank. Er schnarchte leise auf. Angewidert rückte Miroku ein Stück von ihm weg. Er hatte Kaede nicht leiden können. Warum hatte er sich dann diesem Mann angeschlossen, wo sie sich doch so ähnlich waren?
 

Er ist wie ich. Er hat alles verloren.
 

War das die Wahrheit? Warum erschien es ihm wie eine Lüge? Was war falsch daran? Wussten die Sterne eine Antwort?
 

Erneut hob er den Kopf und blickte zu den fernen Lichtpunkten, Seelen lange verstorbener oder nur das geheimnisvolle Leuchten einer unbekannten Macht? Niemand konnte sie je erreichen, sie waren unendlich fern. Aber sie konnten ihm dennoch ihr Licht spenden. Seine Augen brannten in der kalten Nachtluft, doch er schloss sie nicht, denn dann hätte er die Verbindung zu ihnen unterbrochen, der Lichtern der Hoffnung. Und dann erschlug ihn die Erkenntnis mit all ihrer Macht. Eine Windbö fuhr ihm unter das Gewand und ließ ihn frösteln. Sie schien für einen Augenblick die Bäume des schwarzen Waldes von ihrem Standort zu reißen.
 

Er ist anders als ich. Ihm wurde alles aus den Händen gerissen, aber ich... ich stöße von mir, was ich habe. Ich habe meine Kräfte all die Jahre verleugnet, aus Angst. Ich habe mich von den Menschen ferngehalten, weil ich glaubte, ich dürfe nicht glücklich sein. Und nun habe ich Inuyasha von mir gestoßen... weil er mich küssen wollte... und ich ... ich habe ihn nicht nur ohne zu fragen geküsst, ich habe mit ihm geschlafen, von mir aus... Was habe ich getan?
 

Er stand mit einem Ruck auf. Sein Herz klopfte wild gegen seinen Brustkorb, aber er fühlte sich besser. Er griff nach seinem Stab und löste den Bannkreis, dann warf er einen Blick auf den am Boden liegenden schlafenden Keiryou. Er würde selbst zurechtkommen müssen. Aber in dieser Gegend war es sowieso nicht wahrscheinlich, dass er in der Nacht von einem Dämon angegriffen wurde. Miroku wandte sich zum Gehen, und er fühlte, dass die Sterne hinter ihm waren und ihn weitertrieben, hinein in den finsteren Wald, den Dämonenwald.
 

Es war still, unheimlich still. Kein Laut ertönte außer dem Kracken und Rascheln, das Mirokus Fortbewegung verursachte. Zwischen den Bäumen war es noch kühler als auf der Ebene, und eine klamme Angst legte sich über seine Gedanken. Was, wenn Inuyasha nicht hier war? Er hatte keinen Beweis, dass er wirklich hier war. Dennoch ging er weiter, unbeirrt, als wisse er den Weg.
 

Irgendwann blieb er stehen, mitten zwischen den dunklen Tannen, auf dem von trockenen Zweigen und Tannenzapfen bedeckten Boden, und schloss die Augen. Hatte er überhaupt eine Chance, Inuyasha in diesem unendlich scheinenden Forst zu finden? Inmitten der undurchdringlichen Finsternis? Und dank des Neumondes konnte er nicht einmal damit rechnen, dass Inuyasha ihn zuerst entdeckte. Ihm blieb keine andere Wahl... er musste rufen.
 

„Inuyasha!“
 

Die Stimme hallte zwischen den Bäumen wider und wurde von der Finsternis verschluckt. Hatte Inuyasha ihn gehört? War er nah genug? Oder schlief er gar?
 

„Inuyasha! Ich bin es, Miroku!“
 

Keine Antwort. Er presste die Augen zu, doch sie brannten vor Müdigkeit. Ich darf nicht einschlafen. Was auch passiert, morgen Früh wird Keiryou in den Wald kommen und Inuyasha suchen. Sein Horiki ist stärker als das der meisten Mönche, denen ich bisher begegnet bin, und noch dazu wird sein Hass auf Inuyasha ihm nicht erlauben, dass Inuyasha entkommt. Inuyasha könnte verlieren. Ich muss ihn finden und hier wegbringen!
 

„Inuyasha! Bitte antworte! Wo bist du?“
 

Er stolperte ein oder zwei Schritt vorwärts, bereit weiterzugehen, da drang auf einmal ein Laut an seine Ohren. In diesem Wald ungewöhnlich genug, um stehenzubleiben und in vollkommener Stille zu verharren, abzuwarten. „Miroku-sama...“ Es war Inuyashas Stimme, ganz eindeutig und ohne Zweifel! Miroku atmete tief ein, um die Aufregung zu unterdrücken, die ihn vielleicht zu einer Dummheit verleiten würde. Es war besser, wenn sich einer von ihnen bewegte, sonst verpassten sie sich. „Inuyasha, ich bin hier! Komm her! ... Bitte!“ Er lauschte und hörte das Knacken von Zweigen. „Miroku-sama, wo bist du?“ „Hier, Inuyasha, ich bin hier! Folge meiner Stimme!“ Die Geräusche kamen immer näher. „Miroku-sama“, sagte Inuyasha noch einmal, und diesmal war er ganz in seiner Nähe. „Inuyasha...“ Zwei Schritte, dann konnte Miroku die Silhouette Inuyashas im schwachen Licht des Miasmas über ihnen ausmachen. „Inuyasha!“ Er wartete nicht auf eine weitere Begrüßung, ließ seinen Stab klingelnd zu Boden fallen und umarmte den überraschten menschlichen Halbdämon. „Miroku-sama...!“, murmelte er erstaunt. Miroku drückte ihn fest an sich.
 

„Es tut mir leid. Ich werde nie wieder weglaufen!“, sagte er mit einem verzweifelten Tonfall. „Miroku-sama...“, flüsterte Inuyasha noch einmal vollkommen überrascht.

Kapitel 十六・Im letzten Licht des Tages

Miroku blickte sich immer wieder besorgt um, während er und Inuyasha sich zwischen den dicken Baumstämmen der hohen Pinien und Eichen hindurch weiter auf die Spitze des Higashi-Yamas zubewegten. Letzterer, noch immer in seiner Menschenform, ging voraus und sagte kein Wort, während Miroku hinterherkam. Es war noch immer ziemlich dunkel unter den Baumwipfeln, aber zumindest herrschte nun schon ein dunkelgraues Dämmerlicht, das nach und nach immer mehr Details von Blättern, Zweigen und Baumrinde offenbarte.

„Bald geht die Sonne auf“, stellte Miroku fest und blieb einen Augenblick mit dem Fuß auf einem bemoosten Stein stehen, von wo er einen Blick in das hinter ihm liegende Tal warf. „Hm“, brummte Inuyasha nur und stapfte weiter. Der Mönch warf noch einen Blick auf die Ebene mit dem dichten Wald, dem Fluss und den Feldern. All das war im Nebel des Morgens versunken, wie eine fremde Welt, in der die Schatten mehr waren als nur ein stummer Begleiter und in der das Mondlicht sich in der Luft wiederspiegelte, um alles in eine andere Welt zu zerren. Dort wäre nichts wahr und nichts falsch, ein Mensch nur eine Luftgestalt und jeder Gedanke wie eine Waffe...

„Wo bleibst du? Du hast doch selbst gesagt, wir sollen uns beeilen!“ Miroku riss sich sofort los und holte Inuyasha wieder ein, der in seinem roten Gewand trotz des schlechten Lichtes nicht schwer zu finden war. Ohne ein Wort ging er weiter, und Miroku hatte Schwierigkeiten, mit seinem Tempo mitzuhalten, doch auch er schwieg.
 

Als sie die höchste Stelle des Berges, eine kahle Stelle inmitten von Wald, erreichten, schlug ihnen das Licht der aufgehenden Sonne wie eine Wand entgegen. Geblendet blieb Miroku stehen und hob die Hand vor Augen. Das Licht drang dennoch durch seine geschlossenen Augenlieder und verursachte vor seinen Augen das Tanzen kleiner Lichtpunkte. „Na endlich“, hörte er Inuyasha sagen. Als er ein wenig blinzelte, schälte sich die Gestalt des Halbdämons mit seinem weißen Haar aus dem Licht und trat einen Schritt auf ihn zu. „Miroku-sama“, sagte er und verdeckte das ganze Licht, das die Sonne aussendete. Miroku machte einen Schritt zurück. Was hatte sein Gegenüber vor?
 

Es hatte sich überhaupt nichts verändert. Inuyashas bloße Anwesenheit machte ihn nervös und seine blitzenden Augen nahmen ihn wieder einmal unweigerlich gefangen. „Warum bist du weggelaufen?“, fragte Inuyasha mit rauer Stimme. Miroku wich noch einen Schritt zurück und schluckte. „Nun, das... Inuyasha, es hat einen Grund, aber...“ Er packte den Stab fester und wich Inuyashas forschendem, kalten Blick aus. „Ich kann es dir nicht sagen... weil... weil ich selbst nicht weiß, was eigentlich mit mir los ist. Bitte, gib mir Zeit!“ Er schwieg und wartete mit gesenktem Kopf auf eine Antwort Inuyashas, die jedoch mehrere unendlich scheinende Augenblicke ausblieb. Dann machte der Halbdämon einen Schritt auf ihn zu und legte ihm die Hand auf die Schulter. „Schon gut. Ich bin froh, dass du wieder da bist“, sagte er und drehte sich leicht von ihm weg. Miroku mochte sich irren, aber seine Augen schienen feucht zu schimmern...
 

Einen Augenblick standen sie schweigend im langsam vom morgendlichen Rot zu normaler Intensität wechselnden Licht der Sonne. Ein Sonnenaufgang. Ein neuer Tag ohne Schmerzen...?
 

„Inuyasha, es tut mir leid! Ich habe Keiryou den Weg...“, platzte es auf einmal aus Miroku heraus. Inuyasha fuhr zu ihm herum und seine Augenbrauen zogen sich gefährlich nach unten. „Wer ist Keiryou?“ Miroku schluckte schwer und gab dann leise zu: „Ein Mönch, der dich töten will. Ich habe ihn zum Dämonenwald geführt. Mittlerweile wird er bemerkt haben, dass ich fort bin, und sich dann vielleicht denken, dass ich dich gewarnt haben könnte. Wir müssen fort von hier!“

Inuyasha betrachtete ihn mehrere Augenblicke mit undeutbarer Miene, und Miroku rechnete mit dutzenden Fragen, oder zumindest mit einer oder zweien, doch er wendete sich nur in Richtung Sonne und begann, sich an den Abstieg ins Tal zu machen. „Du kannst mir die ganze Sache später genauer erzählen. Los, komm!“ Miroku blieb wie angewurzelt an seinem Platz inmitten des kleinen Grasfleckens stehen, als Inuyasha mit einem Winken leise im Gebüsch verschwand.
 

Er hatte ihm einfach so verziehen? Er war nicht wütend?
 

Langsam folgte er ihm zwischen die Sträucher und Farne, die den Erdboden grün tauchten und sich in ihren Weg legten.

Es war alles in Ordnung. Sie waren schließlich wieder vereint.
 

Sie waren schon vor Mittag im Tal angekommen, das jedoch bis auf eine Bauernhütte mit ein paar kargen Feldern unbewohnt war. Sie hatten die drei aus Holz gezimmerten Gebäude umgangen und waren in einen Wald gekommen, der sich über eine weite Ebene erstreckte. Nur im Westen konnte man in der Ferne ein paar Berge ausmachen, und selbst diese wurden die meiste Zeit von den Bäumen verdeckt. Sie gingen schweigend und in einem raschen Tempo. Nur einmal machten sie kurz an einem Fluss Rast um etwas von dem Wasser zu trinken, sich etwas zu erfrischen und einen Bissen von Mirokus letzten Vorräten an sich zu nehmen, dann gingen sie weiter.
 

Es war früher Abend, als sie zwischen den Bäumen hervortraten. Der Himmel im Osten war schon dunkelblau, im Westen dagegen zog sich das fliederne Band des Sonnenuntergangs breit über die Ebene. Der Berg, der genau in der Mitte wie eine graue Feste herausragte, teilte es in zwei Teile, zwei Stücke eines zerflossenen Rotes, das ein wenig am Himmel hinaufgeklettert war, sich jedoch langsam auflöste. Der Himmel war wolkenlos bis auf einen Fetzen, der auf der einen Seite von einem leuchtenden orangefarbenen Rand umgeben und ansonsten dunkelgrau war, und weit oben zeigte sich der erste Stern wie eine Perle. Der Mond war noch nicht zu sehen, und heute musste er sowieso eine fast unsichtbare Sichel sein. Vor ihnen erstreckte sich eine felsige Landschaft, die in Richtung der Berge langsam anstieg und in alle anderen Richtungen wieder in die Waldfläche überging. „Wohin gehen wir?“, fragte Miroku. „Einfach irgendwohin, oder hast du ein bestimmtes Ziel?“ Miroku schüttelte den Kopf und blickte nach Osten. „Nein, ich will einfach nur bei dir sein.“ Inuyasha lächelte ihn schwach an. Miroku fuhr bei diesem Anblick ein sanfter Schauer über den Rücken. Das war das erste mal, dass er Inuyasha hatte lächeln sehen...!

Er trat neben ihn und ergriff seine rechte Hand. Sie fühlte sich rau an und kalt an vom Abendwind, aber dennoch überflutete ihn die Berührung mit Wärme. „Inuyasha, ich... ich wollte nicht weglaufen. Ich...“ Doch weiter kam er nicht, denn ein lautes Knacken im Gebüsch ließ Inuyasha herumfahren, ihre Hände glitten auseinander und Miroku griff seinen Stab fester.
 

“Gefunden.“ Zwischen den Blättern schob sich ein kleines Wesen mit rotem Fell und spitzen, weiß endenden Ohren hervor. „Ein Fuchs...?“, fragte Miroku erstaunt. Inuyashas Miene verfinsterte sich, als langsam den Geruch in seine Nasenlöcher sog. „Kein normaler Fuchs“, sagte er, „Er hat etwas Dämonisches an sich.“ „Etwas dämonisches an sich?“, höhnte das Tier und kam ganz zwischen den Blättern zum Vorschein. „Ich bin ein Dämon...!“ Miroku wich zurück und hob seinen Stab, als das Wesen sich in eine menschliche Form transformierte. Ein Mann mit leuchtend rotem Haar und dem Zeichen eines Blattes auf der Stirn, spitzen Ohren und einer Rüstung aus solidem, im Sonnenlicht dunkelorange schimmerndem Metall über einem weißen Kimono. „Was willst du von uns?“, fragte Inuyasha und hob kampfbereit seine rechte, krallenbewehrte, Hand. „Ich bin hier, um mir etwas zu holen“, sagte der Fuchsdämon schlicht und zog ein Schwert aus der einfachen schwarzen Scheide die in seinem Gürtel steckte. Inuyasha stellte sich breitbeinig hin und höhnte: „Willst du mir etwas antun oder was?“ Der Dämon antwortete nicht, sondern ging zum Kampf über.
 

Mit einem Satz war er direkt vor Inuyasha, der sich duckte und gerade noch unter dem schnellen Schwertschlag hinwegtauchte, aber der Dämon griff wieder an und diesmal konnte Inuyasha nur noch seinen Arm in die Höhe reißen und die Klinge an seinem roten Gewand abfangen. Er machte einen Sprung in die Luft, doch der Fuchsämon war ebensoschnell und startete einen Schlag, der ihn in den Bauch getroffen hätte, wäre Inuyasha nicht daran vorbeigerauscht und hätte dem Dämonen seine Faust mit voller Wucht in den Magen gerammt. Beide schossen auseinander und landeten auf dem Boden. Das ganze hatte nicht mehr als wenige Sekunden gedauert. Inuyasha grinste den Dämonen an. „Hast du etwa gedacht, mit mir hättest du leichtes Spiel?“ „Nein, das war doch bisher noch kein Kampf. Du bist besser als ich dachte, aber Probleme wirst du mir nicht bereiten.“ Der Fuchsdämon entblößte seinen linken Unterarm. „Ich zeige dir, was wahre Schmerzen sind!“ Unter den entgeisterten Blicken von Inuyasha und Miroku zog er sein Schwert und riss es einmal über die Haut unter seinem Ellbogen. Grünes Blut troff aus der Wunde und blieb an der Klinge kleben, als er sie langsam hob, bis ihre Spitze direkt vor seinem Gesicht in den dunkler werdenden Himmel zeigte. „Spüre meine Fuchsmagie, du kleiner Bastard!“ Inuyasha folgte angespannt der Handbewegung des Dämons, der das Schwert nun direkt nach oben stieß. Doch mit dem Ergebnis hatte er nicht gerechnet.
 

Aus den Wolken schoss ein Blitz hervor, der ihn im Ausweichen am Bauch erwischte. Zu Mirokus Entsetzen riss er ein riesiges Loch in den roten Stoff und Inuyasha stieß einen gequälten Schrei aus. Der Fuchsdämon trat über ihn, als er mit den Händen auf die Wunde gepresst am Boden landete. „Tut das etwa weh?“, fragte der Dämon mit gespielt mitleidiger Miene. Inuyasha brachte kein Wort heraus, sein Gesicht war schmerzverzerrt und er sah nicht so aus, als könne er noch irgendeine Bewegung ausführen. Der Dämon lachte zufrieden. „Schon ausgeführt. Ein Schlag und ich bin der stärkste Dämon im Lande!“ Er hob sein Schwert und stieß es genau auf Inuyasha zu. Die Spitze war kurz vor dem Herzen des Halbdämons. Da wurde der Angreifer von einer unsichtbaren Kraft gepackt und mehrere Meter zurückgerissen. Das Schwert entglitt seiner Hand und landete knapp neben Inuyasha.
 

„Mi- roku...“, stammelte Inuyasha. Miroku schlang mit bitterem Gesichtsausdruck die Gebetskette wieder um seinen Arm und nahm seinen Stab in beide Hände. „Was denn, Mönchlein, willst du mich herausfordern?“, fragte der Fuchsdämon mitleidig und hob sein Schwert mit einem liebevollen Blick auf das Kalte Metall wieder auf. „Da bist du leider an den falschen Gegner geraten!“ Er riss das Schwert in die Luft und ein erneuter Blitz tauchte die Bäume am Waldrand für einen Augenblick in wildes Flackern.

Inuyasha kniff geblendet die Augen zusammen, doch als er sie wieder öffnete, entlockte ihm der Anblick ein erleichtertes Seufzen. Miroku stand vollkommen unversehrt da, die rechte Hand in die Luft erhoben. Der Fuchsdämon wich erstaunt zurück. „Wie hast du das gemacht?“, fauchte er. „Das ist mein kleines Geheimnis“, sagte Miroku und senkte seine Hand, um die Gebetskette erneut darumzuschlingen. „Aber sag mir erst einmal, was dich glauben machen lässt, dass du Inuyasha töte musst, um der mächtigste Dämon zu werden.“ „Das geht dich gar nichts an!“, schrie der Fuchsdämon und raste mit erhobenem Schwert auf ihn zu. Miroku blockte mit seinem Stab und schleuderte ihn ein paar Schritte nach hinten, doch er rannte sofort wieder los und versuchte es mit einem Sprung von halb oben. Miroku wich zur Seite aus und als der Gegner landete, schlug er ihm mit dem Stab gegen den Hinterkopf. Der Getroffene stolperte mehrere Schritte vorwärts und das Schwert fiel ihm aus der Hand, doch es gelang ihm stehenzubleiben und er drehte sich wutentbrannt zu Miroku um. „Misch dich nicht in meine Angelegenheiten ein!“, schrie er. Von einem Augenblick zum Nächsten war er wieder zu einem Fuchs geworden und mit gefletschten Zähnen auf Miroku zugesprungen. Er erwischte seine linke Hand. Miroku ließ den Stab fallen und schrie auf, während er versuchte, das Tier loszuwerden, das die Fangzähne tief in seine Haut geschlagen hatte. Schließlich gelang es ihm, es mit der rechten Hand am Kragen zu packen und von seinem blutüberschmierten Arm wegzureißen. Der Fuchs landete mit mehreren Überschlägen auf dem steinigen Boden und blieb dann einfach dort liegen.
 

