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Schatten der Vergangenheit

von

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Zugabe 5: Krieg?

Die Rüstung trat auf der Erde innerhalb der Botschaft wieder aus der Passage. Dabei verhedderte sie sich mit den eigenen Beinen und fiel vornüber.

Usagi, Rei, Petzite und Gaion, die den Ausgang der Mondpassage gerade eher zufällig passierten, sahen sich das Vorgehen konsteriert an.

Umino fluchte lautstark, während er sich wieder erhob. Das geschah sehr flüssig, viel flüssiger als alle Bewegungen, die sie bei anderen Rüstungen gesehen hatten.

Der Helm fuhr leicht herum und fixierte Usagi. "Dich habe ich gerade gesucht!", rief er und trat schnell an die Gruppe heran. "Usagi-chan, ich habe festgestellt, dass es unter anderem meine Arbeit an der Toudai war, die diese Rüstung überhaupt erst ermöglicht hat!"

"Und?"

"Was, und? Ich habe an dieser Waffe mitgebaut, die nun das SilverMillenium bedroht!" Er rang nach Worten, nach Erklärungen, und konnte sie doch nicht finden.

"Willst du sagen, dass du unser Feind bist, Umino?", fragte Rei.

"Ja! So was in der Art! Ich meine, ich bin... Ja, bitte?"

Akira war neben ihn getreten und hatte ihm eine Hand auf die Schulter gelegt. "Uns hat gerade ein Anruf vom Mond erreicht. Etwas wirr, wie ich zugeben möchte. Mamoru sagt, du wärst unter obskuren Umständen mitsamt der Kampfrüstung verschwunden, und es könnte sein, dass du die Rüstung den örtlichen Behörden übergeben willst, oder sonst etwas dummes tust."

"Das Dumme habe ich schon getan, als ich an den Einzelteilen für dieses Wunderwerk gewerkelt habe, ohne zu ahnen oder zu hinterfragen, wofür ich das überhaupt mache!", gab der Junge bissig zurück. "Und übergeben will ich die Rüstung auch nicht. Sie ist viel zu gefährlich und gehört nur in die Hände von..." Suchend fuhr der Helm herum. "Wie erkläre ich das am Besten? Ich denke, nur das SilverMillenium kann mit so einem Machtinstrument umgehen, weil Ihr SailorKrieger und Generäle selbst so mächtig wie diese Rüstung seid. Ich denke, wenn sie jemandem gehören sollte, dann SailorMoon. Und wenn sie jemand steuern muss, dann sollte ich das sein, um Buße zu tun. Oder sowas."

"Ach, Quatsch, du bist doch nur auf Action scharf", tadelte Akira grinsend.

"UMINO!", erklang aus dem Mondaufgang Narus Stimme. "Du hast uns alle zu Tode erschrocken, als du abgehauen bist!"

"Ah, Naru-Schatz, ja, das war vielleicht ein bisschen dumm von mir", sagte er und legte eine Hand hinter den Kopf. Hinter ihr folgten Ami, Taiki und Mamoru.

"Also, die Koordinierung mit der Rüstung wird bei dir immer besser", stellte Mamoru schmunzelnd fest. "Ja, du hast uns eine Heidenangst eingejagt mit deinem Gerede, dass die Rüstung auf die Erde gehört."

"Aber es ging doch nicht anders! Ich meine, wenn die anderen Rüstungen angreifen, dann muss meine Rüstung hier stehen und bereit sein, und... Und..."

"Und dann willst du kämpfen?", fragte Naru. "Umino, du bist kein Soldat!"

"Vielleicht ist es dann an der Zeit, einer zu werden", erwiderte er trotzig.

"Er hat Recht", sagte Akira. "Nicht unbedingt mit dem Part, ein Soldat werden zu wollen, aber durchaus mit dem Kampf. Luna ist vorhin zurückgekehrt. Sie hat die Basis unserer Gegner gefunden und infiltriert. Es sieht ganz so aus, als würden gerade gut einhundert Rüstungen für den nächsten Angriff bereit gemacht werden. Neue Piloten werden eingeflogen und instruiert. Die nächste Runde steht kurz bevor."

"Dann muss ich...", begann Umino und aktivierte den Antrieb seiner Rüstung.

"Nicht so eilig, Kleiner!", sagte Akira, nachdem er sich in seine Uniform gehüllt hatte und in der Lage war, die Rüstung zu bändigen. "Schön, dass du jetzt so ein Spielzeug hast, aber voreiliges Handeln ist der absolut falsche Weg. Außerdem braucht dein Prachtstück eine neue Lackierung, damit wir dich von den anderen unterscheiden können. Und das ist nur das einfachste Problem. Viel schwieriger ist es mit der Basis unserer Feinde. Bitte, Luna."

Die schwarze Katze sah sich im Rund der Freunde aufmerksam um. "Es gibt gewisse Informationen, die unsere Lage deutlich verschlechtern werden. Weit mehr als ohnehin schon. Es sieht ganz so aus, als würden an vier verschiedenen Orten auf dieser Welt mehrere hundert Rüstungen bereit stehen, und tausend weitere montiert werden. Diese Technologie, sie nennen sie GunSuit, kann gegen uns eingesetzt werden. Tatsächlich wurde sie aus genau diesem Grund gefertigt: Um uns angreifen zu können."

"Du willst uns also sagen, dass wir erneut angegriffen werden, selbst wenn wir die einhundert Rüstungen hier in Japan zurückschlagen?", fragte Usagi.

Das Schweigen der Katze sagte genug aus.

Die junge Frau seufzte lang und tief. "Okay, das war's. Sollen sie doch glücklich werden mit der Erde. Das SilverMillenium zieht sich auf den Mond zurück. Gaion, sorge dafür, dass soviel unserer Technologie wie möglich mitgenommen wird, bis auf die medizinische Technologie. Die überlassen wir ihnen gerne. Der Rest muss vernichtet werden. Vor allem alles, was sich als Waffe nutzen lässt. Du siehst ja, was die Menschen daraus machen."

"Jawohl, Majestät."

Usagi schaute sich um. "Das SilverMillenium bietet hiermit allen Anwesenden und ihren Familien Zuflucht auf dem Mond an. Und ich rate euch dazu, anzunehmen, denn jeder von uns, der zurückbleibt, wird ein Primärziel unserer Feinde werden. Das gilt ganz besonders für dich, Akira. Keine letzten Kämpfe und dergleichen. Kein Zeit erkaufen. Kein Feinde dezimieren."

"Aber ich habe doch gar nichts gesagt!", beschwerte sich Iskander.

"Ich kenne dich. Dir ist in deinem deprimierten Zustand zuzutrauen, dass du dich bewusst opferst!"

"Wieso deprimiert?", fragte der ehemalige General. "Warum sollte ausgerechnet ich deprimiert sein?"

Wütend sah Usagi ihn an, bevor sie ihm eine kräftige Kopfnuss versetzte, die der General auch durch die Rüstung hindurch spürte. "Autsch."

"Weil du so blöde bist, Ami von dir fort zu schieben, obwohl sie das gar nicht will!"

"USAGI!", rief Ami überrascht.

"Ihr beiden habt was miteinander?", fragte Petzite überrascht, während andere, nicht Eingeweihte, vielsagende Blicke austauschten.

"Nein, wir haben nichts miteinander", sagte Ami. Sie seufzte. "Überhaupt nichts, rein gar nichts."

Usagi wandte sich nun dem dunkelhaarigen Mädchen zu, die Augen immer noch voller Zorn blitzend, aber dann hielt sie inne. "Oh. Du hast Recht."

"Und was soll uns das jetzt sagen? Dass Akira labil ist und vielleicht den Heldentod sucht wegen was?", fragte Petzite.

