Zum Inhalt der Seite

Bis du mein bist...

- edited version -
von
Koautor:  BloodyRubin

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Zweifelhafte Methoden - aber ein gemeinsames Ziel

Saladir lag noch lange wie betäubt auf dem Boden, in sich zusammengekauert, während das Entsetzen nur langsam aus seinen verkrampften Gliedern wich. 

„Wenn ich dich nehmen will, nehme ich dich. Ich brauche dein Einverständnis dafür nicht.“

Sollte das nun sein Leben sein? Wirklich? Ein Prinz der Lythari, gezwungen in das Leben eines Lustsklaven, dessen Wohl abhängig davon war, welche Laune der König seiner Todfeinde hatte?

„Benehmt Euch und erzürnt König Azul nicht. Gebt ihm, wonach er verlangt.“

Was, wenn Azul seiner überdrüssig wurde? Würde er ihn nach Hause schicken? Saladir bezweifelte, so viel Glück zu haben. Vermutlich landete er dann bei einem anderen Naralfir...

„Der alte König wollte immer eine Lythari-Konkubine.“

Offenbar nicht nur der ehemalige König... auch der neue schien diese Vorliebe zu teilen. Die Vorstellung erfüllte den blauhaarigen Elf mit Entsetzen und ließ ihn vor Kälte zittern. Er zog die Beine noch enger an seinen Körper und merkte, wie die Überreste der vergangenen Stunden aus ihm herausliefen. Ächzend rappelte sich der junge Lythari auf und kauerte sich angewidert über den stinkenden Eimer, der seine Toilette war. Schmerzen durchzogen seinen missbrauchten Körper, und Dunkelheit umschloss ihn wie ein Mantel.

Ein winziger Teil in Saladir war froh, dass niemand sehen konnte, was er gerade tat... tun musste. Er kam sich vor, als litte er an einer widerwärtigen Krankheit, während er überdeutlich zu spüren glaubte, wie jeder Tropfen Azuls brennend und klebrig aus ihm herauslief. Sich so an einem Mann zu vergehen, als wäre er nur noch ein Gegenstand, in den man sich entleerte, wie in diesen Holzeimer... Saladir schüttelte sich vor Ekel.

Erst als er sicher war, dass nichts mehr von dem Naralfir in ihm war, kroch er in die gegenüberliegende Ecke, wickelte sich wieder in Ugruis Mantel und versuchte zu schlafen. Er war erschöpft und hungrig, aber der Gedanke an Essen ließ seinen Magen rebellieren. Er wünschte sich, er könnte sich zu Tode hungern, aber eine Stimme ihn ihm sagte, dass er das niemals durchhalten würde – und auch der König der Naralfir kannte sicher Mittel und Wege, das zu verhindern... Verflucht sollte er sein.

„Euer Majestät, ich muss Euch gratulieren. Je mehr ich von Eurem bezaubernden Land sehe, desto mehr erkenne ich, dass meine Entscheidung die richtige gewesen ist.“

Saladir und Athavar tauschten fragende Blicke, standen jedoch stumm hinter dem Thron ihres Vaters, als Herzog Luban sich schwungvoll verbeugte. Es war ein seltenes Ereignis für den jüngeren der Prinzen, an einer Audienz teilzuhaben – aber der Besuch eines Naralfir mit dem königlichem Siegel war ein wichtiges Ereignis, wenn es darum ging, eine Feindschaft zu beenden und ein Friedensbündnis zu schließen. Für einen Großteil des Hofstaats war es der erste „Dämon“, den sie zu Gesicht bekamen.

„Ich bin überrascht, dass Ihr einen solchen Gedanken hegt, Herzog Luban“, antwortete König Rateshvar. „Meine Berater wiesen mich allerdings darauf hin, dass eine Ehe zwischen einer Lythari und einem Naralfir bei Euch im Lande als Hochverrat gilt. Wie kann ich da ein Kind meines Volkes in Eure Hände geben?“

Herzog Luban schien Schwierigkeiten zu haben, sich auf das Gesagte zu konzentrieren. Immer wieder glitten seine Augen im Audienzsaal umher wie bei einem Kind, das sich nicht entscheiden konnte, welche Süßigkeiten es sich aussuchen sollte.

