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BCT - Auf der anderen Seite

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Vorwort zu diesem Kapitel:
Ähm... Warum habe ich hier so lange nicht hochgeladen? Ich habe schon bis Kapitel 18 geschrieben, daher versichere ich, dass es jetzt etwas schneller geht. Mit dem Hochladen. *räusper* -.-
Pandora ist in der japanische Name von Arkana. Der Zauberer mit der Maske. Ich bin mir nicht sicher, ob ich größere Absätze machen sollte, um die Lesbarkeit zu erhöhen. Wenn es euch beim Lesen stören sollte, sagt Bescheid, ich hole es dann nach. Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Laaaanger Monolog in der Serie. Da ich nicht weiß, wie gut ihr euch an alles erinnert, behalte ich ihn in gekürzter Fassung bei, damit man alles versteht, ohne die Folge noch einmal sehen zu müssen.
Viel Spaß beim Lesen! Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Kann das ganze Battle City Turnier an einem einzigen Tag stattfinden? Ganz ehrlich, soviel kann nicht auf einmal passieren. Ich könnte mir vorstellen, dass am Ende der letzten Folge ein Tag endet, zumindest passt das vom Schnitt her ziemlich gut, also interpretiere ich das einfach mal so. Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Keine Ahnung, wie das passiert ist, aber irgendwie hat dieses Kapitel ganz gegen meinen Willen partiell eine unfreiwillige Komik, und egal, was ich unternommen habe, sie will einfach nicht weichen. Nun ja, warum nicht? Muss ja nicht immer alles so deprimierend ernst sein. Und ein wenig Aufheiterung vor dem nächsten kann auch nicht schaden. Komplett anzeigen

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Ewiger Alptraum

Mini-Vorwort: Diese Geschichte spielt zeitgleich ab der zweiten Staffel der Serie, nur eben erzählt aus einer anderen Perspektive. Als Vorlage habe ich aber die ungeschnittene, japanische Fassung der Serie verwendeet, daher könnte euch das ein oder andere etwas anders vorkommen, die meisten Szenen sind natürlich selbst erdacht, weil wir nicht wissen, was die Charaktere in dieser Zeit tun.
 

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Folge: zwischen Folge 55 (Dem Jäger in der Falle) und 56 (Yugi gegen Rare Hunter (1))
 


 

Wenn wir zu lange alleine sind, füllen wir die Leere mit Phantomen.

Guy de Mautpassant, Der Horla
 


 

Ryou rannte. Seine Lungen schienen von Flammen verzehrt zu werden, seine Waden schmerzten, als wollten die Sehnen reißen. Wieder und wieder trafen ihn scharfe, schmale Äste im Gesicht und hinterließen blutige Kratzer darauf, aber er versuchte nicht einmal, sich mit seinen Armen zu schützen.

Um ihn herum schien sich der Wald in jede Richtung auszudehnen wie ein Ozean. Sein Blick tastete jeden Flecken Erde ab, jedes Laubblatt, das auf dem Boden lag. Oben in der Burg kämpfte Yugi noch immer gegen Pegasus, aber der Ausgang dieses Duells konnte ihm kaum egaler sein. Das schwarze Loch in seinem Inneren schien ihn aufzufressen.

Das Atmen wurde zu qualvoll, er musste anhalten, lehnte gegen einen Baumstamm und wartete, bis sein Herz sich nicht mehr anfühlte, als würde es jeden Augenblick zerplatzen. Warum nur hatte Honda den Ring einfach blindlings in den Wald geschleudert, ohne ihn auch nur zu fragen? Er hatte kein Recht dazu gehabt! Ryous Faust sauste gegen hartes Holz. Wie sollte er ihn je wiederfinden? Seine Augen füllten sich mit Tränen, und er versuchte sich einzureden, dass es am Schmerz in seinen Fingerknöcheln lag.

Nur ein paar Meter von ihm entfernt lag eine kleine Lichtung. Verkohltes Gras kennzeichnete die Stelle, an der ein Lagerfeuer gebrannt haben musste. Kraftlos lief Ryou einen Schritt darauf zu. Er kannte den Ort. Hier hatte er mit Yugi, Anzu, Jonouchi und Honda gesessen. Hier hatte er Yugi zu einem Duell überredet, dass sie beide so schnell nicht vergessen würden; bei dem kleinen Baumstumpf, nur wenige Meter weiter – an dem Etwas golden glänzte.

Sein Herz machte einen Satz. Halb blind taumelte er darauf zu. Hätte er besser aufgepasst, hätte er den massigen Schatten gesehen, der zwischen den Bäumen auftauchte, und ihm den Milleniumsring vor der Nase wegschnappte.

Ryou sah, wie sich sein eigenes, ängstliches Gesicht in den Gläser einer Sonnenbrille widerspiegelte. Seine Stimme zitterte. „Bist du nicht – Bandit Keith?“

„Stimmt auffallend, Kleiner. Und schau nur, was ich Schönes gefunden habe.“ Haare und Kleidung des Amerikaners waren nass und er verströmte einen unverkennbaren Algengeruch, als wäre er gerade erst aus dem Meer gekrochen. Seine Finger glitten über den Milleniumsring, und Ryou kämpfte mit sich, um nicht vor Ekel und Wut das Gesicht zu verziehen.

„Der glitzert so schön. Hat bestimmt irgendein dummes, kleines Mädchen hier verloren.“ Keith grinste. Natürlich wusste er, dass der Ring Ryou gehörte, er hatte ihn schon mehr als einmal damit gesehen. „Scheint aus massivem Gold zu sein. Ist bestimmt ne Stange Geld wert. Dann hat sich der Weg auf diese Scheißinsel ja doch noch gelohnt.“

Ryou versuchte, Ruhe zu bewahren. „Das ist meiner.“

„Ist das so? Wer es findet, kann's behalten, oder?“ Keith lachte. Wahrscheinlich war ihm der Spaß, Ryou zu quälen, mehr wert als er für den Ring bekommen würde.

Wieder füllten Tränen Ryous Augen. Flehend sah er zu Keith empor, der ihn um mehr als einen Kopf überragte. „Der Ring ist ein Erinnerungsstück. Mein Vater hat ihn mir geschenkt.“

„Wenn er dir so viel wert wäre, hättest du besser auf ihn aufgepasst.“

Ryou bemühte sich, die Tränen zurückzuhalten. „Ich kaufe ihn dir ab!“

Wieder lachte Keith. „Klingt sehr gut! Was sagst du zu 3 Millionen Yen? Ein fairer Preis, oder?“

Das schwarze Loch in Ryous Seele schien immer größer zu werden. „So viel habe ich jetzt nicht“, flüsterte er tonlos.

„Tja, Pech!“ Keith wollte den Ring unter seine Weste verschwinden lassen.

„Warte!“ Ryou ballte die Hände zu Fäusten. Er wusste, dass es falsch war. Das es eine andere Lösung geben musste. Aber er war zu schwach, um sie zu finden. „Bitte – darf ich ihn noch einmal anfassen? Du musst ihn nicht einmal aus der Hand geben.“

Keiths Augen blieben hinter den Gläsern der Sonnenbrille verborgen. Eine gefühlte Unendlichkeit lang erwiderte er nichts. „Aber sicher. Soll ja keiner sagen können, ich wäre nicht großzügig.“

Ryous Hand schnellte nach vorne, und umfasste das Metall, dass unter seinen Fingern so heiß glühte, als wollte sich der Ring aus reiner Lust am Quälen in seine Haut brennen.

Hass, Schmerz, Wut, Angst, Verzweiflung; all das traf Ryous Körper wie ein Faustschlag, und er krümmte sich leicht unter diesem Ansturm. Wie ein Puzzle setzte sich das Bild zusammen, dass die Leere in seinem Inneren füllte, ein dunkles Flüstern, das die Einsamkeit durchbrach. Er seufzte erleichtert.

Dann schien ihn etwas an den Haaren zurückzureißen, aus seinem Körper hinaus, hinter die Glasscheibe, die sein Bewusstsein von der Außenwelt trennte. Er war nur noch der Beobachter dessen, was geschah.

Schwarzer Nebel zog zwischen den Bäumen auf. Bandit Keiths Mund klappte erstaunt auf.

„Das war ein Fehler“, höhnte Bakuras Stimme.
 

Das schrille, hohe Piepen des Weckers riss Ryou aus dem Schlaf. Neben ihm, auf dem Kopfkissen, lag der Ring. Ryou starrte ihn an, als läge dort eine zweite Person, und nicht ein uraltes Schmuckstück. Warum nur hatte er das verfluchte Ding damals nicht einfach auf der Insel gelassen? Warum hatte er ihn nicht Keith überlassen können?

Er schaltete den Wecker aus und stand auf.

In der Wohnung hatte sich Stille zwischen den geschmackvollen Designermöbeln breitgemacht. Das Radio und der Fernseher waren stumm, von den Nachbarn kein Ton zu hören. Nur der übergroße, verchromte Kühlschrank summte leise.

Ryou machte sich nicht die Mühe, aus seinem Kleiderschrank Klamotten für den Tag herauszusuchen. Es würde ihn eh niemand zu Gesicht bekommen, also konnte er ebenso gut das weite T-Shirt und die Boxershorts anbehalten, die er im Schlaf getragen hatte. Er trat an die Fensterfront im Wohnzimmer, und blickte 34 Stockwerke tief auf Domino City hinab. Der Himmel strahlte in leuchtendem Blau über den Menschen, die dort unten zielstrebig von A nach B eilten. Mit dem Fahrstuhl wäre er in einer Minute unter ihnen, und nicht mehr allein in einer viel zu großen und viel zu unpersönlichen Wohnung.

Oh, Ryou. Nicht das schon wieder. Du vergisst, dass du der Einzige von ihnen bist, der niemals einsam ist. Ich werde immer da sein.

Ryou schloss die Augen; er glaubte, dass ironische Grinsen auf Bakuras Gesicht förmlich vor sich zu sehen. Dessen Worte schwebten haarscharf an der Grenze zwischen Trost und Drohung; immerhin konnte Ryou sich aussuchen, was von beidem er im Augenblick hören wollte. Er entschloss sich für die pessimistischere Variante, und ging trotzig zur Stereoanlage herüber, um das Radio einzuschalten.

Dabei weißt du doch, dass ich immer lauter sein werde als das dämliche Radio.

„Halt die Klappe“, murmelte Ryou. Barfuß tappte er an den Schätzen seines Vaters vorbei, einem goldenen Armreif, der auf einem kleinen Podest lag, und der glücklicherweise keinen rachsüchtigen Geist in sich trug, und einer Reihe Fotos von Veranstaltungen, bei denen ihm Auszeichnungen überreicht worden waren. Auf einem schüttelte er Pegasus Crawford die Hand, auf dem anderen war er mit Arthur Hopkins zu sehen. Ryou lenkte seine Schritte in die Küche, kippte sich Cornflakes und Milch in eine Schüssel, und schlang sie hastig herunter, bevor sie pappig werden konnten. Die überdrehte Stimme eines Popsternchens quakte aus den Lautsprechern.

Was machen wir heute?

„Gar nichts. Ich lerne“, antwortete Ryou zwischen zwei Bissen.

Es sind Sommerferien. Ich weiß, es macht dir Spaß mich zu langweilen. Aber mir fallen da ein paar sinnvollere Dinge ein. Lass uns rausgehen. Das Battle City Turnier fängt heute an.

Ryou ließ den Löffel sinken. „Wenn du alle sieben hast... Dann wirst du gehen, oder? Dann lässt du mich allein.“ Seine Hände krallten sich um die Tischplatte, sodass die Knöchel weiß hervortraten.

Bakura stöhnte genervt. Wie oft soll ich es dir noch sagen? Ich bin genauso froh wie du, wenn ich dich los bin. Ich habe schon versucht, mir einen anderen Körper zu besorgen, weißt du noch? Ich hätte damals sogar Mokuba genommen, obwohl er noch ein halbes Kind ist, nur um von dir wegzukommen. Seine Stimme nahm einen bedrohlichen Unterton an. Wenn ich alle sieben Milleniumsgegenstände habe, werde ich aus deinem Kopf verschwinden, und wenn du mir nicht wieder in die Quere kommst, sondern mitarbeitest wie vereinbart, dann wird es schneller gehen.

Ryou ballte seine leere Hand zu einer Faust. „Wie vereinbart...“, sagte er bitter. „Ich kann mich nicht daran erinnern, dass wir vereinbart hatten, dass du versuchst, meine Freunde zu töten.“ Der Gedanke, wie er selbst im Königreich der Duellanten Bakura geholfen hatte, ein Schattenspiel gegen den Geist des Milleniumspuzzles zu beginnen, verfolgte ihn beinahe täglich. Wie er seine Freunde verraten hatte, ihnen etwas vorgespielt hatte, ohne zu wissen, dass, hätte Bakuras Plan funktioniert, sie alle dabei gestorben wären. Nur weil er, Ryou, sich gegen ihn gewendet hatte, hatte Yugis anderes Ich sie retten können.

Bakura lachte hämisch in Ryous Kopf. Freunde! Ja, tolle Freunde hast du! Wann hat dich das letzte mal Anzu angerufen? Wann hast du Jonouchi zuletzt gesehen? Deine sogenannten Freunde interessieren sich nicht für dich. Sie dulden dich nur aus Höflichkeit, wenn du gerade da bist. Ein Zaungast, der dem Pharao zujubeln darf. Ich bin der einzige Freund, den du hast!

Ryou schob die Schüssel von sich. Ihm war der Appetit vergangen.

Jetzt mach schon diesen verdammten Lärm aus!

Ryou schüttelte den Kopf, und spürte Bakuras Verstimmung als wäre es seine eigene. Eine trotzige Zufriedenheit kam dazu, und am Ende konnte er kaum mehr sagen, welches Gefühl ihm gehörte, und welches dem anderen.

„Sperrt die Lauscher auf!“ trällerte die Radiomoderatorin. „Wer heute zur Arbeit muss, sollte auf Bus oder U-Bahn ausweichen. Wegen des Battle City Turniers der Kaiba Cooperation sind ab heute die Straßen der ganzen Innenstadt gesperrt. Und auch die Fußgänger sollten sich vor freifliegenden Drachen und um sich schlagenden Trollen in Acht nehmen.“ Sie lachte gekünstelt. „Allen Teilnehmern wünschen wir natürlich viel Spaß und Erfolg!“

Ryou stand auf, und ging nun doch, entgegen seines Vorsatzes, zum Kleiderschrank und wollte nach seinem Lieblingspullover greifen.

Das ist nicht dein Ernst, Schwachkopf! Draußen sind 25 Grad, und das Ding kratzt. Außerdem sehen wir damit aus wie Streber.

Bakura lenkte Ryous Aufmerksamkeit auf ein blau-weiß gestreiftes T-Shirt, und ein leichtes Hemd.

Und wehe, du knöpfst das zu!

Ohne Wiedergedanken zog Ryou an, was Bakura wollte, griff nach dem Duel Monsters Deck, das dieser zusammengestellt hatte, und steckte es in seine Hosentasche. Wo war eigentlich sein eigenes Deck? Wann hatte er überhaupt das letzte Mal gespielt? Eigentlich spielte es keine Rolle; nachdem er als leibhaftige Wandel-des-Herzens-Karte auf dem Spielfeld gestanden hatte und bereit gewesen war, sein Leben zu opfern, um Bakuras Tat ungeschehen zu machen, war ihm die Lust daran gründlich vergangen.

Der Blick in den Spiegel versetzte ihm einen Stich. Immer musste er daran denken, wie es aussah, wenn Bakura dasselbe tat. Die Finsternis, die von ihm ausging, die Augen voller Hass. So wollte Ryou nicht aussehen. Noch schlimmer war, dass niemand in seiner Umgebung die Veränderung zu bemerken schien, die für ihn so schmerzhaft offensichtlich war. Gewissenhaft bemühte er sich darum, seine weißen Haare in Ordnung zu bringen und versteckte den Milleniumsring unter seinem T-Shirt.

Dafür, dass du nichts von mir sehen oder hören willst, denkst du ziemlich viel über mich nach.

Gelächter füllte Ryous Gedanken, dann zog Bakura sich in entferntere Tiefen zurück. Nur noch leise war seine Präsenz zu spüren, wie ein stechender Blick, den man im Nacken fühlte.

Ryou schlüpfte in seine Schuhe und griff nach dem Wohnungsschlüssel, der neben der Tür hing. Sein Blick fiel auf sein Handy. Eine Nachricht auf der Mailbox. Einen Augenblick lang funkte unerhörte Hoffnung in ihm auf, dass es einer seiner Freunde war und Bakura Unrecht hatte. Immerhin hatte er, nun ja, eher Bakura, Yugi dabei geholfen, Bandit Keith loszuwerden und sein Milleniumspuzzle zusammenzusetzen, einigermaßen... Wenn man es genau betrachtete... Jedenfalls war er anwesend gewesen, und die Chance bestand, dass Yugi sich an ihn erinnerte.

Er wählte seine Mailbox an und konnte nur mühsam ein enttäuschtes Aufstöhnen unterdrücken, als er die abgehakte Stimme seines Vaters hörte.

Du Idiot. Hast du ernsthaft geglaubt, der große Yugi Muto würde sich herablassen, dich anzurufen?

„Ryou, ich wollte dir nur sagen, dass es in Karnak noch etwas länger dauert. Die Behörden machen mal wieder Ärger, und es verzögert sich alles, aber keine Sorge, nur ein paar Wochen. Schreib mir eine Email, solltest du noch Geld brauchen, und drück mir die Daumen, dass ich dieses mal mehr finde als ein paar kaputte Tonkrüge...“

Ryou drückte ihn weg, und steckte sein Handy in die noch freie Hosentasche. Was hatte er erwartet? Was hatte er je von seinem Vater bekommen, außer den verfluchten Ring?

Das schönste Geschenk aller Zeiten. Wir sind doch Freunde, oder, Ryou-chan?, höhnte Bakura in seinem Kopf. Ryou öffnete die Wohnungstür, und versuchte, ihn zu ignorieren.

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Folgen, auf die Bezug genommen wird:

Folge 12 – Kraftprobe mit Rotauge (Am Ende stößt Ryou zur Gruppe dazu; er ist es auch, der das Duell vorschlägt)

Folge 13 – Bakuras Trick (Das erste Schattenduell zwischen Bakura und dem Pharao)

Folge 35-39 – Das Milleniumsduell (Bakura macht sich auf die Suche nach Mokubas leeren Körper, um Ryou zu verlassen; Honda wirft den Ring in den Wald)

Folge 51 – Ein geheimnisvoller Duellant (Bakura hilft Yugi im Kampf gegen den von Marik besessenen Keith, um von einem Teil des Milleniumspuzzles Besitz ergreifen zu können)

Einer der Seelen jagt

Folge: vor Folge 56 und 57 (Yugi gegen Rare Hunter I+II)
 

Bakura verriet Ryou nicht, wohin dieser gehen sollte. Ziellos irrte er durch die Straßen und blieb stehen, um zwei Duellanten zuzusehen, die den offiziellen Beginn des Turniers nicht erwarten konnten. Beide Kontrahenten trugen die neue DuelDisc, für die die Kaiba Cooperation schon seit Wochen penetrant Werbung machte. Allerdings musste Ryou zugeben, dass Kaiba sich bei seiner neuesten Erfindung selbst übertroffen hatte. Hologrammprojektoren ließen Amazonen-Kriegerinnen und Zombiedrachen so lebensecht in der Mitte der Straße auferstehen, dass nicht wenige Fußgänger stehen blieben und staunten. Ein kleines Mädchen weinte, als ein Zombie-Clown aus dem Boden kroch. Was sie wohl zu Bakuras Deck gesagt hätte?

Um die Duellanten scharte sich eine kleine Menschenmenge, obwohl die zwei miserabel spielten und keiner erkennbaren Taktik folgten. Eine Gruppe Schülerinnen stand nicht weit von Ryou entfernt. Zwei von ihnen sahen zu ihm herüber und kicherten.

Die Dunkelhaarige gefällt mir... So eilig haben wir es auch wieder nicht, und wir sind noch nicht weit von deiner Wohnung entfernt. Lad sie doch auf einen Kaffee ein...

Ryou wollte antworten, und erinnerte sich im letzten Augenblick, dass scheinbare Selbstgespräche in der Öffentlichkeit nicht besonders gut ankamen. Er konzentrierte sich, um seine Worte so deutlich wie möglich in Gedanken zu formulieren. 'Vergiss es! Solange du da bist, werde ich noch nicht einmal mit einem Mädchen sprechen.'

Nimmst du mir das immer noch übel? Ich habe 3000 Jahre lang nichts gegessen, getrunken, oder auch nur einen nackten Körper gesehen. Und du lässt mich nur deinen sehen. Nicht, dass ich was gegen ihn hätte...

Bakuras schmutziges Grinsen stahl sich auf Ryous Gesicht.

Es ist doch nichts Falsches dabei, günstige Gelegenheiten zu nutzen, oder?

'Ich weiß bis heute nicht, was du mit Miyako gemacht hast. Sie wollte kein Wort mehr mit ihr reden!'

Willst du es wissen?, fragte Bakura lauernd. Ich kann so detailliert werden, wie du willst.

Ryous Gesicht wurde heiß. Er musste seine Gedanken nicht formulieren.

„Hi“, ertönte eine helle Stimme neben ihm.

Ryou zuckte zusammen, und drehte sich um. Es war das dunkelhaarige Mädchen. Nicht weit entfernt standen ihre Freundinnen dicht gedrängt und sahen mit großen Augen zu ihnen herüber.

„Ich bin Yoko“, sagte sie, und wickelte eine Strähne ihres langen, schwarzen Haares um ihren Zeigefinger.

Bakura zerrte an Ryou. Sich gleichzeitig darauf zu konzentrieren, ihn zurückzudrängen, und eine möglichst unbeteiligte Mine aufzusetzen, glich einem Kraftakt. „Ich glaube nicht, dass wir uns kennen“, antwortete Ryou abweisend.