„Inuyasha, was ist mit dir?“, fragte Miroku mit zusammengebissenen Zähnen. Der Halbdämon rollte auf den Bauch und presste noch immer die Hände auf die Wunde, allerdings gelang es ihm, zumindest auf die Knie zu kommen. Miroku wankte zu ihm und sank neben ihn. „Du kleines Biest“, murmelte Inuyasha mit gefletschten Zähnen in Richtung des wimmernden Fuchses. „Wenn ich mich bewegen könnte, würde ich...“ Der Fuchs hob langsam die Schnauze und kam auf die zittrigen Pfoten. Er fletschte die Zähne und stieß aus: „Ihr seid viel zu verletzt, um es mit mir aufzunehmen. Ich habe gewonnen!“ Er machte einen Schritt nach vorne, doch Miroku riss seine rechte Hand nach vorne und griff mit der zitternden linken nach der Gebetskette. „Ein Schritt – und du bist tot“, drohte er. Der Fuchs zögerte, aber seine Schnauze blieb von Wut verzerrt. „Warum willst du uns töten?“, fragte Miroku. „Ich bin euch keine Erklärung schuldig!“ „Stimmt, aber dann bin ich dir auch nicht schuldig, dich zu verschonen. Wenn ich diese Kette löse, wirst du in der Unendlichkeit verschwinden!“ Der Fuchs schwieg, dann hob er mit der Pfote ein Blatt auf, das auf dem Boden lag und verschwand in einer Rauchwolke. „Verdammt! Warte!“, schrie Inuyasha, doch der Fuchs war schon nicht mehr zu sehen. Inuyasha warf einen Blick zu Miroku, dessen Augen trüb in die Dunkelheit starrten. „Ich kann nicht mehr“, murmelte er und sank gegen Inuyashas Schulter. Der Halbdämon konnte ihn gerade noch stützen, aber dabei zuckte er vor Schmerz zusammen. Sie brauchten dringend Hilfe...

Kapitel十七 ・ Perle

Miroku erwachte, weil ihm kalt war. Er blinzelte mehrmals und machte in den Schatten über ihm Holzbalken aus, was ihn sehr verwirrte, ohne dass er im ersten Moment wusste, warum.

Über ihm war schweres dunkles Holz, das nach oben hin mit Querbalken versehen und mit Stroh gedeckt war. Er befand sich ganz ohne Zweifeln in einem Haus.

Er fröstelte leicht und hob die Hände, um sich über die Oberarme zu reiben, zuckte dabei aber vor Schmerz zusammen. Seine linke Hand war mit an manchen Stellen leicht blutigen Bandagen umwickelt und ein stechender Schmerz bewahrte ihn davor, die Finger zur Faust zu schließen. Langsam erinnerte er sich wieder an den Kampf mit dem Fuchsdämon, aber nachdem dieser geflohen war, konnte er sich an nichts mehr erinnern. Waren er und Inuyasha nicht zuletzt auf dieser Lichtung gewesen?

Mit der rechten Hand drückte er sich in eine sitzende Lage und überblickte seine Umgebung. Er war in einem kleinen quadratischen Raum, dessen einzige Tür dem Anschein nach nach draußen führte. Neben dem Bambusvorhang musste sie von außen mit Stoff verhängt sein, anders ließ sich die Dunkelheit in der Hütte kaum erklären, denn die Vogelstimmen, die gedämpft hereindrangen, sprachen dagegen, dass es noch Nacht war.

Als nächstes bemerkte er Inuyasha, der schräg neben ihm auf einer Strohmatte lag. Für einen schrecklichen Moment hielt er ihn für tot und stürzte entsetzt neben ihn, doch dann sah er, wie sich sein Brustkorb im stetigen Atemrhythmus hob und senkte, und stieß einen erleichterten Seufzer aus. „Jag mir doch nicht so einen Schrecken ein“, murmelte er und sah sich weiter im Raum um.

An den Wänden hingen Ackerwerkzeuge, ein paar getrocknete Fische und Kräuter, in einer Ecke lagerten ein paar Tongefäße. Außer ihnen beiden befand sich niemand im Raum. Am Grund der Feuerstelle fanden sich nur noch ein paar weiß gebrannte Aschestücke, aber sie waren noch leicht warm, also konnte das Feuer noch nicht lange aus sein.

Nachdem er alles im Raum in seinen Geist aufgenommen hatte, blickte er wieder zu Inuyasha. Dass ihm kalt war, hatte er mittlerweile vollkommen verdrängt.

Die Züge des Halbdämons waren ruhig und entspannt, also vollkommen untypisch für ihn. Das war wohl auch der Grund, dass er ihn für tot gehalten hatte. Wenn Miroku darüber nachdachte, hatte er Inuyasha zuvor noch nie schlafen gesehen, er hatte eigentlich immer Wache gehalten und selbst wenn er sich denn mal an einen Baum gelehnt und die Augen geschlossen hatte, hatte er sich nur einen leichten Halbschlaf erlaubt aus dem ihn jedes ungewöhnliche Geräusch aufschrecken konnte. Jetzt aber war er in tiefen Schlaf versunken. Miroku strich ihm am Kinn entlang und genoss die Gänsehaut, die die Berührung über seinen Arm jagte. Dass diese auch von der Kälte herrühren konnte, kam ihm nicht in den Sinn.

Inuyasha war so schön. Sein Haar glänzte selbst in den Schatten und seine ebenmäßigen Züge waren so anmutig, so anziehend...

Fast wie von selbst strich Miroku mit den Fingern seiner rechten Hand über eines der Hundeohren und beugte sich über den Halbdämon.

Ein leichtes Grummeln ließ ihn zurückschrecken und mit pochendem Herzen ein wenig von Inuyasha wegrutschen. Das Geträusch kam von seinem Magen. Miroku strich sich über den Bauch und versuchte sich zu erinnern, wann er das letzte mal etwas gegessen hatte, fand aber keine Antwort. Dann sah er wieder Inuyasha an und erschauderte, als ihm klar wurde, dass er gerade kurz davor gewesen war, über ihn herzufallen. Und er war doch sogar weggelaufen damals, als Inuyasha dasselbe mit ihm getan hatte. Müsste er es nicht verstehen?

Verwirrt fuhr er sich durch das Haar, aber ein erneutes Grummeln aus der Bauchgegend hielt ihn davon ab, genauer darüber nachzudenken. Jetzt musste er sehen, ob er an etwas zu Essen kommen konnte.

Als er den Vorhang vor der Hütte zur Seite schob, schlug ihm helles Tageslicht entgegen. Langsam und mit kleinen Glanzpunkten, die vor seinen Augen hin- und herschwirrten, betrachte er ein kleines Dorf, das auf allen Seiten von Wald umgeben schien. Es waren nur wenige Hütten, alle kaum größer als die, aus der er gerade kam, und auf den ersten Blick war keine Menschenseele zu erblicken.

Er schob die Vorhänge – vor dem Bambus hatte tatsächlich jemand noch einen Vorhang aus grobem Stoff aufgehängt – zur Seite und ging ein paar Schritte vorwärts. Als die Sonne ihn mit ihren warmen Strahlen im Gesicht traf merkte er erst, wie kalt es in der Hütte gewesen war und lächelte unwillkürlich.

„Einer ist aufgewacht!“, schrie auf einmal eine Jungenstimme. Im nächsten Augenblick sah sich Miroku vier oder Fünf Kindern in dreckigen Kimonos gegenüber, die aus großen Augen zu ihm hochsahen. „Welcher? Der Halbdämon?“, fragte eine Frauenstimme. Die Sprecherin erschien Miroku gegenüber zwischen zwei Häusern und begann zu grinsen, als sie ihn sah. Sofort kam sie auf den verwunderten Mönch zu, während die Kinder ihr fasziniert mit ihren Blicken folgten.

Die Frau hatte ein kantiges Gesicht mit einer knochigen Nase und scharfen Zügen, doch ihre Augen sprühten nur so vor Lebenslust und auf ihren dunklen Lippen lag ein breites Lächeln, das ihre kaum gelben Zähne entblößte. Sie trug einen leichten Kimono aus himmelblau gefärbter Baumwolle, der an den Säumen mit einem kunstvollen Wellenbuster versehen war. Ihre Hände und Füße jedoch steckten in einer Art Rüstung aus einem unbekannten Material.

„Ihr seid also zuerst aufgewacht. Das überrascht mich, ich hatte fest damit gerechnet, dass der Halbdämon zuerst zu sich kommen würde“, sagte sie und riss Miroku damit erstmal aus seinen Betrachtungen. „Wer seid Ihr?“, fragte er neugierig. Statt einer Antwort sagte die Frau erstmal zu den Kindern, die bewegungslos um sie herum verharrten: „Ich denke, der werte Mönch hat großen Hunger, also lauft schnell zu euren Eltern und holt ihm etwas, bitte!“ Die Kleinen verschwanden sofort wie eine Horde aufgescheuchter Hühner. „Lasst uns in Eure Hütte gehen“, sagte sie. Miroku hatte kaum eine Wahl, als ihr hinterherzutapsen.

Sie hatte schon die Hand gehoben um den Vorhang vor der Tür zur Seite zu schieben, als ihr seine Frage wieder einzufallen schien. „Ich heiße Shinju“, sagte sie, „Sehr erfreut, Euch kennenzulernen, Mönch.“ „Ebenfalls erfreut. Ich heiße Miroku. Der Name meines schlafenden Begleiters ist Inuyasha.“ Er war im Begriff, mehr zu sagen, aber da wurde neben ihm der Vorhang komplett heruntergerissen und ein etwas genervt dreinschauender Inuyasha kam zum Vorschein. „Wer hat gesagt ich schlafe?“, sagte er mit heruntergezogenen Augenbrauen. Miroku lächelte verschmitzt. „Bis eben hast du es noch.“ Inuyasha funkelte ihn kurz an und bemerkte dann die Frau. „Hast du was zu Essen für mich?“, fragte er sofort, „Ich sterbe vor Hunger!“ Miroku konnte nur den Kopf schütteln über so eine Begrüßung, aber andererseits konnte man von einem Halbdämon auch nicht unbedingt die besten Marnieren erwarten, wenn man monatelang mit ihm jenseits jeder Zivilisation umhergezogen war. „Das Essen kommt gleich“, sagte die Frau offen und, wie Miroku erstaunt bemerkte, ohne die geringste Zurückhaltung. „Du heißt Inuyasha, stimmt’s? Mein Name ist Shinju.“ Inuyasha betrachtete sie kurz aufmerksam, vielleicht verwunderte auch ihn ihre vollkommene Furchtlosigkeit, und schnüffelte dann in der Luft. „An dir klebt der Geruch von Dämonen“, sagte er, „Wenn auch nur ganz schwach. Selber bist du keiner, aber du hattest mit welchen zu tun.“ Ihr Lächeln wurde breiter und irgendwie fühlte sich Miroku ein wenig ausgeschlossen.

„Ja, ich habe einiges mit Dämonen zu tun, aber ich bin ein Mensch. Ich komme aus dem Dorf der Dämonenjäger.“ „Davon habe ich schon mal gehört“, ergriff Miroku die Gelegenheit, auch etwas zum Gespräch beitragen zu können, „Alle Bewohner sind auf den Kampf und die Vernichtung von Dämonen spezialisiert. Aber ich hätte nicht gedacht, dass auch Frauen dabei sind.“ Sie lachte leise und hell auf, dann fragte sie: „Wie stellt ihr euch ein ganzes Dorf ohne Frauen vor?“ „Heh, sie hat Recht“, sagte Inuyasha amüsiert und verschränkte die Arme. Miroku funkelte ihn böse an und wechselte dann verlegen auf ein anderes Thema: „Habt Ihr uns hierhergebracht, Shinju-sama?“ Er fühlte sich wie ein Tölpel.

Shinju wollte gerade ansetzen etwas zu sagen, als Kindergeschrei ertönte. „Tante Shinju, wir haben was zu Essen!“ Die vier Kinder von eben in Begleitung zwei weiterer brachten ein paar Schüsseln und Schalen herbei, lediglich das Kleinste von ihnen trug nichts und wuselte nur an seinem Daumen nuckelnd hinter den anderen her. „Ah, vielen Dank! Bringt ihr es eben rein?“ Die Frau trat durch die Tür und griff nach ein paar Holzscheiten in der Ecke, um sich um das Feuer zu kümmern, während die Kinder sich um sie herumdrängten.

Miroku sah Inuyasha an, der seinen Blick stumm erwiderte. „Ist mit dir alles in Ordnung?“, fragte Miroku, „Die Attacke von dem Dämon hat dich schließlich voll getroffen!“ „Ich bin ein Halbdämon, da verheilt auch sowas in wenigen Tagen. Ich spüre es ja schon nicht mehr“, kam die leichtfertige Antwort. „Ich bin auch soweit okay. Gut, dass uns jemand gefunden hat“, sagte Miroku. Sie wechselten einen kurzen Blick und Miroku wusste, dass Inuyasha noch immer auf ein paar Antworten wartete. Aber er sah auch, dass sie beide ihren aktuellen Standort nicht für geeignet dafür hielten, und außerdem hatten sie Hunger. „Miroku-sama, Inuyasha-sama, kommt her und esst!“, hörten sie Shinju von drinnen rufen. Inuyasha war natürlich sofort im Gebäude verschwunden, während Miroku noch leise seufzte. Gerettet waren sie, jetzt mussten sie aber immer noch miteinander ins Reine kommen.
 

Als sie mit dem Essen langsam zum Ende kamen, schickte Shinju die Kinder davon, die die meiste Zeit nur staunend zugesehen hatten, wie schnell Inuyasha all das Essen in sich hineinschaufelte. Miroku hatte es etwas langsamer angehen lassen, aber auch er konnte sagen, eine ganze Menge geschafft zu haben, als Shinju die Schalen beiseite räumte und sich den beiden auf der anderen Seite des kleinen Feuers gegenüberhockte. „Erzählt“, sagte sie neugierig. Miroku sah Inuyasha kurz an, der nur mit den Achseln zuckte. Also übernahm es der Mönch, ihr kurz zu schildern, wie sie auf den Fuchsdämon getroffen waren und gegen ihn gekämpft hatten. Dann fragte er: „Ihr habt uns gefunden, nicht wahr?“ „Ja. Es war kurz nach Einbruch der Nacht und ich war unterwegs zu einer Mission, zu der man mich gerufen hatte, da witterte Kirara den Geruch von Dämonen. Kirara ist mein Begleiter, eine Dämonenkatze. Im Moment müsste sie mit den Kindern spielen... Als ich an eine Lichtung kam, waren keine Dämonen dort, nur Ihr beide. Da ihr verletzt wart und euch nicht rührtet, lud ich euch auf Kiararas Rücken und brachte euch hier ins Dorf. Ich musste den Leuten versprechen, solange hierzubleiben, bis ihr wieder abreist. Ich glaube, die meisten hatten Angst vor Inuyasha. Ihr habt den ganzen letzten Tag durchgeschlafen und auch noch die Nacht.“

Miroku erstaunte dieser lange Schlaf recht wenig, wenn er darüber nachdachte. Seit er mit Keiryou am Tag an dem sie abends an den Dämonenwald gekommen waren aufgebrochen war, hatte er nicht mehr geschlafen, und Inuyasha musste es ähnlich gehen, denn er nickte leicht.

„Was mir Sorgen bereitet ist dieser Fuchsdämon. Normalerweise tauchen diese naemlich nur weiter im Norden auf. Auch diese Bemerkung, dass er wie er sagte, zum stärksten Dämon würde... Da muss mehr hinterstecken“, sagte Shinju und strich mit der Hand über den Stoff ihres Kimonos. „Das habe ich mir auch gedacht...“, murmelte Miroku. „Für mich klang es so, als wollte der mich umbringen und dafür bekäme er dann Kraft. Da ich keine habe, die man einfach so an sich nehmen kann muss ihm jemand welche versprochen haben“, meldete sich Inuyasha abfällig zu Wort. Miroku überraschte es, dass Inuyasha gleich so eine Vermutung äußerte, aber sie klang allemal realistisch. „Solange wir nicht wissen, wer das war, können wir aber nichts unternehmen“, sagte er nach einem langen Schweigen. Shinju nickte. „Aber wir sollten auf der Hut sein. Wenn der Kerl mich tot sehen will, versucht er es nochmal“, erklärte Inuyasha. „Mir fielen sogar mehrere ein, die dich tot sehen wollen“, sagte Miroku nachdenklich, „aber sie scheinen mir alle nicht der Typ zu sein, mit Dämonen zu paktieren.“ Sie versanken alle drei für einige Zeit wieder in tiefer Grübelei. Schließlich stand Shinju auf. „Da ihr jetzt beide gestärkt und fit seid, könntet ihr eigentlich das Dorf verlassen, nicht wahr? Ich bin mit meiner Reise schon zwei Tage aufgehalten worden...“ „Oh, natürlich“, nickte Miroku und stand ebenfalls auf. Inuyasha ging schon zur Tür. „Na dann, auf geht’s!“, meinte er und verschwand nach draußen.

Shinju lächelte Miroku an. „Ich habe selten einen Halbdämon erlebt, de so munter wirkt. Die meisten sind sehr einsam und dementsprechend missmutig, oder aber sehr aggressiv gegenüber allem und jedem. Ich weiß nichts über euch beide, aber ich denke, dass das etwas mit Eurer Gegenwart zu tun hat, Miroku-sama.“ Miroku bedankte sich schlicht für diese Vermutung, weil er nicht wirklich wusste, was er davon halten sollte. Hatte er Inuyasha verändert? Hatte der nicht vielmehr ihn verändert?

Er schob die Gedanken beiseite. „Bevor wir uns hier trennen, Shinju-sama, habe ich noch eine Frage. Ihr als Dämonenjägerin könntet vielleicht eine Antwort haben. Hörtet ihr jemals von einem Dämon namens Naraku?“ Sie schien eine Weile zu überlegen, dann sagte sie: „Ja, aber es ist schon lange her. Vor etwa zehn Jahren, als ich noch zu jung war um selbst zu kämpfen, versuchte ein solcher Dämon den Shikon no Tama aus unserem Dorf zu stehlen, scheiterte jedoch knapp. Damals gaben wir ihn in die Hände der Miko Kikyou, damit sie ihn vor Naraku und anderen Dämonen beschützen konnte. Ich weiß nicht, was aus Naraku geworden ist, aber ich hörte die Miko sei umgekommen und das Juwel mit ihr aus dieser Welt verschwunden.“ „Davon habe ich auch gehört“, sagte Miroku abwesend und nachdenklich.

