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Von der Kunst, richtig zu sein

von

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Berufung

Shinji zuckte zusammen und sah auf seine und Nates Hand, die nun beide auf seinem geröteten Unterarm ruhten.

"Du machst das ja immer noch.", hörte er Nate sagen. Shinji hatte sich den Unterarm fast wund gekratzt, ohne es selbst zu bemerkten.

"Manchmal...", antwortete er. Er hatte das früher schon gemacht, wenn er zu viel Stress gehabt hatte. "Normalerweise fange ich mittlerweile an zu putzen...", gestand er leise. Er war sich bewusst, dass das irgendwie ein Kontrollzwang war. Den hatte er hauptsächlich seinem Vater zu verdanken und es war durch die Sache in der Schule und den Rausschmiss nur schlimmer geworden, bis er sich dazu gezwungen hatte, etwas anderes zu tun. Aber gerade konnte er nicht putzen. Genau deshalb verkrampfte sich seine Hand jetzt auch um Nathans. Es fiel ihm schwer nichts zu tun und ruhig zu bleiben.
 

Mit seiner freien Hand schob er den Teller beiseite, damit seine Stirn dort Platz finden konnte. Er fühlte sich komisch. Einerseits fühlte er sich erleichtert, dass er sich selbst endlich eingestand was Sache war... andererseits überkam ihn die Panik, die er immer spürte, wenn es in diese Richtung ging. Gleichzeitig fühlte er sich so taub vor Überforderung, dass einfach gar nichts passierte. Eigentlich war er einfach nur unendlich müde.

Dennoch war es, als würde er gegen eine Wand stehen und eine Steinplatte ihn immer fester dagegen drücken. Er konnte jetzt nicht still bleiben und er konnte aus dieser Situation auch nicht raus, konnte in seinen eigenen vier Wänden ja schlecht weg laufen. Also tat er das einzige, das er in diesem Moment konnte: Weiterreden.

"Ich hab's eigentlich schon immer gewusst. Sonst wäre ich damals ja nicht zu dir gekommen. Ich hab so oft von dir geträumt, dass es eigentlich klar war... aber nach der Katastrophe danach dachte ich... wenn ich das nur ignoriere, dann geht das schon weg. Aber jedes Mal, wenn wieder eine Beziehung an dem gleichen Thema kaputt gegangen ist, wusste ich, dass es nicht funktioniert. Ich hab angst davor, was passiert, wenn das wieder irgendwer mitbekommt."

Er zog sich wieder zusammen, sofern das mit der Tischplatte ging. Aber er ließ Nates Hand nicht los.

"Aber was ändert es letztendlich? Dann bleibe ich eben allein. Dann kriegt es keiner mit. Dann ist es auch kein Problem. Ist ja nicht so, als hätte ich das nicht sowieso vorgehabt."

"Hey", kam es leicht anklagend von über ihm und die Hand, die Nates hielt, wurde sanft geschüttelt. "Und was ist mit mir? Du bist ein Idiot, wenn du glaubst, dass ich dich alleine lasse."

Shinji sah auf, schon wieder mit Tränen in den Augen. Wann er aufgehört hatte zu weinen, hatte er gar nicht mitbekommen, aber jetzt war er kurz davor, schon wieder damit anzufangen.

"Das meinte ich so nicht", beeilte er sich zu sagen und das sanfte Schmunzeln von Nate wurde durch den Tränenschleier hindurch nur schief und krumm. "Ich meine... ich suche mir einfach keinen Partner. Wie könnte ich das auch jemandem antun? Immer, wenn ich mitbekomme, dass jemand schwul ist, verziehe ich angeekelt das Gesicht. Ich will gar nicht wissen, was passiert, wenn es dann doch mal ernster wird."

Niemand würde sich erst durch seine homophoben Tendenzen kämpfen. Verzweifelt legte er den Kopf wieder auf die Tischplatte.