„Das könnte sich ändern. Hier in der Nähe ist ein kleines Café, wollen wir nicht zusammen hingehen?“, fragte sie und sah ihn mit großen, dunkelbraunen Augen an.

Sehen aus wie deine, Ryou-chan, so naiv und unschuldig. Na los, lad sie zu uns nach Hause ein.

Ryou versuchte, so gut er konnte Kaibas Tonfall zu imitieren. "Ich habe zu tun."

„Vielleicht später?“

Die wirst du nicht so schnell los.

Ryou schnaubte verärgert und entschuldigte sich innerlich bei Yoko. „Verstehst du es nicht? Ich habe kein Interesse an dir. Ich will dich nicht kennenlernen, also verzieh dich!“

Yoko riss die Augen auf. Ihre Hände krallten sich um ihren Rocksaum, und sie senkte den Kopf. „Entschuldige bitte.“

Sie würde nie erfahren, dass er ihr einen Gefallen getan hatte. 'Ich hasse dich, Bakura.'

Ist es nicht ein schönes Gefühl, jemanden aus tiefstem Herzen hassen zu können?

Ryou wandte sich ab, und ließ die Zuschauermenge hinter sich. Etwas abseits sah er Yoko im Kreise ihrer Freundinnen. Sie weinte. Eines der anderen Mädchen warf Ryou einen bösen Blick zu.

Er atmete tief ein, aber der Druck auf seiner Brust wurde nicht schwächer.

Er lief Richtung Innenstadt. Mittlerweile bereute er es, seine Cornflakes nicht gegessen zu haben, jetzt knurrte ihm der Magen. Das Licht der Sonne gleiste auf den verspiegelten Wänden der Hochhäuser. Es war heißer, als er erwartet hätte, und er war froh, dass er nicht den Pullover angezogen hatte. Heute fuhren keine Autos auf den Straßen, das Zentrum von Domino war eine einzige, große Fußgängerzone geworden. Mütter mit Kinderwagen und alte Ehepaare spazierten auf den Straßen wie an einer Strandpromenade. Unter seinem T-Shirt regte sich der Milleniumsring, und er hielt ihn hastig mit der Hand fest, damit es niemandem in seiner Umgebung auffiel.

Ganz oben, auf dem Dach dieses Shoppingcenters.

'Da oben ist nur ein Spielplatz für die Kinder der Kunden. Was wollen wir da?'

Mach einfach.

Wie immer folgte Ryou Bakuras Stimme. Ihm behagte der Gedanke nicht so Recht, denn was immer dort zu finden war, es konnte nur Ärger bedeuten.

Er hatte sich richtig erinnert. Auf dem Dach gab es einen Spielplatz, und sogar ein kleines Karussell in Form einer Eisenbahn. Es war ungewohnt voll, und entgegen seiner Erwartungen konnte er kaum Kinder entdecken, dafür aber Duellanten, unschwer an den DuelDiscs an ihren Armen zu erkennen. Ryou schaute sich um und erkannte Yugi im Getümmel. Mit der Frisur war er auch trotz seiner Körpergröße schwer zu übersehen. Zögerlich machte Ryou einen Schritt auf ihn zu. "Hallo, Yugi." Er zwang sich ein Lächeln auf die Lippen. Er sprach gerne mit Yugi, aber die Gefahr, es mit dem Pharao zu tun zu bekommen, machte jede Begegnung mit ihm zu einem Glücksspiel.

„Bakura-kun. Lange nicht gesehen. Wie geht es dir?“ Yugis Blick glitt nach unten, wo der Milleniumsring gut versteckt unter Ryous T-Shirt hing.

Na komm schon, Ryou. Zeig dein bestes Talent und lüg, dass sich die Balken biegen. Sag ihm, wie gut es dir geht.

Ryou lachte. „Großartig! Es sind Ferien und ich habe sturmfreie Bude.“ Er warf Yugi einen Blick zu, war aber nicht sicher, ob er es mit ihm, oder dem Pharao zu tun hatte.

„Und du hast in letzter Zeit nichts gehört von...?“

Ryou unterdrückte ein Seufzen. Wann immer er mit seinen Freunden sprach, ging es immer nur um Bakura. Als hätte er ohne ihn keine Existenzberechtigung. „Seit Honda den Ring für mich losgeworden ist, habe ich meine Ruhe. Es ist fast ein bisschen langweilig geworden.“

Yugis Augen verengten sich zu Schlitzen – nein, die des Pharaos. Jetzt war es offensichtlich.

„Aber nur fast“, fügte Ryou hastig hinzu und zeigte auf Yugis DuelDisc. „Ich hätte mir denken können, dass du teilnimmst.“

Der Pharao lehnte sich an eine Mauer. „Ich verstehe das schon. Wenn man so lange den gleichen Körper teilt, wird es egal, wie unterschiedlich man ist. Zuerst gewöhnt man sich an den anderen. Und später...“

„Ich werde mich nie an ihn gewöhnen!“ Du Volltrottel! „Ich meine- ich würde mich nie an ihn gewöhnen, wenn er noch da wäre. Außerdem weiß ich nichts von ihm. Ich kann mich nicht an das erinnern, was er getan hat.“

Der Pharao warf ihm einen misstrauischen Blick zu. „Bei uns war es es am Anfang auch so. Aber irgendwann hat sich das geändert...“ Der Pharao sah ihn an, als erwarte er darauf eine Antwort, und Ryou biss sich auf die Lippen. Das Schweigen wurde lang und länger, und schließlich war es der Pharao, der wieder sprach. „Als Yugi damals das Puzzle zusammengesetzt hat, hat er sich etwas gewünscht, und ich habe es ihm erfüllt. Hast du dir etwas gewünscht, Bakura-kun?"

Ryou versteckte seine Hände hinter dem Rücken und lachte. Es klang schrill in seinen eigenen Ohren. „Ich kann mir kaum vorstellen, dass der Ringgeist irgendjemandem je einen Wunsch erfüllen würde.“ Was war das hier? Ein Verhör? Ryou wäre am liebsten weggelaufen. Hätte er Yugi bloß nicht angesprochen.

„Hast du eigentlich gehört, was mit Pegasus passiert ist?“, fragte der Pharao und trat einen Schritt auf Ryou zu. Seine Hand nähert sich langsam Ryous T-Shirt, so als wollte er sichergehen, dass der Milleniumsring nicht da war.

Ryou machte einen hastigen Schritt zurück. „Nein, woher sollte ich das wissen?“ Wie konnte er es nicht wissen? Er erinnerte sich an das Gefühl von Pegasus Augenlid an Bakuras Hand, als er ihm das Milleniumsauge herausriss. Übelkeit machte sich in ihm breit.

Genug von dem Geplänkel. Frag ihn, warum sie überhaupt an diesem schwachsinnigen Turnier teilnehmen. Sitzt Yugis Großvater mal wieder in einem Turm fest und ruft um Hilfe, wie eine kleine Prinzessin?

"Was macht ihr eigentlich hier? Willst du deinen Titel verteidigen, oder hat es mit diesem Turnier mal wieder etwas anderes auf sich?" Ryou spürte, wie seinen Wangenmuskeln verkrampften. Wenn es nur wäre wie damals. Konnte schon sein, dass sie ihn nur in der Gruppe geduldet hatten. Aber das war besser als das hier. Es hatte ihm immerhin das Gefühl gegeben, Freunde zu haben.

Wahrscheinlich ist es ziemlich friedlich, wenn man seine eigenen Lügen glauben kann.

„Warum fragst du, Bakura-kun?“, wollte der Pharao wissen.

Er wusste es. Er war der Einzige, der Ryou schon lange durchschaute, und der Einzige, der den Unterschied zwischen ihm und Bakura erkannte. Dafür hasste und bewunderte Ryou ihn gleichermaßen. „Warum nennst du mich nicht einfach Ryou?“ Bakura hatte ihm den Namen gestohlen, wie so vieles andere auch. Er wollte ihn nicht mehr hören.

Der Pharao legte den Kopf schief und lächelte, ohne etwas zu antworten. Seine violetten Augen blieben unergründlich.

„Tja, also, wie du willst. Ich muss dann auch weiter. Wir sehen uns bestimmt später.“ Ryou hob seine Hand zum Abschied, ohne, dass sich an der Mine des Pharaos etwas änderte. Dann wagte er es, sich herumzudrehen, und zu gehen.

„Ja. Das fürchte ich auch.“

Ryous Fingernägel bohrten sich in seine Handballen. Ein großes, schmerzhaftes Geschwür schien in seiner Luftröhre zu wuchern.

„Warte!“ Yugis Stimme klang viel weicher als noch vor Sekunden.

Ryou blieb stehen und drehte sich zu ihm herum.

Yugi lachte unsicher. „Es tut mir wirklich leid. Ich habe ganz vergessen, mich bei dir zu bedanken. Du hast mir neulich geholfen. Uns beiden. Manchmal vergisst er das. Er kann ziemlich misstrauisch sein, weißt du?“

Und du ziemlich naiv, kleiner Yugi.

„Das macht ja nichts“, erwiderte Ryou mit schwachem Lächeln. „Dafür kannst du ja nichts. Das weiß niemand besser als ich.“

Yugi sah ihm fest in die Augen. „Ich hoffe, wir sind dir nicht zu nahe getreten. Mein anderes Ich macht sich Sorgen um mich. Es gibt Dinge zu erledigen, und es wäre schön, wenn dieses Mal nicht das Leben von Menschen in Gefahr geraten würde, die uns nahestehen.“ Er senkte seine Stimme und wurde nachdenklich. „Du weißt, wie es ist, Besitzer eines Milleniumsgegenstandes zu sein. Vielleicht sucht er auch nur jemanden, mit dem er darüber reden kann.“ Yugi verstummte.

Ryou war nicht sicher, ob er wirklich vom Pharao, oder von sich selbst gesprochen hatte. Jetzt blickte sein Klassenkamerad mit großen Augen in weite Ferne, als würde er einer geheimen Musik lauschen, die nur er hören konnte. Kein Zweifel, dass er gerade mit der zweiten Seele sprach, die seinen Körper bewohnte. Dann zuckte er zusammen. „Ich muss gehen. Wir sehen uns, Bakura-kun.“

Damit ließ Yugi ihn stehen. Ryou ließ den Kopf hängen, und verließ das Dach, schon wieder ohne ein konkretes Ziel zu haben. Auf den Straßen von Domino war es unruhig geworden. Die Menschen tuschelten, und sahen sich an, als würden sie auf etwas warten.

Ein Schatten verdunkelte den Himmel, und im ersten Moment glaubte Ryou, dass sich das Wetter verschlechterte. Dann sah er einen Zeppelin über sich hinwegfliegen. „Willkommen in Battle City, Duellanten!“, dröhnte Kaibas Stimmen durch die Straßen.

Ryou schüttelte den Kopf. Warum belästigte Kaiba die Allgemeinheit mit seinem übergroßen Ego? Ihn interessierte all das nicht.

Mich schon! Also hör gefälligst zu. Wer weiß, wozu es noch gut ist?

Der Zeppelin war weitergeflogen, aber Kaibas Stimme war noch immer laut und deutlich zu hören.„Ich erkläre euch jetzt die Wettbewerbsregeln. Alle, die hier versammelt sind, sind von der Kaiba Cooperation ausgewählte Duellanten des Ranges 5 oder höher. Die DuelDiscs an euren Armen dienen als Beweis dafür. Die ganze Stadt dient als Austragungsort für diesen Wettstreit. “

'Wen interessiert das? Wir werden nicht teilnehmen, selbst wenn wir wollten. Wir sind nicht eingeladen worden.'

Ich habe gesagt, du sollst zuhören!

Kaiba fuhr fort. „Der Verlierer übergibt dem Sieger eine seltene Karte, die der Sieger auswählen darf. Das bedeutet, je weiter ihr kommt, desto stärker werdet ihr. Nur acht Teilnehmer werden es in die Endrunde schaffen. Der Austragungsort des Finales ist ein geheimer Ort irgendwo in der Stadt. Nicht einmal ich weiß, wo es stattfinden wird.“

Ryou seufzte. So viel Aufhebens, nur damit Kaiba für seine neuen Produkte Werbung machen konnte.

Sei nicht so dumm, Ryou. Kannst du dir vorstellen, was all das kostet? Mit diesem Turnier muss es mehr auf sich haben, als auf den ersten Blick zu sehen ist.

„Der Gewinner eines Duells bekommt die Lokalisierungskarten seines Gegners. Nur die, die sechs Stück gesammelt haben können den Austragungsort des Finales finden.“

Ryou, ich habe eine schlechte Nachricht für dich.

Ryou zuckte zusammen. „Was?“, flüsterte er, und vergaß seinen guten Vorsatz, in der Öffentlichkeit keine Selbstgespräche zu führen.

Bakura antwortete nicht; stattdessen zog und zerrte es wieder an Ryou, der wie paralysiert stehen blieb. Ich bin jetzt dran.
 

Ein sauberer Parkettfußboden erstreckte sich unter Ryou. Die linke Wand war sauber und weiß, und eine schön verzierte Holztür führte in sein Zimmer. Die andere Seite des Ganges war in undurchdringliche schwarze Schatten gehüllt. Bakuras Zimmer war tabu für ihn. Ryou hatte nie versucht, dort hineinzugehen.

Ryou öffnete die Holztür. Sein Zimmer hatte sich verändert in letzter Zeit, auch wenn immer noch alles so penibel sauber war, wie am ersten Tag, an dem er sich an diesem Ort in seiner Seele wiedergefunden hatte. Ein großes Fenster zeigte ihm, was Bakura sah und sagte, genau gegenüber stand ein großes, weiches Bett. Es fehlten nur noch Popcorn und ein großer Becher Cola für das Heimkino in seiner Arrestzelle. An einer weiteren Wand stand ein Regal mit seinen Lieblingsbüchern, aber danach stand ihm jetzt nicht der Sinn. Stattdessen ging er zu seiner Kommode herüber, über der ein kleiner Spiegel hing. Stundenlang hatte er hineingestarrt, um nicht zu vergessen, wer er war. Darunter reihten sich Fotos von Anzu und Yugi, von Honda und Jounouchi, Gruppenfotos von ihnen allen, inklusive ihm selbst. Eine Erinnerung, wie sie gemeinsam vor den vermeintlichen Todesfallen in Pegasus Höhlen flohen. Wie sie alle den Pharao beim Duell gegen Kaiba auf den Burgzinnen beigestanden hatten.

Ryou seufzte schicksalsergeben. Er hatte es schon lange aufgegeben, zu versuchen, Bakura zu verdrängen. Warum auch? Er war gerade eben eh nur wie eine Marionette für ihn durch die Stadt gewandelt. Also warf er sich aufs Bett, versuchte es sich bequem zu machen, und schaute zu, was Bakura tun würde.
 

Es wurde Zeit, diesen Tag systematisch anzugehen. Ryou hatte Zeit verschwendet. Auch wenn die letzten Jahrtausende im Schneckentempo vorübergezogen waren, war jetzt jede Minute kostbar. Bakura machte sich auf den Weg, und gönnte sich lediglich einen kleinen Abstecher, um eine Bentobox aus einem Laden zu klauen.

Ich habe Geld im Portmonee, Bakura. Das war vollkommen unnötig!

Bakura schaltete auf Durchzug. Er war nicht bereit, sich sein Frühstück von der lästigen Stimme in seinem Kopf vermiesen zu lassen. Das Battle City Turnier war ein Zeichen, und die dunkle Macht, die von Keith ausgegangen war, als er sich mit Yugi duelliert hatte, machten aus Bakuras Verdacht eine unumstößliche Sicherheit. Die Stadt flirrte von den Energien, die die Milleniumsgegenstände verströmten.

Er stopfte sich das letzte Reisbällchen in den Mund, und warf die Plastikpackung achtlos auf den Boden. Eine ältere Dame schaute ihn empört an, und er schenkte ihr ein breites Grinsen.

Noch im Gehen zog er den Milleniumsring hervor, den Ryou versteckt hielt wie ein Alkoholiker seinen Schnapsvorrat.

Keine Reaktion.

Bakura knurrte. Also blieben ihm nur zwei Optionen. Bandit Keith suchen, oder dem Pharao folgen. Keith schien unter dem Einfluss eines der Gegenstände gehandelt zu haben. Allerdings bezweifelte er, dass Keith ihm sagen konnte, wo sich dieser Gegenstand befand. Oder auch nur ein Wort herausbringen würde, wenn sie sich trafen. Ein finsteres Lächeln umspielte Bakuras Lippen, als er an den Gesichtsausdruck des Amerikaners dachte, als Bakura ihn über die Klippen gestoßen hatte, zurück in das Meer, aus dem er gerade gekrochen war.

Der Pharao wiederum war nahezu ein Magnet für Spinner, die glaubten die Macht der Millenumsgegenstände zu ihren Gunsten nutzen zu können.

Gilt das auch für dich?, fragte Ryou.

So mutig war er nur, wenn er sich sicher fühlte.

Bakura drehte um, und kehrte wieder auf den Platz zurück, an dessen Ende das Shoppingcenter lag.

Yugi hatte das Dach verlassen; unglücklicherweise nicht auf dem Weg, der Bakura am besten gefallen hätte. Nun stand er, umringt von Gaffern, in der Mitte des Marktplatzes einem anderen Duellanten gegenüber. Der Pharao verlor wirklich keine Zeit.

Bakura platzierte sich halb versteckt hinter einer Blumeninsel auf der Mitte des Platzes, deren Gebüsch ihm ausreichend Sichtschutz bot.

Offensichtlich hatte der falsche Yugi ein neues Deck zusammengestellt; seinen Gegner schien das kaum zu kümmern. Er zog immer weiter Karten, als käme es gar nicht darauf an, was der Pharao tat. Bakura schnaubte. 'Er wartet auf Exodia. Die alte Dame habe ich schon lange nicht mehr in Aktion gesehen.'

Du wirfst mir vor, dass ich Zeit verschwenden, und jetzt schaust du dir ein idiotisches Kartenspiel an.

'Du hast keinen Blick für das Wesentliche, Ryou. Schau dir den Typen an. Dieser Umhang, diese Stiefel. Und dann die Tatsache, dass er Exodia benutzt. Die bekommt man nicht gerade an jeder Straßenecke hinterhergeworfen. Das ist nicht irgendein Duellant. Er trägt das gleiche Outfit wie Bandit Keith. Wenn diese zwei zusammengehören, erfahren wir also vielleicht auch etwas über die Person, die ihn lenkt, und damit etwas über den nächsten Millenumsgegenstand. Wir müssen nur warten, bis das Duell beendet ist, und dann unterhalten wir uns mal ganz nett mit diesem Kerl.'

Bakura konnte Ryous Verblüffung fühlen.

Für ihn war der Gedankengang naheliegend. Aber er hatte auch viel Zeit gehabt, über diese Dinge nachzudenken; sehr viel Zeit.

Der unbekannte Duellant spielte die Lichtschwerter, und Bakura warf einen Blick auf die Uhr, die über dem Marktplatz thronte. Kein Zweifel, dass der Pharao gegen so einen Stümper gewinnen würde; es würde allerdings nicht schaden, wenn er sich etwas beeilte.

Endlich verpasste Gamma, der Magnetkrieger dem Unbekannten den letzten Schlag, und der Pharao und sein blondes Anhängsel plünderten dessen Deck. Etwas, was Bakura an diesem Turnier gefiel. Der falsche Yugi nahm es sich sogar heraus, eine handvoll Karten zu zerreißen; immerhin wusste er, was Spaß war.

Er hatte sicher einen Grund dafür!

'Spaß ist auch ein Grund, Ryou-chan.'

Ein Schrei schallte über den Marktplatz. Der unbekannte Duellant sprang auf und hielt sich den Kopf.

Was geht da vor?

'Keine Ahnung. Wir müssen näher ran.' Bakura näherte sich dem Duellplatz, genau darauf bedacht, nicht in dem Blickwinkel von Jounouchi oder dem Pharao aufzutauchen, bis er die Worte des Unbekannten verstehen konnte. „Er ist da! Helft mir!“

Bakura hob eine Augenbraue. Entweder der Kerl schauspielerte, war ein verdammt schlechter Verlierer, oder es wurde jetzt interessant.

Das Udjat-Auge leuchtete auf seiner Stirn auf. Offensichtlich traf letzteres zu. „Es ist Zeit vergangen seit unserem letzten Treffen, Yugi.“ Die Stimme des Fremden hatte sich verändert. Er klang jünger, kühler, selbstbewusster. Bakura jubelte innerlich. Das war der, den er gesucht hatte. „Der Mann gegen den du gekämpft hast, war der Schwächste meiner Raritätenjäger. Wir Ghoule sind so viel mächtiger. Der Mann mit dem ihr sprecht, ist nicht derjenige, den ihr vor euch seht. Ich selbst bin an einem Ort, der viel weiter entfernt ist.“

Konnte der sich nicht etwas weniger wage ausdrücken?

„Ich habe ein wenig von mir selbst in meinem Raritätenjäger hinterlassen, so dass ich ihn nach Belieben kontrollieren kann.“

Oh nein... Noch so einer.

Bakura überhörte Ryou. Wenn der Milleniumsgegenstand, über den dieser Mann verfügte, diese Macht hatte, dann würde es ein Spaziergang werden, die restlichen Gegenstände zu bekommen. Welche Möglichkeiten ihm damit offen standen... Bakura zitterte vor Aufregung.

Der ferngesteuerte Duellant verbog und drehte sich in der Luft, wurde umhergeschleudert und landete dann wieder auf seinen Füßen. „Wie du bin auch ich einer derjenigen, die von den Milleniumsgegenständen auserwählt wurden. Ich kontrolliere alles, was dieser Mann tut, mit dem Milleniumsstab.“

'Wunderbar. Jetzt erzähl uns doch bitte noch, wo wir dich finden, dann hast du mich für heute sehr, sehr glücklich gemacht.'

Du bist noch unheimlicher, wenn du glücklich bist.