"Es ist wohl etwas komplizierter als ich dachte", murrte Usagi. "Und wir sollten es dabei belassen. Vorerst. Und was dich angeht, Mister, du wirst hier keinesfalls als Letzter verschwinden! Dich halte ich schön an meiner Seite!"

"Aber ich habe wirklich nicht vor, dass ich..." Iskander stockte. "Was machen wir eigentlich mit denen da draußen? Was, wenn sie mitwollen? Was, wenn sie dort draußen bleiben, wenn der Turm längst leer ist? Was, wenn sie den Turm besetzen und an unserer Stelle den Turm verteidigen?"

Usagi wurde leichenblass. "Daran habe ich ja überhaupt nicht gedacht. Ich dachte, wenn wir weg sind, dann würden sie sich beruhigen. Ich meine, wir können es doch nicht mit der ganzen Welt aufnehmen."

"Und warum nicht?", fragte Akira, und schnippte mit der Linken.

"Weil wir nicht die Möglichkeiten haben! Wir sind nur ein kleiner Staat mit einer kleinen Armee...", begann Usagi.

Iskander klopfte mit der Hand, mit der er Umino festgehalten hatte, auf die Rüstung. "Mit bester Ausrüstung. Drei, vier Dutzend mit unserer Technologie hochgerüstete Exemplare sollten eine herbe Überraschung für jeden GunSuit-Angriff darstellen.

"Also, einen oder zwei können wir vielleicht noch zusammenbauen", sagte Ami, und vermied es, Iskander anzusehen. "Aber wir sind nicht in der Lage, auch nur eine einzige Rüstung aus dem Nichts zu konstruieren. Oder, Gaion?"

"Um einen GunSuit, der nur aus unserer Technologie besteht, zu bauen, brauchen wir auch mit Vorlage etwa zwei Wochen. Der dürfte dann allerdings sehr viel stärker sein als die anderen. Und auch stärker als das Modell, dass Umino gerade trägt."

"Aber wir wissen doch, wo es andere Rüstungen gibt", sagte Akira. "Und davon mal abgesehen besteht unsere kleine Armee aus den mächtigsten Wesen auf der Erde. Wir können vielleicht nicht die ganze Welt erobern, aber wir können uns gegen sie wehren."

"Immer noch eine Scheiß-Idee", kommentierte Usagi. "Aber wir können die Menschen da draußen nicht alleine lassen. Also holen wir uns diese Rüstungen."

"Usagi, das wäre ein kriegerischer Akt!", sagte Mamoru eindringlich.

"Und? Wir haben nicht angefangen! Und überhaupt, ein souveräner Staat attackiert uns ohne Kriegserklärung, das ist wohl die größere Frechheit." Trotzig sah sie Mamoru an.

"Na, dann ist ja alles geklärt. Ich suche schnell Haruka, Michiru und Motoki, und dann gehen wir diese geheime Basis ausheben. Wir brauchen dann ein paar Lastwagen für die eroberten Rüstungen, und... Urgs!"

Mamoru hatte Iskander am Kragen seines Umhangs ergriffen und am Gehen gehindert. "Bevor du deine Kriegspläne verwirklichst und zuschlägst, bevor sie zuschlagen können, mein lieber General, solltest du unbedingt noch auf ein bestimmtes Ereignis warten."

"Du machst mich neugierig. Was ist das für ein Ereignis?"

Mamoru lächelte nur, und es war ein äußerst bedrohliches Lächeln.
 

6.

Die neue Lackierung der Rüstung war der Generalsuniform des SilverMilleniums nachempfunden. Sie gefiel Umino recht gut, obwohl er sich eine weiße Rüstung mit roten Highlights, an die japanische Nationalflagge angelehnt, ebenso gut hätte vorstellen können wie eine Mischung als Gold und Rot.

Die Manövrierfähigkeiten waren hervorragend. Er zog über Tokio dahin, als wäre er ein Falke. Ein ziemlich schneller Falke sogar. Zwar konnte er es nicht mit einem Kampfjet aufnehmen, der mehrfache Schallgeschwindigkeit erreichte, aber einen läppischen Hubschrauber konnte er problemlos überholen. Das hatte er bewiesen, denn natürlich waren Polizeihubschrauber aufgestiegen, kaum dass die Rüstung hatte geortet werden können. Er hatte ein wenig mit ihnen gespielt, die höhere Manövrierfähigkeit der Rüstung ausgenutzt, und war ihnen dann einfach davon geflogen, raus zur Toudai, wo er seinem Projektleiter ein paar unangenehme Fragen stellen würde. Und er würde seine Kollegen mit der unangenehmen Erkenntnis konfrontieren, dass sie Waffen entwickelt hatten und noch immer taten.

Für die letzten fünf Kilometer zur Toudai schraubte er seine Emissionen runter und senkte seinen Flug beinahe auf Erdniveau herab. In lediglich fünf Metern Höhe zog er durch die Straßen. Bei deutlich reduzierter Geschwindigkeit von einhundert Km/H, um keine unnötigen Schäden anzurichten. Dabei wurde er gesehen, und das wollte er ja auch. Ein Lächeln stahl sich auf seine Züge. Vielleicht hätte er Akiras Vorschlag doch annehmen sollen, der Rüstung einen Umhang zu verpassen. Das hätte Stil gehabt. Allerdings wäre der Umhang auch in Gefahr geraten, bei einem plötzlichen unerwarteten Manöver in Brand zu geraten. Und ein halblanger Umhang sah einfach nicht so cool aus wie ein bodenlanger.

Über der Toudai bremste er ab und landete vor seinem Bereichsgebäude. Ein Sicherheitsmann, der zufällig in der Nähe war, kreischte erschrocken auf und richtete seinen Taser auf den Studenten.

"Nur keine Aufregung", sagte Umino und zog seinen Ausweis hervor. "Ich studiere an der Toudai, und in diesem Gebäude arbeite ich."

Misstrauisch beäugte der Mann den Ausweis. "Und was soll diese Rüstung?"

"Seit wann haben wir denn an der Uni eine Kleiderordnung? Ich kann doch anziehen, was immer ich will."

Der Wachmann wurde mutiger, und beharrlicher. "Aber ich kenne solche Rüstungen! Eine hat in Tokio ein Haus durchschossen, und andere haben das SilverMillenium angegriffen."

"Ach, wie witzig, dass Sie das erwähnen." Er zog einen zweiten Ausweis hervor, der ihn als Diplomaten des SilverMilleniums auswies. "Meine Akkredition liegt gerade beim Außenministerium vor. Und was den Angriff angeht, können Sie ja wohl schlecht alle Rüstungen über einen Kamm scheren. Ich habe jedes Recht der Welt, hier zu sein, und es gibt keine Kleiderordnung, die das Tragen von Rüstungen an der Toudai verbietet."

"Aber das Ding ist keine Kleidung, das ist eine Waffe!"

"Wo steht das? Wer hat diese Rüstungen zu Waffen klassifiziert? Ich habe davon jedenfalls nichts mitbekommen. Und solange das der Fall ist, trage ich, was ich will. Guten Tag."

"Gu-guten Tag." Verblüfft sah der Wachmann dem Studenten nach. Das schrie nach einer Meldung an die Zentrale. Und er war sich auch ziemlich sicher, dass eine Feststellung, dass diese Rüstungen Waffen waren, Kriegswaffen womöglich, nicht mehr lange auf sich warten lassen würde.
 

"Wir bauen Waffen!", rief Umino, als er das Labor betrat. "Verdammte Waffen aus der Technologie der Millenier, und Sie wussten es, Professor!"

Langsam drehte sich der Angesprochene in seine Richtung. "Und wie kommen Sie zu dieser interessanten Behauptung, Gurio-kun?"

