Zum Inhalt der Seite

Hirngespinnste

Eine Sammlung geistigen Mülls... sprich Kurzgeschichten ~ die neuste für Tonja
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Von Rittern und Bettlern

Von Rittern und Bettlern
 

Patsch… Patsch… Patsch…

Das Geräusch seiner durchweichten Schuhe hallte unangenehm schrill in seinen Ohren wider und vermischte sich dort mit dem Rauschen seines Blutes, das ihm mehr und mehr zu Kopf stieg. Seine Schritte wurden stetig schneller, je näher er dem Stand kam. Gleich würde er nur die Hand ausstrecken müssen und dann laufen.

Sein struppiges rotbraunes Haar hing ihm in dicken Strähnen ins Gesicht und versperrte ihm fast die Sicht. Nervös schob er es zur Seite, bevor seine Finger wie gewohnt unbeholfen über seine Nase strichen. So verhielt er sich immer, wenn er aufgeregt und verunsichert war. Würde ihn hier jemand kennen, er wäre schon Stunden vor der Marktschreier waren ihm fremd, so wie die leeren Gesichter der Bauern, die sich in diese gottverdammte Stadt verirrt hatten. Sie alle beachteten ihn nicht. Niemand beachtete hier einen Bettler, wie ihn. Zwischen all den Holzständen und den Stadtbewohnern, die nicht minder dreckig waren als er, fiel er auch nicht wirklich auf.

Noch nicht.

Bei diesem Gedanken schlossen sich seine Finger um das seit Minuten mit dem Blick fixierte Objekt und seine Füße wechselten, wie auf Kommando in einen Sprint. Ein Sprint um Leben und Tod.
 

~
 

Er liebte es so übers Land zu reiten. In legerer aber eleganter Kleidung, das Schwert nur locker am Sattel tragend. So genoss er das Leben als Ritter. Zu so friedlichen Zeiten, in denen es nur ab und an Ein paar Diebe zu fangen galt.

Die Sonne schien warm an diesem Herbsttag und der blaue Himmel entlockte ihm ein sanftes Lächeln. Im lockeren Trab näherte er sich mit seinem Schimmel den Toren der Stadt. Er freute sich regelrecht auf den Trubel des Marktes, dessen Lärm schon jetzt bis zu ihm drang.

Wenige Minuten nachdem er das große Eichentor passiert hatte, stieg er von seinem Pferd und ließ dieses von einem Stallknappen zu dem üblichen freien Unterstand bringen. Das Schwert an der Hüfte tragend machte er sich auf in Richtung Marktplatz. Er konnte bereits einige der Stimmen verstehen, wie sie ihre Ware anpriesen und versuchten auf sich aufmerksam zu machen. Als er sich durch die engen dreckigen Straßen schob, die schon hier voller Menschen waren, die zum Markt oder bereits wieder von ihm weg strömten, wurden die Stimmen lauter, aber auch undeutlicher. Darauf bedacht trockenen Fußes zum Markt zu gelangen, nahm er das jedoch nicht wahr. Ein zufriedenes Seufzen entwich seinen Lippen, als er zwischen den Häusern endlich das bunte Marktgetümmel erblickte.
 

~
 

Patsch, patsch, patsch.

Hastig stolperten seine Füße nun über die holprigen Steine des Platzes. Seine linke Hand war fest um das gerichtet, nachdem nun alle her waren. Seine rechte war wie zum Schutz für ihn nach vorn ausgestreckt, immer darauf bedacht Menschen oder Gegenstände aus dem Weg zu schubsen. Die viel zu heiße Herbstsonne brannte in seinen Augen, gerade so als wolle sie seine Flucht verhindern. Doch auch sie würde ihn nicht aufhalten können. Er hatte seinen Fluchtweg mehrmals durchgeplant und war ihn im Geiste schon tausendmal gerannt. Mit dem Überraschungsmoment auf seiner Seite würde er in wenigen Minuten vom Platz verschwunden und in Sicherheit sein.

Seine Augen flogen wild über die Straße vor ihm, immer auf der Hut vor eventuellen Gefahren und Hindernissen. Das Rauschen in seinen Ohren war nun so laut, dass es die „Dieb“ und „Haltet ihn!“-Rufe des Pöbels übertönte.

Ein loser Stein hinter einer der vielen Pfützen brachte ihn trotz aller Vorsicht zum stolpern und kappte den Kontakt seiner Augen zum Fluchtweg. Er strauchelte kurz, fing sich aber ab und wollte weiter rennen, als sich sein dreckiger Hemdkragen plötzlich eng um seine Gurgel legte.
 

~
 

Die Rufe hatten sich schnell aus all den Anpreisungen heraus kristallisiert, nachdem sie immer deutlicher in seine Richtung gerufen wurden. Kurz danach war der dreckige Unhold an ihm vorbei gestolpert. Gerade so dicht, dass er dessen Kragen zu fassen bekam. Mit einem heftigen Ruck zog er den Dieb zu sich, der vom Rückstoß vollkommen überfordert zu Boden ging.

„Fürst Vetter… edler Fürst, bestraft ihn!“, wurden nun sofort Rufe laut. Er war wütend, schließlich konnte er doch in diesen Zeiten des Wohlstandes keine Diebe in seiner Stadt dulden.

Langsam trat er vor die erbärmliche Gestalt, die nun auf den Knien am Boden kauerte. Seine grünbraunen Augen auf ihn gerichtet und eine Hand am Knauf seines Schwertes liegend, sprach er fordernd mit fester Stimme: „Elender Dieb, strecke deine Hände aus, auf das ich dich bestrafen kann!“.