Shinju lächelte ihn kurz an und verließ dann die Hütte, um nach Kiarara zu rufen. Als Miroku nach draußen kam, hüpfte ein kleines Kätzchen mit einem dreigeteilten Schwanz und großen, roten Augen auf sie zu und auf ihre Schulter. Die Kinder drängten sich um sie, um das Wesen noch einmal zu streicheln, und Shinju lächelte sie alle freundlich an, während dreckige Finger immer wieder durch das samtig goldene Fell strichen. Inuyasha stand stumm und mit verschränkten Armen ein wenig davon entfernt und sah auf, als Miroku neben ihn trat. „Gehen wir?“, fragte der Mönch. Inuyasha nickte und wandte sich augenblicklich zum Gehen, so dass Miroku im Ersten Augenblick Probleme hatte, ihn wieder einzuholen. Wortlos verschwanden sie im Wald. Als Miroku noch einen Blick zurückwarf, hatte sich Shinju ihres Kimonos entledigt, unter dem sie einen schwarzen Anzug mit blauen Rüstungsteilen an den wichtigsten Stellen trug, und hatte sich auf den Rücken ihrer Dämonenkatze geschwungen. Diese hatte in ihrer normalen Form eine Größe, die einen Bären überragte und lange, gefährlich wirkende Zähne, vor denen die Kinder lieber zurückwichen. Um die Fesseln des dämonischen Wesens flammte Feuer auf und dann sprang es in die Luft, während seine Reiterin zum Abschiedsgruß noch einmal den rechten Arm hob.

Miroku drehte sich wieder zu Inuyasha und konnte hinter sich den Jubel der Kinder hören, aber er nahm es gar nicht richtig wahr. Es schien nur ihm gerade wie Magie, dass er wieder mit Inuyasha zusammen waren, sie durch einen Wald liefen der kein Ende kannte und wo die Staubteilchen an lichten Stellen wie Sternenstaub in der Luft zwischen den Zweigen tanzten.
 

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Tschuldigung wenn ich nach diesem schicken Ende noch was sagen muss...
 

Ich entschuldige mich viel, viel, wirklich vielmals fuer die lange Wartezeit. in den letzten Tagen hatte ich einfach viel zu viel zu tun die Manga-Abgabedaten fuer meinen Club einzuhalten und nebenbei noch ein Abschiedsgeschenk fuer meine schwedische Mit-Austauschschuelerin zu machen und dann hat das neue Schuljahr hier gerade angefangen und mich unter dem ganzen Lernstoff fast erdrueckt. Trotzdem haette ich schneller sein koennen, vor allem da dieses kapitel schon vor zwei Wochen so gut wie fertig war... Also, es tut mir leid. Ich kann leider nicht versprechen, dass es mit den naechsten Kapiteln schneller gehen wird, aber ich hoffe zumindest nicht wieder zwei Monate zu brauchen (oder war es in diesem Fall sogar noch laenger?).

Was mich wirklich freut ist, dass ich ein paar Stammleser dazugewonnen habe. Das ist super!! Bitte, empfehlt die Fanfic auch anderen Leuten weiter, wenn ihr sie gut findet, ja? *lieb schau*

So, noch zu diesem Kapitel ganz kurz, falls sich jemand fragen sollte, was der Titel mit dem Rest zu tun hat. Ist ganz einfach; der Name der Daemonenjaegerin Shinju bedeutet nichts anderes als "Perle". Den Namen habe ich gewaehlt, weil er irgendwo mit Sango ("Koralle") in eine Reihe passt. Sonst hat der Titel nicht viel zu sagen. Von jetzt an wird es hoffentlich mit der Story und vor allem der Beziehung der beiden Jungs etwas weitergehen, da ich das Kapitel noch nichtmal angefangen habe (entschuldigung ^^") weiss ich das auch noch nicht so genau. Lasst euch ueberraschen!!
 

Jitsch*

Kapitel 十八・Schicksal

Im Wald war es still, sobald sie sich ein wenig vom Dorf entfernt hatten. Die Bäume gaben nur hin und wieder ein leises Rascheln von sich. Das Tschilpen der Vögel klang fern und drang nur unterbewusst in die stetige Bewegung der Natur um sie herum, von denen sie so gut wie nichts mitbekamen und die doch irgendwo stattfand. Miroku passte sich an, und schwieg. Er wollte einfach nur noch einen Augenblick genießen, wie die Waldluft in seine Lungen strömte, den ruhigen Moment neben Inuyasha auskosten, bevor sie sich endlich dem stellten, was sie vor nun mehren Wochen auseinandergerissen hatte... Aber noch nicht. Nur noch ein bisschen, die Zweige durch das Geflecht seiner Sandalen spürend, einen leichten Wind, der an seinen Ärmeln zupfte und die goldenen Ringe an seinem Bettelstab bewegte. Einfach abwarten...
 

Miroku hatte den Überblick über die vergangene Zeit verloren, als Inuyasha einfach stehenblieb. Der Mönch bemerkte es anfangs gar nicht und hielt erst inne, als Inuyasha seine Stimme erhob: „Bleib gefälligst stehen!“ Miroku folgte der Aufforderung und drehte sich langsam um. Inuyasha hatte die Arme verschränkt und starrte ihn unzufrieden an. „Wie lange willst du eigentlich noch warten?“, fragte er hart. Miroku senkte den Kopf. „Ich wollte noch...“ Inuyasha trat auf ihn zu, packte ihn unsanft am linken Arm und drückte ihm den gegen den Oberkörper. „Hah, was wolltest du? Es totschweigen? Du hast die dämliche Angewohnheit, alles herauszuzögern, Mönch“, blaffte ihn sein Gegenüber an. Miroku wollte zurückweichen, aber da war immer noch Inuyashas Hand, die ihn festhielt. „Ich... jetzt werde doch nicht gleich so wütend, Inuyasha...“, stammelte er. Inuyasha sah ihn mit zusammengekniffenen Augen an und drängte ihn dann so plötzlich rückwärts, dass er zu fallen drohte.

Sein Stab rutschte ihm aus der Rechten und landete mit einem schwachen Kracken auf heruntergefallenen Zweigen am Boden. „I- Inuyasha.. du machst mir Angst...“, stammelte er erschrocken. Der Rotgewandete ignorierte ihn und drückte ihn unsanft gegen einen Baum. „Letztes Mal bist du schon einfach ohne eine Erklärung abgehauen. Dann sag mir jetzt, woran ich bin. Danach lass ich dich in Ruhe, wenn du willst.“ Ein fast verzweifelter Unterton in Inuyashas Stimme ließ den Mönch aufhorchen und ihn ansehen. Sein Gegenüber wich dem Blick aus und starrte zur Seite. „Los, sag’s mir, klar und deutlich. Ich hab dir gesagt, dass ich dich liebe. Das hat sich nicht geändert, verdammt.“ Miroku lief ein Schauer über den Rücken, von dem er nicht recht sagen konnte, ob er davon kam dass Inuyasha ihm Angst machte oder von seinen klaren Worten. Er war vollkommen auf der Suche nach Worten und fand keine, seine Lippen öffneten sich mehrmals wieder, aber es gab nichts, was er zu sagen wusste. Was hatte er sich eigentlich gedacht? Er hatte die ganze Zeit gewusst, dass Inuyasha eine Antwort haben wollte, aber er hatte keine Ahnung, was er sagen wollte, egal wie sehr er darüber nachdachte. „Ich mache es dir einfach. Du musst einfach nur mit ja oder nein antworten“, sagte Inuyasha auf einmal. Er hatte seinen Kopf weggedreht, schielte aber zu ihm und Miroku wich dem Blick eiligst aus und betrachtete die Rinde des Baumes rechts von ihm. Er schluckte und wartete ab.

„Es ist ganz einfach. Wenn wir weiter zusammenbleiben, werde ich mich nicht zurückhalten. Ich liebe dich, aber nur bei dir zu sein reicht mir nicht. Ich will dich ganz.“

Miroku konnte nicht anders, als bei diesen Worten aufzusehen. Ihre Blicke begegneten sich, aber nur für einen kurzen Augenblick, dann unterbrach Inuyasha die Verbindung wieder. „Also, wenn du damit nicht klarkommst, dann geh. Ich halte dich nicht auf.“ Auf einmal war der Druck weg. Inuyasha ließ seine Hand los und trat ein Stück zurück. Miroku starrte auf seine Hand, die ihn bis eben noch so hart gepackt hatte. Inuyashas Finger zuckten leicht, aber er machte keine Anstalten sich zu rühren. Stand einfach mit gesenktem Kopf da und wartete ab.

Miroku musste tief einatmen. Er durfte jetzt nichts überstürzt antworten, sonst würde er am Ende nur wieder einsehen, dass er mal wieder alles falsch gemacht hatte. „Denk nicht nach. Sag einfach, was du willst“, meinte Inuyasha finster. „Du denkst zuviel nach“, fügte er hinzu, „und am Ende landest du dann immer genau da, wo du eigentlich überhaupt nicht hinwolltest. Sieh mich einfach an und sag mir, ob du...“

Miroku folge der Aufforderung. Wieder trafen sich ihre Blicke und auf einmal war er wieder gefangen. In diesen goldenen Augen. Er blieb an ihnen hängen und wie sehr er es auch gewollt hätte, er konnte sich nicht mehr davon lösen.
 

Und da merkte er, dass es sinnlos war. Er hatte versucht, sich mit seinem Verstand dagegen zu wehren, weil sie zu verschieden waren, weil er Angst hatte, weil es zu unglaublich war, als dass man es einfach zugeben konnte, und trotzdem, egal was er auch getan hatte, sein Weg hatte ihn wieder zu Inuyasha gelenkt, unweigerlich war er immer wieder aufgebrochen ihn zu suchen und hatte ihn gefunden, und das hieß, dass es keinen Sinn hatte. Er konnte sich nicht gegen das wehren, was mit ihm geschah, gerade dieser Augenblick war der beste Beweis. Er war vollkommen bewegungsunfähig, doch tief in seinem Inneren regte sich ein Impuls, der stärker war als sein Verstand. Bisher hatte er sich bemüht, ihn zu unterdrücken, wenn er Inuyasha ansah, aber auf einmal merkte er, dass das Unsinn war. Wenn er nicht tat, was er wollte, würde er nie glücklich werden. Das Beste war, dem einfach nachzugeben. Und sich einfach nur treiben zu lassen.
 

Er schlang seine Arme um Inuyashas Nacken und küsste ihn auf den Mund. Sobald der Halbämon die Situation realisiert hatte, begann er, zurückzuküssen. Es geschah einfach so mit ihm. Mit ihnen Beiden. Zuerst ließen sie nur forschend ihre Lippen aufeinandertreffen und trennten sich dann wieder, doch mit jedem Mal dass sie ihre Lippen wieder aufeinanderdrückten wurde ihr Kuss tiefer, und verlangender. Es war anders, anders als alles Bisherige. Es war einfach nur berauschend. Jeder Augenblick schrie nach dem nächsten und sie konnten nicht aufhören, hatten keine Kontrolle mehr darüber, was mit ihnen geschah, keiner von ihnen.
 

Miroku schob seine Hand an Inuyashas Hals entlang und unter den Stoff seines Gewandes. Inuyashas starke Hände waren an seinem Rücken und fuhren über seine Wirbelsäule. Miroku schob Inuyashas Gewand zur Seite. Er begann, den Knoten zu lösen, der das Gewand zusammenhielt.

Ein leises Kichern ließ die beiden Männer auffahren. Miroku fuhr erschrocken einen Schritt zurück, als er jemanden hinter Inuyasha erblickte. Der schoss selbst alarmiert herum. Vor ihnen stand mit verschränkten Händen ein Mann in einem leichten, dunkelblauen Gewand ohne Muster. Seine Haut war hell, fast weiß, und seine Augen eng geschnitten. Das einzige, woran man klar sehen konnte, dass er nicht menschlich war, waren seine spitz geformten Ohren. „Ein Dämon!“, stieß Inuyasha aus und rueckte dabei sein Gewand wieder zurecht. Dieser verzog seinen Mund zu einem breiten Lächeln und kicherte ein liebloses, hohes Kichern. „Ich hatte nicht die Absicht, eure Spielereien zu unterbrechen, doch gleichzeitig möchte ich keine Zeit verschwenden...“ „Was willst du?“, fragte Inuyasha ungehalten und zückte seine Krallen. Der Dämon seufzte, machte zwei Schritte zurück und bückte sich. „Ver-“ Miroku schoss nach vorn, doch er war zu spät. Der Dämon hatte seinen vorhin dort gelandeten Bettelstab bereits vom Waldgrund aufgehoben und betrachtete ihn interessiert. „Eine schöne Waffe“, sagte er. Miroku trat wieder einen Schritt zurück auf eine Höhe mit Inuyasha. „Kann er damit was anfangen?“, fragte Inuyasha leise. „Ich weiß nicht. Wenn er so etwas wie Hou-riki benutzen kann...“, knirschte er.

„Oh, verzeiht, ich vergaß mich vorzustellen“, sagte der Dämon auf einmal. „Mein Name ist Tsumemaru.“ Inuyasha fluchte: „Was interessiert mich dein Name!? Rück lieber raus, was du von uns willst und vor allem warum!“ Tsumemaru kicherte und sagte freundlich: „Sehr gern, Inuyasha.“ Der Halbdämon schrak zurück. „Erschreckt es dich, dass ich deinen Namen kenne? Das sollte es nicht. Dein Vater ist in unseren Kreisen weit bekannt... Doch das ist nicht der Punkt. Es gibt Gerüchte, dass derjenige, der dich und deinen Begleiter kampfunfähig macht, einen Gegenstand von ungeheurer Macht erhalten solle!“ Miroku und Inuyasha sahen sich an. „Von wem?“, fragte Miroku. „Das weiß niemand so recht. Es gibt Gerüchte, dass es sich dabei um einen bisher im Lande unbekannten, mächtigen Dämon handele. Doch das ist nicht wichtig. Wichtig ist der Lohn!“ „Keh. Und du glaubst irgendso ein Gerücht ohne dass du eine Ahnung hast, für wen du das machst?“ Der Dämon senkte den Kopf. „In erster Linie für mich. Macht ist das, was sich jeder Dämon wünscht!“ „Du hast nicht enmal einen Beweis, dass du den Gegenstand wirklich bekommen wirst“, merkte Miroku an. „Mag sein. Aber auch so ist es um einen Halbling wie ihn nicht schade“, grinste ihr Gegner und deutete auf Inuyasha. „So etwas wie dich wollte ich schon immer einmal zerreißen!“ „Versuch’s doch“, schimpfte Inuyasha aufgebracht. Tsumemaru lächelte kalt. „Dem komme ich nur zu gern nach.“

Inuyasha machte mit gezückten Krallen einen Satz auf ihn zu. Nicht schnell genug. Tsumemaru riss den Stab Mirokus nach vorn, seine Lippen bewegten sich stumm und er rammte den Griff in den Boden. Inuyasha schrie auf, als er an einer unsichtbaren Wand abprallte und ein paar Meter zurückgeschleudert wurde. Er kam sofort wieder auf die Beine und riss den Kopf nach oben. Miroku stand ein paar Meter von ihm weg und blickte auf den zufrieden grinsenden Tsumemaru. „Ich war gerade noch schnell genug“, murmelte er. Dann blickte er zu Inuyasha. „Was hat das zu bedeuten!?“, stieß dieser aus. „Nur ein Bannkreis“, kicherte Tsumemaru. „Das macht es mir leichter, euch nacheinander zu erledigen.“ Miroku machte ein paar vorsichtige Schritte in seine Richtung und griff in sein Gewand. Tsumemaru sprang bereits vor seine Füße und erhob seine rechte Hand zum Angriff. Miroku riss einen Bannzettel hervor und schlug ihm den gegen die Brust, doch Tsumemaru zuckte nur ein Stück zurück. „So etwas wirkt bei mir nicht“, erklärte er höhnisch.

„Mirokuu!“ Im Angesicht seines Gegners konnte er es nicht riskieren, sich herumzudrehen, aber Miroku hörte, wie Inuyasha aufschrie, als er erneut gegen die Barriere prallte. Er selbst hatte größere Probleme. Mit einem Sprung setzte er zur Seite, doch Tsumemaru war fast schneller und schnitt ihm den Weg ab. Miroku fuhr herum und rannte in eine andere Richtung, doch auch diesmal landete der Dämon blitzschnell vor ihm. „Mirokuuu!“, ertönte Inuyashas verzweifelter Ruf, doch er war hilflos. Miroku fuhr herum. Er müsste nur den Stab wieder aus der Erde ziehen und damit den Bannkreis auflösen...! Er setzte vorwärts, fand jedoch seinen Weg erneut abgeschnitten. „Dein Hündchen wird dir nicht helfen, Mönch“, sagte er finster und hob seine rechte Hand. Seine Fingernägel färbten sich schwarz und schossen zu einer Länge von mehren Zentimertern hervor. Miroku riss seinen Körper mit ganzer Kraft zur Seite, doch er konnte nicht verhindern, dass die Krallen an seinem rechten Arm entlangstreiften und ein dünnes Rinnsal Blut hinterließen. Er sprang rückwärts und suchte fieberhaft nach einer Idee, wie sie sich aus dieser Situation ziehen könnten. Doch ihm bleib gar keine Zeit, schon musste er einen verzweifelten Satz zur Seite machen um auszuweichen, und diesmal hatte er sich so unglücklich bewegt, dass er auf dem Boden landete. Als Tsumemaru seine Krallen auf ihn herabstieß, konnte er gerade noch herumrollen. Flugs kam er wieder auf die Beine, doch er hatte keine Zeit mehr, dem neuen Angriff zu entkommen. Die schwarzen Krallen gruben sich in seinen verzweifelt zum Schutz emporgerissenen linken Arm.

„Jetzt hab’ ich dich, Mönch“, zischte der Dämon und hob seine rechte Hand zum Angriff. „Mirokuuu!“ Inuyashas Verzweifelter Schrei, gefolgt von einem Plumpsen als er erneut gegen die Wand prallte und zurückgeschleudert wurde. Die Krallen schossen bereits auf ihn zu. Er musste etwas tun. Und er musste es schleunigst tun.
 

Inuyasha konnte nichts tun, als verzweifelt noch einmal vorwärts zu schießen. Die unsichtbare Wand schleuderte ihn gegen den Boden. „Mirokuu!“, stieß er atemlos hervor. Als er wieder auf die Beine kam und sein Blick zu Miroku und dem Dämon raste, zwang ihn etwas mit unglaublicher Kraft, seine Augen so fest zuzukneifen wie möglich. Kein Licht drang durch seine Augenlider, und dennoch hatte er das Gefühl erblinden zu müssen, wenn er sie öffnete. Er wagte erst wieder hinzusehen, als das Gefühl sich langsam auflöste.
 

Miroku hatte nur noch eine Möglichkeit gesehen, die Kraft die er so lange in sich selbst verborgen hatte, Hou-Riki. Er hatte sie bereits einmal benutzt, im Kampf gegen den Fledermausdämon, aber dieses Mal war anders, denn sein Gegner war um ein Vielfaches stärker und es erforderte mehr, viel mehr der Kraft in seinem Körper, die zu hervorholen ihm ohne den Stab noch schwerer fiel als es sowieso schon durch seine mangelnde Übung war. Doch es hatte Erfolg gezeigt. Tsumemaru war immerhin zwei Meter zurückgeschleudert worden und regte sich nun nur langsam. Miroku fühlte sich schwach, aber wenn er handeln wollte, dann jetzt. Er stolperte vorwärts und packte seinen Stab, hinter dessen unsichtbarer Barriere Inuyasha ihn beeindruckt annstarrte. Er musste nur kurz seine Augen schließen und ein kurzes Sutra murmeln. „Mach ihn fertig“, brachte er hervor. „Worauf du dich verlassen kannst“, erwiderte Inuyasha grimmig. Er setzte an ihm vorbei zu Tsumemaru, der gerade erst wieder auf seine Beine gekommen war. „Stirb, Bastard!“, schrie er. Seine rechte Hand schoss vorwärts und durchbohrte den Dämon ganz. Sein schwarzes Blut spritzte auf den Boden. „Sieht aus, als habet ihr gewonnen. Ich hatte den Mönch wohl unterschätzt“, hauchte er. Inuyasha riss seine Hand zurück und der Körper landete mit einem hohlen Plumpsen auf dem Boden. Er regte sich nicht mehr.

