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Angel of Light I

Another world
von

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Part VII: Vergangenheit...

'Als ich sagte: 'Erzähl mir deine Geschichte' hatte ich eigentlich nicht an so etwas gedacht', fuhr es Harry durch den Sinn, während er sich an die Brüstung lehnte, welche den Nordturm umgab.
 

Lauer Wind strich wie mit sanften Fingern durch sein nachtschwarzes Haar, als der junge Mann, tief versunken in seine durcheinanderstolpernden Gedanken, blicklos in die Weite schaute, die sich ihm von seinem erhöhten Standpunkt aus darbot. Doch ausnahmsweise genoß Harry die ihn sonst so befreiende Weite nicht, war viel zu sehr noch in das vertieft, was ihm Azhura am vorherigen Abend alles berichtet hatte. Den Inhalt ihrer Geschichte konnte Harry kaum verstehen, geschweige denn akzeptieren.
 

Und doch...irgendwie ergab es Sinn. Einen aus seiner Sicht verqueren, kaum zu begreifenden Sinn - und dennoch war es real. Das spürte der schwarzhaarige Gryffindor. Und gerade das bereitete ihm Unbehagen, denn es stellte seine Welt ein weiteres Mal total auf den Kopf, kehrte das Unterste zuoberst.

Und...es zeigte ihm, daß Vorurteile nicht auf Slytherins beschränkt waren.
 

Seufzend strich sich Harry eine schwarze Haarsträhne aus den Augen, die ihm der auffrischende Wind ins Gesicht blies. Er wandte seinen Kopf und blickte zu der geschützteren Ecke, wo er Remus' Geschenk abgelegt hatte.
 

'Vielleicht ist es gar keine so schlechte Idee...', überlegte der Gryffindor. 'Remus hat bestimmt Recht, wenn er sagt, daß man seine Gedanken besser ordnen kann, wenn man sie aufschreibt. Die Alternative wäre, sie auszusprechen - doch gerade jetzt könnte ich wirklich nicht sagen, was mich am meisten aus der Bahn wirft.

Es ist so viel passiert in der letzten Zeit...und zwar nicht erst seit den drei Tagen, die ich mittlerweile hier bin. Mein ganzes fünftes Schuljahr war eine einzige Katastrophe und ich hatte irgendwie keine Zeit, mir über all die Geschehnisse in Ruhe Gedanken zu machen.

Ich glaube, daher kommt es, daß mich die Neuigkeiten von gestern so verwirren, daß ich am liebsten alles vergessen würde, was ich gehört habe. Andererseits hat mich mein Gefühl nicht getrogen, welches mir sagte, diese Geschichte sei wichtig... sie war es, denn sie zwingt mich dazu, Alles, was ich bis jetzt immer als sicher und unverrückbar angenommenen habe, zu hinterfragen.'
 

Langsamen Schrittes wandte sich Harry der Nische zu und schritt damit in den Windschatten des Turmes hinein. Mit einer zögerlichen Bewegung griff er nach dem goldgrün gebundenen Tagebuch, welches Remus ihm überreicht hatte.

Während er sanft und überlegend über den samtigen Stoff strich, erinnerte er sich, was der ältere Mann am heutigen Morgen zu ihm gesagt hatte, als er ihn hier ausfindig machte.
 

---Flashback---
 

"Ich habe mir schon gedacht, daß ich dich hier finden würde, Harry", erklang Remus' warme Stimme in die Gedanken des Gryffindors hinein. "Du liebst es, hier oben zu sein, nicht wahr?"
 

Der junge Mann hatte sich bei den Worten des Werwolfs zuerst ein wenig erschreckt, denn er hatte ihn nicht kommen hören. Viel zu viel ging ihm durch den Sinn, als daß er groß auf seine Umgebung geachtet hätte.

Doch ebenso rasch hatte sich Harry wieder unter Kontrolle und erwiderte: "Ja, es ist so friedlich hier. Es gibt mir Kraft... die Stille hier oben gibt mir neue Kraft. Und sie erlaubt es mir, meine Gedanken zu ordnen. Ich bin sehr gern hier."
 

"Ich verstehe", war die leise Antwort, als Remus neben den hochgewachsenen Gryffindor trat und seinen Blick über den Verbotenen Wald zum Horizont schweifen ließ. "In meiner Schulzeit war ich auch manchmal hier oben, um nachzudenken. Die Probleme, die ich hatte, ließen sich oft nicht so ohne weiteres lösen, doch wie du sagtest, die Stille hier oben tat gut, um wieder einen klaren Kopf zu bekommen."
 

Harry nickte wortlos. Es tat ihm gut, daß Remus ihn so instinktiv verstand.

Dann blinzelte er auf einmal erstaunt, als der ältere Mann ihm ein in goldgrünen Samt gebundenes Buch entgegenhielt. Fragend schaute er Remus an, der leicht verlegen lächelte und sagte: "Ich möchte dir das hier schenken, Harry. Es ist ein Tagebuch."
 

Harry zuckte unwillkürlich leicht zusammen, doch bevor er etwas erwidern konnte, fuhr Remus fort: "Du kannst es benutzen, um deine Gedanken aufzuschreiben.

Normalerweise würde ich dich bitten", an dieser Stelle stockte der Werwolf und ein Schatten huschte über seine Züge, bevor er sich korrigierte, "wenn du 'unser' Harry wärst, würde ich dich bitten, dich mir anzuvertrauen - oder einem anderen von uns.

Doch du...du bist verschlossener als der Harry, den ich seit Jahren kenne.

Ich nehme an, du hast deine guten Gründe für dieses Verhalten. Nachdem, was du bis jetzt von deiner Welt berichtet hast, ist dein Benehmen sogar nur zu gut zu verstehen. Doch gerade deswegen wäre es sicher eine gute Idee, wenn du mit Hilfe des Tagebuchs Ordnung in deine zur Zeit sicher verwirrten Gedanken und Gefühle bringen kannst. Es stürzt gerade so viel Neues auf dich ein und ich weiß aus Erfahrung, wie haltlos man sich dann fühlen kann.

Ich habe damals in meiner Jugend in der Zeit, bevor James, Sirius, Severus und Lucius herausfanden, daß ich ein Werwolf bin, oft meine Ängste und Hoffnungen diesbezüglich in ein solches Tagebuch geschrieben... und es hat mir geholfen, mit meinen Problemen klarzukommen."
 

"Harry", hier sah Remus dem Jüngeren direkt in die Augen, "deine Probleme werden sich nicht auflösen, wenn du sie aufschreibst, doch du wirst sie klarer sehen und dadurch vielleicht deine Reaktion und Aktionen besser beurteilen können.

Manchmal muß man zurücktreten und das Gesamtbild betrachten...und das geht oft erst, wenn man sich erlaubt hat, alles, was man in sich verschlossen hat, aus sich herauszulassen. Versuch es einfach und wenn es dir nicht hilft... tja, ich denke, einen Versuch ist es allemal wert."

Harry blickte Remus nach dessen Rede eine Weile nur wortlos an, während er über die klugen Worte nachdachte. Dann streckte er die Hand nach dem Buch in den Händen des älteren Mannes aus und nahm dieses an sich.
 

Ein dankbares Lächeln schlich sich auf die Züge des Gryffindors und sagte: "Danke, Remus. Ich werde es versuchen." Seufzend fügte er noch hinzu: "Ich kann alle Hilfe gebrauchen, um Ordnung in meine Gedanken zu bringen. Dort oben", Harry deutete mit seiner rechten Hand auf seinen Kopf, "herrscht zur Zeit nämlich das pure Chaos!"

Der leichte Sarkasmus in Harrys Worten entlockte Remus ein Lächeln, da er trotz der Wahrheit der Worte die Fähigkeit des jungen Mannes erkannte, mit der schwierigen und verwirrenden Situation umgehen zu können. Harrys Anpassungsfähigkeit weckte Bewunderung und Achtung in ihm, was sich in dem freundlichen Blick seiner hellen, sanften Augen zeigte.
 

"Dann lasse ich dich jetzt besser allein, bevor meine Neugier das Chaos noch steigert", lächelte der ältere Mann, bevor er Harry eine Hand auf die Schulter legte. "Doch sei dir gewiß, daß jeder von uns dir gerne zuhören wird, wenn du dazu bereit bist, Harry. Bis dahin werden wir dich in Ruhe lassen, doch wir sind jederzeit für dich da."
 

Das berührte den Gryffindor tief, diese selbstlose und unverrückbare Anteilnahme an seinem Schicksal. Smaragdgrüne Augen strahlten dankbar auf, bevor Harry seine Hand über die von Remus legte und kurz zudrückte.

"Danke", flüsterte er. "Bitte sag auch ihnen", Harry deutete in Richtung des Treppenhauses, wo beide Gryffindor den Rest der Gruppe wußten, "daß ich sehr dankbar bin, so viel Zeit für mich allein zu bekommen, um alles zu durchdenken. Ich weiß, wie neugierig auch ihr seid, was Azhura mir gestern erzählte.

Es war nur so...unerwartet, was sie alles zu berichten hatte, daß ich es nicht so ohne Weiteres akzeptieren kann - nicht bei dem Hintergrund, den ich in meiner Welt bezüglich dieses Themas habe. Ich brauche etwas Zeit, um mit all dem ins Reine zu kommen."
 

"Du kriegst alle Zeit, die du brauchst", versicherte ihm Remus nochmals. Dann hob der Ältere die rechte Hand und strich Harry liebevoll die schwarzen Haare aus der Stirn. "Ich wünsche dir Glück", fügte er noch hinzu, bevor er Harry zulächelte und sich dann umwandte, um zu gehen.
 

---Flashback Ende---
 

'Glück...ja das ist wohl auch nötig, um Ordnung in mein Leben zu bringen. Doch vorerst sollte ich wohl damit anfangen, Ordnung in meine Gedanken zu bringen...Schritt für Schritt.'

Mit diesem lautlosen Entschluß öffnete Harry das Tagebuch und griff nach der Feder, die Remus ihm ebenfalls mitgebracht hatte. Er ließ sich an der Wand des Turmes heruntergleiten, bis er eine einigermaßen bequeme Position gefunden hatte und begann zu schreiben.
 

"Ich weiß nicht so recht, wo und wie ich beginnen soll", schrieb Harry in das Tagebuch.

/Ich hatte niemals zuvor ein Tagebuch und daher ist es schwierig, auf einmal all die Gedanken, die mich bewegen und verwirren, offenzulegen.

Dies zu tun, wäre während meiner Zeit bei den Dursleys so gewesen, als würde ich sie praktisch dazu auffordern, mich noch schlechter als sonst schon zu behandeln, wenn sie erfahren würden, was ich über sie denke.

Ich habe ihn nie dabei gesehen, doch ich bin mir noch heute sicher, daß Dudley mehr als einmal die wenigen Besitztümer durchwühlt hat, die ich besaß...bis zu dem Zeitpunkt, als herauskam, daß ich ein Zauberer bin. Dank Hagrids kleinem Zauberspruch, als er mich an meinem 11.Geburtstag nach Hogwarths mitnahm, hatte er zuviel Angst davor.

Ich erinnere mich gern daran, wie ihn der Ringelschwanz zierte.../

Harry lächelte leicht bei der Erinnerung an jene Szene und lehnte den Kopf zurück an die Felswand hinter sich, während ihn Erinnerungen an jenes erste Treffen mit Hagrid überfielen. Ihm wurde bewußt, daß er während seiner Zeit in dieser Welt dem Halbriesen noch gar nicht begegnet war.
 

'Ich muß Sirius nach Hagrid fragen', nahm sich der Gryffindor vor. 'Hoffentlich ist ihm nichts passiert. Wer weiß, was in dieser Welt noch alles anders ist als in meiner.'

Aufseufzend konzentrierte sich Harry dann erneut auf das Schreiben.
 

/Jedenfalls kam ich durch die Behandlung meiner sogenannten 'Familie' nie auf die Idee, meine Gefühle aufzuschreiben. Es wäre zu leicht möglich gewesen, daß diese Aufzeichnungen ihnen in die Hände fallen würden. Das konnte ich nicht riskieren...es hätte sicher noch mehr Ärger bedeutet als ich sowieso schon mit ihnen hatte.

