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Berlin - Hamburg

Liebe und Schmerz
von

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Turniertag 1

Um sieben Uhr klingelte der Wecker. Marie wachte entspannt auf. Sofort wanderte

der Blick nach rechts, wo Lars auf der Couch geschlafen hatte - in seinem

Bett lag Marie. Leise Musik tönte aus der Küche, wo er scheinbar damit beschäftigt war, Frühstück vorzubereiten. Die Sonne hatte sich noch nicht getraut hinter dem mit Nebel gefüllten Wäldchen hervorzusteigen. Kaum hatte sie sich ihrer Situation vergewissert, trat er leise durch die Tür ein. Sie hatte ihre Augen wieder geschlossen, um zu sehen - oder besser um zu hören - was er nun tun sollte. Die Schritte kamen näher, schließlich hörte sie sie kaum noch. Lars schien darauf bedacht zu sein, dass sie ihn nicht höre. Sie spürte, wie sein Kopf sich langsam auf ihren hinbewegte. Ihr Herz begann, in ihrer Brust immer heftiger zu schlagen, innerlich musste sie schlucken. . . Was hatte er bloß vor? Seine Lippen hatten ihre fast erreicht, und dann bewegte er seinen Kopf zur Seite. Marie konnte nicht sagen, ob sie enttäuscht oder erleichtert war; jedenfalls verharrte sie weiter, und wartete darauf, was nun kommen sollte. "Mari-i-i-i-e! Aufstehen" säuselte es durch ihren Gehörgang. Er wollte sie nur wecken! Da öffnete sie, wie von der Tarantel gestochen ihre Augen, und umarmte Lars so innig, dass dieser, völlig überwältigt zu ihr auf das Bett fiel. "Bärchi!!!" entrann es ihrem Mund.
 

"Öhm. . . Ja. . . Woher kennst du denn meinen KGS-Nick?" Sie lief rot an. "Ach,

du bist halt das Bärchi!" stammelte sie verlegen. "Ja, gut, das erklärt auch den

Honig, der auf dem Frühstückstisch steht. . . Komm, bevor die Brötchen kalt

werden!" "Wow", dachte sie bei sich selbst, "Frühstück". Tatsächlich hatte es bisher noch kein Freund von ihr auch nur im Entferntesten in Erwägung gezogen,

einmal Frühstück zu machen.
 

Die erste Mahlzeit des Tages war schnell verschlungen, und so gingen sie. Das Auto glänzte schon im Licht. "Auch wenn du so was nicht magst, da musst

du heute durch, ich bin zu faul, um mit der Bahn zu fahren!" "Joa, kann ich

verstehen" sagte sie, während sie langsam auf dem Weg zur Garage seinen Arm

zu sich heran zog, um sich an eben diesen anzuschmiegen. Er selbst erwiderte

das Ankuscheln, indem er langsam seinen Arm um sie legte. Die Strecke zum

Turnierort war nicht sehr weit, aber weit genug, dass man bei der ausgiebigen

Fahrt so einiges von der Meinung des Beifahrers über das Regionale Radioprogramm

erfahren konnte. Nach einer Diskussion darüber, ob "Die Allianz" oder "Band ohne Name" ein besserer Name für eine Band wäre, erreichten die beiden den Turnierort, der jetzt noch fast vollständig leer war. Lediglich ein paar Helfer waren dort, Also konnte man nach der Anmeldung noch gemütlich eine Partie zocken. Und dies geschah dann auch. Nach dieser Partie, die den beiden einiges abverlangte, wurde das Turnier offiziell eröffnet, und die Auslosungen bekannt gegeben. Lars sollte gegen Daniela, Marie gegen Rolf spielen. Beide spielten ihr "normales" Go, doch wie dem immer so ist, wenn es gar nicht anders sein kann, schleichen sich bei Lars Tesuji-Fehler ein, während Marie im Byôyomi mit ihrem schlechten Endspiel zu kämpfen hat. Die erste Runde ist für beide ein Verlust. 0:2. Danach verlassen beide das Turnier (es handelt sich um ein vier Runden McMahon Turnier, von dem am Samstag die erste, Sonntag drei gespielt werden).

