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Digimon Pandaemonium

Zwischen Schatten und Licht
von

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Folge 3: Gefangene in der Stadt aus Stein

„Schnell! Wacht auf!“

Irgendjemand rüttelte ihn unsanft. Vor Schreck war er sofort auf den Beinen, doch schon im nächsten Moment bereute er es. Seine Gelenke mussten gerostet sein, während er geschlafen hatte, denn er konnte sie kaum bewegen. Nun, immerhin kannte er nun jeden Knochen seines Körpers, denn sie schienen alle zu schmerzen. Wenigstens war die bleierne Erschöpfung von ihm gefallen. Er war einfach zu lange wach gewesen, so viel stand fest. Auch um seine Verletzungen stand es dank Gabumon nun besser. Das Digimon hatte Heilkräuter aufgetrieben, die wahre Wunder zu wirken schienen.

„Was ist denn los?“, hörte er Drags Stimme. Er klang verschlafen und äußerst schlecht gelaunt.

Seine Augen brauchten einige Zeit, um sich in der Dunkelheit zu Recht zu finden, doch schließlich fiel sein Blick auf die anderen. Stimmt. Sie waren in diese Höhle geflohen. Er, Drag, Smemon und die beiden anderen Digimon, die sich als Agumon und Gabumon vorgestellt hatten. Und Gabumon war es, das sie nun alle aus dem Schlaf riss, allerdings sah es so aus, als würde es bei Agumon scheitern.

„Sie kommen. Die Goburimon kommen.“

Sofort war Kostja hellwach. Das hatte ihnen ja gerade noch gefehlt! Wenn diese Orks sie zu fassen bekämen, dann sah es schlecht für sie aus. Schon das letzte Mal hatten sie nur mit Müh und Not entkommen können, doch dieses Mal… Dieses Mal waren ihre Gegner vorbereitet und sie selbst noch halb im Traumland.

„Was machen wir jetzt?“

Kostja erkannte seine eigene Stimme beinahe nicht mehr und sein Hals fühlte sich an, als hätte er Sand gefrühstückt.

„Erst einmal abhauen“, antwortete Gabumon, dem es nun endlich gelungen war das kleine Dinosaurierdigimon zu wecken. Während es Agumon vor sich her schob, eilte es aus der Höhle und den anderen blieb keine andere Wahl als ihm zu folgen.

Kostjas Blick glitt über die dunkle Umgebung, als er nach draußen trat. Der kalte Wind zerrte an seinen Kleidern und immer noch lag Dunkelheit über der Welt. Selbst der Mond hatte sich hinter den Bergen versteckt und das einzige Licht kam von vereinzelten Feuern, die in den Tälern entzündet worden waren. Und von einer Fackelschlange, die den Weg herauf kam, den sie gestern genommen hatten. Das mussten die Goburimon sein.

Sie waren schon nahe. Zu nahe nach seinem Geschmack.
 

Er vermied es sich noch länger Gedanken zu machen und beeilte sich lieber, um die anderen nicht zu verlieren. Inzwischen war selbst Agumon so weit wach, dass es den Ernst der Lage erkannte. Sein Blick fiel auf Smemon, das den Kopf immer wieder in alle Richtungen wandte, als hätte es Angst plötzlich aus einer dunklen Nische angegriffen zu werden. Nun, wahrscheinlich war dieser Gedanke nicht einmal falsch. Unbewusst griff er nach seinem Digivice und schloss die Hand fest darum. Wenn er seinen Partner doch auch schon gefunden hätte! Dann hätten sie eine bessere Chance gegen die Digimon. Doch so? So war er den anderen nur im Weg. Leise fluchte er vor sich hin und konzentrierte sich wieder auf das Laufen. Wenigstens waren seine Glieder inzwischen warm geworden und schmerzten nicht mehr bei jeder Bewegung.