Und später.../, Harrys Hand stockte im Schreiben, während ein Schatten über seine Züge flog, /später konnte ich mein Verhältnis zu Tagebüchern durch die Ereignisse des zweiten Schuljahres nicht gerade als vorurteilsfrei bezeichnen. Wenn Ginny nicht von Mr. Malfoy das Tagebuch von Tom Riddle zugespielt bekommen hätte... wer weiß, wie das Schuljahr dann verlaufen wäre? Es hätte jedoch sowohl ihr als auch mir viel Angst und Ärger erspart./
 

Harry seufzte und fuhr sich über die Augen. Es war nicht einfach für ihn, all seine Gedanken herauszulassen, welche jenes Schuljahr betrafen. Noch immer konnte er manchmal in seinen Alpträumen Ginny leblos in der Kammer des Schreckens liegen sehen, an der Schwelle zum Tode wegen eines schon mit 16 Jahren machthungrigen, rücksichtslosen Mannes.

/Ärger hatte ich jedenfalls in jenem Jahr genug, da jeder annahm, ich wäre Salazar Slytherins Erbe. Wenn ich Azhuras Geschichte Glauben schenken kann - was ich nicht will, aber dennoch tue - so war ihre Annahme berechtigt, jedoch aus anderen Gründen als sie alle glaubten.
 

Welch eine Ironie...ich bin der Erbe sowohl Godric Gryffindors als auch Salazar Slytherins - zweier Männer, deren Gegensätzlichkeit in unserer Zeit praktisch als Synonym für Licht und Dunkelheit steht. Dabei war Slytherin wahrscheinlich überhaupt nicht der böse Zauberer, zu dem ihn die Geschichte machte...es ist schwer, von all dem abzulassen, was ich seit meinem 11.Lebensjahr über ihn gelernt und ohne zu zögern geglaubt habe.

Wie kann jemand, dessen Name heute so gefürchtet ist, vielleicht ein Quell des Lichtes in seiner Zeit gewesen sein?

Es ist fast ein wenig belustigend, daß sein Schicksal in meinem zweiten Schuljahr auch das meine war... damals stand ich ebenso wie er für das Böse, Dunkle. Dabei hatte ich nie den Wunsch, Anderen zu schaden - war es bei ihm genauso?
 

Ich bin verwirrt durch die Geschichte, die Azhura mir gestern Abend erzählte. Sie zeigt Slytherin von einer ganz anderen Seite als der, die mir bewußt war. Ich weiß nicht, ob ich so ohne Weiteres akzeptieren kann, daß ich ihn wahrscheinlich falsch und völlig voreingenommen beurteilt habe - wegen dem, was Voldemort repräsentiert.

Habe ich die rücksichtslosen, machtgierigen Charakterzüge seines angeblichen 'Nachkommen' auf ihn zurückprojiziert und Slytherin damit Unrecht getan?/
 

Harry stockte erneut im Fluß seiner Aufzeichnung und las, was er aufgeschrieben hatte. Es wunderte ihn ein wenig, wie alles aus ihm herauszubrechen schien, nun, da er angefangen hatte, seine Gedanken aufzuschreiben. Remus schien wirklich Recht zu behalten, daß er seine Gefühle zu lange in sich verschlossen hatte und es daher dringend notwendig war, diese zu sortieren, um zu einer Lösung zu gelangen.
 

Die Fragen, die er zuletzt aufgeschrieben hatten, erstaunten ihn jedoch ein wenig, denn sie zeigten ihm, daß er wohl wirklich dabei war, zu akzeptieren, daß er auch Slytherins Erbe war.

Dieser Gedanke bereitete ihm noch immer Unbehagen, doch seine Aufzeichnungen zeigten, daß ein Teil seines Wesens sich schon damit beschäftigte, ob er dem Gründer Unrecht getan hatte. Dies wiederum bewies, daß es ihm wahrscheinlich möglich sein würde, die Geschichte von Azhura zu glauben und Salazar Slytherin - nach einer Weile - als Teil seiner Ahnenreihe zu akzeptieren.
 

/Wann entschied das Schicksal, mir erneut aufzuzeigen, daß mein Leben nicht einfach ist?

Wahrscheinlich niemals sein wird?

Bis jetzt legte es mir immer wieder Hindernisse in den Weg, doch niemals zuvor ließ es mich daran zweifeln, daß mein Verhalten als Gryffindor stets konträr zu dem eines Slytherins sein muß. Doch bis jetzt hatte ich nie auch nur den geringsten Wunsch, das Haus Salazar Slytherins ebenfalls als das meine zu betrachten. Die Mitglieder des Hauses sorgten dafür, daß ein 'Slytherin' zu sein Horror für mich bedeutete.
 

Doch seit ich in dieser Welt bin, habe ich erlebt, daß auch Slytherins warmherzige, liebenswerte - gute - Menschen sein können. Hier könnte ich mir vorstellen, ebenfalls Slytherin zu sein - doch in meiner Welt?

Wäre Draco dort zu Beginn unseres Kennenlernens einfach nett zu mir gewesen anstatt so unerträglich arrogant und überheblich...vielleicht wäre ich dann nicht so erschrocken darüber gewesen, als der Sprechende Hut meinte, ich würde auch gut nach Slytherin passen?
 

Überhaupt liefert Azhuras Geschichte eine mögliche Erklärung dafür, warum der Hut so große Schwierigkeiten hatte, mich einzuteilen. Er sagte, ich könne sowohl nach Gryffindor als auch nach Slytherin - bedenkt man, daß ich beider Erbe sein soll, ist die Situation aus heutiger Sicht gar nicht mehr so unverständlich.

Godric Gryffindor und Salazar Slytherin....waren die beiden wirklich so unterschiedlich, wie ich immer annahm? Tag und Nacht, Licht und Dunkelheit?

Azhura behauptet, dem wäre nicht so gewesen - ganz im Gegenteil./
 

Harry hielt ein weiteres Mal inne, denn die Fragen, die in seinem Kopf herumwirbelten, ließen sich kaum unter Kontrolle bringen. Ein kleines Stimmchen flüsterte in seinem Kopf: 'Hast du wirklich erwartet, daß sie dir etwas Unbedeutendes erzählen würde? Nicht sehr wahrscheinlich, oder? Es mußte etwas Wichtiges sein...'
 

'Warum muß es immer wichtig sein, wenn etwas in meinem Leben passiert? Warum nicht einfach einmal etwas, was nicht Leben oder Tod bedeutet?', fragte Harry leicht entnervt zurück, doch die Stimme in seinem Kopf antwortete nicht.
 

"Na super, jetzt rede ich schon mit mir selbst. Besser noch, ich argumentiere gegen mich...ich bin wirklich langsam reif für St. Mungos", sagte Harry kopfschüttelnd. "Doch wer kann es mir verdenken, bei dem, was ich erfahren habe...Azhura ließ eine wahre Bombe platzen."
 

Die Augen schließend und den Kopf wieder an die Felswand lehnend, erinnerte sich Harry an die Ereignisse, die nach seiner Aufforderung an den Basilisken, ihre Geschichte zu erzählen, stattgefunden hatten.
 

---Flashback---
 

{Du solltest es dir bequem machen...junger...entschuldige. Harry.

Es ist ungewohnt für mich, jemanden von so hoher Geburt wie dich einfach nur mit seinem Namen ansprechen zu dürfen - doch es ist eine Eigenschaft, die auch Sir Godric besaß}, begann Azhura ihre Geschichte, während sie ihren langen Körper in eine komfortable Position brachte.
 

Harry blieb still, doch er folgte Azhuras Aufforderung und entspannte sich, auch wenn er innerlich vor Neugier schon fast zitterte. Die vielen Andeutungen des Basilisken hatten eine Ahnung in ihm entstehen lassen - doch er wollte diese einfach nicht als mögliche Wahrheit akzeptieren. Wahrscheinlich ging mal wieder seine Phantasie mit ihm durch und das konnte er jetzt wirklich nicht brauchen.

Daher rutschte er an der Wand in eine bequemere Position und streichelte weiterhin durch Fawkes' weiches rotgoldenes Gefieder, woraufhin der Phönix leise und zufrieden gurrte. Dieses Hintergrundgeräusch war beruhigend für den Gryffindor, der seine Aufmerksamkeit nun vollkommen Azhura zuwandte, als diese endlich zu berichten begann.
 

{Wie schon erwähnt, wurde ich von Sir Salazar vor dem Schicksal bewahrt, welches meine Mutter so tragisch enden ließ}, erzählte Azhura, {getötet von einer Gruppe Magier, die zu morden bereit waren, um an die magischen Konsistenzen zu gelangen, welche Basilisken besitzen.

Ich war damals noch sehr jung und meiner Mutter war verzweifelt daran gelegen gewesen, von der Tatsache abzulenken, daß außer ihr in dem Wald, der unser Zuhause war, noch ein Basilisk lebte. Sie wußte, ich war noch nicht ausreichend fähig, mich gegen jene mordgierigen Zauberer zu verteidigen.

Daher lockte sie die Männer fort von unserem Zuhause und besiegelte damit ihr Schicksal, denn außerhalb des Waldes verlor sie die Vorteile, die uns Schlangen im dichten Unterholz und dem dort herrschenden Zwielicht gegeben sind. Doch ihr war mehr daran gelegen, mich zu retten, als ihr eigenes Leben.}
 

Azhura stoppte kurz und Harry spürte, wie Mitgefühl in ihm aufstieg. Er konnte nur zu gut nachempfinden, was Azhura fühlte angesichts des Opfers ihrer Mutter. Ihm war es schließlich nicht anders gegangen - auch seine Mutter hatte ihr Leben hergegeben, um das seine zu beschützen.

{Du hast mein Mitgefühl}, sagte er schließlich leise. {Mutterinstinkt ist eine Gabe, die nicht nur bei uns Menschen vorkommt - sondern bei jeder vernunftbegabten Spezies. Deine Mutter hat dich sicher von ganzem Herzen geliebt, so wie mich die meine. Es ist nur sehr traurig, daß sie beide dafür sterben mußten.}

Eine Weile herrschte Stille, während sowohl Harry als auch Azhura in Gedanken an ihre Mütter versunken waren. Dann jedoch hob der Basilisk erneut die Stimme, um fortzufahren.
 

{Die Tage nach dem Verlust meiner Mutter waren hart und ich wußte noch nicht genug über das Überleben im Wald - die Gefahren dort waren sehr vielfältig. Zu dem Zeitpunkt, als Sir Salazar mich fand, war ich daher dem Tode schon sehr nah...und hatte nicht die Kraft, mich dagegen zu wehren, daß er mich mitnahm.

Damals glaubte ich - durch die schlechten Erfahrungen, die ich mit den Mördern meiner Mutter gemacht hatte - daß jeder Zauberer ein Feind für mich sei. Daher stellte ich mich darauf ein, das Schicksal meiner Mutter zu teilen.

Doch dann sprach er zu mir und sagte mir, daß er mir helfen wolle.

Ich war erstaunt, einen Menschen in meiner Sprache sprechen zu hören, doch ich war zu schwach, ihm zu antworten und zu verängstigt, ihm zu vertrauen. Ich ergab mich in das Schicksal, welches mir bevorzustehen schien.} Azhura schloß ihre gelben Augen bei der Erinnerung an ihr erstes Treffen mit dem Gründer, der später zu ihrem geliebten Meister geworden war, als die Zeit voranschritt.
 

{Sir Salazar brachte mich aus dem Wald hinaus und ich sah zum ersten Mal in meinem Leben, was es dort außerhalb meines Zuhauses alles gab - so hauptsächlich große, weite Flächen, die mir Angst einjagten, da es dort kaum etwas gab, wo ich mich hätte verstecken können. Angst war das intensivste der in mir tobenden Gefühle von Hilflosigkeit und Ärger - doch Sir Salazar schien das gut zu verstehen.

Er sprach in freundlichem Tonfall auf mich ein, um mich zu beruhigen, so daß ich schließlich meinen von vornherein fruchtlosen Versuch, mich doch noch von ihm zu befreien und zurück in den Schutz des Waldes zu fliehen, aufgab.

Und dann sah ich es - das Schloß. Hogwarths.

Sir Salazar bemerkte, daß ich fasziniert war von dem Gebäude, welches er gleich darauf als sein Zuhause bezeichnete und sagte mir, daß ich von nun an, bis ich erwachsen genug sei, für mich allein zu sorgen, ebenfalls dort leben würde. Und auch wenn ich nicht glaubte, daß er es wirklich gut mit mir meinte, war ich doch zu überwältigt von der Fremdartigkeit und Pracht, welche das Schloß ausstrahlte. Es hatte eine gewisse Aura, die mich beruhigte. Mich sicher fühlen ließ.}
 

{Ich weiß, was du meinst}, unterbrach Harry Azhura leise. {Das war auch das Erste, was mich überfiel, als ich Hogwarths zum ersten Mal betrat - ein Gefühl von Geborgenheit und Sicherheit. Es war völlig ungewohnt, sich in einem Gebäude aus Stein so wohl zu fühlen, doch ich konnte nichts dagegen tun.