"Ich weiß ehrlich nicht, wie du es mit mir aushältst. Ist ja nicht so, als hätte ich nicht versucht, dich weg zu beißen. Und jetzt stell dir mal vor, ich fange das Spiel mit jemandem an, der mich attraktiv findet." Er lachte bitter und gequält: "Soll ich demjenigen dann sagen 'Hey, übrigens, wenn ich dich wegen deiner Sexualität beleidige, dann ignorier das. Ich bin zwar schwul aber homophob, aber das legt sich sicher mit der Zeit.'?"

Er merkte selbst, dass er viel zu viel redete und er Nate viel zu wenig Zeit zum reagieren ließ, falls der überhaupt noch zuhörte. Aber irgendwie hatte er Angst, dass alles über ihm einstürzen würde, wenn er damit aufhörte. "Jedem, der was von mir will, müsste ich erst einmal eine hundertseitige Bedienungsanleitung in die Hand drücken... inklusive Zusatzübersetzung..."

Doch Nate lachte nur über den ganzen Unsinn, den er redete. Nicht aus Boshaftigkeit, sondern ehrlich amüsiert.

"Und nicht zu vergessen, dass ich die Person vorher erst einmal überprüfen müsste. Denn wenn der Kerl meinen Check nicht besteht, wird er nicht einmal an dich ran gelassen..." Nate machte eine bedeutungsschwere Pause und danach konnte Shinji das Grinsen förmlich aus seiner Stimme heraus hören: "Also ja... du bleibst ziemlich wahrscheinlich alleine."

"Nein, ernsthaft", fuhr Nate wesentlich gefasster fort. "Irgendwo da draußen wartet schon der Richtige auf dich. Dem ist es egal, wie viel Geduld er aufbringen muss und ob er irgendeine Bedienungsanleitung lesen muss. Er weiß, dass es sich am Ende lohnen wird, weil er trotz allem das Gefühl hat, mit dir den Jackpot gezogen zu haben."

"Der Richtige...", murmelte Shinji und konnte die Verachtung aus seiner Stimme nicht vertreiben. Das war das falsche Pronomen. Es sollte nicht der heißen. Das klang so falsch. So fremd. Konnte es keine die geben? Gab es auf dieser Welt wirklich keine Frau, mit der er es aushalten konnte? Die es mit ihm aushielt?

...

Sein Zukünftiger würde es wirklich nicht leicht mit ihm haben.
 

Langsam richtete er sich wieder auf. Er wusste nicht wieso, aber es ging ihm etwas besser. Er hatte nicht mehr das Gefühl die Wände hoch laufen zu müssen. Noch einmal wischte er sich über die Augen und sah dann zu seinem Gast.

"Ich bin wirklich froh, dass du hier bist, aber du musst deinen Sonntag nicht mit mir verschwenden. Du hast Urlaub und sicherlich Besseres zu tun, als auf mich aufzupassen. Ich komm schon klar."

Er versuchte das so überzeugend wie möglich auszusprechen. Nate sollte seinen Urlaub genießen können. Wenn Nate wieder zurück auf einen Einsatz musste, würde er bereuen, seine wertvolle Freizeit so verschwendet zu haben.

"Oh, das sagst du so. Aber in Wahrheit wärst du ziemlich erstaunt, wenn ich jetzt aufstehen und gehen würde."

Es war Nate, der ihre Hände letztendlich trennte und erst da fiel Shinji auf, dass er sie die ganze Zeit umklammert gehalten hatte.

"Außerdem wartet drüben nur eine Wand auf mich, die tapeziert werden will. Ich habe also Zeit."

Shinji nahm sich seine Kaffeetasse wieder, weil seine Hand sich unsagbar leer anfühlte. "Erstaunt ja", gestand er leise. "Aber nicht böse." Er hätte es wirklich verstanden.

Ein wenig hilflos sah er sich im Raum um. Die Situation wirkte plötzlich absurd steif, aber vielleicht lag das auch nur an ihm.

"Was macht man so, wenn man nicht raus kann und auch sonst nichts da hat, aber ein Gast direkt vor einem sitzt, mit dem man irgendwas anfangen muss?", fragte er, ein wenig verzweifelt. "Früher ist uns immer irgendein Blödsinn eingefallen, aber ich kann mich nicht daran erinnern, was..."

