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Nur wer frei ist, ist ein König

Frei zu sein bedarf es wenig [KakuzuxOC]
von

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Der Hunger der Wölfe

Mit der zunehmenden Kälte wuchs das Misstrauen der Händler. Kakuzu vermutete, dass sich unter ihnen herumgesprochen hatte, wer Akatsuki war und die aktuelle Stellung der Diebe machte es nicht einfacher. Es waren die Blicke, die man ihnen zuwarf, die Wortfetzen, die er mitbekam, die ihm dies mitteilten. Nicht bedrohlich, sie störten Kakuzu auch nicht weiter, aber es könnte Probleme machen. Er vertraute den Händlern ebenso wenig wie sie ihnen.

Shouta bemerkte es auch, schien darüber jedoch mehr amüsiert als besorgt und Hidan war genervt. Tatsächlich konnte Kakuzu beides verstehen. Hidan, weil er grundsätzlich genervt war und Shouta, weil es lächerlich war. Die Händler waren keine Gefahr und würden es auch nicht sein. Sie konnten sie nicht einmal verraten. Sie hatten diese Möglichkeit nur bei den Kontrollen, würden aber garantiert in die Sache mit eingezogen werden, zumal Kakuzu bezweifelte, dass alle Handelsware legal war.

„Vielleicht haben sie Angst, dass ihr sie nachts tötet“, mutmaßte Shouta und sah zu Kakuzu. Sie liefen abseits der anderen. In seinen nussfarbenen Haaren hatten sich Flocken abgesetzt, denn es schneite erneut. Wie die ganze Zeit über waren seine Lippen spröde und von kleinen Rissen durchzogen. „Ihnen die Kehle aufschneidet oder so.“ Er grinste.

Kakuzu schwieg. Es gab nichts, was er darauf antworten wollte und hatte auch keine Lust sich zu unterhalten. Außerdem war es kalt. Selbst Kakuzu fror und hatte große Mühe, sich zusammenzureißen, um nicht zu zittern. Shouta hingegen hatte seine Arme um seinen Körper gelegt und die Schultern hochgezogen. Er zitterte.

Der Junge redete weiter: „Sie sind nicht klug“, er zuckte mit den Schultern, „aber das dürftest du mittlerweile bemerkt haben.“

Auch jetzt sprach Kakuzu nicht, gab jedoch einen genervten Laut von sich, den Shouta allerdings mit funkelnden Augen und einem Grinsen ignorierte. Trotz der aufgeplatzten Lippen fiel Kakuzu auf, wie gut Shouta aussah, wenn er grinste. Würde er jetzt die Klappe halten, wäre Kakuzu sogar zufrieden mit seiner Anwesenheit. Doch das tat er nicht. Natürlich nicht.

„Masayuki und Azarni verlassen uns morgen“, sprach er also unbeirrt weiter, „und ein paar Tage später sind wir die Händler dann auch los. Uns bis dahin können wir die Zeit im Zelt genießen. Du weißt schon...“ Das Grinsen verstärkte sich sogar und bevor er weitersprechen konnte, unterbrach Kakuzu ihn.

„Shouta.“

„Ja?“

„Halt die Klappe.“

Der Junge schnaubte trotzig. „Kann man auch netter sagen.“

Kakuzu zog eine Augenbraue hoch, hob einen Arm und gab dem Jungen einen leichten Stoß, sodass dieser einen Schritt zur Seite stolperte.n Die Mundwinkel noch immer gehoben, tat er nun wie gewünscht und eine herrliche Stille breitete sich aus. Nur ab und an wurde sie unterbrochen, wenn sich der Dieb über die Arme rieb. Fast wäre Kakuzu dazu verleitet etwas zu sagen, doch würde der Junge das wieder als Aufforderung nehmen weiter zu sprechen, also beließ er es dabei sich im Stillen darüber zu amüsieren. Shouta würde schon früh genug wieder warm werden...
 