„Wie auch immer, ich schätze, ich habe mich noch nicht vorgestellt. Mein Name ist Marik. Ich bin auf der Suche nach den legendären Götterkarten, die in dieser Zeit wiedererweckt wurden. Obelisk, der Kriegsgott, Osiris, der Himmelsdrache und Ra, der Sonnendrache. Derjenige, der sie alle in seinen Besitz bringt, wird zum neuen Pharao aufsteigen, und eine Macht erhalten, stark genug, um die ganze Welt zu kontrollieren.“

Bakura verdrehte die Augen. Was für ein Idiot. Wie sollte sein Plan denn aufgehen, wenn er ihn ausgerechnet dem Pharao haarklein schilderte?

Marik fuhr fort, durch den Körper des Raritätenjägers zu sprechen. „Zwei befinden sich bereits in unserem Besitz und die letzte hält irgendjemand in dieser Stadt in seinen Händen. Einer meiner Raritätenjäger hat eine dieser Götterkarten bei sich. Und wenn du ihm über den Weg läufst, bedeutet das für dich den Tod.“

Der falsche Yugi schüttelte den Kopf. „Ich würde nie den Titel Pharao oder diese Macht in die Hände von jemandem wie dir fallen lassen.“

„Ich bin gespannt.“ Das Udjat-Auge erlosch, und der unbekannte Duellant sackte in sich zusammen. Weder Jounouchi, noch der falsche Yugi kümmerten sich weiter darum. Einen Augenblick unterhielten sie sich noch, dann traten sie auseinander und verschwanden in der Menge. Auch die Zuschauer hatten sich von all dem abgewandt.

Der Raritätenjäger blieb reglos auf dem Boden liegen. Bakura schüttelte den Kopf. 'Ich frage mich wirklich, warum du mir immer vorwirfst, ich sei herzlos, Ryou.' Er trat hinter seiner Deckung hervor, ging zu dem leblosen Bündel hinüber und sank auf die Knie.

Es gelang ihm mühelos, den Mann zu sich herumzudrehen. Leblose Augen starrten durch ihn hindurch.

Er sieht tot aus, wisperte Ryou in seinem Hinterkopf.

„Hey!“ Bakura rüttelte den Mann an der Schulter. Sein Kopf wankte haltlos von der einen Seite auf die andere.

Bakura streckte die Hand aus, und wollte seinen Puls fühlen, aber da gab es nichts mehr zu fühlen. 'Du hast Recht.'

Ryous Angst stieg in ihm auf, und es war lästig, sie dorthin zu bannen, wohin sie gehörte. Einen Augenblick lang fragte Bakura sich, ob der Mann eine Familie gehabt hatte, oder irgendjemanden, der ihn vermisste.

Seit wann machst du dir um soetwas Gedanken, Bakura?, fragte Ryou.

'Tu ich gar nicht', antwortete Bakura nachdrücklich. 'Und jetzt hör auf, dämliche Fragen zu stellen oder Angst zu haben. Nur die Guten sterben jung.'

Er gab sein Bestes, um die Bitterkeit in seiner Stimme zu verbergen. Es gelang ihm nicht.

Symbole der Pflicht

Folgen: 58 und 59 (Ein übersinnlicher Gegner I+II)
 

„Verdammt!“ Mariks Faust traf eine Wand, und der Schmerz, der seinen Arm hinaufzog, beruhigt ihn ein wenig. „Dieser verfluchte Idiot!“ Wie war Gara nur darauf gekommen, ausgerechnet den Pharao anzugreifen? Jeder einzelne seiner Raritätenjäger wusste, wie der Plan aussah. Sie alle waren auf der Suche nach der fehlenden Götterkarte, und hatten Yugi solange in Ruhe zu lassen, bis er etwas anderes befahl. Dieses unüberlegte Handeln hatte ihn das Überraschungsmoment gekostet, vor allem aber einen guten Mann, der ihm jahrelang beiseite gestanden hatte. Hätte Marik aber Gnade walten lassen, und Gara das Leben geschenkt, wären vielleicht andere auf die Idee gekommen, es ihm gleich zu tun.

„Marik-sama?“

Ohne, dass er es bemerkt hatte, war Rishid eingetreten; der Einzige, bei dem diese unerwünschte Vordringen ungestraft bleiben würde. „Du weißt, dass ich beschäftigt bin“, drohte Marik. Er trat aus den Schatten näher an die Tür heran, durch die Licht hineinfiel. Normalerweise hielt er diesen Ort dunkel. So war es leichter, sich zu konzentrieren.

„Verzeiht. Es geht um die Vorbereitungen, die Pandora zu treffen hatte. Es gab einige Schwierigkeiten.“ Rishid hielt den Blick respektvoll gesenkt.

Marik rieb sich die Schläfen. Ja, Schwierigkeiten, was sonst? Es gab immer nur Schwierigkeiten. „Natürlich gibt es die! Gerade eben hat Gara aus heiterem Himmel den Pharao angegriffen. Jetzt wird es umso schwerer werden, ihn überhaupt in die Arena zu locken.“ Er ballte die Hände zu Fäusten. Sein Kopf schmerzte unerträglich, als brenne in seinem Schädel eine verzehrende Flamme. „Ich habe ihn getötet.“

Rishid hob den Kopf, und seine Augen bohrten sich in Mariks. Normalerweise hätte der ihm so ein Verhalten nicht durchgehen lassen können. Aber seine Kopfschmerzen linderten sich auf der Stelle, und er vergaß beinahe augenblicklich, dass er ihn hätte bestrafen müssen. „Ich musste es tun“, fügte Marik hinzu, war sich aber plötzlich nicht mehr so sicher. Warum hatte er das Gefühl, sich rechtfertigen zu müssen? In dem Moment war es ihm richtig erschienen, schon, um die Raritätenjäger funktionsfähig zu halten. Er drehte sich um und ließ sich auf seinem Thron sinken. Dafür, dass er sich einen Platz darauf bitter hatte erkämpfen müssen, war er verflucht unbequem. „Also, wie sehen die Schwierigkeiten aus?“

Rishid sah ihn einen Augenblick an, und sagte dann ruhig: „Pandora weigert sich, den Ersatzschlüssel anzunehmen, mit dem er sich im Fall einer Niederlage befreien kann. Und er besteht darauf, dass Catherine während des Duells anwesend ist.“

„Kommt nicht in Frage“, sagte Marik ohne zu zögern. Er wollte nicht noch einen seiner Männer verlieren, schon gar nicht wegen Pandoras falschen Stolzes. Jetzt schien es ihm mehr und mehr wie ein Fehler, dass er Gara getötet hatte. „Er wird den Schlüssel auf jedem Fall nehmen. Und das Mädchen bleibt in dem Hotel, in dem wir sie untergebracht haben. Was denkt dieser Narr? Das sie sich freut, ihn wiederzusehen, nachdem sie zugesehen hat wie der Pharao in zwei Hälften zersägt wurde?“ Er winkte ab. „Gebt ihm das Gefühl, sie sei dort. Er wird es später verstehen.“ Marik schüttelte grimmig den Kopf, und tastete dann mit seinem Geist nach den Menschen, die im Augenblick seiner Kontrolle unterstanden. Viele von ihnen waren uninteressant, da sie sich hier im Gebäude aufhielten. Einige waren aber auch schon in Domino angekommen, und forderten die ersten Teilnehmer zu Duellen heraus. Er beobachtete Lumis und Umbra, die zwei Duellanten im Doppelduell in die Zange nahmen, das rege Treiben um die Pantomime, in der ansonsten beruhigende, geistige Stille herrschte, und hielt inne, als er vor seinen Augen ein hübsches Mädchen sah. Es sah nicht so aus, als wenn Matsuna, durch dessen Augen er gerade sah, sie zu einem Duell herausfordern wollte. 'Was tust du da?', fragte Marik streng.

M-Marik-sama., hallte Matsunas Stimme durch seinen Kopf. Ich habe nur kurz...

Noch bevor der Gedanke zu Ende gedacht war, kam schon ein anderer von einem weiteren Raritätenjäger bei ihm an. Marik-sama, es gibt Probleme in der IT-Abteilung.

Marik schüttelte irritiert den Kopf. Er hasste es, wenn das geschah. Er wies Matsuna zurecht, der sich hastig von dem Mädchen abwandte, dass vor ihm stand, und wandte sich dann an Rishid. „Probleme in der IT-Abteilung. Bereite alles zur Abreise vor, ich werde mich darum kümmern.“ Dann ging er an ihm vorbei, straffte die Schultern und verließ den Ort, den die Raritätenjäger scherzhaft seinen Thronsaal nannten.

Hinter der Tür sah es ganz anders aus. Hier gab es keine altehrwürdigen Säulen oder dergleichen, im Gegenteil. Die provisorisch eingerichtete Zentrale wurde vom fahlen Licht von Neonröhren erleuchtet. Etwa ein Dutzend Rariätenjäger saßen ihren Rechnern; die meisten davon waren damit beschäftigt, die gefälschten Karten zu den höchstmöglichen Preisen auf Auktionen naiven Sammlern unterzujubeln, andere hatten sich in die Rechner der Kaiba Corp gehakt, und verfolgten die Duelle, in der Hoffnung, dass der aktuelle Besitzer von Obelisk sich bald offenbarte.

Als er den Raum betrat, erhoben sie sich und neigten respektvoll den Kopf. Marik schluckte, blieb aber auf der kleinen Empore stehen, um sich an sie zu wenden. „Entgegen meiner Anweisungen hat sich, wie einige von euch schon wissen dürften, Gara gegen den Pharao gewandt. Der Plan steht schon lange fest. Ihr alle kennt ihn. Sollte noch einer von euch so eigenmächtig handeln, erwartet ihn das gleiche Schicksal, wie Gara.“

Die Raritätenjäger waren unheimlich still. Nur das Summen der Rechner erfüllte den Raum.

„Ich habe ihn getötet“, sagte Marik mit fester Stimme.

Niemand hatte Einwände. Keiner widersprach.

„An die Arbeit.“

Sie setzten sich wieder, und niemand wagte es, mit seinem Nebenmann zu flüstern und damit seine Entscheidung in Frage zu stellen. Sie alle verdankten ihm das Leben, auf die ein oder andere Art und Weise. Wahrscheinlich glaubten sie sogar, dass er das Recht hatte, darüber zu bestimmen. Und hatte sie damit nicht sogar recht?

Marik ging hinüber in einen kleineren Nebenraum, der direkt neben den Schlafräumen lag. Auch hier herrschte geschäftiges Treiben am PC. Es war nicht notwendig, dass er seine Worte von eben wiederholte. Der Milleniumsstab ermöglichte es ihm, dass solche Dingen von allen Raritätenjägern gehört wurden, wenn er es wollte.

Eine junge, übergewichtige Frau erhob sich, eilte auf ihn zu, verbeugte sich dann und sah ihn ängstlich an. „Marik-sama. Die Karten der neuesten Auflage sind mit einem neuen Sicherheitssystem ausgestattet worden. Unsere alten Chips sind nicht mehr mit den DuelDiscs kompatibel. Das heißt, dass keine Hologramme erstellt werden und das Duell abgebrochen wird, wenn wir versuchen, eine Fälschung zu benutzen.“, noch immer war der russischer Akzent deutlich zu hören. Er bestand darauf, dass sie alle sich, solange sie in Japan waren, auch auf Japanisch austauschten. Aber das war nicht die leichteste aller Sprechen, und viele hatten noch immer Probleme damit.

Seit Industrial Illusions mit der Kaiba Corp zusammenarbeitete, hatte sich die Arbeit der Raritätenjäger massiv verändert. Was früher einfache Spielkarten gewesen waren, waren heute kleine High-Tech-Produkte, was es unendlich viel schwerer machte, sie zu kopieren. Andererseits waren viele seiner Konkurrenten vom Markt verschwunden, weil sie die Umstellung verpasst hatten. „Wie lange wird es dauern, bis wir die Sicherung umgangen haben?“, fragte Marik. Das sie es schaffen würden, daran bestand kein Zweifel. Marina, die Leiterin seiner IT-Abteilung, war ein Genie. Aber letztendlich würde es Zeit und Geld kosten, und gerade jetzt war nicht der günstigste Augenblick, sich damit auseinandersetzen zu müssen.

„Die Produktion wird für mindestens zehn Tage ausfallen“, sagte sie zwischen zusammengebissenen Zähnen.

Marik konnte sehen, dass sie die Luft anhielt, unsicher, ob sie eine Strafe erwarten würde. „Versuch, das so schnell es geht in den Griff zu bekommen.“

Wieder verbeugte sie sich, und die Erleichterung war ihr deutlich anzumerken. „Danke, Marik-sama!“

Eine leise schnatternde Menge trat aus den Schlafräumen; Schichtwechsel. Auch sie verstummten und verbeugten sich, aber Marik schenkte dem nur noch wenig Beachtung. Es gab zu viel zu tun um sich um all diese Floskeln und Rituale zu kümmern.

Marik-sama!, schallte eine Stimme durch seinen Kopf.Konnte man nicht mal eine einzige Sekunde seine Ruhe haben? Ein kleiner Junge behauptet, er sei der Verantwortliche für die Einhaltung der Turnierregeln. Er macht Probleme, weil wir nicht in den Duelldatenbanken stehen. Wie soll ich handeln?

'Ein kleiner Junge? Und deswegen belästigst du mich? Lass dir etwas einfallen, verdammt noch mal!'

Irgendjemand musste geschlampt haben, denn eigentlich sollten alle Raritätenjäger, die am Battle-City-Turnier teilnahmen auch in die Datenbanken eingeschleust werden. Das musste dringend nachgeholt werden.

Aus einer anderen Richtung schallte schon wieder sein Name durch seinen Kopf, und Marik sah durch die Augen eines seiner Untergebenen, wie Handschellen um seine Handgelenke einrasteten. Ein Einbruch, der offensichtlich schiefgegangen war. Um das wieder geradezubiegen würde eine Menge Schmiergeld nötig sein. Schon wieder etwas auf der Liste von unerledigten Dingen.

Die Gedanken, Gefühle und Fragen von hunderten Menschen schienen gleichzeitig durch seinen Kopf zu rasen. Wieder begann sein Kopf zu schmerzen, und er musste dem Drang widerstehen, sich an der Wand abzustützen. Er durfte vor den Raritätenjägern keine Schwäche zeigen; sie brauchten einen Anführer, der stark war.

Wie ferngesteuert ging er zurück in seinen Thronsaal und ließ die Tür hinter sich zufallen. Dunkelheit und Stille, zumindest von Außen. Marik nahm den Milleniumsstab unter seinem Umhang hervor, und ließ ihn auf den Boden fallen, als würde das die ungezählten Stimmen in seinem Kopf zum Verstummen bringen. Dann endlich konnte er sich auf den Boden setzen und versuchen, Ordnung in das Chaos zu bringen.

Seine Gedanken, seine eigenen, die von keinem anderen kamen als ihm selbst, schweiften zu Gara zurück. Er erinnerte sich daran, in welchem Zustand er gewesen war, als er Mitglied der Raritätenjäger geworden war. Ein Obdachloser, alkoholkrank, hoffnungslos. Die anderen hatten ihm diese Hoffnung zurückgegeben; eine Familie. Und nun hatte er ihn getötet.

Eine zweite Erinnerung schob sich vor diese erste, die so viel weiter entfernt war und verschwommen wie hinter dichtem Nebel.

Er musste in kleiner Junge gewesen sein, damals. Sein Vater stand mit Peitsche in der Hand über Rishid. Dessen Schreie und das Blut auf seinem Rücken waren das, was Marik noch am stärksten in Erinnerung war. Marik wusste nicht mehr genau, was Rishid getan hatte. Aber er war sicher, dass er die Familie in Gefahr gebracht hatte.

Damals hatte er seinen Vater für das gehasst, was er Rishid angetan hatte. Immerhin standen sie sich damals so nah wie Brüder, auch wenn er sich heute solche Sentimentalitäten nicht mehr erlauben konnte. Wenn er aber jetzt darüber nachdachte, verstand er, dass sein Vater es hatte tun müssen. Und irgendwie war nur er selbst zu genau dem geworden, was er als Kind verabscheut hatte. Jetzt, wo die Last der Verantwortung auf seinen Schultern lag, musste er diese unbequemen Entscheidungen treffen.

Mehr und mehr Stimmen jagten durch seinen Kopf, auf der Suche nach Antworten, Hilfe, Lösungen, die auch er nicht hatte. Wieder quälten ihn die Kopfschmerzen, wie so häufig in letzter Zeit. Wenn er Pharao sein würde, würde all das nicht weniger werden; im Gegenteil. Aus dem Gewirr in seinem Kopf schälte sich ein einzelnes Geräusch; nicht lauter als die anderen aber so viel präsenter und angsteinflößender als all die anderen.

Ein leises Lachen aus den Schatten.

Finsteres Abkommen

Folgen: 60 und 61 (Der Meister unter den Zauberern I+II)
 

Die Tablettenpackung knisterte unter Mariks zitternden Händen. Es waren nur noch drei Kopfschmerztabletten darin, und er hoffte, dass es für den Moment ausreichen würde. Alle drei lagen in seiner Hand und mit einer geübten Bewegung schluckte er sie gleichzeitig hinunter. Der Whisky zum Nachspülen stand schon bereit, und brannte in seiner Kehle. Immerhin tat der schneller seinen Dienst als die Medikamente, und legte einen angenehmen Nebel über seine Umgebung, so dass alles, was aus der Ferne in seinem Kopf widerhallte, angenehm dumpf wurde.

Er ließ sich auf seinen Thron sinken, und lehnte sich zurück, so dass sein Kopf von dem kühlen Metall gekühlt wurde, bis es kräftig an seine Tür klopfte. Marik zuckte zusammen und richtete sich kerzengerade auf. „Was?“

Die Tür öffnete sich, und Rishid und einer der Raritätenjäger, die gerade erst zur Gruppe dazugestoßen waren, traten ein. Marik versuchte sich an seinen Namen zu erinnern, aber mittlerweile waren es zu viele geworden. Sie beide trugen ihre Kutten, und die Züge des Neulings verbargen sich unter dem Schatten der Kapuze. Sie blieben beide in respektvollem Abstand vor ihm stehen. Mariks Kopfschmerzen linderten sich, und er war froh, dass die Schmerztabletten so schnell wirkten.

„Es gibt Neuigkeiten, Marik-sama“, begann Rishid.

Neuigkeiten klang immerhin besser als Schwierigkeiten. „Ihr habt den Besitzer von Obelisk gefunden.“

Rishid nickte, und sah ihm dann fest in die Augen. „Ja. Domino City, nördlich im Block C. Der Besitzer von Obelisk ist Seto Kaiba.“

Marik nickte. „Ich hätte es wissen müssen.“

„Wie können wir in seinen Besitz gelangen?“, fragte der Neuling übereifrig, wahrscheinlich um seine Dankbarkeit zu beweisen.

Mariks Blick schweifte in weite Ferne. „Ich kann mir vorstellen, dass Kaiba dieses Turnier nur abhält, weil Obelisk in seinen Besitz gelangt ist. Auch sein Ziel ist es, die Götterkarten zu vereinen.“ Er hätte wirklich so viel früher darauf kommen müssen. Vor Beginn des Battle City Turniers hatte er sich ausgiebig über diesen Kaiba informiert. Dabei war ihm die frappierende Ähnlichkeit aufgefallen, die der Firmenchef mit dem namenlosen Priester hatte, der auf einer der Steintafeln zu sehen waren, die seine Familie seit Generationen gehütet hatte, inklusive seiner Besessenheit von den weißen Drachen. Immer und immer wieder hatte sein Vater ihn gezwungen, die alten Tafeln anzusehen, bis sich jedes Wort darauf in sein Gedächtnis eingebrannt hatte, die Erinnerungen an den Krieg zwischen dem Pharao und den Priestern, die den Pharao vom Thron stürzen wollten. Es war also nicht überraschend, dass nun eben dieser Seto Kaiba danach strebte, die Götterkarten in seinen Besitz zu bringen. Selbst wenn er nicht wusste, welche Macht mit ihnen einherging, das Schicksal ließ sich nicht betrügen, und die Geschichte neigte dazu, sich zu wiederholen. Das Schicksal, oder...?

Marik versuchte sich seinen Schrecken nicht anmerken zu lassen. Hatte Ishizu etwa, nur um Marik aufzuhalten, nicht einmal davor zurückgeschreckt, sich an den alten Erzfeind des Pharaos zu wenden?

Im Tal der Könige hatte sich die Hitze angestaut, an diesem Tag damals, aber im Inneren der versteckten Grabkammer war es dennoch kühl und staubig gewesen. Es hatte nach Heimat gerochen dort, und Marik wünschte sich nichts weiter, als es schnell hinter sich zu bringen und diesen Ort verlassen zu können. Die Wache war besonders willensschwach gewesen und hatte der Macht des Milleniumsstabes nichts entgegenzusetzen. Widerstandslos öffnete der Mann den Deckel des Sarkophages, und eine schwerer, metallener Safe kam darunter zum Vorschein.

„Öffne ihn“, befahl Marik.

Im Inneren lag, eigentlich klein und unscheinbar, aber dennoch von einer Aura der Macht umgeben, Ra, der Sonnendrache. Mariks Hände zitterten leicht, als er ihn herausnahm, dann drehte er sich hastig herum, und verließ das Grab.

Er hatte fast geahnt, dass Ishizu auftauchen würde, sie und ihre verfluchte Kette, die ihr jeden seiner Züge verrieten, bevor er selbst sie erdacht hatte. Sie hätte auch vor ihm dort sein können. Sie hätte Ra vor ihm in Sicherheit bringen können, wenn sie es für nötig erachtet hätte. Aber das hatte sie nicht. Vielleicht war sie doch nicht so sicher, wie sie vorgab. Vielleicht würde sie eines Tages an seiner Seite stehen und für ihrer beider Geburtsrecht kämpfen.