Aber Nate ließ sich von seinen furchtbaren Umgangsformen nicht einschüchtern: "Du kannst dich nicht daran erinnern, weil ständig Alkohol im Spiel war."

Kurz erfüllte Nates angenehmes, tiefes Lachen den Raum, ehe er fortfuhr: "Hast du noch so ein nerdiges Autorennspiel? Dann zeig ich dir, wie ein Anfänger dich platt macht."

So hatte es damals auch immer angefangen. Mit einem vollkommen unauffälligen Vorschlag und dennoch... oder gerade deshalb hatten sie unglaublichen Spaß gehabt.

Dass das Gespräch aber nicht spurlos an Nate vorbei gegangen war, merkte Shinji daran, dass er plötzlich nach einer Schachtel Zigaretten griff. Der wollte doch nicht etwa hier drin rauchen, oder? Nach allem, was Nate für ihn getan hatte, würde er es nicht über sich bringen, tatsächlich nein zu sagen, aber... ernsthaft? Musste er sich jetzt wirklich die Wohnung vollqualmen lassen?

"Macht es dir was aus, wenn ich eine am Fenster rauche?" Am Fenster?

Shinji stieß erleichtert den Atem aus. Gut. Fenster war vollkommen in Ordnung.

"Ja, mach nur. Ich such in der Zeit ein Spiel." Und damit verschwand er dann auch kurz.
 

"Sooo...", machte sich Shinji bemerkbar, als er wieder ins Wohnzimmer trat und stellte seinen Laptop auf den Couchtisch. Er empfand die Stimmung immer noch als merkwürdig, schob es aber darauf, dass er sich noch immer gehemmt fühlte und sich zu zwanghaft versuchte abzulenken. Aber es funktionierte wenigstens. Für den Moment musste er nicht mehr daran denken, was dieser ganze Tag für ihn bedeutete.

Wenn Shinji einen wirklich männlichen Tick hatte, dann war es seine Vorliebe für Technik. Er hatte so viele Laptops, wie Frauen Schuhe, weil er sich jedes Jahr einen neuen zulegte. Der Fernseher im Raum, der sehr selten genutzt wurde, war auch das neueste High-End Gerät und eigentlich zu groß für das Zimmer. Nur kein 3D, das war ihm zu albern.

Als er alles aufgebaut hatte und Nate zu ihm trat, drückte er ihm einen Controller in die Hand. Der grinste nur finster: "Dann zeig ich dir mal, wo's langgeht. ... ahm... wo ist Gas?"

Shinji lachte und schüttelte den Kopf: "Muss ich auch erst schauen, hab das Spiel gerade erst gekauft." Es war einfach witziger gemeinsam zu failen.

Ein paar Sekunden nach dem Start, standen sie beide noch immer an der Startlinie und drückten wild alle Knöpfe durch.

"Ah!", stieß er dann aus und zeigte Nate seinen Controller: "Der Knopf hier. Und der zum Bremsen."

Und nachdem sie dann beide endlich vom Fleck kamen, kam kurz darauf die nächste Erleuchtung. "Und der hier ist zum Schalten!"

Nate hatte sofort seinen Spaß, lachte über seine eigenen ungelenken Versuche, das Auto gerade zu halten, während er kläglich daran scheiterte. Aber Shinji entspannte sich dafür endlich etwas, denn die gute Laune seines besten Freundes war unglaublich ansteckend.
 

"Du hast eindeutig das bessere Auto.", kommentierte Nate trocken, als Shinji seinen Wagen als erster durchs Ziel brachte. Shinji grinste überheblich und legte triumphierend den Controller beiseite. "Naaah, ich bin einfach nur besser als du."

Dann schwang er sich vom Sofa und streckte sich kurz. "Ich hab eventuell noch Bier in der Minibar, willst du auch eins? Vielleicht schaffst dus mit Alkohol ja endlich gerade zu fahren."