Miroku trat langsam und halb auf den Bettelstab gestützt dazu. „Immerhin war er so nett, uns vorher noch was zu verraten“, stellte Inuyasha sarkastisch fest. „Ja“, murmelte Miroku, „Aber es ist nicht viel...“ Er deutete ihm mit der Hand, ein Stück zurückzutreten und zog dann einen Bannzettel hervor. Als er ihn herabsinken ließ, schloss er seine Hände ineinander und murmelte ein leises Sutra. Nur er konnte sehen, wie der Zettel golden aufglühte, dann senkte er sich auf Tsumemarus Körper. „Was machst du da?“, fragte Inuyasha. Miroku drehte sich zu ihm um und erklärte kurz: „So kann man seinen Körper nicht mehr benutzen. Es gibt Dämonen, die sich in Leichen einnisten und dergleichen. Davor sind wir jetzt allerdings sicher.“ Er betrachtete noch einmal ihren Gegner und drehte sich dann um. Inuyasha trat neben ihn.

„Du siehst erschöpft aus“, stellte er fest. „Es ist gar nicht so einfach, sein Hou-Riki auf einen Schlag freizusetzen, außerdem bin ich verletzt“, erwiderte Miroku mit einem schwachen Lächeln. Inuyasha starrte ihn einen Augenblick verwirrt an. „Was sind das für Kräfte? Ich hab überhaupt nichts gesehen, nur dass der auf einmal am Boden lag. Warum hast du das vorher nie benutzt?“ Miroku seufzte. „Das hatte was mit Naraku zu tun. Ich hab dir doch gesagt, dass ich meine Kräfte nicht mehr benutzen wollte. Aber jetzt bleibt mir wohl keine andere Wahl... Wir sollten uns wirklich um unsere Wunden kümmern“, sagte er dann mit einem Blick auf seinen linken Arm, an dem noch immer etwas Blut hinunterrann.
 

Inuyasha brauchte nicht lange, um mit seiner Nase einen Wasserlauf zu finden. Es war nur ein kleines Rinnsal das aus einer Quelle inmitten eines kleinen Felsens strömte, aber es reichte aus, dass er seine Hand von dem Dämonenblut befreien konnte. Dann kümmerte er sich um Miroku. Die Spuren der Krallen waren nicht tief und auch nicht lebensbedrohlich, deshalb wickelte Inuyasha nur einen Streifen von seinem weißen Untergewand darum, um das Blut aufzufangen. Dann ließ er sich neben ihm auf den Boden plumpsen und verschränkte die Arme. Miroku starrte eine Weile gedankenverloren auf seine beiden Hände. Vielleicht wurde ihm gerade klar, dass er mit ihrem Kuss vorhin eine Art Versprechen eingegangen war...
 

„Inuyasha“, sagte er schließlich und hob den Kopf. Inuyasha nickte leicht und sah ihn aufmerksam an. „Ich habe mehr und mehr das Gefühl, dass unser Gegner Naraku ist.“ „Naraku?“, wiederholte Inuyasha ungläubig, „Wie kommst du darauf? Ich kenne den doch nicht mal! Warum sollte er mich umbringen wollen!?“ „Das ist die Frage. Ich habe das Gefühl, da ist noch etwas, was wir nicht wissen... Ich habe Shinju vorhin nach ihm gefragt. Sie sagte, er habe einmal versucht den Juwel der Vier Seelen zu stehlen, kurz bevor der Kikyou übergeben wurde. Ich kann mir nicht vorstellen, dass er nie versucht hat, ihn ihr zu entwenden, wenn er es schon nicht gescheut hat in ein Dorf einzudringen das voll ist von auf Dämonenjagd spezialisierten Kriegern. Bist du ihm wirklich nie begegnet?“ „Da war keiner!“, gab Inuyasha unsanft zurück, „und wenn doch, hätte ich ihn umgebracht!“ Er wirkte unruhig, und aufgebracht. „Was meinst du damit?“, fragte Miroku erstaunt. „Ist doch egal!“, gab dieser pampig zurück und drehte sich weg. Miroku seufzte. „Inuyasha... Ich fürchte, dass du nicht darüber reden willst, aber es könnte wirklich eine Verbindung geben, der beste Beweis ist doch, dass wir jetzt angegriffen werden. Bitte, Inuyasha. Ich habe mit dir offen geredet. Nun erzähle dur mir deine Geschichte.“ Inuyasha erwiderte seinen Blick nur kurz, dann senkte er die Lieder. „In Ordnung“, sagte er einlenkend, aber immer noch widerwillig, „Meine Geschichte...“
 

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Puh, jetzt hab ich's doch geschafft, ein neues Kapitel fertigzustellen. Ich habe es auch diesmal laenger gemacht als die bisherigen, und versucht, viel an Inhalt reinzubringen... Gefaellt's euch?

Ich hab jetzt auch langsam eine Idee, wie die Geschichte von jetzt an weitergehen soll... es geht langsam schon irgendwie auf das Ende zu, aber 5 Kapitel schreibe ich bestimmt noch, wahrscheinlihc werden es mehr. Keine Sorge, so schnell geht das nicht ^^

Ach so, eine Neuerung. Es stand zwar schon in der Kurzbeschreibung, aber die liest wahrscheinlich eh keiner. Ab diesem Kapitel bekommen nur noch die eine ENS-Benachrichtigung, wenn sie das vorherige Kapitel kommentiert haben. Wer dieses Kapitel nicht kommentiert, wird also nicht benachrichtigt, wenn das 18. Kapitel on kommt. Ihr muesst also waehlen, ob ihr euch die Muehe macht ein Kommi zu hinterlassen oder die Muehe, hin und wieder mal die FF zu chechen ob schon was neues da ist ;)
 

Bis denne!!
 

Jitsch*
 

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Kapitel 十九・Wunden

Guten Tag liebe Leser ^-^
 

Da dieses Kapitel ein Ende hat, das man langsam lesen sollte, melde ich mich diesmal vorher. Schoen, euch wiederzusehe. Ich freue mich, dass sich wieder jemand gefunden hat, der sich als Leser der Fanfiction bekennt und Kommentare hinterlassen hat :D

Also, jetzt, nach 19 Kapitel (wenn man den Prolog mitzaehlt sogar 20) endlich Inuyashas Geschichte... bitte erwartet nicht zu viel davon ^^" Aber ich hab versucht, es anders zu machen als in der Originalgeschichte...

Tut mir leid, es wird dieses Kapitel nicht wirklich romantisch... stattdessen macht Miroku mal wieder Stress -.- Irgendwie ist der bei mir voll die Zicke geworden (?)... na ja, aber es hat auch einen Grund.

Jaaah, ich muss gestehen, es geht langsam auf ein Ende zu. Mit dem, was ich an Story noch geplant habe, werden es vielleicht noch drei Kapitel... Um ehrlich zu sein stehe ich dem Genre Shonen-Ai mittlerweile etwas kritisch gegenueber, vor allem solche Sachen wo Leute verkuppelt werden, die in der Originalserie nicht mal angedeutet was aneinander haben, deshalb moechte ich sie schnell zuende bringen und mich auf ein von mir schon lange gehegtes weiteres Projekt stuerzen. Ich habe eine grosse Fanfiction in Planung und eine lange Doujinshi-Geschichte, und ich werde euch sicher auch hier bescheid sagen, wenn die online kommen ^-^ Bis dahin aber erst mal viel Spass mit dem neuen Kapitel, ich hab sowieso schon zu viel gelabert.
 

Kapitel 十九・Wunden
 

„In Ordnung“, sagte Inuyasha einlenkend, aber immer noch widerwillig, „Meine Geschichte...“ Es schien ihn einiges an Überwindung zu kosten, bevor er langsam zu sprechen begann.
 

Ich bin der Sohn eines Dämons und einer Menschenfrau. Da mein Vater kurz nach meiner Geburt zu Tode kam, zog sie mich allein auf. Wir lebten abseits von Menschen, und ich war glücklich. ... Aber das hielt nicht ewig an. Halbdämonen haben ein langes Leben, doch meine Mutter wurde eines Tages krank, und starb.
 

Ein Schatten legte sich über Inuyashas Gesicht. Für eine Weile starrte er einfach ins Leere, und Miroku wartete ruhig ab. Mehre Minuten vergingen ohne dass ein Wort gesprochen wurde, dann riss sich Inuyasha los und sah wieder auf. Mit leiser Stimme begann er, weiterzuerzählen.
 

Ich konnte nicht bleiben, wo sie gestorben war. Mein Weg führte mich zu den Menschen, doch ich musste feststellen, dass sie Angst vor mir hatten. … Ich wurde mit Steinen fortgetrieben oder ausgeschimpft, bis ich von selbst ging. Ich wanderte einige Zeit ziellos umher... bis ich nach Musashi kam. Ich näherte mich von der Waldseite her einem Dorf, da hörte ich einen Schrei. Als ich hineilte, fand ich eine Miko, ihre einzige Waffe, ein Bogen, zerbrochen, und einen Kappa, der sie angriff. Ohne zu überlegen erledigte ich ihn mit meinen Krallen. So lernte ich Kikyou kennen.
 

Miroku hatte schweigend zugehört, doch an diesem Punkt konnte er nicht anders, als erstaunt auszurufen, „Du hast sie gerettet!?“ Inuyasha sah ihn kurz irritiert an, dann wieder weg. „Ja, warum nicht. Ich hatte keinen Grund, ihr Verderben zu wünschen...“ Miroku erstaunte dies. Er versuchte, sich an das zu erinnern, was Kaede ihm damals erzählt hatte. Dort hatte es eindeutig so geklungen, als sei Inuyasha eines Tages aufgetaucht und habe Kikyou angegriffen. „Hörst du zu?“, fragte Inuyasha. „Ja, bitte erzähle weiter.“ Inuyasha nickte. Beim Sprechen hielt er den Kopf gesenkt und vermied weiterhin Mirokus Blick.
 

Sie war eine Miko, die einen magischen Juwel beschützte und um dessentwillen immer wieder von Dämonen angegriffen wurde. Ich willigte ein, sie zu beschützen, denn ich hatte sonst kein Ziel, und sie wünschte es. Aus Angst vor Dämonen war ihr in vielen Nächten der Schlaf versagt… Die Dorfbewohner wussten nichts davon. Sie hielt das für besser, da sie von jeher sehr misstrauisch gegenüber Dämonen seien und mich nicht akzeptieren würden. Mir war das nur zu klar, nach dem was mir vorher begegnet war, also blieb ich verborgen, und überwachte sie aus sicherer Entfernung. Bevor ich mich versah, hatte ich mich in sie verliebt.
 

Das war es also. Er hatte sie geliebt. Miroku runzelte die Stirn und stellte fest, dass jetzt überhaupt nichts mehr einen Sinn ergab. Warum hatte er sie dann angefallen? Bisher hatte er immer das Gefühl gehabt, Inuyasha hasse Kikyou... Aber wahrscheinlich würde sich das gleich klären. Er blickte Inuyasha auffordernd an, und der erzählte leise weiter. Miroku konnte sehen, wie sehr er sich überwinden musste, um Erinnerungen wieder hervorzuholen, die er lange vermieden hatte. Jetzt schien die schwierigste Stelle zu kommen… Dass er Kikyou ermordet hatte.
 

Eines Tages hatte Kikyou eine wunderbare Idee. Sie meinte, mithilfe des Juwels der Vier Seelen könne man das Dämonenblut in meinen Adern verstummen lassen, und ich zu einem Menschen werden. Dann würde der Juwel verschwinden. Es klang für mich so unglaublich, ich würde ganz normal unter den Menschen leben können... und noch dazu mit ihr… Wir machten aus, uns im Wald zu treffen, um die Aktion durzuführen.
 

Doch es kam anders. Als sie am verabredeten Ort erschien, hatte sie den Juwel nicht bei sich. Stattdessen zückte sie ihren Bogen und zielte auf mich. Ich konnte mit Müh und Not ihrem Pfeil entkommen, doch wurde verletzt. Als sie zurück in Richtung Dorf floh, erlebte ich etwas, das so noch nie zuvor gewesen war. Ich hatte keine Kontrolle mehr über mich. Da war nur noch ein Gedanke; dass sie versucht hatte mich zu töten, und ich sie dafür umbringen müsste! Und Wut, unglaubliche Wut, dass sie mich verraten hatte. ... Als ich zum Waldrand preschte, stand sie dort, gemeinsam mit einigen Menschen aus dem Dorf. Doch ihre Anwesenheit hielt mich nicht auf. Ich war rasend vor Wut und Verzweiflung. ---
 

Ich tötete Kikyou.
 

Als ihr Blut an meinen Krallen klebte, floh ich, verwirrt und orientierungslos. Ich versteckte mich im Wald. Erst dort wurde mir klar, was ich getan hatte… Ich war verraten worden. Ich hatte meine Geliebte getötet.
 

Er senkte den Kopf und schloss die Augen. Miroku konnte förmlich sehen, wie die Erinnerung ihn übermannte und ihn wieder die Gefühle von damals erleben ließ. Und er, Miroku, er konnte nichts tun. Jedes Wort wäre falsch gewesen, jede Geste bedeutungslos. Inuyasha blickte leicht auf und seine Züge wurden finster, als er leise weitersprach.
 

Damals schwor ich mir, mich nie wieder auf eine Frau zu verlassen. Ich begann, die Menschen im Dorf zu töten, um die Schuld an ihr mit neuem Blut zu ertränken. Ich wurde zur Bestie, um den Geruch ihres Blutes loszuwerden, doch dafür klebte bald das von dutzenden an meinen Krallen. Ich dachte keinen klaren Gedanken mehr, meine menschliche Seite schien für immer verstorben... und dann kamst du.
 

Bei den letzten Worten sah er auf und Miroku in die Augen. Das Gold in ihnen war in diesem Augenblick intensiver als sonst. Das erste Mal hatte Miroku das Gefühl, in ihnen die Gefühle des Halbdämons lesen zu können. Doch was er sah überwältigte ihn einfach, als gingen Traurigkeit, Verzweiflung und Unwissen auf ihn über. Und dennoch... da war noch etwas anderes; Dankbarkeit dafür, dass er ihm zugehört hatte. Inuyasha sah ihn an. Die Botschaft in seinen Augen war noch eine andere: Er brauchte Miroku. Der Mönch erschauderte. Überwältigt schloss er Inuyasha in seine Arme und drückte ihn fest.

Sie saßen eine Weile einfach nur da, und spürten das Klopfen des Herzen des andern. „Danke“, murmelte Inuyasha leise.
 

„Und... was schließt du jetzt aus meiner Geschichte?“, fragte er, als sie sich schließlich voneinander lösten. Miroku seufzte leise. „Das ist eine gute Frage“, meinte er, „Eigentlich gar nichts. Das meiste hat mir Kaede bereits erzählt, und der Grund für deinen Angriff ist ersichtlich. Allerdings… Warum mag Kikyou dich wohl angegriffen haben?“ Inuyasha sagte nichts dazu, aber ihm war anzusehen, dass er sich seit damals dieselbe Frage gestellt und keine Antwort gefunden hatte. „Nur, um eine Theorie einzuwerfen“, meinte Miroku nachdenklich, „Naraku war in der Lage, die Gestalt einer Frau anzunehmen, doch das war sicher nicht seine wahre Erscheinung. Was, wenn er sich auch in Kikyou verwandelt hätte? Das würde auch ihn in die Geschichte hereinbringen.“ Inuyashas Augen zeigten Erschrockenheit, doch er schüttelte den Kopf. „Naraku?“, fragte er ungläubig, „Warum sollte er das tun?“ „Er war doch hinter dem Juwel her. Doch dieser wurde von Kikyou bewacht, und sie von dir. Somit musste er euch beide ausschalten… Indem er euch dazu bringt, dass ihr euch gegenseitig angreift.“ Inuyasha blickte zu Boden und kratzte mit seinen Händen in der Erde. „Wenn das wirklich so wäre...“, sagte er grimmig. Miorku ließ ihn den Gedanken nicht beenden und legte ihm die Hand auf seine. „Das liegt in der Vergangenheit. Du kannst jetzt nichts mehr für Kikyou tun, als Naraku zu töten. Lass uns gemeinsam gegen ihn kämpfen.“ Inuyasha sah ihn lange an. Dann nickte er.
 

„Inuyasha, lass uns gehen“, sagte Miroku und stand auf. Seine linke Hand schmerzte leicht, als er damit nach seinem Stab greifen wollte, also nahm er dafür die Rechte. Ihm fiel ein, dass die Linke vom Biss des Fuchsdämons noch nicht einmal richtig verheilt gewesen war, und nun hatte auch noch Tsumemaru seinen Arm verletzt. Seine Finger konnte er leicht bewegen, aber der Schmerz ließ ihn zusammenzucken. „Alles in Ordnung?“, fragte Inuyasha besorgt. Miroku nickte, aber er stieß ein verzweifeltes Seufzen aus. „Warum werde eigentlich immer ich verletzt?“, fragte er ratlos. „Du bist zu schwach, ganz einfach“, erwiderte Inuyasha. „Wenn du diese komische Kraft von Anfang an benutzt hättest, hätte er dich auch nicht getroffen. Abgesehen davon hättest du den Kerl doch einfach in dein Windloch saugen können.“ Mirokus Gesicht wurde für einen Blick weiß, dann, nach einem Blick auf seine Rechte verfinsterte es sich. „Du hast mir nicht zu sagen, welche Technik ich wann zu verwenden habe!“, sagte er aufgebracht. Inuyasha wich einen Schritt zurück, aber er senkte die Brauen. „Und du, was glaubst du eigentlich, was ich mir für Sorgen gemacht hab, als ich auf einmal in diesem Bannkreis war!! Ich konnte dir nicht helfen und du musstest natürlich erst einmal alle Gründe abwägen, ob du dich rettest oder dich vor meinen Augen abschlachten lässt!“ Sie starrten sich einen Augenblick finster an. Dann drehte sich Miroku weg. „Wir gehen“, sagte er gereizt.
 

„Wohin?“, fragte Inuyasha und eilte neben ihn. „Musashi. Ich werde Kaede ein paar Fragen stellen“, erklärte Miroku ohne seinen Schritt zu verlangsamen oder sich umzudrehen. „Kikyous Dorf!?“, stieß Inuyasha aus. „Hast du dir meine Geschichte nicht angehört? Kannst du dir nicht denken, dass ich nicht unbedingt zurück will!?“ Miroku drehte sich um und fuhr ihn wütend an. „Schweig. Ich weiß nicht, wie du vorhast, Naraku zu finden, doch deine Erinnerungen zählen jetzt nicht. Wir gehen!“ Ein unbestimmtes Funkeln in seinen Augen ließ Inuyasha erschrocken zurückweichen. „Wenn ich nicht will…?“, fragte er dennoch, wenn auch zögernd. „Dann verschwinde, denn ich werde gehen.“ Miroku setzte sich mit großen Schritten in Bewegung. Inuyasha starrte ihm verwirrt nach, bis er zwischen den Bäumen verschwunden war. Er war ratlos. Was auch war, er verstand den Mönch einfach nicht... Er schloss die Augen, atmete einmal tief durch und sprang dann hinter ihm her.
 

