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Safe

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Vor dem Vertretungsplan, der im Foyer aushing, hatten sich wie immer schon einige Schüler versammelt. Nils wartete einen Augenblick, um auch einen Blick darauf werfen zu können. Als er endlich freie Sicht hatte, las er:

Dienstag, 24.6.

11-3 Ku Knö H - Wi

Aufstöhnend drehte er sich zu Niko, Mira und Jana um. "Hey, wir ham

die Wittner in Kunst, der Knöß scheint immer noch krank zu sein."

"Scheiße", bemerkten Jana und Mira gleichzeitig.

Auf Nikolais Gesicht spiegelte sich Unverständnis. "Die Wittner? Ich dachte die gibt kein Kunst."

"Blitzmerker", gab Nils zurück, "wir machen bestimmt Deutsch oder so 'ne Kacke."

"Och nöö", jammerte Mira, "nicht schon wieder! Wir hatten doch gestern erst ne Doppelstunde."

"Dass das immer uns passieren muss", seufzte ihre Schwester.

Nils legte beiden je einen Arm um die Schultern und führte sie zur Treppe. "Keine Angst, Ladies, wir werden die schon überreden, dass wir Stillarbeit machen können. Ne, Nik?"

"Sicher!", rief der und stolperte fast über die erste Treppenstufe.
 

Als die vier zusammen die Treppe hinaufgingen, sahen sie schon einige ihrer Klassenkameraden, die sich vor dem Kunstraum versammelt hatten.

"Morgen!"

"Morgen Leute. Ist die Wittner noch nicht da?"

Nils ließ die Mädchen los und hockte sich auf die Heizung an der Rückwand des Flurs.

"Nö."

"Hey, vielleicht kommt sie ja gar nicht!"

"Freiblock wär mal nicht schlecht!"

"Nee, könnt ihr vergessen. Da kommt sie."

Nils schaute zur Treppe. Die Wittner sah aus wie immer. Schlimm genug, denn Geschmack hatte sie nicht. Weder in der Auswahl ihrer Klamotten, noch ihre Frisur oder ihr Make-up betreffend. /Die Frau könnte auch viel mehr aus sich machen./

Zu allem Unglück hatte sie auch noch einen dicken Stapel Arbeitsblätter in der Hand. Die Klasse war sich sogleich bewusst, was das für sie bedeutete. Einige murmelten genervt vor sich hin, andere betraten resigniert den Kunstraum. Nils verdrehte die Augen, ging dann aber auch durch die Tür, um sein Vorhaben, von dem er Mira und Jana erzählt hatte, in die Tat umzusetzen. Wenn man es realistisch sah, gab es allerdings wenig Hoffnung. Die Wittner ließ sich nicht so leicht überreden. Vielleicht hätten sie noch eine geringe Chance gehabt, hätte sie für die Doppelstunde nichts vorbereitet. Aber angesichts der Tatsache, dass sie den Stapel Arbeitsblätter -/Oh mein Gott, wie viele sind das eigentlich?!/- auf das Lehrerpult knallte, schien die Lage ziemlich aussichtslos.

"Ruhe bitte! Setzen Sie sich!"

Frau Wittner kramte eine Mappe aus ihrer braunen Schultasche heraus und suchte eine Klassenliste der 11-3.

Der Geräuschpegel senkte sich und die Schüler warteten.

/Hätte ich das vorher gewusst, hätte ich gleich daheim bleiben können/, überlegte Nils. /Wir hätten doch nachher noch ne Stunde Knöß gehabt. Toll. Ich bin allen Ernstes wegen drei Stunden Vertretung und einer Stunde Reli in die Schule gekommen. Das darf nicht wahr sein./

"..nk!" /Wer?/

"Nils Funk!!"

"Äh, ja, hier!", stotterte Nils und musste gleich darauf über sich selbst lachen.

/Zerstreutheit ist doch eigentlich Nikos Job./

Sein Freund lehnte sich zu ihm. "Na Alter", flüsterte er ihm belustigt ins Ohr, "soll das ein Rollentausch werden?"

Nils wischte sich die Lachtränchen aus den Augen. "Bitte nicht!", flüsterte er zurück, worauf ihm Nikolai mit einem diabolischen Lächeln den Mittelfinger zeigte.

Mira, die ihnen schräg gegenüber saß, hatte die ganze Szene beobachtet und kicherte. Frau Wittner sah sie strafend an. "Ich glaube, es ist bald Zeit, mit der Arbeit zu beginnen", bemerkte sie in dringlichem Ton. "Die Herrschaften scheinen ja viel Spaß am Unterricht zu haben."