„Dieses Gesetz ist nicht mehr zeitgemäß, und mein Bestreben ist es, solche veralteten Bräuche abzuschaffen“, erwiderte er glatt. „Genauso wie es unsinnig ist, auf eine Feindschaft zu beharren, wegen der beide Seiten nur Nachteile haben und von der keiner mehr weiß, wie sie überhaupt entstand.“

„Ich bin sicher, in den Archiven lässt sich herausfinden, warum Lythari und Naralfir seit Generationen verfeindet sind!“, warf Athavar ein, doch Luban schenkte ihm nur ein listiges Lächeln.

„Es ist mir eine Freude und ein Vergnügen, dass Ihr das Wort an mich richtet, Königliche Hoheit. Aber mit den Archiven meint Ihr doch sicherlich nicht dieses Märchen, wo ein Prinz der Naralfir für eine Lythari-Prinzessin in den Krieg gegen einen mächtigen Magier zog, der ihn tötete und seinen Kopf an besagte Maid schickte?“

„Das ist kein Märchen!“, knurrte Athavar.

„Verzeiht, Königliche Hoheit. Dann meint Ihr die Legende der beiden Blutsbrüder, wo der Lythari seinen Freund, einen Naralfir, verriet und im Tal der Waldelfen dem Tod überließ?“

„Er hat ihn nicht verraten! Er wollte Hilfe holen, aber es war zu spät!“

Saladir stellte sich mit geballten Fäusten vor den Mann, der es wagte, sein Volk zu beleidigen, indem er die Geschehnisse der Vergangenheit verdrehte, bis alles wie eine Lüge klang. Das Lächeln Lubans wurde breiter, und sein vorher unsteter Blick konzentrierte sich nun völlig auf sein Gegenüber.

„Vielleicht ist es ja genau das, was die Feindschaft ausgelöst hat“, sagte er leise und samtweich. „Die Lythari, die glauben, immer im Recht zu sein und keine Fehler zu machen, während andere für sie sterben...“

Ein Schwall eiskaltes Wasser weckte Saladir unsanft aus diesem Traum, der aus den Tiefen seiner Erinnerung an die Oberfläche gebrochen war, als wäre das Geträumte nicht vor vierzehn Jahren, sondern erst gestern geschehen. Prustend schreckte er auf, rang hustend nach Luft – und blickte in dieselben roten Augen wie damals: die Herzog Lubans.

„Wie schön, dass man Euch endlich wachbekommt.“ Der Naralfir lächelte erfreut, als der junge Prinz sich von seinem Schreck erholt hatte. „Azul hat Euch schlafen lassen... aber ich muss zugeben, dass ich nach zwei Tagen doch allmählich etwas ungeduldig wurde.“

Der erste Impuls des jungen Prinzen war, zurückzuweichen und Abstand zwischen sich und den Anderen zu bringen, doch da er sich bereits in einer Ecke befand, hatte er sich selbst eingekesselt, als Luban sich vor ihn hinhockte und damit jede Fluchtmöglichkeit blockierte. Der nächste Gedanke Saladirs war, den Herzog als Geisel zu nehmen und mit ihm seine sichere Heimkehr zu erpressen, doch sein Gefühl sagte ihm, dass er nicht weit kommen würde. Luban mochte weniger gewalttätig sein als Azul, aber das bedeutete nicht, dass er deshalb weniger gefährlich war.

„Was... was führt Euch hierher?“, fragte er vorsichtig. 