Langsam veränderte sich die Umgebung. Wo erst nur schroffer Fels gewesen war, begannen kleine Pflanzen zu sprießen, erst vereinzelt, dann immer mehr, bis schließlich die ersten Bäume auftauchten. Wenigstens waren sie hier nicht weithin sichtbar, doch andererseits…

„Gabumon, warte doch einmal!“, keuchte er.

Er hätte nicht gedacht, dass es ihn gehört hatte, doch es drehte sich tatsächlich kurz zu ihm um.

„Wenn uns die Goburimon hierher folgen, stecken sie doch alles in Brand. Und wenn ihr kämpfen müsst, tut das den Bäumen auch nicht gerade gut.“

„Denk nicht an das Leben der Bäume, sondern an dein eigenes“, fauchte ihn Drag an, doch er ignorierte den anderen weitestgehend.

Gabumon nickte zwar leicht, doch scheinbar hatte es keine andere Lösung. „Sie werden uns jagen, bis sie uns gefangen haben, egal wohin wir gehen…“ Es klang entmutigt und ließ die Ohren hängen. So hatte Kostja das nun zwar nicht gemeint, aber scheinbar war Gabumon nicht so selbstbewusst wie es sich vorhin gegeben hatte.

„Dann werden wir eben hier auf sie warten und kämpfen“, beschloss Agumon mit fester Stimme. „Wenn sie uns schon fangen wollen, dann werden wir nicht kampflos aufgeben!“

Mit diesen Worten baute es sich vor den anderen auf und starrte den Weg entlang, den sie gekommen waren. Der Fackelzug kam immer näher und mit ein wenig Anstrengung glaubte Kostja schon die Gesichter der grünen Digimon erkennen zu können.

Auch Smemon machte sich für den Kampf bereit, einzig das Digimon mit dem schönen Pelz schien unschlüssig zu sein. Und er selbst. Kostja hatte keine Ahnung was er tun sollte außer seinen Gefährten aus dem Weg zu gehen.

„Warum sind sie überhaupt so scharf darauf uns zu fangen?“

„Sie fangen jeden, der sich ihnen widersetzt. Jeden, der sich weigert den Befehlen des Schatten zu gehorchen“, erwiderte Gabumon mit leiser Stimme.

„Ja. Darum nehmen sie so viele Digimon gefangen und sperren sie weg. Sie haben Angst, dass wir uns gegen sie verschwören könnten!“

Das gelbe Digimon stampfte mit einem Fuß und verzog wütend das Gesicht, während sich in seinen Augen das Licht der Fackeln spiegelte und ihm ein gefährliches Aussehen verlieh.

„Wir müssen die Digimon befreien…“, meinte Kostja.

„Erst müssen wir uns selbst helfen!“

Er fing den wütenden Blick von Pierre auf, kümmerte sich aber nicht wirklich darum.

„Ich bin euch hier sowieso keine Hilfe. Aber wenn ihr sie ablenkt, kann ich versuchen die Digimon zu befreien!“

„Das ist viel zu gefährlich für dich!“, begehrte Gabumon auf.

„Dann wirst du ihn begleiten. Smemon und ich halten sie schon so lange in Schach.“

Agumon war wohl wirklich die Zuversicht in Person, aber da keiner der anderen einen besseren Vorschlag hatte, wurde er akzeptiert, ohne lange darüber nachzudenken. Pierre schenkte ihm zwar noch einen weiteren bösen Blick, doch das bemerkte Kostja schon nicht mehr, denn er hatte Mühe mit Gabumon mitzuhalten, als es sich nach links wandte und lospreschte.

„Du kennst den Weg?“

„Natürlich.“

Lange hatte er nicht Zeit, um sich darüber zu wundern, denn er hatte Mühe es nicht aus den Augen zu verlieren. Er erschrak, als das Digivice in seiner Hand zu piepen begann. Kurz warf er einen Blick darauf. Es kam aus dem Questlog. Quest Updated las er da. Wer auch immer Koromon war: offensichtlich hatten sie ihn getroffen. Als nächste Aufgabe sollten sie das Gefängnis der Stadt leeren. Das traf sich doch gut.
 

