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Warum ich?

von

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"Es ist"

Ich könnte diese Geschichte mit "Es war einmal..." beginnen, doch wurde diese Einleitung schon viel zu oft benutzt. Auch würde sie grammatikalisch nicht korrekt sein, denn es war nicht, es ist.

Es ist etwas Unmögliches - Es ist etwas Reales. Es ist etwas Schmerzhaftes - Es ist etwas Wohliges. Es ist etwas Unbegreifliches - Es ist etwas Widerlegbares. Es ist etwas Trauriges - Es ist etwas Erfreuliches. Es ist die Wahrheit - Es ist eine Lüge. Es ist meine Geschichte - ... Es ist ... mein Leben.

Warum ich lebe, weiß ich nicht. Das wissen viele Menschen nicht. Manche glauben zwar, sie hätten den Sinn des Lebens herausgefunden, doch belügen sie sich im Endeffekt selbst. Niemand weiß und niemand kann mit 100 %iger Sicherheit sagen, weshalb es Menschen auf der Erde gibt.

Doch bevor man sich dieser Frage eigentlich widmet, sollte man sich überlegen, wieso es überhaupt eine Erde gibt. Die Erde - unser Planet. Es bestehen doch mehrere davon, warum gibt es also ausgerechnet auf diesem Lebewesen? Eine Laune der Natur? Haben wir bisher andere Lebensformen einfach übersehen? Oder ... hat sich das alles eine einzige Person ausgedacht? Wenn ja, dann stellt sich erneut eine Frage: Warum? Vermutungen wären, dass ihm langweilig war oder dass er herrschen wollte. Doch stimmt das?

Wir haben jener Person einen Namen gegeben. Wir haben angefangen, ihn zu etwas besonderem zu machen. Wir - die Menschen. Es ist doch so. Es stimmt! Ohne uns, hätte dieses Wesen keinen Einfluss auf unser Leben. Wir haben es so gewollt.

Wisst ihr, von wem ich hier spreche? Es gibt ein Buch über ihn, dass jeder kennt. Doch nicht alle sind mit diesem zufrieden.

Wir Menschen erwähnen seinen Namen manchmal ganz nebenbei, ohne ihn wirklich damit zu meinen. Wir schreien ihn auch, wenn wir uns erschreckt haben, uns etwas sehr gefällt.

Aber vor allem hören wir seinen Namen in einem Haus, dass uns Geborgenheit geben soll.

Der, den manche ehren und andere verachten, den nennen wir "Gott".

Gleichgültigkeit

Gleichgültigkeit
 

Die Scheidung meiner Eltern, der Umzug in eine neue Stadt, die Einschreibung an einer neuen Schule, das alles nehme ich nur am Rande wahr. Mich interessiert das nicht, nichts von all dem. Wieso auch? Ich könnte ja doch nichts daran ändern. Mich fragt ja keiner.

So gleichgültig mir diese ganzen Sachen sind, genauso wichtig und aufregend scheinen diese für meine beiden Geschwister zu sein. Wieso, frag ich gar nicht erst. Es interessiert mich auch nicht.

Meine Mutter übertrifft in Sachen Aufregung jedoch sogar noch meine beiden Geschwister. Klar, um sie geht es ja auch hauptsächlich. Immerhin lässt sie sich scheiden. Sie ist der Grund, wegen dem die halbe Familie umziehen muss. Auch muss sie sich einen neuen Job suchen. Nun beginnt für sie ein neues Leben.

Vieles wird sich nun ändern. Mein Vater und mein großer Bruder wohnen ja jetzt nicht mehr bei uns, beziehungsweise wir nicht mehr bei ihnen. Jason hat es gut, er kann sich aussuchen, bei wem er lebt. Wie gern würde ich mit ihm tauschen. Aber Hauptsache ist doch, dass ich bei meinem kleinen Bruder bin, Jeremy. Ich liebe ihn über alles - und das mein ich auch so! Nichts und niemand ist mir so wichtig wie er! Naja, vielleicht fast nichts. Da wäre noch eine Kleinigkeit, hinter der sogar Jeremy zurück steht - Musik.

Ich habe keine Ahnung, wann sie angefangen hat, meine Abhängigkeit von ihr. Eigentlich ist mir das auch egal, solange ich nur Musik hören und machen kann. Ja, ich liebe es, Texte zu schreiben und die dazugehörigen Klänge zu komponieren. Auch singe ich für mein Leben gern.

Manchmal hat sich Jeremy beschwert, dass Musik mir wichtiger ist, als er. Nie habe ich ihn vom Gegenteil überzeugen können, da ich ihn nicht habe belügen wollen.

Musik, so könnte man sagen, ist mein Leben. Und genau dieses Leben wird durch die Unfähigkeit von meinen Eltern aus der Bahn geworfen!
 

Naja, egal...
 


 

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Hallo, Leute!

Ich hoffe, mein Prolog und das erste Kapitel haben euch nicht verschreckt! Wer bis hier hin bzw. fall jemand bis hier hin gelesen hat, soll mir doch bitte ein Feedback geben!

Also dann, cu!!

Ein Genie?

„Hatschi!!“

Na toll, Jeremy hat sich mal wieder erkältet. Ich sollte wohl besser nach ihm schauen…

Miesmutig und müde drehe ich mich im Bett um und zufällig streift mein Blick etwas, bei dem meine Müdigkeit sofort verfliegt – den Wecker!

„Mist, verdammter!“, fluche ich lauthals, als ich versuche mich aus meiner Bettdecke zu schälen, mit der ich mich – wie jede Nacht – fest eingewickelt habe.

Prompt falle ich auf die Nase – war ja klar.

„Mutter, warum hast du mich nicht geweckt?!“, brülle ich durch das Haus, während ich mich strampelnd von meiner Decke befreie. Als ich den alltäglichen Kampf mit ihr endlich gewonnen habe, springe ich auf und streife mir im Laufen meinen Pyjama vom Körper.

Rasch springe ich unter die Dusche, wobei ich darauf achte, dass meine Haare nicht nass werden. Keine 10 Minuten später stehe ich vollkommen angezogen, gewaschen und für den ersten Schultag gerüstet im Vorzimmer.

„Ach, Ann, du bist schon wach?“, fragt mich meine Mutter mit einem spöttischen Grinsen im Gesicht.

Mit genau so einem Lächeln antworte ich ihr unfreundlich: „Natürlich, und das auch OHNE dass du mich geweckt hast… Wo bleibt denn Kirsten?“

Das hässliche Grinsen in Mutters Gesicht wird noch breiter – falls das überhaupt möglich ist – als sie mir meine Frage beantwortet: „Na, wo wird sie wohl sein? Im Bett, wie auch sonst jeder normale Mensch um diese Zeit! Es ist gerade mal 6 Uhr.“

Als ich sie verständnislos anstarre, fährt Mutter fort: „Dummkopf! Wir sind umgezogen, schon vergessen? Hier ist die Schule nur etwa 10 Minuten entfernt, also müsst ihr nicht so früh aufstehen, um den Bus zu erwischen. Außerdem beginnt die Schule nicht wie früher um dreiviertel 8, sondern um punkt 8 Uhr. Also, was machst du jetzt noch? Nicht, dass mich das wirklich interessieren würde, ….“

Während sie spricht werden meine Augen immer größer. Natürlich! Wie konnte ich das nur vergessen? Ja, ich bin wirklich ein Dummkopf, Mutter, aber du brauchst mich nicht ständig daran zu erinnern!

Ohne sie eines weiteren Wortes zu würdigen, drehe ich mich auf dem Absatz um und gehe zurück in mein Zimmer. Dort ziehe ich mir einen Jogginganzug an, stopfe mir meinen Mp3-Player in die Hosentasche, laufe zurück zur Eingangstür – Mutter ist anscheinend wieder zurück in ihr Bett gekrochen - , ziehe meine Sportschuhe an und schon beginnt für mich eine einstündige Erholpause.

Ja, ich mag das Laufen ziemlich gerne. Es ist so… entspannend. Man kann seinen Gedanken freien Lauf lassen und gesund ist es auch. Aber das beste daran ist, dass ich ungestört Musik hören kann.

Sobald ich aus der Tür getreten bin, fühle ich mich erleichtert. In Gegenwart meiner Mutter kann ich mich einfach nicht entspannen. Sie mag mich nicht…Ha, das ist die Untertreibung des Jahres! Sie hasst mich! Warum, weiß ich nicht. Auch das ist mir mal wieder ziemlich egal, solange sie mich nur machen lässt, was ich will.