„Nun ja...“ Wieder lächelte Luban wie jemand, dem das Lügen leichtfiel – aber mit diesem wirren, unsteten Blick, der Saladir seit jeher beunruhigt hatte. „Ich wollte mit Euch reden.“

„Worüber?“

„Ich weiß, wie Ihr hier heraus gelangen könnt.“

Die Sonne über dem Reich der Naralfir entschied sich just in diesem Augenblick, ihre Strahlen in Saladirs Verlies zu schicken, wo sie auf Lubans Kopf trafen. Saladir verschlug es für einen Moment die Sprache. Bekam er tatsächlich Hilfe?

„Das mag sein“, begann er dann vorsichtig, „aber ich bin sicher, dass Ihr nicht umsonst Euer Leben riskiert. Wenn misslingt, was immer Ihr vorhabt, werden wieder Leute sterben.“

„Dann wollt Ihr hierbleiben? Was hat Azul mit Euch angestellt – oder Ihr mit ihm?“

Lubans Blick und Lächeln veränderten sich auf erschreckende Weise: Von einem kühlen, scheinbar desinteressierten Ausdruck wurde seine Aura plötzlich so intensiv, dass sie den kleinen Raum auszufüllen schien und dem Gefangenen das Atmen schwer machte. Die hellroten Augen wurden dunkler und bekamen ein eigenartiges Glitzern, das Lächeln wurde zu einem breiten Zähnefletschen. Wieder wäre Saladir am liebsten zurückgewichen, und wieder war es nicht möglich. 

„Nichts!“, sagte er laut und stand auf, um diesem eindringlichen Blick zu entkommen. „Azul ist ein grausames Monster, das die üblen Gerüchte über die Naralfir allesamt bestätigt! Natürlich würde ich nichts lieber tun, als wieder von hier zu verschwinden!“

„Es gibt immer Möglichkeiten“, flüsterte Luban und erhob sich ebenfalls. „Unser König hat eine verhängnisvolle Schwäche für Euch entwickelt, wie mir scheint... und ich bin sicher, dass Ihr das wisst. Mich erinnert es an das Märchen über den König, der einen Floh über das Wohl seines Reiches und seiner Tochter stellte.“

Es musste wirklich sehr offensichtlich sein, überlegte der junge Prinz. Dennoch war der Preis für diese Schwäche für ihn eine Qual. Genau das hätte er Luban am liebsten ins Gesicht gesagt, aber im letzten Moment biss er sich auf die Lippen. Saladir verschränkte die Arme vor der Brust, als könnte er sich damit vor diesem seltsamen Mann schützen.

„Keine Antwort?“, fragte Luban und trat einige Schritte zurück, um die Halsfessel aufzuheben. „Wir beide haben dasselbe Ziel: Ihr wollt nach Hause, und ich will Euch loswerden.“

„Sagt mir, was ich tun muss!“, bat Saladir, den die Halsfessel in den Händen des Naralfir beunruhigte.

„Geht auf seine Forderungen ein“, antwortete Luban, die Augen auf den Metallring in seiner Hand geheftet. „Lügt, wenn es sein muss.“

„Da-das ist unmöglich!“ Saladir konnte nicht verhindern, dass Angst in seiner Stimme mitschwang. „Ihr wisst nicht, was er verlangt hat!“

„Das ist unwichtig.“ 

Die Stimme Lubans wurde so kalt, dass die Temperatur im Raum schlagartig zu sinken schien. Saladir riss die Augen auf bei der Ungeheuerlichkeit dieses Vorschlags. Das einzige, was er zustande brachte, war ein fassungsloses Kopfschütteln. Luban gab ein Geräusch des Missfallens von sich und bevor der junge Prinz reagieren konnte, bekam er die verhasste Halsfessel umgelegt.

„Ausziehen!“, befahl der Naralfir dann und als er die Weigerung in Saladirs Blick erkannte, fügte er nur hinzu: „Glaubt mir, Ihr wollt nicht, dass ich Gewalt anwende...“

Ein Schlag in die Magengrube ließ ihn vornüber kippen, und Luban nutzte die Gelegenheit, ihm das Leinenhemd über den Kopf zu ziehen, um es mit einer unwirschen Bewegung zur Seite zu werfen. Er griff in Saladirs Haare und zerrte ihn zur Wand, wo er die Fessel ähnlich wie Azul befestigte. Saladirs Arme wurden gespreizt und in Ketten gelegt, ebenso seine Beine. Erst dann verschwand eine von Lubans Händen in einer Tasche seiner Hose und brachte ein Stück Stoff sowie eine kleine rote Phiole zum Vorschein.