Schweigend rannten sie nebeneinander her, während sie den Kampf hinter sich ließen. Immer wieder drangen die Stimmen und Rufe der anderen zu ihnen durch und Kostja machte sich nun doch Sorgen um sie.

„Deckung.“

Er zog Gabumon in einen Busch, der diese Bezeichnung kaum verdient hatte. Aber er erfüllte den Zweck, denn er verbarg sie. Vor ihnen tauchten einige leuchtende Augen auf, die in die Richtung zogen, aus der sie kamen. Offensichtlich erhielten die Goburimon Verstärkung. Sie mussten sich beeilen, denn lange würden Agumon und Smemon nicht durchhalten können.
 

Gefühlte Ewigkeiten später schlichen sie zwischen einigen Steinbrocken hindurch, bis sich vor ihnen endlich die Stadt aufbaute. Obwohl sie ihr die ganze Zeit so nahe gewesen waren, konnten sie erst jetzt einen Blick darauf erhaschen. Kostjas Augen suchten die steinernen Häuser ab, doch er konnte nirgends ein Anzeichen finden, dass jemand da war.

„Schnell“, flüsterte Gabumon und eilte ihm wieder voraus, um ihn durch das Gewirr der Straßen und Gassen zu führen.

Die Stadt aus Stein war alles andere als eine geplante Stadt. Die Straßen kreuzten sich in unmöglichen Winkeln und schienen in Schlangenlinien zu verlaufen und nicht selten in Sackgassen zu enden. Alleine wäre er hier verloren gewesen, so viel stand fest. Anders als bei ihrer Flucht, hatte er nun die Gelegenheit sich die seltsamen Bauten genauer anzusehen. Sie waren aus unförmigen Steinen zusammengesetzt, die sich dennoch nahtlos aneinander fügten und dem Ganzen den Charme eines Puzzles verliehen. Obwohl die Häuser windschief waren und ebenfalls Winkel aufwiesen, die er an einem Haus noch nie gesehen hatte, schienen sie sehr stabil zu sein. Er schüttelte leicht den Kopf und konzentrierte sich auf die gepflasterte Straße unter seinen Füßen. Erst als sie unter zwei Häusern hindurch liefen, die sich von beiden Seiten über den Weg neigten und sich so aneinander lehnten, begann er sich Sorgen zu machen, dass die Steinstadt über ihm zusammenbrechen könnte.

Nach schier unendlich vielen Biegungen erreichten die beiden einen weiten Platz, der sogar annähernd rund war. In seinem Zentrum befand sich eine Treppe, die nach unten führte. Da mussten sie hin!

Doch so einfach war das nicht, denn vor der Treppe hatten sich zwei Wachen aufgebaut, die den Weg versperrten.

„Überlass das nur mir.“

In Gabumons Stimme schwang jener Kampfgeist mit, den er zuvor bei dem Dinosaurierdigimon wahrgenommen hatte. Offensichtlich hatte Gabumon sein Selbstvertrauen wiedergefunden und Kostja war darüber nicht unglücklich. Während er selbst sich im Schatten verbarg, stürmte Gabumon auf die beiden Goburimon zu und hüllte sie in ein wahres Meer aus blauen Flammenzungen. Die beiden wussten nicht wie ihnen geschah, während ihn Angreifer ihnen mit Pranken und Horn zusetzte und noch bevor sie die Gelegenheit hatten sich zu wehren, lagen die beiden am Boden.

Kostja kam näher. „Sind sie jetzt tot?“

„Nein. Komm, schnell.“
 

Er hatte keine Zeit, um zu widersprechen. Stattdessen folgte er Gabumon die schmale Treppe hinab, die in einen ebenso schmalen Gang führte, den er schon kannte. Doch erst jetzt fiel ihm auf, dass er schwach erleuchtet war. Es war aber nicht zu erkennen woher das Licht kam, denn Fackeln gab es hier keine.