Auch die nächste Kontrolle überstanden sie ohne Zwischenfälle, doch mit kläffenden Hunden, die es besonders auf Hidan abgesehen hatten. Hässliche Dinger mit hängenden Lefzen, an denen der Geifer herablief und stellenweise gefror. Laut Shouta waren es Züchtungen, die für die Soldaten und das Aufspüren von Feinden gezüchtet worden waren und schon einigen jüngeren Dieben, vor allem Kindern, das Leben genommen hatten. Vor Hidan wichen sie allerdings zurück, sobald dieser knapp vor ihnen mit der Sense aufstampfte. Die Soldaten wechselten verwunderte Blicke, verwundert darüber, dass Hidan keine Angst zeigten – scheinbar waren diese Viecher gefürchtet – reagierten aber nicht weiter darauf sondern schickten den Trupp ohne Kontrolle weiter.

Kakuzu vermutete, dass ihnen einfach kalt war und sie zurück in die Hütte wollten, in der sie vorübergehend lebten. Kein Wunder, dass dieses Land vor die Hunde ging. Ein Blick zu dem Jungen, der amüsiert eine Augenbraue hochgezogen hatte, verriet ihm, dass er die selben Gedanken hegte. Schließlich zuckte der Junge mit den Schultern, schüttelte sich Schnee aus dem Haar und lief weiter.

„Es ist einfacher als gedacht.“ Masayuki trat neben Shouta. Dieses Mal fuchtelte er allerdings nicht mit den Händen durch die Luft, sondern war ernst. „Ich frage mich, ob sie schon aufgegeben haben.“

Auch Azarni gesellte sich zu den beiden, ihre ohnehin schon hellen Haare waren nun beinahe weiß und starr gefroren. „Vielleicht sind sie auch auf der Seite des Widerstands, auch Soldaten haben Hunger. Könnte mir nicht weiß machen, dass die gerne hier sind.“

Stumm stimmte Kakuzu ihr zu. Er glaubte es ebenfalls nicht, nicht bei diesem Wetter und nicht so abgelegen. Sicher gab es Menschen, denen es gefiel, aber das waren zwei junge Männer gewesen, vermutlich noch jünger als Shouta, die garantiert andere Dinge im Kopf hatten. Es wunderte ihn aber nicht, dass sie hier waren.

Shouta sah über die Schulter zurück und für einen Moment trafen sich ihre Blicke, bevor Shouta sich zu der Hütte wandte. „Wenn ihr mich fragt“, sagte er, als er sich wieder herumgedreht hatte, zu den anderen Dieben, „sind die weg, sobald der letzte Kontrollbesuch bei ihnen gemacht wurde. Was sollte sie schon hier halten?“

Kakuzu kannte die Antwort und nannte sie nicht, während sich die drei jungen Diebe weiter unterhielten und Hidan zu ihm trat. „Ich muss bald opfern“, sagte er, leise genug, damit es die Händler nicht hörten.

„Du musst noch warten, wir sind hier mitgekommen um weniger Aufsehen zu erregen.“ Kakuzu sah nicht zu ihm hin, sondern weiter nach vorne.

„Das weiß ich“, knurrte Hidan, „es reicht auch noch, aber ich kann keine Wochen lang warten.“ Kakuzu wusste das, doch was sollte er tun? Hidan würde noch einige Tage nicht opfern müssen, immerhin hatte er es erst in Uma no Mon getan. Natürlich kam er im Laufe der Mission seltener als sonst dazu, aber es würde noch gehen, davon ging Kakuzu zumindest aus. So, wie er Hidan einschätzte opferte er mehr als nötig war.