„Ich werde dafür sorgen, dass Ihr Azul gehorchen werdet“, murmelte der Herzog und kippte den Inhalt des kleinen Glasfläschchens über Saladirs Schulter, bevor er ihn mit dem Stofftuch überall auf dessen nackten Körper verteilte.

Dem Gefesselten war, als würde er mit flüssigem Feuer übergossen.

Saladir biss sich die Lippen blutig, um nicht vor Schmerz zu schreien. Sein Körper zuckte und bäumte sich auf, doch Luban fuhr unbeeindruckt mit seiner Aufgabe fort. Als er fertig war, hatte er sogar das Geschlecht des Lythari und dessen hintere Körperöffnung mit der Teufelsflüssigkeit eingerieben und blickte nun das Tuch an, als hätte es ihm mit Tollwut in die Hand gebissen.

„Ich werde es auf mich nehmen, diese Prozedur jeden Tag zu wiederholen, bis sich eine Besserung in Eurem Verhalten abzeichnet“, erklärte Luban. „Diese Mischung aus Bitterbeere und Rettichöl wird Euch selbst einen Lufthauch wie den Atem eines Drachen spüren lassen, aber keine körperlichen Spuren hinterlassen... Wie es nach dieser Zeit allerdings um Euren Verstand bestellt sein wird, kann ich nicht sagen.“

„Ihr seid ein Ungeheuer!“, keuchte Saladir, dem der Schmerz die Tränen in die Augen trieb.

„Ich tue, was nötig ist, um meine Ziele zu erreichen, Königliche Hoheit. Und dafür werdet Ihr mir Dank zollen, das verspreche ich Euch.“

Der junge Prinz konnte darüber nur den Kopf schütteln, was eine weitere Schmerzwelle über ihn hinwegbranden ließ.

„Ob ich mir damit allerdings die Mühe machen sollte?“, murmelte der Herzog halblaut und tippte mit dem ölgetränkten Lappen gegen Saladirs Geschlecht, woraufhin dieser schmerzerfüllt aufschrie. „So wie ich Azul einschätze, habt Ihr keinerlei Verwendung mehr dafür. Also könnte man es eigentlich einfach abschneiden...“

Dem jungen Prinz entfuhr ein schockiertes Wimmern. Was wollten sie ihm hier noch alles antun? War es nicht genug, dass sie ihn zum Spielzeug machten und ihm seine Würde raubten? Wollten sie in jetzt auch noch kastrieren? Angst überzog seinen Körper mit einer Gänsehaut, und sein eigener Schweiß fühlte sich an wie kochendes Wasser. Es kostete Saladir unendlich viel Mühe, sich nicht die Seele aus dem Leib zu schreien, sondern stillzuhalten, in der Hoffnung, nicht alles noch zu verschlimmern.

„Andererseits wäre es ärgerlich, wenn Ihr dabei verbluten würdet“, fuhr Luban fort. „Man müsste die Wunde ausbrennen... und das gibt hässliche Narben, die nicht zum Rest Eures Porzellankörpers passen. Ach, Ihr seid so perfekt, dass es mich aggressiv macht...“