Sie kamen an diesem Tag nicht weit. Sie rasteten am Fluss, der sich bis zu dem Punkt wo sie gekommen waren bereits zu einer Breite geweitet hatte, dass Miroku ihn nicht mehr mit einem Sprung überwinden konnte. Wie sie es früher getan hatten, sammelte Inuyasha Feuerholz und sorgte für etwas zu Essen. Auch dann noch blieb Miroku kurz angebunden und sein Ton war gereizt und befehlend. Sie aßen schweigend und dann legte sich Miroku bald schlafen. Inuyasha beobachtete ihn schweigend. Im Schlaf hielt er seine Rechte fest gegen die Brust gepresst, und sein Gesicht trug tiefe Besorgnis.
 

Am nächsten Morgen schien seine Stimmung nicht besser. Er fuhr sogar erbost auf, als Inuyasha ihm nur einen guten Morgen wünschte und ließ ihnen nicht einmal die Zeit, sich um ein Frühstück zu kümmern. Inuyasha verhielt sich still und hoffte nur, dass sich seine Laune wieder bessern würde.

Sie liefen bis zum späten Nachmittag. Sie waren schon ziemlich weit gekommen, doch Inuyasha wagte nicht zu fragen, wie lang sie noch unterwegs sein würden. Der Fluss, dessen Lauf sie bereits seit dem Vortag gefolgt waren, floss unruhig und mit Schaumkronen auf den kleinen Wellen neben ihnen her. Inuyasha folgte dem Strom langsam mit seinem Blick und blickte dann wieder auf Miroku, der mit gesenktem Kopf vor ihm hertrottete. „Miroku…“, setzte er an. Der Mönch drehte sich langsam um. Doch es sollte nicht sein, denn in dem Augenblick ließ ein lautes Rascheln in den Bäumen, gepaart mit einem lauten Fauchen, sie aufsehen.

Inuyasha musste einen Satz nach vorn machen und riss Miroku gerade noch mit sich, bevor hinter ihnen etwas das Wasser aufspritzen ließ. Beide drehten sich alarmiert herum. Halb im Fluss lag ein riesenhafter Dämon in Katzengestalt mit hellem gelblichen Fell und großen Säbelzähnen. Seine rechte Vorderpranke, die ins Wasser gesunken war, blutete stark, und das Rot verlor sich im Strom. „Das ist die Dämonenkatze von Shinju!“, stieß Miroku aus, „Kirara, nicht wahr?“ Der Katzendämon hob den Kopf. Ihre großen, roten Augen erkannten den Mönch offenbar, denn sie stieß ein fast freudiges Fauchen aus und versuchte, auf die Beine zu kommen. „Was ist passiert?“, fragte Miroku. Der Dämon starrte ihn einen Augenblick an und riss dann den Kopf in die Luft. Schließlich gelang es ihr so halbwegs, auf zitternden Beinen einen Halt zu finden. Dann flammten ihre Füße auf und sie hob noch einmal auffordernd den Kopf.

„Sie will, dass wir mitkommen“, sagte Inuyasha, und schwang sich sofort auf den Rücken der Katze. Miroku folgte ihm auf dem Fuß, und kaum dass er richtig Halt gefunden hatte stieß sich Kirara mit den Hinterläufen vom Boden ab. Er hatte Glück, dass Inuyasha sich halb zu ihm umdrehte und ihn am Gewand packte, bevor er fiel.

Sie rasten nur wenige Meter durch die Luft, dann fiel die Katze wieder zwischen die Bäume hinab. Inuyasha stieß sich von ihrem Rücken ab, um direkt nach unten zu schießen. Miroku konnte von Kiraras Rücken beobachten, was geschah.

Zwischen den Bäumen stand ein Dämon, ein mickriges Wesen mit grüner Haut und langen violetten Krallen. Es hatte seine rechte Hand angriffsbereit erhoben. Unter ihm lag Shinju. Sie regte sich nicht. Ihr Gesicht war weiß, und der Bauchpanzer ihrer Rüstung zerschlagen, Körper und Boden gleichermaßen rot gefärbt von ihrem Blut. Inuyasha zückte noch im Fallen seine Krallen. „Sankon-Tessou!!“ Der Dämon wurde mit einem Schlag zerrissen, die Hand schon ausgestreckt.
 

Inuyasha kam auf dem Boden neben Shinju auf. Kirara landete mit Miroku neben ihm, hatte aber Probleme mit ihrer Tatze und taumelte, so dass der Mönch mehr zu Boden fiel als dass er abstieg. „Ist sie schwer verletzt?“, fragte er, als er sich wieder aufrichtete. Inuyasha hockte bereits neben Shinju und nickte stumm. „Tiefe Wunde“, sagte er düster und legte ihr vorsichtig eine Hand an den Hals, „sie hat kaum noch Kraft.“ „Bringen wir sie zu Kaede“, sagte Miroku sofort, „Das Dorf hätten wir zu Fuß vor Sonnenaufgang erreicht, wenn Kirara fliegt, dürfte es höchstens eine halbe Stunde dauern.“ „In Ordnung“, sagte Inuyasha und hob die verletzte Dämonenjägerin vorsichtig auf. Blut troff aus der Wunde auf den Boden. „Kirara, weißt du den Weg?“, fragte er. Die Katze stieß ein zustimmendes Knurren aus. „Ich schätze sie ist am schnellsten wenn nicht zu viele auf ihr reiten. Warte hier“, sagte Inuyasha zu Miroku. Dieser sah nicht besonders glücklich aus, aber er nickte gezwungen. Inuyasha wollte sich bereits auf den Rücken der Katze schwingen, da hörte er, wie Shinju leise stöhnte. Als er den Blick senkte, hatte sie die Augen aufgerissen und sah ihn an. „Nicht… nicht Kaede“, brachte sie hervor, bevor sie bewusstlos wieder in seinen Armen zusammensackte. Inuyasha drehte sich zu Miroku um. „Was ist los?“, fragte dieser. „Sie will offenbar nicht zu Kaede. Gibt es in der Nähe noch ein Dorf?“ „Hinter dem Bergpass zwischen dem Berg im Süden und dem im Westen. Wenn ihr dort hin…“ Inuyasha hatte sich schon auf den Rücken der Katze geschwungen. „Du hast es gehört, oder? Schnell, bring uns, Kirara. Miroku-sama, warte hier.“

Damit setzte die Katze mit einem Sprung in die Luft und ließ einen nachdenklich dreinschauenden Mönch zurück.
 

Inuyasha kam zurück, als die Sonne schon tief stand. Er war zu Fuß gekommen, und brach wie ein Wirbelsturm durch die Büsche. „Miroku-sama“, rief er, und landete vor dem Mönch, der sich am Stamm eines Baumes niedergelassen hatte und auf seine Rechte gestarrt. Als der Halbdämon vor ihm stoppte, hob er den Kopf. „Inuyasha“, sagte er leise. Seine Augen waren leicht rot gerändert und er wirkte sehr erleichtert, den Halbdämon zu sehen, gleichzeitig aber seltsam unglücklich über diese Tatsache. „Ich habe Shinju in das Dorf gebracht, doch es sieht nicht gut aus. Ihre Wunde ist tief und die Menschen dort haben kaum die nötigen Kenntnisse, ihr zu helfen“, erklärte der Halbdämon ungefragt. „Wir sollten zu ihr“, sagte Miroku schwach und stand auf. Er wankte ein wenig und taumelte gegen Inuyashas Arm, der ihn sofort festhielt. „Meinst du nicht, dass wir für sie getan haben, was wir konnten?“, fragte er. Miroku zog stumm einen Zettel hervor. Darauf standen nur fünf Schriftzeichen: 犬夜叉弥勒. „Kannst du das lesen?“, fragte er. „Nein“, entgegnete Inuyasha und ließ Miroku vorsichtig los, da er schon wieder selbst stehen zu konnen schien, „hatte der Dämon das bei sich?“ „Es sind unsere Namen“, erklärte der Mönch grimmig, „er hatte es auf uns abgesehen.“ Inuyasha sah ihn erschrocken an. „Gut, wir gehen zurück“, entschied er. „Halte dich an mir fest.“ Ohne eine Antwort abzuwarten nahm er Miroku hoch und eilte mit großen Sprüngen und ihm auf dem Arm davon.
 

Es war bereits Nacht, als sie in das Dorf kamen. Inuyasha wurde an der Tür eines der Häuser von einer alten Frau begrüßt, die besorgt den Kopf schüttelte. Miroku und Inuyasha tauschten einen Blick aus und traten dann, Inuyasha zuerst, in die Hütte. Shinju lag auf einer Matte aus Bambus. Man hatte ihr die Rüstung ausgezogen und sie gegen einen weißen Kimono getauscht. Die Wunde war verbunden, doch die Verbände blutgetränkt. Ihr Gesicht war weiß wie Schnee, und Schweiß stand auf ihrer Stirn. Inuyasha hockte sich neben sie. „Shinju“, sagte er. Sie wendete schwach den Kopf und blinzelte ihn an. Miroku ging neben ihm in die Hocke. „Shinju, bitte sagt uns, was Ihr wisst. Warum hat dieser Dämon Euch angegriffen?“ „Er... war auf einmal... da... griff... mich an... weiß nicht, warum...“, flüsterte sie mit fast versagender Stimme. Miroku sah Inuyasha an. „Der Dämon war hinter uns her. Wisst ihr, was ihn dazu gebracht hat, Euch anzugreifen?“ Shinju starrte sie mehrere Augenblicke entsetzt an, dann senkte sie den Blick. „Ich... war im Weg. Ich... Kaede...“ Miroku starrte sie erschrocken an. „Was ist mit Kaede? Bitte sagt es uns!“ Shinju schloss die Augen. Ihr Atem rasselte, doch sie zwang sich zum Sprechen. „Kaede... gab mir ... einen Auftrag... ich... ich... ich sollte... Inuyasha beseitigen...“ Sie schloss verzweifelt die Augen. Inuyasha stieß erschrocken einen Atemzug Luft aus. „Aber das habt Ihr nicht gewusst, als Ihr uns vor wenigen Tagen traft...“, murmelte Miroku. Sie nickte schwach und flüsterte: „Ich wusste... dass... es nicht... richtig war... hätte es ... nicht getan...“ Inuyasha starrte sie an, während Miroku die Augen schloss. „Dass Kaede dich immer noch so sehr hasst“, murmelte er. „Verdammt, und ich dachte, sie hätte aufgegeben...“, knurrte Inuyasha. „Nicht... nur sie....“, flüsterte Shinju. „Keiryou...“ Miroku fuhr auf. „Keiryou!“, stieß er aus. „War das nicht der Mönch, der mich umbringen wollte?“, fragte Inuyasha. „Er hat sich also mit Kaede zusammengetan...“, murmelte Miroku. „Ich... lebe nicht mehr lang...“, flüsterte Shinju nun. „Keine... Rettung...“ Ihre Stimme versagte fast ihren Dienst. Sie musste tief Atem holen, doch sie schien kaum Luft zu bekommen. „Bitte... sorgt für Kirara...“, flüsterte sie. Miroku und Inuyasha sahen sich an. „Ja, das werden wir“, sagte Inuyasha. Die Katze, die unbemerkt wieder zu einem kleinen flauschigen Wesen geworden war und hereingekommen tapste zu Shinju und schleckte ihr über das Gesicht. Sie lächelte schwach, dann schloss sie die Augen. „Lasst... mich ... allein“, flüsterte sie.

Miroku stand auf.

Inuyasha folgte ihm mit einem letzten Blick auf die Sterbende.

Kirara sprang ihnen hinterher, als sie durch die Tür traten.

Die Alte neben dem Eingang fuhr auf, doch Miroku senkte nur den Kopf.

Inuyasha ließ hinter ihnen den Vorhang aus Bambus wieder vor die Tür gleiten. Inuyasha drehte sich weg, und Miroku ging ihm langsam nach, Kirara warf noch einen leisen Blick über seine Schulter und fiepste leise, dann führten sie ihre Schritte fort in die Dunkelheit.

Es war den ganzen Tag bewölkt gewesen. Kein Stern zeigte sich am Himmel, und selbst der Mond war verdeckt. Eine Totenstille hatte sich über die Hügel gelegt.

Kapitel 二十・Das Loch

Yahoo! Ein neues Kapitel ist am Start :D

Ich muss leider zugeben; es ist ziemlich kurz, als Word-Dokument nur 3 Seiten wo das vorherige 5 hatte... aber es ist nur ein vorbereitendes Kapitel. Es geht auf das Ende zu, und wenn ich jetzt weitergeschrieben hätte, wäre dieses Kapitel noch unglaublich lang geworden. Da ich aber übermorgen in den Urlaub fahre, wollte ich es gerne noch eben schreiben, damit ihr nicht so lange warten müsst.

Jetzt werden endlich so die ganzen Fragen geklärt. Ich habe das Gefühl, dass es an sich keine gute idee ist, jetzt auf einmal ruck-zuck alles zu beenden, aber ich hab wirklich keinen Antrieb mehr, Hanyou wo Tomete noch lange weiterzuführen und will mich lieber mehr um meine Doujinshi kümmern. Ich hoffe, ihr versteht das. Aber bevor es zuende ist, könnt ihr erstmal Kapitel 20 lesen (dieses hier) und dann werde ich wohl bis Ende September brauchen, mindestens, um das letzte fertigzustellen.
 

*********
 

„Wohin gehen wir?“, fragte Inuyasha leise. Miroku sah ihn nicht an. „Wie geplant in Kaedes Dorf.“ Der Halbdämon blickte zurück zu den wenigen kleinen Hütten von denen sie gekommen waren, und dann über die nächtliche Ebene. Es war ihm so gut wie unmöglich, in der Finsternis überhaupt etwas zu sehen, aber der Wind trug die Gerüche von Menschen im Dorf und das Geräusch des kleinen Baches mit sich, die ihm so gut bekannt waren.
 

„Bist du dir sicher?“, fragte er leise, „Kaede will uns tot sehen.“ Miroku blieb stehen. „Und du glaubst, ich werde mit ihr nicht fertig? Oder du?“, herrschte er ihn an. „Das habe ich nicht gemeint. Ich wollte nur wissen, ob es unbedingt nötig ist. Es würde uns nur Probleme machen, und noch dazu könnten wir zumindest bis zum Morgen warten.“ „Das Dorf ist nicht weit weg. Wir sollten jetzt gehen, Nachts bleiben wir unerkannt. Wir müssen nicht Kaede fragen, um das zu erfahren, was ich wissen will. Wir werden nur kurz dort bleiben und dann weitergehen“, sagte Miroku mit leiser Stimme. Inuyasha seufzte. „Wie du willst.“
 

Inuyasha war in der Nacht ein guter Führer. Er brachte Miroku bis zwischen die Hütten ohne sich nur ein einziges Mal im Weg zu irren. Kirara, die mit der Zeit mehr und mehr gehinkt war, saß mittlerweile auf Mirokus Schulter und schlief. „Wir sind da“, raunte Inuyasha. Miroku ließ durch einen leisen Laut anmerken, dass er ihn gehört hatte und sah sich um. In den nächtlichen Schatten konnte er nur ganz schwach die Umrisse der Häuser um ihn herum ausmachen, doch alles war grau und irreal. Er hatte keine Wahl, als sich noch einmal auf den Halbdämonen zu verlassen. „Inuyasha, erinnerst du dich an das Mädchen, das dir die Bannkette übergeworfen hat?“, fragte er. „Ich denke schon“, sagte Inuyasha. „Kannst du mir sagen, in welcher der Hütten sie schaleft?“ Der Halbdämon hob die Nase und zog aus mehreren Richtungen prüfend die Luft ein, bevor er Miroku leicht am Ärmel zupfte und auf eine der Hütten deutete. „Sie ist allerdings nicht allein“, meinte er leise. „Wer noch?“ „... Eine Person. Ich glaube, ein Mann...“ „Das dürfte gehen.“ Miroku löste sich vorsichtig von ihm, legte ihm die schlafende Kirara in die Arme und trat auf die Hütte zu. Der Halbdämon blieb stehen, die Ohren aufgestellt in die Nacht lauschend.
 

Miroku hockte sich an den Eingang der Hütte und schob die Bambusmatte vor dem Eingang zur Seite. Drinnen war es stockdunkel, das wenige Licht, das ihm draußen zumindest einen groben Eindruck seiner Umgebung hatte geben können, verlor sich hier in tiefer Schwärze, da offenbar auch das Feuer lange nicht gebrannt hatte. „Misako...“, flüsterte Miroku und schob sich auf den Knien etwas in den Raum hinein. Keine Reaktion. „Misako“, flüsterte er noch einmal, und diesmal ein Stück lauter, aber immer noch so unterdrückt dass der Klang seiner Stimme nicht herauszuhören war.