"Weil ich mich in dieser Waffe befinde, Professor!"

Aufgeregtes Raunen erfüllte den Raum. Seine Kommilitonen, die Doktoranden und Forscher ließen ihre Arbeit liegen und kamen zu ihm.

"Machen Sie sich nicht lächerlich, Gurio-kun. Sie... Okay, Sie stecken wirklich in dieser Waffe. Oder Sie haben sich zuviel mit Cosplay beschäftigt in letzter Zeit. Ein interessanter Anblick, muss ich sagen."

"Es ist eine der Rüstungen vom Angriff auf die Botschaft des SilverMilleniums. Ich konnte einzelne Teile untersuchen und habe dabei eindeutige Beweise für unsere Arbeit gefunden", sagte Umino. "Wir haben Millenier-Technologie erforscht, nachgebaut, und dann die Integration in diese Rüstung ermöglicht. Womöglich haben wir diese ganze Rüstung überhaupt erst ermöglicht. Alleine meine Arbeiten für die Hohlfeldinduktorleitung, die wir patentiert haben, finde ich hier wieder. Für die Waffensysteme. Suzuki, deine Arbeiten für den mehrfachen Panzerschutz wurde auch verwendet."

"Was?", empörte sich der Angesprochene. "Das Patent wurde uns vor einem halben Jahr erteilt!"

"Und das war noch nicht alles. Sämtliche Arbeiten, die wir jemals erfolgreich durchgeführt haben, sind hier eingeflossen. Und ich wette, diverse andere Hochschulen und Universitäten wie das MIT haben ihren Teil dazu beigetragen, die anderen Baugruppen zu erstellen!"

"Mit anderen Worten", meldete sich ein anderer Forscher zu Wort, "wir wurden beklaut."

"Unser Auftraggeber hat die von uns entwickelten Erkenntnisse und Patente ohne unser Wissen verwendet, und damit Waffen erschaffen, während wir eine friedliche Nutzung vorhatten", bestätigte Umino. "Aber das Schlimmste ist, dass diese Waffen schon eingesetzt wurden, gegen das SilverMillenium, gegen SailorMoon!"

Das ließ die Forscher wütend aufraunen. Die Meisten hier waren Fans der Mondprinzessin.

"Wir haben also nicht nur ganz eng ausgelegt Industriespionage betrieben, wir haben auch geholfen, eine Waffe zu konstruieren, die einzig und alleine dafür erschaffen wurde, um SailorKrieger zu töten. Ich muss schon sagen, wir waren ein ganz schön naiver Haufen."

"Ich würde eher sagen, Sie wurden geschickt getäuscht, denn die Baugruppen waren so ausgewählt, dass ein direkter Zusammenhang zu Waffenentwicklung nicht gezogen werden kann. Eigentlich." Der Professor trat interessiert näher. "Modifikationen mit Originaltechnologie der Millenier?"

"Ein paar. Ich konnte bei ihnen aus dem Vollen schöpfen", sagte Umino.

"Warum steigen Sie nicht aus der Rüstung aus, und wir sehen uns Ihre Arbeiten mal genauer an? Ich bin sicher, unser Auftraggeber wird unsere fürstliche Bezahlung noch weiter aufstocken. Zahlungen, von denen auch Sie profitiert haben, Gurio-kun."

"Nein, ich bleibe in der Rüstung. Ich werde mich nicht weiter daran beteiligen, dass Waffen gegen das SilverMillenium gebaut werden."

Zustimmendes Raunen wurde laut.

"Ach, wachen Sie doch auf, Gurio-kun. Ihre Metawesen, Ihre SailorKrieger stören das Gleichgewicht der Mächte in der Welt. Es war klar, dass die großen Staaten diese Gefahr begreifen und entsprechend handeln würden. Wir konnten gar nicht anders, als dabei zu helfen, denn wer sind wir, wenn wir uns gegen die ganze Welt stellen? Dann ist es besser, gemeinsam zu profitieren. Und letztendlich können wir unsere Patente immer noch im zivilen Bereich nutzen. Hinterher. Nach der Zerstörung der Botschaft."

"Sie sind zynisch, Herr Professor. Ich denke, ich habe hier genug gehört. Ich werde nicht mehr zurückkehren, ob mit oder ohne Rüstung." Umino wandte sich ab.

"Moment, nicht so schnell, Gurio-kun. Sie können gehen, aber die Rüstung bleibt hier. Oder wem, glauben Sie, gehört sie wohl?"

"Ihnen bestimmt nicht", entgegnete Umino frustriert. "Ich habe Ihnen vertraut, an Sie geglaubt... Und so hintergehen Sie mich, hintergehen Sie uns alle. Ich bin enttäuscht."

"Damit kann ich leben. Und was die Rüstung angeht, denken Sie doch hoffentlich nicht, dass Sie eine Wahl haben, Gurio-kun?" Der Professor richtete einen Gegenstand auf Umino und aktivierte ihn. "So, jetzt sollte sie stillgelegt sein. Im Nacken muss es eine Vorrichtung geben, um die Rüstung zu öffnen. Beeilen Sie sich, sie ist luftdicht, und Gurio-kun könnte uns ersticken." Er sah seine zögernden Helfer an. "Nun machen Sie schon! Er muss ja nicht auch noch sterben, bei diesem ganzen Wahnsinn!"

"Ich denke, ich werde hier mit der Rüstung raus gehen", sagte Umino und wandte sich um. "Was Ihr Spielzeug angeht, Professor, was meinen Sie, was ich zuerst gesucht habe, als ich erkannt habe, was wir hier wirklich getan haben? Ich habe die Ferndeaktivierung ausgehebelt. War relativ einfach, wenn man weiß, wonach man suchen muss. Entschuldigen Sie mich, jetzt wo ich die Hintergründe kenne und meinem Ärger Luft gemacht habe, muss ich zur Botschaft zurückkehren."
 

Es hätte keiner dreihundert Kilo schweren Rüstung bedurft, um Uminos Entrüstung durch schwere Schritte zu untermalen. Zurück ließ er eine Horde laut diskutierender Forscher und einen Professor, der amüsiert feststellte, dass die Karten in diesem Spiel, die er sicher verteilt glaubte, doch ein wenig anders gemischt sein mussten. Die nächste gezogene Karte würde jedenfalls eine große Überraschung bringen. Gurio-kun war jedenfalls eine erhebliche Überraschung für ihn gewesen. Nie hätte er gedacht, dass in ihm ein Kämpfer steckte.

"Herr Professor, wir...", sagte jemand.

"Ich nehme es niemandem übel, wenn er Gurio-kun unterstützt oder ihm folgt, körperlich oder ideell", sagte er und sah in die Runde seiner Mitarbeiter. "Aber jedem von Ihnen muss klar sein, was ihn erwartet, was das SilverMillenium erwartet. Sie haben zu tiefe Einsichten in die von uns erforschte Technologie, als dass Sie nicht wüssten, was passieren kann. Und es wahrscheinlich auch wird. Die Welt hat eine neue Waffe und wird sie auch einsetzen. Bedenken Sie das bei Ihrer Entscheidung, ob Sie sich freiwillig in den Wirkungsbereich dieser Waffe begeben."

Ein Teil seiner Leute verließ den Raum, einige blieben, einer machte den Fernseher an, auf dem die Toudai zu sehen war, Gurio-kun in seiner Rüstung und weitere herbei eilende Medienvertreter. Der Rüstungsträger entzog sich ihnen, indem er einfach davon flog.

Die nächsten Tage würden gewiss alles sein, nur nicht uninteressant.