Wollte auch gar nichts tun, um diesen Effekt zu beenden. Es war wie ein Nachhausekommen.}

{Hogwarths ist dein Zuhause, Sir Harry. Als Erbe gehört es praktisch dir}, erwiderte Azhura auf seine Worte, wobei sie Harrys Stirnrunzeln angesichts des ,Sir' einfach überging. Es schien schwieriger zu werden als gedacht, ihr das abzugewöhnen. Daher rollte der schwarzhaarige Gryffindor schließlich auch nur die Augen, bevor er ihr bedeutete, fortzufahren.
 

{Sir Salazar brachte mich in seine Gemächer, wo er mir in einer Ecke einen Platz schuf, wo ich es mir bequem machen sollte, wie er sagte. Doch ich war einfach nur erschöpft und ließ alles mit mir geschehen, ohne eine Regung zu zeigen.

Dies besorgte ihn, denn er lief in einen anderen Raum und als er wiederkam, hatte er mehrere Flaschen bei sich, die er mir nacheinander einflößte. Daraufhin wurde mir so schläfrig, daß ich glaubte, jetzt wäre mein Ende gekommen. Als würde er mich betäuben wollen, um mich dann ungehindert töten zu können.}
 

Azhura neigte den Kopf und betrachtete Harry aus ihren gelben Augen eine Zeit lang, bevor sie zugab: {Ich war dumm. Doch ich wußte zu dem Zeitpunkt noch nicht, daß er mir einen Schlaftrunk verabreicht hatte, damit ich Ruhe fand von der Aufregung, die mich so ängstigte. Während ich schlief, gab er mir noch andere Tränke, so daß, als ich den nächsten Tag aufwachte, ich mich schon viel stärker und wohler fühlte. Ich war überrascht, daß ich noch immer am Leben war und begann, Sir Salazar bei seinem Tun zu beobachten - unsicher, ob ich ihm vertrauen konnte, auch wenn er mir am Tag zuvor geholfen hatte.

Die Situation überforderte mich etwas, daher blieb ich nur still in der Ecke liegen und harrte der Dinge, die weiter geschehen würden.}
 

Harry folgte dem Verlauf von Azhuras Erzählung mit Geduld und wachsendem Interesse, auch wenn die Art, wie der Basilisk Salazar Slytherin darstellte, eine ihm bis dahin total unbekannte gewesen war. Er schien so freundlich und hilfsbereit gewesen zu sein - ganz anders als das Bild eines arroganten, furchteinflößenden und von Vorurteilen nichtmagischen Menschen gegenüber geprägten Magiers, welches in der heutigen Zeit kursierte.

Wie hatte es dazu kommen können?
 

{Die nächsten Tag über pflegte mich Sir Salazar, mit großer Freundlichkeit und Sorge - bis ich schließlich nicht anders konnte als an seinen Worten, mir helfen zu wollen, Glauben zu schenken}, fuhr Azhura mit ihrer Geschichte fort.
 

{Ich hatte versucht, mißtrauisch ihm gegenüber zu bleiben, da auch er ein Zauberer war - wie die Mörder meiner Mutter - doch es fiel mir mit der Zeit immer schwerer, als er sich beständig um mich bemühte.

Er hatte keine Angst vor mir, obwohl ich trotz meiner Jugend mit zunehmender Gesundheit eine potentielle Gefahr für ihn darstellte - wer konnte ihm versichern, daß ich mich ebenso freundlich ihm gegenüber verhalten würde wie er zuvor? Ich hätte ihn töten können, als ich wieder zu Kräften kam. Auch wenn mein Blick noch nicht die Kraft hatte, ihn zu versteinern und mein Biß für ihn durch meine Jugend damals sicher kaum tödlich gewesen wäre - ich bin ein Basilisk und daher war es eine Gefahr, die er in Kauf nahm, mich gesund zu pflegen.
 

Etwa zwei Wochen, nachdem Sir Salazar mich mit ins Schloß gebracht hatte, war ich wieder völlig hergestellt und hätte in den Wald zurückkehren können. Er bot mir an, mich dorthin zu bringen, wo er mich gefunden hatte...doch ich wollte nicht mehr zurück.

Im Wald gab es niemanden, den ich kannte oder der auf mich wartete.

Doch Sir Salazar hatte sich die letzten Tage um mich gekümmert und ich wußte, ihm lag etwas an mir. Seine Art, mich nicht wie ein vernunftloses Geschöpf oder als Ressource für Zutaten seiner Zaubertränke zu betrachten - sondern mich vielmehr als Wesen mit einem eigenen Willen zu behandeln, hielt mich in Hogwarths.

Ich wollte die Welt kennenlernen, in der er lebte.

Ich wollte verstehen, woher die Unterschiede kamen, die ihn, obwohl er auch ein Zauberer war, so anders handeln ließen als die Jäger, welche meine Mutter getötet hatten. Ich war neugierig.}
 

An dieser Stelle stoppte Azhura in ihrer Berichterstattung und blickte Harry an, welcher ihr aufmerksam zugehört hatte und gleichzeitig alles aufzunehmen und zu verarbeiten suchte.

Es fiel ihm schwer, Salazar Slytherin als die gütige Seele zu sehen, welche Azhuras Worte beschrieben. Und dennoch glaubte er ihr jedes Wort, denn der junge Gryffindor konnte deutlich spüren, daß die Schlange vor ihm die Wahrheit sagte, als sie ihre Vergangenheit vor ihm offenlegte.

Daher bedeutete er ihr mit einem ermunternden Kopfnicken, fortzufahren.
 

{Während ich gesund wurde, hatte ich die ganze Zeit über in den Gemächern Sir Salazars gelebt. Die Ecke, die er mir freigeräumt hatte, wurde mein Zuhause - anders kann ich es nicht beschreiben.

Oft lag ich dort zusammengerollt und beobachtete meinen Meister - übrigens haßte er es, als ich ihm diesen Titel gab - dabei, wie er mit unendlicher Geduld seine Tränke zusammenbraute. Es war faszinierend, ihm dabei zuzuschauen, wie er aus einfachen Kräutern und Wurzeln wirksame Heiltränke mischte oder alte Tränke auf neue Anwendungsmöglichkeiten erforschte.

Als es mir besser ging und ich mein Mißtrauen ihm gegenüber verlor, begann Sir Salazar, mir zu erklären, was er tat, wenn er Zaubertränke braute. Er hatte bemerkt, daß meine Neugier mich fast umbrachte, ich jedoch keine Ahnung hatte, ob es mir erlaubt war, ihn zu stören, wenn er arbeitete. Daher rief er mich eines Tages einfach zu sich herüber und begann mich zu unterrichten, als wäre das etwas selbstverständliches.}
 

{Er hat dir Zaubertrankunterricht gegeben?}, entfuhr es Harry überrascht.

{So kann man es wohl nennen. Am Anfang war es wohl für uns beide nur eine Möglichkeit, uns näher kennenzulernen. Ich mochte es sehr, seiner ruhigen Stimme zuzuhören, wenn er mir die einzelnen Komponenten seiner Tränke erklärte und nacheinander zusammenmischte. Und ich glaube, für ihn war es auch eine willkommene Abwechslung, jemanden zu haben, der ihm einfach nur interessiert lauschte}, antwortete Azhura.

{Wow}, meinte Harry. {Das muß ein außergewöhnliches Bild gewesen sein, wenn ihr Zwei zusammen Zaubertränke gebraut habt...was wohl heute jemand dazu sagen würde?}
 

{Ich habe keine Ahnung, Sir Harry. Doch auch zu jener Zeit waren Basilisken nicht gerade die Lieblingstiere der Menschen, ob Zauberer oder nichtmagische Menschen. Schlangen haben einen nicht gerade guten Ruf, auch wenn die meisten unserer Art sehr friedlich sind.}

Harry sah für einen Augenblick beschämt drein, denn er erinnerte sich, daß auch er eine Abneigung gegen Schlangen entwickelt hatte. Bis jetzt. Denn Azhura begann er langsam aber sicher zu mögen. Was ein kleines Wunder an sich war, dachte er an ihren Gegenpart in seiner Welt. Doch dieses spezielle Thema würde er später anschneiden, jetzt wollte er den Rest der Geschichte hören.
 

Azhura schien ihm seinen Wunsch anzusehen, denn sie sprach weiter.

{Wie gesagt, begann mein 'Unterricht' eher als eine Maßnahme zum gegenseitigen Kennenlernen. Doch ich fand es mit der Zeit sehr interessant, mehr über die diversen Zaubertränke zu lernen und Sir Salazar begann daher, mir ernsthaft die Grundlagen beizubringen.

Schon bald darauf konnte ich ihm bei unkomplizierten Tränken helfen und ich begann, mich wichtiger zu fühlen. Ich hatte eine Aufgabe bekommen, wo ich bevor doch nur empfangen hatte. Nun konnte ich die Freundlichkeit Sir Salazars ein wenig zurückzahlen, indem ich ihm half.

Es war eine sehr schöne Zeit...} Azhura schien in der Vergangenheit zu schwelgen, doch dann machte sie einen Laut, der fast wie ein Seufzen klang, bevor sie weitersprach.
 

{Ich hatte mich an die Leichtigkeit des Umgangs mit Sir Salazar gewöhnt, doch ich hatte ein wenig Angst davor, was passieren würde, wenn jemand anders in seine Gemächer kommen und mich dort finden würde. Ich wußte nicht, ob sie ebenso tolerant reagieren würden wie mein Meister.

Diese Furcht überschattete die ansonsten glücklichen Tage.

Bis eines Tages das geschah, was ich befürchtet hatte - jemand bemerkte meine Anwesenheit im Schloß.

Und zwar nicht irgendjemand, sondern Sir Godric.

Sir Salazar hatte mir während unseres Zusammenseins von der Vision erzählt, die Sir Godric, Lady Rowena, Lady Helga und ihn dazu gebracht hatte, Hogwarths zu erbauen. Ihr aller Traum war es, magisch begabte Kinder zu unterrichten, damit sie ihr Potential nutzen konnten zum Wohl ihrer Umwelt. Es war ein mir bis dahin völlig unvertrautes Konzept, doch nach einer Weile geduldigen Erklärens von Sir Salazars Seite verstand ich, was sie taten.

Und ebenso hatte er mir von seinen drei Kollegen erzählt, wobei ich bemerkte, daß Sir Godric und er sehr verschieden sein mußten, denn oftmals kam Sir Salazar von einem ihrer Treffen zurück und schien irritiert über seinen Mitgründer.

Es war nicht so, daß sie stritten - nein vielmehr waren ihre Argumente und Ansichten manchmal von vornherein so konträr, daß beide eine Zeitlang brauchten, um den Standpunkt des Anderen zu verstehen.
 

Dies wiederum brachte mich zu der Erkenntnis, daß Sir Godric für meinen Meister wichtig war. Denn wie sonst ließ sich erklären, daß er oft stundenlang über eine Diskussion zwischen ihnen grübelte, bis er den anderen Standpunkt begriff?

Und ebenso ging es scheinbar Sir Godric, denn manchmal - wenn wieder eine zuerst so unlösbar scheinende Diskussion zwischen ihnen zu beider Zufriedenheit entschieden war - kam Sir Salazar zurück in seine Gemächer und begann einen schwierigen Trank zu brauen.

Dies tat er nur dann, wenn er im Gleichgewicht mit sich selber war, zufrieden mit seinem Leben und den Personen um ihn herum. Dann, wenn er das tat, wußte ich, Sir Godric hatte sich ebenso Mühe gegeben, Sir Salazar zu verstehen wie dieser auch umgekehrt.}
 

{Wer hätte das gedacht}, murmelte Harry blinzelnd, während seine Gedanken rasten. {Ich hätte nie gedacht, daß sie solch gute Freunde waren... Was du erzählst, sagt eine Menge über ihre Beziehung aus - daß sie beide so darum bemüht waren, den anderen zu verstehen, selbst wenn ihre Standpunkte verschieden waren, ist bemerkenswert.}
 

{Es war die Grundlage ihrer Freundschaft - ihre Bereitschaft, dem Anderen zuzuhören und einen Kompromiß zu schließen}, antwortete Azhura.

Dann fuhr sie fort: {Doch gerade, da Sir Godric für meinen Meister so wichtig war, wie ich unschwer über die Zeit hinweg erkannte, war meine Angst in Bezug auf seine Reaktion am größten.

Was wäre, wenn Sir Godric mich ablehnen würde?

Müßte ich dann das Schloß und Sir Salazar verlassen?

