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Von der Kunst, richtig zu sein

von

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Kapitel 64

    Zurück in der Realität nach einem ausgiebigen Schäferstündchen, befasste sich Shinji allerdings mit etwas wesentlicheren Dingen. Die Attacken nach sexuellen Handlungen waren in den letzten Wochen weniger und wesentlich erträglicher geworden und wenn er sich einige Momente lang auf etwas anderes konzentrierte, als das, was sie getan hatten, konnte er allgemein besser damit umgehen.

    Er kuschelte sich enger an Nate, zog die Decke über sie beide und lauschte dem noch rasch schlagenden Herzen seines Partners.

    "Wie geht es dir?", fragte er dann leise. "Für dich waren die letzten Wochen wirklich nicht einfach und jetzt hast du plötzlich deine Erinnerungen wieder. Das muss fiel auf einmal sein."

    Nate malte ihm sanft kleine Kreise auf den Rücken und hielt ihn mit der anderen Hand fest bei sich.

    "Die letzten Wochen kommen mir weit weg vor. Aber wenn ich ehrlich bin, fühlt es sich auch jetzt noch komisch an. Als würde mein Hirn gerade alle Informationen zusammentragen und sortieren. Ich bin mir gar nicht mal sicher, ob ich mich wirklich an alles erinnern kann. Aber das kommt wohl mit der Zeit."

    Shinji konnte selbst nicht wirklich die Finger von seinem Liebsten lassen. Auch wenn er wenig Raum für Bewegungen hatte, schaffte er es, Nate immer wieder streichelnd zu Berühren.

    "An die wichtigsten Sachen scheinst du dich zu erinnern, für den Rest hast du alle Zeit der Welt." Erst als Shinji das ausgesprochen hatte, bemerkte er, dass das eine sehr selbstsüchtige Sicht war, denn gerade wusste er nur, dass Nate sich an ihn erinnert. Aber er ging einfach davon aus, dass die wichtigsten Eckdaten wieder da waren.

    "Ich habe dir doch gesagt… wenn ich mich nicht an dich erinnere, dann an gar nicht mehr."

    Er strich Shinji sanft durchs Haar, was den dazu veranlasste zu Nate aufzusehen.

    "Als wir in meiner Wohnung waren", erzählte Nate weiter, "da hatte ich die erste, richtige Erinnerung von dir. Ich wollte nichts sagen, weil ich dich nicht enttäuschen wollte, wenn es bei dem einen Mal geblieben wäre. Aber der Moment hat mir Hoffnung gegeben, dass meine Erinnerungen bald zurückkommen würden. Aber selbst ich habe nicht damit gerechnet, dass es so plötzlich kommt."

    Als Shinji sich an den Moment erinnerte, in dem Nate vollkommen abgedriftet war, verzog er sauer sein Gesicht und schnippte seinem Freund anklagend gegen die Nase:

    "Idiot, weißt du eigentlich, was für Sorgen ich mir gemacht habe? Ich habe dich tagelang nicht aus den Augen gelassen, weil ich Angst hatte, dass das nochmal passiert oder du plötzlich umkippst oder so."

    Nate rieb sich über die Nase und zog ein übertrieben schmerzerfülltes Gesicht: "Du machst dir einfach zu viele Sorgen, Kleiner."

    Na super, der Spitzname wieder, aber er konnte auch nichts dagegen sagen, er war eben gefühlt einen Meter kleiner als sein Partner.

    Aber apropos Sorgen…

    "Ich bin nur ungerne der, der die Stimmung ruiniert, aber du hast bestimmt den ein oder anderen, dem du ein Lebenszeichen geben willst, nicht? Und vielleicht solltest du dich bei Lily melden."

    Er sah zu wie Nates Augen sich weiteten, als ihm klar wurde, wie es seiner Schwester die letzten Wochen gegangen sein musste.

    "Das… ja… War ich mit Lily auf sehr großer Distanz?"