„Du wirst es überleben.“

„Ach, halt die Fresse“, murrte Hidan unwirsch, „du hast sowieso keine Ahnung davon.“

Einer der Händler, ein hinkender Mann in seltsam bunter Kleidung, dessen Namen sich Kakuzu nicht merken konnte (doch musste man sagen, dass er es auch nicht versuchte), drehte sich ihnen zu, die buschigen Augenbrauen, in denen sich vereinzelt graue Haare befanden, zusammengekniffen. Kakuzu brachte ihn mit einem Blick dazu sich abzuwenden. „Sprich leiser“, wies er Hidan an, „man hört dich sonst. Sie sind misstrauisch genug.“

Mit einem Schnauben beschleunigte Hidan seine Schritte und verschwand an das vordere Ende der Karawane. Kakuzu schwieg.
 

An diesem Abend verzog er sich schnell in das Zelt zurück. Der Wind war eisig, sodass das Feuer kaum nützte und Kakuzu war froh, dass er sich die Decken um den Körper legen konnte, ohne dabei beobachtet zu werden. Außer von dem Jungen, doch damit konnte Kakuzu leben. Blieb ihm ja nichts anderes übrig.

Der Dieb kam gerade in das Zelt und verschloss den Reißverschluss mit zitternden Händen. „Scheiße, wenn das so weiter geht, frieren mir noch die Finger ab.“ Er ließ sich neben Kakuzu fallen und zog die Decke über sich. „Sag mal spinne ich, oder zitterst du wirklich?“

Im schwachen Licht der kleinen Laterne, die sie mitgebracht hatten, konnte man das erkennen. „Sieht so aus.“

„Also ist dir kalt.“

„Das kommt vor.“

Shouta blinzelte einige Male und schien nach zudenken. Zu Kakuzus Überraschung schwieg Shouta, den Kopf leicht schief gelegt und mit einem Grinsen auf den Lippen.
 

Er wusste, was er dachte.
 

Viele Kilometer südwestlich von ihnen sahen die mitleidigen Augen der Königen auf ihren Bruder, der alt und war und aus dem Fenster starrte. Er schaukelte mit dem Oberkörper vor und zurück, klopfte in regelmäßigen Abständen gegen die Schreibe, auf der sich Eisblumen abzeichneten und ein Muster erschufen, das die Königin faszinierte. Ihr Bruder summte ein Lied, das ihre Mutter einst gesungen hatte, immer, wenn sie Angst gehabt hatten. Es war ein Lied über einen hungrigen Wolf, dem die Mutter Nahrung gab, damit er ihre Familie in Ruhe ließ.

„Was tust du da?“ , fragte die schöne Königin, die dem Schauspiel lange zugesehen hatte, bevor sie den Mut aufbringen konnte, zu sprechen. Sie legte eine Hand auf seine gebrechliche Schulter und fühlte sich viel zu groß und kräftig. Verabscheute es. Verzweifelte daran.

„Sie kommen“, sagte ihr Bruder, „die Wölfe kommen immer, wenn sie Hunger haben. Sie haben ihn schon lange.“ Ein schreckliches Schweigen entstand. „Schon lange. So lange, lange, lange.“ Er schlug gegen die Scheibe und die Königen zuckte zurück. „Lange!“ Ein weiterer Schlag ließ das Glas erzittern. „Lange, lange, lange, lange, lange, lange!“

Hilflos wie ein kleines Mädchen, dabei war sie so lange keines mehr, stand die Königin neben ihrem Bruder. „Liebling“, flüsterte sie mit zarter Stimme, „Liebling, lass das lieber. Du tust dir noch weh.“

Die Wölfe!“ Mit erschreckender Kraft schlug ihr Bruder den Kopf gegen das Glas und die Königin stieß einen Schrei aus, der hell und klar und zerbrechlich war.

„Sie kommen! Schon lange! Lange! Lange!“ Der graue Stein warf die Worte, die die graziöse Königen zu erdrücken schienen, als Echo zurück.Wie ein waidwundes Reh wich sie zurück, zitterte und starte auf das Blut, dass die Eisblumen auf der Schreibe überdeckte. Es war so viel... Ihre Hand griff in den weichen, edlen Stoff ihres Kleides und vergrub sich über ihrem Herzen, als hätte sie Angst, es würde ihr sonst aus der Brust springen. Sie zerreißen.