***

Eines musste Akira seinem Alter Ego Iskander lassen: der alte Bursche wusste, wie man eine Schlacht plante. Woher der Steinzeitritter aber die Vorgehensweise moderner Kommandounternehmen kannte, war ihm schleierhaft. Er selbst verfügte nicht über diese Kenntnisse, er war auch stets nur gegen Wesen mit ähnlichen Kräften wie den seinen vorgegangen. Also musste dieses Wissen auf Iskander beruhen, dem Kern seiner Persönlichkeit. Aber er nahm zu Recht an, dass auch Jahrtausende alte Militärstrategien mitunter anschleichen, nicht entdeckt werden und gemeinsam zuschlagen beinhaltet haben mussten.

Also drückte er sich mit Haruka und Michiru hier an eine Hauswand, während Ami im Kommandowagen in das Computernetzwerk des Gebäudes einbrach und die Alarm-, und Kamerasysteme manipulierte.

Nette Neuerungen, die es vor zwanzigtausend Jahren sicher noch nicht gegeben hatte, und auf die sie bisher verzichtet hatten, waren der selbstklebende Knopf mit Bonefone auf seinem Wangenknochen, und das Kehlkopfmikrofon. Beides ermöglichte ihm und den anderen Kriegern des SilverMilleniums eine nahezu lautlose Kommunikation und Koordinierung, solange ihre Frequenzen nicht entdeckt und abgehört wurden. Selbst wenn ihre Gegner die Verschlüsselung nicht knacken konnten, würde emsiger Funkverkehr auf unüblichen Frequenzen in direkter Nähe einen guten Soldaten alarmieren. Und dann adé, schöner Überraschungsangriff.

"Umino hat ganz schönen Wirbel an der Toudai ausgelöst", meldete Ami, die auch die Position als Kommunikationsspezialistin übernommen hatte. "Alle Sender berichten darüber. Und deshalb werden wohl auch viele Usagis Rede live übertragen, die sie angekündigt hat."

Akira drückte den Knopf am Kehlkopf und raunte leise. Für Ami aber kamen seine Worte laut und verständlich an. "Schalte uns mit drauf, wenn sie anfängt. Wegen dem exakten Zeitpunkt."

"Verstanden. Das wird eine ganz schöne Überraschung für Japan werden."

"Das wird eine ganz schöne Überraschung für die Welt werden", meldete sich Juichiro zu Wort, der ebenfalls das Gebäude infiltriert hatte. Bei ihm waren Rei und Kermesite. Insgesamt waren sie zwölf.

"Darauf kannst du Gift nehmen", kommentierte Akira.

"Sie beginnt jetzt", meldete Ami. "Ich schalte euch drauf, damit Ihr rechtzeitig zuschlagen könnt."

"Danke."
 

Übergangslos war Usagis Stimme zu hören. Akira stellte sich vor, wie es rund um sie nun aussah, wie sie in einem ihrer Prinzessinenkleider, die sie des Effekts wegen in letzter Zeit immer häufiger trug, auf dem improvisierten Podium vor dem Haupttor der Botschaft stand, und zu den erschienenen Pressevertretern sprach, neben sich die drei Starlights, Mamoru und Minako, die Berühmtesten aus ihrer Gruppe. Es musste ein toller Effekt sein, und die rund zweihunderttausend Menschen waren nicht umsonst gekommen.

Die Hintergrundgeräusche wurden leiser. Augenscheinlich bat Usagi um Ruhe, mit einer ihrer sanften Gesten. Schließlich war da nicht mehr als das Raunen, das ein Bach verursachte, der über ein paar Steinchen floss, die kaum aus dem Wasser ragten.

"Ich begrüße an diesem wunderschönen Tag die Menschen von Tokio, die gekommen sind, um uns zu unterstützen, die Vertreter der Presse und der Polizei von Tokio. Es freut mich, dass Sie sich alle bei uns eingefunden haben. Leider habe ich keine guten Nachrichten für Sie alle. Wie Sie alle wissen, wurden wir letzte Nacht angegriffen."

Wütendes Raunen klang auf. Vereinzelt rief jemand aufmunternde Worte.

"Ich habe unwiderlegbare Beweise, dass es mit dem Angriff nicht vorbei ist. Nein, just in diesem Moment wird eine Anzahl von gut einhundert Rüstungen bereit gemacht, um die Botschaft des SilverMilleniums anzugreifen. Dies ist nicht die Tat einer Gruppe von Terroristen oder Einzeltätern, sondern die Handlung der japanischen Regierung."

Entsetzte Rufe gellten auf, die Menschenstimmen rauschten wie ein unruhiger Sturm im Wald.

Wieder wurde es leiser, als sie um Ruhe bat.

"Doch das ist noch nicht alles. Wir wissen mit absoluter Sicherheit, dass sich auch andere Staaten der Erde auf den Kampf mit diesen Rüstungen, sogenannten GunSuits, vorbereiten. Sie wurden einzig dazu konstruiert, um SailorKrieger zu töten. Uns zu töten. Und wenn die japanische Regierung es nicht vollbringt, dann werden die anderen kommen und das Werk vollenden. Und wenn die GunSuits es nicht schaffen, dann wird man eben zu Atombomben greifen. Wir sind recht gut über die verschiedenen Szenarien informiert, welche die gegen uns verbündeten Kräfte simulieren."

Erneut wurde es laut, richtig laut. Es dauerte eine geschlagene Minute, bevor Usagi weiter sprach. "Die Technologie, auf der der GunSuit beruht, ist vom SilverMillenium gestohlen worden. Wäre sie eingesetzt worden, um der Menschheit zu helfen, hätten wir darüber hinweg gesehen. Aber sie wurde benutzt, um Waffen herzustellen, Waffen, die uns auslöschen sollen, die wir als Einzige zu mächtig für reguläre Waffen sind. Und diese Waffen werden bald von vielen Ländern oder auch nur gegen sie eingesetzt werden. Die Welt befindet sich im Umbruch, und dieser Umbruch ist Gewalt."

Sie machte eine Pause, obwohl die Menschen nicht lauter geworden waren.

"Wir wussten, hier im SilverMillenium, dass unsere Technologie auch zu Waffen pervertiert werden kann, deshalb haben wir sehr genau darauf geachtet, was wir weitergeben, und an wen wir es weiter geben. Unsere medizinische Hochtechnologie steht mittlerweile allen Ländern der Erde zur Verfügung, und wir arbeiten an der Ausrottung epidemischer Krankheiten. Unsere Energieerzeugungssysteme werden in wenigen Jahren konventionelle Kraftwerke komplett ersetzen und der Menschheit Unabhängigkeit von neuen Energieressourcen für die nächsten einhundert Jahre bescheren. Unsere Ingenieurskunst wird den Bau von Fahrzeugen und Flugzeugen revolutionieren. Dies sind alles Dinge, die wir der Menschheit geschenkt haben. Doch niemals wollten wir Waffen weiter geben, weil Waffen töten und zerstören, und das ist nicht Zweck und Ziel des SilverMilleniums. Das war es nie."

Jubel klang auf, untermalt von begeistertem Applaus.

"Uns bleiben nun nur noch zwei Möglichkeiten. Nummer eins bedeutet, dass wir uns komplett von der Erde zurückziehen, die Passage zum Mond verschließen, unsere Botschaft aufgeben und fortan nur noch im SilverMillenium leben."

Diese versteckte Androhung hatte viele enttäuschte Zwischenrufe und erschrockene Laute aus der Menge zur Folge.

"Aber auch dann wären wir immer noch da, und mit unserer Technologie, die die Menschheit schon besitzt, würde sie in der Lage sein, uns auf den Mond zu folgen. Nicht mit einem kleinen Raumschiff wie Apollo 11, sondern mit einer Flotte, einer Armada aus Kampfeinheiten. Wir würden mit unserer Flucht lediglich Zeit erkaufen. Und das kann nicht die Lösung sein."

