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Sealed Souls III

Scherben bringen Glück
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Heh, ich hätte ja fast nicht mehr gedacht, dass sich gleich wieder jemand meldet. Bin ich also nicht die Einzige, die Gaara so unheimlich putzig findet, was? Vielen Dank für eure Kommentare!
Wie auch immer, ich konzentrier mich jetzt erst einmal auf Gaaras Therapie. Itachi wird noch ein bisschen warten müssen aber er kommt schon auch noch ran.
Read&Review!
astala7

"Gesprochenes"
::Shukaku telepathiert mit Gaara:: Komplett anzeigen

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Tintenklecks und Blutspritzer

1. Sitzung (Juni)
 

Es war drei Uhr nachmittags als ich meine erste Sitzung mit dem Kazekagen hatte. Da ich in einem Hotel wohnte hatte Temari mich hierfür in das Haus eingeladen, dass sie scheinbar zusammen mit ihren zwei Brüdern bewohnte. Dort hatten wir es uns gemütlich gemacht (was hieß, ich hatte es mir auf der Couch gemütlich gemacht, während der Ninja am Fenster stand und in die Leere starrte). Da Gaara absolut nichts von Hypnotherapie hielt, war Itachi (der ja offiziell als mein Assistent hier war) zusammen mit seinen Geschwistern hinaus geschickt worden. Natürlich zweifelte ich dennoch nicht daran, dass er trotz Sommerhitze auf dem Dach saß und Ausschau nach Attentätern hielt. Unter Genjutsu, versteht sich. Man will ja schließlich unauffällig bleiben.

„Also schön“, begann ich und öffnete mein Notizbuch. „Um die beste Methode herauszufinden, wie ich Ihnen helfen kann, wäre es praktisch wenn Sie mir zuerst etwas über Ihr Problem erzählen könnten.“

Unwillkürlich war ich vom 'Euch' zum 'Sie' umgesprungen. Ich hatte es nicht so oft mit so hohen Persönlichkeiten zu tun. Aber Gaaras missmutiger Blick schien sein gewohnter Gesichtsausdruck zu sein, weswegen ich beschloss dabei zu bleiben.

„Wie viel wissen Sie denn bereits über mich?“, fragte er mit einem stechenden Blick.

Ha! Wenn das einschüchternd sein sollte, hatte er noch nie gegen einen Uchiha gekämpft.

„Tsunade hat mir erzählt, dass Sie der einzige Jinchuuriki sind, dem der Biju genommen wurde, der aber später wieder zurück versiegelt wurde. Es ist ein Biju, der Ihnen die Kontrolle über Sand und eine sehr gute Verteidigung gibt. Den Andeutungen im Brief Ihrer Schwester zufolge ist er aber auch der Grund, warum Sie nicht schlafen können.“

Gaara wandte den Blick wieder aus dem Fenster. „Dieser Dämon, Shukaku... In meiner Kindheit versuchte er immer jede Schwäche meinerseits auszunutzen. Schlaf oder Bewusstlosigkeit hätten ihm die Möglichkeit gegeben, meinen Körper zu übernehmen. Also schlief ich nie. Mein Körper war dazu in der Lage, weil er sich selbst mit Shukakus Chakra heilen konnte. Als er weg war ging das einige Zeit lang automatisch so weiter. Ich brauchte einige Monate bis ich begriff, warum ich immer schwächer wurde. Ich schlief eine Nacht durch und fühlte mich am nächsten Morgen wie neu geboren. Seitdem schief ich mindestens einmal pro Woche eine ganze Nacht lang. Aber jetzt... Als die Biju nach dem Krieg zustimmten, sich erneut versiegeln zu lassen, taten sie das unter der Bedingung, dass die Siegel niemals so stark sein durften, dass sie komplett unterdrückt wurden. Sie wollten in der Lage sein, durch ihre Jinchuuriki an der Welt teilzuhaben. Aus diesem Grund ist Shukaku jetzt in der Lage, mir sein Chakra zu verweigern. Er will mich schwächen bis ich gezwungen bin, ihm die Kontrolle zu überlassen.“

„Wie lange liegt die Versiegelung zurück?“

„Fünf Monate.“

„Und wie oft haben Sie in dieser Zeit geschlafen?“

„...“

Ich seufzte. „Jetzt verstehe ich Ihre Schwester. So etwas kann nicht gesund sein.“ Ich tippte mir nachdenklich mit dem Stift gegen das Kinn. „Diesen sogenannten Dämon... Wir würden Sie ihn beschreiben?“

Gaara blinzelte. „Er ist ein Dämon.“

„Ja, aber ich kenne mich auf diesem Gebiet leider nicht aus. Was genau kann ich mir darunter vorstellen? Ist es ein intelligentes Wesen? Gleicht sein Verstand eher einem menschlichen oder einem tierischen? Sind vielleicht echte Charakterzüge zu erkennen? Wie genau ist sein Erinnerungsvermögen?“

Der Rothaarige starrte mich an, als wäre ich es, die den Verstand verloren hatte.

„Können sie denn mit ihm kommunizieren?“, fragte ich, als er nach einer Minute immer noch nicht geantwortet hatte.

Ein abgehacktes Nicken.

„Es ist in Ordnung, wenn Sie nicht darüber reden wollen. Wissen Sie, in der Psychologie gibt es einige Tests, um das Charakterbild einer Person zu analysieren. Ich könnte sie die Tests einmal durchlaufen lassen, nur zum Vergleich, und dann noch ein zweites Mal. Versuchen sie Shukaku zu fragen, wie er die Fragen beantworten würde und schreiben Sie es einfach nieder.“

„Was für Tests?“, fragte Gaara beunruhigt.