Und da Nate noch nie 'Nein' zu Bier gesagt hatte, verschwand Shinji einfach in seinem Zimmer

"Pass nur auf, Kleiner! In der nächsten Runde siehst du nur noch meine Rücklichter.", wurde ihm noch hinterher gerufen, ehe er wenig später mit zwei Flaschen zurück kam und eine davon Nate reichte. Er hatte wirklich beste Laune, auch wenn ihm bewusst war, dass es pure Verdrängung war. Aber immer, wenn er drohte wieder abzudriften, tat Nate wieder etwas absurdes und brachte ihn damit zum Lachen.

"Du hast dich echt kaum verändert.", platzte es plötzlich aus ihm heraus und er trank schnell einen Schluck Bier um seine Unsicherheit zu überspielen. Aber es stimmte. Nate war immer noch genau wie früher, nur eben ein wenig erwachsener. Und genau deshalb fragte Shinji sich, ob Nate wirklich glücklich mit seiner Berufswahl war. Er konnte ihn sich einfach nicht als SEAL vorstellen.

Er ließ sich neben seinen Kumpel fallen.

"Kaum verändert? Kann ich das jetzt positiv oder negativ auffassen?"

"Durchaus positiv", lächelte Shinji, wurde dann aber ernst. Er nahm noch einen Schluck und sah Nate forschend an.

"Du weißt jetzt so unglaublich viel über mich, aber ich gar nichts über dich. Deshalb... eine Frage, ok? Bist du echt glücklich mit dem, was du tust?"

"Meinst du, dich aufziehen? Ja..." Nate grinste schief und unschuldig, obwohl sie beide genau wussten, dass das nicht das Thema war. Deshalb fiel auch Nates Grinsen bald schon wieder in sich zusammen. "Was glaubst du denn, was ich tue?"

Da fing es ja schon an. Shinji hatte keine Ahnung, was Nate tat. Es konnte alles und auch gar nichts sein. Wobei Shinji stark bezweifelte, dass sein Kumpel hinter einem Schreibtisch saß und Papierkram erledigte. Er hoffte es ein bisschen, aber er glaubte nicht daran.

"Es geht mich nichts an...", schickte er voraus, damit klar war, dass ihm das durchaus bewusst war. "Und ich weiß, du willst nicht darüber reden, das ist auch vollkommen in Ordnung. Du musst nicht antworten."

Nate konnte jederzeit sagen, dass er aufhören sollte zu reden, doch momentan sah er ihn nur offen und geduldig wartend an.

"Ich hab nicht wirklich eine Ahnung was du tust.", fuhr Shinji fort. "Ich hab ehrlich gesagt versucht zu recherchieren, aber das ist nicht so einfach. Du hast von Einsätzen gesprochen, deshalb nehme ich an, dass du kein Verwaltungsbeamter da bist. Generell ist das natürlich ne bescheuerte frage, denn du würdest das sicher nicht machen, wenn du nicht zufrieden damit wärst. Ich weiß auch nicht... der Job ist sicher nicht einfach... ich würde einfach gerne wissen... obs... obs dir einigermaßen gut damit geht."

Nachdem er sich so um Kopf und Kragen geredet hatte, trank er noch einen Schluck und seufzte dann. "Vergiss es einfach. Ist ne bescheuerte Frage." Und um von dem Thema wieder ganz abzulenken: "Lass mich dich lieber noch ne Runde Staub fressen lassen!"

Doch statt darauf einzugehen schüttelte Nate den Kopf. Während er leicht lächelte, ruhten seine Augen nachdenklich auf Shinji: "Schon gut. Es ist nur echt seltsam, mit jemandem darüber zu sprechen. Ich mische die Welten nur ungern. Unter anderem, weil ich nicht will, dass man mich mit anderen Augen sieht. Besonders bei dir will ich das nicht."

Shinji wollte schon etwas einwerfen, wollte Nate sagen, dass er sich darum wirklich keine Gedanken machen brauchte, aber sein Gegenüber hob kurz die Hand, um ihm zu zeigen, dass er schweigen sollte. Das tat er auch und hörte zu.