"Jetzt kommt es, Leute! Bereit halten!", zischte ich.

"Deshalb wählen wir Möglichkeit zwei. Um uns zu schützen, um die Menschheit zu schützen, kann ich nicht anders handeln. Ich erkläre hiermit, dass sich das SilverMillenium wegen der gewalttätigen Übergriffe auf unser autonomes Territorium und unsere Streitkräfte ab sofort im Krieg mit Japan befindet."
 

"Jetzt!", blaffte Akira, umklammerte den Zeigestab fester und drückte die Spitze auf den Fußboden. Er malte einen Halbmeterkreis hinein, und kurz darauf fiel der runde Brocken Fußboden in die Tiefgarage unter ihnen. Usagi sprach weiter, aber er hörte nur noch mit einem Ohr zu. Völkerrechtlich waren sie jetzt auf der sicheren Seite, im Krieg mit Japan, das zuerst angegriffen hatte.
 

"Dieser Krieg wird andauern, bis Japans Möglichkeiten, GunSuits zu betreuen, zu bemannen und zu versorgen, vernichtet sind, oder es sich ergibt."
 

Akira sprang in die Tiefe hinab, dicht gefolgt von den Mädchen. Wie Luna berichtet hatte, waren die Rüstungen eine Etage tiefer zu finden. Hier campierten die neuen Piloten in ihren Containern.

"Was zum...", rief ein Mann in grünem Fleckentarn, bevor der General ihn mit einer nebensächlichen Handbewegung in eine größere Gruppe schleuderte. Schnell schnitt er im Fußboden einen zweiten Kreis aus.

"Oder sich ergibt?", fragte Jedithe. "Das meint sie doch nicht ernst, unsere Usagi?"

"War Mamorus Idee", erwiderte Akira. "Er sagte, man solle immer einen Notfallplan haben. So, wir brechen auf Ebene zwei durch!"

"Wir sind auch gleich drin", meldete Juichiro.

"Ebenso", kam es von Karmesite.
 

"Ich versichere Ihnen, Ihnen allen, dass uns hier im SilverMillenium diese Entscheidung nicht leicht gefallen ist. Und ich verspreche Ihnen, dass wir dies vor allem tun, damit wir Sie alle beschützen können, indem wir zuerst zuschlagen und die Bedrohung durch die GunSuits beenden. Ich verspreche Ihnen, dass wir nicht vorhaben, die Infrastrukturen Japans zu zerstören, dass wir keine Zivilgebäude attackieren, dass wir Menschenleben schonen, wo immer es uns möglich ist!"
 

"Schöne Rede", murmelte Motoki.

"Was soll ich sagen? Du hast geholfen sie auszuarbeiten", lachte Rose.

Kugeln flogen auf sie zu, prasselten auf Iskanders Uniform ein und blieben als plattgequetschte Fladen darauf zurück. Das hatte Ähnlichkeit mit dem Scharfschützen von gestern, der Iskander an der Stirn erwischt hatte. Und das stimmte ihn nicht gerade freundlicher. Er bewegte den Zeigestab, der die Ausmaße einer Pike annahm, über acht Meter lang, und wischte die drei Schützen, die mit Uzis auf die kleine Gruppe schossen, von den Beinen.

"Ich kann die GunSuits sehen!", rief Juichiro aufgeregt. "Sie werden gerade bemannt!"

"Fixe Bande hier! Wir sind auch bald da!"

"Einer ist aktiv!", rief Haruka. "Ich greife an!"

"Wir geben Rückendeckung!", rief Akira Michiru zu.

"Schon klar, großer furchtloser General", spöttelte sie. Wir klärten die Flanken, die hauptsächlich aus Büros und Wohncontainern bestanden.
 

"Unser Ziel ist nicht Tod und Zerstörung, sondern ebendiese zu verhindern. Wir können es niemandem erlauben, unsere Leute permanent mit dem Tod zu bedrohen, aktiv unsere Vernichtung zu betreiben, wenn wir etwas Einfaches tun können, um es ein für allemal zu unterbinden: Ihnen unsere Technologie wieder wegzunehmen. Gerade in diesem Moment sprengen Einsatzkräfte des SilverMilleniums das geheime Lager der GunSuits und vernichten Japans Möglichkeit, auf diese Weise Krieg gegen uns zu führen. Und so werden wir auch mit jedem anderen Land der Erde verfahren, das uns auf diese perfide Art attackiert."
 

"Uranus, flieg!" Eine Energiekugel verließ Harukas rechte Faust und schoss auf den GunSuit zu, der gerade erst zur Gruppe herumfuhr, den Arm mit der Hauptwaffe auf sie ausgerichtet. Er verschwand in einer Explosion reiner Energie und fiel als geschwärztes Elend hintenüber. "Ups, das war wohl etwas zu stark", entschuldigte sich Haruka.

"Später!", rief Akira und eilte auf das Büro der Direktorin zu. Wenn sie Douglas in die Hand bekamen, war das ein wichtiger Teilschritt zum Sieg. Und der Auftakt zum zweitkürzesten Krieg aller Zeiten.

"Wo sind wir denn hier rein geraten?", klang Karmesites erstaunte Stimme auf. "Lauter Kerle in Tank Tops! Nein, das halte ich für keine gute... Nein! Nein! So, das hast du jetzt davon! Iskander, die werden aufdringlich mit ihrem Karate!"

"Dann zeigt denen mal, wozu drei der vier Ayakashi-Schwestern fähig sind, auch ohne ihre Fähigkeiten zu strapazieren."

"Kommt Ihr denn bei den Rüstungen alleine klar?"

Juichiro meldete sich. "Wir sind da und übernehmen die Sicherung. Iskander, wenn du uns Michiru oder Haruka schicken kannst, um uns zu helfen, bis Tomoki auch da ist..."

"Geht beide", befahl er. Die Mädchen nickten und verschwanden, als hätte es sie nie gegeben, nur um mehrere Dutzend Meter entfernt wieder aufzutauchen, in Reichweite der unbemannten GunSuits.

"Danke schön", klang Karmesites fröhliche Stimme auf.
 

"Unser Ziel ist nur unsere eigenen Technologie. Wir sind verpflichtet, sie der Menschheit wieder zu entziehen, was die GunSuits betrifft. Wir können uns auch dann keinesfalls zurücklehnen, wenn mit ihrer Hilfe Krieg gegen andere Länder geführt wird, wir aber nicht betroffen sind. Nein, das können wir nicht. Wir nehmen der Welt die Möglichkeit, GunSuits herzustellen. Wir beenden den Missbrauch unserer Technologie."
 

Akira machte sich nicht Mühe, die Tür zum Büro von Direktorin Douglas zu öffnen. Er brach einfach hindurch.

"Was hat das zu bedeuten?", blaffte die Frau hinter dem Schreibtisch. "Wer sind Sie?"

Er schlug seinen Zeigestab, der diesmal die Größe eines Floretts hatte, krachend auf den Tisch. "Ich bin hier, um Ihnen zu gratulieren, Direktorin Douglas. Sie sind offiziell die erste Kriegsgefangene in unserem Krieg. Zudem inhaftiere ich Sie wegen Kriegsverbrechen gegen das SilverMillenium."

"Das... Das ist doch ein starkes Stück! Wie können Sie nur...?"

Akira musste einen Lachanfall unterdrücken. "Ja, haben Sie überhaupt nicht damit gerechnet, dass wir zurückschlagen würden?"

Die Amerikanerin sah ihn so entsetzt und verwirrt an, dass er doch lachen musste. "Oh, vielleicht haben Sie wirklich nicht damit gerechnet."