Schon nach wenigen Schritten erreichten sie die ersten Zellen. Kostja warf einen Blick auf das Schloss mit dem sie verriegelt waren. Die sollten eigentlich kein allzu großes Problem darstellen. Zumindest nicht für ihn. Schon wollte er in seinen Taschen nach einem geeigneten Werkzeug suchen, als ihm Gabumon einen noch schnelleren Weg zeigte: Das Digimon ließ das Schloss einfach schmelzen. Kostja wollte gar nicht wissen wie heiß die Flammen waren, die es spuckte, jedenfalls dauerte es nicht lange, bis Gabumon zum nächsten Schloss weiterlaufen konnte und er selbst sich gegen die Gittertür stemmte, um sie zu öffnen. Leicht war es nicht, denn durch die Hitze war das Gitter ebenfalls ein wenig verschmolzen.

Noch einmal warf er sich gegen die Tür, bis sie schließlich nachgab und er zwischen einigen verschreckten Digimon stand, die ihn anstarrten, als wäre er aus einer anderen Welt.

„Keine Angst. Wir sind hier um euch zu befreien.“

Es war als würde eine Starre von ihnen fallen. Sofort sprangen sie aus der Zelle hinaus und ab nun hatte Kostja einige kleine Helfer, um die anderen Türen zu öffnen.
 

Es ging voran, aber die Kleinen zu befreien forderte mehr Zeit, als er gedacht hätte. Und er glaubte nicht, dass Smemon und Agumon den Goburimon so lange stand gehalten hatten, also schloss er, dass sich die Digimon längst auf dem Rückweg befanden und nur zu schnell feststellen würden was sie hier machten.

Er lauschte, während Gabumon gerade eine der letzten Türen öffnete. Unter all den Digimon, die sie hier gefunden hatten, hatte er seinen Partner immer noch nicht ausfindig machen können. Warum? Er musste hier irgendwo sein, nur wo, das war die große Frage.

„Wir können richtig froh sein, dass Gabumon und sein Freund gekommen sind um uns zu retten!“

„Ja, ich dachte schon wir wären ewig eingesperrt.“

„Zum Glück haben sie uns nicht in den Tiefen Keller gesperrt!“

Er horchte auf. Bisher war das Gebrabbel der Digimon an ihm vorbeigegangen. Er war mehr damit beschäftigt gewesen die Türen aufzubrechen. Doch jetzt…

„Was ist das für ein Keller?“, fragte er die kleine Feuerkugel aus der zwischen all den Flammen zwei Ärmchen hervor ragten. Die stechenden, lila Augen richteten sich auf ihn und unwillkürlich machte er einen Schritt zurück. Das Vieh war ja gruselig!

„Hinter der unsichtbaren Türe liegt eine Treppe, die noch tiefer führt. Dort ist ein Keller, aber ich bin nicht sicher, ob die Goburimon davon wissen.“

„Woher weißt du von dem Keller?“

„Dies war unsere Stadt, bevor der Schatten kam“, antwortete es schlicht.

Kostja biss sich auf die Lippen. Konnte es sein? War es möglich, dass sein Partner dort war? Einen Versuch war es wert.

„Dann weißt du doch sicher wie man dort hinkommt.“ Er wandte sich an Gabumon. „Kommst du hier alleine klar?“

„Ich kann es dir zeigen, Mensch, wenn du es wünscht.“

Mit diesen Worten schwebte es zum Ende des Ganges. Gabumon nickte ihm kurz zu und machte sich dann wieder an die Arbeit und er folgte der Flammenkugel zu der Wand. Hier sollte eine Tür sein? Das konnte er sich schwer vorstellen, selbst wenn sie unsichtbar war. Doch das Digimon schwebte dicht an die Wand heran und im Schein seiner Flammen konnte Kostja einen flackernden Schatten sehen. Ein Türgriff!