Ishizu schloss die Augen, als könne sie dadurch die Wirklichkeit ausblenden. „Marik. Vor 3000 Jahren hat unsere Familie geschworen, das Grab des Pharaos zu bewachen. Willst du sie wirklich entehren, indem du das tust?“, flüsterte sie.

Marik schwieg einige Sekunden lang. Sie hatten dieses Gespräch schon zu oft geführt. War es notwendig, die immer gleichen Worte auszutauschen? „Soll ich mich selbst aus diesem Grund opfern? Irgendeiner muss diesen Schwur brechen.“

Ishizu öffnete die Augen. Wut und Schmerz funkelten in den blauen Tiefen. „Das bedeutet, dass du unsere Familie verrätst! Ich kann dich nicht vorbeilassen.“

Warum tat sie das? Sie hatte ihn doch schon vorbeigelassen, er kam aus der Grabkammer und hielt Ra in seinen Händen. Marik wollte diese Konfrontation nicht, aber welche Wahl hatte er? Er hob den Milleniumsstab. „Geh beiseite und lass mich vorbei“, sagte er ruhig.

„Könntest du den Stab wirklich gegen mich verwenden?“, fragte Ishizu, und nun hatte der Schmerz nicht mehr nur ihre Augen sondern auch ihre Stimme erreicht.

Marik schluckte. „Wenn es um unserer beider Zukunft geht, werde ich es immer tun. Selbst wenn du es bist, Schwester.“

Marik versuchte seine Gedanken wieder auf die beiden Gestalten zu konzentrieren, die vor ihm standen, musste sich aber selbst eingestehen, dass er Ishizu vermisste. Und ihr Handeln in der Sache Seto Kaiba verletzte ihn umso mehr; dass sie sogar ihm mehr vertraute als ihrem eigenen Bruder.

Er hatte die Welt auf den Kopf gestellt um die letzte Götterkarte zu finden, dabei war sie es gewesen, die Obelisk die ganze Zeit versteckt gehalten hatte. Aber vielleicht hatte sie ihm sogar geholfen, beabsichtigt oder auch nicht. Dieses Turnier gab ihm die Möglichkeit, dem Pharao zu geben, was er verdiente, und hätte Ishizu Kaiba die Götterkarte nicht gegeben, wäre es nicht zu dem Turnier gekommen. Bei jedem anderen wäre der Gedanke abwegig gewesen, dass er das getan haben könnte, um Marik zu unterstützen; aber Ishizu sah die Schicksalsfäden vor sich, und wusste, was sie tun musste, um bestimmte Dinge in die Wege zu leiten. Vielleicht war seine Schwester doch zur Vernunft gekommen, und konnte es sich nur nicht eingestehen.

Der Neuling räusperte sich, und Marik wurde bewusst, dass er länger geschwiegen hatte, als ihm selbst bewusst war. „Kaiba ist noch immer im Nordblock. Soll ich eine Gruppe entsenden, um ihn anzugreifen?“

Marik lehnte den Kopf wieder an das kühle Metall des Thrones. „Nein. Kümmert euch erst einmal nicht um Kaiba.“ Auch wenn die oberste Priorität der Raritätenjäger war, die letzte Götterkarte zu erlangen: Nach all der langen Zeit hatte er die Möglichkeit, Rache an dem Pharao zu nehmen. „Sagt Pandora, dass er sich bereit machen soll.“
 

***
 

Bakura stöhnte. „Oh nein. Ryou, das ist dein Job.“

Unversehens fühlte Ryou sich durch die Glasscheibe gezerrt, die er noch eben betrachtet hatte. Schon war er kein stiller Beobachter mehr, sondern hatte selbst wieder die Macht sich zu bewegen wohin er wollte. Genaugenommen war ihm diese Entscheidung jedoch schon abgenommen worden, denn vor ihm, auf einem der Kieswege des Stadtparks, stand ein blonder, junger Mann, der ihn kommentarlos anstarrte. Er musste zu Jounouchi gehen, alles andere wäre als merkwürdiges Verhalten aufgefallen. Ryou hob die Hand, und lächelte schüchtern. „Hi. Du bist auch dabei?“

Jounouchis haselnussbraune Augen suchten Ryous Gesicht ab, dann nickte er langsam. „Jaaa...“, sagte er gedehnt. „Du kennst mich doch. Ich kann es nicht lassen.“

Ryou lachte. „Willst du endlich Kaiba seine wohlverdiente Abreibung verpassen?“

Er konnte die Anstrengung in Jounouchis Gesicht sehen. Der versuchte, sich zusammenzureißen, aber ein Pokerface aufzusetzen hatte noch nie zu seinen besonderen Stärken gehört. „Geht es dir gut?“

Ryou tat überrascht, als wäre die Frage nicht angebracht. „Natürlich! Es sind Sommerferien, und ich schaue mir das Turnier an. Für mich wäre das nichts. Ich würde wohl ohnehin nicht mal eine Lokalisierungskarte bekommen.“ Er kratzte sich verlegen am Hinterkopf.

Blablabla. Immer diese Bescheidenheit, zum Kotzen.

„Hast du das von Pegasus gehört?“, fragte Jounouchi.

Schon wieder. Wenn sogar er seine sonstige Unbesonnenheit vergaß, und Ryou danach fragte... Hatte sich die Gruppe etwa abgesprochen? Ryou wurde mulmig. Was sie wohl über ihn sagten, wenn er nicht dabei war? „Yugi hat mir schon davon erzählt“, behauptete er. „Ist wohl zusammengebrochen.“

Jounouchi rieb sich über den Oberarm, als wäre ihm kalt. „Hat er auch erzählt, dass sein Milleniumsauge verschwunden ist? Ich frage mich, wer ein Interesse daran haben könnte.“

Wer hat den Idioten auf diesen Gedanken gebracht? Sonst fällt es ihm schwer, zwei und zwei zusammenzuzählen. Kann nur unsere königliche Hoheit gewesen sein.

Ryou versuchte sich zusammenzureißen. Sein Lächeln wurde eisern. „Ich verstehe ohnehin nichts von dem ganzen Kram. Ich bin einfach froh, dass ich den Ring los bin.“

Jounouchi trat einen Schritt zurück. „Nach dieser Runde Monster World* dachten wir auch schon, dass du den Ring los wärst. Aber irgendwie hattest du ihn dann doch wieder.“ Jounouchi schüttelte den Kopf, und Ryou glaubte, Angst in seinem Blick zu sehen. „Ich muss jetzt weiter. Ich... ich habe zu tun.“ Er hob den Arm mit der DuelDisc und zuckte halb entschuldigend mit den Schultern.

„Ganz allein?“, fragte Ryou. „Irgendjemand muss dich doch anfeuern. Wenn du willst...“

Jounouchi unterbrach ihn hastig. „Ich muss es allein schaffen, nur so kann ich stärker werden. Also, äh... mach's gut.“ Ruckartig drehte er sich um, winkte noch einmal, ohne Ryou anzusehen, und lief dann so schnell, dass man es beinahe als Rennen bezeichnen könnte.

Eiskalt abgeblitzt, Ryou-chan. Aber macht ja nichts, bei Mädchen hast du bessere Chancen.

Ryou ließ die Schultern sinken. 'Halt deine verdammte Klappe, Bakura. Er war immer nett zu mir, bevor du aufgetaucht bist.'

Sagt man bei euch nicht, nett wäre die kleine Schwester von scheiße?

Ryou erwiderte nichts. Er fühlte sich unendlich müde und ausgelaugt von Bakuras ständigen Sticheleien. Warum ging er überhaupt noch darauf ein? Heute Morgen hatte er Zuhause bleiben wollen, und es war ein Fehler gewesen, auf Bakura zu hören. Dieses ziellose Umherirren machte ihm nur umso deutlicher, dass er auf der Flucht ins Nirgendwo war.
 


 

***
 


 

Marik war irritiert und begeistert zugleich. Er hatte nicht damit gerechnet, dass der Pharao Pandora widerstandslos folgen würde, jetzt, wo er wusste, dass Marik hinter ihm her war. Aber dennoch konnte er durch Pandoras Augen in die grausam kalten, violetten Augen sehen, die ihn furchtlos ansahen. Warum begab er sich ohne Not in diese Gefahr?

Ihm sollte es Recht sein.

Pandora führt den Geist im Körper eines Jungen in die für ihn präparierte Duellarena. Die Sache mit den Kreissägen war die Idee des Raritätenjägers gewesen, der von seiner Zeit als Zauberkünstler noch immer den Hang zur Dramatik übrig behalten hatte. Zuerst hatte Marik der Gedanke nicht gefallen, aber dann hatte sich das Bild von Blut und der Klang von Schreien in Mariks Gehirn eingenistet, und aus Gründen, die er jetzt nicht mehr nachvollziehen konnte, musste er wohl zugestimmt haben; so genau erinnerte er sich nicht mehr daran. Emotionslos sah der Pharao von den Fußfesseln zu den Kreissägen hinüber. Er war sicher, dass er gewinnen würde, aber auch der Gedanke an Pandoras Tod schien ihn nicht im Mindesten zu regen. Er versuchte nicht einmal, Pandora davon zu überzeugen, dass Duell zu stoppen, obwohl er unmöglich wissen konnte, dass der Zauberer einen Ersatzschlüssel im Ärmel hatte.

Marik nickte grimmig. Er hatte richtig gelegen. Der Pharao war genauso grausam, wie er geglaubt hatte. Pandoras Tod, wenn der Pharao gewinnen würde, war ihm genauso gleichgültig wie seinerzeit der von Mariks Vater. Sollte dieser Mann seine Erinnerung und die Macht, die er einst gehabt hatte, wiedererlangen, würden der Menschheit finstere Zeiten bevorstehen. Irgendjemand musste ihn aufhalten, und Marik war bereit, diese Aufgabe zu übernehmen, auch wenn sie mit Blut und Schreien enden würde.
 

***
 


 

Ryou wollte nach Hause, und auch wenn Bakura sich konstant beschwerte, hatte er keine besseren Vorschläge, wo sie nach diesem Marik oder einem der anderen Milleniumsgegenstände suchen sollten. Ohnehin war es schon Nachmittag, und das langsame Umherschlendern machte sich schmerzhaft in Ryous Beinen bemerkbar. Da es nicht mehr weit war bis zu seinem Apartment, entschied er sich dennoch gegen die U-Bahn.

„Wir müssen in diese Richtung!“, hörte Ryou neben sich eine ihm vage vertraute Kinderstimme. Er drehte mich um und sah Mokuba auf sich zustürmen, gefolgt von Anzu und Yugis Großvater.

Ryou hob die Hand zum Gruß, und Anzu wurde langsamer. Mit leichtem Unbehagen im Blick blieb sie stehen.

„Hallo Leute!“, sagte Ryou. „Wo wollt ihr denn hin?“

„Bakura-kun! Hast du Yugi gesehen?“, fragte Anzu außer Atem.

Ryou schüttelte zuerst den Kopf, nickte dann aber vage. „Vor ein paar Stunden, als das Turnier angefangen hat. Auf dem Dach der Shoppingmall.“ Er überlegte, ob er erzählen sollte, dass er das Duell gegen diesen Raritätenjäger gesehen hatte, hielt das aber nicht für besonders klug. Sollte später die Sprache darauf kommen, wäre es schwer zu erklären gewesen, warum er sich versteckt hatte.

Anzu schüttelte verzweifelt den Kopf. „Nein, das hilft uns nicht weiter.“

„Steckt er in Schwierigkeiten?“ Wieder mal...

„Allerdings!“, warf Mokuba ein. „Wir müssen weiter. Es kann nicht mehr weit sein.“

„Soll ich...?“ Bevor Ryou ausreden konnte, waren die drei schon an ihm vorbei gelaufen, ohne sich noch einmal nach ihm umzusehen. Als wäre er gar nicht da gewesen. Als wäre er der Geist, der die Dinge nur beobachten konnte, ohne Möglichkeit, mit einem anderen Menschen in Kontakt zu treten oder ihn zu berühren.

Ganz von selbst trugen ihn seine Schritte, aber nicht in seine Wohnung zurück.

Konnte es einen Menschen auf der Welt geben, der seiner Umgebung egaler war? Gab es irgendjemanden, der an ihn dachte, dem er wichtig war – oder der ihn wenigstens einfach nur wahrnahm?

Na sicher, höhnte Bakura. Selbst wenn ich wollte, ich muss bei dir bleiben.

Blind lief Ryou in eine Seitenstraße, die menschenleer war. „Halt die Klappe!“, brüllte er. „Das ist alles deine Schuld!“

Ist das wirklich wahr? Sie palavern über Freundschaft und Zusammenhalt, aber in Wahrheit kümmern sie sich nur um sich selbst. Sie sind kalt und ignorant, und dabei noch so dumm, dass jedes Wort von ihnen in den Ohren schmerzt. Wenn ihnen andere Menschen so wichtig wären, warum behandeln sie dich dann so? Warum helfen sie dir nicht, mich loszuwerden?

'Das haben sie ja; zweimal! Aber es nützt nichts. Weil ich dich wieder zurückhole.' Unmittelbar glaubte er wieder die Leere zu fühlen, die ihn gequält hatte, als ihm Honda den Ring wegnahm. Wie ein Drogensüchtiger auf Entzug hatte es ihn nach dem Ring verlangt. Noch nie hatte er sich vor sich selbst so sehr geschämt. Und Bakura wusste es. So wie er fast jedes einzelne seiner kleinen und größeren Geheimnisse kannte.

Dieses mal war es anders als sonst. Fast freiwillig trat Ryou zurück in sein Innerstes und überließ Bakura die Kontrolle. Es war so viel leichter.
 

Er stürmte durch den Flur, der seine Seele spaltete, und riss die Tür zu seinem Zimmer auf. Ein Schrei kam aus seiner Kehle, und er griff nach dem Gruppenfoto, dass auf einer Kommode stand. Mit aller Gewalt schleuderte er es gegen den Spiegel, der mit lautem Klirren zersprang. Silberne Scherben ergossen sich auf dem ehemals ordentlichen Fußboden. Er nahm das zweite Foto und schleuderte es auf die Erde. Seine Fußsohle traf wieder und wieder Yugis Gesicht, und nach und nach folgten all die kleinen Erinnerungen, die er bis dahin wie einen Schatz aufbewahrt hatte. Rasende Wut hatte von ihm Besitz ergriffen; er konnte sich nicht daran erinnern, wann er je so die Kontrolle über sich verloren hatte. Und es fühlte sich gut an. Richtig.

Am Ende stand er schwer atmend im Zentrum seiner Seele und sah auf das Chaos, das er veranstaltet hatte. Wenn er die Physik dieses Raumes richtig verstanden hatte, verschwanden die Dinge, die kein Teil mehr von ihm waren, genau wie die Momente mit seinem Vater, die sich hier früher gefunden hatten. Aber die Scherben und die zerrissenen und verknickten Fotos blieben. Vielleicht war nun dies der Zustand, der einen Teil seiner Seele repräsentierte. Wenn sie schon so aussah, wofür lohnte es sich dann zu bleiben? Wofür sollte er weiterleben, wenn es keine Hoffnung gab?

Hinter sich hörte er ein leises Geräusch, ein Knarzen. Er drehte sich langsam um – und prallte dann zurück.

Er stand sich selbst gegenüber.

Nein, seinem finsteren Zwilling. Dem Ryou, dem es egal war, ob seine Haare ordentlich waren und er die Hausaufgaben gemacht hatte. Derjenigen, der seine Bitterkeit hinter Spott und Hohn verbarg und in dessen Blick nur Kälte und Verachtung übrig geblieben waren.

Bakura.

Ryou ging rückwärts, bis sein Rücken gegen die Wand stieß.

Nie hatten sie sich gegenübergestanden; er hatte nicht einmal gewusst, dass es überhaupt möglich war. Sein Blick huschte zum Fenster hinüber, das nun nichts als Schwärze zeigte, dann zurück zu Bakura, der ihn lauernd musterte. Ryou ließ sich an der Wand hinabgleiten, bis seine zitternden Hände weichen Teppich und Spiegelscherben ertasteten.

„Hast du dich jetzt abgeregt?“, fragte Bakura.

Ryou wollte antworten, aber seine Kehle war wie zugeschnürt.

Mit wenigen Schritten war Bakura bei ihm, sank auf die Knie herab und packte ihn an den Schultern. Sein Griff war unbarmherzig, und Ryou verzog sein Gesicht vor Schmerz. „Ob du dich verdammt noch mal beruhigt hast?“, fragte Bakura harsch. Er biss die Zähne zusammen, und Ryou fragte sich fasziniert, ob er selbst wohl auch so aussah, wenn er wütend wurde; wenn er denn in der Öffentlichkeit je wütend geworden wäre.

„Verdammt, Ryou! Hör endlich auf, so gottverdammt schwach zu sein!“

Es war zu viel. Die Erkenntnis, dass seine Freunde nicht mehr waren als Ryous eigenes Wunschdenken, die Hoffnungslosigkeit, Bakuras Gesicht vor sich. Ryous Blick verschwamm, und er konnte fühlen, wie ihm Tränen über die Wangen liefen. Wenn es eine Person gab, vor der er nicht weinen wollte, war es Bakura, und dieser Gedanke machte es noch schlimmer. Er schluchzte. „Warum?“, fragte er brüchig. „Warum sollte ich nicht schwach sein? Es ist sowieso egal, genau wie alles was ich tue. Es interessiert keinen. Wenn ich heute sterben würde, es würde niemandem auffallen. Vielleicht sollte ich das ja einfach tun.“

Bakura schüttelte ihn, und Ryous Kopf knallte gegen die Wand. „Vielleicht ist es ja einfach dein ewiges Gejammere, dass die anderen an dir nervt! Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie mich das ankotzt! Was ich erlebt habe übersteigt deine kühnsten Alpträume, aber nie, nie habe ich daran gedacht, aufzugeben. Und du spielst ernsthaft mit dem Gedanken, dich umzubringen? Du bist so ein verwöhntes, verzogenes Wohlstandskind! Es ist einfach widerlich! Hat dir nie jemand gesagt, dass du deinen Arsch bewegen musst, wenn du etwas willst?“

Ryou sah ihn trotzig an und gab sich keine Mühe mehr, seine Tränen zurückzuhalten. „Kann sein! Dann bin ich eben zu schwach. Dann brauche ich auch gar nicht anfangen zu kämpfen oder? Du hast nur Panik, dass ich es tue, weil du dann keinen Körper mehr hättest.“

Bakura machte ein abfälliges Geräusch. „Um sich umzubringen braucht man mehr Mut, als du je zusammenkratzen könntest.“ Er ließ seine Schultern los, stand auf, und wandte Ryou den Rücken zu. „Allein bist du zu schwach. Aber zusammen könnten wir dir deine Freunde zurückholen, wenn es dir wirklich so wichtig ist.“

Ryou lachte freudlos. „Als wenn du deine Zeit damit verschwenden würdest, mir zu helfen.“

„Du hast Recht“, antwortete Bakura ungerührt. „Aber wenn wir das gleiche Ziel haben, kann es mir egal sein. Dann würde ich keine Zeit verschwenden.“

Ryou schüttelte den Kopf, und verzog das Gesicht. „Ich bin nicht so blöd, wie du glaubst. Du willst mich für deine Pläne einspannen, und redest mir das ganze schön. Mehr nicht.“

„Ich habe es dir schon einmal gesagt, Ryou. Du hast keinen Blick für das Wesentliche. Du gibst mir die Schuld an ihrem Verhalten, aber wenn du genau hinsiehst, dann ist es nicht so. Der Pharao ist daran Schuld.“

Ryou schnaubte. „Na sicher. Das ist so weit hergeholt, dass nicht einmal du mir das einreden könntest.“

Bakura wandte sich dem zerbrochenen Spiegel zu. Nur noch wenige Scherben hielten sich in dem Rahmen, und sein Antlitz war von Rissen durchzogen. Er schien sich für einen Augenblick in diesem Anblick zu verlieren, bevor er weitersprach. „Überleg doch mal. Früher wart ihr... Wie nennt ihr das? Eine Clique? Aber seit Euer Hochwohlgeboren da ist, sind sie alle nur noch mit seinen Problemen beschäftigt. Besonders natürlich Yugi. Vorhin habt ihr euch fast normal unterhalten, aber dann...“ Er schnippte mit seinem Finger. „Dann hat der Pharao eingegriffen, und Yugi hatte keine Zeit mehr für dich. Und Jounouchi? War es nicht offensichtlich, dass Seine Durchlaucht ihm Misstrauen eingeredet hat? Und auch Anzu, wieder mal nur im Auftrag ihres Liebsten unterwegs, keine Zeit für etwas anderes. Ihre Leben drehen sich nur noch um ihn, und sie merken es nicht einmal.“

Ryou musste zugeben, dass Bakuras Argumente logisch klangen und es erforderte ihn Willensstärke, sich klar zu machen, dass dessen Worte pure Berechnung waren. „Der andere Yugi tritt für seine Freunde ein. Er hilft ihnen, du kümmerst dich nur um dich selbst.“

Bakura wandte sich vom Spiegel ab, und wieder Ryou zu. „Gut und böse. Das sind doch nur Konstruktionen. Du weißt nicht einmal, wozu der Pharao fähig ist. Auch er glaubt nur seine eigenen Lügen. Er hat sich nie selbst hinterfragt. Er glaubt, dass er gut handelt. Er ist ein noch größerer Heuchler als du. Hast du dich nie gefragt, ob ich nicht derjenige bin, der auf der richtigen Seite steht? All das Schlimme, das dem Kindergarten widerfahren ist, ist doch nur seinetwegen passiert. Großvater Muto wäre nie entführt worden, wenn Yugi Pegasus einfach das Puzzle gegeben hätte, und genauso ist es doch auch mit den Kaibabrüdern. Und jetzt schon wieder. Dieser Marik ist hinter dem Pharao her, glaubst du, dass deine Freunde unbeschadet davonkommen werden? Selbst bei mir ist es nicht anders. Ich hätte nie dieses Duell im Königreich der Duellanten geführt, wenn der falsche Yugi sich mir nicht in den Weg gestellt hätte. Ihre Leben wären nicht in Gefahr geraten. Ich hätte mir das Puzzle genommen, und wäre gegangen. Ganz harmlos. Wenn ich das Milleniumspuzzle habe, wird die Seele des Pharaos auf Nimmerwiedersehen aus Yugis Körper verschwinden. Dann reicht ein nettes Wort von dir, ein unschuldiger Blick, und du hast sie um den Finger gewickelt. Das Einzige, was du tun musst, ist die Ruhe zu bewahren, und hin und wieder ein bisschen Smalltalk führen, dass ist nämlich nicht unbedingt meine Stärke.“

Ryou wischte sich die Tränen vom Gesicht. Bakuras Stimme klang verführerisch. Es klang so einfach. Das Einzige, das Ryou tun musste, war, nichts zu tun. Ihn die Führung übernehmen lassen. Sich fallen lassen. Aber dennoch. Seine ganze Rede diente nur dem Zweck, ihn auf seine Seite zu ziehen. „Lüg mich nicht an.“

„Ich lüge nicht, Ryou. Das kann ich gar nicht, denn du kennst meine Gedanken. Die Wahrheit liegt doch immer im Auge des Betrachters. Und ich habe dir deinen Wunsch erfüllt. Erinnerst du dich, was du dir gewünscht hast, als du den Ring umgelegt hast?“

Ryou zitterte. „Nie mehr alleine sein.“ Ja, er war nicht mehr alleine, nicht in der Schule, wenn er ins Bett ging, mit seinem Vater telefonierte, nicht mal unter der Dusche. Bakura hatte ihm diesen Wunsch erfüllt, wenn auch auf eine abartige und grausame Art und Weise.