„Wieso tust du das?“ Ihr Bruder hörte sie nicht, übertönte sie mit seinen 'Lange!'-Rufen und schlug weiter zu. Immer und immer wieder. mmer und immer wieder. Sein faltiges Gesicht war geschwollen und rot verschmiert. Die Rufe wurden leiser und er verschluckte sich an seinem eigenen Blut. Hustete es aus. Es war widerlich.
 

Und die Königin stand da und sah zu.
 

„Wölfe!“, schrie er, hustete. „Lange! So lange!“ Ihr Bruder stieß ein Heulen aus und der Königin wurde schwindelig. Die Welt schien sich zu drehen und verschwinden zu wollen. Sie nahm nichts mehr war, konnte nur noch das Blut sehen und es nicht mehr sehen wollen. Hatte Angst. Erst die ertönenden Schritte rissen sie aus ihrer Angststarre.

Ein Ritter, ein schöner junger Mann, der einem Engel glich, eilte an ihr vorbei, umfasste die Schultern ihres Bruders und zog ihn ohne Mühe zurück. „Mein Herr“, sagte er ruhig, „mein Herr, hören sie auf damit.“

„Lange!“ Er weinte, ließ sich aber mitziehen. „Wölfe! Sie kommen!“

Das Blut spritzte in die blonden Haare des Ritter, als ihr Bruder sich schüttelte, doch reagierte er nicht. „Ist gut, mein Herr. Sie werden nicht kommen.“ Er zog ihn sanft mit sich und warf einen Blick über die Schulter. „Ich bringe ihn zu seinem Arzt, seid unbesorgt.“

Erst in diesem Moment realisierte die Königin, dass Akira neben ihr stand und spürte, dass sie weinte. Große Träne flossen über ihre Wangen, ließen sie viel jünger und kleiner wirken als sie es in Wirklichkeit war.

„Es wird schlimmer“, schluchzte sie und vergaß jedes Protokoll, das sie einst auswendig gelernt hatte und warf sich in ihre Arme. Weinte wie ein kleines Kind. „Wir hätten es versuchen sollen, wir hätten es wagen sollen.“

Akira tätschelte ihr den Rücken. „Meine Königin“, sagte sie mit ihrer rauen Stimme, „vergesst Euch nicht.“ Doch die Königin hatte sich vergessen und konnte sich nicht beruhigen. „Er wäre gestorben, denkt an die Schwestern eures Königs und an Eure eigenen.“

„Aber“, fing die Königin an und schluchzte, „nur ein Versuch. Vielleicht hätte er es doch überlebt, dann wäre er bei uns und nicht ... so.“

Akira lief langsam los, zog die Königen dabei ruhig mit sich und in einen anderen Raum, in dem sie sich auf einen Stuhl sinken lassen konnte. Das dunkle, grobe Holz mit den eingeschnitzten Hundsköpfen als Verzierung betonte ihre Zierlichkeit.

„Ihr müsst es einsehen“, sagte Akira schließlich und legte ihren Mantel um die Schultern der Königen, die nicht den angewiderten Ausdruck in Akiras Augen sah, sondern nur die Angst, die sie umschlossen hatte, „nie hätte er es überstanden. Ihr seid gesünder und kräftiger als er und selbst Ihr wärt damals beinahe gestorben. Bei eurem Gemahl ist es nicht anders.“

„Nein“, sagte die Königin und vergrub ihr Gesicht in ihren Händen, „nein, nein. Wir haben ihn den Tod überlassen ohne zu kämpfen. Er ist schwachsinnig geworden und tut sich weh.“

Akira seufzte. „Er hat es selbst gewählt.“

„Weil ihm keiner Mut gemacht hat.“ Die Königen zog den Mantel enger um ihren schmalen Körper und schwieg. „Es gehört unserer Familie.“ Sie brach ab und weinte.
 

Erst viel zu spät würde sie erkennen, was sie gesagt hatte. Und zu spät, was ihr Bruder meinte.



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