Oder hier hatte man eine zufällig vorbei streunende schwarze Katze vollkommen unterschätzt.

Er kam um den Schreibtisch herum und ergriff sie unter der rechten Achsel. "Kommen Sie, die Botschaft wartet."

Aus nächster Nähe richtete die Frau eine Pistole auf ihn, drückte sie auf seinen Bauch und schoss mehrfach. Einem Menschen hätte diese Aktion die Eingeweide püriert. Aber keinen General des SilverMilleniums in Kampfrüstung. Er nahm ihr die Waffe aus der Hand und brach ihr damit wohl den rechten Zeigefinger. Zumindest verstauchte er ihn ihr. Dann bog er mit Daumen, Zeigefinger und Mittelfinger den Lauf durch, bis er riss. Die nutzlose Pistole warf er achtlos fort.

"Haben Sie jetzt auch nur ansatzweise kapiert, mit wem Sie es zu tun haben? Haben Sie nun eine Ahnung davon, wer wir sind, was wir leisten können, und wie dumm es war, uns sauer zu machen? Nein? Habe ich auch nicht erwartet."

Akira zerrte die Frau hoch. Sie leistete keinen Widerstand. "Pyramon, schick die Verhaftungstruppen rein. Douglas ist in unserer Hand. Die Rüstungen sind sicher?"

"Sicher", bestätigte Juichiro.

"Gut, schick sie rein, Pyramon. Hat jemand Kenichiro Kano erwischt?"

"Sie brauchen nicht nach mir suchen zu lassen", sagte der Japaner ruhig, als er zur Tür herein kam. "Ich stelle mich selbst."

"Streicht Kano von der Liste. Ich denke, wir können aufräumen, sobald der letzte Widerstand gebrochen ist. Ami, gib Usagi Bescheid."

"Habe ich schon, als Juichiro bestätigt hat."

Akira lauschte auf seinen Knopf. Dort nahm Usagi ihre Rede wieder auf.
 

"Wie mir gerade mitgeteilt wurde, haben die Einsatzkräfte des SilverMilleniums den Stützpunkt der GunSuits erobert und alle Anwesenden festgesetzt. Wir werden die Waffen evakuieren und die Kriegsgefangenen auf das Gelände der Botschaft bringen. Über ihr weiteres Schicksal werden Verhandlungen entscheiden - es wird aber in keinem Fall der Tod sein, egal was sie planten, egal was sie ausführten. Das SilverMillenium ist eine zivilisierte Instanz."
 

Akira grinste. Damit unterstellte sie der japanischen Regierung, keine zu sein.

Im Hintergrund öffneten sich die Tore, um gut einhundert millenische Soldaten einzulassen, die bei den weiteren Verhaftungen und dem Abtransport der Rüstungen helfen würden. Der Kampflärm war nun auch verstummt. Akira ging mit Direktorin Douglas zu Kano und hielt ihm ihren Arm hin. "Hier, Sie passen auf sie auf."

Verdutzt griff der Mann zu. "Warum ich?"

"Weil Sie das vermutlich schon die ganze Zeit tun wollten", erwiderte Akira grinsend.
 

"Deshalb erkläre ich hiermit einen einseitigen Waffenstillstand des SilverMilleniums, der ab sofort gilt. All unsere Anstrengungen dienten nur dazu, unsere eigene Technologie zu bergen und die Verantwortlichen zu ergreifen. Wir wünschen keinen Waffengang mit den Selbstverteidigungsstreitkräften, sind aber dazu bereit."
 

"Der zweitkürzeste Krieg aller Zeiten", sagte Akira. "Hoffentlich."

"Welches war der kürzeste?", hakte Haruka nach.

"Oh, das war als sich Key West von den USA abgespaltet hat, den Krieg erklärte, sich sofort wieder ergab und von Washington eine Milliarde Dollar für die Beseitigung der Kriegsschäden einforderte."

Heiseres Lachen erklang. "Das kann auch nur den Amerikanern einfallen. Du nimmst mich doch hoch, oder?"

"Nein, Haruka, die Geschichte ist wirklich passiert", erklärte Michiru. "Es ging wohl ursprünglich um eine Autobahnmaut, die den Tourismus behinderte."

"Die spinnen, die Amerikaner."

Akira bedeutete Kano, zu den Milleniern zu gehen, die nach und nach das ganze Stockwerk sicherten. Die Tore wurden nun ganz geöffnet, um die Transporter einzulassen, welche die Rüstungen abholen würden. In der letzten Besprechung hatten sie sich darauf geeinigt, zwanzig von ihnen hoch zu rüsten und unter ein gemeinsames Kommando in Dienst zu stellen. Nun brauchte das SilverMillenium also nur noch Menschen, die nicht so mächtig waren wie ihre stärkeren Krieger und auf die Rüstung angewiesen waren.
 

"In diesem Moment landet, wie Sie sehen können, Umino Gurio, Student der Toudai, der unwissentlich an Komponenten der Rüstung mitgearbeitet hat. Wir haben die Rüstung aufgepeppt und planen dies auch bei weiteren GunSuits. Mit ihnen erreichen wir eine Mobilität und Flexibilität, die es uns erlaubt, sogar Raketen mit Kernwaffenbestückung abzufangen. Sie sehen, die regulären Streitkräfte der Selbstverteidigungsstreitkräfte könnten sich nicht mal auf Raketen oder Jet-Angriffe verlassen. Wir sind gegen jede Form der Gewalt gegen das SilverMillenium vorbereitet. Ich danke Ihnen. Ich danke Ihnen allen. Und möge der Tag vorüber gehen, ohne das wir im Krieg sind."

Vereinzelt hörte man ungläubige Rufe, die wissen wollten, ob das mit dem Krieg tatsächlich ernst war. Wesentlich größer aber waren die Sprechchöre, die den Namen SilverMillenium skandierten.
 

"Ich nehme uns wieder runter", verkündete Ami. "Mehr wird nicht passieren, bevor Ihr nicht an der Botschaft seid. Unsere Technologie verhindert ohnehin einen Flieger-, oder Raketenangriff auf die Botschaft."

"Auf die Botschaft schon", klang Juichiros Stimme auf. "Aber einen Angriff auf Japan?"

"Das hättest du besser nicht sagen sollen", murrte Akira. Er winkte einen Fünfertrupp Millenier-Miliz zu sich heran. "Die Frau in Handschellen. Der Mann bleibt auf Ehrenwort ungefesselt."

"Verstanden, General."

"Auf Ehrenwort?", fragte Kano erstaunt.

"Es taugt doch was, Ihr Ehrenwort?"

Wortlos hielt Kano ihm beide Hände hin.

Akira lachte auf und klopfte dem Mann auf die Schulter. "Keine Handschellen für ihn. Bringt beide mit dem ersten Transport zurück zur Botschaft."

"Ja, General."

"Ab hier wird es unruhig, schätze ich", murmelte Akira ins aktivierte Kehlkopfmikrofon.

"Was zu erwarten war", antwortete Motoki. "Also alles wie immer."
 

Akira grinste. Solange sie die Situation noch mit Humor sehen konnten, war es eigentlich nicht so schlimm. Das würde es erst noch werden.

Er ging zu den Rüstungen herüber. Zwanzig von ihnen waren fliegende Exemplare, das erkannte er auf den ersten Blick. Diese würden sie umbauen und mit Freiwilligen bemannen, zum Beispiel Milleniern, die nicht viel mächtiger als normale Menschen waren.

Vor ihm wurden Gefangene abgeführt. Einige waren reichlich lädiert, unter ihnen eine blonde Frau mit einer zerrissenen Army-Jacke, auf der die Sergeants-Keile auf der linken Brust zu erkennen war.