Der Griff selbst war nicht sichtbar, doch der Schatten sagte ihm, dass da einer sein musste. Er tastete danach und bekam das kalte Metall schließlich zu fassen. Er drückte die Klinke nach unten und zog die Türe auf. Ein kalter Windhauch kam ihm entgegen, obwohl sich die Wand scheinbar nicht verändert hatte. Immer noch sah er nur den Stein vor sich, von der Tür fehlte jede Spur. Doch er konnte sie spüren, wenn er seine Finger darauf legte, konnte die Holzmaserung erfühlen. Vorsichtig streckte er die Hand aus und – griff durch die Wand aus Stein.

„Na dann mal los.“

Begleitet von dem Flammendigimon schritt er voran.
 

Es war dunkel um sie herum. Das kleine Digimon, dessen Namen er immer noch nicht wusste, war die einzige Lichtquelle. Er warf einen kurzen Blick auf sein Digivice.

Peti Meramon

Type: Flame

Level: BabyII

Attribute: none

Attack: Fire Bubbles

Nun, jetzt wusste er schon einmal mehr. Er hatte Mühe damit nicht über seine eigenen Beine zu stolpern, doch irgendwann waren sie am Fuße der Treppe angekommen. Vor ihnen befand sich eine weitere Tür, doch dieses Mal war sie wenigstens sichtbar. Als Kostja nach der Klinke griff, musste er aber schnell feststellen, dass sie abgeschlossen war.

„Oh nein! Die Goburimon müssen die Tür wohl doch gefunden und den Schlüssel gestohlen haben!“

Peti Meramon zog Kreise über Kostjas Kopf und er musste sich anstrengen, um nicht zu genau hinzusehen. Doch auch auf die Umgebung zu sehen war keine gute Idee, denn wie das Digimon, so kreisten auch die Schatten umher, flackerten über die Wände und waren verschwunden bevor man sie richtig fixieren konnte.

„Beruhig’ dich doch mal…“, murmelte er, während er in seiner Hosentasche kramte und schließlich ein Stück Draht hervor zog.

„Immerhin hast du den Meister im Schlösserknacken vor dir.“

Das war vielleicht ein wenig übertrieben, aber über eine gewisse Erfahrung verfügte er in dieser Kunst tatsächlich, also machte er sich an dem Türschloss zu schaffen, während seine Gedanken an einen anderen Ort huschten.
 

Es war ein heißer Sommertag und der Boden unter seinen Füßen war trocken. Staubwolken wirbelten auf, während die beiden Jungen über den Weg hetzten, dicht gefolgt von einem großen Hund, der sie den Hügel hinab zum See hetzte. Lachend und kreischend stürzten sie sich in das Wasser und für kurze Zeit war keiner der drei sichtbar. Erst allmählich tauchten die Köpfe wieder auf, doch schon nach wenigen Augenblicken stürzten sich die beiden Jungen aufeinander, begleitet vom fröhlichen Bellen des Hundes.

„Nanuk!“

Der Hund horchte auf und paddelte ans Ufer zurück. Das dunkle Fell klebte an seinem Körper und selbst als er sich schüttelte, um das Wasser loszuwerden, sah er kaum besser aus. Auf den Ruf antwortete er mit einem freudigen Bellen, das auch die beiden Jungen dazu brachte aufzusehen. Dort oben stand ihr Großvater!

In seinem karierten, blauen Hemd und der abgetragenen Hose, deren Farbe sich nicht mehr so genau feststellen ließ, winkte er den Jungs und dem Hund zu.

„Kostja, Artjom! Kommt doch mit zu Ilja Ivanovitsch!“

Das ließen sich die beiden nicht zwei Mal sagen. Der alte Tischler hatte immer eine gute Geschichte für die beiden übrig und das verwinkelte Haus, in dem er lebte, barg unendlich viele Geheimnisse.
 

