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Blumenfarbspiel

von

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Kornblumenblau


 

Kornblumenblau

Kornblumen – Ich gebe die Hoffnung nicht auf
 


 

Hermine wartete. Sie wartete lange, bis selbst der letzte Gast das Haus verlassen hatte oder ins Bett gegangen war. Zuerst verabschiedete sich Kingsley, denn für einen Minister gab es keine freien Tage, selbst nach einem so großen Feiertag nicht.

Als nächstes gingen Arthur und Molly, sie wollten am nächsten Tag früh bei Bill und Fleur im Krankenhaus sein. Percy und Charlie verschwanden zurück zu ihren Frauen und George legte sich irgendwann vollkommen blau in ein freies Bett im Grimmauldplatz. Schließlich gingen Luna und Rolf ihre Wege – sie hatten am nächsten Tag eine Vorlesung – und Ron wurde von einer müden Lavender weit nach Mitternacht nach oben in ein Zimmer geschleift.

Übrig blieben Harry, Ginny, Minerva, Severus und sie. Ihr verschwommener Blick wanderte durch den Raum. Auch an Hermine war der lange Abend, der viele Alkohol und vor allem die Begegnung mit ihm, nicht einfach so vorbei gegangen. Ihr Hirn schien benebelt, ein blauer Dampf zog sich durch ihren Schädel, und ihre Gedanken fuhren im Kreis. Sie hatte sich zwar vorgenommen ihm – Severus Snape – zu sagen, dass sie ihn liebte und, dass sie in seiner Gegenwart verrückt wurde, aber mit jeder Minute, die verging, war sie sich dessen nicht mehr so sicher. Den wütenden Blick, den er ihr seit gefühlten Stunden zuwarf, unterbrach er nur äußert selten. Sei es, um sich etwas Neues zu trinken zu holen, oder weil er ob der plötzlichen Belagerung Minervas für einen Sekundenbruchteil verwirrt war. Wenn sie sich mit ihm unterhielt, hielt er es nicht für nötig sie anzusehen. Stattdessen warf er Hermine immer wieder einzelne Blicke zu. Mal mehr, mal weniger offensichtlich. Jeder Blick schickte Hermine einen Schauer über den Rücken und ließ sie erzittern. Ihr Herz schlug Saltos in ihrer Brust und sie war sich nicht sicher, ob es vom Alkohol oder der Aufregung kam, aber in ihrem Magen rebellierte es und sie wollte am liebsten aus dem Raum stürmen.

„Ich denke, ich gehe dann auch mal“, gähnte Minerva, kurz bevor die Uhr zwei schlug. Im selben Augenblick ruckte Harrys Kopf zu seiner besten Freundin und mit einem schelmischen Grinsen auf den Lippen, wandte er sich Ginny zu.

„Wir gehen dann auch hoch, oder?“, fragte er sie lasziv und gab ihr einen kleinen Kuss auf die Nasenspitze. Ginnys Augen begannen abrupt zu leuchten, ehe sie seine Hand ergriff und ihn beinahe aus dem Raum zerrte, aber nicht ohne über ihre Schulter ein fröhliches „Gute Naaaahaaacht“ zu rufen. Minerva verabschiedete sich von Hermine mit einer herzlichen Umarmung, nickte Severus kurz zu und verschwand dann ebenfalls.

Als Hermine die Haustür ins Schloss fallen hörte, schlug ihr ihr Herz bis zum Hals. Ihre Kopfhaut kribbelte, während sie Severus ansah. Die gesamte Länge des Raumes trennte die Beiden und niemand sagte auch nur ein Wort. In ihrem Kopf machten sich ihre Gedanken selbstständig. Sie sah sich auf ihn zugehen, ihren Kopf auf seine Brust betten und seinen Duft ganz tief einsaugen. Seine Arme schlangen sich um sie und er hielt sie einfach nah an seinem Körper. Doch diese schönen Gedanken wurden unterbrochen, als sie seine tiefe Stimme vernahm.