„Nun, zum einen einen Intelligenztest, dann den Rohrschach und wenn möglich den TAT. Den Rohrschachtest habe ich sogar dabei. Wir könnten sofort damit anfangen.“ Seiner ratlosen Miene nach zu urteilen hatte er keine Ahnung wovon ich redete. Deshalb zog ich einen Stapel Papier aus meiner Tasche und zeigte ihm ein Bild im berühmten Tintenklecks-Stil.

„Es geht darum was Sie in diesen Bildern erkennen.“

„Das ist ein Klecks“, meinte er hohl.

„Ja, ganz richtig. Aber der Klecks hat eine Form und jeder interpretiert etwas anderes hinein.“

Mit einem Mal schien der Blick des Jungen in weite Ferne zu rücken.

„Ich habe diese Muster schon einmal gesehen...“, murmelte er. „Es war ein Spiel, das ich mit meinem Onkel zusammen gespielt habe...“ Sein Blick fokussierte sich wieder auf mich. „Ich bin nicht verrückt“, sagte er beinahe trotzig.

„Das ist kein Test um festzustellen, ob jemand verrückt ist“, meinte ich sanft. „Sehen Sie, dieser Test trifft Aussagen über Ihre Individualität – ob sie Dinge darin erkennen die viele auch sehen, oder etwas Originelles. Er sagt mir ob sie das Bild im Ganzen betrachten oder sich oft auf kleine Details konzentrieren. Ob ihre Antwort auf die Farben oder eher Formen des Bildes abzielt. Der Test soll lediglich helfen zu verstehen, wie der Patient die Welt sieht. Und ganz abgesehen davon sagte ich doch schon, dass ich den Test wegen Shukaku machen will, nicht wegen Ihnen. Ich hätte Ihre Antworten nur gern zum Vergleich um auszuschließen, dass Shukaku ihre Gedanken liest und einfach Ihre Antworten nennt, verstehen Sie?“

Zögernd nickte der Shinobi. Aber zum ersten Mal war da eine Unsicherheit in seinen Bewegungen, als er sich mir gegenüber setzte, die ihn endlich wie der Teenager aussehen ließ, der er eigentlich war.
 

*

2. Sitzung (Juni)
 

„Und? Was haben die Tests ergeben?“

„Oh, eine ganze Menge nützlicher Dinge“, vergewisserte ich meinem Patienten. „Natürlich ist Ihr Fall einzigartig, aber ich habe mich über einige ähnliche Probleme und deren Behandlungsmethoden informiert. Ich denke ich habe jetzt eine ungefähre Richtung, in die wir mit Ihrer Therapie gehen können.“

„Ähnliche Fälle?“, wiederholte der Kazekage ungläubig.

Ich lächelte entschuldigend. „Ich habe über Patienten mit dissoziativer Identitätsstörung gelesen – Menschen, deren Psyche sich aufgespalten hat in mehrere Persönlichkeiten. Ihr Fall ist ähnlich und dann doch wieder vollkommen anders. Shukaku ist kein Teil von Ihnen selbst sondern ein vollkommen eigenständiges Wesen mit einer eigenen Seele. Eine wirkliche Heilung gibt es da nicht.“

„Was ist dann Ihre Idee?“, fragte der Ninja.

„Bei DIS Patienten versucht man für gewöhnlich, die einzelnen alters zu integrieren und zu einer Person zusammen zu fügen. Wenn das nicht möglich oder zu zeitaufwendig ist, versucht man die Zusammenarbeit zwischen ihnen zu verbessern. Jeder alter hat seine 'Rolle', seine Stärken und Schwächen die man erkennen muss. Ich habe mir die Testergebnisse von Ihnen beiden angesehen und ich bin zuversichtlich, dass ich auch für Shukaku einige Stärken finden kann die Sie nicht haben. Punkte also, in denen Sie sich ergänzen können.“

„Shukaku ist kein Mensch. Er sieht die Welt vollkommen anders.“

Doch ich schüttelte den Kopf. „Das stimmt so nicht. Er hat in dem Intelligenztest viel zu hoch abgeschnitten als das man ihm lediglich einen tierischen Verstand zuschreiben könnte. Er ist sich seiner Umgebung voll bewusst. Dieser Versiegelung haben sie beide freiwillig zugestimmt, ist das richtig?“

Ein abgehacktes Nicken.

„Dafür hatten sie beide ihre Gründe. Was genau waren Ihre?“

„Ich wollte mein Dorf beschützen, das ist alles.“

„Sie hätten auch jemand anderen zum Jinchuuriki machen können“, meinte ich.

Der Kazekage schüttelte den Kopf. „Wie hätte ich jemand anderem eine Last auferlegen können, die ich selbst nicht bereit bin zu tragen?“

Für einen Moment schwieg ich und betrachtete den Rothaarigen genau. Schließlich fragte ich:

„Könnte ich bitte mit Shukaku sprechen?“

Er starrte mich an als hätte ich ihn aufgefordert mich umzubringen.