Als daher der Tag kam, an dem meine Anwesenheit Sir Godric bekannt wurde, war ich wie gelähmt vor Furcht. Ich hatte Sir Salazar nichts davon erzählt, da ich ihn nicht von vornherein beunruhigen wollte.
 

An jenem Nachmittag war mein Meister gerade dabei, einen recht schwierigen Trank zu vollenden, an dem er schon ein paar Tage gearbeitet hatte. Es war ein Heiltrank für eine neuartige Epidemie, welche in einem Dorf in der Nähe herrschte und für die es bis dahin kein Mittel zur Heilung gab.

Ich war gerade dabei, Zutaten zu holen, als sich plötzlich die Tür öffnete und ein großer Mann eintrat, den ich bis dahin noch nie zuvor gesehen hatte. Er hatte hellblondes Haar, klare graue Augen und trug Kleidung in warmen, leuchtenden Dunkelrot.

Ich erstarrte vor Schreck über sein plötzliches und unvermutetes Eintreten, so daß ich mit der Tüte Kräuter im Maul, die ich für Sir Salazar aus seinem Lagerraum geholt hatte, wohl ziemlich komisch ausgesehen haben muß. Ich konnte mich jedoch nicht von der Stelle bewegen und starrte den fremden Mann nur an.
 

Er sah sich kurz forschend im Zimmer um, offensichtlich auf der Suche nach meinem Meister. Als er diesen nicht fand, wollte er in den Raum gehen, wo Sir Salazar immer seine Tränke braute und hub schon an zu sprechen, als er plötzlich meiner gewahr wurde. Ich hatte schon gehofft, er würde mich nicht bemerken, doch dem sollte nicht so sein.

Seine Augen weiteten sich überrascht, als er mich erblickte und seine Hand fuhr instinktiv zu seinem Schwert. Doch als ich mich schon bereit machte, zu fliehen, hielt er auf einmal inne und neigte den Kopf etwas zur Seite, während er mich scharf ins Auge faßte.

Sein Blick ging mir durch und durch, so als würde er mir bis in die tiefste Seele blicken. Noch immer vollkommen paralysiert von dem Schreck der Erkenntnis, daß dies Sir Godric sein mußte - der Freund meines Meisters - ließ ich ihn gewähren.
 

Seine Präsenz wurde plötzlich stärker im Raum, während er mich weiterhin wortlos aus seinen klaren Augen durchdringend ansah. Doch dann lächelte er auf einmal und sagte etwas, was ich nicht verstand. Seine Hand ließ sein Schwert los und er entspannte sich sichtlich.

Dann rief er auf einmal etwas lauter, während er sich dem Raum zuwandte, in dem Sir Salazar war. Doch auch dieses Mal verstand ich ihn nicht, wobei ich erst später begriff, daß dies aus dem Grund geschah, daß ich zu der Zeit die menschliche Sprache noch nicht verstand. Mit meinem Meister sprach ich stets in meiner eigenen Sprache, doch diese Fähigkeit war rar unter den Zauberern, wie Sir Salazar erzählt hatte.

Als mein Meister wenige Sekunden später in der Tür erschien, deutete Sir Godric auf mich und hob fragend eine Augenbraue. Sir Salazars Blick schweifte zu mir in meinem noch immer vollkommen erstarrten Zustand und zurück zu Sir Godric, der ihn erklärungsheischend ansah.
 

Daraufhin begann Sir Salazar in der menschlichen Sprache zu reden, was merkwürdig für mich war, denn er hatte niemals zuvor in meiner Gegenwart Worte gebraucht, die ich nicht verstehen konnte. Doch anscheinend erläuterte er Sir Godric meine Anwesenheit, denn nach und nach erhellte Verständnis dessen Züge, bis er schließlich - ein wenig zögerlich zuerst, doch akzeptierend - nickte.

Dann kam Sir Godric auf mich zu und hockte sich vor mich hin, um mich näher zu betrachten.

Was er jedoch kurz darauf tat, schockte mich total.

Er streckte langsam, wie um mich nicht noch weiter zu verschrecken, seine Hand nach mir aus, welche er schließlich auf meinen Kopf legte. Es war fast wie ein sanftes Streicheln, als seine Finger kurz darauf zu dem Punkt zwischen meinen Augen glitten, wo sie liegenblieben. Und dann hörte ich plötzlich seine Stimme in meinem Kopf, wodurch ich mich so erschreckte, daß ich instinktiv mehr als einen Meter zurückwich.
 

Sir Godric jedoch lächelte nur, fast ein wenig amüsiert und blieb an der Stelle hocken, wo er war. Er schien zu warten, denn seine Hand hing ausgestreckt in der Luft wie in einer Geste des Friedens. Und ich begriff, daß er auf meine Reaktion wartete. Daß er wartete, ob ich ihm so weit vertrauen konnte, so daß er mich nochmals berühren durfte.

Unsicher schaute ich zwischen ihm und Sir Salazar hin und her, bis mein Meister mir aufmunternd zunickte. Daraufhin nahm ich meinen Mut zusammen und kam wieder näher zu seinem Freund, der mich fragend ansah.
 

Er schien mir nicht wehtun zu wollen und Sir Salazar traute ihm - daher schob ich meinen Kopf schließlich wieder unter seine Hand. Dieses Mal war ich besser darauf vorbereitet, seine Stimme zu hören, auch wenn es mich erstaunte, ihn nunmehr verstehen zu können.} Azhura schwieg kurz, als würde sie diese besondere Konversation in Gedanken nochmals führen, bevor sie Harry davon unterrichtete. Dann begann sie, von jenem Gespräch zu erzählen.
 

{Ich erinnere mich noch als wäre es gestern gewesen und nicht über 1000 Jahre her, was die ersten Worte waren, die Sir Godric und ich wechselten. Er hatte seine Hand noch immer zwischen meinen Augen liegen und blickte mich mit den seinen direkt an, als wäre dieser Kontakt nötig für das, was er tun wollte.
 

+Hallo, ich bin Godric+, erklang seine Stimme dann erneut in meinem Kopf. Verwirrt blinzelte ich, denn ich wußte nicht, wie ich antworten sollte. Ich war mir der Tatsache bewußt, daß es schwierig sein würde, mit ihm zu kommunizieren, da er nicht wie Sir Salazar meine Sprache verstand und ich hingegen nicht wußte, wie er es schaffte, in meinem Kopf zu sprechen. Daher sah ich ihn auch nur hilflos an.

+Schau nicht so traurig. Du brauchst auch keine Angst vor mir zu haben+, tönte Sir Godrics Stimme daraufhin beruhigend in meinen Gedanken. +Wenn du mir antworten willst, denk nur fest an das, was du sagen willst. Ich höre dich dann schon, keine Sorge.+
 

Nun war ich wirklich überrascht, denn diese Form der Kommunikation hatte ich zuvor noch niemals erlebt. Doch ich versuchte, Sir Godrics Anweisung nachzukommen und konzentrierte mich stark darauf, meine Antwort für ihn 'hörbar' zu machen.
 

+Mein Name ist Azhura. Ich bin erfreut, euch kennenzulernen, Sir Godric.+

Kurz nachdem ich diese zwei Sätze gedacht hatte, erschien ein Lächeln in seinen grauen Augen und er antwortete mir: +Ich bin ebenfalls erfreut. Auch wenn du mir zuerst einen Schrecken eingejagt hat. Ich hatte nicht erwartet, einen - wenn auch noch sehr jungen - Basilisken in Sals Gemächern vorzufinden.+
 

+Ihr habt keine Angst vor mir?+ Ich muß zugeben, ich war sehr erstaunt über die Art, wie Sir Godric auf meine Anwesenheit reagierte, wie vorurteilslos er mich zu akzeptieren schien.

Doch auf meine Frage hin trat ein ernster Ausdruck in seinen Augen und seine gedankliche Stimme klang etwas schärfer als zuvor, als er fragte: +Sollte ich denn? Bist du eine Gefahr für mich oder sonst jemanden in diesem Schloß? Oder gar für Sal?+
 

Ich war erneut erschreckt über diese Möglichkeit. Wie konnte er glauben, ich würde Sir Salazar etwas antun können? Oder ihm, dem Freund meines Meisters?

Doch dann begriff ich, daß er nur die Leute, die ihm wichtig waren, beschützen wollte. Sir Godric war ein guter Mensch, immer darauf bedacht, zu verteidigen, was ihm lieb und teuer war. Und so wollte er von Anfang wissen, ob ich eine Gefahrenquelle darstellte.

Doch da konnte ich ihn ruhigen Gewissens beschwichtigen. Ich hatte nicht vor, die Freundlichkeit, die mir Sir Salazar - und nun auch er - so vertrauensvoll entgegengebracht hatten, zu enttäuschen.
 

Ich versuchte ihm mitzuteilen, daß mir keinesfalls daran gelegen war, jemandem in Hogwarths zu schaden. Ich hatte so viel Freundlichkeit innerhalb dieser Mauern erfahren...nun sogar von jemandem, der mich gar nicht richtig kannte. Daher wollte ich Sir Godric vermitteln, daß ich alles dafür tun würde, diese Freundlichkeit zurückzugeben, so gut es mir möglich war.

Er schien erstaunt von der Intensität meiner Worte, doch ich denke, er konnte die Ehrlichkeit spüren, die ich in meine Rede legte, denn er nickte mir nach einer Weile zu und lächelte erneut. Dann antwortete er mir.
 

+Es ist gut, daß du Salazar ein wenig Gesellschaft leistest, Azhura. Und wie ich bemerke, hilfst du ihm anscheinend sogar bei seiner Trankmischerei+, fügte er mit einem Schmunzeln hinzu, wobei er auf die Tüte mit Kräutern in meinem Maul deutete.

Erst in jenem Moment fiel mir auf, daß ich die Tüte noch immer hatte und nicht etwa fallengelassen hatte. Es war schon peinlich. Sir Godrics Lächeln war jedoch von freundlicher Güte, auch wenn er sich gerade ein wenig über mich amüsierte.
 

Es mußte wirklich seltsam aussehen, wie mir erst in diesem Augenblick auffiel, wenn ich auf diese - mir einzig mögliche Weise - Zutaten für Sir Salazars Zaubertränke durch die Gegend beförderte. Rasch ließ ich die Kräutertüte fallen und wenn ich helle Haut gehabt hätte, wäre wohl jedem aufgefallen, wie peinlich mir die Situation war. Doch zum Glück haben Basilisken dunkle Schuppen.}

Um Harrys Mundwinkel zuckte es verdächtig, denn durch Azhuras recht genaue Beschreibung konnte er sich die Szene bildlich vorstellen und es war wirklich sehr lustig. Doch er wollte der großen Schlange kein Unbehagen bereiten, in dem er sich noch nachträglich über sie amüsierte.
 

Azhura hingegen räusperte sich, als sie Harrys verhaltenen Ausdruck von Amüsement bemerkte und sah, wie seine smaragdgrünen Augen glitzerten.

{Beherrschung, Sir Harry}, grummelte sie scheinbar beleidigt, woraufhin Harry sie nun doch breit angrinste.

{Bei der Szene wäre ich gern dabei gewesen}, erwiderte der Gryffindor lächelnd. {Das sah bestimmt lustig aus...}

{Ganz der Ahn, oh ja}, meinte Azhura nun, wobei sie sich auf Godric Gryffindor bezog. Harry lachte leise auf, während Fawkes einen warmen Ton trillerte, als wolle er Azhura trösten.

{Danke, Fawkes}, kam die sofortige Antwort des Basilisken, bevor die Schlange fortfuhr mit ihrem Bericht.
 

{Ich war sehr erleichtert, festzustellen, daß nach unserer ersten Begegnung Sir Godric in mir wirklich keine Gefahr zu sehen schien. Er brauchte etwas länger, um mir wirklich festes Vertrauen entgegenzubringen, doch im Endeffekt hatte ich eine fast ebenso enge Beziehung zu ihm wie zu Sir Salazar.

Es war eine große Hilfe für die - ich möchte es fast Freundschaft nennen - die wir aufbauten, daß sowohl Sir Godric als auch ich meinen Meister sehr gern hatten. Dies war eine gute Ausgangsbasis.

Und nachdem Sir Godric es durch seine Telepathie geschafft hatte, eine gedankliche Verbindung mit mir aufzubauen, konnten wir uns problemlos unterhalten. Er erklärte mir, daß dies eine der besonderen Gaben der Gryffindor sei - jeder der vier Gründer besaß solch besondere Fähigkeiten und Talente. So konnte Sir Salazar mit allen magischen Tieren in ihrer Sprache reden, wodurch es ihm gelungen war, mit mir so selbstverständlich zu reden.
 