Der Park, in dem ich jetzt Laufen gehen will, liegt gleich gegenüber. Er ist wunderbar groß und einfach umwerfend schön. Richtig gepflegt! Die Bäume sind riesig und die Blumen blühen um die Wette. Ich mag diesen Ort sehr gerne.

Ich sehe mich noch kurz um, bevor ich dann langsam anfange zu Laufen. Schon bald habe ich meine gewöhnliche Laufgeschwindigkeit erreicht. Nun mache ich auch den Mp3-Player an.
 

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Eine schöne Melodie! Ich muss grinsen. Eigentlich ist es ja nicht meine Art, mich selbst zu loben, aber ich muss echt sagen, dass ich dieses Instrumentalstück sehr gut hinbekommen habe. Der Klavierteil unterstreicht das Gitarrensolo wirklich hervorragend! Wenn mir jetzt noch der passende Text dazu einfallen würde….

Nachdem ich mir das Lied immer und immer wieder angehört habe und mir trotzdem kein Text dazu eingefallen ist, will ich schon den nächsten Song spielen, als ich auf einmal einen kleinen See sehe.

Wie von selbst bewegen sich meine Füße darauf zu. Ohne nachzudenken fange ich an, leise vor mich hin zu singen:
 

Das Flüstern des Winds, weist dir den Weg,

nur du kannst es hören, tief in dir.
 

Das Flüstern des Winds, begleitet dich,

wohin du auch gehst, er ist da.
 

Das Flüstern des Winds, ist nun hier,

frag was du willst, er antwortet dir.
 

Das Flüstern des Winds, ist nicht weit,

wenn deine Seele nach ihm schreit.
 

Das Flüstern des Winds…

Das Flüstern des Winds…

Das Flüstern des Winds…

Das Flüstern des Winds lebt in dir.
 

Hm, ja, der Text gefällt mir. Vielleicht noch etwas überarbeitungsbedürftig, aber sonst ganz passabel, würd ich mal sagen.

Ein kurzer Blick auf die Uhr verrät mir, dass es schon kurz nach 7 Uhr ist. Unbemerkt ist die Zeit verronnen. Dieser See hat wirklich etwas magisches.

Ich fange an, den Weg nach Hause zu sprinten. Schließlich muss ich noch mal duschen und nach Jeremy sehen.

Unser Haus sehe ich schon von weitem. Es ist eigentlich ganz hübsch, nur die Farbe – blasses Rosa – ist nicht so mein Ding. Aber von der Architektur her ist es wirklich großartig.

Als ich die Wohnungstür öffne, strömt mir schon Kaffeegeruch in die Nase, Kirsten muss also schon wach sein. Ihre Kaffeesucht ist fast schon krankhaft. Wie kann man nur so ekelhaftes Zeug trinken? Und dann auch noch gleich am Morgen? Bäh!

„Na, kleines Schwesterchen, warst du mal wieder Joggen? Wann lässt du diesen Blödsinn endlich sein und kümmerst dich mehr um dein Aussehen als um deine Fitness?“, fängt sie auch sofort zu nörgeln an, als sie mich erblickt.

Da ich ihr nur ein undeutbares Lächeln schenke, fährt sie fort: „Hm, ja, bleib so! Lächle doch öfters, dann ist dein Gesicht ganz passabel anzusehen – immerhin bist du meine Schwester – deshalb solltest du dich etwas Schminken! Dann würden dich vielleicht auch ein paar Jungs ansehen. Aber neben mir darfst du da nicht stehen, sonst wirkst du wie ein Mauerblümchen. Ich könnte natürlich auch so nett sein und dich mit den Jungs verkuppeln, die ich nicht will! Na, wäre das nicht total lieb von mir?“

Mit jedem weiteren Wort von ihr, verdunkelt sich mein Gesicht. Zähneknirschend antworte ich ihr: „Ja, total lieb! Was hab ich nur für eine wunderbare Schwester! Jedoch muss ich dein Angebot ablehnen. Ich halte weder etwas vom Schminken und noch weniger was von deinen Playboys! So, ich geh jetzt duschen, bis nachher dann, Kirsten!“

Verdammt! Diese Schnepfe beleidigt mich bis aufs Letzte und ich kann nicht anders als trotzdem einigermaßen freundlich zu sein! Wieso kann ich ihr nicht endlich mal die Meinung sagen? Warum ist es mir nicht möglich, auch sie zu demütigen? Vielleicht hat Jason ja recht – mir fehlt einfach Mut. Oder… ist es doch etwas … anderes?

Seufzend drehe ich mich um und betrete zum zweiten Mal an diesem Morgen das Badezimmer.

Als ich diesmal hinaustrete und nur mit einem Handtuch umwickelt in mein Zimmer huschen will, höre ich es erneut – mein kleiner Bruder hustet sich die Seele aus dem Leib.

Schnell schlüpfe ich in Unterwäsche, etwas zu große blaue Jeans – hey, ich hab tatsächlich wieder abgenommen! – und streife mir ein grünes T-Shirt über. Ein Paar Socken schnappe ich mir im vorbeigehen und schon sitze ich auf Jeremys Bettkante.

Dieser hat mich natürlich sofort bemerkt. Langsam dreht er sein Gesicht zu mir und lächelt mich an.

„Morgen, Schwesterchen! Wieso bist du denn schon angezogen?“, fragt er mich verwirrt.

Ich muss ein paar mal blinzeln, bevor ich ihm antworte: „Ähm, das liegt vielleicht daran, dass ich gleich zur Schule muss?“ Ein Grinsen breitet sich auf meinen Gesicht aus, als Jeremy plötzlich hochfährt und den Wecker auf seinem Nachttisch ungläubig anstarrt.

„WAS?! Schon so spät? Wie soll ich denn jetzt rechtzeitig für die Schule fertig werden?“, kommt es heiser über seine Lippen.

Ich greife nach seinen Schultern und drücke ihn zurück auf die Matratze. Unwillig sieht er mich an und murmelt so was wie „Aber ich muss mich doch jetzt schnell fertig machen!“

„Nix da! Du hast doch erst um 9 Uhr Schule. Es ist immerhin der erste Schultag und bei euch Kindern fängt der Unterricht da später an. Ach, habt ihrs gut! Ich muss heute schon eine Prüfung ablegen!“ Bei jedem weiteren meiner Worte entspannt sich Jeremy sichtlich. Schon bald liegt wieder ein Lächeln auf seinen Lippen und seine sonnenfarbenen Augen sehen mich lieb an.

„Du~hu, Annie? Muss Kirsten auch eine Prüfung machen?“, will er von mir wissen.

Bei der Erwähnung dieses Namens ziehen sich für Sekundenbruchteile meine Augenbrauen zusammen, bevor ich monoton antworte: „Ja, muss sie. Und ich muss jetzt los! Sonst komm ich noch zu spät, Kleiner!“

Mit diesen Worten erhebe ich mich, aber nicht ohne meinem Bruder zuvor noch einen Kuss auf die Wange zu drücken. Dieser kichert belustigt und murmelt noch: „Schönen Tag, Schwesterchen…“ bevor auch schon wieder eingeschlafen ist.

Seufzend verlasse ich sein Zimmer und schließe leise die Tür hinter mir. Jeremy hat Fieber. Bei dem flüchtigen Kuss habe ich bemerkt, dass seine Wange glüht. Ich sag besser Mutter bescheid. Aber dazu muss ich sie erst mal finden. Im ihrem Schlafzimmer ist sie nicht, auch das Bad steht leer. Vielleicht ist sie schon in der Küche? Ich öffne die Tür zu unserer sehr modern und technisch ausgezeichnet eingerichteten Küche. Dort erblicke ich nicht nur meine Mutter sondern auch ihr jüngeres Abbild – meine Schwester.

Beide drehen sich synchron zu mir um und ich tue mir wirklich sehr schwer damit, zu sagen, wer von den beiden mich mit einem kälteren Blick mustert.