„Sie sagten, Sie können mit ihm kommunizieren. Ist es vielleicht möglich, ihn Ihren Geist aber nicht Ihren Körper übernehmen zu lassen, sodass Sie ihn zwar immer noch halten aber er als er selbst zu mir sprechen kann?“

„Hören Sie“, meinte er stirnrunzelnd, „es gibt weitaus schmerzlosere Möglichkeiten Selbstmord zu begehen. Wenn Sie vorhaben zu sterben, tun Sie das bitte nicht in meinem Zuständigkeitsbereich.“

Ah... nun regte sich doch etwas Nervosität. Mit Sarkasmus konnte ich umgehen. Mit dieser ehrlichen Sorge weniger.

„Wenn Sie das wirklich durchziehen wollen, werde ich früher oder später mit ihm reden müssen“, meinte ich. „Zur Not treibt sich hier ganz in der Nähe ein Sharingannutzer herum der einiges an Übung mit Hypnose hat. Ich bitte Sie ihn wenigstens zu fragen, ob er zur Kooperation bereit wäre. Wenn Sie überzeugt davon sind, dass es keinen Sinn macht, werde ich nicht wieder fragen.“

„Also schön... Auch wenn ich denke, dass es ein Fehler ist.“

Gaara schloss die Augen und begann tief ein und aus zu atmen. Es dauerte ungefähr drei Minuten in denen ein Ausdruck höchster Konzentration sich über seine Miene legte.

Dann riss er plötzlich die Augen wieder auf und ich erkannte sofort, dass es funktioniert hatte. Seine Iriden waren auf einmal gelb mit einem winzigen blauen Stern darin. Die schwarzen Augenringe waren noch breiter als zuvor und gaben seinem Gesicht tatsächlich einen tierischen Ausdruck. Er schien mich nicht wirklich wahrzunehmen, als wäre sein Blick noch immer nach innen gekehrt, eine Schlacht kämpfend, von der ich nichts mitbekam.

Ich lehnte mich ein Stück weit vor. „Shukaku?“, fragte ich leise.

Ruckartig wandte der Jinchuuriki sich mir zu. Seine Bewegungen waren abgehackt und fahrig als er seine Position auf dem Sessel veränderte.

„Shukaku, können Sie mich hören?“, fragte ich noch einmal. Wieder fuhr er mit dem Kopf herum und ich erkannte, dass er mich überhaupt nicht sehen konnte.

„Wo bin ich?!“, rief Gaara – nur das es nicht mehr Gaara war – mit einer viel zu schrillen Stimme. „Was hat dieser Bastard gemacht!?“

„Beruhigen Sie sich“, sagte ich leise und bemühte mich, mich selbst so wenig wie möglich zu bewegen damit er wusste wo ich war. „Sie sind in Sicherheit. Niemand will Ihnen etwas tun.“

„Als ob sie das könnten!“, kreischte Shukaku und mir lief ein Schauer über den Rücken.

„Mein Name ist Chinatsu Sekina“, sagte ich noch immer mit betont ruhiger Stimme. „Ich bin Gaaras Therapeutin. Hat er Ihnen von mir erzählt?“

„Die Seelenklemptnerin?“ Shukaku lachte laut auf. „Ich hab dich beobachtet. Mutig von dir, dich mit uns anzulegen.“

„Danke sehr“, erwiderte ich. „Ich helfe wo ich kann. Haben Sie auch unser Gespräch verfolgt?“

„Dagegen kannst du gar nichts tun! Mich zu töten hieße auch den kostbaren Kazekage zu töten.“

Ich blinzelte. „Shukaku, niemand will Sie töten.“

„Lüg nicht!“, schrie der Dämon, „Alle wollen mich loswerden!“

Er schien aus dem Sessel aufspringen zu wollen, wurde aber wie durch unsichtbare Fesseln zurückgehalten die ihn an Ort und Stelle hielten.

„Ist das der Grund, warum sie wieder in Gaara versiegelt werden wollten? Um sich selbst zu schützen?“ Angespornt durch Shukakus Unfähigkeit sich zu bewegen lehnte ich mich nach vorn und legte dem Jinchuuriki beruhigend eine Hand auf die seine. Shukaku zuckte zusammen und zischte wie ein verwundetes Tier.

„Es ist okay“, murmelte ich und drückte seine Hand leicht. „Ich könnte ihnen doch niemals etwas tun, selbst wenn ich wollte. Ich bin nur eine Psychologin, kein Ninja. Alles was ich will ist, Ihnen dabei zu helfen mit Ihrem Jinchuuriki besser zusammen zu arbeiten. Das wollen Sie doch, oder?“

Shukaku zögerte einen Moment lang – aber dann nickte er langsam.

„Großartig. Das ist gut, wirklich. Ich möchte, dass sie beide in der Lage sind einander zu helfen und sich das Leben angenehm zu gestalten. Können Sie mir sagen wie Ihr Leben ausgesehen hat, bevor Sie zum ersten Mal in einem Menschen versiegelt wurden?“

Shukaku runzelte die Stirn. „Das ist lange her.“

„Versuchen Sie sich zu erinnern.“

„Ich habe damals über diese Wüste geherrscht. Die Stämme der Menschen haben mich angebetet, jawohl! Und wenn nicht habe ich ihre Karawanen zerstört. Das hat Spaß gemacht!“

„Okay... dann erzählen Sie doch mal über sich selbst. Haben Sie irgendwelche Hobbys? Vielleicht ein Lieblingsessen?“

Shukaku legte den Kopf schief. „Ich töte gerne Menschen. Und manchmal fresse ich sie auch.“

„Uh, gut.... Angenommen es gäbe keine Menschen auf der Welt....“

„Das wär toll!“

„...was würden Sie dann den lieben langen Tag lang machen?“

Shukaku machte eine Geste als wolle er sich am Kopf kratzen und fluchte leise, als sein Arm sich nicht vom Sessel lösen wollte.