Mira errötete leicht und hielt sich schnell die Hand vor den Mund.

"Leon, würden Sie bitte die Arbeitsmaterialien verteilen?", forderte die Wittner den Schüler, der vor ihr saß, auf. Während er die ersten Arbeitsblätter austeilte, packte sie ihre Anwesenheitsliste weg.

"Bei den Arbeitsblättern handelt es sich um Aufgaben zum Thema Rechtschreibung", erklärte sie.

Die Klasse stöhnte gequält auf.

"Aber wir haben doch Kunst und kein Deutsch!"

"Genau, außerdem hatten wir gestern schon so lange Deutsch!"

"Was soll ich denn mit Rechtschreibung?"

"Ruhe jetzt!" polterte Frau Wittner. "Je schneller Sie anfangen, desto schneller werden Sie fertig!"

"Aber Frau Wittner", warf Nils ein, "könnten wir nicht.."

"Ich sage es zum letzten Mal, Herr Funk. Ruhe bitte!"

Nils spürte die Wut in sich aufsteigen. /Die blöde Kuh! Alte Sadistin. Der macht das doch Spaß, Schüler zu quälen! Und das am frühen Morgen!/

Er widmete sich dem Arbeitsblatt vor sich.

,Groß- und Kleinschreibung'.

Gut, dass er damit keine großen Probleme hatte. Nur ein paar Regeln der neuen Rechtschreibung machten ihm manchmal noch zu schaffen.
 

Etwa zehn Minuten später -Nils war schon bei ,Getrennt- und Zusammenschreibung' angelangt und im Moment ziemlich angenervt von Niko, der ihn die ganze Zeit belaberte, weil er keinen Bock hatte, was zu tun- klopfte es an der Tür.

"Ja?" rief die Wittner.

Die Tür öffnete sich und Herr Schlüting, seines Zeichens stellvertretender Schulleiter, trat ein.

"Schönen guten Morgen, meine Damen und Herren, Frau Wittner, entschuldigen Sie die Unterbrechung."

"Morgen Herr Schlüting!", erwiderte die Klasse erfreut.

Schlüting war beliebt an der Schule. Auch wenn er als Lehrer streng sein konnte, war er doch kompetent und behandelte die Schüler gut. Er sah sie als ebenbürtig an und ging mit ihnen um, als wären sie genauso erwachsen wie er. Das gefiel den Schülern. Außerdem konnte man Herrn Schlüting immer aufsuchen, wenn man ein Problem hatte, sei es nun die Schule betreffend oder gar privat. Er kümmerte sich dann sehr persönlich um den oder die Betroffene/n und man fühlte sich ernstgenommen. Meist fand Schlüting dann auch eine Lösung für das Problem oder half einem zumindest irgendwie weiter.
 

"Bitte", überließ ihm die Wittner das Feld.

"Danke." Er wandte sich an die Schüler. "Wie Sie ja sicher wissen, ist Herr Knöß erkrankt und heute den ganzen Tag nicht anwesend. Da nun ihr Religionslehrer, Herr Beu, leider heute kurzfristig verhindert ist, hat sich die Schulleitung entschlossen, Sie alle nach der zweiten Stunde nach Hause zu schicken."

Ein Jubel brach in der Klasse aus. Alle freuten sich diebisch. Die Wittner, die von solchen Sachen nun gar nichts hielt, verabschiedete Herrn Schlüting säuerlich dreinschauend und hielt die freudestrahlende Klasse wieder zur Ruhe an.

/Geil!/, dachte Nils, /nur zwei Stunden!/

Er hätte gern mit Niko geredet, aber die blöde Wittner stand die ganze Zeit hinter ihnen und er konnte ihren Blick förmlich spüren. Hätte er auch nur ein Wort gesagt, wäre das sein sicherer Tod gewesen. So machte er sich eben wieder an die Arbeit.
 

Es kam den Jugendlichen wie eine Ewigkeit vor, doch irgendwann ertönte schließlich der erlösende Gong.

Schnell schmiss Nils sein Zeug in den Rucksack, packte sich Nikolai und stürmte zur Tür hinaus auf den Flur. /Frei!/
 

Niko machte sich von Nils los. "Hey, hast du's so eilig?"

"Jep, hab ich. Ich hätte der Wittner an die Gurgel springen können. Aber egal, jetzt haben wir ja aus."

Niko war ebenso erfreut über die angenehme Überraschung wie Nils.

"Und auch noch bei dem geilen Wetter!"

"Das ist allerdings Glück. Es muss Schicksal gewesen sein", scherzte Nils, "nix für ungut, Knöß, altes Haus!"