Innerlich seufzend fange ich an zu sprechen: „Mum, Jeremy ist schon wieder krank. Kannst du ihn zur Schule fahren und ihn wieder abholen? Es wäre besser, wenn er sich nicht so lange anzustrengen bräuchte und mit dem Bus fahren müsste. Ich habe angst, dass er vielleicht irgendwo auf halber Strecke umkippt und ihm etwas passiert. Also, könntest du das bitte machen?“

Mutter schnaubt nur und erwidert mit schneidender Stimme: „Machs doch du, wenn du dir solche sorgen um den Kleinen machst. Ich habe immerhin einen Beruf, den ich nachgehen muss.“

„Ja, und ich muss in die Schule! Dann sollte er besser zu Hause bleiben!“ Meine Stimme klingt leicht gereizt. Das ist nicht gut, gar nicht gut…

„Ts, schon gut. Ich fahr ihn ja. Immerhin ist er mein Sohn und ich hab ihn lieb“, gibt sie mit gefährlich sanfter Stimme nach. Ich warte noch, bevor ich mich bedanke. Da kommt bestimmt noch ein „Aber“… Und wie als hätte sie meine Gedanken gelesen, fährt Mutter fort: „Aber dann wirst DU auch Lebensmittel einkaufen und Abendessen machen. ICH habe dann ja keine Zeit dafür. Haben wir uns verstanden?“

Keine Zeit dafür? Sie ist doch garantiert schon um 15 Uhr zu Hause. Jeremy hat bestimmt nicht länger Schule. Aber okay. Immerhin fährt sie ihn hin und holt ihn auch wieder ab.

Ich nicke nur, um damit zu signalisieren, dass ich sie verstanden habe, werfe einen kurzen Blick auf die Uhr, die kurz nach halb acht anzeigt, und schon bin ich ohne einen Gruß aus dem Haus verschwunden.

Zum wiederholten Male an diesem Morgen seufze ich in mich hinein. Irgendwann werde ich noch kirre in dieser „Familie“! Jeden Tag so eine Spannung… Ich glaube nicht, dass diese Atmosphäre für ein aufwachsendes Kind förderlich ist.

Ich bin keine 10 Schritte von unserem Haus entfernt, als ich auch schon Kirsten nach mir rufen höre.

„Hey, Ann! Warte doch auf mich! Willst du denn nicht gemeinsam mit mir zur Schule gehen?“, fragt sie mich, als die dann endlich zu mir aufgeschlossen hat.

Ein undeutbares Lächeln ziert mein Gesicht, als ich mich zu ihr drehe: „Doch, können wir machen. Doch wie du schon richtig gesagt hast: ich gehe zur Schule und fahre nicht mir dem Bus. Magst du mich immer noch begleiten?“

Ein nicht so ganz begeisterter Gesichtsausdruck stiehlt sich auf das Gesicht meiner Schwester. Sie ist die Art von Mädchen, die jeder sportlichen Aktivität aus dem Weg geht.

„Ähm, willst du wirklich das alles zu Fuß laufen? Schau, da vorne ist doch schon die Bushaltestelle! Komm, wir fahren zur Schule!“ Ohne auf meinen Protest zu achten, zieht sie mich am Arm hinter sich her. Ergeben lasse ich mit mitschleifen – sich zu wehern, wenn Kirsten sich was in den Kopf gesetzt hat, ist sowieso so gut wie unmöglich.

Bei besagter Haltestelle angekommen, sehe ich mich um. Bis auf einige Gleichaltrige, die auf ein paar Gruppen aufgeteilt sind, einer älteren Dame mit Hund und meiner Schwester und mir, ist sonst niemand zu sehen. Als wir noch auf unserer alten Schule waren, standen mindestens dreimal so viele Schüler auf unserer Bushaltestelle herum. Dass hier so wenige Jugendliche auf den Schulbus warten, erstaunt mich. Bedeutet das etwa, dass die Schule nicht ganz so gut ist, wie ich dachte? Oder aber sie war genau das Gegenteil – so gut, dass nicht viele Mädchen und Jungen die Aufnahmeprüfungen schafften. Hm, das wird wirklich sehr interessant…

Ich will mich gerade in die Richtung, aus der der Bus kommen müsste, drehen, als mein Blick auf blaue Augen fällt. Azurblau – um genau zu sein. Und sie sehen im meine eigenen Augen. Ein kleines Lächeln bildet sich auf den Lippen des Jungen und gerade, als ich zurücklächeln will – was ja eigentlich so gar nicht meinem Wesen entspricht – bohrt sich ein Ellenbogen unsanft in meine Seite. Besagter gehört natürlich Kirsten, die, sobald sie sich meiner Aufmerksamkeit sicher ist, sofort mit sich fast überschlagender Stimme anfängt loszuplappern.

„Siehst du den Jungen da drüben? Den mit den schwarzen Haaren! Der sieht doch einfach umwerfend aus, oder? Und er sieht auch schon die ganze Zeit zu mir rüber! Hach, aber wer kann ihm verdenken? Bei der einer kleinen Stadt hat er bestimmt noch nicht so ein wunderschönes Geschöpf gesehen!“

Ich folge ihrem Blick und erneut landen meine Augen auf Azurblau. Na toll, dann hat der Junge gar nicht mich, sondern meine Schwester angesehen? Ach, eigentlich auch egal. Ich mach mir nichts aus Jungs. Das Einzige, was mich wirklich interessiert, ist so schnell wie möglich die Schule abzuschließen, einen gut bezahlten Job zu bekommen und mit dem verdienten Geld meine Träume zu erfüllen.

Plötzlich werde ich an meiner Hand gepackt und in den vor mir stehenden Bus bugsiert. So sehr war ich also in Gedanken versunken, dass ich nicht einmal mitbekommen haben, wie der Bus vor uns gehalten hat. Als sich dieser wieder in Bewegung setzt, sehe ich zum ersten mal auf die Hand, die meine umschließt und bekomme einen Schock. Dass es nicht Kirstens Hand sein kann, ist mir klar gewesen, denn diese war viel kleiner als die, die meine umschließt.

Ein – zugegeben – gutaussehendes, lächelndes Gesicht wendet sich mir zu. Und zum dritten mal an diesem Morgen sehe ich in diese azurfarbenen Augen. Ein amüsiertes Funkeln in ihnen lässt mich aus meiner Erstarrung erwachen.

„Was machst du da? Was sollte das?“ Meine Stimme hört sich bissiger an, als ich eigentlich wollte. Erstaunt zieht der Junge eine Augenbraue hoch.

„Wie? Ich hab dich gerade noch rechtzeitig in den Bus gezerrt, damit du ihn nicht verpasst, du Tagträumerin! Du solltest mir dankbar sein, dass du nicht zu Fuß laufen musst, und mich nicht für meine Sozialität anschnauzen! Pf, dabei siehst du so süß aus. Dass du so ein großes, flinkes Mundwerk hast, überrascht mich!“, flötete der Schwarzhaarige mit einem immer breiter werdenden Grinsen vor sich hin.

Da ich nicht wirklich weiß, was ich darauf erwidern soll, entreiße ich ihm meine Hand und drehe mich um, auf der Suche nach meiner Schwester. Schnell habe ich sie entdeckt und bin schon auf dem Weg zu ihr. Seufzend lasse ich mich neben Kirsten fallen.

„Was hast du mit dem Typen da gerade geredet? Wollte er etwas über mich wissen? Hat er dich nach meiner Nummer gefragt? Oh, Gott! Er sieht einfach umwerfend aus! Na, los, sag schon!“, quasselt sie mich voll. Wieso dreht sich bei ihr eigentlich immer nur alles um sich selbst? Ist ja echt das letzte. Und was bitteschön findet sie an diesem Typ? Der ist doch total durchgeknallt! Rennt mit einem Dauergrinser durch die Gegend und spielt Samariter. Ich hab ihn nicht darum gebeten, mich in den Schulbus zu verfrachten. Der soll sich nur nichts darauf einbilden, dieser… dieser… dieser… ach, egal!

Heftiger als beabsichtigt sage ich: „Nichts! Nichts hab ich mit diesem Irren geredet! Und, nein, er wollte nicht deine Telefonnummer. Vergiss den Kerl einfach, der ist doch –“

„NEIN!! Ich kann ihn nicht vergessen! Sieh ihn dir doch an, der ist ja so was von…“, werde ich von Kirsten unterbrochen und höre den Rest des Satzes gar nicht mehr. Ich weiß sowieso schon, was jetzt kommt. Sie ist ja nicht das erste Mal an einem Jungen interessiert.

Die restliche Fahrt habe ich auf Durchzug geschaltet und komme erst wieder in die Realität zurück, als mich meine Schwester fast vom Sitz schubst. Mit den Worten „Wir sind da“ verlässt sie den Bus, ich dicht hinter ihr.