Die Gestalt am Boden hob aber stattdessen den Kopf und erwiderte den festen Blick des Ritters, der nun mit erhobenem Schwert aus der Menge heraus strahlte, fast so wie die Sonne zwischen den Wolken, die sich jetzt langsam über den Himmel schoben. Eine eigentümliche Stille legte sich um Ritter und Bettler, grad so, als schirme irgendetwas das aufgeregte Gemurmel der Menge ab.

Langsam schob der Bettler nun seine Arme nach vorn, doch das nahm der Blonde zunächst nicht wahr. Sein Blick lag auf den grüngrauen Augen des Bettlers, die voller kindlicher Trauer hilfesuchend zu ihm aufsahen. Für Minuten, so schien ihm, versank er in all der Trauer und dem Schmerz, die aus diesen Augen sprachen.

Der halb geöffnete Kopf einer Sonnenblume war es, der seine Aufmerksamkeit auf die dreckigen Bettlerhände lenkte und sein Schwert sinken ließ. Schweigend sah er auf die Blume hinab und ging langsam in die Knie.

„Das ist deine Beute? Deswegen jagen sie dich?“, fragte er mit nunmehr sanfter Stimme. Der Bettler schien nun sichtlich verwirrt und nickte nur sachte.

„Für das Grab meiner Geliebten Mutter“, sagte er leise, obwohl er sich bewusst war, dass man nur nach einer Aufforderung sprach. Schnell senkte er den Kopf wie in Demut, hoffte aber, dass der hübsche Hüne vor ihm die aufkommenden Tränen nicht bemerkt hatte. Doch der Ritter schwieg wieder. Mit seinen langen Fingern griff er behutsam nach der Blume und drehte sie vorsichtig in seiner Hand.

„Wen hat dieser Mann bestohlen?“, rief er dann mit kräftiger Stimme, die für einen Moment den gesamten Platz in ruhe tauchte.

„Mich, mein Herr…“, ertönte eine junge Männerstimme und ein braungebrannter Bauer schon sich durch die Menge zu ihnen.

„Sprich, wie ist dein Name, Blumenhändler? Und wie viel kostet dem Mann hier diese Blume?“, sprach der Blonde, welcher sein Schwert nun längst wieder zurück in die Scheide hatte sinken lassen. Etwas verwirrt antwortete der Schwarzhaarige, der kurz darauf den doppelten Betrag in seinen Händen hielt.

Schneller als sie Menge realisieren konnte, was geschehen war, hatte der Ritter den kleineren Bettler am Kragen vom Platz gezogen. In einer stinkenden Seitengasse hielt er an und ließ den Bettler, der Mühe hatte, sich auf den Beinen zu halten, los. Kurz standen sie schweigend vor einander, sahen sich in die Augen, bis der Bettler etwas sagen wollte. Er öffnete den Mund, doch bevor er auch nur für das erste Wort Luft holen konnte, hielt ihm, der blonde Hüne die Sonnenblume entgegen.

„Eure Mutter wartet sicher, ihr solltet euch beeilen.“, sprach er leise und als die weichen Finger des Bettlers den Stiel der Sonnenblume umschlossen, zeichnete sich ein Lächeln auf beider Gesichter ab.

„Danke“, hauchte der Kleinere leise, bevor er sich umdrehte und los lief.

Patsch, patsch… patsch…

Der Ritter sah ihm noch lange nach, obgleich der Bettler schon nach wenigen Sekunden aus seinem Blickfeld verschwunden war. Nachdenklich fuhr er sich mit der Hand durch das dichte Blonde Haar und wandte sich zum Gehen. Als er bei Sonnenuntergang auf seinem Schimmel nach hause ritt, hatte er noch immer diese großen traurigen Kinderaugen, in denen er vorhin fast ertrunken war und die ihn so noch nie aus dem Gesicht eines Mannes angesehen hatten, vor sich.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (4)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  MSK
2008-08-17T15:12:27+00:00 17.08.2008 17:12
Hach ja...
Schandmaul. *smile*
In Handschrift kam mir die Story... nur länger vor o.O... strange.
Aber ich mag sie sehr.
Total schöne Bilder, die man so vor Augen hat. ^^

"Ich nahm ein Schwert
und tat den Schwur
der Rache und des Rechts
Nach vielen Jahren
steh ich hier
Die Klinge nach dir lechzt..." *summ*


hab dich lieb =)
Von: abgemeldet
2008-08-17T12:50:16+00:00 17.08.2008 14:50
ich hab doch zuerst echt gedacht der tut unsrem armen kleinen weh...
un son aufstand wegen ner blume ja..
total schön, am besten find ich die beschreibung der augen..
man verliebt sich richtig in die geschichte <3

einfach klasse freu mich jez schon aufs nächste =D

mfg mimiken
Von:  YouKnowNothing
2008-08-16T18:39:56+00:00 16.08.2008 20:39
woha... *_*
das ist... absolut genial geschrieben!
der stil, die idee... die wiederholung mit den schritten, die ganzen kleinen detaisl rundherum... einfach genial!

superklasse!

LG Sharingan-Moerder
Von:  Alex_Fischer
2008-08-16T13:03:44+00:00 16.08.2008 15:03
uuuuuuuuuuh *___*
*anhimmel*
die Story is voll toll *_*
*schwärm*
echt super geschrieben und auch von der Idee her total toll x33
auf jedenfall klasse x3
*deine story`s liebt*

Hab dich lieb x3
*knuffz*


Zurück