„Keine Ahnung. In der Sonne liegen? Ich mag die Wärme. Oder Wühlmäuse jagen.“

Ich blinzelte. „Wühlmäuse?“

„Ja die sind lecker! Und sie versuchen sich ständig im Sand vor mir zu verstecken, das ist lustig.“

„Ich hätte fast gedacht Sie seien etwas zu... gigantisch, in Ihrer wahren Form, um überhaupt eine Maus auf dem Boden zu erkennen, geschweige denn sie zu jagen.“

„Pah! Ich lauf doch nicht die ganze Zeit in meiner wahren Form rum.“

„Tun Sie nicht?“

„Natürlich nicht. Früher, da konnte ich mit meinen Gedanken andere kleine Tiere lenken. Waschbären, Tanuki, manchmal auch Hunde. Da konnte ich auch mal im Wald jagen ohne mit jedem Schritt das ganze Gebiet zu zerstören.“

„Na das klingt doch nach einer Menge Spaß.“

„War es auch! Aber dann sind diese bescheuerten Menschen gekommen und haben einfach so meinen Körper versiegelt als ich grad nicht drin war! Das ist doch unfair!“

„Das ist in der Tat sehr unfair“, meinte ich schmunzelnd. „Wissen Sie, ob Sie heute immer noch in der Lage sind diese Tiere aus der Ferne zu lenken?“

Shukaku zuckte mit den Schultern. „Woher soll ich das wissen? Dieser bescheuerte Gartenzwerg lässt mich ja nicht raus!“

Ich räusperte mich unauffällig, um mein Lächeln zu verbergen. Der Kazekage...ein bescheuerter Gartenzwerg... hehe.

„Ah, na schön... Ich nehme an Ihre Abneigung gegenüber Ihrem Jinchuuriki ist der Grund, warum Sie ihn nicht schlafen lassen?“

„Keine Ahnung was er dir erzählt hat. Von mir aus könnte er den ganzen Tag durchpennen.“ Sein fieses Grinsen sagte jedoch etwas anderes.

„Damit Sie seinen Körper übernehmen können, ja?“

Das Grinsen wurde breiter.

Ich seufzte. „Um ehrlich zu sein; ich verstehe nicht wie das in Ihrem Sinne sein soll. Wenn Gaara sich weigert zu schlafen aus Angst Sie könnten irgendetwas tun das er nicht will, wird das auf lange Sicht nur seinem Körper und damit auch Ihnen schaden.“

„Der Zwerg wird irgendwann umkippen und dann bin ich an der Reihe!“

„Aber wie lange wird das noch dauern? Drei Monate? Vier? Und danach sind Sie wieder für ein ganzes Jahr eingesperrt, wenn nicht sogar noch länger. Außerdem habe ich das doch richtig verstanden, dass ein Biju mit seinem Jinchuuriki stirbt, richtig? Normalerweise würde das Dorf Sie vielleicht zum Ende der Lebensspanne hin erneut versiegeln. Aber Gaara ist der Kazekage. Es liegt absolut in seiner Macht, Sie mit sich in den Tod zu reißen. Sie haben also nur noch dieses eine Leben. Was ist Ihnen wichtiger, die Rache an diesem Dorf oder die Chance, den Rest Ihres Lebens zu genießen und vielleicht die Möglichkeit zu haben, sich mit dem Kazekagen gutzustellen und noch ein weiteres zu erleben?“

Damit schien Shukaku nicht gerechnet zu haben. Ich konnte die Rädchen in seinem Kopf praktisch sehen wie sie sich drehten, als er über meine Worte nachdachte.

„Okay, das ist ne' scheiß Situation“, gab er schließlich zu. „So hab ich das noch nicht gesehen. Aber da ist nichts, was der Zwerg für mich tun könnte.“

„Ich bin sicher, da könnten wir ein paar Dinge finden. Vorausgesetzt Sie sind ebenfalls dazu bereit, etwas zu diesem Handel beizutragen.“ Ich lächelte ermutigend, obwohl er es nicht sehen konnte. „Ich möchte, dass Sie sich bis zur nächsten Sitzung überlegen, wie Sie Gaara beistehen könnten – außerhalb des Schlachtfelds, versteht sich.“

„Hm“, machte Shukaku in Gedanken versunken.

Ich wartete kurz, aber als sich keine Änderung einstellte fragte ich vorsichtig: „Könnte ich jetzt vielleicht wieder mit Gaara sprechen?“

„Heh, auf keinen Fall! So nah an der Oberfläche war ich seit vier Jahren nicht mehr.“

Oh... nicht gut. Hieß das, Gaara war überhaupt nicht in der Lage Shukaku zurückzurufen, wenn er erst einmal ihren Geist übernommen hatte? War ihn auf dem Sessel zu halten alles, was er in diesem Zustand konnte?

„Sie können schlecht den ganzen Tag hier herumhocken“, versuchte ich es.

„Warum nicht? Ist besser als die Dunkelheit“, entgegnete Shukaku trotzig.

„Aber Suna braucht seinen Kazekagen wieder.“

„Suna kann mir gestohlen bleiben!“

„Eh... aber wenn sie hier nur so sitzen bleiben, wird ihr Körper doch verhungern.“

„Die werden mir schon was zu Essen bringen.“

„Ja, aber.... Gaara könnte ja einfach verhindern, dass Sie den Mund aufkriegen!“

Wie auf Kommando klappte Shukakus Mund zu und so sehr der Dämon auch den Kopf hin und her warf und unverständliche Laute ausstieß, er bekam ihn nicht wieder auf.