„Ich wusste gar nicht, dass Sie etwas an Potter finden“, schnarrte er süffisant und zog seine Augenbrauen noch tiefer in sein Gesicht, als ohnehin schon. Die tiefe Furche zwischen ihnen wurde mit jedem Millimeter tiefer.

„Ich... Was?“, stammelte sie verwirrt. Das Glas Wasser in ihrer Hand zitterte, ihr Mund stand offen und ihre Augen waren ob der sichtlichen Verwirrung aufgerissen.

„Sie haben sehr innig getanzt“, gab er zurück, ehe er das Glas an seine Lippen führte und einen Schluck des Blaubeer-Feenweins trank. Hermine musste augenblicklich lachen. Ein heiseres Kichern bahnte sich den Weg aus ihrer Brust und erfüllte den sonst stillen Raum mit lieblichen Klängen.

„Wir sind beste Freunde. Mehr nicht“, kicherte sie und musste sich die Seite halten. Es stach fürchterlich und fühlte sich an, als hätte sie direkt an Taille und Hüfte blaue Flecken.

„Lachen Sie mich etwa aus, Miss Granger?“, fragte er mit einer hochgezogenen Braue. Sein Tonfall bescherte ihr eine Gänsehaut und spätestens zu diesem Zeitpunkt konnte sie nicht mehr leugnen, dass sie in ihm mehr als ihren ehemaligen Professor sah. Ihre Lippen öffneten sich leicht und ein verklärter Ausdruck schlich sich in ihre Augen.

„Das würde ich nie wagen, Sir“, hauchte sie, während sie sich an ihrem Glas festklammerte, als wäre es ein rettender Anker im tosenden Meer ihrer Emotionen. Hermine sah, dass er schwer schluckte und mit jeder Sekunde, die verstrich, brandeten ihre Gefühle stärker an den Felsen ihrer Vernunft und versuchten diese in die endlosen Tiefen zu reißen. Sie wollte Severus berühren, seine fahle Haut unter ihren sensiblen Fingerspitzen spüren und ihm stundenlang in seine schwarzen Augen blicken.

„Das würde ich Ihnen auch raten.“ In seiner Stimme konnte man deutlich den Schelm hören. Er machte sich einen Spaß daraus, Hermine in Bedrängnis zu bringen. Und doch musste sie zugeben, dass sie es genoss, so unbeschwert mit ihm reden zu können. Hatte sie doch nach ihrer letzten Begegnung vor fast einem Jahr damit gerechnet, dass er sie ins Jenseits fluchen würde, würde er erneut auf sie treffen.

Severus' Beine fingen an sich zu bewegen und trugen ihn ans Buffet. Seine langen Finger fischten sich filigran eine Heidelbeere aus einer Schale, ehe sie sie in seinen Mund steckten. Hermines Fantasie ging mit ihr durch und bescherte ihr die absurdesten Gedanken.

Ihr Mund wurde trocken und sie war nicht mehr in der Lage etwas zu denken, geschweige denn zu sagen. Sie musste weg. Vor dieser erdrückenden und zugleich zu Dummheit verführenden Situation fliehen. Hermine atmete tief durch, ehe sie sich umdrehte und die Küche durch die Tür, die in den Garten führte, verließ.

Obwohl es Mai war, war es erstaunlich kalt. Sie atmete die kühle Nachtluft ein und ließ ihre Lungen mit dem Sauerstoff durchfluten. Sie weiteten sich und hießen es willkommen, dass ein azurfarbener Sturm durch ihre Gedanken wirbelte und diese ordnete. Sie konnte wieder klarer denken, wenn sie sich nicht ihm direkt gegenüber sah.