 Mit diesen Worten drehte sich der Naralfir um und verließ die Zelle. Wieder allein versuchte Saladir, weder an die Worte Lubans zu denken, noch daran, wie sein Körper auf alles um ihn herum reagierte: Seine Füße schienen auf Nadeln zu stehen, und dieser Schmerz schoss bis in seinen Rücken, von wo er sich in alle Richtungen auszubreiten schien. Die gefesselte Position ließ nach einer Weile seine Arme taub werden und das daraus resultierende Kribbeln war, als würde  er von Feuerameisen überrannt. In kurzer Zeit tat dem Prinzen alles weh, auch Stellen, von denen er nicht gedacht hätte, dass sie solche Schmerzen verursachen konnten. Sein Gesicht brannte, weil die Luft, die er ausatmete, an seiner Nase vorbeiströmte. Sein Brustkorb war mit Schweiß bedeckt, der erkaltete und dadurch wie ein Stück Eis wirkte, das man ihm auf die nackte Haut legte. Sein Unterleib wurde zu einer schmerzhaft pulsierenden Masse, die zu brodeln und zu kochen schien, als würde er bei lebendigem Leibe verbrannt und gleichzeitig von unzähligen Nadeln durchbohrt. Jedes Gefühl, jede noch so kleine Bewegung verschwand in einer Spirale aus Schmerz, die den Prinzen immer tiefer mit sich zog, bis es weder Hunger noch Durst, weder Azul noch Luban gab. Nur Feuer, Schmerz und Qual.

Irgendwann schrie Saladir.

Niemand kam.

Er weinte, bettelte und flehte schließlich.

Doch er war allein.

Irgendwann wurde es Nacht um ihn. Eine Ohnmacht hatte gnädig ihren Mantel um den jungen Lythari gelegt und gönnte ihm eine Pause von seinem Martyrium... Ein Schwall eiskaltes Wasser weckte ihn einige Zeit später und als der Prinz die Augen öffnete, erblickte er Luban. Er wollte zurückweichen und zerrte dabei an seinen Ketten, wollte etwas sagen... doch seine Kehle war heiser vom Schreien.

„Wollen wir weitermachen?“, fragte Luban schließlich, nachdem Saladir ihn nur mit bis zum Hals klopfendem Herzen ansah und statt einer Antwort nur mit dem Kopf schütteln konnte.

Luban lachte nur. Erneut holte er eine Phiole aus seiner Tasche und verteilte ihren Inhalt auf Saladirs Haut. Die Schmerzensschreie des jungen Prinzen blieben stumm.

„Ich weiß, Ihr wollt, dass ich aufhöre, aber ich kenne den Starrsinn der Lythari.“ Luban öffnete die Kerkertür. „Euer Vater musste auch erst überzeugt werden.“

Saladir hätte zu gerne gewusst, was Luban damit meinte, aber der Schmerz überwältigte ihn erneut und verzweifelt riss er an seinen Ketten. Aber bis auf aufgescheuerte Handgelenke hatte er keinen Erfolg. Tränen tauchten sein Gesicht in ihre Nässe und brannten... Gelegentlich umfing den Gequälten wieder die Ohnmacht, wenn er wach war, umfing ihn der Schmerz. Niemals hätte sich Saladir träumen lassen, dass ihn etwas so in Furcht versetzen könnte, wie die regelmäßigen Besuche Lubans. Es schienen endlos viele Tage zu vergehen, bis er kam, ihm mit einem nassen Tuch das Gesicht abwischte und so aus einer weiteren Ohnmacht weckte. Er löste die Fesseln, und der junge Prinz fiel kraftlos in seine Arme.

Frisches Wasser rann lindernd seine Kehle hinunter. Stumm und bewegungslos ließ er es über sich ergehen, wie Luban ihn am ganzen Körper und mit angewidertem Gesicht mit dem Lappen abwusch. Welche neue Folter erwartete ihn nun?

„Azul wird Euch heute aufsuchen, also solltet Ihr Euch ein wenig herrichten“, erklärte er, als hätte er Saladirs Gedanken gelesen. „Sicherlich wollt Ihr auch etwas essen und trinken.“

Mühsam wandte der junge Prinz seinen Kopf zur Seite und erblickte einen Wasserkrug, eine dampfende Schüssel Suppe und etwas Brot auf einem hölzernen Tablett neben sich. Frisches, weißes Brot. Wann hatte er das letzte Mal solch einen Luxus genießen dürfen?