„Sehen Sie?“, fragte ich erleichtert. „Lassen Sie Gaara doch wieder raus. Wirklich, das ist nicht sehr produktiv für Ihre Therapie.“

Shukaku warf einen Todesblick in meine Richtung, der um einiges besser war als Gaaras. Allerdings zielte er mehr auf die Topfpflanze im Hintergrund, weshalb sich meine Furcht in Grenzen hielt.

„Na kommen Sie schon. Ich verspreche Ihnen, das wird nicht das letzte Mal sein, das wir miteinander reden.“

Ein Ruck ging durch den Körper des Kazekagen. Er stieß ein schmerzerfülltes Zischen aus, seine Augen rollten zurück in ihre Höhlen bis nur noch das Weiße darin zu sehen war – und dann saß er plötzlich kerzengerade da, jeder Muskel angespannt, mit den Augen jede Bewegung im Raum verfolgend. Grüne Augen.

Sein Verhalten erinnerte mich stark an das von verhaltensgestörten Ninjas die aus einem posttraumatischen Zustand erwachten. Diese nahmen oft eine instinktive Verteidigungsstellung ein, flohen ans andere Ende des Zimmers oder gar ganz aus dem Raum, zückten ihre Waffen und hielten die Arme in Taijutsu-Haltung vor ihrem Körper. Sie alle hatten denselben paranoiden Blick, die selbe Anspannung und den Hauch von Angst in ihren Augen. Gaara jedoch saß nur ganz still da.

Tsunade hatte mir gesagt, dass der Kazekage Sand benutzte um eine absolute Verteidigung zu erschaffen. Aber nie war mir die Bedeutung dessen klarer geworden als jetzt. Gaara konnte sich am besten verteidigen wenn er absolut bewegungslos war. Das sanfte Wirbeln des Sandes zu seinen Füßen, auf den ersten Blick kaum wahrnehmbar, war alles was er brauchte um sich vor Angriffen von außen zu schützen.

Aber diesmal kam die Gefahr gar nicht von außen. Sie kam aus seinem Innersten. Und ich sah ihm an, dass ihm das Angst machte.

„Willkommen zurück, Kazekage-sama“, sagte ich lächelnd. „Das war eine sehr erfolgreiche Sitzung.“

Gaara sprang auf. „Erfolgreich!? Erfolgreich!? Ich habe beinahe die Kontrolle-“ Er hielt inne, rieb sich die Schläfen und musste merklich an sich halten mich nicht anzugreifen. Es war der unruhig um seine Füße wirbelnde Sand der mir mehr als alles andere sagte, wie aufgewühlt er war.

„Diese Sitzung ist beendet! Es wird keine weitere Treffen geben.“

Ich seufzte leise. Etwas in der Art hatte ich befürchtet.

„Ich bitte Sie, Kazekage-sama. Sie haben das ganz hervorragend gemacht. Shukaku hat nicht ein einziges Mal versucht mich anzugreifen. Ich denke, er wünscht sich einen Erfolg für diese Therapie genauso sehr wie Sie. Sie haben es doch gehört, er will wirklich mit Ihnen zusammenarbeiten. Shukaku ist ein intelligentes Wesen, man kann mit ihm reden! Sie haben bewiesen, dass Sie ihn unter Kontrolle halten können, also was spricht dagegen diese Gespräche weiter zu führen? Shukaku wird Sie nicht schlafen lassen bevor Sie nicht ein weiteres Mal zu mir gekommen sind.“ Das Letzte war ein Bluff, aber wenn ich Glück hatte konnte Shukaku mich hören und sprang darauf an. Wenn ich so darüber nachdachte war es schon ironisch, dass der Dämon eher bereit war mit mir zusammen zu arbeiten als der Kazekage.

„Vergessen Sie's!“, rief Gaara und riss die Tür auf. „Mit diesem Monster kann man nicht reden. Das haben schon ganz andere versucht! Jetzt verlassen Sie bitte mein Haus. Ich werde veranlassen, dass Ihnen morgen Abend eine Eskorte zurück nach Konoha zur Verfügung steht.“

Ich seufzte leicht. Zwar war ich durchaus der Meinung, dass ich dem Kazekagen in diesem Fall weiterhelfen konnte, aber wenn meine Hilfe so vehement abgelehnt wurde... Dann konnte selbst ich nichts mehr ausrichten.

„Natürlich. Ganz wie Sie wünschen, Kazekage-sama“, meinte ich höflich und bemüht mir nicht anmerken zu lassen, dass ich doch etwas beleidigt war.

Nun ja... Zumindest Itachi würde sich freuen, wieder aus der Wüste heraus zu kommen.
 

*
 

Gaara war immer noch aufgebracht als er mit seinen Geschwistern in ihrem Lieblingsrestaurant zu Mittag aß. Er konnte sich im Moment überhaupt nicht auf seine Arbeit konzentrieren, obwohl er damit bereits böse im Rückstand war. Vermutlich stapelten sich die Papiere bereits wieder auf seinem Schreibtisch. Aber für den Moment war das egal. Er war zu unkonzentriert, zu wütend über seinen Beinahe-Kontrollverlust und vor allem viel zu müde für seine Arbeit.