Dann ertönte ein leichtes Seufzen, und er nahm Bewegungen in seiner Nähe war. „Was gibt es, Kyounosuke?“, fragte eine Stimme knapp neben ihm. „Bitte erschreckt nicht. Ich bin es, Miroku“, sagte der Mönch beruhigend. „Miroku-sama!?“, stieß die Frau aus. „Ssssht!“, zischte er. Sie schwiegen einen Moment, doch der Mann im Raum grummelte nur leise und rollte im Schlaf herum. „Was tut Ihr hier?“, fragte die Frau schließlich. „Ich brauche Eure Hilfe, aber Kaede darf nichts davon wissen“, sagte er. „Das dachte ich mir. Sie hat vor, Euch und Inuyasha umbringen zu lassen. Woher wisst Ihr...?“ „Die Dämonenjägerin selbst hat es uns gesagt“, erklärte Miroku. Dass sie tot war, verschwieg er vorsichtshalber, stattdessen bat er: „Ich habe ein paar wichtige Fragen an Euch. Es geht vor allem um den Juwel...“ „Der Juwel?“ „Der Juwel der Vier Seelen. Befindet er sich noch in Kikyous Grab?“ „Nein, nicht mehr, seit es ausgeraubt wurde. Ihr und Inuyasha hattet das Dorf erst ein paar Tage verlassen, als es von einer Hexe geplündert wurde. Ein paar der Männer aus dem Dorf haben es gesehen, als sie den Wald erforscht haben. Sie hat Kikyous Urne mit dem Juwel mitgenommen und einen von ihnen getötet.“ Miroku nickte in der Finsternis zu sich selbst und stellte dann eine weitere Frage: „Wart Ihr dabei, als Kikyou getötet wurde? Was genau geschah damals?“ Die Frau schwieg eine Weile. Dann sagte sie: „Ich erinnere mich nur ungern... selbst heute bekomme ich manchmal Alpträume davon. Es war ein ruhiger Tag, aber dann tauchte dieser Halbdämon auf, den nieman von uns zuvor gesehen hatte. Er entriss Kikyou das Juwel der vier Seelen und floh in den Wald. Wir alle folgten ihm, und er ließ das Juwel fallen und verschwand in den Wald, wodurch wir glaubten, es sei vorbei. Doch dann stürzte er auf einmal aus dem Gebüsch hervor und... totetete sie, einfach so. Er hat nicht einmal den Juwel an sich genommen, aber... All das Blut...“ „Es ist gut“, sagte Miroku unterbrechend. „Das ist alles, was ich wissen wollte, zumindest über diese Angelegenheit. Bitte beantwortet mir eine weitere Frage: Ist es wahr, dass Keiryou hier ist?“ Seine Gesprächspartnerin zögerte. „War“, sagte sie schließlich, „Er war hier, bis heute Mittag, dann zog er selbst in Richtung des Waldes los, um Inuyasha zu suchen. Er erzählte uns die unglaubliche Geschichte, dass Ihr euch mit Inuyasha zusammengetan und ihn ohne erkennbaren Grund angegriffen habet.“ „Das ist nicht wahr“, sagte Miroku sofort. „Ich habe es nicht geglaubt. Ihr wirktet nicht, als seiet Ihr zu so etwas in der Lage...“ Miroku schwieg einen Augenblick, dann fragte er: „Keiryou... dass er so eine Lüge verbreiten würde... Er hätte doch einfach nur seine Geschichte erzählen müssen... aber die kennt im Dorf sicher bereits jeder.“ „Was meint Ihr?“

„Keiryou kommt doch ursprünglich aus diesem Dorf! Seine Frau und seine Kinder wurden von Inuyasha getötet, und er nur am Auge ver...“ „Er kommt ganz sicher nicht aus diesem Dorf. Ich lebe hier, seit Kikyou starb, und es gab niemals jemanden, der einen Angriff überlebte.“ Miroku hob die Augenbrauen. „Das ist interessant. Mir hat er aber genau das erzählt...“ „Ich versichere Euch, er kommt nicht hierher!“ „Ich werde euch glauben. Er hat über uns gelogen, also vielleicht auch über sich. Auf jeden Fall danke ich Euch für diese Informationen.“

„Das ist nichts, Miroku-sama. Ich weiß nicht genau, was Kaede dazu meint, aber Ihr seid kein schlechter Mensch.“ Er stand mit einem schwachen Lächeln auf und schob den Vorhang wieder zur Seite. „Das ehrt mich, Misako, auch wenn ich vielleicht nicht so gut und ehrlich bin wie Ihr meint“, sagte er und verließ den Raum. „Schlaft gut“, setzte er noch hinzu. „Ich werde niemandem etwas verraten. Ich wünsche Euch eine gute Reise, wo auch immer ihr hingeht“, sagte sie. Er ließ den Bambusvorhang wieder zurück gleiten und für einen Augenblick zog sich ein schmerzerfülltes Lächeln über seinen Mundwinkel, dann hob er den Kopf und ging auf den Schemen Inuyashas zu.
 

„Hast du das Gespräch mit angehört?“, fragte er leise und setzte sich dabei bereits auf den Weg in den Wald in Bewegung. „Nein, ich habe auf andere Geräusche geachtet. Es scheint niemand wach zu sein... Wohin gehst du? Willst du in den Wald?“ „Keiryou ist in diese Richtung gegangen.“ Inuyasha holte auf. „Was wollen wir von Keiryou? Wenn er dich töten will, ist es doch sicher besser, ihm nicht auch noch zu begegnen.“ Miroku verlangsamte um keinen Schritt, aber er setzte die Füße vorsichtiger, als sie über die schmale Brücke gehen und dann dem Lauf des Aomizu in Richtung Wald folgten. „Hier haben wir dir die Kette übergelegt, erinnerst du dich?“, sagte Miroku versonnen. Auf einmal blieb er stehen. „Hier hat alles begonnen“, setzte der Mönch hinzu. „Warum sagst du das so traurig?“, fragte Inuyasha misstrauisch. Miroku seufzte. „Ich sollte es dir wirklich erzählen...“, murmelte er leise. Der Klang in seiner Stimme ließ Inuyasha einen Atemzug aussetzen. „Was? Miroku-sama, wovon redest du?“ Miroku senkte den Kopf und lauschte für einen Moment dem leise dahinfließenden Wasser, dann drückte er dem Halbdämon seine rechte Hand gegen die Schulter. Dieser wartete schweigend ab, Kirara noch immer in seinen Armen haltend. Mirokus Finger krallten sich geradezu in den Stoff seines Gewandes, bevor er zu sprechen begann. „Ich habe dir vor einiger Zeit erzählt, was es mit meiner Rechten Hand auf sich hat...“, sagte er. „Ja.“ „... Nun, es... war nicht die ganze Wahrheit. Ich habe etwas wichtiges ausgelassen...“ Inuyasha merkte, wie Mirokus Hand zu zittern begann und griff mit der Linken nach dem Handgelenk des Mönchs.
 

Dieser schluckte schwer und erklärte dann tonlos: „Das Loch in meiner Hand. Es wird größer. Seit ich es habe, ist es immer weiter gewachsen. Ich weiß, dass es eines Tages größer werden wird als meine Handfläche. Und ich weiß, dass es mich dann verschlingen wird, wie es alles andere verschlingt was sich in seinem Wirkungsbereich befindet, solange ich es nicht versiegele. Ich habe es deutlich gespürt, als ich den Blitz von diesem Fuchsdämon abgefangen habe. Es ist schon fast so groß wie meine Hand. Bald, sehr bald, ist es vorbei, und meine einzige Hoffnung ist, dass es verschwindet, wenn Naraku stirbt.“

Stille erfüllte die Nacht für mehrere Minuten so vollkommen, als sei die Zeit stehengeblieben über den schwarzen Umrissen der Berge und dem leichten Glühen des Miasmas des Waldes.
 

„Deshalb also bist du so wütend geworden, als ich dich auf das Loch angesprochen habe. Ist das auch der Grund, warum du mir ausgewichen bist?“ „... Vielleicht... unterbewusst... Wenn das Loch zu groß wird, dann wird es nicht nur mich verschlingen, sondern auch alle, die mir zu nahe sind.“ Inuyasha ließ Mirokus Handgelenk los, und stattdessen schloss er die Finger seiner Linken um die von Mirokus Rechter. „Und du glaubst, das mache mir Angst?“, fragte er rau. „Ich...“ „Miroku-sama, vielleicht fällt es dir erst auf, wenn ich es dir sage... Mein Vater starb kurz nach meiner Geburt. Ich habe meine Mutter sterben sehen, und Kikyou getötet. Es gibt für mich niemanden, der mir etwas bedeutet ... außer dir.“ Der Druck seiner Hand verstärkte sich, und er legte seine Stirn gegen die des erstaunten Mönchs. „Wenn dich das schwarze Loch wirklich verschlingt, dann komme ich mit dir. Sonst hat alles keinen Sinn. Kikyous Tod hat mich bereits halb um den Verstand gebracht...“

Miroku sagte eine Weile kein Wort, aber sein Atem ging unregelmäßig, als versuche er ein Schluchzen zu unterdrücken. „Ich danke dir, Inuyasha“, flüsterte er schließlich. Der Halbdämon drückte seine Hand noch einmal fest und ließ dann los.
 

„Wir sollten im Wald ein Lager aufschlagen“, meinte er und trat an Miroku vorbei. „Inuyasha, ich glaube, du hast immer noch nicht verstanden. ‚Sehr bald’ bedeutet, dass es bereits morgen geschen kann... oder heute Nacht. Wenn wir Naraku nicht verfolgen...“ „Sehe ich das richtig oder haben wir immer noch nicht die geringste Spur, wo er ist?“, fragte der Halbdämon aufgebracht. Miroku erwiderte sofort heftig: „Natürlich haben wir eine Spur! Es ... es ist Keiryou! Naraku will uns tot sehen, und er hat gerade jetzt Kaede gegen uns aufgehetzt! Er hat mir eine falsche Geschichte erzählt und Lügen über uns verbreitet. Es klingt nach einem Plan wie dem, der Kikyou das Leben gekostet hat, er versucht alle gegenseitig aufeinanerzuhetzen und zieht sich selbst geschickt aus der Affäre!“

Die Aussage hing wie ein Block aus Eis in der Luft.

„Bist du dir sicher?“, fragte Inuyasha zögernd. „Er kann die Gestalt wechseln! Ich habe mir die Version der Geschehnisse damals von der Frau aus dem Dorf angehört. Kikyou war die ganze Zeit im Dorf, bis du sie angegriffen hast! Es war Naraku, ganz sicher. Und jemand hat den Juwel gestohlen, eine Hexe, ich bin mir sicher, dass auch das er war, und jetzt hat er den Juwel und ihn demjenigen Dämonen versprochen, der uns tötet! Inuyasha, bitte, wenn wir ihn jetzt nicht verfolgen...“
 

Inuyasha legte Miroku eine Hand auf die Schulter und sagte leise: „Wenn wir ihn jetzt zu Fuß verfolgen, holen wir ihn nie ein. Es wäre das Beste, zu warten bis Kiraras Wunde verheilt ist, und ihn dann mit ihr einzuholen. Du hast gesehen, wie schnell sie sein kann.“ „Aber bis so eine Wunde verheilt...!“ „Du vergisst, dass sie eine Dämonenkatze ist. Selbst bei mir würde so etwas nur einen Tag dauern. Morgen früh ist sie wieder fit, vertrau mir.“ Miroku schwieg. „Abgesehen davon können wir ebenso eine Rast vertragen. Wir sind seit heute Morgen pausenlos unterwegs.“ Miroku öffnete zweimal den Mund, ohne etwas zu sagen, und meinte schließlich leise: „In Ordnung, rasten wir.“
 

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Nachwort:
 

Ich ahne, dass ihr dieses Kapitel zu kurz findet und zu wenig ereignisreich. Ich selbst mag es auch nicht, aber ich wollte es wie gesagt schnell fertigschreiben und die wichtigen Sachen klären. Das nächste werde ich dagegen sehr sorgfältig schreiben, verlasst euch drauf.

Entschuldigt, ich bin gerade ein wenig durch den Wind, da ich nur noch drei Tage in meiner japanischen Gastfamilie bin und einfach einen Schlussstrich ziehen will ^^"
 

Jitsch*

Kapitel 二十一・Alles vorbei

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Da ich euch das Ende des Kapitels nicht mit einem Kommentar verderben will, kommt es diesmal am Anfang.

Also, erstmal, es tut mir leid, dass ihr so lange warten musstet. Es kamen viele Faktoren zusammen, die mich so lange aufgehalten haben, aber ich bin auch selber Schuld und hätte es schon früher schaffen können. Entschuldigung!
 

Ich habe noch etwas. Wie ihr vielleicht bemerkt hat, gibt es jetzt ein Cover zur Fanfiction, das ich gemalt habe. Ich werde es auch noch als Fanfic hochladen, den Link bekommt ihr im Epilog.

UND ich habe schon seit einiger Zeit ein weiteres Fanart on, das die Szene in Kapitel 9 in der Quelle zeigt. Hier ist der Link:

http://animexx.onlinewelten.com/fanarts/output/?fa=1062555&sort=zeichner
 

Ansonsten will ich eigentlich nichts mehr sagen. Bitte lest auch das letzte Kapitel und schreibt mir Kommentare dazu. Es wird noch ein Epilog folgen, den ich hoffentlich schneller fertig bekomme. Bis dann!
 

Jitsch*
 

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Kalt war es, und eine dumpfe Schwere lag über den Bäumen des Dämonenwaldes. Am Horizont im Osten zeigte sich der erste blasse Schimmer von Hellrosa. Kein Vogel, kein Rascheln, kein Geräusch. Stille. Dann wurde sie von einem lauten Gähnen durchbrochen.
 

Inuyasha streckte die Arme, um die die weiten roten Ärmel schlackerten, weit auseinander, und ließ noch ein Gähnen hören. Dann senkte er die Hände und betrachtete Miroku, der mit dem Rücken an einen Baum gelehnt schlief, die Beine leicht angewinkelt und die Arme schützend um seinen eigenen Oberkörper geschlungen. Ganz nah an ihn gedrückt schlummerte die Dämonenkatze Kirara vollkommen seelenruhig vor sich hin. Inuyashas Blick glitt wieder zu Miroku. Das Gesicht des Mönchs zeigte einen gequälten Ausdruck; seine Augen waren zugekniffen, die Brauen zusammengezogen und der Mund schmerzlich gekrümmt. Im Schlaf krallte sich seine rechte Hand in den Stoff seines Gewandes.

Der Halbdämon sah ihn eine ganze Weile nachdenklich an und die Stille schwappte wieder über sie hinweg.
 

Nichts hatte sich geändert, als Kirara die Augen aufschlug und die Schnauze hob. Sie sah sich kurz neugierig um und entrollte dann ihren Körper, um sich zu strecken. Ihr leises Fiepen lenkte Inuyashas Blick auf sie. Er hockte sich zu ihr und fragte leise: „Bist du fit?“ Kirara hob als Antwort die rechte Pfote. Sie war unversehrt. Inuyasha nickte und drehte sich zu Miroku, dessen Gesichtsausdruck sich nicht um das Mindeste verändert hatte. „Miroku-sama“, murmelte er, und legte dem Mönch seine Hand an die Wange. Als keine Reaktion erfolgte, wiederholte er den Namen eine Spur lauter, und der Angesprochene öffnete langsam die Augen.
 

Er schien eine ganze Weile zu brauchen, bis er aus seinen Träumen wieder zurückgefunden hatte in die Realität, und drehte dann seicht den Kopf um Inuyasha anzusehen. Sie blinzelten sich gegenseitig an. „Inu...yasha... Ich ... in meinem Traum warst du fort. Es war einsam.“ Der Mönch hob die Hand und strich dem erstaunten Halbdämon über die Wange. „Verlass mich nicht...“

„Das werde ich nicht“, erwiderte der Halbdämon. Er legte die Hände auf Mirokus Schultern und näherte sich ihm. Seine Lippen glitten über Mirokus Wange, ganz kurz nur, und dann drückte er sein Gegenüber einfach nur fest an sich. Miroku schmiegte sich eng an ihn und murmelte: „Wir werden ihn finden, nicht wahr? Naraku...“ „Ja, ganz sicher“, flüsterte der Silberhaarige und strich ihm mit seinen Händen über den Rücken. „Das ist gut...“

In Mirokus Stimme schwang ein wehmütiger Ton mit.
 

Kirara ließ ein lautes Knurren hören. Als Inuyasha sich herumdrehte, hatte sie bereits

ihre Dämonenform angenommen, mit Flammen die um ihre Fesseln zuckten. Das Tier machte eine auffordernde Geste mit dem Kopf. Inuyasha zog Miroku hoch, und gemeinsam stiegen sie auf Kiraras breiten Rücken. Sobald sie sich hochgezogen hatten, stieß sich die Katze mit den Hinterläufen kräftig ab und schoss auf Höhe der Baumspitzen, wo sie mit großen Sprüngen quer durch die Luft weitereilte. Miroku klammerte sich an Inuyasha, der seine Krallen in der dichten Mähne des Tieres vergrub. Es waren keine Worte mehr nötig.
 

Ein lautes Fauchen riss Miroku aus einem leichten Schlaf. Er war irgendwie eingenickt, kein Wunder, wenn er bedachte, wie spät er in der Nacht erst eingeschlafen war. Und selbst danach hatten ihn Alpträume gequält, in denen das schwarze Loch ihn verschlang und Inuyasha allein zurückgelassen wurde. Er drückte sich noch einen Augenblick fest an den in Rot gehüllten Rücken und das silberne Haar des Halbdämons, dann ließ er langsam los und betrachtete für einen Augenblick seine Hand. Er hoffte, dass es nur Einbildung war, und nicht wirklich ein schwacher Lufthauch unter die Gebetskette strömte. „Da ist jemand!“, rief Inuyasha aus und beugte sich tiefer über den Rücken der Katze. Miroku linste an ihm vorbei. Unten, auf einem kleinen Felsenplateau, hatte sich eine menschliche Gestalt an einem kleinen Feuer niedergelassen. Er trug eindeutig einen Hut aus Stroh sowie ein schwarzes Gewand mit einem zerschlissenen braunen Überwurf, auch der Bettelstab war dabei, doch aus der Höhe in der sie sich befanden, konnte Miroku unmöglich sagen, ob es Keiryou war oder ein ganz normaler anderer Bettelmönch. „Ist er das?“, fragte da schon Inuyasha. „Wir sind zu weit weg, ich kann es nicht erkennen“, erwiderte Miroku. „Wenn wir näher ranfliegen, bemerkt er uns wahrscheinlich“, stellte Inuyasha fest, blickte mit zusammengekniffenen Augen hinunter, und, „Ich kann seinen Geruch nicht richtig wahrnehmen, der Qualm des Feuers beißt zu sehr.“ Miroku legte nachdenklich seine Hand ans Kinn. Kirara machte eine Wendung und entfernte sich wieder ein Stückchen von dem Menschen, der dort unten so exposiert saß und sich einfach nur zu wärmen schien. Miroku sah hinunter. „Wir haben keine Zeit!“, murmelte er ungeduldig. „Wenn ich wüsste, wie ich sichergehen kann, dass es wirklich der Mönch ist, den du suchst...“, grummelte Inuyasha, der mit den Armen um Kiraras Hals geschlungen nach unten starrte. „Das ist einfach, seine Narbe“, erwiderte Miroku sofort. Inuyasha fuhr hoch. „Tatsächlich?“
 

Der Mönch am Lagerfeuer war tatsächlich dabei, über dem Feuer ein paar Eidechsen zu braten, die an Zweigen längs augespießt waren. Eine Bewegung aus dem Augenwinkel ließ ihn aufsehen. Die Bewegung war so schnell, dass er nur ein verschwommenes Rot wahrnahm. Was ihn gerade noch rettete, war der simple Reflex, sich flach zu Boden zu werfen, und das war gerade noch im rechten Moment. Direkt über seinem Rücken zischte etwas hinweg, das die Luft zum Vibrieren brachte. „Verdammt!“, drang es an sein Ohr. Der Mönch rappelte sich geschwind auf. Ihm gegenüber, auf der anderen Seite des Feuers, stand in seinem lodernden Gewand der Halbdämon Inuyasha mit gezückten Krallen. Hinter ihm setzte eine riesenhafte Dämonenkatze auf das Plateau auf, und auf ihrem Rücken hockte der Mönch Miroku, den Bettelstab kampfbereit erhoben.