Ryou überlegte. Welche Optionen hatte er sonst? Könnte er irgendetwas tun? Ihm fiel nicht mal ein, was er sich wünschen sollte, wenn er noch einmal die Möglichkeit dazu hätte. Zögerlich nickte er.

Bakuras Augen leuchteten auf. „Gut.“

Augenblicklich war Ryou nicht mehr sicher, ob er nicht einen Fehler gemacht hatte.

Wieder sank Bakura vor Ryou auf die Knie. Ohne zu Zögern griff er nach einer Scherbe, die lang war und spitz zulief. Wieder fiel Bakuras Blick auf sein eigenes Spiegelbild, dann packte er mit seiner zweiten Hand Ryous Unterarm.

Dessen Augen weiteten sich verblüfft. „Was...?“

Bevor er reagieren konnte, senkte Bakura die Scherbe auf Ryous Handfläche. Heißer Schmerz jagte durch seinen Arm, und warmes Blut quoll aus der Wunde. Ryou wimmerte. „Warum?“

Bakura ließ los und senkte die Spiegelscherbe auf seine eigene Hand. Ohne zu zögern schnitt er auch sich selbst die Handfläche auf, um dann die Finger seiner verletzten Hand mit Ryous zu verschränken. „Bei uns hat man das früher so gemacht. Ein Blutschwur. Du wirst mir helfen, und ich schwöre, dass du deine Freunde zurückgewinnst. Unsere Schicksale sind verbunden. Wenn ich aufsteige, wirst du davon profitieren, und wenn ich falle, fällst du mit mir.“

Ryou musste nicht fragen, ob das sein Ernst war. Bakuras Stimme war ungewohnt rau. Sein Blick bohrte sich in Ryous, der nicht wegschauen konnte. Plötzlich war ihm Bakuras Anwesenheit, seine ganze Präsenz so überdeutlich, dass er es kaum ertragen konnte. Er war zu nahe, so nahe, dass ihm die Körperlichkeit seiner Seele, so absurd sie auch war, zum ersten Mal wirklich bewusst wurde.

Ryou zitterte. „Einverstanden.“

Bakura ließ los. „Ruh dich aus. Morgen wird ein anstrengender Tag.“

Er ging und ließ Ryou allein mit dem Schmerz und dem Geruch von Blut.

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* Das bezieht sich auf den Manga und die 0.Staffel. Hier taucht Ryou zum ersten Mal auf, und spielt mit seinen Freunden das Tabletop-RPG „Monster World“. Natürlich funkt Bakura dazwischen und verbannt ihre Seelen in die Spielfiguren, worauf der Pharao sie mal wieder alle retten muss, es ist also dem ersten Duel-Monsters-Spiel Pharao/Bakura sehr ähnlich.

Wutanfall des Tyrannen

Folge: 62 (Der Meister unter den Zauberern III)
 

Bakura kehrte in Ryous Körper zurück. Er saß zusammengekauert in der Gasse, in der dieser Schwächling die Nerven verloren hatte, und bemerkte aus den Augenwinkeln eine Bewegung. Blitzschnell griff Bakura zu und bekam ein Handgelenk zu fassen.

Sein Blick richtete sich auf einen jungen Mann mit Skatermütze, dessen Hand noch immer in Bakuras Hosentasche steckte. „Es ist nie eine gute Idee, zu versuchen, einen Dieb zu bestehlen“, sagte Bakura.

Sein Tonfall und sein Blick genügten, um dem Skater klar zu machen, dass es ernst war. „Lass gut sein, Alter. War'n Missverständnis, okay? Lass einfach los und wir vergessen die Sache.“

Bakura ließ nicht los. Langsam zog er die Hand des Anderen näher zu sich und griff dann nach dessen kleinem Finger.

Der Skater wurde blass. „Was...?“

Es knackte. Ein vertrautes Geräusch, genau wie Ryous gequältes Stöhnen in seinem Schädel. Lass ihn los, Bakura, bitte!

Ein weiterer Griff, und der Ringfinger brach. Der Skater schrie wie am Spieß und zog und zerrte panisch an seiner Hand, aber noch immer ließ Bakura nicht los. Nein, bitte, hör auf!

Ryous Flehen war beinahe noch schöner, als das Schreien des Taschendiebes, der mit seiner freien Hand zurückschlagen wollte, sich aber nicht rühren konnte. Bakura wusste mittlerweile, wie er die Kräfte des Milleniumsringes nutzen konnte.

„Sei froh“, sagte Bakura. „Zu meiner Zeit wurden Leuten wie uns die Hände abgehackt.“ Der Mittelfinger brach, und ihm wurde klar, dass ihm bald die Finger ausgehen würden, wenn er es so eilig hatte. In seinem Inneren spürte er, dass Ryou versuchte, die Kontrolle zu übernehmen, aber er war zu schwach - nichts gegen die Euphorie, die ihn selbst durchströmte.

Der Skater heulte wie ein kleines Baby und auch Ryous Schluchzen drang bis in Bakuras Innerstes und rief ihm Dinge in Erinnerungen, die er nicht vergessen durfte – einerseits. Andererseits gingen Ryou seine Erinnerungen einen Dreck an, und wenn sie zu stark wurden, würde der sie unweigerlich sehen. Bakura ließ das Handgelenk los, obwohl er sich die letzten zwei Finger aufgespart hatte.

Der Skater rannte, drehte sich panisch zu ihm um, stolperte und versuchte so schnell er konnte, wieder auf die Füße zu kommen.

Seelenruhig griff Bakura in seine Hosentasche und fühlte die kalte, glatte Oberfläche des Milleniumsauges. Nicht auszudenken, wenn er noch eine Sekunde länger damit verschwendet hätte, Ryou wieder auf die richtige Spur zu bringen.

Du mieses Schwein! Warum hast du das gemacht! Du bist selbst ein Dieb! Würdest du wollen, dass dir jemand das selbe antut?

'Wenn es jemand tun würde, würde ich mich nicht beschweren. Wer dumm genug ist, sich erwischen zu lassen, muss mit den Konsequenzen leben. Das weiß niemand besser als ich.' Er legte den Kopf in den Nacken und sah wie das strahlende Blau des Sommerhimmels langsam von der Dunkelheit der Nacht überschattet wurde. 'Er hat alles – eine Wohnung, genug zu Essen, eine schöne, warme Dusche. Er kann sich aussuchen, wo er arbeiten will, oder, ob er nicht arbeiten will, ohne dass er je in Not geraten würde. Und trotzdem bestiehlt er einen schwachen, dünnen Jungen, der bewusstlos in einer dreckigen Gasse liegt.'

Das ist nicht dein Körper, sondern meiner! Du kannst nicht alles mit ihm machen, das werde ich dir nicht durchgehen lassen! Wenn du weg bist, wird mich das Geräusch seiner brechenden Knochen in meine Träume verfolgen!

'Leere Drohungen, Ryou. Aber wie beruhigend, dass du immer noch von mir träumen wirst, wenn ich weg bin.'

In seinem Kopf war es eine Weile still, bevor die Worte zögerlich in seinem Bewusstsein auftauchten. Ich hasse diese Alpträume.

Bakura setzte sich in Bewegung. 'Mich machen sie hungrig.'
 

***
 

Pandora würde verlieren.

Marik sah das finstere Lächeln im Gesicht des altägyptischen Herrschers. Das schwarze Magiermädchen hatte seinen Zauberstab auf Pandora gerichtet, als würde der Zauberer selbst in der Arena stehen. Der zerrte an den Fußfesseln und sah mit aufgerissenen Augen zu der sirrenden Kreissäge herüber, die gleich durch seine Knochen und sein Fleisch brechen würde. Der Gedanke daran überlagerte alles andere, auch die Erinnerung an den Ersatzschlüssel in seinem Ärmel.

Die Stimme des Pharaos dröhnte durch den Keller. „Du hast verloren, weil du deine Karten verraten hast, Pandora.“

Marik schüttelte den Kopf. Konnte sein, dass Pandora seinen schwarzen Magier opfern musste – aber er hatte es für Catherine getan, seine große Liebe. Wie konnte der Pharao von einem Verrat an einer Spielkarte reden, wenn das Herz eines Menschen auf dem Spiel stand? Hatte er in all der Zeit vergessen, was andere Menschen wert waren, oder war er schon immer so gewesen?

„Wenn du als Duellant deine Karten nicht wertschätzt, bedeutet das den sicheren Pfad zum Versagen. Du hast verloren, weil du deinen schwarzen Magier nicht respektiert hast“, fügte der Pharao überheblich hinzu.

Pandoras Gedanken drangen bis zu Marik heran. Es ergab keinen Sinn, seinen Karten zu vertrauen, denn sie waren doch bloß Gegenstände. Jeder, der etwas anderes glaubte, musste wahnsinnig sein.

Marik musste sich an dem Tisch vor sich abstützen. Sein Körper bebte vor Wut.

„Deine Seele hast du schon verloren, Pandora. Alles, was dich jetzt noch erwartet, ist dein eigener letzter Akt der Grausamkeit.“ Der Pharao genoss seinen Sieg, kostete ihn mit jedem Wort aus. Der kleine metallene Kasten vor seinen Füßen öffnete sich und gab den Schüssel preis, der ihn befreien würde. Seelenruhig nahm er ihn heraus und öffnete seine Fußfesseln, ohne sich um das Schicksal seines Gegners zu kümmern.

Pandoras Angst lähmte ihn. Waren das die letzten Worte, die er hören würde? Das konnte er nicht ernst meinen, oder etwa doch?

Langsam aber unerbittlich, Zentimeter für Zentimeter, näherte sich die Kreissäge. Kalter Schweiß rann über die Stirn des Zauberers, und stand in scharfem Kontrast zu der Hitze, die in Mariks Innerem tobte. Bebender Hass, von dem er nicht mehr sagen konnte, wohin er gehörte. Das Bild vor seinen Augen verschwamm, und im Singen der Kreissäge glaubte er wieder dieses Lachen zu hören. Wie durch einen Tunnel entfernte sich all das von ihm, bis ihn Finsternis verschluckte.

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„Marik!“, Rishids Stimme drang wie aus weiter Ferne an sein Ohr.

Vor sich sah er aber nicht den groß gewachsenen Mann, dessen Gesicht unter einer Kapuze verborgen war, sondern noch immer die Duellarena, in der Pandora nun auf dem Boden kauerte. Warum fiel es ihm so schwer, in seinen eigenen Körper zurückzukehren?

Es erforderte ihn beinahe Gewalt, sich aus Pandoras Geist zu lösen und Rishid wieder klar vor sich zu sehen; beziehungsweise über sich. Denn auch er selbst war auf die Knie gesunken wie sein Diener in Domino City.

„Marik-sama! Geht es euch gut?“ Besorgt streckte der Raritätenjäger seine Hand nach seinem Meister aus, um ihm auf die Beine zu helfen, aber Marik schlug sie beiseite.

„Natürlich!“, zischte er.

Er zwang sich aufzustehen und nicht daran zu denken, was gerade geschehen war; dafür war jetzt keine Zeit.

Pandora hatte sich während Mariks Abwesenheit rechtzeitig befreien können, auch ohne sein Eingreifen. Nun war der Zauberer zu dem Vorhang gelaufen, hinter dem er seine Catherine vermutete. Aber dafür würde später noch Zeit sein. Marik entriss dem Mann die Kontrolle, um selbst das Zepter in die Hand zu nehmen. Ein weiteres Stück seiner Seele, welches er opfern musste, um das zu vollbringen. Er dachte daran, wie oft er das noch tun konnte, bevor nichts mehr von ihm selbst übrig war, aber der Gedanke entglitt ihm, bevor er ihn festhalten konnte. Pandoras Körper fühlte sich fremd an, wie all die anderen auch, die Marik bisher bewohnt hatte; zu groß, die Arme lang und schwer zu kontrollieren. Er hob den Kopf und sah in das Gesicht seines Gegenübers, das nicht länger das des Pharaos war. „Du bist das Gefäß für den anderen Yugi, richtig? Erinnerst du dich an mich?“

Der Junge sah aus wie ein Kind, das in hilflosem Zorn die Faust ballte. „Warum willst du uns töten?“

Marik überlegte. Das Gespräch kostete ihn Kraft, die er nicht hatte. Aber der Junge sollte eine Chance haben, er musste nicht sterben. „Das betrifft nicht dich, sondern nur deine zweite Seele.“ Er wünschte, es wäre ihm möglich gewesen, auf andere Art mit Yugi zu sprechen. Die Mimik der anderen Menschen blieb leer wie ein unbeschriebenes Blatt Papier, wenn er sie als Sprachrohr benutzte. „Rache... Ich bin der Erbe der Grabwächter, die seit 3000 Jahren seinetwegen in der Dunkelheit leben. Ich werde sie rächen. Am Rande der Totenstadt in Ägypten lebten wir Grabwächter, abgeschnitten von der Welt. Wir lebten in den Schatten und gaben unsere Aufgabe von Generation zu Generation weiter. Meine Familie durfte keinen Kontakt mit der Außenwelt haben. Alles, was wir in unserem Leben hatten, war die Aufgabe, die Milleniumsgegenstände zu beschützen, die man uns anvertraut hatte. Und im Angesicht dieses Schicksals mussten wir auch sterben. Welcher Mensch könnte so grausam sein, vor seinem Tod Generationen von Menschen zu solch einem Leben zu verdammen? Die Seele in deinem Puzzle ist nicht das, was du glaubst.“ Er wartete einen Moment, ob Yugi reagierte, aber der wartete schweigend seine weiteren Worte ab. „Wir sollten die Erinnerung des Pharaos seiner Seele zurückgeben. Ich besitze einen der Milleniumsgegenstände und sollte ihn selbst im Angesicht des Todes verteidigen, bis ich ihm dem Pharao überreichen konnte. Das Problem war es, dessen Seele zu finden. Meine Familie wartete Jahrhunderte, und schließlich Jahrtausende, abgeschieden von der Außenwelt in der Dunkelheit der Gräber darauf, dass die Prophezeihung eintreffen würde. Sie besagte, dass man den Pharao erkennen würde, da er die Kontrolle über die drei ägyptischen Götterkarten innehielte. Das heißt also, dass derjenige, der die Götterkarten kontrolliert, Pharao sein wird und seine Macht zusammen mit den verlorenen Erinnerungen erhält. Endlose Generationen meiner Familie haben die Milleniumsgegenstände beschützt und mussten unendliche Qualen erdulden. So auch mein Vater! Ich werde den Fluch beenden, der auf uns liegt. Mir bleibt keine Wahl, als meine Familie zu rächen und den Pharao ein zweites Mal zu töten, denn nur so können wir endlich frei leben. Und wenn die Prophezeiung besagt, dass der Pharao die drei Götterkarten in den Händen hält, werde ich derjenige sein, der sie findet. Meine Familie hat es nach all diesen Jahrtausenden verdient, endlich Anerkennung zu finden.“

Der Junge starrte ihn trotzig an, als wollte er nichts von dem wissen, was ihm Marik erzählt hatte. Verstand er noch immer nicht, in welcher Gefahr auch er selbst schwebte?

„Yugi, auch du wirst ein Bauernopfer deiner zweiten Seele. Wenn es soweit ist, wirst du an seiner Seite sterben. Er wird nicht einen Moment überlegen, dich zu opfern wenn es ihm nützt. Sind die Erinnerungen des Pharaos so viel wert?“

Yugi antwortete nicht, und die Tür hinter ihm flog auf. Im Türrahmen konnte Marik gleich mehrere Personen erkennen. Es würde keinen Sinn mehr ergeben, ihn überzeugen zu wollen, wenn sie nicht länger alleine waren. Wahrscheinlich würde er ihm gar nicht mehr zuhören. Seufzend zog sich Marik aus Pandoras Körper zurück, und versuchte, sich wieder in seinen eigenen einzufinden.

Rishid sagte etwas, und Marik antwortete wie mechanisch, aber seine Gedanken kreisten noch immer um den sturen kleinen Jungen, der schon so sehr unter dem Einfluss des Pharaos stand, und um die Schwärze, die sich kurzzeitig seiner bemächtigt hatte. Die Kopfschmerzen, die Tabletten, der Alkohol – wahrscheinlich war all das zuviel gewesen, sodass er kurz ohnmächtig geworden war. Auch jetzt noch fühlte er sich schwach und zitterig, als hätte er seit Tagen nichts gegessen und kaum geschlafen, nur dass es nicht sein Körper war, der schwach war, sondern sein Geist.

Matt sah er in Rishids Augen, der eindeutig besorgt aussah, auch wenn er es sich nicht anmerken lassen wollte. Marik senkte den Kopf. „Ich werde mich für heute zurückziehen.“ Er wandte sich ab und wollte einen Schritt tun, aber sein Körper war unendlich schwer und seine Beine gaben unter ihm nach. Wieder wurde ihm die Welt gewaltsam entrissen, noch bevor er auf dem Boden aufkam.
 

Rishid machte einen hastigen Schritt nach vorn, und fing den jungen Mann auf, damit er nicht allzu hart fiel. Mariks Augen zuckten unter geschlossenen Lidern und Rishid bettete seinen Kopf sorgfältig in seinem Arm.

Es wurde schlimmer.

Auch wenn Marik jetzt so friedlich aussah wie seit weit entfernten Kindertagen nicht mehr, stand Rishid noch lebhaft dessen Gesichtsausdruck vor Augen, als er gerade den Raum betreten hatte; ein Gesichtsausdruck, der ihm entsetzlich bekannt vorkam. Gab es etwas, das er tun konnte, außer in seiner Nähe zu bleiben und einzugreifen, wenn es nicht mehr anders möglich war?

Der Raritätenjäger senkte ergeben den Kopf. Dann hob er Marik hoch, als wiege er nicht mehr als der kleine Junge von damals, und trug ihn hinüber in den Raum, in dem dessen Bett stand. Vorsichtig legte er ihn ab und zog das Kopfkissen unter ihm zurecht.

Der junge Mann hielt noch immer den Milleniumsstab in seiner rechten Hand, so fest, dass seine Knöchel weiß hervortraten. Rishid hasste dieses verfluchte Ding mehr als alles andere. Nur Leid und Schmerz hatten die kalten, goldenen Schmuckstücke hervorgebracht. Wahrscheinlich waren sie von jeher verflucht gewesen, schon von der Stunde ihrer Erschaffung an.

Marik murmelte leise vor sich hin, ohne dass Rishid ein Wort verstehen konnte, aber ihm war auch so klar, dass seine Träume nicht sehr angenehm sein konnten. Sein Gesicht war von Angst verzerrt, und der Anblick versetzte Rishid einen Stich. Marik sah aus wie damals, in der Nacht, als Rishid dem kleinen, vor Angst schreienden Jungen nicht helfen konnte, welcher die Hände flehend nach ihm ausgestreckt hatte. Rishid hatte sich nicht gerührt, sondern nur stur die Wand angesehen. „Vergib mir“, flüsterte er. Er richtete sich auf und wollte sich zum Gehen wenden, aber Mariks freie Hand hielt ihn am Unterarm fest und ein einzelnes, verständliches Wort kam über seine Lippen. „Bruder.“

Rishid rührte sich nicht, minutenlang, bis Mariks Hand ihn freigab. Dann erst trat Rishid zurück und ließ ihn schlafen.

Für ihn selbst würde es so schnell keinen Schlaf geben. Die Abreise musste vorbereitete werden; die Auktionen koordiniert, die IT-Abteilung stand Kopf. Marik hatte wenig Zeit, um sich um die Dinge in der Zentrale zu kümmern; all das, was in den Köpfen seiner Untergeben vorging war schon zu viel für einen Menschen.

Wenn Rishid die Zentrale betrat, standen die Raritätenjäger nicht auf, und sie senkten auch nicht die Köpfe. Stattdessen lachten und plauderten sie bei der Arbeit, als habe sich nichts geändert. Er ging zu seinem PC hinüber, wo Lumis und Umbra auf dem Bildschirm warteten. „Rishid! Wo ist Marik? Wir können ihn nicht erreichen!“, sagte Lumis aufgeregt.

„Er ist momentan beschäftigt“, antwortete der Angesprochene.

„Aber wir haben wichtige Neuigkeiten!“, sagte Lumis.

