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Orpheus

RikuxSora
von

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Orpheus

Ich schmecke Sand.

Wie eine kalte trockene Erinnerung. Es ist Nacht. Mein Körper hat aufgegeben. Ich fühle meine Hand vor meiner Stirn, nur ein paar Zentimeter entfernt. Ich bin gefallen, schon vor langer langer Zeit. Der Boden auf den ich fiel ist Sand. Kalter trockener Sand. Ich habe aufgegeben.

Ich kann meine Augen nicht öffnen, doch ich sehe dich trotzdem. Du stehst da vorne in der Brandung, ich kann dich nicht hören, die Wellen verschlucken deine Stimme. Es ist als sprächest du in mein Herz. Ich träume schon wieder, wieder diesen Traum, wieder von dir. Ich kann die Augen nicht mehr öffnen. Du hast noch nicht bemerkt wie schwach ich bin. Noch nie. Meine Fingerkuppen sind kühl. Ich warte. Jetzt liegt alles an dir. Ich gebe auf.

Heute, hier, am Ende aller Dinge. Wir sind hier, jetzt, angekommen. Die Reise ist zu Ende. Nicht dort, nicht so wie wir es erwartet haben, aber ich habe gelernt verständig zu sein. Ich fürchte mich nicht mehr.

Sand rinnt durch meine Finger wie der dunkle Regen einer kalten Stadt. Alles in meinem Leben ist so. Kühl, fließend. Rinnt durch meine Finger. Beinahe wie du.

Dunkelheit hat mich gefressen. Ich lag in finsteren Träumen, zwischen der Zeit, und ich dachte an dich. Immer und immer und immer an dich. Im Kreis, über den Horizont, immer an dich, bis ich nicht mehr wusste wer ich war. Gefrorene Nacht in der Stadt, die es niemals gab. Quer durch die Sterne aus Glas, in einem Traum von dir, bis ich mich selbst nicht mehr erkannte. Tausend Wege mit jedem Schritt, und keiner davon führte zu dir. Träume ich immer noch? In meinem Kopf schlangst du deine Arme um mich.

Als du es tatst, habe ich aufgegeben.

Ich wusste nicht, wie müde ich bin.

Weiter, immer weiter, auf Knien durch eine Wüste aus Eis. Ich lebe um deinetwillen, weißt du das? Du stehst dort vorne, du sprichst mit dem Meer. Atmen tut weh. Ich habe weitergemacht, damit du leben kannst. Weiter, immer weiter. Eine neue Nacht, ein neuer Schritt in die Dunkelheit. Ich war schon eine Weile tot bis ich es bemerkt habe. Du hast mich getötet als du geweint hast. Meine Hand ist taub wo du dich an mich klammertest.

Manchmal glaube ich, ich war gar nicht fort. Manchmal glaube ich, diese Reise bedeutet gar nichts. Ich habe von diesem Moment geträumt, so wie man nur von Dingen träumen kann, die niemals wahr werden. Ich träumte von uns an diesem Ort, an jedem Ort der Welt, am Ende, gemeinsam, und ich würde den Kopf wenden und mich neben dir finden.

Augen, als hättest du kein Leid gekannt. Augen voller Güte, so groß heute Nacht. Ich weiß, du siehst mich an. Ich höre meinen Namen, so wie ich ihn nur in meinen Träumen hörte. Die Brandung verschluckt deine Schritte gnädig.

Dann ist nichts mehr in der Welt als deine Arme.

Was ich heute fühle, habe ich noch nie gefühlt. Ich falle, Seligkeit, loslassen, aushauchen, verklingen. Stille Nacht. Ich fürchte die Dunkelheit nicht mehr. Jetzt kann ich loslassen.

Ich wusste nicht, wie sehr ich dich brauche.

Jetzt kann ich sterben. Ich bin zuhause.

Aber der Tod ist anders. Ich höre dein Herz wie ein Lied auf dem Meer, und Wärme klingt in meinen Handflächen.

Du bist mein Zuhause.

Ich spüre Sand unter meinen Füssen, meinen Knien, willkommen am Ende. Du schleppst mich zum Ufer, näher an die Brandung. Woher weißt du das? Keine Worte. Ich sinke an deine Schulter als du mich niederlegst.

Halt mich fest. Ich wusste nicht, wie alleine ich war.

Du bist das letzte Licht in meinem Herzen. Bring mich zurück. Ich lege mich in deine Hände, das sagte ich zu dir bevor die Welt zusammenstürzte. Weißt du was das bedeutet?