Ein anderer, nur mit Hose und Tank Top bekleidet, ein Asiat, entwand sich seinen Bewachern und stand dann direkt vor Akira.

"Ich kenne Sie", stellte der ehemalige General fest. Die Wachen, die ihn zurückziehen wollten, beschwichtigte Akira mit einem Kopfschütteln.

"Ja, Sie kennen mich. Ich bin Agent Ayoka, eigentlich Major des US Marine Corps, abgestellt für diese Sonderaufgabe. Ich sage Ihnen das, damit Sie eine Ahnung haben, worauf Sie sich eingelassen haben."

"Danke. Das haben wir zwar schon gewusst, aber eine Bestätigung ist immer gut. Keine Sorge, Sie werden gut behandelt und später repatriiert werden, Ayoka."

"Darum mache ich mir keinen Kopf. Es ist nur, dass..." Übergangslos verbeugte er sich vor Akira. "Haben Sie vielen Dank, dass Sie vorgestern meine Rüstung aufgeschnitten haben, als ich zu ersticken drohte."

"Oh, ja, jetzt fällt mir das wieder ein. Sie waren das. Und Sie waren wohl auch bei der Attacke auf die Botschaft beteiligt. Unter dem Deckmantel von Hochtechnologie-Terrorismus, aber mit der Erlaubnis Japans."

"Nicht ganz richtig, aber auch nicht ganz falsch. Japan hatte nicht gerade eine Wahl, was Ihnen Douglas bestätigen wird." Er richtete sich wieder auf. "Ich hatte meine Befehle. Aber ich erwarte nicht, dass Sie das verstehen."

"Oh, das kapiere ich schon. Ich... In einem früheren Leben war ich Soldat. Was ich nicht verstehe ist, dass Sie so sehr gegen Ihr Gewissen haben handeln können, Ayoka. Ja, schauen Sie nicht so ungläubig. Ihre Augen verraten Sie."

"I-ich..." Sprachlos verneigte er sich erneut. Dann ließ Akira ihn auch abführen.

Nun würde der eigentliche Spaß los gehen. Würde Japan akzeptieren, dass es nicht mehr der größte Junge auf diesem Spielplatz war? Und wie würden sich die Amerikaner verhalten, die auf den Inseln Japans auf US-Stützpunkten stationiert waren? Legte man sich mit Japan an, legte man sich auch mit den USA an. Die nächsten Stunden würden verdammt interessant sein. Und sie würden darüber entscheiden, ob man das Seelenschiff nicht doch besser wieder flott machen sollte, um die Menschheit hinter sich zu lassen.

***

Etwas bleich starrte Staatssekretär Hideyoshi den Fernseher an, auf dem die Live-Übertragung von der Botschaft gezeigt wurde. Nicht nur er war bleich, auch die anderen Stabsmitarbeiter sahen sich schockiert um. "Wie ernst können wir das nehmen? Wie ernst müssen wir das nehmen?", fragte er mit tonloser Stimme. "Ich meine, die Millenier sind eine Nation auf dem Mond, nur ein paar tausend Leute stark, und ihre Botschaft hier auf der Erde ist protzig, aber das einzige Gebäude dieser Art. Was bedeutet eine Kriegserklärung von so wenigen Menschen?"

Takehito Iori, Premierminister Japans, brummte unwillig. "Hören Sie auf, die Millenier als etwas darzustellen, was sie nicht sind, Hideyoshi! Ihre Existenz war Grund genug für alle großen Nationen der Erde, um zusammen zu arbeiten und ihre Vernichtung anzustreben. Und jetzt sollen wir sie nicht ernst nehmen, nachdem sie aller Welt verraten haben, wer hinter den Angriffen auf sie steckt?"

"Ich meine ja nur, dass...", begann der Staatssekretär.

"Herr Premierminister", rief Kuno, sein Stabschef, "die Millenier sind tatsächlich gegen die GunSuits vorgegangen! Sie haben den Stützpunkt im Handstreich genommen und alle Anwesenden verhaftet! In diesem Moment fahren auf das Silvermillenium zugelassene Lastwagen vor, um die Rüstungen und die Gefangenen fortzuschaffen!"

"Aber das ist Bruch von Völkerrecht", stammelte Hideyoshi. "Sie können nicht einfach Leute fortschaffen, wie es ihnen beliebt."

"Das hätten Sie wohl gerne, was?", blaffte Iori. "Serenity hat eine Kriegserklärung ausgesprochen, und kurz darauf haben ihre Leute zugeschlagen. Als sie fertig waren, hat sie uns den Schwarzen Peter zugeschoben, indem sie einen einseitigen Waffenstillstand verkündet hat. Was meinen Sie wird passieren, wenn wir den nicht annehmen und den Abzug ihrer Leute behindern? Die Menschen sind ohnehin auf ihrer Seite, waren es schon immer. Wenn wir uns in die Rolle von Aggressoren drängen lassen, dann haben wir im schlimmsten Fall einen Volksaufstand!" Missmutig sah er seine Sekretärin an. "Rufen Sie Superintendent General Matsumoto an, und sagen Sie ihm unmissverständlich, dass er die Millenier bei ihrem Rückzug auf gar keinen Fall behindern soll!"

"Ja-jawohl."

"Warum sollten wir nicht...", fragte jemand leise aus der Menge.

"Alle hier kennen das Video des Angriffs von letzter Nacht, haben gesehen welche Kräfte diese Leute haben. Nun stellen Sie sich vor, wir nehmen den Waffenstillstand nicht an, und die Polizei legt sich mit ihnen an. Können Sie sich ein größeres Desaster vorstellen? Und verantwortlich waren wir, weil sich das SilverMillenium nur verteidigt hat, mit einem kleinen, chirurgischen Schnitt, von dem selbst das amerikanische Militär nur zu träumen wagt. Nein, wir dürfen hier nicht die Nerven verlieren."
 

"Herr Premierminister!", rief Untersekretär Nagato, als er ins Büro gestürmt kam. "Die US Air Force hat von Yokota Air Base soeben zwei Rotten F-16 gestartet! Eine Rotte A-10 steht schon bereit, um ebenfalls zu starten! Auf unsere Anfrage wurde uns von General Young erklärt, er hätte Befehl, Japan in diesem Krieg beizustehen und einen Entlastungsangriff auf die Botschaft der Millenier zu führen!"

Er atmete heftig ein und aus. "Es befinden sich vierhunderttausend Menschen rund um die Botschaft!"

Iori, der anfangs bleich geworden war, sah nun grimmig drein. "Nun gut, Serenity. Du hast gesagt, Ihr seid auf konventionelle Angriffe eingestellt. Jetzt wird es interessant."

"Wir sollen sie nicht stoppen?", fragte Nagato.

"Wenn Sie wissen wie, nur raus damit", knurrte der Premierminister. "Wenn nicht, sollten wir uns zurücklehnen und schauen was das SilverMillenium wirklich drauf hat. Geben Sie die Information an die Medien vor Ort weiter. Ich will, dass es Aufnahmen vom Angriff gibt. Live-Aufnahmen."

"Ja, Herr Ministerpräsident!"

***

Die vier F-16 stiegen gleich nach dem Start auf dreihundert Meter auf. Sie machten einen Schwenk über Backbord von einhundertsiebzig Grad und hielten auf den Großraum Tokio zu. In der Ferne war schon bald die Spitze des Turms zu erkennen, in dem die Botschaft des SilverMilleniums residierte. Im Volksmund und auch auf der Basis wurde sie nur Serenitys Palast genannt.

Angeführt wurde der Einsatz von Captain Tobias Topper Cartland.

"Entfernung zum Ziel sechsundzwanzig Kilometer", meldete sein Bordschütze, Lieutenant Donovan Sparks Callahan. "Und es ist eine verdammte Schande, was wir hier machen, Topper!"