Nachdem auch die letzten Spieler ihre Partien beendet haben, waren Lars und Marie längst am Grillplatz angekommen, an dem an diesem Abend ein großer Grillfest stattfinden sollte, wo Lars sofort damit begann, nach einer Gitarre

zu fragen. Marie bemerkte dies, und war sehr überrascht; hatte sie solch einem Menschen doch nie zugetraut, Gitarre spielen zu können. Und so saßen sie da im Park: Von Fackellicht erhellt, er Gitarre spielend, sie angelehnt, singend. Beatles, "Let it be" Stunde um Stunde verging so, singend, lachend, fröhlich. Doch irgendwann konnte es Lars nicht mehr aushalten, und legte seinen Kopf erschöpft auf Maries Beine. Diese war zunächst etwas verwirrt, doch dann nahm sie seinen Kopf in die Hand, und begann damit, langsam seinen Kopf zu massieren.

Im Schlaftrunkenen Zustand (und auch sonst nicht gerade nüchtern) begann Lars damit, seinemWohlgefallen Ausdruck zu verleihen, indem er Marie leise anschnurrte.
 

Doch wurde diese Konstellation nicht ganz unkritisch gesehen: Anna, die schon lange wieder ein Auge auf Lars geworfen hatte (besonders, nachdem er sich von ihr getrennt hatte), beobachte das Geschehen kritisch aus einiger Entfernung mit einer Bierflasche in der Hand, aus der sie unnachgiebig nippte. Ihre Gedankengänge drehten sich um Rache, Mord, Leid, Verderben, Schmerzen, Zahnarzt, Finanzamt, usw. Ihr langjähriger Lästerkamerad Björn unterstützte ihren Blick hier und da mit einem "was ist das denn für eine. . . " oder "also so was. . . ".
 

Nach etwa eine halben Stunde, die Lars und Marie so gesessen hatten, kam Anna, voll wie ein Bauer auf die beiden zu. Mit einem "L-l-l-asch Lars in Ruh-uh-uh!" schmetterte sie Marie lieblos zur Seite, ohne auch nur einen Gedanken daran zu verschwenden, dass sie sich hätte wehtun könne. (Es kann aber hier verraten werden, dass es nicht so passiert ist.) Sie rüttelte an Lars, der nun erwachte. In seinen Augen spiegelte sich die blanke Angst; zu schrecklich war die Zeit im nach hinein mit ihr gewesen als dass er nun, so überrascht, hätte ruhig bleiben können. Doch nun sah er, wie Marie, die Frau, mit der er sich auf Anhieb so gut verstanden hatte, ihre Kleidung zurechtrückte und die Situation beobachtete. Ohne Anna auch nur eines Blickes zu würdigen drehte er sich zu Marie, und half ihr in die Jacke, die er als Unterlage benutzt hatte. "Warte kurz, bitte! Ich muss da was klären. . . " "O. . . o. . . ok, aber ich will nicht, dass su wegen

mir. . . " "Schon Ok, lass mich nur machen. . . " So ging er direkt auf Anna zu,

fasste sie mit Nachdruck bei der Hand und entfernte sich mit ihr etwas aus dem

Bereich des Geschehens, und zwar gerade so, dass Marie noch alles mitkriegen

konnte. "Sag mal, was fällt dir eigentlich ein, sie so zu behandeln? Hast du sie

noch alle?" brüllte er laut. Anna antwortete gewohnt gemein-bissig; "Nichts.

Wer hat mich den weggeworfen wie ein Spielzeug, nur weil er jetzt ein neues

hat?" "Wie, neues?" "NA, das Flittchen da!" "Pass mal auf, was du sagst, es ist

immerhin deine Schuld. Hättest du mich besser behandelt, so wären wir wohl

noch zusammen. Siehst du, so wie du jetzt bist, das ist nicht gut." "Du hast es

mir eh nicht besorgen können. Schlappschwanz. Was will ich überhaupt von dir?