    Diese beiden Erinnerungsstränge zu haben, war wahrscheinlich ziemlich verwirrend. Kein Wunder, dass Nate das nicht selbst einschätzen konnte. Deshalb lächelte Shinji etwas schief als er antwortete: "Na ja… sagen wir… sie hatte nicht das Glück, das ich hatte. Du konntest nicht wirklich von hier weg, also musstest du dich an mich gewöhnen und ich mich an dich. Während ihr beide nicht wirklich etwas miteinander anfangen konntet. Aber Hana hat nicht viel davon gemerkt, das ist doch wenigstens eine positive Sache, oder?"

    Doch Nate schien nicht allzu begeistert. "Ja…", murmelte der nachdenklich.

    Dann aber drückte er ihm einen Kuss auf den Mund und richtete sich auf: "Schlaf noch etwas, ich tätige mal ein paar Anrufe."

    Shinji kuschelte sich extra offensichtlich ins Bett, aber nicht ohne noch einen Blick über das zerwühlte Bett zu werfen und in sich hinein zu grinsen.

    "Ich versuch's, aber nur, wenn du nach den Telefonaten wieder her kommst. Wenn du brav bist, nehm ich mir noch mal ein paar Tage Urlaub."

    Nate beugte sich noch einmal über ihn, um ihm einen letzten Kuss zu geben: "Versprochen?"

    

    Der restliche Tag wurde so gemütlich wie möglich verbracht, was schwer wurde, als Hurricane Randy auf ihre Wohnung traf. Der kleine Quälgeist ließ es sich natürlich nicht nehmen, Nate persönlich den Kopf zu waschen, aber Shinji saß nur dabei und lauschte, seltsam entspannt, wenn er ehrlich war. Denn irgendwie fühlte sich das alles normal und richtig an.

    Am nächsten Tag ging Nate seine Schwester besuchen, allein, weil die beiden die Privatsphäre brauchten. Abends saßen sie dann zusammen auf dem Sofa, kuschelnd, während im Hintergrund irgendein Film lief, den sie beide nicht beachteten.

    Shinji konnte nicht genau sagen, was ihn dazu brachte, aber plötzlich erinnerte er sich an den Stapel Post aus Nates Wohnung: "Da steht übrigens noch ein Karton voller Briefe rum. Vielleicht solltest du die mal auf machen?"

    Immerhin konnten da wichtige Rechnungen drin sein oder andere Dinge, die man wissen sollte. Jedes Mal, wenn er den Karton im Flur sah, machte ihn das nervös. Er mochte ungeöffnete Post nicht.

    "Oh, stimmt. Wo hab ich die hin gestellt?"

    Nate hatte deutliche Schwierigkeiten, sich an Details der letzten vier Wochen zu erinnern. Manchmal sprach er davon, wie andere Menschen von einem Traum, deshalb wunderte es Shinji auch nicht, dass er den Ort nicht mehr wusste. Nachdem er ihn in den Flur verwiesen hatte, stand Nate auch schon auf und kam kurz darauf mit dem Karton wieder.

    Ohne groß nachzudenken, wurde alles auf das Sofa entleert, genau zwischen ihnen beiden, so dass Shinji mit drüber schauen konnte. Nate kramte durch den Stapel und schien sich nicht ganz sicher zu sein, was er zuerst öffnen sollte. Letztendlich nahm er zwei Briefe auf, die von der Army kamen, hielt dann aber inne, als er einen Brief mit handgeschriebener Adresse fand.

    Es war ein einzelnes Blatt, was er aus dem Kuvert zog und Shinji erstarrte mit Nate zusammen, als er das dicke, schwarze Kreuz durch das Papier hindurch scheinen sah. Eine Todesanzeige.

    "Das gibt's nicht", murmelte Nate vollkommen entsetzt. Er fischte einen weiteren Brief mit handgeschriebener Adresse aus dem Haufen und hielt kurz darauf eine weitere Todesanzeige in seinen Händen.

    "Unmöglich. Das ist nicht wahr."