Niko lachte. "Vielleicht ist er ja daheim geblieben, um uns 'ne Freude zu machen. Seinen "lieben Schülern"."

"Ist mir auch egal", sagte Nils freudig, "hauptsache wir haben frei!"
 

Draußen auf dem Schulhof ließen sich Nils und Nikolai auf eine Bank fallen. Niko wäre fast hintenübergekippt und gleich wieder rückwärts runtergefallen, was Nils erneut zum Lachen brachte, in das der zuerst erschrockene Nikolai dann auch mit einstimmte.
 

Die beiden saßen eine Zeitlang in der Sonne und genossen die heißen Sonnenstrahlen, die direkt auf ihre Körper trafen und ihre Haut aufwärmten.

Irgendwann wurde es Nils, der am Morgen unbedacht ein schwarzes T-Shirt angezogen hatte, aber doch zu warm und er tippte seinen Freund, der die Augen geschlossen hatte, an.

"Hey, Nik, lass uns doch mal irgendwas machen. Ich hab kein Bock, hier die ganze Zeit rumzusitzen, und außerdem wird's mir echt zu heiß."

"An was denkst du?" fragte Niko.

"Keine Ahnung", gab Nils zu, "aber hier bleiben will ich nicht." Er holte seine Wasserflasche aus dem Rucksack und trank einen Schluck. Das Sprudel hatte sich schon leicht aufgewärmt und schmeckte wie alte Socken. Angewidert verzog Nils das Gesicht.

"Wieviel Uhr ist es?", fragte Niko beiläufig.

Nils sah auf seine Uhr. "Halb Zehn."

"Hmm.."

"Was?"

"Ich überlege."

"Verarsch mich nicht, Nik. Was hast du vor?"

"Mir kam gerade DIE Idee überhaupt."

"Jetzt sag schon!"

"Was hältst du von einem Bad im kühlen Nass? Danach ein Eis.. und vielleicht ein bisschen Beachvolleyball.."

Nils ging ein Licht auf. "Schwimmbad! Das ist wirklich DIE Idee, Kumpel!"

Er klopfte Niko freundschaftlich auf die Schulter und sprang voller Tatendrang auf.

Niko schlug die Augen auf und zwinkerte ein paar Mal in Richtung Sonne.

"Warte mal, Nilsi. Es gibt da zwei Probleme. Erstens: Das Schwimmbad macht erst in 'ner halben Stunde auf. Zweitens: Wir haben weder Badehosen noch Handtücher. Hast du überhaupt Geld?"

"Klar hab ich. Hab meinen Geldbeutel immer dabei, das weißt du doch."

"Gut. Was machen wir also?"

Nils überlegte einen kurzen Moment. Dann begann er zu grinsen. "Hey, wir gehen einfach in den Supermarkt und kaufen uns Badehosen und Handtücher. Die haben so was jetzt im Sommer bestimmt da. Und sooo teuer wird's nicht sein."

"Hm. Wir können's zumindest versuchen", meinte Nikolai, "der Friedrich fährt uns schließlich erst um halb zwei wieder heim."

"Na dann los!", rief Nils begeistert.

Sie stapften über den Hof. Als die beiden gerade die Straße überqueren wollten, bogen Mira und Jana um die Ecke.

Sofort rief Mira laut: "Hey Jungs, wartet mal! Was habt ihr denn vor?"

Nils blieb an der Bordsteinkante stehen und hielt Niko mit einem Arm davon ab, blindlings über die Straße zu rennen und womöglich noch einen Unfall zu verursachen. Er drehte sich um und wartete, bis die beiden Mädchen sie erreicht hatten.

"Wir sind auf dem Weg zum Supermarkt", informierte er sie.

"Essen kaufen oder was?", fragte Mira neugierig.

/Das wär auch 'ne Idee. Ich hab nämlich immer noch nicht gefrühstückt/, erinnerte sich Nils kurz. Laut sagte er: "Hauptsächlich wollen wir ein paar provisorische Badesachen kaufen, weil wir gedenken, uns ins Schwimmbad zu begeben und zu relaxen."

Niko nickte zustimmend.

Miras Augen leuchteten kurz auf, dann warf sie ihr braunes Haar über ihre Schulter, schaute Jana an und dann wieder Nils.

"Hey, prima Idee!"

"Wollt ihr mitkommen?" fragte Niko in freudiger Erwartung.

"Klar!" rief Mira sofort.

Jana warf schnell ein: "Dann müssen wir aber auch noch Badezeug kaufen."

"Das wird schon! Wir finden bestimmt was!" versicherte ihre Schwester.