„Ja“, fügte Umbra hinzu und lachte. „Die will er mit Sicherheit hören.“

Rishid schüttelte den Kopf. „Was immer ihr zu sagen habt, sagt es mir, und ich werde es ihm ausrichten.“

Beide sahen enttäuscht aus. „Aber er wird sich sicher freuen“, sagte Umbra, und Lumis setzte hinterher: „Ich habe uns gerade Raigeki ergattert. Danach haben wir schon so lange gesucht.“ Ein breites Grinsen erschien auf dem runden Gesicht, und Umbra verpasste ihm einen Schlag auf den Hinterkopf. „Was heißt hier du? Wenn ich nicht diese geniale Kombo gespielt hätte, wärst du ihm doch eiskalt in die Falle getappt!“

„Ach ja?“, erwiderte Lumis. „Und wenn ich nicht...“

Rishid konnte sich ein Schmunzeln nur mühsam verkneifen. „Gute Arbeit. Schickt sie in die Zentrale.“ Damit schaltete er den Bildschirm ab, und ließ die beiden allein weiter streiten.

Der Abend brach herein, und wenn bis zum Morgen nicht alles bereit war, würde sich der ohnehin schon enge Zeitplan nach hinten verschieben.

Gerechte Nachspeise

Folge: nach 62 (Der Meister unter den Zauberern III), aber vor 63
 

Samtene Dunkelheit lag über der Stadt, ausgesperrt von den Lichtern der Straßenlaternen und der Apartments, die die Menschen in eine Illusion des immerfort währenden Tages lullte. Aus der Ferne war das leise Rauschen des Straßenverkehrs zu hören, aber in der Innenstadt herrschte noch immer Verkehrsverbot, sodass die Menschen den Asphalt von den Maschinen zurückerobert hatten. Sie unternahmen Nachtspaziergänge und sahen sich die Auslagen in den Geschäften trotz der späten Stunde an, als müssten sie am morgigen Tag nicht zur Arbeit gehen, als ginge morgen die Welt unter.

Bakura erinnerte sich daran, als er zum ersten Mal nach dreitausend Jahren die Augen geöffnet hatte und umgeben war von Lichtern, Geräuschen und tausenden von Menschen. In seinem früheren Leben hatte er geglaubt, dass so viele Menschen auf der ganzen Welt nicht genug Platz haben würden. Hier waren sie zusammengepfercht auf engstem Raum in Häusern, die wie göttliche Fingerzeige in den Himmel ragten, die von allen anderen mit erstaunlicher Ignoranz übersehen wurden. Oft stelle er sich vor, wie all das brannte. Wie die Lichter erloschen und nur noch der heiße Feuerschein den Nachthimmel fernhielt.
 

Im Moment jedoch war er einer unter vielen, die den natürlichen Tagesrhythmus vergessen hatten, und die zu so später Stunde noch der Hunger quälte. Ein großes, gelbes M verhieß schnelle Abhilfe, das hatte er früh gelernt.
 

Er öffnete die Flügeltür. Der Geruch von Frittierfett und Fleisch schlug ihm obszön verheißungsvoll entgegen, und fasziniert schaute er zu dem Überangebot von Burgern, Pommes Frites und Getränken empor, die über der Theke zu einem unanständig niedrigen Preis angepriesen wurden.
 

„Herzlich Willkommen bei McDonalds, was darf es für Sie sein?“, spulte die Frau hinter der Theke routiniert und mit einem eingeübten, aber matten Lächeln ihren Text ab.
 

„Sechs Doppelcheeseburger, zwei BigMacs und einen Hamburger Royal TS“, erwiderte er mittlerweile ebenso routiniert.
 

Ein Eis. Eins mit Schokosoße.
 

Die Frau hinter der Theke bedankte sich, und nannte ihm den Preis. Ob er wollte oder, nicht; hier kam Bakura nicht umhin zu zahlen, wollte er nicht unnötig viel Aufmerksamkeit auf sich ziehen.
 

Komm schon, ein Kleines reicht mir. Es kostet doch fast nichts.
 

Die Verkäuferin stapelte Bakuras Burger auf dem Tablett. „Darf es sonst noch etwas sein? Ein Nachtisch vielleicht?“
 

Wortlos nahm Bakura das Tablett, überlegte es sich dann aber doch anders. Mit einem ebenso falschen Lächeln, wie dem ihrigen, antwortete er: „Nein, vielen Dank. Keine Süßigkeiten.“
 

Ryou stöhnte. Warum? Wäre es so viel verlangt gewesen?
 

Bakura ging zu einem Platz in der hinteren Ecke des Schnellrestaurants, in dem es etwas stiller war und an dem nicht ständig Leute vorbeikamen. Langsam, beinahe zärtlich packte er seinen ersten Burger aus. Dann endlich antwortete er Ryou. 'Eis. Was ist das, Eis? Macht Eis dich satt? Reicht das ganze Essen nicht?'
 

Ihn ergriff Ryous quengelige Stimmung. Ich mag Süßigkeiten. Das hat nichts mit satt zu tun, manchmal ist einem einfach danach, weißt du?, schnappte er.
 

Bakura verschlang seinen ersten Doppelcheesburger mit zwei großen Bissen. 'Manchmal ist einem einfach danach, weißt du?' äffte er ihn in Gedanken nach. 'Nein, weiß ich nicht. Und du weißt offensichtlich nicht, wozu Essen da ist. Nämlich nicht, um irgendjemandes Laune aufzubessern, sondern um dich am Leben zu erhalten.'
 

Moralapostel Bakura, vielen Dank auch! Es ist ja nicht so, dass nicht genug davon da wäre.
 

Bakuras Faust sauste auf den Tisch, und seine Sitznachbarn schauten sich erschrocken nach ihm um, ohne dass es ihn kümmerte. 'Ja, richtig. Es ist nicht genug da, Ryou.'
 

Jetzt komm mir nicht schon wieder mit diesem in-Afrika-verhungern-die-Kinder-Scheiß. Ob ich ein Eis esse, oder nicht, was macht das schon?
 

Bakura nahm sich seinen zweiten Burger vor, und schlang ihn beinahe noch schneller herunter, als den ersten. 'Es geht ums Prinzip. Offensichtlich weißt du den Wert von Essen nicht zu schätzen. Hattest du jemals Hunger? Diese Art Hunger, die zuerst dafür sorgt, dass sich dein Magen so anfühlt, als würde er sich selbst auffressen. Und wenn das vorbei bist, glaubst du, dass du besessen wärst, weil du an nichts anderes denken kannst. Als nächstes beginnst du zu hoffen, dass der Nachbarsjunge stirbt, weil vielleicht, wenn niemand hinsehen würde... Und wenn das auch vorbei ist, willst du nur noch sterben. Es gibt nichts mehr, dass dir nicht wehtut, aber schlimmer ist dein Verstand, der nach und nach mit verhungert. Kennst du das, Ryou?'
 

Die Stimme in seinem Inneren schwieg betroffen, und gab ihm ausreichend Gelegenheit, sich die nächsten zwei Burger vorzunehmen. Woher kennst du es, Bakura?
 

Eigentlich wollte Bakura nicht antworten, aber der Junge, der in ihm wohnte, dessen einzige Sorge es war, ob seine Freunde ihn mochten oder nicht, sollte wissen, wo seine Probleme einzuordnen waren. 'Ich bin in einem kleinen Dorf in der Wüste aufgewachsen', erwiderte Bakura emotionslos, ohne verhindern zu können, dass Bilder von kleinen, geduckten Lehmhäusern vor seinem inneren Auge auftauchten. Kinder in Lumpen spielten mit Stöcken und Tonscherben, und einer von ihnen war er selbst. 'Die Leute nannten es Kur Elna. Es war kein gewöhnliches Dorf. Es lag weit entfernt vom Nil, so weit, dass Ackerbau unmöglich war, denn Ra's unbarmherzige Strahlen entzogen auch noch das letzte bisschen Leben aus allem, was dort hätte wachsen können. Ich wusste nicht einmal, was Regen ist. Die anderen Dörfer, die in der Wüste lagen, waren nicht weit entfernt von Handelsrouten, sodass sie die Hand- und Tonarbeiten der Frauen verkaufen und Essen dafür bekommen konnten. Aber nicht Kur Elna. Es war der Ort, an den die Verbrecher verbannt wurden, deren Straftaten weder den Tod, noch die Sklaverei rechtfertigten. Kleine Betrüger, die selbst nicht viel hatten. Ich war keiner von ihnen, aber ich hatte das Unglück, dass meine Eltern welche waren. Zwar waren die Verbannten von Kur Elna nicht offiziell zum Tode verurteilt, aber von Leben konnte man in diesem Dorf kaum sprechen. Keine Arbeit, kein Essen; nichts außer Sand und Steinen.
 

Bakuras Blick sank wieder auf das Tablett, und er erinnerte sich daran, dass er das Essen nicht verschwenden durfte, das vor ihm lag, und aß weiter, während seine Gedanken von selbst fortfuhren, Ryou die Geschichte seiner Kindheit zu erzählen.
 

'Heute wie damals werden Grabräuber wie Abschaum behandelt, weil sie angeblich die Ruhe der Toten stören. Damals war es noch schlimmer, denn die Menschen in Ägypten glaubten, dass die Besitztümer, die man ihnen ins Grab legte, ihnen im Nachleben erhalten blieben. Wenn du mich fragst, sind dass alles Drecksmärchen, die ein paar Priester erfunden haben, damit die Menschen die Klappe halten und ihnen Opfergaben bringen. Ich wusste es damals schon, und ich bin mir heute immer noch sicher. Wer tot ist, hört auf zu existieren, auch wenn die Menschen es nicht wahrhaben wollen, weil der Gedanke so unbequem ist. Vertrocknete Mumien schmücken auch die schönsten Armreife nicht mehr. Und was hättest du gemacht, wenn eine einzelne Statue aus dem Grab eines seit hunderten Jahren toten Mannes deinem Kind ein Leben ohne Hunger garantieren kann? Welches geringere Verbrechen gibt es, als es von denen zu nehmen, die ohnehin keine Verwendung mehr dafür haben?'
 

Bakuras Gedankenfluss stockte, weil ihn ein Paar Augen vom Tisch gegenüber beobachteten. Ohnehin war er schon viel zu weit gegangen; hatte Dinge von sich preisgegeben, die er nicht hatte preisgeben wollen. Wenn sein Wirt zu viel von ihm und seinen Beweggründen wusste, machte ihn das nur angreifbar.
 

Bitte, erzähl weiter. Wenn ich dich besser verstehen würde, fiele es mir viel leichter, mit dir zusammenzuarbeiten. Und das willst du doch, oder?
 

Bakura verschlang den letzten Burger auf dem Tablett. Nicht einen hatte er Ryou überlassen; es genügte, wenn Bakura seinen Körper nährte. Aber der andere Teil des Essens, der, der die Seele zusammenhielt, würde ihm auf diese Art verwehrt bleiben.
 

Ryous Worte waren bitter. Stattdessen willst du mich also wieder quälen, ja? Ich will dich doch nur verstehen.
 

Noch immer wurde Bakura angestarrt, und nun erwiderte er diesen Blick ungeniert. Natürlich, was sonst – ein junges Mädchen, das etwas in ihm zu sehen glaubte, das er nicht war. 'Ich quäle dich nicht. Ich will auch, dass du es verstehst. Wie soll das denn besser gehen, als wenn du es mir nachfühlst?'
 

Das Mädchen lächelte ihn schüchtern an, und auch auf Bakuras Gesicht schlich sich ein Lächeln, das man allerdings mit Sicherheit nicht schüchtern nennen konnte.
 

Bakura!, Ryous Stimme war ungewohnt scharf. Wir haben eine Vereinbarung. Ich werde dir das Leben zur Hölle machst, wenn du noch einem einzigen Unschuldigen etwas antust, glaub mir. Seine Worte waren erschütternd konsequent, sodass Bakura aufhorchte. Bring mich nicht in die Situation, in der ich nichts mehr zu verlieren habe.
 

Bakura verzog missmutig das Gesicht, denn in den Worten seines Wirtes lag eine Wahrheit, der er sich nicht widersetzen konnte. Wenn es irgendwann nichts mehr geben sollte, mit dem Bakura ihn unter Druck setzen konnte, könnte seine restliche Zeit in diesem Körper ungemütlich werden.
 

Das Mädchen erhob sich, ohne ihn aus den Augen zu lassen. Er stand auf, ging an ihr vorbei, ohne sie eines weiteren Blickes zu würdigen, und begab sich auf den Heimweg.
 

Er spürte Ryous Triumph, ein Gefühl, das ihn ungemein störte, und das ihm gefährlich werden konnte. Ebenso gefährlich, wie ihn mit nichts zurückzulassen, für das es sich zu kämpfen lohnte, sodass er am Ende noch auf die Idee kam, dass es nur noch etwas gab, gegen das es sich zu kämpfen lohnte. Zugleich durfte er nicht zulassen, dass Ryou sich stark fühlte, und vor allem durfte er sich von ihm nich dazu verführen lassen, über all das nachdenken.
 

War es der Pharao?, fragte Ryou unvermittelt. Hat er euch nach Kur Elna verbannt?
 

Bakura überlegte. Was durfte er Ryou sagen, was nicht? 'Sein Vater, und vor ihm dessen Vater. Und auch er selbst hätte es getan.'
 

Was heißt: Hätte?
 

Bakura schwieg. Er war vor dem gläsernen Turm angelangt, in dem Ryou wohnte. Die Tür schob sich wie von Geisterhand auf; nein, elektronisch, korrigierte er sich. Der Nachtwächter begrüßte ihn mit einem freundlichen Lächeln, und Bakura warf ihm einen kalten Blick zu. Gab es eine sinnlosere Tätigkeit, als am Eingang eines Wohnhauses zu sitzen und den Leuten zuzusehen, die ein- und ausgingen?
 

Warum redest du nicht mit mir?
 

Bakura konzentrierte sich darauf, in den Fahrstuhl einzusteigen, der ihn geräuschlos ins oberste Stockwerk brachte, und anschließend die Tür zu ihrer Wohnung aufzuschließen. All diese Annehmlichkeiten; es war wie eine Versuchung, die ihn daran hindern wollte, zu tun, wofür er gekommen war.
 

Und wofür ist das, Bakura? Was wirst du tun, wenn du alle Millenumsgegenstände beisammen hast?
 

Bakura ließ sich auf das Sofa fallen, das weicher war als alles, was er früher gekannt hatte. Nicht einmal im Palast des Pharaos hatte es einen Ort gegeben, der so weich und behaglich war, und das, obwohl er nur ein einfacher Junge war, dessen Vater im Sand herumgrub.
 

Seine Finger griffen nach der Fernbedienung, und der Flachbildfernseher zeigte eine Spielshow. Bakura zappte sich durch die Programme, bis er schließlich bei einem Werbeblock ankam. Kaum etwas faszinierte ihn so sehr wie die vielen, lauten, quietschbunten Kurzfilme, die zeigten, was so einfach zu haben war, und ohne das die Menschen heute nicht mehr glaubten leben zu können. Kleine Snacks und mondäne Lautsprecheranlagen. So viel hatte sich seit Kur Elna verändert, und doch war das Wesentliche gleich geblieben. Die Privilegierten schwelgten im Luxus und vergaßen, nach links oder rechts zu sehen, wo noch immer kleine Kinder hungerten, so wie er es getan hatte. Nicht anders als die Priester und Adeligen seiner eigenen Zeit. Sie hatten vergessen, was es hieß, Angst zu haben; richtige Angst. Nicht die vor einer Scheidung oder dem Verlust ihrer Arbeit, oder welche kleinen oder größeren Psychosen diese Dekadenzler sich noch einreden mochten. Denn es gab nichts, was die Menschen Dankbarkeit so leicht lehrte, wie die Angst.

Sein Blick verlor sich in der Warenflut auf dem Bildschirm, und er merkte kaum, dass seine Augen immer schwerer wurden.
 


 

Ryou starrte aus den Tiefen seiner Seele hindurch mit Bakura gemeinsam auf den Bildschirm, der immer mehr verschwamm. Bakuras Gedanken flossen träge vor sich hin, ohne an einem Ort länger zu verweilen, und ohne dass er selbst ihnen nennenswerte Beachtung schenkte. Konnte es sein, dass er einschlafen würde?
 

Noch nie hatte er zugelassen, dass Ryou seine Träume sah. Dessen Herz machte einen nervösen, kleinen Hüpfer bei der Vorstellung, dass ihm die Gedanken und Gefühle des Geistes genauso ungeschützt offenstehen konnten, wie es sonst umgekehrt der Fall war.
 

Ryou löste seinen Blick von der flimmernden Reklame, als ihm ein Schatten in der Zimmerecke auffiel. Die strahlend weiße Tapete schien dort etwas dunkler zu sein, als im Rest des Raumes; auch dunkler, als die Schatten, die sich sonst in Zimmerecken verkrochen.
 

Er schüttelte den Kopf. Bakuras Gedanken wurden immer diffuser und unzusammenhängender; er selbst hingegen war hellwach. Leise, als könne das Geräusch seiner Schritte Bakura alarmieren, stand Ryou auf. Die Spiegelscherben, die noch immer auf dem Boden lagen, knirschten unter seinen Füßen, und eine von ihnen bohrte sich in seine Fußsohle. Scharf sog er Luft ein, schaffte es aber, das tückische Ding aus seinem Fuß zu ziehen, ohne ein verräterisches Geräusch zu machen. Mit jedem seiner Schritte blieb nun ein winziger roter Fleck auf dem Boden zurück.
 

Behutsam öffnete er die Tür, die ihn in den Flur führte, und starrte auf die gegenüberliegende Wand, die sonst hinter Dunkelheit verborgen lag. Aber Bakura war müde, und er war unaufmerksam.
 

Die Finsternis war gewichen und gab sein Geheimnis preis.
 

Die Wand war keine Wand, wie Ryou sie je gesehen hatte, sondern bestand aus purem Gold. Schmerzverzerrte, erstarrte Gesichter drückten sich von der Innenseite dagegen und blickten aus leeren Augenhöhlen ins Nichts. Der Türgriff glich einer ausgestreckten Skeletthand. Angst, Übelkeit und Faszination hielten den Jungen in ihrem Bann. Wer waren diese Menschen, die die Seele des Grabräubers bewachten? Seine Opfer?
 

Seine Hand bebte, als er sie nach dem abartigen Türgriff ausstreckte, aber nichts und niemand hinderte ihn daran, sie herunterzudrücken und die Tür zu öffnen. Ryous Atem ging schwer. Immerhin glaubte er nun zu wissen, wie es sich für Bakura angefühlt haben musste, das erste Mal zu stehlen.
 

Kälte umfing ihn, und Atemwolken bildeten sich vor seinem Gesicht. Die Tür, durch die er eintrat, stand in grauem Nichts von dichtem Aschenebel, das sich vor ihm erstreckte, so weit das Auge reichte. Der Boden unter ihm fühlte sich fremdartig an, er versank darin immer wieder wie in Wüstensand. Ein Blick unter ihn offenbarte ihm, dass es kein Sand war. Dafür war es zu grau, und grobe Stücke brachen hier und dort hervor wie Knochensplitter.
 

Ryous Herz schlug schmerzhaft langsam, dafür aber umso schwerer. Mit zaghaften Schritten tastete er sich vorwärts in den Nebel hinein und wäre beinahe gestürzt. Vor ihm lag ein kreisrunder Abgrund, den er erst auf den zweiten Blick als Brunnen erkannte. In den Tiefen schimmerte kein Wasser, sondern der Fernseher. Wahrscheinlich war dies der Ort, von dem aus Bakura ihm zuschaute, wenn er denn einmal die Chance bekam, seinen Körper selbst zu steuern.
 

Ryou lief weiter, ohne zu wissen, ob es überhaupt etwas gab, das es sich zu finden lohnte. Die Kälte fraß sich bis hin zu seinen Knochen, und er bezweifelte, dass sie es nicht getan hätte, selbst wenn er mehr als ein T-Shirt getragen hätte.
 

Das Geräusch seiner Schritte änderte sich. Etwas klirrte unter ihm, und wieder sah Ryou zu seinen Füßen herab. Goldmünzen, unregelmäßig geformt, voller fremdartiger Symbole. Daneben Edelsteine, Schmuck und Stoffe. Wie hypnotisiert streckte er die Hände danach aus. Kälter als Trockeneis brannte sich das Metall in seine Haut. Ein leiser Schrei entfuhr ihm, und er biss sich hastig auf die Lippen. Er atmete tief ein und warf einen Blick nach vorne. Der Aschenebel hatte sich gelichtet. Vor ihm türmte sich ein Berg an Kostbarkeiten, wahrscheinlich ebenso giftig, wie die, die er gerade berührt hatte. Und oben, auf diesem Berg, hockten geisterhafte, schwarze Gestalten mit merkwürdig verzerrten Proportionen.
 

Ausgetrocknete, verdorrte Mumien, mit Lederhaut bespannte Skelette, drapiert zu einem Kreis, Schulter an Schulter sitzend. Manche hatten die Arme in die ihrer Sitznachbarn verschränkt, und eine Gruppe besonders kleiner Leichen ließ Ryou schwindeln. Sie alle trugen Kronen, Ketten, Ringe, jeden Schmuck, den ein Mensch überhaupt tragen konnte. Bakuras Worte kamen ihm in den Sinn, dass auch der schönste Armreif der Welt eine Mumie nicht schmücken konnte.
 

Er spürte ihn, bevor er ihn hörte, und insgeheim hatte er schon von Anfang an gewusst, dass er damit nicht davon kommen würde.
 

Ryou sackte ein Stück in sich zusammen und drehte sich zu Bakura um, dessen Miene sich nicht regte. Die scheinbare Stille auf seinem Gesicht machte Ryou Angst. Er hatte mit Wut gerechnet, damit, dass er ihn anschreien würde; so aber wusste er nicht, was Bakura tun würde; nicht einmal, was er tun konnte. Er nahm seinen Mut zusammen und sah ihm direkt in die Augen.
 

„Hast du alles gesehen, was du sehen wolltest?“, fragte Bakura ruhig.
 