"Deine Frage vorhin kann ich dir nicht beantworten. Ist man denn glücklich, wenn man in den Krieg zieht? Ich schätze nein. Mir wäre es lieber, wenn das alles vorbei wäre. Aber ich mache es, weil ich es als Pflicht sehe, die Schwächeren zu schützen. Ich kann nicht tatenlos zusehen, wie Frauen und Kinder für eine Sache missbraucht werden, die sich unter dem Deckmantel 'Religion' versteckt. Meine Einheit und ich dienen der gezielten Terrorismusbekämpfung im mittleren Osten, aber nicht auf die Art und Weise, wie das die Armee macht. Wir marschieren nicht mit hunderten Soldaten und Panzern in ein Land ein. Nein. Unsere Einheit besteht nur aus 24 Personen und unsere Aufträge sind gezielt auf einzelne Menschen gerichtet. Verstehst du, warum ich hier nicht darüber rede? Wenn ich drüben bin, bin ich ein anderer Mensch. Dann bin ich nur noch ein Scharfschütze."

Shinji schwieg eine Weile. Nicht, weil er schlimm fand, was er erfuhr, sondern, weil er die Informationen erst einmal erfassen musste.

Krieg und Terrorismus waren Dinge, die für ihn nicht wirklich real waren, obwohl selbst er fast täglich auf das Thema stieß. Er trieb sich genug im Internet herum, um die Diskussionen und Theorien zu kennen, aber vor jemandem zu sitzen, der das konkret mitmachte, der ein realer Teil davon war, das hinterließ einen merkwürdigen Beigeschmack und er wollte sich davon nicht verleiten lassen, irgendetwas dummes zu sagen. Er hatte Vorurteile gegen das Militär. Und auch gegen Worte wie Terrorismus und das allgemeine Konzept des Krieges. Aber im Prinzip hatte er keine Ahnung. Er wusste nicht, wie ehrlich Medien über diese Themen berichteten, wusste nicht, was er überhaupt wusste. Und es dauerte einen Moment, bis er seine gewohnte Nüchternheit wiedererlangte.

Schließlich und endlich fand er für sich, dass es ihm egal war. Das alles betraf ihn nicht direkt und damit war es ihm egal. Wäre es nicht auch heuchlerisch, sich jetzt plötzlich für andere Menschen zu interessieren? Nur, weil die ganze Welt dachte, sich da einmischen zu müssen? Er hatte keine Ahnung und auch nicht den Willen zu erfahren, wie es wirklich war. Es war ihm egal.

An manchen Tagen spürte er die dumpfe Angst vor dem Ungeheuer, das Terrorismus hieß und an manchen Tagen empfand er Wut gegen Obrigkeiten, die dachten, Krieg spielen zu müssen. Manchmal empfand er auch Ekel vor den Taten von Soldaten, wenn mal wieder irgendein Video die Runde machte.

Aber all diese Empfindungen waren so flüchtig und von so kurzer Dauer, dass sie keinesfalls wichtig waren. Wenn er jetzt genau darüber nachdachte, war es ihm wirklich egal.

Nur Nate war ihm nicht egal. Ganz und gar nicht und deshalb war ihm wichtig, was er dazu sagte. Nate hatte einen anderen Blickwinkel auf die Dinge. Und zu einem gewissen Grat rechnete Shinji da auch eine Art militärische Gehirnwäsche mit ein. Aber es war immer noch Nate und er glaubte ihm, dass es ihm ein Bedürfnis war. Shinji war sich nur nicht sicher, ob er ihm glauben konnte, dass es das Richtige war. Es war aber auch nicht seine Position das zu bewerten. Er konnte akzeptieren, dass Nate das so sah und deshalb war es in Ordnung. Er war sogar froh über diese Ansicht, denn das bedeutete, dass sein Freund nicht nachts wach lag und sich fragte, ob er nicht doch auf der falschen Seite stand. Das war gut. Das beruhigte ihn.