"Falls es dich tröstet, es ist eher unwahrscheinlich, dass die Trümmer des Turms auf die Zivilisten fallen werden", erwiderte Cartland sarkastisch.

"Du weißt genau was ich meine! Alles, was das Mädchen tut, ist Frieden in der Welt stiften und großartige Technologien für alle zu verteilen, und was tun wir jetzt? Wir beschießen sie dafür!"

"Wir beschießen sie dafür, dass sie Japan den Krieg erklärt hat, und eine kriegerische Handlung ausführen ließ, und nichts anderes. Sobald ihr kostbarer Turm mit der Mondverbindung ein paar Schäden einstecken musste, wird sie sich das mit dem Krieg zweimal überlegen. Beim nächsten Mal."

"Es wird kein nächstes Mal geben, und das weißt du! Unsere Bonzen werden schon dafür sorgen, dass..."

"Himmelherrgott, nochmal, Sparks, kannst du dich eigentlich selbst noch hören? Du jammerst wie ein Kind! Wir haben unseren Einsatzbefehl, Basta! Und wenn wir unsere Sache gut machen, werden sie die Warzenschweine nicht hoch schicken! Du weißt was eine A-10 mit einem Bodenziel anstellt! Das Mädchen kriegt einen Schreck, das SilverMillenium ergibt sich, und alle sind zufrieden! Ohne, dass jemand sterben musste!"

"Ja, das glaubst du doch selbst nicht", murrte Sparks. "Siebzehn Kilometer."

"Okay, es wird Zeit. Staffel, hergehört. Wir gehen bis auf vier Kilometer ran, dann feuern wir je eine Salve Mavericks auf die Botschaft. Anschließend drehen wir ab und kreisen, bis wir weitere Befehle bekommen. Copy?"

"Roger." "Roger." "Roger. Aber unter Protest."

"Registriert, Mac. Schaltet die Zielerfassung auf."

"Entfernung acht Kilometer. Erfasse Zielgebiet. Es bleibt trotzdem eine Schande, Topper."

"Du kannst gerne desertieren und für die Millenier kämpfen, wenn dir der Dienst an der großartigsten Nation der Welt nicht mehr zusagt", ätzte Cartland.

"Vielleicht mache ich das auch!"

"Sei froh, dass wir auf internem Funk sind. Wäre das im Äther gewesen, würde es im Flugprotokoll auftauchen! Und dann würde die Kacke für dich dampfen!"

"Fünf Kilometer. Schalte Waffen scharf. Schon mal drüber nachgedacht, ob es das wert wäre, Topper?"

"Hör auf zu träumen. Wenn du auf einen Millenier einprügelst, blutet der auch nur rot, wie wir alle. Habe Ziel erfasst! Fox two! Fox two!"

Zwei Raketen lösten sich von den Tragflächen der F-16 und rasten auf den nicht mehr so fernen Turm der Botschaft zu. Zeitgleich lösten sich Raketen von den anderen drei Jagdfliegern. Acht Kondensstreifen rasten auf das ferne Gebäude zu. Unaufhaltsam. Sie würden ihren Teil der Zerstörungen anrichten. Im schlimmsten Fall würde eventuell sogar eine der Raketen in die Menge fallen, die sich zur Unterstützung Serenitys eingefunden hatte.

"Mist", murmelte Callahan, und ballte die Hände zu Fäusten. "Mist."

***

Garalion trat neben Mamoru. "Wir werden beschossen. Acht Raketen vom Typ Maverick. Ziel ist die mittlere Ebene des Turms. Einschlag ist in siebzehn Sekunden."

"Acht Raketen wird er schaffen", bemerkte Mamoru amüsiert. "Wo befindet sich der Konvoi?"

"Drei Kilometer entfernt. Vier Sekunden bis zum Einschlag."

Die Zeit verstrich, und Mamoru lächelte, als keine Detonationen erklangen.
 

Oben auf dem Turm stand Jedithe, zum ersten Mal seit langer Zeit wieder in seine graue Uniform gehüllt. Nicht ganz oben, aber auf dem Balkon, auf dem letzte Nacht die Party hatte stattfinden sollen, die so rüde unterbrochen worden war. Er sah die acht Kondensstreifen, fixierte sie, und lächelte müde. Sie rasten heran, näher, immer näher, mit dem zerstörerischen Potential um einen Panzer zu knacken oder einen Bunker anzugreifen. Gegen ein Zivilgebäude geschossen mussten schlimmste Schäden befürchten werden. Wenn sie denn trafen.

Als die Raketen nur noch wenige hundert Meter entfernt waren, gab er den Befehl zur Abwehr.

Aus dem Turm schossen Strahlen hervor, die die Raketen zwangen, aufzusteigen. Sie rasten heran, änderten ihren Winkel und schossen dann nur wenige Meter vor Jedithe senkrecht in die Höhe. Soweit hatte es geklappt.

Irgendwann war der Treibstoff aufgezehrt, und die scharfen und hoch gefährlichen Waffen trudelten über dem Gelände der Botschaft wieder der Erde entgegen. Jedithe hätte es auch diesmal der Turmabwehr überlassen können, die Raketen einzusammeln, bevor sie am Boden detonierten, aber es war an der Zeit, ein Zeichen zu setzen. Und das tat er auch. Er sprang von Balkon, kam nahe der Turmspitze neben der untersten Rakete wieder zum Vorschein, ergriff sie und tauchte wieder auf dem Balkon auf, wo er die scharfe Waffe ablegte. Dies wiederholte er siebenmal. Dann lagen etwa zwei Millionen US-Dollar in Form von acht Raketen auf dem Balkon, ohne ihren Zweck erfüllt zu haben. Und mindestens zwei Kamerateams hatten ihn dabei gefilmt.

Nun würde sich einiges entscheiden. Würden die F-16 zurückgezogen werden, da Raketen nicht funktionierten? Oder würden die Piloten mit ihren Bordwaffen attackieren? Jedithe konnte unmöglich jede einzelne Patrone aufhalten. Dann aber würde er die Kampfjets aufhalten müssen, und dann würden Kollateralschäden nicht mehr zu vermeiden sein. Und die Air Force würde vier Jets weniger haben.

***

"Nicht detoniert." "Verloren." "Keine Detonation beobachtet", kamen die Meldungen der anderen Jets. "Das ist doch unmöglich", murmelte Cartland mehr zu sich selbst. "Ein Blindgänger mag ja alle einhundert Jahre mal möglich sein, aber acht auf einmal?"

"Sieh es ein, Topper, die Millenier sind nicht so schwach wie du geglaubt hast. Sie haben die Raketen abgewehrt, ohne auch nur eine zur Detonation zu bringen", sagte Callahan von hinten. "Und ich weiß nicht wie es dir geht, aber ich würde mich mit denen lieber nicht direkt anlegen."

"Yokota Air Base, hier Yokota Air Base. Flight Delta 34 kommen."

"Flight Delta 34 hört, Yokota Air Base."

"Rückkehr zur Basis. Ich wiederhole, Rückkehr zur Basis!"

"Steigen die A-10 an unserer Stelle auf, Yokota Air Base?"

"Negativ. Wir stellen alle Angriffshandlungen bis auf weiteres ein. Yokota Air Base Ende."

"So, sie ziehen uns zurück. Bist du jetzt zufrieden, Sparks?"

"Fast", erwiderte der Waffenoffizier erleichtert.

"Na, immerhin", murmelte Cartland, seine zitternden Finger betrachtend. Was waren das nur für Monstren, die Mavericks stoppen konnten, ohne sie zu vernichten? Wenn er ehrlich war, war er selbst am Frohesten darüber, dass der Angriff abgebrochen wurde.



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