Ich kann wieder nach Hause. Nach allem, ich kann zurück zu dir. Was mich auf den Beinen hielt, Tag um Tag, ein Ziel wie ein ferner Lichthauch. Im Grunde meines Herzens habe ich nicht daran geglaubt. Weiter, für dich, damit du nach Hause gehen kannst, damit du deine Hand öffnen und die Klinge fallen lassen kannst, dass du lachst wie du es immer noch in meinem Kopf getan hast. Die Weisheit in deinen Augen tut weh. Die Hälfte von mir wünscht sich, du hättest mich dort liegen und sterben lassen.

Eine Sackgasse. Ich weiß, hier ist alles zu Ende. Ich bin schon einmal hier gewesen, am Anfang, am Ende, als die Tür sich schloss. Ich dachte, ich sehe dich niemals wieder.

Ich denke es immer noch.

Es sieht fast aus wie Zuhause. Der bittere Geschmack von Ironie zieht wie ein Schatten vorüber. Die ist also der Ort, an dem es endet.

Aber du bist bei mir. Das ist mehr als ich mir jemals wünschen konnte.

Es ist, als wären wir Finsternis geworden. Denkst du das wirklich? Warum sehe ich dich dann strahlen? Wir sind uns heute näher als jemals zuvor.

Warum bist du hier? Du gehörst nicht hierher. Ich bin hier, und so ist es richtig. Ich habe verdient, was ich bekommen habe. Nicht dich. Dies ist die wahre Welt, ich sehe sie noch mit geschlossenen Augen. Ja, wirklich. Wir sind Finsternis geworden.

Es tut weh, wie mein Name auf deinen Lippen liegt.

Licht und Dunkelheit sind beide Teil dieser Welt. So wie ich. So wie du. Wir werden Dunkelheit werden.

Aber du lächelst ein Lächeln, als flösse Sonnenlicht über dein Gesicht. Du sitzt neben mir als säßest du im Gras an einem Sommertag. Es ist gut, das sehe ich, für dich ist es in Ordnung. Es gibt nicht, wovor du dich fürchten müsstest. Und als wäre es das einfachste was es zu tun gibt, schwörst du dem Licht ab, lässt es gehen. Du sitzt hier, neben mir, ich spüre das Schlagen deines Herzens, so warm, du bist lebendig, so wunderbar lebendig, und sagst Worte die mich sterben lassen. Es ist in Ordnung. Anderen soll das Licht gehören, denn du, du wirst bei mir sein. Hier. In der Dunkelheit. Bei mir.

Atmen tut weh. Ich zittere.

Das Ende rückt näher. Dein Schwert in meinem Herzen brennt.

Bring mich zum Meer.

Deine Arme halten mich so fest wie der Wind. Ich bin noch nie gehalten worden. Deine Augen sind klar als du den Horizont betrachtest, Schritt für Schritt gen der Brandung, dein Kopf ist erhoben, dein Atem ist leise. Du bist stetig, du bist warm. Du bist der Herzschlag in meiner Welt. Meine Wange streift immer wieder deine Brust. Mein Körper ist taub. Alles ist kalt. Ich habe keine Angst vor dem Sterben.

Egal wo ich bin. Der Klang der Wellen ist immer der gleiche. Das Letzte, was von mir noch geblieben ist. Das letzte Zuhause, das ich hatte. Er ähnelt dir so sehr.

Die Zeit rinnt wie der Sand durch meine Hände.

Wir sprechen über Dinge, ganz ruhig, als hörten wir noch den Wind in den Blättern. Eine Zeit, an die ich mich kaum erinnern kann. Das Gefühl von Holz, das auf Holz trifft. Sonne in deinem Haar. Wasser. Ich habe gelogen, damals. Ich wollte sein wie du. Denn du warst alles, was ich wollte. Ein strahlendes aufrichtiges Herz. Du bist nie jemand anderes gewesen.

Ich kann deine Augen nicht sehen als du sprichst. Es ging dir nicht gut, sagst du. Du wolltest so sein wie ich.

Ich halte deine Hand in meinem Herzen.

Du kannst nicht sein wie ich. Ich will nicht, dass du siehst wie ich wirklich bin. Aber es gibt eine einzige großartige Sache, die du niemals tun kannst.

Was das ist?

Dein Freund sein.

Und dann siehst du mich an, wie du es manchmal tust, und es tut wieder weh. So weh. Deine Hände graben sich ein Stück in den kühlen Sand als du dich aufrecht hinsetzt. Deine Augen sind an einem Ort, den ich nicht finden kann.