„Wie geht es dir heute, Gaara?“, fragte seine Schwester freundlich, als sie ihre Bestellungen aufgegeben hatten. Sie saßen an einem der kleinen Tische draußen vor dem Restaurant mit Blick auf die Straße. Viele der vorbeigehenden Bürger grüßten sie, aber Gaara war zu müde um ihnen auch nur zuzunicken.

„Gut“, knurrte er nichtssagend und widerstand dem Drang nur knapp seinen Kopf auf seinen Armen abzulegen. Hinter seiner Stirn hämmerte Shukaku ärgerlich gegen seinen Kopf.

::Gut!? Von wegen gut! Wenn du deinen Leuten noch was vormachen kannst, hab ich dich wohl noch nicht hart genug rangenommen!::

Gaara unterdrückte ein Stöhnen. Nicht das schon wieder. Immer öfter kam es jetzt vor, dass er Shukaku nicht einmal daran hindern konnte seine Meinung zu allem und jedem abzugeben das ihm unter die Nase trat. Eine Meinung die sich meistens, aber nicht immer, darauf beschränkte wie man denjenigen am besten auseinander nehmen konnte.

„Wie war denn dein Treffen mit dieser Seelenkl-“

Kankuro wurde unter dem Tisch heftig von Temari angestoßen.

„Aua – äh, ich meine dieser Psychologin?“

Temari lächelte strahlend. „Ja, genau, wie war es denn? Machst du schon Fortschritte?“

„Es wird keine weiteren Sitzungen geben“, knurrte Gaara.

„Oh? Bist du dein, äh, Problem denn schon losgeworden?“ Kankuro pfiff bewundernd. „Man, diese Braut ist echt gut, was?“

::Oh ja, echt gut, nicht wahr? Ich würde dem ja gern zustimmen aber ich hab leider nicht die GELEGENHEIT bekommen ihr mal richtig auf den Zahn zu fühlen, wenn du verstehst was ich meine!::

„Ist es das?“, fragte Temari forschend. „Kannst du denn jetzt schon wieder schlafen?“

::Dabei hätte ich es so gerne gesehen. Was für einen schicken roten Farbklecks hätte sie wohl an der Wand ergeben, hm? Wie hätte der ausgesehen? Wie ein Hund? Wie eine Wespe? Vielleicht sollten sie es für diesen Rohrschach verwenden, hm?::

„Gaara? Ist alles in Ordnung?“

Temari streckte vorsichtig eine Hand aus nach dem Rotschopf, der seine Ellenbogen auf dem Tisch aufgestützt und die Hände in seinem Haar vergraben hatte. Der Blick war auf die Tischplatte gesenkt sodass niemand seine Grimasse sehen konnte als er versuchte, Shukaku zurück zu drängen.

::Wie selbstbewusst sie war! So sicher war sie sich, dass wir ihr nichts tun können! So höflich und freundlich, hat dir das gefallen? Hat es das? Sie hätte dich sehen sollen wenn du mal richtig aufdrehst! Ist noch gar nicht so lange her, da hättest du das ganze Zimmer mit ihrem Blut gestrichen allein dafür, das sie es wagt meinen Namen auszusprechen.::

„Alles in Ordnung. Sekina wird die Stadt morgen verlassen.“

„Aber... Aber glaubst du nicht, dass es besser wäre, wenn sie noch bleibt? Wir wissen doch noch gar nicht, ob es dir auch langfristig besser gehen wird!“

::Weißt du, ich glaube sie hält dich wirklich nicht für verrückt. Das ist aber nur so, weil sie dich nicht kennt. Nicht so wie ich! Ich kenne dich besser als jeder andere. Noch vor nicht einmal fünf Jahren hast du mich noch 'Mama' genannt! Das hast du ihr nicht erzählt, hm? Was würde sie wohl von dir halten, wenn sie das wüsste? Wie blutrünstig du Sunas Ninja abgeschlachtet hast? Wie viel Spaß es dir gemacht hat?::

„Ich denke, es war voreilig von ihr die Sache so schnell zum Ende zu bringen. Vielleicht wäre es das Beste, wenn ich noch einmal mit ihr rede. “

::Sie würde dich für verrückt halten. Sie würde erkennen, was du wirklich bist. Ein Psychopath! Du liebst es, Menschen weh zu tun... Dieses Leben im Frieden, das ist nichts für dich. Du bist eine Waffe, für den Krieg geschaffen. Dein Handwerk ist das Töten. Zu etwas anderem als den Kampf bist du doch nicht gut!::

„Nein...“

:.Nur in einem Blutbad fühlst du dich wohl.. Der Krieg ist deine Bestimmung! Menschen zu töten ist dein Schicksal!::

„Ist es nicht!“, schrie Gaara und donnerte seine Faust auf den Tisch, welcher bedrohlich knackte.

Temari und Kankuro zuckten zurück.

„Ich war es, der die Sitzungen abgesagt hat, kapiert!? Weil sie mir verdammt nochmal nichts bringen! Sie machen alles nur noch schlimmer.“

Für einen Moment herrschte Stille. Nur das infernalische Lachen Shukakus klang in Gaaras Ohren nach als seine Geschwister ihn erschrocken und vorwurfsvoll ansahen.