„Wer ist das?“, entgegnete Ryou mit zittriger Stimme.
 

Bakura trat näher an ihn heran, ohne ihn aus den Augen zu lassen; ein stummes Duell wurde mit Blicken ausgefochten. „Die, die ich getötet habe. Bei denen hatte ich besonders viel Spaß, darum bewahre ich mir die Erinnerung an sie hier.“
 

Ryou senkte den Blick, und Bakuras Hand klammerte sich um seinen Arm; die Wärme seiner Haut erschien Ryou in der Eiszeit um ihn herum noch intensiver. Widerstandslos ging er hinter ihm her und wurde grob durch die Tür zurück in den Flur gestoßen.
 

Ryou blickte auf in Bakuras Gesicht und konnte einfach nicht anders, als zu lächeln. „Du lügst. Du hast sie nicht getötet.“
 

Bakura war zu schnell. Sein Handrücken traf Ryou mit voller Wucht; ein geübter Schlag, der nicht nur schmerzhaft, sondern auch demütigend war.
 

Ryou presste seine Zunge gegen den Gaumen, um keinen Schmerzenslaut von sich zu geben und schmeckte saures Blut; aber er konnte nicht aufhören zu lächeln. „Ich habe also recht, ja?“
 

Den zweiten Schlag sah er kommen, tat aber dennoch nichts, um sich zu wehren. Er traf ihn umso härter und ließ ihn gegen die Wand taumeln.
 

„Du weißt gar nichts!“, schrie Bakura. „Und ich warne dich, wenn du dich nicht aus meinen Angelegenheiten heraushältst...“ Aus seinen Augen sprach Hass, aber für einen kurzen Augenblick konnte Ryou Angst in ihnen erkennen. „Ich weiß wie man Menschen wehtut, ich kenne alle Tricks, und ich bin sehr, sehr erfinderisch was das angeht.“ Bakura packte Ryous Arm und verdrehte ihn mit einem gekonnten Griff hinter seinem Rücken, aber es war nicht genug. Er schob den Arm so weit in die Höhe, dass er gebrochen wäre, wäre Ryou nicht vor Schmerzen stöhnend in die Knie gegangen. „Wenn du auch nur noch ein einziges Mal ohne meine Erlaubnis dein Zimmer verlässt, zeige ich dir mit Vergnügen jede Facette meiner Kreativität, und glaub mir, dann ist das hier gar nichts!“
 

Weiter und immer weiter musste sich Ryou hinabbeugen, bis seine Wange den kalten Boden berührte, und doch war der Schmerz immer noch so unerträglich, dass er kaum etwas wahrnahm als die Schreie seiner Muskeln und Knochen. Bakuras Fuß lag in seinem Nacken. „Wenn du mich so weit bringst, wünscht du dir, dass ich dir stattdessen jeden einzelnen Knochen gebrochen hätte.“ Seine Stimme war leise geworden und ein kaum merkliches Zittern schwang darin mit. Dann endlich ließ er den Arm los.
 

Ryou konnte nicht aufstehen. Hilflos blieb er auf den Knien, das Gesicht noch immer auf dem kalten Boden. Heisere Laute drangen aus seiner Kehle. Dann fühlte er sich an den Haaren in die Höhe gezogen, aber seine Beine waren noch immer so wackelig, dass er kaum stehen konnte und sich an der Schulter seines finsteren Zwillings festhalten musste. Bakura zwang seinen Kopf in den Nacken, sodass kaum mehr Distanz zwischen seinen Lippen und Ryous Ohr lag. „Haben wir uns verstanden?“, flüsterte er.
 

„Ja“, hauchte Ryou.
 

Ein Tritt in die Kniekehle ließ Ryou nach vorn stolpern, den Gang hinab, an dessen Ende die Kontrolle über seinen Körper lag.
 


 

Ryou rang nach Atem, als er auf dem Sofa zu sich kam. Zwar schmerzte hier weder sein Arm, noch füllte der Geschmack von Blut seinen Mund, aber die Erniedrigung machte keinen Unterschied ob sich seine Seele in seinem Körper befand, oder an einem anderen Ort. Das Gefühl drohte ihn zu überwältigen und das Wissen, dass Bakura jede einzelne Sekunde davon mitbekam, schnürte ihm die Kehle zu.
 

Mit zitternden Fingern fand er die Fernbedienung, um den Lärm des Fernsehers abzustellen. Der Lärm in seinem Inneren wurde dadurch allerdings unerträglich. Also stellte er stattdessen wieder lauter, und rollte sich zu einer Kugel zusammen. Mit weit aufgerissenen Augen starrte er auf den Bildschirm, und wartete, dass der Schlaf kam.

Labyrinthmauern

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Leere der Eitelkeit

Folge: 64 (Wanzen und andere Parasiten II)
 

„Rishid?“ Marik hatte Schwierigkeiten, das Bild vor seinen Augen von dem aus seinem Traum zu trennen, der schon zu verblassen begann; aber er erinnerte sich an Rishid und die rasende Wut, die sein Anblick in ihm ausgelöst hatte. Zurück blieb der kalte Schweiß auf seinem Oberkörper, und das Zittern seiner Hände. Dennoch versuchte er, seiner Stimme Festigkeit zu geben. „Was machst du hier?“
 

Rishid sah besorgt aus, und unter seinen Augen lagen dunkle Schatten, als habe er in dieser Nacht nicht geschlafen. „Ich habe euch lachen gehört.“ Im Gegensatz zu sonst hatte er den Blick nicht respektvoll gesenkt, sondern schien Marik mit seinem Blick durchbohren zu wollen. Er tat das öfter, in letzter Zeit.
 

„Was redest du?“, zischte Marik. „Ich habe geschlafen.“ Sein Blick fiel an sich herab. „Wo ist meine Kutte?“
 

Rishid räusperte sich. „Ihr habt sie gestern Abend abgelegt, erinnert ihr euch nicht?“
 

Marik erinnerte sich nicht. Generell erinnerte er sich an wenig, was am gestrigen Abend geschehen war, nur daran, dass er das Duell zwischen Pandora und dem Pharao verfolgt hatte. Leise hörte er aus der Ferne wieder das Wispern seiner Raritätenjäger in seinem Kopf. „Natürlich erinnere ich mich!“ Er sprang aus dem Bett, und für einen Augenblick schien der Boden unter seinen Füßen zu wanken.
 

Rishid trat hastig auf ihn zu, und packte ihn am Arm; wahrscheinlich, um ihn am Fallen zu hindern. Marik war zu schwach, um ihn in seine Schranken zu weisen, und brauchte ein paar Minuten, ehe seine Beine ihn wieder tragen konnten. Dann jedoch schenkte er Rishid einen hasserfüllten Blick. „Lass mich sofort los.“
 

Eilig kam Rishid seinem Befehl nach.
 

Noch immer langsam, um keine erneute Schwindelattacke zu provozieren sah Marik sich nach seiner Kutte um. Jemand hatte sie feinsäuberlich über den Stuhl neben sein Bett gelegt. Er griff danach, sorgfältig darauf bedacht, Rishid nicht den Rücken zuzuwenden. Als ob er ihn nicht schon gesehen hätte. Marik wünschte, der Mann wäre nicht hier. Groß und furchteinflößend ragte er wie ein Berg neben ihm auf, und egal wie gelassen auch die Mine war, die er zur Schau tragen wollte, immer ging eine unterschwellige Bedrohung von seinen finsteren Gesichtszügen aus.
 

Marik wollte seine Kutte überstreifen, was ihm zunächst schwerfiel – erst spät fiel ihm auf, dass es daran lag, dass er vergessen hatte, den Milleniumsstab beiseite zu legen. Verblüfft starrte er das Zepter an, und legte es dann vorsichtig aufs Bett; hinter sich, damit Rishid ihn nicht in einem unbeobachteten Moment nehmen konnte.
 

Warum sollte er das überhaupt tun? Er hatte es in all den Jahren nie versucht. Aber dennoch. In den letzten Tagen hatte Rishid sich verändert, und Marik war sicher, dass er etwas im Schilde führte.
 

„Ich mache mir Sorgen“, sagte Rishid leise.
 

Marik streifte den dunklen Stoff glatt, und griff dann sofort wieder nach dem Stab. „Das ist nicht deine Aufgabe.“
 

„Sollten wir uns nicht lieber einfach darauf konzentrieren, die letzte Götterkarte zu bekommen? Mit Kaiba werden wir im Handumdrehen fertig, und dann haben wir unser Ziel erreicht“ Rishids Stimme klang vorsichtig.
 

Aber es änderte nichts an dem Zorn, der in Marik aufwallte. „Willst du mir unterstellen, dass ich es nicht schaffen würde, den Pharao zu töten?“
 

Rishid hob beschwichtigend die Hände. „Selbstverständlich. Aber wäre es nicht klug, Schritt für Schritt vorzugehen, und nichts zu überstürzen?“
 

„Klug?“ Marik versuchte, die Stimmen in den Hintergrund zu drängen, die ihn von diesem Gespräch abzulenken drohten.

„Alles was ich damit sagen will, ist, dass ich befürchte, dass all das ein wenig viel auf einmal ist.“
 

Mariks Blick wurde von den feinen Narben angezogen, die die eine Hälfte von Rishids Gesicht bedeckte, und unwillkürlich begann sein Rücken zu jucken. „Wenn du überfordert bist, gibt es mit Sicherheit jemand anderen, der deinen Platz bereitwillig einnehmen würde. Und setz deine Kapuze auf! Wofür hast du sie denn?“
 

Rishid schien seine Worte gar nicht gehört zu haben. „Ich mache mir Sorgen um dich, Marik.“
 

Die Worte trafen Marik unvorbereitet. Einen Augenblick lang konte er nicht antworten. Dann holte er aus, und verpasste Rishid einen Faustschlag mitten ins Gesicht. „Was erlaubst du dir?“
 

Rishid hob eine Hand vor das Gesicht, und wandte den Blick ab. „Verzeiht, Marik-sama.“
 

Marik atmete schwer, aber er fühlte sich besser.
 

Sein Blick fiel auf den Wecker, der neben seinem Bett stand, und der schon den frühen Vormittag eingeläutet hatte. „Warum hast du mich nicht geweckt?“, er riss die Tür zu seinem Zimmer auf, und Rishid folgte ihm wie ein Schatten.
 

„Es ist alles zu eurer Abreise vorbereitet, in ein paar Stunden könnt ihr in der Stadt sein. Das Schiff ist zum Auslaufen bereit, und die Raritätenjäger, die euch begleiten, warten schon. Auch in Domino steht alles bereit, und die Zentrale dort ist fertig eingerichtet. Währenddessen werde ich mich hier darum kümmern, dass das Geschäft weiter läuft und Marina beaufsichtigen, damit sie die Probleme mit den neuen Karten so schnell es geht beseitigt.“
 

Marik schluckte. Kein Wunder, dass Rishid ausgesehen hatte, als habe er wenig Schlaf bekommen, wenn er damit beschäftigt war, die Fäden zu ziehen... Wenn er seinen Leuten Anweisungen gab, als unterstünden sie seinem Kommando. Wer wusste schon, ob das alles war? Woher sollte er wissen, dass nicht hinter seinem Rücken Dinge geschahen, die er einfach aufgrund der schieren Masse an Information, die ihn jeden Tag überflutete, gar nicht bemerken konnte? „Nein“, sagte er schneidend. „Du wirst mich begleiten.“
 

Rishid schien aufzuatmen. „Ja, Mariks-sama. Habt ihr noch weitere Instruktionen?“
 

„Nicht für dich.“ Marik konnte den Raritätenjägern mit ihren eigenen Gedanken und Gefühlen nicht mehr trauen. Er musste die Dinge selbst in die Hand nehmen; wenn er ihnen auch nur den kleinsten Spielraum ließ, machten sie Fehler, oder Schlimmeres. Zuerst hatte man es bei Gara gesehen, dann bei Pandora. Er durfte sich nur auf sich selbst verlassen.

In seinem Geist durchforstete er Legionen von Gedanken seiner Untergebenen, bis ihn die beruhigende Stille aus der Seele der namenlosen Pantomime umfing. Absolute Leere, die ihm die Sicherheit gab, dass ihm niemand dazwischenfunken würde. „Marina.“
 

Die junge Frau drehte sich zu ihm um, und stand kerzengerade da. „Marik-sama?“
 

„Du übernimmst die Leitung hier, solange ich in Domino bin. Glaub nicht, dass ich dich nicht überwachen würde.“
 

Marina strahlte. „Jawohl!“
 

Marik stieg die Treppen hinauf, und ließ das das Neonlicht der unterirdischen Halle hinter sich. Der Moment, aus der immerwährenden Finsternis unter die Weite des Himmels zu treten, war noch immer mit bitterer Süße verbunden. Das Jucken auf seinem Rücken wurde schier unerträglich. Er vergewisserte sich, dass es niemanden gab, der ihn sehen konnte, aber da Rishid hinter ihm zurückgeblieben war, war er tatsächlich einen Augenblick lang so allein, wie es mit hunderten Stimmen im Kopf eben möglich war.
 

Mit einem erleichterten Seufzen rieb er sich über die Schultern und kratzte an seinem unteren Rücken. Noch einmal blickte er sich schamhaft um, und missbrauchte dann den Milleniumsstab als Rückenkratzer, bis ein scharfer Schmerz beruhigend durch seinen Körper zog. Wahrscheinlich war eine der Narben wieder aufgegangen. Er ließ sich gegen eine Wand sinken, und atmete die schwüle Sommerluft ein, die ein Gewitter ankündigte, dass noch gar nicht in Sicht war.

Dann machte er sich auf den Weg zu seiner Yacht.
 

*****************
 

Bakuras Blick wanderte immer wieder zu den Schaufenstern hin, in denen jede Form von Essen lag, die man sich nur vorstellen konnte. Kleine, gefärbte Kunstwerke, die nicht mehr viel damit zu tun hatten, den Hunger zu stillen, sondern mehr der Unterhaltung zu dienen schienen. 'Vergiss es Ryou. Du kannst auch noch so gierig darauf starren. Ich bin satt.'
 

Ryou seufzte schicksalsergeben. Ich sehe es schon kommen. Wir laufen heute wieder den ganzen Tag ziellos durch die Stadt, und stehen am Ende mit leeren Händen da.
 

'Blödsinn. Wir sind gestern vorangekommen. Und es ist ja nicht so, dass du etwas Besseres vorhättest. Oder willst du deine Freunde zum Picknick einladen?'
 

Den halben Vormittag waren sie schon auf der Suche nach Raritätenjägern gewesen, aber bisher hatten sie sich verkrochen wie Kakerlaken. Selbst Duelle konnte man nicht mehr an jeder Ecke sehen, wahrscheinlich, weil schon die Hälfte der Teilnehmer ausgeschieden waren.
 

Vielleicht ist das gar keine so dumme Idee. Die Raritätenjäger sind doch hinter Yugi her. Und du hast selbst gesagt, dass seine Freunde wohl oder übel auch irgendwann in ihr Visier geraten werden. Dann wäre es doch gut, sich in ihrer Nähe aufzuhalten.
 

Bakura wollte zu Wiederworten ansetzen, aber ihm fiel nichts ein. Ryous Argument war zu gut, dass musste selbst er eingestehen.
 

Wie wäre es mit einem Lob?
 

'Zur Belohnung lasse ich dich einen halben Tag weniger hungern. Vielleicht.' Bakura zog Ryous Handy hervor, und suchte nach Anzus Nummer. 'Smalltalk ist deine Sache. Finde raus, wo sie sind.'
 


 

Ryou fand sich mit seinem Handy am Ohr wieder. Es klingelte ein paar mal, dann nahm sie ab. „Anzu Mazaki?“
 

„Hey, hier ist Ryou.“
 

Anzu klang irritiert. „Wer?“
 

„Bakura“, fügte er mit leichter Verzweiflung in der Stimme hinzu.
 

So gute Freunde hätte ich auch gern. Aber mach dir nichts daraus, ich sage doch, Namen sind nur Schall und Rauch.
 

„Ah, Bakura-kun! Tut mir sehr leid, ich bin gerade beschäftigt. Jounouchi steckt mitten in einem Duell gegen Insector Haga, und es sieht nicht gut aus.“
 

Sag doch mal, dass du im Krankenhaus liegst und einen schweren Unfall hattest. Mal sehen, ob sie dann Zeit hat.
 

'Wenn du nicht die Klappe hältst, mache ich das', dachte Ryou, und sagte gleich hinterher: „Das klingt ja toll! Das würde ich auch gern sehen! Wo seid ihr denn?“
 

Anzu druckste ein wenig herum, und im Hintergrund konnte Ryou das markerschütternde Brüllen einer holografischen Bestie hören. „Mhh... im Stadtpark.“
 

„Ich bin ganz in der Nähe, lauft nicht weg. Bis gleich.“
 

Anzu legte auf.
 

Ryou starrte finster auf das Display und erinnerte sich daran, dass Jounouchi gestern behauptet hatte, dass er keine Zuschauer für die Duelle haben wolle.
 

Nur für geladene Gäste, Ryou-chan. Was hast du erwartet? Sei froh, dass sie so gnädig war und dir verraten hat, wo sie sind.
 

Bakura-kun! Wenn er das schon hörte wurde ihm schlecht. Entschlossen machte er sich auf den Weg in Richtung Stadtpark, der tatsächlich nur ein paar Straßenblocks entfernt lag. Immer mehr begann er zu glauben, dass Bakura tatsächlich recht hatte, und es Zeit wurde, dass der Pharao von der Bildfläche verschwand.
 

Der Park war überraschend voll. Auf den Wiesen hatten es sich Familien mit kleinen Kindern gemütlich gemacht. Ryou erinnerte sich daran, wie er als kleiner Junge mit seinen Eltern und seiner Schwester hier hatte Drachen steigen lassen.
 

Schwester?
 

Ryou biss sich auf die Zunge.
 

'Ich glaube, da vorne sind sie.' Die beiden Duellanten waren unschwer zu erkennen – zwischen ihnen schwebte eine riesige, abstoßende Spinnen, beinahe so groß wie die umstehenden Bäume.
 

Gut gemacht.
 


 

Bakura blieb stehen. Immerhin war die kleine Gruppe nicht wirklich sein Ziel gewesen. Die Riesenspinne löste sich in einem Nebel aus Insektenvernichtungsmittel auf, Anzu kreischte, dass es bis hier zu hören war, und fiel Jounouchi um dem Hals.
 

Bakura ließ seinen Blick über das sauber umgrenzte Grün schweifen. Wo würde er sich verstecken, wenn er sie beobachten wollte? Sein Blick fiel auf einen Baum, hinter dem sich eine dunkel gekleidete Gestalt duckte. 'Vielleicht bekommst du ja doch noch dein Erdbeerdaifuku.'
 

Seltsamerweise spürte er nicht Ryous Vorfreude darauf, dass er sein dahingesagtes Versprechen einlöste – was er ohnehin nicht vorgehabt hatte – sondern seinen Stolz.
 

Bakura schlug einen großen Bogen und näherte sich dem Mann von hinten an, der ihn nicht einmal bemerkte, als er nur noch eine Armeslänge entfernt war.
 

Mit einem geübten Griff packt er dessen Arm, genau wie er es bei Ryou gemacht hatte. Nur dass er dieses mal etwas nachsichtiger war. Es musste schließlich noch Potenzial nach oben geben.
 

Der Raritätenjäger keuchte kurz auf, verbiss sich aber tapfer einen Schmerzensschrei. „Was...?“
 

„Ich bin auf der Suche nach Marik“, sagte Bakura ohne Umschweife.
 

Der Raritätenjäger wurde blass. „Ich weiß nicht wovon du rede- ah!“
 

Bakura hatte seinen Griff versteckt. „Nächster Versuch.“
 

„Er ist – nicht – hier“, antwortete er stockend. „Ich – kann nicht...“
 

„Er ist nicht hier!“, äffte Bakura ihn nach. „Wo ist denn 'nicht hier'?“ Wütend kniff er die Augen zusammen, aber der Raritätenjäger schüttelte mit ängstlichem Blick den Kopf.
 

Bakura überlegte, ob er zu härteren Mittel greifen musste, sah aber ein kleines Mädchen mit großen Augen zu ihm herüberstarren. Hinter ihr tuschelten zwei Mütter hinter vorgehaltenen Händen, und sahen ebenfalls in seine Richtung. 'Verdammt.' Polizei oder ein aufgebrachter Mob würden ihn nur aufhalten. Auch wenn ihn für einen Moment die Vorstellung amüsierte, Ryou in genau so einem Moment freizulassen.
 

Er ließ los, und kaum ein paar Sekunden später war der Raritätenjäger geflüchtet. Zuerst wollte Bakura ihm folgen, aber welchen Sinn hätte das gehabt? Aus dem wäre ohnehin nichts herauszubekommen gewesen. Außer, er hätte noch einmal die Gelegenheit, das Gespräch an einem etwas einsameren Ort fortzusetzen. Bakura hoffte, dass es so weit kommen würde.
 


 

Ryou hatte das Gesicht in den Händen vergraben. „Tolle Aktion, Bakura.“ Er griff hinter sich und schnappte sich ein Kissen, dass er gegen das Fenster warf. „Wie wäre es denn das nächste mal mit ein bisschen Diplomatie?“
 

Diplomatie! Was hätte ich denn deiner Meinung nach sagen sollen?
 

Das Kissen, dass er eben geworfen hatte, fehlte ihm nun um in seinem Bett eine bequeme Liegeposition zu finden, so dass Ryou widerwillig aufstand, es vom Boden aufhob und von den Spiegelscherben befreite, an die er sich mittlerweile gewöhnt hatte. „Wie wäre es mit: Schönen guten Tag. Ich habe zufällig die ihnen fehlende Götterkarte gefunden und habe gehört, dass ein gewisser Marik sich dafür interessiert. Bin ich da bei ihnen richtig?“
 

Blödsinn!
 