Hermine schloss ihre Augen und ließ das merkwürdige Gefühl von Freiheit auf sich wirken. Sie lauschte den Sirenen der mit Blaulicht vorbeifahrenden Polizeiautos, genoss die hellen Strahlen des Mondes auf ihrer Haut und sog den Duft der bereits schlafenden Blumen um sie herum ein. Hermine spürte einen leichten Luftzug in ihrem Nacken, doch sie drehte sich nicht um. Schließlich wusste sie genau, wer dort zu ihr gekommen war und sie wollte nicht wieder in dieselbe missliche Lage, wie kurz zuvor in der Küche, gelangen. Sein Geruch war das Erste, das sie wahrnahm. So nah und intensiv hatte sie ihn seit einer gefühlten Ewigkeit nicht mehr gerochen. Die blassblauen Bilder in ihrer Erinnerung bekamen Farbe und sie konnte sich besser, denn je, an die Zeit vor einem Jahr erinnern. Sie ließ sich von seinem Duft beflügeln, ihr Kopf schien einer unsichtbaren Anziehungskraft zu folgen und ihre Gedanken flogen hoch oben in den Wolken dem dunklen Universum entgegen.

„Kornblumen“, flüsterte Severus bloß, als er sich neben Hermine stellte. Der tiefe Klang seiner Stimme bescherte ihr eine Gänsehaut und sie musste ein wohliges Seufzen unterdrücken. Langsam öffnete sie ihre Augen und suchte mit ihrem Blick den Garten, der durch den Mond in ein schimmerndes Blau getaucht wurde, ab. Etwas rechts von ihr standen unzählige kleine Pflanzen zusammen und steckten ihre geschlossenen Köpfchen zusammen. Es sah aus, als wären sie extra für die Nacht näher zusammengerückt, um sich vor der Eiseskälte gegenseitig zu schützen. „Wissen Sie, was sie bedeuten?“ Severus hatte seine Stimme noch immer gesenkt, sie fügte sich perfekt in das idyllische Bild des ruhenden Gartens ein.

„Ich gebe die Hoffnung nicht auf“, antwortete Hermine leise. Ihre Stimme war nicht mehr als ein Hauch, der durch die dunkle Nacht schwebte und schließlich dem Ruf des Mondes folgte, um meilenweit davonzufliegen. Das Herz in ihrer Brust zog sich schmerzhaft zusammen, als ihr bewusst wurde, dass sie genau so empfand. Sie hatte die Hoffnung nicht aufgegeben.

Langsam drehte sie sich zu Severus um und hielt abrupt in der Bewegung inne, als sie bemerkte, dass er sie ansah. In seinen Augen spiegelte sich der Glanz der hellen Strahlen und in seinem Blick lag etwas, das Hermine nicht benennen konnte. Zwischen seinen Brauen bildete sich eine tiefe Furche und irgendwie fand sie, dass er besorgt – ja beinahe verzweifelt aussah. Aber sicherlich irrte sie sich.

Und dennoch beflügelte jeder Luftzug, der über ihre kribbelnden Lippen strömte, ihren Entschluss.

„Ich gebe die Hoffnung nicht auf“, flüsterte sie deshalb erneut, während sie ihm unablässig in die Augen sah. Ihre Sicht verschwamm, es schien, als würde sich um die Beiden eine Wolke aus blau-lila Rauch bilden. Hermine nahm nichts anderes mehr wahr, als Severus. In seinen Augen blitzte etwas auf, das nur Sekunden später wieder verschwand. Sie konnte es nicht deuten, doch sie war sich sicher wenigstens für den Bruchteil einer Sekunde so etwas wie Hoffnung gesehen zu haben.

„Es geht nicht.“ In seiner Stimme schwang Traurigkeit mit und bevor Hermine darüber nachdenken konnte, hatte Severus sich umgedreht und war mit wehenden Roben ins Haus gestürmt, nur um kurz darauf die Haustür knallend ins Schloss fallen zu lassen.

Zurück ließ er eine junge Frau, über deren Wange eine blau glitzernde Träne lief.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  MiezMiez
2015-11-23T19:03:55+00:00 23.11.2015 20:03
Och menno! Manchmal könnte man echt in die nächste Tischkante beißen. Du hast die Stimmung so richtig gut eingefangen. Bin gespannt wie es weiter geht.
Liebe Grüße MiezMiez


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