::Oh ja, schrei nur, schrei so viel du willst! Es wird dich ja doch niemand hören. Je mehr du dich beschwerst, desto mehr werden sie dich von sich stoßen. Sieh dir ihre Blicke an! Ja, sieh genau hin! Sie denken alle, dass du verrückt bist. Und sie haben Recht.::

„Aber... Aber Gaara... Glaubst du wirklich, dass du das nach nur zwei Sitzungen schon sagen kannst?“, fragte Temari zaghaft. „Wir machen uns doch nur Sorgen um dich.“

::Sie ist eine Lügnerin. Niemand macht sich Sorgen um dich. Es macht überhaupt keinen Sinn, sich Sorgen um jemanden zu machen, der unverwundbar ist. Sie lügt dir eiskalt ins Gesicht... In Wahrheit macht sie sich nicht Sorgen UM dich sondern darum was du tun wirst wenn du herausfindest, wie wenig du ihnen bedeutest... Wenn du endlich begreifst, was sie alle wirklich von dir halten!::

„Ich bin nicht verrückt“, murmelte Gaara doch selbst in seinen Ohren klangen die Worte kläglich. Sein Kopf hörte nicht auf zu schmerzen. Er krallte seine Finger in sein Haar in der Hoffnung der Schmerz würde das schreckliche Pochen hinter seiner Stirn dämpfen.

„Das wissen wir doch“, flüsterte Temari. Sie wollte ihm sanft eine Hand auf den Arm legen, doch ihr Bruder entriss sich ruckartig ihrer Berührung und wich zurück. Sand wirbelte ungeduldig zu seinen Füßen.

Mit großen Augen starrten die beiden Geschwister sich an.. Zum ersten Mal seit Langem konnte Gaara wieder eine Spur der alten Angst in ihnen erkennen. Es ließ sein Innerstes zu Eis gefrieren.

„Vielleicht... Vielleicht lassen wir dich einfach für einen Moment allein“, schlug Kankuro schließlich vorsichtig vor. „Bitte, denk noch einmal darüber nach. Dir geht es nicht gut. Du brauchst deinen Schlaf, siehst du das nicht?“

Die beiden älteren Geschwister erhoben sich gemeinsam. Sie verabschiedeten sich freundlich von ihm doch als sie ihm den Rücken zuwandten und das Restaurant verließen konnte er sich des Eindrucks nicht erwehren, dass sie vor ihm flohen.

::Wie könnten sie auch nicht? Sie haben dich so viele Menschen töten sehen. Du warst dumm zu glauben, dass sie das jemals vergessen könnten. Sie haben versucht dich zu akzeptieren, dich einzubinden, dich zu lieben. Aber es gelingt ihnen einfach nicht. Denn immer wenn sie dich ansehen... Dann sehen sie ein Monster.::

Gaara tat sein Bestes die Stimme zu ignorieren. Das tat er wirklich. Aber es war so schwer, so schwer und er war so müde... Verzweifelt ließ er seinen Blick über die Straße schweifen auf der Suche nach etwas, irgendetwas das seine Aufmerksamkeit fesseln könnte, ihn ablenken könnte von dieser verfluchen Stimme. Seine Augen blieben schließlich an einem merkwürdigen Lichtspiel hängen. An einer der Wände der eng beieinander stehenden Gebäude tanzte ein heller Lichtfleck. Müde übersah der Kazekage die Straße nach der Ursache und erblickte einen kleinen Verkaufsstand auf der anderen Straßenseite.

Shukakus Verlangen nach Blut beiseite schiebend stand Gaara auf und schritt die Straße hinab bis zu dem kleinen Stand. Dort stand ein junges Mädchen, vielleicht sechzehn, höchstens siebzehn Jahre alt und verhüllt in die in Suna typischen sandfarbenen Roben aus denen nur einige hellbraune Locken und ein paar funkelnder grüner, leicht gelb gesprenkelter Augen hervorsahen. Vor ihr auf gelbem Tuch ausgebreitet standen zahlreiche kleine, zierliche Glasfiguren. Es gab dort Skorpione mit langen, gebogenen Schwänzen, Bechergläser voll mit feinen Blumen aus farbigem Glas, grazile Antilopen, Käfer und ein kleiner Löwe. Die meisten Figuren hingen aber von der Decke des Standes oder an einem Strauß kahler Zweige in der Ecke des Standes. Dort tummelten sich Schmetterlinge, Libellen, Kolibris, Schwalben und viele andere Vögel. Sie waren es, die das Lichtspiel verursacht hatten.

Gaara blieb vor dem Stand stehen und starrte die Figuren an. Doch in Wahrheit nahm er sie überhaupt nicht wahr. In Wahrheit führte er noch immer einen stillen Kampf in seinem Kopf.

::Oh, und wie du sie hasst dafür, nicht wahr?::, säuselte die Stimme in seinem Kopf. ::Wie du sie hasst dafür, dass sie dich fürchten. Was hast du nicht alles für sie getan? Was hast du nicht alles aufgegeben. Und wie danken sie es dir?::

„Einen schönen guten Morgen, Kazekage-sama“, begrüßte ihn die Verkäuferin freundlich. „Haben Sie etwas gefunden?“

::Sie stempeln dich ab als einen Verrückten. Schicken dich zur Therapie! Was glaubst du werden sie tun wenn sie merken, dass das nichts bringt? Wer will schon einen Verrückten als Kage?::

„Kazekage-sama?“

Gaara schreckte auf und sah das Mädchen verwirrt an. „Was?“

Sie lächelte nachsichtig und deutete auf die Figuren. „Gefällt ihnen etwas hiervon?“

Unsicher ließ er seinen Blick über die Auswahl streifen und nahm sie nun zum ersten Mal richtig wahr. Wahllos nahm er eine der Figuren in die Hand – ein kleiner Elefant – und drehte ihn hin und her.