Plötzlich überkommt mich ein merkwürdiges Gefühl. Mir läuft es eiskalt den Rücken hinunter. Was zur Hölle ist das? Abrupt drehe ich meinen Kopf nach rechts – und da steht er, wie üblich mit einem Lächeln auf den Lippen. Was hat der Kerl für ein Problem? Wieso starrt der mich die ganze Zeit an? Wenn der wirklich Interesse an mir hat, dann killt mich Kirsten! Nie und nimmer würde sie erlauben, dass ich sie aussteche! Aber… vielleicht ist es ja auch so, dass sich dieser Typ nur an mich ranmachen will, um dann meine Schwester näher zu kommen. … Ja, so muss es sein! Immerhin hat Kirsten es doch selbst gesagt – neben ihr sieh ich aus wie ein Mauerblümchen!

Ich schicke einen mörderischen Blick zu dem Gaffer hinüber und wende dann demonstrativ meinen Kopf ab. Kirsten ist schon etwas voraus gegangen, also beeile ich mich, um sie einzuholen. Zusammen betreten wir das Schulgebäude. Unwillkürlich halte ich den Atem an. Oh, Mann… Von Außen sieht dieses Institut ja schon mehr als beeindruckend aus, aber von Innen… da bin ich echt sprachlos! Und das soll was heißen! Diese riesige Aula ist ausgestattet mit Marmorfliesen, enorm teuer aussehende Teppiche führen in verschiede Richtungen. An den Wänden hängen bekannte Gemälde (ob das wirklich Originale sind?) und bis zum Boden reichende Fenster lassen diesen Raum in hellem Licht erstrahlen.

Wenn es nicht so untypisch für mich wäre, meinen Emotionen freien Lauf zu lassen, dann würde ich jetzt wohl mit offenem Mund da stehen.

„Mund zu, es zieht“, raunt eine Stimme dicht an meinem Ohr. Mit einem leisen Aufschrei wende ich mich um – und erblicke azurfarbene Augen. Wie? Warum gebe ich mir bitte die Mühe und nenne diese Farbe – wenn auch nur in Gedanken – azurblau? Blau! Ist doch egal, welche Art von Blau. Blau ist Blau! Aus, Schluss, basta!

Ohne auf seine Bemerkung einzugehen, wende ich mich von dem Jungen mit den blauen Augen ab und steige die Treppe nach oben. Kirsten wartet dort schon auf mich und als sie sieht, wer da hinter mir steht, fängt sie gleich an laut zu rufen: „Hey, Schwesterchen! Ann, hier bin ich! Komm schon, du willst doch nicht zu spät kommen!“ Na toll, jetzt kennt dieser Typ auch noch meinen Namen! Und das alles nur, damit er bemerkt, dass ich ihre Schwester bin. Seufz, na ja, was soll’s. Ich sehe ihn sowieso nicht wieder. Denn schon nach dem ersten Wortwechsel mit ihm, ist mir klar gewesen, dass ich von nun an zu Fuß zur Schule gehen werde. Und da er älter zu sein scheint als ich, werde ich ihn auch nicht in der Klasse sehen. Wenn ich mich jetzt noch geschickt in den Pausen verkrümeln kann, ist das eben unser erstes und letztes Zusammentreffen gewesen.

Im ersten Stock angekommen, drehe ich noch einmal leicht meinen Kopf zur Seite, um… um, um mir die Gemälde noch einmal anzusehen! Genau! Sie sind ja auch zu schön! Und dieses Azurblau… Äh, ja, ähm, dieses Blau als Farbe für den Himmel ist wirklich gut gewählt worden! Hehehe…

Unwillig über meine sich selbstständig machenden Gedanken schüttle ich den Kopf und sehe – Ja, ich sehe (!) wie dieser Bastard meinen Hintern beobachtet! WAS soll das bitteschön?

„Hey!“, rufe ich ihm entgegen. Er sieht auf und grinst mich frech an. Och, komm schon! Wieso ist ihm nicht einmal peinlich, dass ich ihn beim Spannen erwischt habe? Dieser Kerl treibt mich noch in den Wahnsinn! … Aber wenn ich’s mir recht überlege – damit hat er ja keine Gelegenheit mehr! Immerhin bin ich fest entschlossen, ihn nicht mehr wiederzusehen! Aber ich will nicht, dass er meinen Po als letztes von mir zu Gesicht bekommt und ihm womöglich genau das in Erinnerung bleibt!

Mit einem „Ha“ drehe ich mich ganz zu ihm herum, schaue auf ihn hinab und strecke die Zunge raus. Da hast du was zum Erinnern, du Spinner!

Hehe, jetzt wird er bestimmt sauer! Sieht nicht so aus, als ob er oft von Mädchen eine Abfuhr erteilt bekommt. Doch wider Erwarten nehmen seine azurfar- ähm, blauen Augen einen sanften Ausdruck an und auch sein Lächeln wirkt weicher. Erstaunt weiten sich meine Augen und eine leichte Röte steigt mir ins Gesicht.

Was-? Wieso-? Warum-? Hilfe? Ich kann nicht mal mehr einen vernünftigen Gedanken zu ende denken! Was soll das bitteschön? Wieso wechselt meine Gesichtsfarbe?

DING DONG DONG

Die Schulglocke, welche zum Stundenanfang läutet, reißt mich aus meinem Tagtraum. Schnell drehe ich den Kopf weg von diesem ….diesem Jungen und laufe in Windeseile die Gänge entlang. Meine Schwester gibt einen überraschten Laut von sich, doch bemüht sie sich mich nicht aus den Augen zu verlieren. Ich laufen immer den Schildern nach, die den Weg zum Sekretariat kennzeichnen und bin in wenigen Sekunden vor einer Tür mit der gesuchten Aufschrift angelangt.

Ich nutze den Moment, den ich auf Kirsten warten muss, um meine Gedanken zu ordnen und tief durchzuatmen. Dann klopfe ich.
 

Nach dreistündiger Prüfung werde ich nun endlich entlassen. Kirsten hat schon nach einer dreiviertel Stunde in ihre neue Klasse gehen dürfen, ich hingegen habe noch weitere Tests absolvieren müssen. Zuerst habe ich ja angenommen, dass ich so schlecht wäre, da immer mehr Professoren hinzugeholt worden sind und alle so ein ernstes Gesicht gemacht haben. Aber dann habe ich mich selbst beruhigt, denn ich habe die Aufgaben ziemlich einfach gefunden. Also kann es ja gar nicht so schlecht sein! ….Oder?

Als ich die Sekretariatstür hinter mir schließe, atme ich erleichtert auf. Die Prüfung ist zwar nicht schwer gewesen, doch drei Stunden lang diese Anspannung, ob ich nun aufgenommen werde oder nicht… Das schafft ganz schön!

Langsam schreite ich die Gänge entlang, erneut den Schildern folgend, die mir den Weg weisen. Wenn es für alle Klassenräume eigene Schilder gibt, wie groß ist dann bitte diese Schule?! Ich erreiche den Gang in dem sich die 4. Jahrgänge befinden – und stutze. Wieso 4. Jahrgänge? Ich sehe auf den Zettel in meiner Hand, den mir die Sekretärin gegeben hat, und meine Augenbrauen ziehen sich zusammen. Da steht doch tatsächlich „Ann Wondery, Klasse 4B“. Aber müsste ich nicht eigentlich im 3. Jahr sein? Oder zählen die hier anders? Hm, na ja, egal. Ich suche die Tür mit der Schild „4B“ und klopfe.

Ich warte geduldig auf ein „Herein“, bevor ich die Tür öffne. Ein Mann Mitte dreißig mit pechschwarzem Haar und Brille sieht mich abwartend an.

Na gut, dann mal los. „Guten Morgen! Mein Name ist Ann Wondery. Ich habe gerade die Aufnahmeprüfung abgeschlossen und wurde hier her geschickt.“ Mit diesen Worten übergebe ich meinem neuen Professor den Zettel.

Während dieser besagtes Stück Papier betrachtet, wandert mein Blick in die Runde. Wie ich sehe, werde ich aufmerksam beobachtet.

