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Ich bin nicht so, wie ihr alle denkt..

von

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"..chi.. Tochi.. Hey.." Sanftes Rütteln an meiner Schulter.

Leise Geräusche dringen an mein Ohr. Fern. Seltsam verzerrt.

"Tochimasa.. " Wieder das Rütteln.

"Hmm.." Ich will mich wegdrehn, aber aus irgendeinem Grund kann ich mich nicht bewegen. Mein Arm tut weh.

"Scht.. Nicht bewegen.."

Ich weiß, wessen Stimme das ist.

".. Kyo.. was.."

Ist das meine Stimme? Sie klingt so leise, rauh. Wie durch Watte.

Ich versuche, meine Augen zu öffnen. Es ist furchtbar grell. Ich muss blinzeln.

"Tochi? .. Gott sei Dank.."

Kühle Fingerkuppen streichen über meine Wange. Meine Augen haben sich noch immer nicht an die Helligkeit gewöhnt. Ich starre auf Kyos unscharfe Gestalt. Moment für Moment wird sie klarer.

"Hey Kleiner.. Jag mir nie wieder so nen Schrecken ein, ich schör's dir.."

Kyo seufzt tief auf.

Mit einem Mal fällt mir alles wieder ein. Die Erinnerung bricht wie eine Welle über mir zusammen und vergräbt mich unter dem Gefühl der Hoffnungs- und Hilflosigkeit.

Ich muss schlucken.

Ich habe versucht, mich umzubringen..

"..Kyo.."

Ich hebe meinen rechten Arm und strecke ihn aus, bis ich Kyo an der Schulter berühre. Ich fühle mich so schwach. Als mein Arm immer schwerer wird und ich ihn kaum noch oben halten kann, kralle ich mich in Kyos Hemdstoff.

"Gomen.. Gomen nasai.."

Wie konnte ich nur.. Ich hab mir immer geschworen, alles durchzustehen. Stark zu sein. Ich hab mich selbst verraten.

"Scht.." Kyos Blick ist voller Wärme, als seine Hand sich über die meine legt.

"Ich weiß.. ..

.. Ich hab mir Sorgen gemacht, als die Verbindung plötzlich unterbrochen war."

Er schielt rüber zum Telefon, das, in kleine Einzelteile zerlegt, auf dem Boden in der Nähe der Küchentür weilt.

Ich lasse sein Hemd los, und mein Arm fällt kraftlos nach unten.

Ich bin so müde..

Seine Hand streichelt durch mein Haar.

"Ich bin einfach hergekommen.. Hab von ner Telefonzelle aus angerufen, die sowieso nicht weit von dir entfernt war.. Zum Glück haben mich die Nachbarn reingelassen.. .. Tochi, warum hast du das gemacht?"

Ich drehe den Kopf zur Seite. Tränen sammeln sich in meinen Augenwinkeln. Ich schäme mich so. Was denkt Kyo jetzt von mir? Und Shinya?

Er darf nichts davon erfahren.

"Hey.. Nicht weinen.."

Seine kühlen Finger streichen die aufkommenden Tränen weg.

"Und keine Angst.. Ich werde niemandem etwas sagen. Okay? Lass es uns einfach vergessen.. Ich will nicht, dass es nochmal so weit kommt. Versprich mir das.. Bitte, Tochi."

Sein Blick wird flehend.

Schluckend nicke ich.

"H-hai.. .."

"Okay..", flüstert er und streicht mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht.

"Kyo.. Ich.. .. Ich wollte mich nicht wirklich.."

Wieder muss ich schlucken.

Er sitzt einfach nur da und sieht mich an. So ruhig und liebevoll.

"Aber es war plötzlich alles zu viel.. Shinya.. .. Ich.."

Meine Stimme wird immer leiser, bis sie versagt. Tränen strömen über meine Wangen.

Leise schluchzend sacke ich zusammen. Lasse den Kopf hängen und weine still vor mich hin. Nur meine Schultern beben.

Plötzlich spüre ich eine Hand auf meiner Schulter. Und dann einen starken Arm, der sich um mich legt. Und Kyo, der mich an sich zieht und ganz fest an seine Brust drückt.

"Toshiya.. Scht..", haucht er in mein Ohr.

"Ich will nicht, dass du weinst.. Shinya wollte dir nicht weh tun. Und er macht sich auch Vorwürfe, dass er einfach gegangen ist und dich allein gelassen hat. Bitte mach es dir und ihm nicht so schwer. Du darfst nicht.. Du darfst dich nicht aufgeben."

Seine Stimme klingt bitter.

"Kyo.. arigatou.." Ich schließe die Augen und kuschle mich an ihn.

Seine Wärme tut gut. So gut.

"... Wenn du willst, bleib ich heut Nacht bei dir.. Ich denke es hilft dir, wenn du nicht allein bist.. Okay?"