Als Luban fertig war, verließ er den Kerker wieder, und der Gequälte richtete sich mühsam auf. Langsam aß er die Suppe und kaute vorsichtig das weiche Brot... und spürte bald, wie seine Lebensgeister wieder zurückkehrten. Aber sein Magen rebellierte, als er Stiefelschritte näherkommen hörte, und er übergab sich hastig in seinen Eimer.

Niemand kam, und Saladir schalt sich innerlich als Schwächling, der er geworden war. Es konnte nicht sein, dass er zu dem wurde, was Azul in ihm sah! Wütend starrte er auf den stinkenden Brei, der seit Tagen nicht ausgeschüttet worden war. Die Suppe war dickflüssig und scharf, fade im Geschmack und von einer schmutzig grauen Farbe... aber das Brot war ein weicher Traum gewesen, um den es Saladir wirklich Leid tat.

Danach saß Saladir träge an die Wand gelehnt und fiel in einen angenehmen Halbschlaf, zufrieden über das Leinenhemd, das ihm wieder einen Hauch Würde verlieh und die Abwesenheit dieser überwältigenden Schmerzen, die selbst Azuls Gewalt wie Zärtlichkeit wirken ließen. Gerade, als er kurz davor war, wirklich einzuschlafen, klirrten Schlüssel im Schloss. Hektisch kauerte sich der junge Lythari zu einem Bündel zusammen, als Azul auch schon eintrat. War er schon immer so groß gewesen, dass er sich ducken musste, um sich nicht den Kopf am Türrahmen zu stoßen?

„Guten Abend, kleine Blume.“

Die verhasste Anrede ließ den jungen Lythari das Gesicht verziehen noch bevor er es merkte, und Azul brach in Gelächter aus. Amüsiert hockte er sich vor den jungen Prinzen und musterte ihn prüfend, plötzlich mit einem misstrauischen Ausdruck im Gesicht.

„Lass das“, flüsterte Saladir – zu mehr nicht imstande.

„Findest du mich so schlimm?“

„Nimmst du irgendwelche Rauschmittel, oder ist das dein Ernst? Du bist furchtbar – und das weißt du!“

Azul strich mit dem Finger über Saladirs Wange, und der junge Prinz zuckte unter der Berührung schmerzhaft zusammen. Das Öl abzuwaschen bedurfte offenbar mehr als eines feuchten Lappens.

„Etwas stimmt nicht“, stellte Azul dunkel fest, und Saladir überlegte, ob er ihm erzählen sollte, was Luban getan hatte.

Für seine Würde entschied er sich jedoch dagegen. Dass er nicht sprechen, sondern nur flüstern und krächzen konnte, war schlimm genug. Seine geschundenen Handgelenke verbarg er in den Falten des Leinenhemds. Doch seinem Gegenüber entging nichts, stellte Saladir fest, als Azuls Zeigefinger die pochende Vene fand, die den Herzschlag verriet.

„Da du nichts mehr besitzt außer deinem Leben, wäre ich vorsichtig, wen ich gegen mich aufbringe.“ Wie als unausgesprochene Drohung verweilte der Finger an Saladirs Hals. „Wer war noch hier, außer mir?“

In Gedanken an Tradui und Bikur wechselte Saladir das Thema.

„Kannst du nicht einfach an deinem riesigen Ego ersticken?“, zischte er.

Azul ließ wieder sein wölfisches Grinsen aufblitzen, das zu ihm zu gehören schien wie seine roten Augen und nahm seine Hand wieder fort.

„Ich bin sicher, dein Vater und dein Bruder sind genauso. Selbstvertrauen ist unerlässlich für einen Herrscher. Oder sollte ich mich etwa von meinen Untergebenen so manipulieren lassen wie von dir?“

„Mein Vater und mein Bruder sind bescheidene, gerechte Männer!“

„Bei dir vielleicht“, gab Azul ruhig zurück. „Aber auch sie kann man manipulieren, wenn man weiß, wie. Genauso wie du mich.“

„Wann soll ich das denn mal gemacht haben?“

„Ich behalte meine Geheimnisse für mich. Sollte ich dir denn tatsächlich so viel Macht in die Hände legen?“

Der junge Prinz runzelte die Stirn und blinzelte, als sich Kopfschmerzen ankündigten. Er hatte vergessen, wie anstrengend diese Gespräche waren.