Inuyasha entblößte die Zähne. Im ersten Augenblick wirkte sein Gegenüber wirklich nur wie ein eingeschüchterter Mönch mit verdammt guten Reflexen, der sich verunsichert an seinen Stab klammerte... doch Mirokus Beschreibung traf haargenau zu, eine Narbe auf der linken Gesichtshälfte. Das Auge allerdings lag im Schatten der Hutkrempe. „Sieh an, Inuyasha“, meinte der Mönch leise, „Ich hätte nicht erwartet, dass du zu mir kommen würdest.“ „Lass die Scherze und das Theater! Wir haben dich durchschaut! Ich habe nie in meinem Leben diese...“, er hob anklagend seine Hand, „Narbe verursacht!!“ Ein breites Lächeln ging um den faltigen Mund des Mönchs, während Miroku vorsichtig zu Boden glitt. „Ihr habt mich angelogen“, stellte Miroku fest und sah Keiryou forsch an. „Du bist nicht der, der du zu sein vorgibst. Wir haben dich durchschaut, Naraku!“
 

Keiryous Lächeln verbreiterte sich und er hob sein Gesicht so weit, dass kühle, schwarze Augen unter seiner Hutkrempe hervorblitzten. Miroku glitt ein eisiger Schauer über den Rücken. Beide Augen waren intakt, und beide schienen ihn geradezu erfrieren zu lassen. „Ich hätte nicht gedacht, dass du es noch schaffst, mich aufzuspüren“, gab Naraku zu und zog sich den Hut wieder tiefer ins Gesicht. In seiner Stimme war ein ekelhafter, schneidender Ton. „Aber es wird dir gar nichts nützen. Gefunden habt ihr mich vielleicht, aber besiegt noch lange nicht.“ Inuyasha und Miroku folgten ihm mit dem Blick, als er mehrere Schritte rückwärts machte, bis an die steil zerklüftete Wand, die das Plateau zum Berg hin begrenzte. Inuyasha trat vorwärts und starrte seinen Gegner zornerfüllt an. „Du hast Kikyou getötet“, sagte er tonlos. Naraku hob den Kopf diesmal nur so weit, um ein breites, hämisches Grinsen zu enthüllen, und erklärte: „Sehr richtig. Diese Frau war mir im Weg, doch ich musste den Juwel haben. Und du bist mir jahrelang dazwischengekommen. Inuyasha.“ Der Name kam nur gezischt über die Lippen, als wolle der Dämon ihn so wenig wie möglich benutzen. Miroku trat wieder kurz hinter Inuyasha und mischte sich ein: „Du konntest nicht mehr an den Juwel, weil Inuyasha im Wald lebte und in seiner Raserei zu gefährlich war, selbst für dich. Als ich ihn jedoch fortführte, konntest du heran. Du nahmst die Gestalt einer Hexe an und stahlst den Juwel.“ Narakus Miene wurde schmaler. „Nicht ganz, Mönch. Es war wirklich eine Hexe. Ich habe mit ihr einen Pakt geschlossen – sie würde das Grab ausrauben und Kikyous sterbliche Überreste erhalten, ich jedoch bekam den Juwel. Offenbar jedoch war das Schicksal gegen dieses Weib... Sie versuchte, Kikyou aus Knochen und Graberde ins Leben zurückkehren zu lassen, doch sie war ihr nicht so gehorsam wie sie gedacht hatte und tötete ihre Meisterin. Was habe ich gelacht!“

Inuyasha und Miroku wechselten einen kurzen Blick. Für einen Augenblick hing jeder seinen eigenen Gedanken nach, bis Miroku sagte: „Du hast also den Juwel bei dir.“ Naraku griff wortlos unter sein Gewand und förderte einen hell schimmernden Juwel an einer Kette zutage. Miroku machte einen Schritt zurück. „Es wird schwer“, sagte er flüsternd. Inuyasha nickte unmerklich und sah wieder auf Naraku. Auch jetzt wirkte er noch wie ein schwächlicher Mensch...
 

Der Angriff kam aus Mirokus Sicht vollkommen unerwartet. Keiryou, nein, Naraku, machte jedoch nur einen beherzten Sprung und entkam Inuyashas Krallen spielerisch. Er landete hinter dem Halbdämon. „Du bist zu langsam“, sagte er neckisch, und presste ihm die Hand auf den Rücken. Inuyasha schrie auf und taumelte vorwärts gegen die Wand. „Was hast du getan?“, stieß Miroku aus. Kirara neben ihm knurrte den falschen Mönch an. Inuyasha kam auf zitternden Beinen wieder hoch. Sein Oberteil war durchrissen, und es mochte von Blut durchsickert sein, dies konnte man aber auf dem roten Stoff nur schwer ausmachen. Inuyasha senkte seine dunklen Augenbrauen und in seinen Augen funkelte es. „Du denkst, du hättest leichtes Spiel?“, fragte er. Keiryou schob sich den Hut aus der Stirn und warf ihn dann ganz zu Boden. Seine dunklen Augen waren leer und zeigten keine Spur von Regung. „Du bist zu langsam“, wiederholte er nur seine Aussage. „Du verdammter Bastard!!“ Der Halbdämon holte aus, doch wieder machte Naraku einen Schritt zur Seite und entkam so spielend leicht, als handele es sich nicht um einen Kampf sondern vielmehr um ein eingeübtes Schauspiel, einen Tanz. „Rrrraaaaaaaaaaaah!“ Inuyasha versuchte, noch einen Treffer zu landen. Diesmal sprang Naraku hoch in die Luft, indem er sich nur mit seinen Beinen abstieß. Im Fallen riss er die Hand nach unten, und aus dieser peitschte etwas hervor, das Miroku nicht erkennen konnte, so schnell war es. Inuyasha stieß einen Schrei hervor und ging in die Knie. Über seiner Schulter zeigte sich ein dunkler Riss im Stoff, und es war eindeutig sein Blut, das auf den Boden tropfte. Naraku landete Inuyasha genau gegenüber. „Siehst du? Du hast keine Chance.“
 

Miroku wusste, dass er Recht hatte. Inuyasha war dem Gegner hoffnungslos unterlegen. Der Halbdämon kam wieder auf die Beine und fletschte die Zähne wie ein Raubtier. Seine Pupillen verengten sich und das Gold seiner Iris begann fürchterlich zu funkeln. „Du hast Kikyou ermordet! Ich bring dich um!“ Sein Krallenhieb war stärker als vorher. Miroku nahm wahr, dass Naraku um ein Haar erwischt worden wäre, doch um diese Haaresbreite entkam er, und landete mit den Füßen an der Felswand. In dem Moment jedoch, wo er sich abzustoßen gedachte, ertönte ein lautes Fauchen. Flammen waberten, und dann fiel der Bettelstab Keiryous klirrend zu Boden. Kirara hatte sich einfach auf ihn gestürzt und ihre Zähne in seine Seite gegraben. Miroku eilte zu Inuyasha. Dieser kam wieder auf die Beine und sah ihn verbissen an. „Was ist mit dir?“, zischte er, „Warum siehst du nur zu!?“ Miroku zog sich einen Schritt zurück. „Was für eine Frage. Es ist doch deine Rache. Wenn ich...“ „Siehst du nicht, dass ich keine Chance habe!?!“, schrie ihn der Halbdämon an, „Ich soll also allein kämpfen, für Kikyou, und du? Er hat dein Leben verflucht, und du rührst keinen Finger!?“ Miroku machte noch einen Schritt zurück. „Ich...“
 

Ihr Gespräch wurde von Kiraras Aufschrei unterbrochen. Die Katze wich von Naraku zurück und taumelte. Ihre Augen waren weit aufgerissen und sie schien vollkommen die Kontrolle über sich verloren zu haben. Ohne sich halten zu können, knickten ihre Beine ein und sie fiel, doch es war nichts mehr, was sie hielt. Sie war schon zu nah am Abgrund gewesen, und fiel. Von unten ertönte ein Knacken in den weit entfernten Bäumen.

Inuyasha machte mehrere Schritte zurück, weg von ihrem Gegner. Er warf nur einen kurzen Blick hinter Kirara her, doch er musste sich auf Naraku konzentrieren. Dieser hatte sich in den wenigen Augenblicken vollkommen gewandelt; sein Gesicht war das eines jungen Mannes geworden, mit edlen, fein geschnittenen Zügen. Sein Haar hing ihm wie eine Mähne in langen schwarzen Locken über den Rücken. Nur die Kleidung war noch die eines Mönchs. „Das ist deine wahre Gestalt?“, fragte Miroku. Naraku sah ihn an. An der ganzen Erscheinung waren nur seine Augen wie vorher, leer und ausdruckslos. „Meine wahre Gestalt gibt es nicht. Ich bin niemand und jeder.“

Miroku entschloss, dass es keinen Vorteil hätte, den Sinn dieser Worte zu hinterfragen. Er hob seinen Bettelstab und griff in seinem Ausschnitt nach Bannzetteln. Naraku sah ihm schweigend dabei zu und rührte auch dann keinen Finger, als Inuyasha neben dem Mönch auf die Beine kam. „Das wirst du bezahlen, Naraku“, zischte er. „Warte“, murmelte Miroku, „Wir brauchen eine Strategie!“ Ein Blick aus den goldenen Augen traf ihn. „Was für eine?“ „Ich werde ihn schwächen, erst dann greifst du an.“ Miroku machte einen forschen Schritt nach vorn und hob seine Hand mit den Bannzetteln. Es würde nicht einfach, aber er war stark. Dass Naraku ihn damals angegriffen hatte, war der beste Beweis, dass er seine Kraft fürchtete. Sein Gegner machte nicht einmal Anstalten sich zu bewegen, als Miroku noch einen Schritt auf ihn zumachte. Der Mönch ließ sich davon nicht irritieren. Seine Hand zuckte nach vorn, um das Stück Papier mit den Formeln auf seinen Gegner zu drücken – und wich zurück.

„Du!“, stieß er aus. Entsetzt wich er vor seinem Gegenüber zurück. Die Frau, die ihm gegenüberstand, lächelte elegant. „Erkennst du mich also wieder?“, fragte sie. Miroku sah sie mit weit aufgerissenen Augen an. Er machte ein paar Schritte zurück, schwankte. „Wer ist sie?“, erkundigte sich Inuyasha grimmig. Miroku antwortete nicht. Sein Blick war voller Angst auf die Frau gerichtet. Ein unmerkliches Zittern lief über seinen Körper. Inuyasha wechselte einen Blick zwischen ihm und dem verwandelten Naraku, dann erstarrte er. Natürlich...!

Inuyasha setzte mit einem Sprung an Miroku vorbei und landete vor dem Gegner. „Glaubst du, so ein billiger Trick wirkt auch bei mir?!“, schrie er, und hob die Krallen. „Oh nein, der Meinung bin ich nicht“, sagte Naraku. Nun war es Inuyasha, der zurückwich. Sein Gesicht spiegelte erst einen Augenblick Entsetzen. Dann verfinsterte sich seine Miene drastisch. Er setzte zurück. Miroku blickte zu ihrem Gegner. Er hatte die Gestalt von Kikyou angenommen.

„Ich kann sie nicht töten“, murmelte Inuyasha. „Selbst wenn ich es weiß... Ich hab sie bereits zweimal unschudig vernichtet!“ Miroku senkte den Kopf. „Eine hinterhältige Art zu kämpfen“, brachte er hervor. „Das mag sein, aber mir ist jedes Mittel recht“, lächelte die falsche Kikyou mit sanfter Stimme. „Du verdammter...“, presste Inuyasha hervor. Er ballte die rechte Hand so fest zur Faust, dass seine langen Krallen sich in das eigene Fleisch bohrten. Dennoch stand er wie angewachsen da.

„Inuyasha, das ist dein Ende!“, rief Kikyou. Sie machte einen Satz nach vorn und presste Inuyasha ihre Handfläche gegen den Bauch. Inuyasha stieß einen markerschütternden Schrei aus. Sein Blut spritzte auf die Felsen. Sein ganzes Gesicht verzerrte sich in Schmerz und behielt den Ausdruck bei, als Kikyou ihre Hand zurückzog. Seine Knie knickten ein und er sank zu Boden. Seine Augen waren weit aufgerissen, sein Mund leicht geöffnet. Miroku stand nur wie erstarrt da und blickte auf den Halbdämon.
 

Endlich durchbrach Kikyou die Stille. „Stirb, Inuyasha“, sagte sie eiskalt. Sie trat dem Halbdämon mit dem Fuß genau gegen den Bauch, die Stelle, wo sie ihn gerade verletzt hatte. Inuyasha spuckte Blut, als er sich unter dem Tritt mehrmals überschlagend auf den Rand der Klippe zubewegte. Er blieb dort liegen, nur Millimeter vom felsigen Abgrund entfernt.

Miroku beschloss, dass er jetzt handeln musste. Mit dem Stab zuerst machte er einen Satz nach vorn und schlug ihn Kikyou in den Weg. Sie hielt ihn mit der Hand auf, doch weiter konnte sie nun erst einmal nicht. Inuyasha stöhnte leise, irgendwo kurz hinter Miroku. Dieser biss die Zähne zusammen und wusste, dass dies das Ende sein konnte. Kikyou sah ihn finster an und packte seinen Stab neben Mirokus Hand. Nun hielten sie ihn beide, er war zwischen ihnen. Kikyou begann, Druck auszuüben. Miroku fluchte leise und stemmte sich dagegen.

Es war ein kurzes Kräftemessen, doch Miroku war kein Kämpfer wie Inuyasha. Er hatte keine Chance. Unter dem Druck von Naraku in der Gestalt Kikyous, der wahrscheinlich noch von den Kräften des Juwels verstärkt wurde, rutschte er auf seinen Sandalen langsam rückwärts. Nun, wo Kikyou ihn so weit hatte, konnte er nichts mehr tun, er fand keinen Halt mehr. Auch ein letztes Aufbäumen brachte nichts. Sein Fuß stieß gegen Inuyashas Körper, er konnte das Blut an seiner Ferse spüren, das ihm aus der tiefen Wunde quoll. Und Kikyou schob. Ihr Gesicht verzerrte sich zu einer dämonischen Maske, als sie den letzten Stoß gab.
 

„NEIN!!“
 

Inuyasha fiel, zurückgestoßen von Mirokus Fuß. Der Mönch ließ seinen Stab los und fuhr herum, ließ sich direkt am Abhang auf die Knie fallen. Ein rotes Wirbeln leuchtete auf. Im Fallen wendete sich Inuyashas Gesicht Miroku zu. Es war fast ausdruckslos, doch seine goldenen Augen suchten den Blick Mirokus. Dann verschwand die Gestalt mit einem lauten Knacken in den Bäumen, ohne noch einen einzigen Laut von sich gegeben zu haben.
 

Kikyou hatte inne gehalten und war neben Miroku stehengeblieben. Dieser richtete sich langsam wieder auf, und drehte sich zu ihr. Ein hohler Schrei entkam seiner Kehle, als er sich auf die falsche Miko stürzte. Kikyou fiel und landete am Boden. Der Mönch trat über ihn, als er wieder die andere Frauengestalt annahm, gegen die er zuvor machtlos gewesen war. „Damit hältst du mich nicht auf!“, schrie Miroku wütend und riss seine Bannzettel hervor. Naraku ließ Mirokus Stab, der er immer noch in der Hand gehalten hatte, zu Boden fallen und rollte sich ab. Entkam um Haaresbreite. „Du verdammter...!“, entkam es Miroku. Seine Augen waren aufgerissen, wie von Sinnen. Er hob seinen Fuß und trat damit seinem Gegner auf die Brust. „Das werde ich dir nie verzeihen, Naraku. Du hast mein Leben zerstört“, brachte er hervor. Von dem kurzen Kampf klebten ihm die Haarsträhnen im Gesicht und sein Zopf hatte sich gelöst. In seinem Gesicht war purer Hass. Naraku starrte ihn aus weit aufgerissenen Augen an. „Woher kommt diese Kraft...?“, murmelte er ungläubig. Er machte keine Anstalten, sich zu rühren. Miroku senkte den Kopf und streckte die Fläche seiner rechten Hand dem Gegner entgegen. „Stirb mit der Waffe, die du mir so töricht überlassen hast“, sagte er leise. Mit der linken riss er sich die Gebetskette so kraftvoll vom Arm, dass die Schnur riss und die weißen Perlen sich mit leichtem Klacken über das Felsenplateau ergossen. Ein paar von ihnen rollten über den Abgrund hinaus und fielen irgendwo in den Wald tief unten.
 

Inuyasha hatte die Augen geöffnet. Über sich sah er Bäume, und irgendwo hoch oben den Felsenvorsprung von dem er wusste, dass dort Naraku und Miroku noch immer waren. Um ihn herum jedoch war alles seltsam still, nicht einmal Vögel wollte er vernehmen. Er versuchte gar nicht erst, aufzustehen. Sein ganzer Körper war von Schmerzen angefüllt, er wusste, er würde es jetzt nicht schaffen. Er konnte nur liegen bleiben und hoffen.
 

Ein Aufschrei ertönte von oben. Vor Inuyashas Augen breitete sich über dem Felsplateau ein riesiger, schwarzer Strudel aus.
 

Ich weiß, dass es eines Tages größer werden wird als meine Handfläche. Und ich weiß, dass es mich dann verschlingen wird, wie es alles andere verschlingt was sich in seinem Wirkungsbereich befindet.
 

Inuyasha konnte sehen, wie der Felsen selbst zum Teil von dem Strudel verschlungen wurde. Steinsbrocken lösten sich von den Kanten des Plateaus und verschwanden im Nichts. Auch an ihm zerrte der Wind wie eine Bestie, und von den Wipfeln der Bäume rissen sich Zweige und ganze Äste los. Wenige Sekunden später war der Spuk vorüber. Eine einzelne, weiße Perle landete auf Inuyashas Brust. Dann war es still.
 

Wenn dich das schwarze Loch wirklich verschlingt, dann komme ich mit dir. Sonst hat alles keinen Sinn.
 

Und Inuyasha wusste, dass er sein Versprechen nicht hatte einhalten können, und dass er nie wieder die Gelegenheit dazu haben würde.

Epilog・Wind

Ich würde sagen, die allgemeinen Statements vorneweg, da ich hoffe, dass der Epilog zumindest ein bisschen anrührend ist und das nicht zerstören will. Also, erst mal, klare Ansage: Die Fanfic ist jetzt vorbei, und es wird weder eine Fortsetzung geben noch habe ich in nächster Zeit andere Shonen-Ai oder Inuyasha-Projekte vor. Sollte ich überhaupt in nächster Zeit neue Fanfictions schreiben, werden das entweder Kapitel der „Chiisana Love-Stories“ sein, die ich mit Ditsch zusammen schreibe (-> meine Favoriten) oder ich fange mein lange gehegtes Projekt „Color no Senshi“ an, was aber noch nicht sicher wäre.
 

Ich möchte noch ein paar Takte zu der Geschichte an sich sagen. Zuerst einmal, das Konzept ist jetzt über ein Jahr alt. Und ich muss sagen, ich würde heute nie wieder eine solche Fanfiction anfangen, da ich einerseits etwas habe gegen Shonen-Ai Kuppeleien, die in der Serie nicht mal angedeutet werden; und außerdem gefällt es mir auch nicht mehr, vorhandenen Charakteren neue Vorgeschichten etc. zu verpassen. Ich glaube, wenn ich sie nicht geschrieben hätte, hätte ich eine FF wie diese niemals gelesen...
 

„Hanyou wo Tomete!!“ ist damals ziemlich spontan entstanden. Bereits damals habe ich eine komplette Storyline ausgearbeitet, die in etwa so aussah, dass Miroku Kaede trifft, zögernd einwilligt, Inuyasha zu jagen, ihn bannt und sich mit ihm anfreundet, wie es auch in der FF war. Nach meinem damaligen Verlauf hätte Kaede bereits da die Dämonenjägerin Shinju auf die zwei gehetzt, die sich aber in Inuyasha verliebt und nachdem sie auch noch von den beiden gerettet worden wäre, Selbstmord begangen hätte. In der Geschichte wäre es dann zu einem Showdown mit Kaede gekommen, Miroku hätte sie überzeugt, dass Inuyasha nichts böses mehr tut und dann wäre es zuende gewesen. Na ja, das habe ich aber wie ihr seht nicht so gemacht und ich bin auch ganz froh, denn das mit Naraku finde ich doch recht interessant. Dass Keiryou Naraku ist, hatte ich schon entschieden, als er das erste mal auftauchte.
 

Beim Schreiben bin ich teilweise sehr impulsiv vorgegangen und habe benutzt, was mir gerade einfiel. Manchmal zumindest, zum Teil, und besonders am Schluss hatte ich aber auch eine klare Vorstellung, wie es weitergehen sollte.