Ein plötzliches Rufen lenkt meine Aufmerksamkeit auf sich. „Schwesterchen! Was machst du denn hier? Müsstest du nicht in dem Stockwerk der 3. Jahrgänge sein?“

Irritiert sehe ich Kirsten an. Der Professor räuspert sich und erhebt die Stimme: „Nein, das ist schon richtig so, Miss Wondery. Ihre Schwester gehört hier her. Die Schulleitung hat nämlich beschlossen, sie aufgrund ihrer überragenden Intelligenz eine Schulstufe überspringen zu lassen. Also dann, herzlich willkommen, Miss Wondery! Bitte, nehmen Sie doch neben ihrer Schwester Platz!“

Vollkommen verdattert sehe ich den Lehrer an. Wie? Ich soll eine Klasse übersprungen haben? Echt? Ist ja cool! So kann ich viel schneller die Schule abschließen und dann Geld verdienen! Finde ich super! Ein Lächeln breitet sich auf meinem Gesicht aus, nur ein ganz Kleines, doch eine mir nur zu wohl bekannte Stimme lässt mich erstarren.

„Hey, Träumerin! Setz dich doch zu mir! Professor? Sie erlauben das doch sicher? Ann und ich kennen uns bereits. Ich werde gut auf sie aufpassen.“

Mit vor Schreck geweiteten Augen drehe ich mich zu dem Redner. Und erneut treffen meine Augen auf Azurblau und ein freches Lächeln.
 


 

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FERTIG! Mann, oh Mann, das hat gedauert! aber nun ist das kappi endlich fertig! ihr wollt euren senf dazu geben? bitte, immer her damit! ^^

Was Herzen vereint

zu allererst einmal: HAPPY BIRTHDSY TO YOU! HAPPY BIRTHDAY TO YOU! HAPPY BIRTHDAY LIEBE INULIN! HAPPY BIRTHDAY TO YOUUUU!!! ich weiß, es ist schon sehr spät, dass ich nun endlich dein geburtstagsgeschenk hochlade. gomen!

aber da ich dir nicht irgendein kapitel widmen wollte, habe ich länger gebraucht. ich hoffe sehr, es gefällt dir! wenn nicht, bin ich auf deine kritik gespannt ^^

und jetzt, viel spaß!
 


 

Kann es sein, dass sich die ganze Welt gegen mich verschworen hat? Klar ist es toll, dass ich eine Klasse übersprungen habe und somit schneller meinen Abschluss machen kann, mit dem ich dann einen gut bezahlten Job finde, doch warum muss ich ausgerechnet in seine Klasse? Das ist einfach nicht fair!

Sehr, sehr langsam gehe ich in die Richtung, aus der mir ein freches Lächeln entgegenstrahlt. Würde ich noch einen Tick langsamer gehen, dann würde ich höchstwahrscheinlich rückwärts laufen.

Mit einem tiefen Seufzer lasse ich mich Sekunden später neben diesem Jungen auf den Sessel fallen. Er hat mich die ganze Zeit nicht einen Moment aus den Augen gelassen und jetzt trennen unsere Gesichter noch höchstens dreißig Zentimeter, da er sich zu mir herüberbeugt. Rück mir nicht so auf die Pelle!

Genervt verdrehe ich die Augen. Der Junge grinst noch breiter. Ich seufze ergeben. Sein Lächeln reicht jetzt schon fast von einem bis hin zum anderen Ohr.

Auf einmal hält er mir seine rechte Hand hin und sagt: „Ich bin Matthew. Nur meine Kumpels und meine Freundin dürfen mich „Matt“ nennen. Also, du darfst meinen Spitznamen verwenden, Annie! Na, was hältst du davon?“

Bitte? Was ich davon halte? WAS ICH DAVON HALTE? Der spinnt doch! Und…hat er mich gerade „Annie“ genannt? Das darf nur Jeremy! Was erlaubt sich dieser Typ eigentlich?

Gerade als ich Matthew die Meinung geigen will, läutet es zur Pause. Erleichtert darüber, dass ich mich schnell von meinem neuen unfreiwilligen Sitznachbarn entfernen kann, springe ich auf, als auch schon Kirsten vor mir steht. Na toll, das ist einfach nicht mein Tag!

„Ähm, Ann? Wir wollten doch zusammen unser Lunch essen. Matt, möchtest du uns nicht Gesellschaft leisten?“, säuselt sie. Genervt stoße ich einen Seufzer aus. Die Antwort allerdings lässt mich in lautes Gelächter verfallen.

„Ich heiße Matthew, jedenfalls für dich. Und, wer genau warst du noch mal?“, fragt Angesprochener mit abwertendem Blick.

Mit Hass erfülltem Gesicht wendet sich meine Schwester wieder mir zu, während mir azurblaue Augen zuzwinkern. Abrupt verstummt mein Lachen und ich blicke kalt, vielleicht sogar etwas überheblich, zurück.

Matthew“, sage ich, wobei ich seinen Namen betone, „möchte ganz sicher nicht mit uns essen. Seine Freundin, die Matt zu ihm sagen darf, wird sonst sicher alleine speisen müssen. Da mir Matthew wie ein Gentleman erscheint, wird er seine Geliebte mit Sicherheit nicht versetzen.“

Zwei weit aufgerissene Augenpaare starren mich an.

„A-Ann, wie redest du denn? Was soll das jetzt bitte heißen? „Speisen“, „Gentleman“, „Geliebte“, was hat das alles damit zu tun, dass Matt mit uns essen soll?“, möchte meine Schwester wissen und schafft es somit erneut, dass ich mich frage, ob wir wirklich miteinander verwandt sind.

Mit einem stummen Kopfschütteln wende ich mich ab und verlasse die Klasse. Noch zwei weitere Stunde stehen mir bevor, erst dann beginnt die Mittagspause. Ich bin wirklich gespannt, was mir in diesem Jahr noch so alles bevorsteht. Zuerst die Scheidung meiner Eltern, dann der Umzug in eine neue Stadt, die Einschreibung an dieser Schule für Snobs und dann dieser Matt mit seinen azurblauen Augen, die mich ständig zu verfolgen scheinen. Und dass hatte alles schon Anfang diesen Jahres begonnen! Was erwartet mich denn noch alles?
 

Seufzend trete ich an ein Fenster, öffne es und blicke hinaus. Ein leichter Luftzug streicht mir meine Haare aus dem Gesicht. Wie schön sie doch ist, die Erde. Mit so vielen Wundern, dass man sie gar nicht zählen kann. Von den meisten wissen wir noch nicht einmal – falls wir das je werden – und die größten Wunder übersehen wir, Tag für Tag. Wie das Wunder des Lebens zum Beispiel. Nicht jeder hat das Privileg, gesund und wohlhabend geboren worden zu sein. Aber-

„Wuah!!!!“, entfährt es mir, als ich nach hinten gezogen werde. „Was zum Teufel-?! Ach so, du…“, brumme ich unwillig, als ich Matthew erkenne. Dessen Gesicht ziert – wie üblich – ein freches Lächeln. Als ich mich von seiner Umarmung befreien möchte, will er zuerst nicht loslassen, doch als ich anfange, mich heftiger zu wehren, lässt er mich schließlich frei.

„Du hast so nachdenklich ausgesehen….so traurig. Ich wollte dich nur etwas aufmuntern. T’schuldige bitte. Es war weder meine Absicht, dich zu erschrecken und noch wollte ich, dass du Angst vor mir hast“, erklärt er mir mit ernster Stimme, wobei er mir unentwegt in die Augen blickt.

Er überrascht mich. Dieser Kerl überrascht mich wirklich. Nicht nur, dass er anscheinend auch ernst sein kann, nein, er hat den Nagel auf den Kopf getroffen mit dem, was er gesagt hat. Er hat mich erschreckt. Seine plötzliche Nähe hat mich erschreckt. Er macht mir Angst, wenn er mir so nah ist. Ich habe solche Angst…vor Nähe…

Was soll ich jetzt darauf antworten? Irgendetwas freches und gemeines? Aber wäre dass nicht unfair gegenüber seinem einfühlsamen Verhalten? Wenn er mich doch nur nicht so ansehen würde…

„Ähm, schon gut. Ich … war nur gerade mit meinen Gedanken woanders. Hat der Unterricht schon angefangen?“ Ohne auf seine Antwort zu warten, gehe ich Richtung Klassenzimmer und erstarre. Schon wieder! Das gibt es doch nicht! Was fällt diesem Typen ein, mir auf den Hintern zu glotzen?! Gerade war er noch total lie- äh freundlich und jetzt das! Was ist nur los mit dem Kerl?