„Sie sind...schön“, murmelte er ohne echte Anteilnahme. „Sie sind alle sehr schön. Wer hat sie gemacht?“

„Oh, dieser da ist von meiner kleinen Schwester“, meinte das Mädchen vergnügt. „Sie hilft ab und an mal im Laden aus wenn sie nicht zur Schule muss.“

Jetzt hob Gaara den Blick und sah seinem Gegenüber zum ersten Mal richtig ins Gesicht. Irgendwo am Rande war er sich vage noch seiner Pflichten bewusst und so flüsterte er nach einem Moment des Zögerns:

„Ich habe dich noch nie hier gesehen. Wie ist dein Name?“

Ein Hauch von Rosa legte sich über die Wangen des Mädchens, als sie den Blick senkte. „M-Mein Name ist Mena. Mein Vater, meine Schwester und ich reisen von Stadt zu Stadt, verdingen uns als Boten und verkaufen diese Glaskunst. Wir sind erst seit anderthalb Wochen hier.“

Gaara nickte gedankenverloren. Sie schien harmlos genug zu sein.

::Das perfekte Opfer. Niemand würde sie vermissen. Jemand, an dem man sich abreagieren könnte.::

Bemüht die fiese Stimme auszusperren drehte Gaara die kleine Figur in Händen als suche er nach dem Preis. Plötzlich jedoch nahm er etwas aus den Augenwinkeln wahr.

Solange er sich erinnern konnte hatte Gaara immer einen sehr guten Instinkt, eine Art sechsten Sinn besessen. Er wusste wenn jemand ihn von hinten angriff obwohl er die Bewegung kaum hatte wahrnehmen können. Über die Zeit hatte er gelernt, dass dieser sechste Sinn in Wahrheit Shukaku gehörte. Manchmal nahm der Dämon die Welt um ihn herum anders wahr als er und konnte so Gefahren an Orten entdecken, an denen Gaara niemals nach ihnen gesucht hätte.

Als der Blick des Kazekagen diesmal wie von selbst zur Seite glitt spürte er, dass es in Wahrheit Shukaku war dessen Aufmerksamkeit dem kleinen Objekt galt und nicht seine. Es war eine etwa faustgroße Figur eines kleinen Pelztieres, das sich schlafend zusammengerollt hatte. Sein Schwanz war so um ihn gelegt, das sich in der Mitte ein Loch bildete, eine einfache Halterung für ein Teelicht.

„Gefällt Ihnen dieses hier besser?“, fragte Mena, ganz Verkäuferin, und hob den Kerzenhalter hoch. „Das habe ich vor ein paar Tagen fertig gestellt... Es war nicht einfach die richtigen Farben aufzutreiben, aber...“

Ihre Stimme schwand zu einem dumpfen Murmeln im Hintergrund. Farben und Geräusche wurden eins und verschwammen. Nur die kleine Figur in den zierlichen Händen blieb scharf. Während Gaara noch versuchte gegen seine Müdigkeit anzublinzeln spürte er unterschwellig Shukakus Verlangen nach dem funkelnden Gegenstand.

::Nimm es::, befahl der Dämon gierig. ::Nimm es dir und vergieße das Blut des Mädchens darüber. Nimm es und trink ihr Blut daraus...::

Gaara stieß einen schmerzerfüllten Laut aus und griff sich ins Haar. Er musste sich an der Theke des Standes abstützen und die Augen fest zusammenpressen. Doch schließlich, langsam aber sicher kehrte seine Sicht wieder zurück.

„Kazekage-sama?“, fragte Mena verwundert. „Ist alles in Ordnung?“

„Ich... Ich nehme den Elefanten“, murmelte Gaara. Fahrig warf er ein paar Münzen auf den Tisch. Es war vermutlich viel zu viel aber das kümmerte ihn nicht als er die Figur einsteckte und den Marktplatz beinahe fluchtartig verließ. Verdammt... Er musste sich zusammenreißen! Er durfte nicht zulassen, dass Shukaku solche Macht über ihn hatte. Er durfte nicht... durfte nicht die Augen... schließen, nicht... Gaara stolperte über seine eigenen Füße als er sich völlig erschöpft in sein Haus zurück schleppte und auf seinem neuen, beinah unbenutzten Bett fallen ließ. Er musste wach bleiben. Musste... wach bleiben... Nur für ein paar Minuten wollte er ruhig liegen bleiben, nur um neue Energie zu tanken... dann würde er sich wieder an die Arbeit machen... aber seine Lider waren schwer, so schwer... Und plötzlich war Gaara umgeben von Dunkelheit und er wusste nichts mehr.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: abgemeldet
2013-10-15T16:41:00+00:00 15.10.2013 18:41
Oh Gottohgottohgott, was passiert den jetzt!?! wird Shukaku Gaara übernehmen und das Mädchen töten?!? Muss Sekina wirklich gehen?
Fragen über Fragen, haha :)
Du hast, besonderst zum Schluss hin, wirklich gut die Spannung aufgebaut und ich find es klasse, dass du Sekina wirklich mit Fremdwörtern, etc. bei den Therapien reden lässt und das ganze nicht nur rein oberflächlich behandelt, sie klingt wirklich wie eine echte Psychologin, die auch Ahnung hat :D
Es hat mich übrigens wirklich positiv überrascht, dass so ein langes Kapitel so schnell kam, ich freu mich^^

LG Frenschki


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