„Ich bin doch jemand, der nur noch lebt, damit du deinen Spaß hast!“

„Du gibst also zu, dass du mir gehörst?“

In Azuls Augen blitzte Triumph auf, doch Saladir schüttelte der Kopf.

„Ich gebe gar nichts zu. Wer will denn schon ausgerechnet dir gehören?“

Azuls Ausdruck wurde verschlagen. „Es gibt neben Luban auch andere, die Interesse an dir bekundet haben.“

Schlagartig wurde es dem Lythari eiskalt. Brechreiz stieg in ihm auf, und er hielt sich hastig die Hand vor den Mund.

Der König war das Hauptproblem, wenn Saladir über seine Situation nachdachte. Der Herzog verschärfte das Problem nur, denn er schürte absichtlich eine Eifersucht, die sowohl ihn als auch Saladir das Leben kosten konnte. Luban pokerte ziemlich hoch...

„Welchen Nutzen hast du davon, mich hierzubehalten?“, versuchte Saladir es ein weiteres Mal, als er wieder ohne zu würgen sprechen konnte. „Ich werde mich dir sicher nicht unterordnen, und auch dein Hofstaat und dein Volk sind ebenfalls nicht glücklich damit, dass ich hier bin.“

Azul stand auf und als er sprach, klang seine Stimme kalt und schneidend. „Mein Volk überlasse mir. Das Einzige, worum du dich kümmern solltest, ist dein Überleben hier und mich deshalb bei Laune zu halten. Ich habe bereits einen König getötet, auf einen Prinzen kommt es nicht weiter an.“

Saladir ballte seine versteckten Hände zu Fäusten und kämpfte sich ebenfalls auf die Füße.

„Ich fürchte den Tod nicht“, erklärte er fest und zwang sich, in Azuls Augen zu blicken.

„Das bedeutet nur, dass du ihm noch nie nahe gewesen bist. Jeder, der ihm einmal von der Schippe gesprungen ist, schätzt das Leben. Egal, wie erbärmlich es scheinen mag.“

Wieder sagte Azul etwas, wodurch Saladir den Eindruck gewann, dass etwas mit diesem Mann nicht stimmte. Der Naralfir hatte manchmal Ansichten, die auf seltsame Weise sehr vernünftig klangen und ihn sehr an die Gespräche mit seinem Vater erinnerten, dessen Weisheit über die Landesgrenzen hinaus bekannt war.

„Willst du jetzt mit mir über den Tod philosophieren?“, fragte er zynisch.

„Ich genieße die Gespräche mit dir. Draußen herrschen Gier, Neid und Intrigen. Aber in dieser Zelle... sind Stille und Frieden. Manchmal würde ich wirklich gern mit dir tauschen.“

„Begleite mich in meine Heimat, und wir stecken dich in die tiefste Zelle, die wir finden können. Ganz nach Deinem Wunsch.“

Azul brach wieder in Gelächter aus, diesmal so sehr, dass es ihn schüttelte und in den Gewölben widerhallte. „Und meine Blume führt das Heer gegen die Naralfir, die dann als Invasoren kommen? Du weißt wirklich, wie du mich amüsierst. Eines verspreche ich dir: Dein Vater und dein Bruder werden ihren Soldaten nicht beim Sterben zusehen.“

Wieder beleidigte dieser Mann seine Rasse, seine Ehre und seine Familie. Aufgebracht ging Saladir zu seinem Eimer, und bevor er wusste, was er tat, warf er mit diesem nach Azul. Der wehrte das Geschoss ab, indem er es zertrümmerte... doch der stinkende Inhalt ergoss sich über den König.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (0)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.

Noch keine Kommentare



Zurück