„Hey, sag mal, geht’s dir noch gut? Hör gefälligst auf damit!“, herrsche ich ihn an. Eine Augenbraue wandert nach oben während er langsam seinen Blick hebt und dabei jeden Zentimeter meines Körpers mustert.

„Ich muss schon sagen, Respekt! Du hast einen tollen Körperbau. Du hungerst doch nicht etwa? Ich mag Mädchen mit einem gesunden Appetit viel lieber“, grinst er mich frech an.

Keck erwidere ich: „Na, dann sollte ich wohl anfangen zu hungern!“ Ein giftiger Blick meinerseits folgt und ich husche schon in die Klasse.

„Autsch!“ „Aua!“

Und schon liege ich auf dem Boden. Mir gegenüber sitzt ein schwarzhaariges Mädchen mit Brille, mit dem ich anscheinend zusammengestoßen bin.

„Es tut mir leid, ich habe nicht aufgepasst. Ist dir etwas passiert?“, frage ich sie und helfe ihr, die verstreuten Blätter wieder aufzusammeln.

„Nein, mir ist nichts passiert, danke. Außerdem war es auch meine Schuld, ich habe auch nicht aufgepasst. Du musst mir nicht helfen, meine Sachen aufzuheben. Verschwinde lieber schnell, bevor dich noch wer mit mir zusammen sieht“, murmelt mir das Mädchen zu.

Verwirrt blicke ich auf. Was meint sie damit? Was soll das bedeuten? Ist sie etwa… die Außenseiterin in dieser Klasse? Sie scheint doch ganz nett zu sein.

Mit einer raschen Bewegen entreißt sie mir fast die Blätter, verbeugt sich und läuft schnellen Schrittes auf ihren Platz zu. Etwas verwirrt und traurig sehe ich ihr nach.

„Komisches Mädchen, nicht wahr?“, fragt eine Stimme dicht an meinem Ohr. Erschrocken fahre ich herum und stoße meinen Kopf ziemlich kraftvoll an Matts.

„Au!!“, entfährt es mir während Matthew keinen Laut von sich gibt. Er verzieht seine Lippen mal wieder zu einem Grinsen und flüstert mir zu: „Hoppla! Dass du so rangehst, hätte ich nicht gedacht. Aber mir gefällt es, wenn Mädchen die Initiative ergreifen“.

Okay, er hat es geschafft. Er hat es wirklich geschafft! Ich bin rot wie eine überreife Tomate! Ich werde nie rot! Denn um das zu schaffen, müsste ich Emotionen in der Öffentlichkeit zeigen, was ich nicht tue! Nie und nimmer!

„Hey, Kleine! Das musst du öfters mal machen. Etwas Farbe im Gesicht steht dir wirklich ausgezeichnet. Und dass ich es geschafft habe, die coole Annie aus dem Konzept zu bringen, macht mich auch irgendwie stolz“, lacht Matt mich an.

Also…jetzt bin ich echt sprachlos. Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen, Matthew hat mich durchschaut. Er hat doch tatsächlich hinter meine Fassade aus Eis geblickt. Oder bilde ich mir da was ein? Ist das vielleicht sogar … Wunschdenken? …Ts, also wirklich! Wieso sollte ich mir so was wünschen? Vielleicht, weil ich… einsam bin?

„Ein Königreich plus mein Butterbrot für deine Gedanken“, haucht er mir ins Ohr. Schon wieder ist er mir so nahe. Seine Wange berührt meine und hinterlässt ein Kribbeln als er sich zurückzieht. Er sieht mir in die Augen und wenn ich romantisch veranlagt wäre, dann würde ich diese Szene mit einem Schnulzenfilm in Verbindung bringen, tu ich aber nicht! Ich schlucke einmal kräftig und schubse ihn dann von mir weg. Und schon hört mein Herz auf wie wild zu schlagen.

Ich schaue zu ihm auf und erkenne, dass Matthew mindestens genauso verwirrt ist wie ich. Seine azurblauen Augen strahlen eine solche Unsicherheit und Verwirrung aus… so fühle ich mich innerlich. Aber wieso ist er verwirrt?
 

Plötzlich taucht wie aus dem Nichts ein orangehaariger Junge hinter Matt auf und klopft ihm auf die Schulter. Meine ersten Fragen, als ich diesen Typ sehe, sind:
 

1) Wie lange braucht der Morgens für seine Frisur?

2) Ist da nicht die halbe Tube Gel in seinen Haaren?

Und schließlich 3) Wie schafft der es, noch breiter zu Grinsen als Matt-hew?!
 

Veranstalten die hier einen Wettbewerb, wer es zuerst schafft von einem Ohr bis zum anderen zu grinsen oder was?

„Na Kumpel, was ist lo-? Wow! Hey, Süße! Was machst du heute Abend?”, schreit mir dieser komische Kerl ins Gesicht. Süße? Na warte, Freundchen, du bekommst noch dein Fett weg!

Ich setzte einen verführerischen – wie ich hoffe – Schlafzimmerblick auf und antworte ihm hauchend: „Das fragst du noch? Natürlich mit dir ausgehen, Honey. Du bist mein Traumboy, weißt du das?“

Zufrieden erkenn ich, wie sich Matts Augen zu Schlitzen verengen und die des Orangehaarigen werden bei jedem meiner Worte größer. Ich hätte wetten können, dass er jeden Moment anfängt zu sabbern!

Ich muss mich echt zusammenreißen, um nicht laut loszulachen! Und als mich Matt –hew! dann auch noch total baff ansieht, kann ich nicht mehr. Lauthals fange ich zu lachen an.

Zuerst scheinen die beiden Jungs recht verwirrt, doch nach ein paar Sekunden stimmen sie dann mit ein. Ich hatte wirklich schon fast vergessen, wie gut es doch tut, mal richtig zu lachen. Es ist so befreiend.

Erst die Schulglocke, die zur vierten Unterrichtsstunde ruft, lässt mich abrupt verstummen. Das kann doch nicht sein! Wieso zeige ich auf einmal meine Gefühle in der Öffentlichkeit? Seit dieser Matthew aufgetaucht ist, passiert mir das immer öfter. Was soll das?

Ohne ein weiteres Wort an die beiden zu richten, drehe ich mich um und begebe mich zu meinem Sitzplatz. Eine eisige Maske ziert mein Gesicht. So etwas darf mir nicht noch einmal passieren! Ich will mich hier mit niemanden verstehen! Ich möchte keine Freunde! Freunde nutzen einen nur aus und lenken von der Schule ab. Deshalb will ich mich nie mit jemanden anfreunden!

Kurz schiele ich zu den beiden Freunden hin und sehe, dass sie mich ungläubig anblicken. Tja, das habt ihr jetzt davon! Traut niemanden außer euch selbst, dann könnt ihr auch nicht enttäuscht werden.
 

„Guten Tag, meine lieben Schülerinnen und Schüler! Ist das nicht ein herrlicher Tag heute? Viel zu schön um ihn drinnen zu verbringen, also lasst alles stehen und liegen und folgt mir bitte nach draußen!“, flötet eine offensichtlich gut gelaunte Professorin in den Klassenraum und ist dann auch schon wieder verschwunden.

Was ist das bloß für eine Schule? Wo bin ich da bloß hineingeraten? Ich will weg! Als ich mich umsehe bemerke ich, dass der Aufforderung der Professorin gleich folge geleistet wird. Naja, wer würde es denn nicht begrüßen, wenn man statt Lernen in einem klimatisierten Gebäude an die frische Luft geht um…ja, um was zu tun? Sie sagte doch, dass wir alles hier lassen sollen. Also, was tun wir draußen?

Von Neugier gepackt schließe ich mich meinen neuen Mitschülern an und verlasse den Raum. Matt und dieser orangehaarige Typ mit der „ich-brauche-jeden-Tag-mindestens-vierzig-minuten-Pflege“-Frisur allen voran, laufen voller Elan die Treppen hinunter. Gleich dahinter sehe ich meine Schwester, die versucht, mit den beiden Jungs Schritt zu halten. Tja…da bräuchte man jetzt doch etwas Kondition, was Kirsten?

Langsam schlendere ich den Leuten vor mir hinterher. Ich bin ja nun doch schon etwas gespannt, was mich erwarten wird. Wir sind in der riesigen Eingangshalle angekommen, die heute Morgen schon eine beeindruckende Wirkung auf mich hatte. Vor allem dieses Bild mit dem azurblauen Himmel, das mich an die Augenfarbe eines frechen Jungen erinnert.