Dann bist du zufrieden, sagst du. Denn es gibt auch eine wunderbare Sache, die ich nicht kann.

Ich schweige. Ich schließe die Augen, den Kopf im Nacken. Es gibt nichts mehr zu sagen in dieser Welt. Es ist alles gesagt.

In meinem Schoß liegen ein paar zerknitterte Sonnenstrahlen.

Mein Herz schlägt.

Ich fühle dich, mehr als irgendwann. Ich weiß jetzt, dass du nie weg gewesen bist.

Die Flut kommt.

Etwas berührt mein Bein, ganz sachte, wie ein Segelschiff auf dem Teich. Eine Flasche. Ein Brief aus einer anderen Welt.

Du nimmst das Papier aus meiner Hand. Fast wie eine sanfte Berührung. Für einen kurzen Moment sind wir eins.

Ich kann dich loslassen, ich weiß es. Ich habe für dich gelebt und ich bin für dich gestorben. Es ist gut so.

Deine Brauen knittern ein wenig als du liest. Poesie auf deinen Wangen. Ich könnte dir für immer zusehen. Doch aus deinen Augen bricht der Horizont in eine Kaskade aus Licht. Sterne fallen aus dem Meer in den Himmel. Sie war die ganze Zeit da, neben mir, in deinen Augen.

Es ist, als könnte ich deine Seele sehen.

Die Tür ins Licht.

Ich höre deine Stimme wie die eines Heiligen. Wann bist du aufgestanden? Du strahlst, doch ich sehe dich nicht lächeln. Dein Herz ist wie ein Brunnen aus Freude. Die Hand, die du mir entgegen hältst, bricht den Widerschein dieses Leuchtens. Lass uns gehen, sagst du.

Zusammen. Du und ich. Nach Hause.

Bring mich zurück.

Kannst du lesen, was in meinen Augen ist? Ja. Ich nehme deine Hand. Für dich. Ein Teil von mir wäre am Liebsten für immer mit dir hier geblieben.

Zuhause ist, wo du bist.

Nebeneinander, in einem Atemzug, gleichzeitig, simultan, eine einzige Bewegung. Eins. Der Schritt ins Licht.

In meinem Herzen umarme ich dich.



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Kommentare zu diesem Kapitel (8)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  skycat
2007-09-17T09:51:51+00:00 17.09.2007 11:51
;O; oh mein gott das ist so traurig!
TT^TT ich finde es so toll wie du das geschrieben hast! Ohne auch nur einmal einen namen zu nennen... das macht das ganze noch trauriger, ich mag aber so was total!
Von:  Schmuckdrache
2007-05-24T22:16:15+00:00 25.05.2007 00:16
Hmmmm... Einfach nur schön!
Danke.
Von:  Shiina
2007-05-18T13:08:00+00:00 18.05.2007 15:08
Wow q.q
Super wie du so viele Gedanken in Worte fassen konntest.. Ich kann mir richtig vorstellen, dass Riku so gedacht hat >.<
Von:  Albenkind
2007-05-18T08:37:29+00:00 18.05.2007 10:37
Also... irgendwie find ich das voll traurig ;____; !!
*flenn*
*heul*
*schluchz*
Aber wirklich toll geschrieben ;_; !
( OMG XD ich heul wirklich ;__;!! )
Von:  behrami
2006-11-17T15:38:22+00:00 17.11.2006 16:38
Whooooooooooow o--o
du bist begabt für sowas!
Ich hab richtig gänsehaut bekommen, rikus sicht der dinge ist wirklich toll! Auch wenn ich das ending schon gesehen hab, so das ganze noch mal zu lesen ist super
Bin echt beeindruckt +__+!
*favo* super ^--^
Dat Demyx
Von:  JunKurosu
2006-10-12T20:58:11+00:00 12.10.2006 22:58
so schön *srachlos sei* *hach* *seufz*
gefällt mir total....
Von:  Lareynne
2006-03-31T15:03:56+00:00 31.03.2006 17:03
Die geschcihte ist so endsgeil geschrieben, so dermaßen endsgeil. Du hast so n talent mit Worten umzugehen das ich sogar in der Uni heulen musste als ichs gelesen hab. Echt der wahnsinn. *love*
Von:  Tat
2006-03-29T14:18:51+00:00 29.03.2006 16:18
Sweeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeet wie geil es war geil und süß^^
ich bitte dich schreib weiter so tolle Fanfic ich bitte dich und mach weiter so^^
Tat


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