Ich nicke nur. Ich bin so froh, dass er das gesagt hat. Ihn zu fragen hätte ich mich nämlich nicht getraut. Aber er versteht mich. Im Moment ist er der einzige, der mich versteht.

Seufzend wischt er die halb eingetrockneten Tränenrinnsale von meinen Wangen.

"Jetzt geh erst mal duschen.. Das wird dir gut tun."

Ich nicke abermals.

"Danke.."

Nuschelnd erhebe ich mich mehr oder weniger ungeschickt vom Bett und stolpere ins Bad.

Kyo hat recht. Ich sollte mich zuerst mal beruhigen.

Drinnen drehe ich mich mit dem Rücken zum Spiegel. Ich will mich jetzt nicht sehn.

Ich ziehe mich aus und lege meine Kleider auf den Badewannenrand.

Erst jetzt fällt mein Blick wieder auf den Verband an meinem linken Handgelenk.

Er ist ganz sauber und ordentlich angelegt. Ich seufze.

Ich weiß, woher Kyo das kann..

Wir wissen alle, was mit Kyo los ist. Wie scheiße es ihm geht. Dass er mit seinem Leben kaum zurecht kommt. Aber keiner tut was.

Und ich, gerade ICH, versuche, mich umzubringen..

Ich hab nicht dran gedacht, wie sehr ich andere damit verletze. Warum musste gerade Kyo mich finden? .. Er muss mich hassen.

Ich mach alles falsch..

Bitterkeit strömt durch mein Innerstes, als ich in die Dusche steige.

Ich lege meine linke Hand auf die Fliesen neben den Hahn, damit der Verband nicht nass wird. Ich drehe den Wasserhahn auf und heißes Wasser strömt auf mich ein.

Es scheint, als würde es mich reinigen.

Und ich fange an, es zu genießen.
 

Nur mit meinem Bademantel und einem Slip bekleidet schlüpfe ich aus dem Bad.

Kyo sitzt, mit dem Rücken zu mir, auf meinem Bett. Doch als meine nassen Füße leise auf dem Boden tapsende Geräusche verursachen, dreht er sich zu mir um.

Verlegen lächelnd gehe ich auf ihn zu. Aber sein Blick, den er mir entgegenbringt, lässt mich kurz innehalten. So.. seltsam.. hat er mich noch nie angesehn.

Im nächsten Moment ist er weg und Kyo sieht mich einfach nur aus tiefen, unergründlichen Augen an. Ich muss mich getäuscht haben..

Es sind nur noch wenige Schritte bis zu ihm. Schließlich setze ich mich neben ihn aufs Bett.

"Willst du vielleicht.. ähm.. nen Schlafanzug von mir?"

Ich sehe ihn fragend an. Wenn er hier schlafen will, wär es vielleicht besser..

Da fällt mir ein.. .. wo.. ..??

Er zuckt nur die Schultern.

"Ich kann auch im T-Shirt schlafen. Das mach ich im Sommer eigentlich immer."

Ich nicke.

"Ja, ich auch.. okay.."

"Soll ich eigentlich bei dir im Bett schlafen?"

Er grinst mich an.

"Ähhh... .. k-klar.. wenn dir das nichts ausmacht.. ein Futon oder sowas besitz ich sowieso nicht.."

"Nagut." Er nickt.

Plötzlich steht er auf und fummelt an seinem Hosenknopf rum.

"Ähhh..."

"..Was?"

Seine Hose liegt inzwischen neben ihm auf dem Boden. Und ein leicht verwirrtes Kyo sieht mich aus großen Augen an. Noch dazu ein halb nacktes.

"Es ist nur.. .. ach, nichts.." Ich seufze.

Leicht verlegen lege ich meinen Bademantel ab, zerre mein "Nachthemd" unter meinem Kissen hervor und schlüpfe hinein. Den Bademantel schmeiße ich grad zu Kyos Hose.

"So.. .."

Ich lasse mich zurückfallen. Aber so, dass ich Kyo immer noch im Blick hab.

"Hai.." Er gähnt leise. Er sieht sehr niedlich dabei aus.

Bei dem Gedanken wird mein Herz wieder schwer. Shinya sieht auch immer so süß aus, wenn er gähnt..

Traurig drehe ich mich zur Seite.

Die Matratze knarzt leise und fällt leicht zur Seite ab, als Kyo sich neben mich legt.

Im nächsten Moment hat er auch schon seinen Arm um mich gelegt.

"Danke.. Kyo.."

Ich rücke ein Stück zu ihm auf und kuschle mich an ihn. Eigentlich ist er ja viel kleiner als ich, schießt es mir durch den Kopf. Aber ich fühle mich in seinen Armen total geborgen.

Er hält mich fest, als wäre er viel größer. Stärker.