Bei der Familie von Gryffindor war es von jeher die Gabe der Telepathie und manchmal auch Empathie. Sir Godric selbst besaß telepathische Kräfte in erstaunlichem Maße, so daß es ihm nicht schwerfiel, mit den magischen Wesen - wozu ich gehöre - Kontakt aufzunehmen und sich zu unterhalten. Durch die mentale Verbindung, die dabei zwischen ihm und seinem 'Gesprächspartner' entstand, gab es auch keine sprachlichen Schranken - was die Tatsache erklärte, warum ich seine Gedankenstimme verstand, jedoch nicht, wenn er laut sprach.

Jedenfalls kam Sir Godric von dem Zeitpunkt an öfter in Sir Salazars Gemächer und ich konnte nun besser beobachten, wie er und mein Meister zueinander standen. Manchmal kam Sir Godric auch, um mit mir zu sprechen - es schien ihm Spaß zu machen, mich kennenzulernen.}
 

Azhura hielt kurz inne und schien ein weiteres Mal in Gedanken zu versinken. Dann fuhr sie mit leichtem Staunen in der Stimme fort: {Dies war ein weiteres großes Geschenk für mich - seine ruhige Akzeptanz meiner Anwesenheit.

Ich hatte inzwischen erfahren, wie gefährlich Basilisken für Menschen und Magier sein konnten und verstand nun etwas besser, warum meine Art so ablehnend von den meisten Menschen behandelt wurde.

Doch Sir Godric war anders - seine warmherzige Freundlichkeit gab jedem Wesen, dem er begegnete, eine Chance. Es lag einfach in seiner Natur, offen und verständnisvoll auch den Geschöpfen gegenüber zu sein, die auf den ersten Blick nicht die beste Reputation mitbrachten. Er war ein Mann ohne Vorurteile.} Bewunderung und Zuneigung zu dem Mann, der nun schon so lange tot war, schwangen in Azhuras Worten mit, während sie erzählte.
 

Nun seufzte sie und gab zu: {Ich vermisse sie. Mein Meister war der erste Mensch, der gütig zu mir war, ohne dafür je eine Gegenleistung zu verlangen. Doch Sir Godric...er war eine lichte Seele, die hinter die äußere Erscheinung zu blicken verstand, um dort Licht und Dunkel zu unterscheiden.

Eine Gabe}, nun blickte Azhura Harry direkt in die Augen, {die im Laufe der Jahrhunderte anscheinend - zum Glück - bei seinen Nachfahren nicht verlorengegangen ist. Ein Teil von Sir Godrics freundlicher Güte blickt mir aus deinen Augen entgegen, junger Erbe - der andere Teil von dir ist...}
 

Azhura schwieg kurz, als sie den Mix aus Dankbarkeit und Verwirrung in Harrys Augen bemerkte, der sich dort angesichts ihrer kryptischen Worte zeigte.

{Es wäre nicht richtig, diese Information einfach so in den Raum zu stellen, Sir Harry}, erklärte sie dann ihr Zögern. {Laß mich in der richtigen Reihenfolge fortfahren, um meine Behauptung zu untermauern.}

Harry hob eine Augenbraue, bevor sich eine fragende Falte in seine Stirn grub. Ein seltsames Gefühl von Vorahnung stieg immer drängender in ihm auf, doch er schob es beiseite und lauschte erneut, als Azhura den Faden ihrer Erzählung wieder aufnahm.
 

{Wie gesagt, entwickelte sich auch zwischen Sir Godric und mir eine Freundschaft, wenn sie auch von anderer Art war als die zwischen meinem Meister und mir. Doch es gab mir die Gewißheit, daß Sir Salazar nicht der Einzige war, der als Magier mich als selbstständig denkendes Wesen betrachtete und nicht als Zutat für einen Zaubertrank. Ich lernte, die Menschen nicht nur nach den Taten der Zauberer zu beurteilen, die meine Mutter getötet hatten. Sir Salazar und Sir Godric brachten mir bei, jedes Wesen einzeln zu betrachten und nach seinem Charakter zu beurteilen. Dies war ihr größtes Geschenk an mich.
 

Die Jahre vergingen und ich wuchs heran, wodurch es mit der Zeit recht schwierig wurde, mich weiterhin in Sir Salazars Gemächern aufzuhalten. Ich wurde einfach zu groß - obwohl ich ansonsten sehr viel lernte.

Mein Meister lehrte mich, meinen versteinernden Blick zu verbergen, damit ich niemandem versehentlich ein Leid zufügte. Dies hätte ansonsten nämlich durchaus geschehen können, da inzwischen jeder im Schloß von meiner Existenz wußte.

Lady Rowena und Lady Helga hatten eine Weile gebraucht, mich zu akzeptieren - doch im Laufe der Zeit merkten sie, daß ich keine Gefahr darstellte. Und von den Schülern hielt ich mich weitesgehend fern, da ich ihnen keine Angst einjagen wollte. So war mein Leben sehr friedlich geworden. Sir Salazar lehrte mich auch weiterhin all das, was ich über Zaubertränke verstehen konnte und ich half ihm, so gut es mir möglich war.
 

Doch das Problem meiner Größe löste sich auf für mich recht ungewöhnliche Weise. Ich hatte versucht, meine Fähigkeit zur Verkleinerung anzuwenden, doch war ich noch viel zu ungeübt, um lange in dieser Größe verbleiben zu können.

Basilisken vermögen sich in normalgroße Schlangen zu verwandeln, wenn es nötig ist}, erklärte Azhura, als sie Harrys verwirrten Blick bemerkte.
 

{Ihr lernt heute wirklich nicht mehr besonders viel über magische Geschöpfe, oder?}, fügte sie dann leicht aufseufzend hinzu. {All das Wissen, was damals existierte und allgemein bekannt war...ist es heutzutage verloren?}

{Ich weiß nicht allzu viel über Basilisken}, gab Harry zu. {Doch auch heute wird noch Unterricht über magische Geschöpfe gegeben. Ein Freund von mir unterrichtet es - und er liebt jede Art von magischen Wesen. Besonders die gefährlicheren - ich denke, wenn er dich erst richtig kennenlernen würde, wäre er begeistert von dir.}
 

{Es ist trotzdem eine Schande, wieviel Wissen anscheinend über die Jahrhunderte verlorenging }, erwiderte Azhura traurig. {Aber es ist vorerst nicht zu ändern, daher sollte ich meine Geschichte wohl zuende erzählen, bevor wir zu sehr abschweifen.}

Harry nickte zustimmend und machte sich im Geiste eine Notiz, Azhura später über ihre Fähigkeiten und ihr Wissen näher auszufragen. Doch jetzt wollte er auch noch den Rest der Erzählung hören.
 

{Wie ich eben erwähnte, besitzen Basilisken die Fähigkeit sich zu verkleinern, wenn es für sie nötig ist. Doch ich war dafür noch zu unerfahren, auch wenn ich inzwischen mehrere Jahre älter war als zu Beginn meines Aufenthaltes in Hogwarths. Daher hätte es mich nicht überraschen sollen, daß sich Sir Salazar eine Lösung einfallen ließ, die sowohl ihm als auch mir weiterhin die Möglichkeit gab, zusammen an den Rezepturen für Zaubertränke zu arbeiten, die nicht unbedingt auf den Lehrplan für Sir Salazars Schüler gehörten. Mittlerweile hatte sich mein Meister nämlich einen Ruf als großartiger Zaubertrankmeister geschaffen, was nicht zuletzt darin begründet war, daß er mehrere neue Zaubertränke erfunden oder alte Rezepturen verbessert hatte. Er tat viel Gutes damit, heilte manche Krankheit - so wie jene Epidemie, die ich erwähnte, als Sir Godric mich zum ersten Mal sah.
 

Jedenfalls überraschte mich Sir Salazar eines Tages, indem er mich in die Kerker bestellte, wo die Klassenräume für seinen Unterricht lagen. Ich war noch nicht sehr oft dort unten gewesen - wie gesagt, ich vermied Kontakt mit den Schülern, um diese nicht zu erschrecken.

Doch an jenem Tag war Wochenende und die Schüler damit außerhalb des Schlosses oder in Hogsmeade, daher bestand keine Gefahr, daß ich einen von ihnen durch meine Gegenwart verängstigen würde. Ich begab mich zu den Kerkern und als ich dort ankam, führte mich Sir Salazar durch ein Gewirr von Gängen tiefer hinab, bis wir plötzlich in einem sehr großen Raum ankamen. Dort türmten sich all die Hilfsmittel und Zutaten, welche sich vorher in Sir Salazars Raum, wo er die Tränke zubereitete, befunden hatten.

Ich war verwirrt, doch mein Meister erklärte mir, dies werde von jetzt an unser Arbeitsraum sein. Hier unten bestand wenig Gefahr, daß unsere Experimente Schaden anrichten würden und außerdem war der Raum so groß, daß meine wachsende Länge kaum Schwierigkeiten bedeutete.

Sir Salazars Gemächer waren bis dahin mein Zuhause gewesen, doch nun gab er mir hier unten meinen eigenen Raum und er zeigte mir, wie ich Hogwarths durch einen verborgenen Tunnel verlassen konnte, wenn ich zum Jagen in den Wald wollte.}
 

Hier verstummte Azhura erneut und Harry benötigte eine Weile, um alles zu verarbeiten. Dann jedoch verstand er und fragte die Schlange: {Das hier unten war dieser Raum, nicht wahr? Das ,Labor' von Salazar Slytherin. Und hier lebtest du von jenem Zeitpunkt an?}

{Sehr gut kombiniert}, war Azhuras Antwort. Sie schien erfreut, daß Harry so rasch begriffen hatte, was sie nicht ausdrücklich gesagt, sondern nur angedeutet hatte.

{Ja, diese Räume hier waren früher das Labor meines Meisters. Hier entdeckte er so manchen neuen Trank, während ich ihm dabei helfen durfte. Oft vertiefte sich Sir Salazar so sehr in seine Arbeit, daß Sir Godric herunterkommen mußte, um ihn zum Essen zu holen oder ihn auch sonst einmal wieder zu anderen Dingen zu verleiten, die nichts mit Zaubertränken zu tun hatten.
 

In jener Zeit bemerkte ich auch, daß mein Meister und Sir Godric enger zusammenwuchsen als zuvor. Sir Godrics warmherziges Wesen holte Sir Salazar meist sehr schnell aus seinen Grübeleien.

Du mußt wissen, daß Sir Salazar seine Frau, die er sehr geliebt hatte, verlor, als sie ihm eine Tochter gebar. Auch das kleine Mädchen war kurz darauf verstorben und mein Meister hatte daher nur zwei Söhne, die jedoch inzwischen erwachsen waren und ihr eigenes Leben führten. Daher war er recht einsam, was menschliche Nähe anging und konzentrierte sich auf seine Arbeit.

Doch Sir Godrics Freundschaft bedeutete Sir Salazar sehr viel und so ließ er ihn oft bestimmen, womit sie ihre Zeit verbrachten. Es tat meinem Meister gut, zu spüren, er war nicht allein. Sir Godric machte dies deutlich, auch wenn er selbst Familie besaß. Seine Frau, Lady Evelynn, war wunderschön und eine sanfte, liebevolle Frau. Auch sie besaß große magische Kräfte, doch waren sie eher von heilender Natur. Sie war die Heilerin im Schloß und unterrichtete Kräuterkunde.

Auch Sir Godric besaß Kinder, die mittlerweile erwachsen waren - einen Sohn und eine Tochter. Beide waren verheiratet und wie Sir Salazars Kinder fortgezogen, um ihr eigenes Leben zu führen. Doch sie hielten Kontakt zu Hogwarths.
 

Ich war mittlerweile über 15 Jahre in Hogwarths, als ein schreckliches Geschehnis über das friedliche Leben dort hereinbrach. Das Schloß wurde von einem Trupp kriegerischer Zauberer unvermittelt angegriffen und es kam zu mehreren schrecklichen Gefechten.

Es war auch das erste Mal, daß ich meine Fähigkeiten dazu einsetzte, mein Zuhause zu verteidigen. Ich versteinerte mehrere der Angreifer, als sie versuchten, in das Schloß zu gelangen. Ich tat es nicht gern, denn ich hatte den Wert eines Lebens schätzen gelernt, doch andererseits kannten jene Angreifer keine Gnade - daher fand ich mein Handeln gerechtfertigt. Ich schützte mein Zuhause und die Menschen, die ich lieben gelernt hatte.