Als ich meinen Blick von dem Bild abwende, dreht sich mein Kopf wie von einer unsichtbaren Macht gelenkt nach links. Dort werden meine Augen von diesem faszinierenden Blau gefangengenommen.

„Schön, nicht wahr?“, fragt mich Matt mit einem sanften Lächeln. Ich muss schlucken. Ja, er ist- ich meine, das Bild ist wirklich schön… Wunderschön… Vor allem dieses Azurblau. Ich liebe diese Farbe.

„Ja, finde ich auch. Wo sind die anderen?“, frage ich ihn, denn von denen ist nichts mehr zu sehen.

„Draußen. Smith hat die Instrumente im Garten aufstellen lassen. Sie liebt die Natur und ich finde die Idee, an der frischen Luft zu proben, gar nicht so schlecht.“

Smith? Ist das die Professorin? Hört sich jedenfalls so an. Aber was meint er mit „Instrumente“?

Ich beschleunige meine Schritte und möchte gerade die Eingangstür aufmachen, als Matt mich an der Hand festhält. Erschrocken drehe ich mich zu ihm um.

„In den Garten geht es hier lang. Komm, ich zeig dir den Weg, Annie“, erklärt er, während er mich hinter sich her zieht. Keine Minute später öffnet er eine Tür und grelles Sonnenlicht lässt mich meine Augen zusammenkneifen.

„Wow…“, entkommt es mir, als ich den riesigen Garten dieser mit schon fast unheimlichen Schule zu Gesicht bekomme. Hier gibt es Bänke und Tische, die wahrscheinlich in der Mittagspause von den Schülern genutzt werden, Bäume und Blumen, so weit das Auge reicht und sogar einen Teich. Und mittendrin stehen meine Klassenkameraden auf einem gepflasterten Bereich, umstellen ein Klavier und halten Musikinstrumente in der Hand! DAS meinte Matt –hew also mit „Instrumenten“! Oje, ist das dann vielleicht der Musikunterricht?

Als hätte Mrs. Smith meine Gedanken gelesen, kommt sie auch schon breit lächelnd auf mich zu: „Du musst dieses Genie sein, von dem die ganze Lehrerschaft spricht! Mein Name ist Eleonore Smith und ich unterrichte Kunst und Musik. Da ich mit der Natur in Einklang lebe, möchte ich meinen Unterricht so oft wie möglich draußen verrichten. Nun, Ann, kannst du ein Instrument spielen?“

Schock. Purer Schock durchfährt meine Glieder. Ob ich ein Musikinstrument spielen kann?! Ich kann praktisch jedes spielen! Aber das sollen doch nicht alle wissen! Dann werde ich wieder von manchen bewundert und von anderen geschnitten. Ich will das nicht mehr!

Also sage ich das Erstbeste, das mir einfällt: „Ähm, nein, tut mir leid. Ich interessiere mich nicht so für Musik, wissen Sie?“

Ich weiß, das ist gelogen! Na und? Verklagt mich doch!

Mrs. Smith nickt bedauernd mit dem Kopf, scheint aber bereit zu sein, diese geschwindelte Tatsache so hinzunehmen. Alles schein sich doch noch zum Guten zu wenden, wenn. – ja, wenn das Wörtchen „wenn“ nicht wäre – wenn es da nicht noch meine Schwester geben würde.

„Aber Mrs. Smith! Das stimmt doch gar nicht. Meine Schwester ist eine begnadete Musikerin! Sie kann so gut wie jedes Instrument spielen und hat nicht einmal Unterricht genommen. Und erst ihre Stimme – unglaublich! Ich meine, noch lange nicht so gut wie meine, aber trotzdem nicht schlecht!“, textet sie unsere Professorin zu.

Ich bin ja nun wirklich kein gewalttätiger Mensch, aber in diesem Moment hätte ich Kirsten eigenhändig umbringen können! Sie verrät einfach alles! Und als wäre das noch nicht genug, fragt mich auch noch Matt: „Na, dann lass uns das mal gleich testen oder was meinst du, Annie?“

Was ich meine? Ich meine, dass ich ihm gleich gehörig die Meinung geigen werde, wenn er nicht sofort aufhört, mich „Annie“ zu nennen! Das ist doch wohl die Höhe!

Und anscheinend bin ich so perplex aufgrund der gerade geschehenen Ereignissen, dass ich mich einfach von Matt zu dem Klavier ziehen lasse. Schwupps – sitze ich auch schon davor.

„So, Kyle und ich spielen jetzt mal einen Song und du steigst dann ein, ja? Bin ja mal gespannt, ob du wirklich so gut bist, wie dich deine Schwester beschrieben hat“, meint er mit einem ziemlich hämischen Grinsen im Gesicht.

Was soll ich jetzt machen? So tun, als ob ich nicht spielen könnte und mich damit lächerlich machen? Niemals! Vor allem nicht nach dieser Aussage und dem gemeinem Grinsen! Dem wird ich’s zeigen, der wird noch sein blaues Wunder erleben!

„Klar, warum nicht? Aber dann bietet mir auch etwas ordentliches, ja?“, gebe ich kühl als Antwort. Matthew zieht nur eine Augenbraue hoch und nimmt dann seine E-Gitarre zur Hand. Besagter Kyle setzt sich an die Drums.

Ein Kopfnicken von Matt und die beiden beginnen zu spielen. Gleichzeitig verstummt auch das Geschwätz der anderen. Und…mal ehrlich, wer kann ihnen das verdenken? Die beiden sind…fantastisch! Ich muss echt zugeben, dass ich vieles erwartet habe, aber das nicht. Mir kommt es so vor, als machen die beiden schon seit Jahren zusammen Musik, so gut verstehen sie sich und sind im Einklang miteinander.

Matthews „Hey!“ reißt mich aus meinen Gedanken. Stimmt ja, ich sollte einsteigen. Aber wie passt zu dieser Art von Musik ein Klavier dazu? Gar nicht! Irgendetwas muss ich aber tun, also stehe ich auf und nehme einem anderen Jungen seine Bass-Gitarre aus der Hand. Kurz sehe ich noch zu den beiden Musikern hinüber, als ich dann auch schon meine Augen schließe und ein beeindruckendes kleines Solo liefere.

Ich weiß, dass mich nun viele Augenpaare verwundert, wenn nicht sogar total verdutzt, mustern, aber das ist mir egal. Ich kann einfach nicht mehr anders, als zu spielen. Was die beiden Jungs da liefern, ist erstklassig. Da würde der Text, den ich gestern Abend geschrieben habe, sehr gut dazupassen.

Noch einmal atme ich tief durch und schon erhebe ich meine Stimme. Ich hatte recht. Der Text passt wie die Faust aufs Auge. Ich merke, wie Matt und Kyle ihre Lautstärken meiner Stimme anpassen. Da ich ohne Mirkofon singe, würde man mich sonst nicht hören.

Viel zu schnell für meinen Geschmack ist das Lied auch schon zu ende. Die letzten Akkorde verklingen und Angst breitet sich in mir aus. Was habe ich nur getan? Meine Augen halte ich noch immer geschlossen, da mir davor graut sie zu öffnen. Was werde ich sehen? Hohn? Spott? Neid? Bewunderung? Von allem etwas? Ich will nichts von all dem. Gar nichts. Ich möchte doch einfach nur Singen und Musik machen, ohne dass mich jemand dafür verurteilt.
 

Als sich eine Hand auf meine rechte Schulter legt, reiße ich erschrocken den Kopf herum und öffne meine Augen. Azurblau. Schon wieder. Aber…sie erscheinen mir freundlicher, aufmunternd sogar. Und vielleicht auch etwas…bewundernd?

„Das war … atemberaubend! Erstklassig! Du bist umwerfend, weißt du das? Ich… bin sprachlos!“ Matts Stimme überschlägt sich fast. Das sind doch… Komplimente, nicht? Das heißt, ich hab’s ihm gezeigt, ja! Aber, so wichtig ist mir das gar nicht mehr. Ich möchte noch einmal mit ihm und Kyle spielen, noch einmal mit ihnen singen. Es hat mir Spaß gemacht, wahnsinnigen Spaß!

Plötzlich vernehme ich eine andere Stimme an meiner linken Seite: „Matt hat recht, das war erste Sahne! Du musst unbedingt bei uns einsteigen, ja, Kleine? Das wird DER Bringer! Du hast es echt voll drauf.“

Ich merke, wie ich langsam erröte. Super! Ich liebe es ja, dass mein Gesicht die Farbe wechselt!