Nils schielte zu Niko. /Na ja, kann ja nicht schaden. So kann Nik wenigstens versuchen, Jana anzugraben./dachte er sich.

Fast hätte er losgeprustet, als er Nikos abwesend lächelndes Gesicht sah. /Gut, dass er die Chance ergriffen hat./Auch wenn er selbst nicht besonders viel davon haben würde, freute sich Nils für seinen Freund.
 

Immer zu zweit gingen die vier Jugendlichen los und machten sich auf den Weg zum Supermarkt. Mira und Nils gingen vorneweg und hinterher kamen Jana und Niko.

Sie hatten Glück, dass der Supermarkt auf dem Weg zum Schwimmbad lag und sie keinen Umweg gehen mussten.

/Hoffentlich blamiert sich der Trottel nicht gleich wieder/, dachte Nils.

Er konnte aber leider keinen Blick nach hinten werfen und auch nicht den Baggerversuchen seines Kumpels lauschen, denn Mira redete in einem Fort mit ihm und er musste zuhören, damit er ab und zu antworten konnte.

Nils erwischte sich während des sowieso eher belanglosen Gespräches dabei, dass seine Gedanken immer öfter abdrifteten. Fast hätte er über sich selber gelacht. Jetzt ging er hier, neben ihm eine absolute Traumfrau, und was machte er? Er interessierte sich nicht für sie, sondern kümmerte sich mehr darum, dass sein Freund Erfolg bei der Kopie der Traumfrau hatte. Es war so komisch, dass es schon fast wieder zum heulen war.

"..ndest du nicht auch? Nils?"

Schnell zwang sich Nils wieder, Aufmerksamkeit zu heucheln und fragte sich, was das wohl war, wozu Mira unbedingt seine Meinung hören wollte.

Er antwortete schnell: "Äh, ja, klar, finde ich auch."

Das war anscheinend das gewesen, was sie hören wollte, denn sie lächelte bestätigt und fuhr fort, über das Wetter zu reden.
 

Gott sei Dank waren sie bald darauf am Supermarkt angekommen.

Die automatische Schiebetür öffnete sich vor ihnen und angenehm kühle Luft, vermischt mit den typischen "Einkaufs-Gerüchen" wie dem nach Gemüse von der Gemüsetheke oder dem nach neuen Verpackungen, wehte ihnen entgegen.
 

Nils sah schon beim Hereingehen die großen Wühltische mit den Sommersachen, Bademoden und Strandutensilien.

Sie standen nicht zu übersehen genau geradeaus. Dahinter konnte man ein großes Regal voller bunter Sonnenschutzmittel erkennen. Sie würden garantiert etwas finden.

Mira hatte aufgehört, ständig zu reden. Gleich hatte sie sich ihre Schwester gepackt und war mit ihr losgelaufen, um einen Bikini zu suchen, der nicht ganz so hässlich war. Schließlich waren sie hier im Supermarkt.

Nils wartete, bis sein Freund neben ihn getreten war.

"Sie ist der absolute Hammer", seufzte Niko leise.

"Deine Chance, Kumpel!" grinste Nils, "aber jetzt lass uns erst mal Zeug für's Schwimmbad kaufen, damit wir heute auch noch mal ankommen!"

Sie suchten zwei schlichte, blaue Handtücher heraus und für jeden eine Badeshorts. Da es nur zwei Sorten gab, fiel die Entscheidung nicht sehr schwer. Nils nahm die schwarze und Niko die karierte.

Sie konnten nur hoffen, dass die Dinger passen würden.

Dann gingen die beiden Jungs zu den Zwillingen herüber um zu sehen, ob die schon etwas gefunden hatten.

Jana hatte gleich einen schlichten, einfarbigen Bikini gewählt.

Mira zögerte noch. Sie konnte sich nicht zwischen dem bunt gestreiften und dem mit Blumen bedruckten Bikini entscheiden.

Verzweifelt schaute sie Nils an. "Den hier?" Sie hielt den gestreiften Bikini vor ihre Brust. "Oder den hier?" Sie zeigte das geblümte Modell.

"Hmmm." /Eigentlich ist es mir scheißegal./

Mira setzte einen Hundeblick auf.

"Nimm den gestreiften. Und nun kommt, wir wollen doch heute noch mal schwimmen! Es ist schon kurz nach zehn!"

Nils ging voraus zur Kasse und nahm sich auf dem Weg noch ein eingepacktes Brötchen mit.
 

Nachdem sie alle bezahlt und den Supermarkt verlassen hatten, schlugen sie

den Weg zum Schwimmbad ein. Nils ging flotter. Er wollte endlich ins Wasser.



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