Die Angriffe dauerten fast eine Woche und am Ende schlugen wir sie in die Flucht. Doch die Kämpfe hatten einen hohen Preis gefordert - mehrere Schüler und auch Lehrer hatten ihr Leben verloren.

Und...Lady Evelynn war sehr schwer verwundet.
 

Das Schicksal seiner geliebten Frau traf Sir Godric sehr hart. Er wich in den folgenden Tagen nicht von ihrem Krankenlager und war verzweifelt, daß er nichts für sie tun konnte, als ihr Zustand immer schlechter wurde.

Auch Sir Salazar war schwer getroffen von den Ereignissen und verbrachte Tage und Nächte in seinem Labor, um einen Trank zu mischen, der Lady Evelynn helfen sollte. Er tat alles, was in seiner Macht stand, doch es half nicht.}

Azhuras Stimme versagte an dieser Stelle, als sie von Erinnerungen an jenen schrecklichen Tag überflutet wurde. Harry Augen schimmerten traurig, da er die Gefühle nachempfinden konnte, die sowohl sein Ahn als auch Sir Salazar gehabt haben mußten. Einem geliebten Menschen nicht helfen zu können...
 

{Zwei Wochen nach dem letzten Angriff starb Lady Evelynn an ihren Verletzungen. Das Leben im Schloß war danach nicht mehr wie vorher}, setzte Azhura ihren Bericht fort. {Sir Godric versank in Trauer und schien nicht mehr zu wissen, was ihn im Leben halten sollte. Er machte sich Vorwürfe, nicht besser auf das Wohl seiner Frau geachtet zu haben - doch wie hätte er das tun sollen, wo er doch in vorderster Linie gekämpft hatte? Doch niemand vermochte ihm auszureden, daß es in gewisser Weise seine Schuld war, daß Lady Evelynn nicht mehr unter uns weilte. Nicht einmal seine Kinder konnten ihn trösten.

Sir Salazar hingegen vergrub sich erneut in seinem Labor und machte sich seine eigenen Vorwürfe. Auch er hatte Schuldgefühle. Doch bei ihm war es der Vorwurf, den er sich selbst machte, daß er keine Heilung für die Verletzungen der Frau seines besten Freundes gefunden hatte. Er fühlte sich, als hätte er Sir Godric im Stich gelassen, was ihn seinen Freund meiden ließ.
 

Es war eine sehr traurige Zeit und ich fürchtete um beide - sowohl um Sir Salazar als auch um Sir Godric. Sie schienen auseinander zu driften, ohne es zu bemerken. Das jedoch wollte ich nicht zulassen, denn ich wußte, was ihre Freundschaft ihnen bedeutete - was für Kraft sie ihnen geben konnte, gerade in dieser schweren Zeit. Daher überzeugte ich meinen Meister, daß es seine Aufgabe wäre, Sir Godric ins Leben zurückzuholen. Ihm die Freude am Leben wiederzugeben.

Es war schwer, Sir Salazar seine eigenen Schuldgefühle überwinden zu lassen, aber nach mehreren Tagen endlosen Einredens auf ihn hatte ich es geschafft. Vielleicht wollte er auch nur, daß ich ihn in Ruhe ließ, doch egal aus welchem Grund er es am Ende auch tat - mir war es Recht, solange er nur Sir Godric half.

Ich weiß nicht genau, wie ihr erstes Gespräch nach den schrecklichen Vorfällen verlief, doch von jenem Tag an kümmerte sich Sir Salazar um seinen Freund, bis es diesem langsam wieder besser ging und er wieder Anteil am Leben nahm. Dadurch verbrachten sie viel Zeit gemeinsam, mehr noch als zuvor.
 

Und sie kamen sich näher.

Ich beobachtete, wie - unbemerkt von ihnen selbst - sie Gefühle füreinander entwickelten, die über Freundschaft hinausgingen. Sie wuchsen zusammen wie zwei Hälften einer Einheit, wie zwei Seelen, die ohne die andere nicht mehr existieren konnten. Und hatten doch lange Zeit keine Ahnung von der Stärke ihrer Gefühle.}
 

Harry war leicht blaß geworden, als Azhura zu diesem Teil der Geschichte kam. Er konnte sich schon fast denken, wohin dies im Endeffekt führen würde und war sich nicht sicher, ob er verkraften würde, was ihm seine Ahnung mitteilte.

Es war eine Sache, den Gründer des Slytherin-Hauses als einen gütigen, freundlichen Menschen kennenzulernen. Doch ihn als möglichen Partner seines Ahnen zu erkennen?
 

,Ich weiß nicht, ob ich Azhura weiter zuhören will', fuhr es Harry durch den Sinn. ,Ich hab eine Ahnung, wohin das führt. Mein Vorfahr und Sir Salazar Slytherin...ist das möglich? Wenn ja, dann hat die Geschichte aber ganz schön daneben gelegen mit dem, was überliefert wurde. Von wegen ewige Feinde - sie waren Freunde! Und wahrscheinlich sogar mehr als das...ich glaube, das wird langsam alles zuviel für mich. Ich brauche Zeit, um über alles nachzudenken - doch vorher...vorher sollte ich wohl auch den letzten Schock noch erhalten. Ich bin mir nämlich ziemlich sicher, daß Azhuras Geschichte jetzt genau den noch für mich bereithält.'
 

Bei diesem Gedanken seufzte Harry schwer auf, bevor er sich die Augen rieb. Er brauchte Zeit, um die ganze Geschichte in Ruhe nochmals durchzugehen. Aber er wußte, er brauchte zuvor noch die Gewißheit, daß ihm seine Phantasie keinen Streich spielte, wenn er Azhuras letzte Worte interpretierte. Er wollte es von ihr hören, was aus den Gefühlen von Sir Godric und Sir Salazar letztendlich geworden war.

Daher nickte er Azhura, die ihn aufmerksam beobachtet hatte und spürte, wie nahe ihm die ganze Erklärung ging, zu und bedeutete ihr, den Rest zu erzählen. Nach einem mitfühlenden Blick wegen der unerwarteten Eröffnungen, die sie so kurz nacheinander über ihm ausschüttete, fuhr Azhura fort.
 

{Wie gesagt, es dauerte noch mehrere Monate, bis mein Meister die Tiefe seiner Gefühle für Sir Godric als das erkannte, was sie waren - Liebe. Er hatte so lange schon nicht mehr so gefühlt, daher war es zuerst ein Schock für ihn, so für seinen besten Freund zu empfinden. Er hatte Angst, Sir Godric würde ihn zurückstoßen, wenn er ihm seine Gefühle beichtete... fürchtete, die Freundschaft des Mannes zu verlieren, der ihm alles bedeutete.

Daher versuchte er, seine Empfindungen zu verbergen, um wenigstens Sir Godrics Freund zu bleiben. Doch schließlich gab es ein Ereignis, wo er sie nicht mehr zu verhüllen imstande war. Sir Godric wurde krank.
 

Es war eine lange, schwere Krankheit, die ihn mehrmals nahe am Rande des Todes entlangwandeln ließ. Sir Salazar wich in diesen Stunden nicht von seiner Seite, wachte Tag und Nacht bei ihm, bis es Sir Godric wieder etwas besser ging.

Während seiner Krankheit war Sir Godric mehrmals von hohem Fieber geplagt worden und hatte dabei nach meinem Meister gerufen, als könne nur dieser ihm helfen. Dann hatte ich Sir Salazar stets bei ihm sitzen sehen und ihn beruhigen. Es war ein rührendes Bild, wie er Sir Godric durch sanfte Berührungen von seiner Anwesenheit überzeugen wollte, während er ihm endlos liebevolle Worte zuflüsterte.

Dies schien jedesmal zu helfen, denn Sir Godric wurde sofort ruhiger, wenn mein Meister mit ihm sprach - als würde er selbst inmitten seines Delirium spüren, daß sein Freund bei ihm war.
 

Als es Sir Godric schließlich wieder besser ging, begann für meinen Meister eine Phase der Unsicherheit. Er wußte nun, daß er seine Gefühle nicht länger für sich behalten konnte - die Krankheit, die ihm seine Liebe fast entrissen hatte, hatte ihm das klargemacht.

Sir Salazar entschied sich daher dafür, Sir Godric alles zu gestehen und zu versuchen, mit dem Resultat - welches es auch sein mochte - zurecht zu kommen. Dennoch hatte er Angst.

Angst, die nicht hätte sein müssen. Denn als er schließlich Sir Godric mitteilte, daß er ihn liebte, erhielt er eine Antwort, auf die er nicht zu hoffen gewagt hatte. Seine Gefühle wurden erwidert.

Ebenso wie mein Meister hatte auch Sir Godric schon einige Zeit zuvor begriffen, daß seine freundschaftlichen Gefühle in Liebe umgeschlagen waren. Doch auch er wollte auf jeden Fall ihre enge Freundschaft bewahren.
 

Männer...}, schnaubte Azhura an dieser Stelle. {So unsicher, wenn es um Gefühle geht, doch schnell dabei, Frauen als schwächeres Geschlecht zu bezeichnen, wenn sie ihre Empfindungen nicht verstecken. Aber egal.

Ich war jedenfalls unheimlich froh, daß sie sich endlich ihre Verbindung eingestanden hatten und ihre Liebe von diesem Zeitpunkt an auch nicht mehr verheimlichten. Zuerst waren sie sehr unsicher im Umgang miteinander - es hatte sich so viel für sie verändert. Und auch ihre Umgebung reagierte zuerst sehr erstaunt, unterstützte sie jedoch danach ohne Widerstand.

Dadurch gestärkt widmeten sich Sir Salazar und Sir Godric vollkommen ihrer gegenseitigen Gefühle und heirateten ein Jahr darauf. Es war eine wahrlich wundervolle Zeremonie, in der sie nicht nur ein normales Ehegelöbnis ablegten, sondern auch eine magische Bindung miteinander eingingen.

Den Zauber, den sie gewählt hatten, verband sie über den Tod hinaus und war bis dahin sehr selten für eine Ehegemeinschaft gewählt worden. Doch Sir Godric und Sir Salazar waren kein normales Paar, sondern auch Seelenpartner. Der Zauber, den sie aussprachen, band sie daher enger aneinander als es jedes Versprechen hätte tun können.
 

Die darauffolgenden Jahre waren glückliche Jahre für meinen Meister und seinen Partner. Es war wundervoll, mitanzusehen, wie verliebt sie beide ineinander waren und wie gut sie sich ergänzten.

Doch ihnen beiden fehlte noch etwas zum vollkommenen Glück.

Ein Kind.

Wie gesagt, waren ihre Kinder längst erwachsen und führten ihr eigenes Leben. Aber für die beiden wäre ein Kind die Krönung ihres Glückes gewesen. Daher gingen sie auf die Suche nach einem Zauber, der es ihnen möglich machen würde, sich diesen Traum zu erfüllen. Beide waren mächtige Magier auf ihren Gebieten und so hatten sie keinen Zweifel, daß es ihnen im Endeffekt gelingen würde.

Sie forschten lange und ausführlich in den alten Schriften und schließlich stießen sie auf einen komplizierten, sehr alten Zauberspruch, der es ermöglichte, die Essenzen zweier Zauberer zu verbinden und daraus ein neues Leben zu schaffen. Da keiner von ihnen beiden dieses Kind austragen konnte, wandten sich Sir Salazar und Sir Godric um Hilfe an Lady Helga und Lady Rowena. Es gab lange Diskussionen zwischen den vier Gründern, doch schlußendlich willigte Lady Helga ein, das Kind auszutragen.

Ihre Loyalität zu Sir Godric und Sir Salazar, die sie wie Brüder liebte, gebot ihr dieses Handeln. Und für sie war es auch eine Chance, nochmals Anteil an der Geburt eines Kindes zu haben, denn ihr Einziges war schon lange fort.
 

Als dies geklärt war, gingen die vier Gründer an die Realisierung des dafür nötigen Zaubers und taten ihre magischen Kräfte zusammen, um ihn zu bewältigen. Mein Meister und Sir Godric sprachen den Zauber aus, der es ihnen erlaubte, ein wenig ihrer Essenz aus sich herauszuholen und mit der seines Partners zu mischen. Ihre miteinander verbundene Essenz wurde einem Zaubertrank beigefügt, den Lady Helga zu sich nahm. Es folgte eine Zeit des ungeduldigen und hoffnungsfrohen Wartens, bis feststand, daß Lady Helga schwanger war.

Die Nacht darauf war ein einziges großes Fest, denn das ganze Schloß feierte den Erfolg des Zaubers - und jedermann, der Sir Salazar und Sir Godric ansah, spürte, daß sie wundervolle Eltern werden würden.
 