„Und hör mal, Annie“, flüstert Matt mir ins Ohr, „das, ist DEIN Applaus.“

Erst jetzt bemerke ich, dass die Menge vor uns in Jubel ausgebrochen ist. Sie klatschen, was das Zeug hält, sogar meine Schwester. Aber ich glaube eher, dass sie Matt applaudiert, nicht mir. Das ist aber gar nicht weiter schlimm, ehrlich. Denn sogar das schwarzhaarige Mädchen mit der Brille von vorher klatscht uns Beifall. DAS ist es, was ich erreichen will mit meiner Musik. Dass Menschen lernen, mehr von sich preis zu geben, auch etwas zu riskieren! Und vor allem, dass sie aus sich herauskommen und tun, was ihnen Spaß macht.

Ein Grinsen breitet sich auf meinen Lippen aus. Ich muss da gerade reden!

„Weißt du“, beginnt Matthew und zieht so meine Aufmerksamkeit auf sich, „ich liebe es, die Menge zu begeistern, in andere Welten zu versetzten. Das können nicht viele, aber ich kann es! Ich schon! Wenn Kyle, Rick – der Keyboarder unserer Band – und ich spielen, dann tun wir das mit Leib und Seele. Wir spielen nicht nur für uns, sondern für jedes einzelne Lebewesen. Es macht uns Spaß, zu sehen, wie sich die Herzen der Menschen öffnen. Aber wir konnten nicht jeden dazu bringen, aus sich heraus zu gehen, die Musik zu genießen. Siehst du das schwarzhaarige Mädchen mit der Brille, das wie wild Beifall klatscht? Sie konnten wir noch nicht einmal dazu bewegen, uns auch nur mit vollem Interesse zuzuhören.

Ich weiß, das hört sich jetzt echt blöd an, aber es ist so. Und heute, als du mit uns gespielt und gesungen hast, ist mir klar geworden, dass es das war, was uns noch gefehlt hat. Dass DU uns gefehlt hast. Ich bitte dich, werde Mitglied in unserer Band und lass uns die Menschen dazu bringen, wieder auf ihre Herzen zu hören.“
 

Was soll ich darauf schon sagen? Dieser Junge verblüfft mich immer mehr. Das, was er gerade eben gesagt hat, ist genau das, was auch mich im tiefsten Inneren bewegt. Wie könnte ich da also „nein“ sagen?

„Ja, ich möchte gerne Mitglied werden. Auf gute Zusammenarbeit“, lächle ich Matt und Kyle an und strecke den beiden je eine Hand hin. Zuerst blicken sie einander nur ungläubig an, dann grinsen sie und ergreifen meine dargebotenen Hände.

„Auf gute Zusammenarbeit“, flöten sie im Chor. Und dann ziehen sie beide abrupt an meinen Händen, so dass ich ihnen entgegenfalle. Nun befinde ich mich mitten in einer bzw. sogar zwei Umarmungen. Nun befinde ich mich unter Gleichgesinnten. Nun befinde ich mich unter Freunden.

Jason hatte recht. Es gibt Dinge auf der Welt, die Menschen vereinen. Und Musik ist eines davon.
 


 

sooo! habt ihr fehler entdeckt? gibt es unklarheiten? meint ihr, ich sollte das schreiben lassen? egal was, lasst mir doch ein kommi mit eurer meinung da! ich freue mich!



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Kommentare zu dieser Fanfic (10)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  smily
2007-02-27T15:06:33+00:00 27.02.2007 16:06
Das Kappi ist einfach super!
Ich hoffe du stellst schnell wieder ein Kappi on! Ich will nähmlich ganz schnell und unbedingt wissen wie es weiter geht! Und du willst doch bestimmt mich nicht auf die Folter spannen! ^-^ XD
Bis zum nächsten Kappi (Kommi ^^)
ciao, ciao
smily
Von:  inulin
2007-02-18T21:23:08+00:00 18.02.2007 22:23
Sooo~ *mit den Fingern knackst*
Erst mal danke für das Ständchen zu Anfang. Du hättest aber doch noch Zeit gehabt... XD

Zum Kap:
Nachdem ich mich wieder eingelesen hatte war ich ja echt gespannt, wie du die einzelnen Personen zusammenfügst.
Matt find ich geil. XD Mal davon abgesehen, dass ich Tatsuha vor Augen habe, wenn ich von ihm lese... *lol*

Insgesamt find ich das Kapitel total klasse. Und hey.. das soll was heißen. Ich lese eigentlich keine Hetero-Storys mehr. XD

Und Kyle haste auch super hinbekommen. *gg*
Ich hab mich fast bepisst vor Lachen wie der aufgetaucht ist und gleich nen Spruch drücken musste. *lach*

Ich hoffe von nun an geht das schneller voran. Ich will nämlich wissen, wie sie als Band zusammenarbeiten. ^^

Und wehe dir, du gibst das Schreiben auf!! òó
Dann ist Lovex für dich gestrichen.

...
...
...

...
...
...

Spässcken. Das kriegste trotzdem. *flausch*
Bis denn
LG Inu
Von:  inulin
2006-10-01T17:51:37+00:00 01.10.2006 19:51
also der mutter und er schwester würd ich ja jez schon am liebsten den kopf abreißen *grr*
mir hat der text gut gefallen der deiner figur am see eingefallen ist. da ist deine poetische ader wieder mit dir durchgegangen, was? *gg*
das kap gefällt mir mit am besten!
Von:  inulin
2006-10-01T17:37:42+00:00 01.10.2006 19:37
man könnte denken, das sind zwei verschiedene oder eigenständige geschichten... irgendwie hat mich das jez irritiert... was nit heißen soll, dass es schlecht ist. ganz im gegenteil. gefällt mir ziemlich gut!
auf zum nächsten XD
Von:  inulin
2006-10-01T17:33:16+00:00 01.10.2006 19:33
boah...
hamma >_<
wie tiefgründig!
die ersten sätze klingen total gut!
"...es ist... mein leben"
also das erste kap is schonmal nicht ungut! ^^
les ich gleich mal das nächste... bis gleich *gg*
Von:  gloeckchen_
2006-03-14T11:21:36+00:00 14.03.2006 12:21
also wieder ein geiler teil ^^
Aber die Mutter hasse ich jetzt schon
wenn ich das mal so sagen darf ...^^
aber einfach geiiiiiil geschrieben ^^
schreib schnell weiter
*winke* Farfie-or-yes
Von: abgemeldet
2006-03-12T17:35:51+00:00 12.03.2006 18:35
Schönes Kapitel, aber ma wieder so wenig!! Kaum komme ich so richtig inni Story rein, da ist auch schon schluss!! Ich würde gern ma etwas mehr lesen... das hat dann auch ne viel stärkere Wirkung!!
Die Handlun an sich ist wirklich genial!! Ich finde sie sehr schön. Man merkt, dass du nicht einfach versuchst was aufs Blatt zu kritzeln, sondern Gewisse Gefühle (und auch schaffst) zu vermitteln.
Von:  Lorelei89
2006-03-10T13:37:36+00:00 10.03.2006 14:37
hey ich habe deine ff erst heute entdeckt und ich find sie schön sie erinert mich ein biscchen an mich meine eltern sind auch getrennt und wir sind auch erst vor kruzem umgewogen *seufz* (so ein verdammter *******)
naja ich hoffe das du schnell weiter machen tust^^

bye bye lorelei89
Von: abgemeldet
2006-03-01T18:48:37+00:00 01.03.2006 19:48
Klingt schonmal sehr interessant^^
... besonders der Prolog. Ich muss zugeben, dass ich in vielen Dingen mit deinen Philosophischen Gedanken nicht einer Menung bin, aber ich muss auch ugeben, dass diese Fragen wiederrum ziemlich berechtigt sind.
Bin gespannt in welche Richtung deine Story gehen wird.
Von:  gloeckchen_
2006-02-28T10:44:16+00:00 28.02.2006 11:44
erste >.<
also ich finde den Proöoge einfach geil und das beste ist das es in der Ich-Form geschrieben ist und das man irgendwie die leser anspricht ^^
bei 1.Kapi ist es zwar kurz aber ich finde es schön geschrieben ^^ würde mich freuen , wenn du schnell weiter schreiben könntest ^^
see you
Farfie-or-yes


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