Die halbe Schule ist hinter mit her. . . " -
 

Dann unterbrach Lars sie: "Dann nimm dir einen von denen, und nerve nicht

mich, ok? Wir beide sind durch. Delta Uniform Romeo Charlie Hotel. Durch.

Es gibt kein zurück. Du hast es riskiert und alles verloren." Er drehte sich um,

und begab sich auf Marie zu, um sie bei der Hand zu nehmen. "Du wirst schon

sehen, was du davon hast. . . " drohte Anna Marie aus einiger Entfernung. Nun

platzte auch Lars langsam der Kragen. Er konnte sicher viel ertragen, aber

wehe, es geht um seine Freunde. "Niemand tut ihr was. DU hast mich Schlecht

behandelt", wetterte er gegen Marie, "Du bist nie richtig auf mich eingegangen,

hast mir nie richtig vertraut. Diese Frau hier, ich kenne sie weniger als einen

Tag. Ich vertraue ihr mehr, und ich glaube sie mir auch, als ich dir je in den

zwei Jahren getraut habe. Und niemand tut meinen Freunden etwas, ich stehe

für sie ein. Zur Not auch mit meinem Leben. Ich werde niemals einen meiner

Freunde so verraten, wie du es getan hast." Lars spielte hier auf seine Operation an, die er nach einem Fahrradunfall über sich ergehen lassen hatte müssen. Die Operation war gut verlaufen, aber Anna hatte sich für die Zeit, die Lars im Hospital war, einen anderen Freund gesucht, und, wie er erst später erfuhr, auch mit ihm Schluss gemacht, wenn die Operation den Ausgang gehabt hätte, den die Ärzte prognostiziert hatten: Amputation. Lars hatte es nach diesem Vorfall zwar geschafft, Anna wieder zu vertrauen, aber sein Grundvertrauen war soweit geschädigt, dass es nur eine Frage der Zeit gewesen war, bis er sich von ihr trennte. "Ich traue dir genau so weit, wie ich dich werfen kann", sagte er, und Tränen erfüllten langsam seine Augen, als er sich Marie an die Hand nahm, und den Platz verließ. "Was ist denn los? Stimmt was nicht mit dir? Kann ich dir helfen?" "Nein, nein, danke, schon ok" sagte Lars, sich die Tränen aus dem Gesicht wischend, und er wusste genau, dass er gelogen hatte.
 

Nichts brauchte er in diesem Moment dringender als eine Schulter, an der er sich ausweinen konnte. Er war sich aber nicht sicher, wollte Marie mit seinen Problemen nicht belasten, und so schwieg er den restlichen Weg. "Es tut mir leid", fing Marie dann wieder an, "dass du wegen mir solche Probleme und Umstände hast." Sie selbst war der festen Überzeugung, Auslöser dieses Konflikts

gewesen zu sein. Lars indessen konnte sich ein Lächeln kaum verkneifen, obwohl

ihm in diesem Moment nach allem anderen als nach Lachen zumute war. "DU doch nicht!!!", sagte er, jetzt stehend, und sich die Tränen aus dem Gesicht wischend.
 

"Ich bin froh, dass ich so eine Frau wie dich kennen lernen durfte. Bitte,

mach meine Probleme nicht zu deinen, auch, wenn es lieb gemeint ist." "Aber

dafür sind Freunde doch da!" Jetzt waren beide baff. Marie war nie zuvor als

Frau bezeichnet worden, und Lars war geplättet von Maries Ansicht, die seiner

so ähnlich war. Beide fielen sich wenig später um den Hals. "Freunde?" - "Nee,

weist du?!" - "hrhr". Die erste Krise hatte Lars durchstanden. Er hatte seine

Furcht begraben, und Annas Sabotageversuche hinter sich gelassen. Er hatte

eine Frau im Arm, die ihm ihre Schulter lieh, um sich daran auszuruhen, und

die sich nicht dafür zu fein war, Lars' Schulter zum Ausweinen zu benutzen. So

gingen die Beiden zur Bushaltestelle, Hand in Hand, und mit der Gewissheit,

auf ganz besondere Weise verbunden zu sein.



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