Neun Monate darauf war es soweit - das Kind wurde geboren. Es war eine leichte Geburt für Lady Helga und das Kind vollkommen gesund. Dies wiederum sorgte für große Erleichterung unter allen, die besorgt und rastlos gewartet hatten.

Sir Salazar und Sir Godric brauchten nur eine Sekunde, um sich unsterblich in das Wesen zu verlieben, das sie erschaffen hatten - ihr wunderschöner Sohn war für die Beiden ein Quell des Glücks. Sie tauften ihn auf den Namen Halryon Shalsar, doch sein Rufname wurde Shal.

Shal war ein liebes Kind, voller Freundlichkeit und Wärme. Sanft und ruhig wie Sir Salazar, dabei jedoch auch offen und großmütig wie Sir Godric. Er besaß eine hohe Intelligenz und machte das Erbe seiner Väter deutlich durch seine Begabung in Fächern wie Zaubertränke und Verwandlung. Und er hatte auch die Telepathie und das Talent geerbt, die Sprache aller Tiere und magischen Wesen zu verstehen.

Von Lady Helga, welche zwar keine genetische Verbindung zu ihm besaß, die aber dadurch, daß sie ihn geboren hatte, seine leibliche Mutter war, stammte seine unbeirrbare Loyalität zu allen Wesen, die er seine Freunde nannte.

Lady Rowena wurde zu seiner Patentante ernannt und lehrte ihn, seine Intelligenz und den Wissensdurst sowie die unersättliche Neugier, die ihn antrieben, in die richtigen Bahnen zu lenken.
 

Ich hingegen wurde ebenso wie Fawkes, der schon seit langem Sir Godrics Begleiter war, zu einem Wächter und Beschützer von Shal durch seine Kindheitsjahre. Konnte keiner der Erwachsenen bei ihm sein, da sie durch die Magierschule, die sie betrieben, viele Pflichten hatten, so war jedoch stets entweder Fawkes oder ich bei ihm.

Durch Sir Salazars Gabe sowie Sir Godrics Empathie kommunizierte er mit uns ebenso leicht wie mit seinen Eltern oder anderen Menschen und konnte uns daher mitteilen, was ihn bewegte. Er war ein wunderbares Kind...}, Azhuras Stimme verklang und Fawkes trillerte leise vor sich hin, als wäre auch er in Erinnerungen an den gemeinsamen Sohn der zwei Gründer versunken.
 

,Oh. Mein. Gott. OH. MEIN. GOTT! Das darf nicht wahr sein!', rief es in Harrys Kopf. Er hatte Azhuras letzten Worten mit wachsendem Begreifen gelauscht und sträubte sich nun, die Erkenntnis, die ihm gekommen war, als der Basilisk von Shal erzählte, auch wirklich zu akzeptieren.

Es konnte doch nicht wirklich sein, daß er...daß er...

{Sag mir, daß es nicht wahr ist, was ich aus deinen Worten entnehme}, flehte Harry Azhura schon fast verzweifelt an.
 

Die Schlange blickte auf, aus ihren Gedanken gerissen und musterte Harrys leicht bleiches Gesicht. Sie schien mitleidig, doch die Wahrheit konnte sie dem Gryffindor nicht vorenthalten. Er hatte wieder einmal rasch kombiniert, warum sie ihm von Shal erzählt hatte - und hatte die richtige Antwort herausgefunden, obwohl es ihm anscheinend große Schwierigkeiten bereitete, diese Antwort auch zu akzeptieren.
 

{Alles, was ich dir sagen kann, ist die Wahrheit, Sir Harry. Und die Wahrheit ist, daß Shal der Erbe sowohl Sir Godric als auch Sir Salazars war.

Er heiratete später und bekam eigene Kinder, welche wiederum heirateten und Kinder bekamen...durch die Jahrhunderte hindurch blieb das Blut der Verbindung Gryffindor-Slytherin stark. Bis zu dem Tag, an dem dein Vater deine Mutter heiratete und ihnen wenig später ein Sohn geboren wurde.

Du, Sir Harry, bist der letzte Erbe von meinem Meister, Sir Salazar Slytherin und seinem Gefährten, Sir Godric Gryffindor. Der Erbe einer großen Liebe und sehr viel Macht.

Dies ist der Grund, warum ich dich hierher gebeten habe, um dir meine Geschichte zu erzählen. Du mußtest von deiner Herkunft erfahren und nur ich konnte sie dir erzählen, da - Fawkes einmal ausgenommen, von dessen Rückkehr nach Schloß Hogwarths ich nichts wußte - niemand mehr davon weiß. Die Geschichte hat viel Unwahres über meinen Meister verbreitet und ich möchte, daß sein Andenken eines Tages wieder geehrt wird, wie es ihm zusteht. Er darf nicht wegen dieses Schwarzmagiers, der sein ,Erbe' zu sein vorgab, fälschlich als böse und muggelfeindlich betrachtet werden. Er war keines von beidem, ebensowenig wie Sir Godrics Feind.}
 

{Oh mein Gott}, wiederholte Harry, was er zuvor nur gedacht hatte. Es war also wahr. Seine Ahnung hatte sich bestätigt - er war der Erbe Slytherins.
 

Gedanken tobten wild in seinem Kopf durcheinander und Harry hatte plötzlich das Gefühl, er müsse dringend an die frische Luft. Weg von hier, wo ihn alles an die neuen Wahrheiten erinnerte, die Azhura gerade offenbart hatte.

Sich mühsam zusammennehmend, schloß Harry die Augen, um einigermaßen ruhig zu bleiben, was ihm jedoch schwerfiel. Er mußte auf den Turm, dort, wo er immer die Ruhe fand, welche er bei Problemen nötig hatte. Dort würde er über all das nachdenken können, was er erfahren hatte.
 

Die Augen öffnend, in deren smaragdgrünen Tiefen heillose Verwirrung zu entdecken war, sah er Azhura für ein paar Sekunden nur ratlos an. Dann jedoch richtete er sich auf und hob Fawkes von seinem Knie, bevor er aufstand, das Gryffindor-Schwert in der Hand.

Er senkte die goldene Waffe, als er zu dem Basilisken hinüberschritt, der ihm aufmerksam entgegensah, als Harry die Distanz zwischen ihnen verringerte. Grüne Augen blickten direkt in gelbe, bevor Harry seufzte und sagte: {Das war mehr als eine Bombe, die du hast platzen lassen, Azhura. Verzeih mir, wenn ich nicht sagen kann, daß ich begeistert bin von dem, was ich erfuhr. Es steht so total im Gegensatz zu dem, was ich bisher wußte und an das ich glaubte. Ich...ich brauche Zeit...viel Zeit, um damit ins Reine zu kommen. Wenn ich akzeptieren kann, daß deine Worte die Wahrheit sind, komme ich wieder. Bis dahin...}
 

{Es ist in Ordnung, Sir Harry}, antwortete Azhura beschwichtigend, die den Tumult in Harrys Augen sehen konnte. Sie verstand, wie schwer das alles für ihn sein mußte. {Nimm dir soviel Zeit, wie du brauchst. Ich werde solange warten... immerhin habe ich viele, viele Jahre gewartet auf euer Erscheinen, da machen ein paar Tage auch nichts mehr aus.}
 

Das Verständnis des Basilisken ließ Harry kurz dankbar lächeln, bevor er Fawkes ansah und zu ihm sagte: § Bringst du bitte meine Freunde zurück in die oberen Etagen des Schlosses, Fawkes? Ich muß jetzt allein sein...§ Der Schwarzhaarige bemerkte nicht, daß er zu dem Phönix in dessen Sprache geredet hatte, so sehr hatten ihn die Ereignisse der letzten Stunden im Griff.
 

Fawkes hingegen registrierte es und auch Azhura. Sie wechselten einen Blick, bevor der Phönix Harry als Bestätigung sanft mit seinem Schnabel an der Wange entlangfuhr. Dann hob der feuerrote Vogel ab und flog zu der Gruppe um Dumbledore, die ihm fragend entgegensahen.

Harry achtete jedoch nicht mehr auf einen der anderen Anwesenden, ob Mensch oder Tier - er wollte einfach nur noch weg. In Ruhe nachdenken.

Daher konzentrierte er sich auf den Nordturm und ließ seinem Bedürfnis, dort oben zu sein, freien Lauf. Und wie zuvor hob er unbewußt die rechte Hand, um die sich weißes Licht ansammelte und ihn forttransportierte.
 

+++Ende Flashback+++
 

/Wie gesagt, eine wahre Bombe... für mich jedenfalls/, schrieb Harry in das Tagebuch. /Wer hätte geglaubt, daß ich einmal einem Basilisken zuhöre, wie er ein Loblied auf Salazar Slytherins Güte und Freundlichkeit anstimmt - und es auch noch glaube! Das ist wirklich das Bizarrste, was mir bis jetzt passiert ist...was etwas zu sagen hat, denn mein Leben war nun wirklich nicht normal bis jetzt.

Doch nun muß ich mit der Erkenntnis klarkommen, daß ich nicht nur der Erbe Gryffindors bin, sondern auch seines sogenannten ,ewigen Kontrahenten' Salazar Slytherin.

Das, was Azhura über ihre Verbindung erzählte...daß sie ineinander verliebt waren und schließlich sogar geheiratet haben...es zeichnet eine so völlig andere Sicht der Dinge, die damals passierten. Ich frage mich, warum im Laufe der Jahrhunderte diese Wahrheit verloren ging und der Wahrnehmung Slytherins als kaltherzigen, machtgierigen Magiers Platz machte. Was führte zu dieser falschen Darstellung?
 

Falsche Darstellung... ich glaube also wirklich daran, was Azhura mir erzählt hat. Ich glaube daran, daß er in Wirklichkeit ein gütiger Mensch war. Salazar Slytherin, den ich bis jetzt für die Verkörperung alles Bösen und Dunklen in der Magierwelt hielt - als ,Ahn' Voldemorts - ist völlig anders gewesen als ich glaubte.

Ein hilfsbereiter Mensch, der Zaubertränke erfand, um anderen Wesen zu helfen. Der einen mutterlosen Basilisken rettete, obwohl dieser ihm diese Freundlichkeit böse hätte vergelten können. Der Godric Gryffindor liebte und mit ihm einen Sohn bekam, der für sie beide die Krönung ihres Glücks darstellte...

Salazar Slytherin war ein guter Mensch.
 

Das braucht Zeit, um wirklich einzusinken. In meiner Welt hätte ich das niemals geglaubt, wenn mir jemand davon erzählt hätte - doch hier, in dieser Realität, die sich in manchen Dingen so grundlegend von der meinen unterscheidet und andererseits dieser doch so sehr ähnelt - hier bekam ich die Möglichkeit, meine Vorurteile abzulegen.

Es ist schwer, eine zweite Chance zu geben, wenn man bis jetzt von der betreffenden Person nur Schwierigkeiten bekommen hat oder sogar von ihr mit dem Tod bedroht wurde - doch die Chancen, die ich hier vergab, wurden belohnt.

Draco ist hier so liebevoll und sanft, wie ich es Malfoy in meiner Welt kaum zugetraut hätte - doch gerade durch Dracos Verhalten beginne ich zu verstehen, daß ich mich vielleicht von Äußerlichkeiten habe täuschen lassen.

Was ist, wenn die grundlegenden Eigenschaften der Personen hier und in meiner Welt die gleichen sind? Wäre dann der Draco meiner Wirklichkeit nicht auch im Grunde seines Wesens ein freundlicher, warmherziger Mensch?
 

Und Professor Snape? War es seine Spionagetätigkeit für den Orden, die ihn so kalt und herrschsüchtig werden ließ? Als eine Maske, um seine Gefühle zu verstecken, damit sie nicht von Voldemort ausgenutzt und gegen ihn eingesetzt werden konnten?

Ein trauriger Gedanke...vor allem, wenn ich ihn mit Severus hier vergleiche - hier ist er so... so väterlich mir gegenüber. Wäre es möglich - hätte es die Feindschaft zwischen meinem Vater und seinen Freunden und Professor Snape zu ihrer Schulzeit nicht gegeben - daß er mir gegenüber dann nicht so verächtlich auftreten würde?

Ich weiß nicht, was ich denken soll - das kommt alles so plötzlich.
 

Das Schicksal spielt mit mir, als hätte ich keinen eigenen Willen. Andererseits denke ich immer mehr, daß ich aus einem ganz bestimmten Grund in diese Realität geschickt wurde...oder mich selbst hierher beförderte durch meinen Wunsch. Auf jeden Fall ist es kein Zufall...Zufälle gibt es in meinem Leben nicht.