Bakura lief missmutig durch den Park,vorbei an einem Clown, der Luftballons an Kinder verteilte, und ein paar Laternen, an denen Werbeplakate hingen. „Warte mal kurz. Geh zurück.“
 

Tatsächlich blieb Bakura stehen, und drehte sich um.
 

„Die Werbeplakate.“
 

Auf einem von ihnen wurde eine Ausstellung des Dominomuseums angekündigt, die sich mit dem alten Ägypten beschäftigt. „Das klingt vielversprechend.“
 

Wir machen aber keinen Schulausflug. Ich weiß mehr über das alte Ägypten, als mir lieb ist.
 

„Hast denn du dieses mal etwas Besseres vor?“
 

Etwas schlug gegen Ryous Zimmertür, und er zuckte zusammen, nur um gleich darauf genervt aufzustöhnen.
 

Wieder fiel sein Blick auf den Fleck in der Ecke, der nicht verschwunden war. Im Gegenteil.
 

Ryou stand von seinem Bett auf, und ging in die Zimmerecke hinüber. Vorsichtig tastete er über die Tapete, die sich an dieser Stelle feucht anfühlte. „Was...?“ Er kratzte mit einem Fingernagel darüber, und butterweich löste sich das Papier von dem harten Beton darunter. Ryou wusste, dass es ein Fehler war. Schließlich konnte man in seine Seele schlecht einen Tapezierer lassen. Dennoch legte er den Beton frei, der darunter lag, und verzog angewidert das Gesicht.
 

Grünlich schwarzer Schimmel kam darunter zum Vorschein, der einen unangenehm süßen Geruch absonderte. Hastig versuchte er, die Tapete wieder darüber zu kleben, aber wieder und wieder sank sie herab, und gab die unschöne Stelle frei.
 

Ein paar Minuten sah Ryou den hässlichen Fleck an. Hoffentlich hatte Bakura davon nichts mitbekommen.
 

Was mitbekommen?
 

Ohne ihm zu antworten stemmte Ryou sich gegen eines seiner Bücherregale, und schob es in die Ecke. Die lose Tapete verschwand hinter dem Holz, ebenso wie das, was darunter lag, sodass wieder alles hübsch sauber und ordentlich aussah.
 

Er sammelte auch noch die Scherben und zerknickten Fotos vom Boden und warf sie in eine Schublade. Nur die lange, spitz zulaufende Scherbe, an der noch immer Blut klebte, legte er auf den Nachttischschrank, halb verborgen hinter der Lampe, aber dennoch so, dass er sich im Notfall gut erreichen konnte. Wie auch immer dieser Notfall aussehen sollte. Schlussendlich drehte er den zerbrochenen Spiegel herum, so dass man nur noch seine intakte Rückseite sehen konnte.
 

So einfach war das.



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Kommentare zu dieser Fanfic (9)

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Von:  Oceanwhirl
2016-09-05T08:36:55+00:00 05.09.2016 10:36
Hello again,
Ich hatte total vergessen, die Fanfic zu abonnieren, das habe ich gerade mal nachgeholt.... Bin irgendwie auch erst jetzt dazu gekommen, mal wieder reinzuschauen und hatte natürlich prompt was verpasst.
Anyway, ich bewundere Rishids Geduld und Gehorsam. Natürlich ist er nichts anderes gewohnt und irgendwie ist der Gehorsam ja seine Existenzberechtigung, aber trotzdem finde ich es beeindruckend, dass er sich zwar den Spruch nicht verkneifen kann (wieso sollte er auch), aber nachdem er eine kassiert hat, ist alles wieder gut. Scheinbar. Ich glaube, in dem Guten geht gerade einiges vor und Marik unterschätzt das ganz ordentlich. Die beiden gefallen mir gerade sehr, wie sie Blitze und Laser verschießen, aber beide tun als gäbe es keinen Grund zur Beunruhigung.
Bei Bakura hatte ich gerade kurz Zweifel. Einen Moment lang dachte ich, er würde echt in den nächsten Laden stiefeln und Daifuku kaufen. Das wäre der Schock des Jahres gewesen! XD Zum Glück ist es nicht so weit gekommen.
Zu deinem letzten Kommentar (, den ich total verlähmt hatte): ich gestehe, ich mag die deutsche Synchro. Auch wenn ich natürlich mittlerweile über die Unzulänglichkeiten im Bilde bin, schlägt mein Herz für die dummen Sprüche und die stellenweise Plumpheit wie in der Folge, in der Rare Hunter Keith gegen Yugi spielt und Marik die Kontrolle über ihn verliert. Sein "Wo bin ich hier? Und was hab ich da an?!" hat mich herzlich zum lachen gebracht. Ich denke für mich ist die deutsche Synchro wie eine Riesentüte Chio Chips: ich finde es geil, obwohl ich natürlich weiß, dass es nicht gut ist. ^^'
Übrigens habe ich am Rande mitbekommen, dass du schon eine ganze Menge weiterer Kapitel geschrieben hast. Das freut mich zu hören! Es ist also noch lange kein Ende in Sicht \*O*/
In diesem Sinne wünsche ich dir eine schöne Woche
-K ^~^
Antwort von:  Dornentanz
06.09.2016 09:12
Aloha!
Ich lade auch total unregelmäßig hier hoch, also kein Wunder, wenn du da was verpasst.
Früher habe ich Rishid nur sehr wenig Aufmerksamkeit beigemessen. Im Laufe dieser Geschichte ist er mir dann aber total ans Herz gewachen, sodass er einige Szenen bekommen hat. Seine Loyalität und Liebe zu seinem Bruder ist einfach unglaublich. Ich habe das in diesem Kapitel nicht einmal als "Blitze verschießen" seinerseits gedeutet. Er versucht einfach, Gehorsam auzustraheln, obwohl er weiß, dass Marik ihn ja für seine psychische Stabilität braucht und er nun mal auf ihn aufpassen muss.
Also, damit es irgendwann mal so weit kommen soll, dass Bakura Ryou Süßigkeiten kauft, da muss schon einiges passieren! XD
Seien wir mal ganz ehrlich: Natürlich liebe ich YGO, aber plump geschrieben ist es oft, ganz egal in welcher Sprache, und sogar der Manga - aber das macht es nur um so liebenswerter. XD Was ich problematisch finde, ist halt die Veränderung der Hintergrundmusik und die teils sinnverändernde Übrsetzung aus Zensurgründen.
Ende in Sicht? Ich habe jetzt 24 Kapitel geschrieben und rechne damit, dass es so... 60... werden.... -.-
Liebe Grüße,
Dornentanz
Von:  Oceanwhirl
2016-08-01T23:09:23+00:00 02.08.2016 01:09
Guten Abend,
Also erst mal ein ganz großes Wow für diese aufregende Geschichte. Ich hab heute aus Langeweile nach Jahren mal wieder den Anime angefangen und befinde mich seit ein paar Stunden auf dem Hypetrain in voller Fahrt. Dass ich dabei auf deine Fanfic gestoßen bin, war der reinste Zufall, aber was für ein glücklicher! Ich steh einfach total drauf! Ich bin großer Fan von solchen Perspektivwechseln, wie du sie hier sehr anschaulich zu Papier gebracht hast und ebenso großer Fan von den Bakuras und den Mariks. Das scheinen wir ja glücklicherweise gemeinsam zu haben. Ich habe früher schon sehr viel in diese Richtung gelesen, aber rekapitulierend stelle ich fest, dass das hier eine der besten Fanfics des fandoms überhaupt ist, zumindest was die angeht, die ich gelesen habe. Du gehst einfach so extrem in die Tiefe, ohne dass man bei jedem Kapitel damit rechnen muss, dass sie gleich aufeinander liegen, was eine zeitlang vor allem hier auf mexx so Gang und Gebe war, dass es fast an sexuelle Belästigung gegrenzt hat.... Du scheinst eine so umfassende idee vom innersten dieser eh schon so vielschichtig entworfenen Charaktere zu haben, dass es mir ein Fest ist, dir dabei zuzusehen, wie du es an Licht bringst. Wirklich großartig. Danke dafür!
Antwort von:  Dornentanz
02.08.2016 13:54
Ah! Oops, I did it again - ich habe vollkommen verplant, weiter hochzuladen, weil ich mir dachte, dass hier wohl eh keiner mitliest. *am Kopf kratz* Bei mir war es vor drei Jahren genauso, ich dachte mir: Das hast du früher gemocht und weißt gar nicht, wie die Geschichte ausging... Kann man ja mal nachholen... Und dann war da wieder der Hypetrain, wie du es nennst. XD Ich hoffe, du schaust mit Untertiteln, und nicht die deutsche Synchro...? Ich finde die Antagonisten meistens viel interessanter, als die Helden, und so ganz allein scheine ich damit nicht dazustehen. Vielleicht liegt es hier besonders daran, dass Bakura und Marik wirklich erinnerungswürdige Motivationen haben, im Gegensatz zu... sagen wir... Shizuka, oder so... und meist leider zu eindimensional betrachtet wurden. Ich wollte schon als Teenager immer, dass Marik gewinnt. ^^ Was dein Lob angeht.... *_* Dankeschön... äh... Ich gebe mein Bestes. Ich muss schon mal vorwarnen dass die Beziehungen sich definitiv *räusper* vertiefen werden. Aber ich mag das gar nicht, wenn so slashiges Zeug aus dem Nichts kommt, und darunter leiden einfach alle Fanfictions. Dabei ist es so viel interessanter, zu betrachten, wie Menschen funktionieren, besonders in dysfunktionalen Konstellationen, die für einen Außenstehenden manchmal nur schwer nachzuvollziehen sind. Also, ich lade dir mal ein neues Kapitel hoch, damit du wieder ein bisschen Lesestoff hast. Vielen lieben Dank für dein Lob!
Von: abgemeldet
2016-06-12T22:47:48+00:00 13.06.2016 00:47
Hello again ^_^.

Hammer Kapitel, ich bin echt sprachlos. Du kannst einem echt den Atem rauben mit deinem phänomenalem Schreibstil.
Hnm, du hälst dich für seltsam? Dann kann ich dir sagen, dass du damit nicht alleine bist. Ich hätte Malik/Marik auch gerne auf dem Thron des Pharao gesehen und finde das so unglaublich unfair, dass er als Grabwächter so dermaßen leiden musste. Kein Wunder, dass dadurch seine dunkle Seite entstanden ist. Wäre ich von der Außenwelt abgeschnitten, dann würde nur noch Hass meinen Körper kontrollieren, wenn ich raus käme. Ich kann Malik da absolut verstehen. Genauso, wie Bakura.
Der Pharao bekommt alles in den Allerwertesten geschoben und muss null dafür tun, während andere ihre Freiheit für ihn opfern; oder ihr Dorf zerstört wird. Wie ich sowas hasse -.-.
Ich freue mich schon auf die nächsten spannenden Kapitel und wünsche dir eine schöne neue Woche.

P.S: Obwohl ich mich nicht für Fußball interessiere wird die EM trotzdem geguckt. Super Sieg für Deutschland gegen die Ukraine. Jögis Jungs sind und bleiben die besten. Bin mal gespannt, wie weit sie dieses Mal kommen werden. Wenn sie Europameister werden, dann fresse ich einen Besen (kleiner Scherz am Rande von mir xD).
Antwort von:  Dornentanz
13.06.2016 13:43
Aloha!
Da ich die ersten 25 Kapitel sowieso schon fertig habe, versuche ich, daran zu denken, ab jetzt jede Woche eins hochzuladen, dann hast du Lesestoff in gemütichen Abständen. In jedem Fall: Vielen Dank fürs Lob. Mit diesem Kapitel war ich nicht besonders zufrieden, weil man einfach viel sieht, was man aus der Serie schon kannte, aber was ich auch nicht einfach weglassen konnte... :/
Ich finde es an YGO gerade interessant, dass sie sich oft die Mühe gemacht haben, den Gegnern glaubwürdige, menschliche Motivationen zu geben und herzzerreißende Hintergrundgeschichten zu erfinden... Und sie dann einfach nicht weiterzuverfolgen. Dann noch die Tatsache, dass der Pharao einfach immer gewinnt, selbst wenn er es gar nicht verdient hat, weil der Gegner einfach besser war - in meiner Top 10 der Lieblingsfolgen ist vielleich deshalb jedes Mal enthalten, bei dem er dann doch verloren hat - diese unausgewogene Sichtweise bietet einfach viel Platz für Spekulation und Eigeninterpretation. Mir war es schon immer wichtig, sich alle Standpunkte genau anzuhören und nicht vorzuverurteilen, wahrscheinlich wurde dieses Bedürfnis durch YGO total getriggert, weshlab ich mich da wie eine wildgewordene Hyäne draufgestürzt habe. XD
Antwort von:  Dornentanz
13.06.2016 13:47
Ich war noch nicht fertig, doofer Computer. :(
Was ich noch sagen wollte: Da es gestern geregnet hat und mein Arbeitsplatz im Freien liegt, durfte ich zu Hause bleiben und das Spiel ganz gemütlich gucken; so ganz überzeugt bin ich nach der gestrigen Leistung aber noch nicht, die Verteidigung in der ersten Halbzeit war viel zu wackelig! Wenn Boateng plözlich im Tor stehen muss, läuft was falsch. XD Ich hoffe jedenfalls, dass sich da noch eine bessere Form entwickelt. Weltmeister und Europameister? Das wäre doch was! Hol schon mal die Gewürze raus, damit der Besen besser rutscht. ;)
Von: abgemeldet
2016-06-11T01:41:59+00:00 11.06.2016 03:41
Hey ^_^!

Erstmal muss ich sagen, dass ich solch eine Geschichte schon immer mal lesen wollte. Ich wollte stets wissen, was hinter den Kulissen des Battle City Turniers abging und du hast es perfekt umgesetzt.
Deine Story ist echt filmreif. Sollte es als Anime geben. Mir sind die Emotionen und Gedanken der Schattenseite viel wichtiger, als dieses ganze SCHÖNE Gerede um den Pharao. Wer sagt, dass dieser ein guter Herrscher gewesen ist, hmm? Das er seine Erinnerungen verloren hat macht mich stutzig. Vielleicht sind die ganzen Ereignisse in seiner Amtszeit als Pharao ja nur im Anime/Manga SCHÖN geschmückt worden und er war in Wahrheit rücksichtslos? Könnte alles möglich sein, oder? Ich appelliere da an die Sache mit dem Dorf Kul Elna in oberster Front. Dabei kamen schließlich unschuldige Menschen ums Leben und Akefia verlor sein Zuhause. Also wenn das nicht brutal vom Pharao gewesen ist, dann weiß ich es auch nicht?!

Genug gequatscht. Ich würde mich echt freuen, wenn diese wunderbare Story bald ihre Fortsetzung kriegen würde, denn sie ist echt PHÄNOMENAL!


LG und ein schönes Wochenende unbekannterweise von mir der Jany!
Antwort von:  Dornentanz
12.06.2016 14:13
Oh! Hey!
Ich muss ehrlich gestehen, dass ich ganz vergessen habe, dass ich die Geschichte hier angefangen hatte, hochzuladen! Die ist schon viel weiter, ich... Habs einfach verplant. O_o
Schon als ich die Serie als Kind gesehen habe, habe ich schon immer das Gefühl gehabt, dass da etwas nicht stimmte. So viel wurde weggelassen (was auch daran liegt, dass der Manga nicht so ideal adoptiert wurde XD) und dass all das zu einseitig wäre. Ich habe mir immer gewünscht, dass Marik seinen Truam erfüllen und Pharao werden kann. Ich war wohl schon immer merkwürdig. Was die Amtszeit des Pharaos betrifft: Wir wissen rein gar nichts darüber. Das, was wir am Ende bekommen haben war ja nur eine Simulation der Gegebenheit damals, aber mit einem Pharao, dessen Persönlichkeit sich massiv von der unterschieden hat, die er am Anfang hatte, allein durch die Erlebnisse mit Yugi und seinen Freunden. Wahrscheinlich war er doch so, wie am Anfang des Mangas/Staffel 0, als er Ägypten regiert hat... Ziemlich unheimlich und brutal, also. Ohhhhh... zu Kur Elna/Kul Elna/Kuru Eruna (what ever) komme ich noch. Das haben sie in der Serie dann einfach so abgetan und mal eben nicht mehr darüber gesprochen. Oder, können wir noch einmal darauf zurückkommen, dass der Pharao veranlasst hat, dass die Grabwächterfamilie 3000 Jahre ohne Kontakt zur Außenwelt in einem Grab gesessen hat? Was ist denn daran bitte edles Heldentum?
Also, Fortsetzung, öhm, JETZT. Muss es nur noch für Animexx umformatieren. Ich hoffe, dass dir die nachfolgenden Kapitel gefallen werden und wir uns bald wieder hören! Ja, am besten sofort, ehe das Deutschlandspiel anfängt und die Arbeit ruft... T_T
Liebe Grüße, bis hoffentlich bald,
Dornentanz
Von:  Glennstar
2014-09-20T16:50:49+00:00 20.09.2014 18:50
Ah es geht weiter! Ich freue mich <3
Das Kapitel war wieder richtig gut.

So übereifrige Raritätenjäger gab es bestimmt zur Genüge.
Zu dumm nur, dass Marik gerade eigentlich andere Gedanken hat und Kopfschmerzen hat.

Der Flashback mit Marik und Ishizu hat mir besonders gut gefallen.
Sie hat aber auch gefühlt nie wirklich versucht Marik aufzuhalten, oder? Natürlich hat sie Kaiba die Karte gegeben, aber sie hätte das ganze bestimmt schon früher aufhalten können. Dass Marik seine Schwester vermisst, fand ich irgendwie süß. Er ist eben doch nicht durch und durch böse.

Das Treffen von Ryou und Jonouchi war gut. "Du willst es Kaiba wohl heimzahlen" xD
Es grenzt an ein Wunder, dass er da noch an etwas anderes denken konnte. Auch wenn Ryou nicht so unschuldig ist wie er tut, tat er mir hier ein bisschen leid. Warum fragen ihn denn immer alle und warum traut ihm keiner?
Ich meine, es ist ja zu Recht, aber hey...kein Wunder, dass er sich da zu Bakura flüchtet.
Der Blutschwur der beiden war auch eine sehr gute Idee.
Ich kann mir gut vorstellen, dass es für Bakura doch Recht einfach war, Ryou zu überzeugen. Allein schon, weil einfach alle an ihm vorbeigegangen waren. So klingt es relativ plausibel, dass Ryou helfen und gegen den Pharao arbeiten will.

Ich bin echt gespannt wie's weitergeht! Und ich freue mich, dass es wohl noch viel zu lesen gibt, bei 18 Kapitel.
Dann lese ich jetzt mal Teas Sprechstunde ;)

Liebe Grüße
Von:  Glennstar
2014-03-09T11:05:45+00:00 09.03.2014 12:05
Wow, die Raritätenjäger scheinen ja ein gut organisiertes Unternehmen zu sein.
In der Serie wirkt es ja so'n bisschen wie eine nur durch den Milleniumsstab funktionierende Sekte, aber so gefällt mir das viel besser!
Als Marik in die IT-Abteilung gerufen wurde, musste ich kurz lachen, damit hatte ich nicht gerechnet. Man verbindet ihn irgendwie nicht mit Technik, aber es macht schon Sinn, so viel dass er sich auch darum kümmern muss (er ist echt ein Mädchen für alles). Du hast das echt gut durchdacht :)
Die ganzen Stimmen in seinem Kopf. Da würde ich auch irgendwann Kopfschmerzen kriegen.
Das ist ja schlimmer als mit den Handies...die kann man wenigstens abstellen (auch wenn die Leute sich dann beschweren, warum man nicht geantwortet hat).
Ich freu mich schon auf das nächste Kapitel. Das Ende ist richtig gut gewählt, man will jetzt wissen was mit dem Lachen ist - auch wenn ich schon ahnen kann, was passiert.
Von:  Glennstar
2014-03-03T21:11:18+00:00 03.03.2014 22:11
Mir fiel grad ein, dass ich dir hier ja noch gar keinen Kommi hinterlassen habe.
Das kommt davon, wenn man unterwegs mit dem Handy liest...
Mir gefällt BCT - Auf der anderen Seite sehr gut. Ich bin ein großer Bakura-Fan und freue mich, dass du dich entschieden hast über ihn zu schreiben.
Der arme Ryou kann einem nur Leid tun. Es ist ja eigentlich klar, dass Bakura macht, was er will, aber man denkt irgendwie nie so wirklich darüber nach wie Ryou sich fühlt.
Ich bin echt gespannt wie's weiter geht (und das obwohl ich den groben Rahmen ja kenne ;) und warum Bakura sich am Ende des zweiten Kapitels Gedanken gemacht hat.
Lg
Antwort von:  Dornentanz
05.03.2014 12:05
Hey Reika, ich bin hier schreibtechnisch schon sehr viel weiter. Wenn ich weiß, dass du mitliest werd ich mich mit dem hochladen mal ein bisschen mehr beeilen. Ich mag Bakura auch sehr, allerdings sind mir mitterweile alle "bösen" richtig ans Herz gewachsen. Und hab nicht zu viel Mitleid mit Ryou, er ist nicht so unschuldig, wie er tut. ;) Mach dir keine Sorgen, weil du den Rahmen kennst - man sieht ja eigentlich immer nur die Helden, dementsprechend wird es nicht so viel geben, was du aus der Serie kennst.
Antwort von:  Glennstar
05.03.2014 14:12
Wenn du weißt, dass ich mitlese, beeilst du dich mit dem Hochladen? Jetzt fühle ich mich geschmeichelt. Dankeschön :)
Ich werd dir auch ab jetzt zu jedem Kapitel einen Kommi hinterlassen!
Da bin ich ja mal gespannt, was ich noch so alles über Ryou erfahre.
Ist schon echt schade manchmal, dass man nur die Helden sieht...dabei sind die anderen doch zum Teil viel interessanter ;)
Von: abgemeldet
2014-02-08T15:11:08+00:00 08.02.2014 16:11
ooh gefällt mir bin auf das nächste kapitel gespan.


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