"Kein Problem.."
 

"Kyo?"

"Hm?"

"W-was ist mit.. Shinya und.. Die.. ..?"

Schluckend starre ich die Wand an, als könnte ich mit meinem Blick ein Loch reinbohren und durchsehen, was die zwei grad machen.

"Hm?"

Ich schließe kurz die Augen, dann drehe ich mich zu ihm um.

"Ich meine.. .. seit wann.."

Er deutet ein Schulterzucken an und nuschelt:

"Weiß nicht.. zwei Wochen oder so."

"Hmm.. Und warum hat er mir nichts gesagt?"

Es tut weh. Verdammt weh. Aber der Schmerz bleibt in mir drin, verborgen, versteckt, verschlossen.

Kyos Augen weiten sich ein wenig.

"Ich denk mal, weil er dir nicht weh tun wollte. Vielleicht dachte er, dass du eifersüchtig auf Die bist. Schließlich bist du sein bester Freund und ihr wart immer zusammen. Da ist es doch verständlich, wenn er Angst hat, dich zu verlieren."

Ich sehe ihn an.

"Meinst du? .. Aber.. .. was soll ich denn jetzt tun? .. Ich will ihn nicht verlieren. Auch wenn er meine Gefühle nicht erwidert. Er ist die Person, die ich am meisten liebe."

Ich spüre, wie ich schon wieder den Tränen nahe bin.

Wieder dieser Blick. Und ich weiß immer noch nicht, was er bedeutet, geschweige denn, wie ich damit umgehen soll. Kyo kann manchmal so.. undurchschaubar sein.

Nach einer kurzen Pause flüstert er:

"Das musst du wissen. Ob du es schaffst, so weiter zu machen wie bisher. Dann musst du versuchen, deine Gefühle zu verleugnen. Du darfst ihn nicht bedrängen, ihm kein schlechtes Gewissen machen, aber vor allem darfst du ihm nicht zeigen, wie schwer es dir fällt. Sonst werdet ihr euch immer weiter voneinander entfernen, bis euere Freundschaft nicht mehr als eine flüchtige Bekanntschaft ist. Du musst dich entscheiden. Kannst du das?"

Er sieht mich durchdringend an.

Ich muss wieder schlucken.

"Ich.. weiß nicht.. .."

Seufzend schüttle ich den Kopf.

"Aber es geht nicht anders.. also muss ich."

Ich habe Angst. Angst vor der Zeit, die mir bevorsteht.

"Danke, Kyo.."

Ich rücke ein wenig näher und sehe ihn groß an.

Ich weiß nicht, ob ich ihn umarmen darf. Oder sogar auf die Wange küssen.

Aber er erwidert meinen Blick nur. Sieht mich an, als ob er in mich hineinsehen könnte. Die Nähe, die ich bis jetzt zu ihm gespürt habe, ist wie verflogen.

Fast, als hätte ich ihn verärgert. Verletzt. Aber alles ist nur der Hauch eines Moments. Die Atmosphäre, die knistert. Dunkel. Und ich weiß wieder nicht, wie ich reagieren soll. Kyo war schon immer so. Aber als so extrem hab ich es nie empfunden.

"Kyo?"

"Was?" Seine Antwort kommt schnell. Fast ärgerlich.

Ich hab wieder was falsch gemacht.

"Warum.. .. ach, vergiss es.."

Ich seufze auf. Kyo macht wieder so ein Gesicht. Trotzdem würde mich interessieren, warum er mich manchmal so ansieht.

Außerdem hat es sich vorhin so angehört, als würde er aus Erfahrung sprechen. Aber wann.. War er mal in jemanden verliebt, mit dem er eigentlich befreundet war? Das ist bestimmt schon lange her. Kyo ist so unnahbar. Ich weiß nicht, wann er das letzte Mal von jemandem erzählt hat. Jedenfalls schon lange, sehr lange her. Aber kann man so leben? Ich hab mich schon oft gefragt, ob Kyo überhaupt denjenigen geliebt hat, mit dem er ins Bett gestiegen ist.

Aber eigentlich geht mich das gar nichts an. Schließlich ist es sein Leben, und er kann damit machen, was er will.

"Was ist jetzt? Willst du mich was fragen oder nicht?"

Er schnaubt leise.

"Ähhm.. Naja.. Eigentlich nicht. Ich bin froh, dass du da bist."

"Aha. Na dann."

Seine Augenbraue klettert in die Höhe.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  PiuPiuThePENGUIN
2005-09-04T17:02:11+00:00 04.09.2005 19:02
Hoi, ein neues Chapter... Hab ich gar nich gesehn~
Hoffe du schreibst mir das nächste mal ne ENS, wenns online is.

Habs mit Genuss gelesen und warte auf weitere Chapter ^^~
~Mari


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