Und es hatte ja auch schon sein Gutes - ich erfuhr von meinen Kräften. Kräfte, die ich als Erbe Gryffindors besitze - und...und auch die, welche mir gegeben sind, da Slytherin ebenfalls zu meinen Ahnen gehört.

Zu was macht mich das?

Ich weiß es nicht und das macht mich nervös.

Vielleicht sollte ich doch lieber die ganze Sache mit Dumbledore sowie Sirius und Severus besprechen. Das ist die andere gute Seite an all diesen Geschehnissen - ich habe Personen, die mich verstehen. Ron und Hermine waren in meiner Welt immer für mich da, wenn ich Probleme hatte - doch ich glaube, sie allein wären zuwenig, um das Chaos in meinem Kopf angesichts der Neuigkeiten zu ordnen.
 

Ich denke, Ron wird ebenso überrascht sein über meine seltene Herkunft - nur wird er hier deswegen nicht vor Ärger explodieren. In meiner Welt...ich wage mir gar nicht vorzustellen, was er dort sagen würde, wenn ich ihm erkläre, ich sei der Erbe Slytherins. In unserem zweiten Jahr war es schon schwierig genug und damals wußte ich die Wahrheit auch noch nicht.

Wahrheit... Wahrheit ist ein zweischneidiges Schwert, das stimmt. Denn damals konnte ich mir auch wegen der Tatsache, daß der ,Erbe Slytherins' zu sein bedeutete, in gewisser Weise wie Voldemort zu sein, nicht vorstellen, daß dies die Wahrheit sein sollte. Ich konnte und wollte niemals sein wie dieser manische, machthungrige...ich kann ihn nicht einmal als Mensch bezeichnen, denn das ist er einfach nicht mehr.
 

Voldemort ist ein von Machtgier zerfressenes Geschöpf der Dunkelheit - so klischeehaft das auch klingen mag. Es ist die Wahrheit. Eine Wahrheit, die man nicht leugnen kann, wenn man ihm auch nur ein Mal begegnet ist - es erstaunt mich immer wieder, was manche Magier ihm die Treue halten läßt.

Ist es Angst - um ihre Familien oder um sich selbst? Machtgier? Loyalität - aus welchem Grund auch immer?

Oder sehen sie in ihm wirklich einen Befreier von den nicht-magischen Menschen? Doch die Muggel wissen nicht einmal von der Zaubererwelt, sie stellen daher also auch keine Gefahr dar.
 

Und das Argument, sie seien minderer Geburt ist einfach inakzeptabel. Niemand hat das Recht, einem anderen Wesen solch einen Stempel aufzudrücken - wer darf entscheiden, wer hochrangiger Geburt ist und wer nicht?

Niemand, meiner Meinung nach.

Der Charakter entscheidet, ob man gut oder schlecht - in dem Sinne also von hoher Gesinnung ist. Seine Taten geben Zeugnis von Ehre oder Verderbtheit eines Wesens. Dabei ist es auch egal, ob es Magier, Muggel, Tier oder magisches Geschöpf ist.
 

Basilisken werden als böse bezeichnet, doch Azhura ist meiner Meinung nach ein gutes Geschöpf. Ich spüre ihre Treue Salazar Slytherin und Godric Gryffindor gegenüber selbst nach diesen vielen Jahrhunderten noch als so stark wie zu der Zeit, als die Beiden lebten. Vielleicht habe ich ein wenig Empathie geerbt, doch mein Gefühl sagt mir, Azhura ist nicht meine Feindin - sie ist vielmehr eine Freundin, die ich nicht erwartet hätte. Sie hat über ihre Fähigkeit, ihren Versteinerungsblick sozusagen ,ausschalten' zu können, nicht gelogen und damit ihre Wahrhaftigkeit unter Beweis gestellt.
 

Was also bringt mir dieser Tag an Erkenntnissen?

Ich bin Erbe Salazar Slytherins und Godric Gryffindors.

Salazar Slytherin war - im Gegensatz zur heutigen Meinung über ihn - kein böser, machtgieriger Magier. Statt dessen war er verliebt in Godric Gryffindor, mit dem er einen gemeinsamen Sohn bekam, dessen Existenz wiederum zu Erkenntnis Nummer Eins zurückführt.

Basilisken sind ebenfalls nicht generell Geschöpfe bösen Charakters.

Diese Erkenntnis kann man wohl guten Gewissens auf Schlangen im Allgemeinen ausweiten - was wiederum das Sprichwort: ,Das Äußere kann täuschen' zu einer weiteren Wahrheit macht./
 

An dieser Stelle hielt Harry in seinem raschen Schreiben inne und blickte für einen Moment nachdenklich vor sich hin. Inzwischen herrschte mehr Ordnung in seinen Gedanken und er kam langsam ins Reine mit sich selbst.

Auch wenn er noch lange nicht alles, was in seinem letzten Schuljahr passiert war, verarbeitet hatte - so zum Beispiel den Verlust seines Sirius' - so akzeptierte er vorerst einmal die Geschehnisse, die ihn in den letzten Tagen so völlig aus der Bahn geworfen hatten.
 

Erbe zweier Gründer, magische Kräfte in beträchtlichem Ausmaß, ehemalige Feinde, die zu Freunden wurden und erstaunliche Charakterzüge offenbarten... dies alles formte sich zu einem Bild, welches Harry zwar nie im Leben zu sehen erwartet hätte, jedoch jetzt als durchaus bemerkenswert empfand.

Es gab ihm eine neue Perspektive auf sein Leben und erklärte einige Geheimnisse um seine Vergangenheit, die Szene mit dem Sprechenden Hut beim Sorting nur eines davon. Und diese Perspektive erlaubte es dem Schwarzhaarigen, sich neue Ziele zu setzen, neue Prioritäten für sein weiteres Leben aufzustellen.
 

/Remus' Idee, mir ein Tagebuch zu schenken, war definitiv ein Erfolg/, beendete Harry seine mehrseitige Eintragung. /Ich kann nicht behaupten, daß ich vollkommen mit allem, was geschehen ist, im Reinen bin - doch es war ein erster, großer Schritt in die richtige Richtung. Ich fühle mich besser, seit langer Zeit sogar richtig wohl.

Das an sich ist merkwürdig, denn noch so vieles ist ungeklärt. Doch ich möchte die Zeit hier genießen, die mir geschenkt wurde. Ich möchte Draco, Severus und die Malfoys hier kennenlernen - vielleicht erlaubt es mir, ihren Gegenstücken in meiner Welt, wenn ich zurückgekehrt bin, offener und vorurteilsfreier gegenüberzutreten.
 

Doch vor allem bin ich hier frei von der andauernd über mir hängenden Gefahr von Voldemort - mag es auch egoistisch sein, so bin ich doch froh, mich eine Weile einfach mal nur um mich und meine eigenen Bedürfnisse kümmern zu können. Bis jetzt hatte ich eigentlich nie die Gelegenheit dazu. Immer mußte ich auf der Hut sein, hatte nie Zeit, einfach nur Teenager zu sein - zu sehr machte mich meine Narbe und die Verbindung zu Voldemort zu einem Außenseiter.

Ich wurde immer entweder gehaßt und verachtet oder zu einem Helden stilisiert, der ich nie sein wollte und Zweifel habe, ob ich je einer sein kann. Nie hat jemand wirklich danach gefragt, was ich von der ganzen Sache halte oder was ich dabei denke.

Professor Dumbledore, Sirius und Remus - und natürlich Hermine und Ron - gaben oder geben sich alle Mühe, doch auch sie stecken zu sehr in dem Geschehen, um mir ihre Aufmerksamkeit vollständig widmen zu können und meine Probleme zu begreifen.
 

Doch hier in dieser Realität ist der Krieg gegen Voldemort vorbei und daher hoffe ich, daß ich für einige Zeit Ruhe haben werde, um mich selbst zu finden. Meine eigenen Wünsche und Hoffnungen wieder in den Vordergrund zu rücken, um die Kraft zu finden, Voldemort auch in meiner Realität zu besiegen./
 

Zufrieden mit dem Ergebnis, was die Stunden auf dem Nordturm gebracht hatten, schloß Harry sein Tagebuch und streckte seine hochgewachsene Gestalt. Leichte Rückenschmerzen sagten ihm, daß er zu lange in einer auf Dauer unbequemen Haltung dagesessen hatte. Daher erhob er sich langsam und mit Bedacht.

Für einen Moment noch in die Weite schauend, huschte ein Lächeln über Harrys Züge, als er die wärmenden Sonnenstrahlen in seinem Gesicht genoß.

Die begonnene Aufarbeitung seiner Gedanken und Emotionen bescherte ihm ein Gefühl der Erleichterung und Zufriedenheit, das ein Gewicht von seinen Schultern nahm, von dem er nicht gewußt hatte, daß es dagewesen war. Der Schwarzhaarige fühlte sich freier als zuvor, mehr im Einklang mit seiner Umgebung.

Dann gähnte er auf einmal laut und lächelte über sich selbst. Jetzt, wo das Chaos in seinen Gedanken beruhigt war, holte ihn die Erschöpfung ein und er konnte kaum ein erneutes Gähnen zurückhalten.

Zeit, ins Bett zu gehen.
 

Sich umwendend hob Harry das goldgrüne Tagebuch und die Schreibfeder vom Boden auf, bevor er sich der Tür zum Inneren des Schlosses zuwandte. Er war wirklich müde, denn er hatte immerhin fast die ganze Nacht und den halben Morgen über auf dem Nordturm verbracht, um seine Gedanken zu ordnen.

Nun meldete sich sein Schlafbedürfnis mit Macht zu Wort und Harry blinzelte, von einem Moment zum anderen zum Umfallen müde. Da er wußte, wie weit es bis zum Turm der Gryffindor war, zögerte er, den ganzen Weg zu laufen. Bei seiner Müdigkeit würde er wahrscheinlich in irgendeinem Gang einschlafen, bevor er auch nur die Hälfte des Weges zurückgelegt hatte.
 

Daher war er versucht, auf die gleiche Weise in den Gryffindor-Turm zu gelangen, wie er es nun schon zweimal geschafft hatte, sich auf den Nordturm zu transportieren. Nachdenklich blickte er auf seine Hand und schloß dann schulterzuckend die Augen. Versuchen konnte er es ja.

Harry konzentrierte sich darauf, sich sein kuschelig warmes, weiches Bett vor Augen zu rufen und dann sein Bedürfnis, genau in diesem Bett zu liegen, freizusetzen. Zuerst geschah nichts, doch als sich der Gryffindor weiterhin konzentrierte, wurde ihm auf einmal warm und er spürte, wie er sich fortbewegte.

Sekundenbruchteile darauf war das Gefühl der Bewegung wieder verschwunden und auch die seltsame Wärme um seinen Körper ließ nach. Harry öffnete zaghaft die Augen, die sich gleich darauf weiteten, als er genau vor sich sein Bett erkannte.

Es hatte tatsächlich geklappt.
 

Ein Lächeln huschte über Harrys Gesicht angesichts seines Erfolges, gleich darauf jedoch gefolgt von einem langen Gähnen. Die Kissen lockten und der Gryffindor war außerstande, sich dem Ruf seines Bettes noch länger zu widersetzen. Er kletterte in das weiche warme Bett und in dem Moment, in dem sein Kopf das Kissen berührte, war er auch schon eingeschlafen, das Tagebuch in der Hand.
 

Kapitelchen zuende! Wie hat es euch gefallen? Schickt mir doch ein Kommi, ok?

Antalaya



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von: abgemeldet
2005-03-24T23:14:39+00:00 25.03.2005 00:14
Harry hat es wirklich nicht leicht so viele neue Erkenntnisse. Kein Wunder, dass er so durcheinander ist.
Das Kapitel war wirklich sehr interessant.
Von:  Mangani
2005-02-06T20:13:20+00:00 06.02.2005 21:13
Puh!!!!!
Habe gerade die ganze Story durchgelesen und muss sagen, WUNDERBAR, KLASSE, UNGLAUBLICH!!!!!!!
Ich bin beeindruckt. Aber was ich mich frage, Kommt Harry irgendwann wieder in seine Dimension??? wenn ja, tut er mir leid, denn Voldemort ist dort und dort hat er nur Ron und Hermine. Und ob Die Malfoys, Sev irgentwann nett zu in sein können, ist auch noch eine Frage und außerdem ist Siri dann nicht mehr bei ihm. Aber am besten ich warte einfach was passiert, obwohl ich es kaum noch aushalte vor neugierte.
Schreibe bitte schnell weiter.
Gani ^-^


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