    Nate sprang auf, eine Aktion, die sein Bein eigentlich noch nicht mitmachen sollte, aber er spürte den Schmerz wohl gerade nicht.

    Shinji konnte nichts weiter tun, als seinen Freund dabei zu beobachten, wie er aufgeregt durchs Zimmer tigerte. Er war mit Trauer nicht gut. Er wusste nicht, was er tun sollte. Ein wenig gut zu reden, konnte er, aber an einem Tod war nichts schön zu reden und er war kein Freund von Sprüchen wie 'Er ist jetzt an einem besseren Ort'. Ob das Leute aus Nates Team waren? Hoffentlich nicht. Nate würde sich niemals verzeihen, dass einem Teammitglied unter seiner Verantwortung etwas passiert war.

    Plötzlich stoppte Nate und sah zu Shinji. Der Ausdruck in seinen Augen gefiel ihm nicht. Er sah ihn an, als würde er etwas dummes tun.

    Der Blickkontakt löste sich bald wieder, als Nate sein Handy hervor zog und darauf herum drückte. Er knurrte etwas Wütendes, ehe er das Teil in die Ecke warf. Es knackte unheilvoll und Nates wütende Miene verhieß nichts gutes. Shinji hatte ihn noch nie so außer sich gesehen, was darauf deutete, dass es wirklich Teammitglieder waren. Scheiße.

    "Ich muss mit dem Hauptquartier sprechen."

    Sein Freund hatte wohl gerade bemerkt, dass seine Kontaktliste komplett gelöscht war. Bevor Shinji noch irgendetwas sagen konnte, stapfte Nate schon aus dem Zimmer, was ihn dazu animierte, selbst auf zu springen und ihm nach zu laufen.

    "Die stehen wahrscheinlich nicht im Telefonbuch, oder? Was hast du vor?"

    Woah, er bekam kaum ein Wort heraus. Angst davor, Nate jetzt zu verletzen, schnürte ihm förmlich die Kehle zu.

    "Das ist mir schon klar", gab Nate gereizt zurück und marschierte direkt auf die Haustür zu, wo er sich seine Geldbörse schnappte und sich die Schuhe anzog.

    Shinji beeilte sich, ihm hinterher zu kommen, als ihm klar wurde, dass Nate dort hin fahren wollte. Er zückte sein Handy im Gehen, dachte gerade noch an seinen Haustürschlüssel und eine Jacke.

    "Ich komme mit", stellte er erst einmal klar und ihm war egal, was Nate davon hielt. Er würde ihn nicht allein lassen. Nicht in diesem Zustand. Nicht, wenn dessen Beschützerinstinkt ihm gerade komplett das Hirn vernebelte. "Wo müssen wir hin?"

    Von Shinjis Mitkommen aus der Bahn geworfen, starrte Nate einen Augenblick ins Leere, ehe er den Kopf schüttelte und an einer Straßenecke anhielt. "Für's Erste… zum Flughafen."

    Bei diesem Stichwort wählte Shinji die Nummer des erstbesten Taxiunternehmens, das er fand. Er hörte Nate neben sich fluchen, warum auch immer und nickte ihm dann zustimmend zu, als der ihn fragte, ob er ihnen ein Taxi rief.

    Nur einen Augenblick später war alles abgemacht und er wandte sich wieder an seinen Partner: "Wo genau hin? Dann buche ich uns schon den Flug."

    Organisieren konnte er. Das war das einzige, was er für Nate tun konnte, also würde er dafür sorgen, dass alles reibungslos ablief.

    



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Onlyknow3
2020-12-22T07:07:57+00:00 22.12.2020 08:07
Nate kann einem da nur leid tun, erst ist er schwer verletzt, dann das Gedächtnis verloren und nun auch Freunde oder Kamreaden verloren. Shinji tut recht daran Ihn nicht allein zu lassen. Weiter so, freue mich auf das nächste Kapitel.

LG
Onlyknow3


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