Was ihn auch beruhigte war das Stichwort 'Scharfschütze', denn von allem, was Nate tun konnte, war das noch etwas, was einigermaßen sicher klang. Das war im Idealfall weit von den eigentlichen Geschehnissen weg und gut getarnt. Es war immer noch besorgniserregend, aber zumindest war Nate niemand, der irgendwelche Türen eintrat und im Kugelhagel versuchte, einen seiner Gegner zu treffen. Wahrscheinlich gab es so was auch nur in Filmen oder Spielen.
 

"Da war ich mit meiner Vermutung, du seist Auftragskiller, tatsächlich nicht so weit weg..." Er legte so überdeutlich einen erheiterten Ton in seine Worte, dass klar war, dass er das nicht ernst meinte. Man merkte aber auch sofort, dass ihm wichtig war, dass es da nicht zu Missverständnissen kam. Er wollte nicht, dass Nate dachte, er würde ihn für einen Killer halten.

Shinji hob seinen Blick und sah Nate offen in die Augen: "Du brauchst keine Angst haben. Nicht bei mir. Es war am Anfang komisch, als du meintest, du wärst ein SEAL, aber daran hab ich mich gewöhnt... denke ich. Ich hab auch zu dieser ganzen Thematik nicht wirklich eine Meinung. Es interessiert mich einfach nicht und mir fehlen fundierte Informationen, die man als Zivilist wahrscheinlich sowieso nicht bekommt. Ich fange mit dir also keine Grundsatzdiskussionen über Religionskriege und Terrorismus an und auch nicht über irgendwelche Verschwörungstheorien zu 9/11. Ist für dich also alles safe bei mir."

Nates Blick wanderte zu dem Bildschirm und wirkte abwesend, als er antwortete: "Ich weiß, dass ich manche Leute vor den Kopf stoße, wenn ich nichts über mich erzähle. Oder was drüben passiert. Dabei gibt es Momente, in denen ich echt mit jemandem darüber sprechen möchte. Das Leben hier ist so surreal. Ich spiele mit dir Videospiele, während auf der anderen Seite der Welt Kinder abgeschlachtet werden. Manchmal kann ich kaum still sitzen, wenn ich daran denke, was drüben los ist. Und insgeheim warte ich jeden Tag auf den Anruf. Mich mit dir zu treffen lenkt mich ab und ich weiß, ich mache meiner Schwester nur Kummer. Dass ich bei ihr wohne und sie sich diese Beschäftigungstherapie für mich ausgedacht hat, ist doch Beweis genug. Ich weiß das alles... ich kann es trotzdem nicht ändern, dass ein Teil von mir nicht hier ist."

Für Shinji war es schwierig Nates Gedankengängen zu folgen, aber er glaubte zu verstehen. Die Grundbotschaft war auf jeden Fall angekommen. Nate hatte Probleme hier zu sein, weil ihn sein Pflichtgefühl immer wieder in sein Einsatzgebiet rief. Das ging wahrscheinlich vielen Soldaten so.

"Wenn du reden willst, bin ich für dich da. Ich kann verstehen, wie du dich fühlst. Ich kann's mir nicht vorstellen, aber ich kann's verstehen. Ich bin aber auch da, wenn du Ablenkung brauchst oder willst. Das liegt ganz bei dir. Bleibt jetzt natürlich die Frage, ob du lieber reden oder lieber abgelenkt werden möchtest."



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Onlyknow3
2018-03-19T16:55:26+00:00 19.03.2018 17:55
Das nenn ich dann doch gegenseitige Freundschaft, Hilfbereitschft dem anderen gegenüber.
Shinji kann so Nate, etwas von dem zurück geben was er bekommen hat von diesem.
Wäre wirklich schön, wenn die beiden ein Paar würden, dann würde sich Natahan wieder mehr zuhause fühlen.
Weiter so, freue mich auf das nächste Kapitel.

LG
Onlyknow3
Antwort von:  Lyndis
20.03.2018 13:41
Ja, das wäre wirklich schön, nicht?
Schauen wir doch zusammen, ob es je soweit kommt^^

Vielen Dank für den Kommi!

Lyn


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