Zwischendurch hatte ich noch die Idee, dass Sesshomaru auftauchen könnte, aber das habe ich dann doch gelassen, weil ich die Geschichte aus oben erwähnter Abneigung langsam beenden wollte (langsam, ne? ^^“)
 

Irgendwie wollte ich noch was über die Beziehung meiner beiden Hauptcharaktere schreiben. Ich würde nicht sagen, dass es Liebe ist. Eher auf gar keinen Fall. Die zwei haben sich getroffen und ähnliche Vorgeschichten. Außerdem hatten sie beide seit einiger Zeit kaum noch Kontakt zu Menschen, da musste so etwas dabei rauskommen. Aber ich hätte z.B. auch keine Chance gesehen, den beiden so was wie ein „Und sie lebten Glücklich bis an ihr Lebensende“ zu verpassen, wenn ich Miroku hätte überleben lassen. Also, es musste so, sonst hätten sie sich ziemlich bald verkracht, schätze ich. Sie würden charakterlich nicht sonderlich zusammenpassen, Miroku als (hier) ewiger Feigling und der, der vor allem wegläuft und Inuyasha weiß eigentlich ziemlich genau, was er will. Nee, so was geht nicht... Im Original hätten sie aber auch nicht zusammengepasst, weil Miroku zu sehr auf Frauen und Inuyasha zu sehr auf Kikyou und Kagome fixiert ist...
 

Ich entschuldige mich noch mal für mein langsames Arbeiten in letzter Zeit bzw. zumindest im letzten halben Jahr. Es gab so viel zu tun, und bereits da fand ich die Story schon nicht mehr so toll.

Trotzdem danke ich euch Lesern für bisher 84 Kommentare zu 24 Kapiteln. Das ist stark und mehr als ich je zu einer anderen FF bekommen habe. Ich hoffe, dass zumindest ein paar von euch meinen Stil gut finden und evtl. auch in andere Fanfictions von mir reinsehen.

Tja, und ich sehe, ich langweile euch schon, also schnell los mit dem Epilog. Viel Spaß und auf Wiedersehen!!
 

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Es war ein ruhiger Wintertag in dem kleinen Dorf am Dämonenwald. Die Sonne schien von einem klaren, wolkenlosen Himmel hinab und sorgte so für eine annehmbare Temperatur, in der die Bewohner auf den Feldern arbeiten konnten. Man sah Kinder im Spiel zwischen den Hütten hindurchlaufen, Männer und Frauen setzten Samen für den kommenden Frühling. Aus ein paar Häusern drang ein leichter, heller Rauch der sich ein bisschen träge in die Luft verteilte.

In einer kleinen Wiese am Rand des Dorfes hockte eine alte Frau in dem Gewand einer Miko, also mit einem weißen Oberteil mit weiten Ärmeln und roten Hakama-Hosen. Ihr Gesicht war von Falten gezeichnet und ihr Haar durchgehend grau, das linke Auge von einer hölzernen Klappe verdeckt, doch das rechte funkelte gesund. Neben sich hatte die Alte einen kleinen Bambuskorb stehen und mit nicht all zu schnellen, aber sicheren Bewegungen durchkämmte sie das Gras und riss hin und wieder ein Kraut heraus, um es kurz zu betrachten und dann zu anderen zu legen.

Sie wurde beobachtet. Die Bewegungen von Kaede – denn niemand anderes war die alte Frau – waren allesamt verfolgt vom Blick eines Mannes, der auf dem breitesten Ast einer kleinen Eiche knapp neben der Wiese hockte. Die Hände hinter dem Kopf verschränkt, Oberkörper gegen den Stamm gelehnt und die Beine übergeschlagen, glitt sein Blick gelassen über sie, das Dorf und die Hügel. Es war Inuyasha, mit silbernem Haar und goldenen Augen, gewandet in Rot wie eh und je. War Kaede mittlerweile alt geworden, so hatte die Zeit in seinem Antlitz kaum eine Spur hinterlassen. Lediglich das Funkeln in seinen Augen schien en Stück ruhiger und weiser geworden zu sein. Der Halbdämon senkte beruhigt die Lider.
 

Damals hatte er am Fuß des Berges gelegen, unfähig sich zu bewegen hatte er einfach in die Luft gestarrt und versucht zu begreifen, dass es vorbei war, und dass Miroku nicht zurückkommen würde. In ihm hatte sich eine Leere ausgebreitet, fast wie das schwarze Loch, in dem alles verschwunden war, und hatte jegliches Gefühl einfach verschluckt.

Irgendwann war Kirara aufgetaucht. Sie war getaumelt, offenbar noch geschwächt vom Angriff Narakus und dem Absturz, hatte sich erschöpft neben ihm niedergelassen und ein einziges klagendes Miauen hervorgebraucht. Dann war des wieder still gewesen.

Erst am nächsten Morgen hatte er, wenn auch mit leichten Schmerzen, aufstehen können. Sein Körper war fast wieder geheilt gewesen, doch die Leere hatte noch immer in ihm getobt. Er hatte die schlafende Dämonenkatze hochgenommen und war mit ihr an den einzigen Ort gezogen, der ihm einfiel; den Dämonenwald. Vielleicht, weil er immer dorthin zurückgekehrt war. Oder weil er ihn mit etwas zu verbinden schien, was jetzt Vergangenheit war. Er hatte sich dort unbemerkt niedergelassen und war geblieben.

Kirara war nach ihrer kompletten Genesung eines Morgens verschwunden. Wahrscheinlich war sie in ihre Heimat, das Dorf der Dämonenjäger, zurückgekehrt, aber das konnte er nicht mit Sicherheit sagen. Er selbst hatte den Winter zwischen den kahlen Bäumen verbracht, die noch leerer schienen, als sein Inneres. War ein wenig herumgestreift, hatte gejagt, wenn ihn der Hunger packte, dafür war er auch über die Berge gezogen. Doch meistens hatte er einfach im Wipfel irgendeines Baumes gesessen und sich wie betäubt gefühlt. Weder hatte er das Geschehene wirklich begreifen können, noch hatte er Anstalten gemacht, etwas zu tun, oder sich loszureißen. In der Jahreszeit, in der Raureif die Gegend überzogen hatte, war auch er in eine Starre gefallen.

In der ersten Nacht, die er als Mensch verbrachte, war die Betäubung einem pochenden Schmerz gewichen, und er hatte geweint, bis er sich vollkommen leer fühlte, aber der Schmerz war immer noch dagewesen. Nur da. Am nächsten Tag, mit dem Rückkehr seiner Fangzähne und seines goldenen Haares war alles wieder bei der alten Betäubung geblieben. Doch auch nur das bis der Winter sich langsam zu neigen begann. Er hatte begonnen, Nachts Albträume zu haben, in denen meist Miroku, schwarzes Löcher und Blut oder Schmerzen für mindestens einen von ihnen vorkamen. Wenn er dann wieder einmal geträumt hatte, Miroku mit seinen eigenen Krallen zu zerreißen oder dass dieser ihn höhnisch lachend ansah, bevor er sich selbst vernichtete, erklang mitten in der Nacht ein Schrei aus seiner Kehle, der den ganzen Wald erfüllte und sogar auf ein paar fernen Wipfeln noch Vögel aufscheuchte.

In einer Neumondnacht, die aufgrund des nahenden Frühlings schon ein wenig wärmer gewesen war, als die vergangenen, hatte er beschlossen, dass die Einsamkeit ihn verrückt machte. Er brauchte Gesellschaft. An einem der ersten warmen Tage des Frühjahrs war er ins Dorf gezogen. Alle Bewohner hatten sich auf den Feldern befunden und wahrscheinlich nicht einmal bemerkt, dass der Halbdämon den Wald verlassen hatte. Nur Kaede war gerade ihre Hütte verlassen, als er kam, und hatte den mit Kräutern gefüllten Korb in ihren Händen fallen gelassen. Inuyasha, hatte sie entsetzt hervorgepresst. Dann hatte sie Anstalten gemacht, wieder in ihre Bleibe zu verschwinden. Er hatte sich ihr mit einem Satz in den Weg gestellt so dass sie ängstlich zurückgewichen war. Was willst du, hatte sie gefragt. Statt einer Antwort hatte er sich auf die Knie geworfen und vor ihr den Kopf bis fast an den Erdboden gebeugt. Verzeih mir, hatte er laut gerufen, bitte verzeih mir. Kaede hatte ihn entsetzt angesehen und nur hervorgepresst, was? Er hatte, weiterhin mit gesenktem Kopf gesprochen und versucht, es zu erklären. Du wirst es nicht glauben, aber bitte, lass mich dir alles erklären, warum deine Schwester tot ist, was geschehen ist. Bitte hör mir zu. Sie hatte ihn erstaunt angesehen und war dann, als er noch immer nicht aufstand, an ihm vorbei zum Eingang ihrer Hütte getreten. Komm herein, hatte sie leise gesagt.

Es hatte eine Weile gebraucht, bis Kaede ihm alles geglaubt hatte. Sie war misstrauisch gewesen, hatte eine Falle vermutet, doch am Ende hatte sie ihn forschend angesehen und vielleicht etwas entdeckt, was sie ihm glauben ließ. Als er jedoch die Bitte äußerte, im Dorf bleiben zu dürfen, war sie skeptisch gewesen und hatte die Vermutung geäußert, dass die Bewohner kaum den in ihrer Mitte dulden würden, der ihre Familien auf dem Gewissen hatte. Bitte, ich wüsste nicht, wo ich sonst hinsoll! ... Gut, wir können es versuchen.

Mit Kaedes Versicherung hatten die Bewohner des Dorfes seine Geschichte geglaubt und nach einem Kniefall und dem Versprechen, nie jemanden von ihnen anzugreifen, oder sie könnten ihn tötet, eingewilligt ihn dort wohnen zu lassen. Freilich – ihre Blicke hatten ihn böse gemustert und als sie auf die Felder zurückkehrten, hatten sie ihn nicht eines Blickes gewürdigt.
 

Das war vorbei. Inuyasha blickte sanft zu einer Gruppe von Kindern, die sich zwischen den Häusern versteckten. Sie, oder anders gesagt, diejenigen die damals so jung gewesen waren, hatten ihn als erste akzeptiert, hatten sogar einen Heidenspaß darin gefunden, „Kampf gegen den Dämon“ mit ihm zu spielen und darin zu wetteifern, wem es ale erstes gelingen würde, ihn in die Hundeohren zu kneifen. Alle anderen waren misstrauisch geblieben. Misstrauisch, aber nicht feindselig.
 

Jetzt, als er über die Felder schaute, konnte er die Kinder von damals auf den Feldern arbeiten sehen, gemeinsam mit ihren Kindern und, in ein paar Fällen, Enkelkindern. Sie alle waren mit ihm als ein Teil des Dorfes aufgewachsen, kaum jemand von ihnen dachte noch oft an Kikyou, und die Geschichte vom bösen Dämonen Inuyasha, der in Vollmondnächten verrückt spielte, war nur eine Geschichte, um den Kindern ein bisschen Angst zu machen.
 

Inuyasha ließ abwesend die Bannkette an seinem Hals durch die Finger gleiten und lehnte sich ein bisschen zurück. Manchmal dachte er noch an Miroku zurück und die Zeit die sie miteinander verbracht hatten, selten auch mal an Kikyou, aber die Erinnerungen schmerzten nicht mehr, sondern waren ein Teil von ihm geworden. Und er war Miroku, und auch Kikyou, dankbar, dass sie ihm die Chance gegeben hatten, wie ein Mensch zu leben und nicht wie eine Bestie.
 

Ein leichter Hauch brachte die Blätter um ihn herum zum Rauschen und schien ihn sanft an der Wange zu berühren und durch seine Haare zu streichen. Vielleicht war es Kikyou. Vielleicht war es Miroku. Aber wahrscheinlich war es nur der Wind, der bis in die Ewigkeit über Baumwipfel und Berge streift.



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Von:  mor
2010-03-17T19:30:43+00:00 17.03.2010 20:30
^^ Die ff ist echt Klasse ^^ von Dramen,Liebe,Spannenden Kämpfen...alles ist dabei ^^ grinz ^^ genau mein Geschmack ^^
Von:  Schalmali
2008-01-24T14:54:21+00:00 24.01.2008 15:54
Traurig traurig also hast du Miroku wirklich abkratzen lassen aber was solls, es passt ja. Gegen darmatisch hab ich nichts solang es eine Art Happy End gibt und das ist ja gegeben. Durch Miroku und Kikyou hat Inuyasha einen Platz gefunden. Er scheint zufrieden, ja vielleicht sogar glücklich und der böseste von allen - alias Naraku - ist auch hinüber und nicht mehr wiedergekehrt. Achso falls du dich fragt wieso ich erst jetzt kommentiert habe - siehe mein Weblog. Wie auch immer, nette Geschichte, auch wenn es sich so ließt, als würdest du sie selbst nicht mehr so mögen hehe.
Von:  Schalmali
2008-01-24T14:45:43+00:00 24.01.2008 15:45
Gutes Kapitel. Der Kampf war doch recht nett geschrieben. Schade dass Inuyasha so kraftlos erschien aber immerhin hat dien Naraku das Juwel komplett in den Händen und Inuyasha kein Tessaiga ^^ Miroku vernichtet ihn also in einer Verzweiflungstat? So ließt es sich, aber noch hab ich den Epilog zu lesen ob sich das was Inuyasha dachte auch bestätigt...
Von:  Mercer
2007-11-26T20:16:41+00:00 26.11.2007 21:16
also, ich muss sagen, dass ich den Epilog als wunderschön formuliert empfinde, und auch wenn mich die Atmosphäre, die nach dem Lesen dieses Textes im Raum zurückbleibt, nachdenklich bis schwermütig stimmt, halte ich dies mittlerweile für ein "richtiges" Ende (falls es ein solches überhaupt gibt ^^), denn gerade dadurch, dass es traurig ist, wird man sich immer daran erinnern...
Ich muss auch noch bemerken, dass ich deine abschließenden Worte schätze, ich denke, vor allem in der Beziehung zwischen den Hauptcharakteren hast du Recht- eine richtige Liebe.. das Wort erscheint übertrieben, und vermutlich wären die beiden auf lange Sicht nicht glücklich geworden(auch wenn ich ihnen das wirklich gegönnt hätte ^^) trotzdem finde ich es toll, dass du etwas über die beiden geschrieben hast und dass du es auch für deine Leser vollendet hast, obwohl dir nicht mehr wirklich daran gelegen hat bzw. du es nicht mehr mochtest und du dir noch Zeit genommen hast, das Ende wirklich schön auszuformulieren!! Danke im Namen von allen, die das hier gern gelesen haben!!
Zu Inuyasha: Seine REaktion ist ziemlich real geworden, als Mensch dem Schmerz ausgeliefert, als Dämon gehemmt... in Anbetracht der Originalserie wirkt es zwar seltsam, dass er mal weise wird, ist aber nicht auszuschließen *gg* aber in dieser GEschichte scheint diese Seite gut zu ihm zu passen!! Irgendwie freue ich mich über dieses Ende für ihn, es scheint ihm doch gar nicht so übel zu ergehen, und ich finde, auch die letzten 3 Sätze zeigen sehr schön, dass er schon bald über Kikyo sowie Miroku VOLLKOMMEN hinweg sein wird, auch wenn er jetzt schon nicht mehr so darunter leidet.. und ich wünsche ihm noch eine schöne Zukunft =)
Eine wunderbare FF!! Meine GRatulation!!
gglg Mercer
Von:  Ditsch
2007-11-19T19:41:06+00:00 19.11.2007 20:41
Hach . . .
Ein schönes Ende... Auch wenn ich sonst so wenig über die Geschichte weiß ^^"
Sehr schön formuliert, auch wenn es scheint, als hättest du das ganze nicht einmal mehr durchgelesen, da schon einiges an sehr offensichtlichen Fehlern drin ist ûu Schade eigentlich...
Aber es lässt sich trotzdem sehr schön lesen^-^
Das mit dem Wind am Ende gefällt mir auch sehr gut!

Rin
Von:  malacay
2007-11-19T11:12:17+00:00 19.11.2007 12:12
ganzschön traurig
*drop*
aber irgendwie auch schön..
außerdem find ich geschichten mit traurigem ende sind die schönsten..schließlich geben sie besser die realitätet wieder
ein happy end wirkt deshalb eher unrealistisch..also so richtig happy..
das is zwar auch irgendwie ein frohes ende, aber irgendwie auch traurig..also sone mischung, die einen wenigstens ein bisschen tröstet
ich find es wirklich wahnsinnig toll
einen glückwunsch^^
lg, neko-chan
Von:  Mercer
2007-11-12T18:59:40+00:00 12.11.2007 19:59
okay... also... ich kann nur sagen, dass ich das Ende wirklich gut finde und daran keinerlei negative Kritik anzubringen habe. Natürlich habe ich (wie wohl jeder Fan^^) gehofft, dass die beiden ihr Happy End bekommen und irgendwo ruhig und verliebt verweilen können... oder irgendwie so auf diese Art... aber andererseits hat so ein Ende einfach mehr Stil, es macht traurig, nachdenklich und betroffen zugleich... bei diesem Kapitel habe ich mir irgendwie vorgestellt, dass du mir diese GEschichte erzählst und ich gedanklich (wie denn sonst *gg*) an deinen Lippen hänge und die nächsten Worte kaum erwarten kann... du sagtest, da folgt noch ein Epilog... krige ich Bescheid??=)
ich finde den Kampf sehr gelungen, es zeigt einfach, wie übermächtig Naraku ist und es immer war.. und dass die einzige Möglichkeit, ihn aufzuhalten, Opfer mit sich bringt... nja... ich bin schon traurig, wie ich zugeben muss *schniff* aber ich kann nur die Komplimente wiederholen: das ist eine echt gelungene Story, die ich sicher immer wieder gerne lese!!!
Bis bald!!
gglg Mercer
Von:  GnazisTherapie
2007-08-13T21:19:26+00:00 13.08.2007 23:19
Du brauchst dich doch nicht entschuldigen, dass das Kapitel zu kurz ist...tze.
Ich hoffe du hast einen schönen Aufenthalt bei deiner Gastfamilie. Meine in England war ja nicht so berauschend . . . eher ein wenig assig.
Ansonsten finde ich dein Kapitel so gut, sowas muss auch mal sein. Nicht nur übertriebende Bettgeschichten. Rein. Raus und nachher eine dicke Zigarre=P
xD
Bin dann mal gespannt<3

Eh! Naraku als hässliche Hexe! Wrrroah! Echt rollig...DX
XDDD

LG
Das dümmste Obstbrot, welches je existierteO___Ov
Von:  Mercer
2007-08-01T16:40:13+00:00 01.08.2007 18:40
also, ich finde das Kapitel gut, und mir gefällt auch, dass das Wachsen des schwarzen Lochs betont wird. Mir gefiel der Part der Geschichte irgendwie schon immer, das hat so was... Tragisches (sry, Drama-Freak ^^°)
mich stört die Länge nicht sonderlich, auch wenn ich sofort mehr gelesen hätte^^ ich finde es gut gelöst, hier aufzuhören... aufschlussreich ist das Kapitel schließlich auch!!
Bin schon gespannt auf Showdown und so ^^
lg
Von:  Schalmali
2007-07-28T17:02:48+00:00 28.07.2007 19:02
Hehe alles klar. War recht nett, trotz dessen dass es kurz war. Da war also Miroku nicht einmal einversüchtig sondern nur besorgt wegen seinem schwarzen Loch. Na mal gespannt wie du die Sache noch abschließen wirst um zu einem Happy End... oder einem normalen Ende zu kommen ^^


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