„Wetten ich bin schneller dort?“, rief Artjom, als das Haus in Sichtweite kam und schoss wie ein Blitz davon. Kostja blieb nicht viel Zeit, um überrascht zu sein, denn wenn er gewinnen wollte, musste er sich anstrengen. Er verließ den Kiesweg und rannte über die Wiese, direkt auf den Zaun zu. Dieser bestand nur aus einigen Balken und für den Jungen war es nicht schwer darüber zu klettern und doch noch vor Artjom anzukommen.

„Das war nicht fair!“

Kostja streckte seinem Cousin die Zunge heraus und empfing Dascha, die junge Hündin von Ilja Ivanovitsch. Und kurz nach Dascha tauchte auch Anna Dmitrijevna auf.

„Da seid ihr ja!“, begrüßte sie die Jungen und schließlich auch ihren Großvater, als er zu ihnen trat.

„Gut, dass ihr so schnell kommen konntet. Ilja ist in letzter Zeit so vergesslich!“

„Was ist denn passiert?“, wollte Artjom wissen.

„Er ist in die Stadt gefahren, aber er hat den Schlüssel für den Werkzeugraum mitgenommen. Wie soll ich so meinen Garten pflegen und das Unkraut ausstechen!“

Es war weniger eine Frage, denn eine Beschwerde. Kostja und Artjom machten ein enttäuschtes Gesicht. Sie hatten sich auf Ilja Ivanovitsch gefreut, aber er war gar nicht da!

„So, ihr beiden, nun zeige ich euch etwas“, verkündete ihr Großvater, während er Anna Dmitrijevna zu einer kleinen Hütte folgte. Sie öffnete das Tor, das in einen größeren Raum führte, der nun aber leer war, denn die alte Klapperkiste, die kaum noch als Auto zu bezeichnen war, war mit Ilja Ivanovitsch auf dem Weg in die Stadt. Vor einer weiteren Türe blieb sie stehen.

Fasziniert beobachteten die beiden Jungen, wie ihr Großvater einen gebogenen Draht hervorzog und damit in dem Schloss herumzustochern begann.

„Kannst du es damit wirklich öffnen, Großvater?“, fragte Artjom zweifelnd.

„Klar kann er das, unser Großvater ist der Beste! Kannst du uns das auch beibringen?“

„Ja! Bitte, Großvater!“

Der alte Mann lächelte und gab ein zustimmendes Gemurmel von sich, während das Schloss …
 

… sich klickend öffnete.

„Na endlich.“

Die Türe quietschte ein wenig, als er sie aufmachte, doch endlich konnten sie den nächsten Raum betreten. Peti Meramon sagte irgendetwas, doch das hörte er gar nicht mehr, denn sein Blick hing an dem Szenario, das sich hier bot. Überall entlang der Wand des Raumes brannten Feuer, die ihn in helles Licht und Wärme tauchten. Es war ein kleiner Raum und auf den ersten Blick schien sich hier nichts Besonderes zu befinden. Er machte einen Schritt nach vorne und sah sich um. Die flackernden Flammen machten es ihm nicht leicht, etwas zu erkennen, doch schließlich fiel sein Blick auf ein kleines Digimon, das nahe an den Flammen lag und sich nicht bewegte. Das hellblaue Fellbünden hatte die Augen geschlossen. Seine abstehenden Hundeohren und der Schwanz wirkten leicht angesengt, was bei dieser Nähe zum Feuer wohl kein Wunder war. Es machte nicht gerade einen gesunden Eindruck.

Find your Partner. Quest completed.

Die Stimme hatte sich schon länger nicht gemeldet, doch Kostja war nicht unbedingt verwundert. Er drückte das kleine Digimon an sich und stand wieder auf.

„Was verbrennen die hier denn?“

Peti Meramon, das die ganze Zeit durch den Raum gekreist war, gab nicht sofort eine Antwort. Doch schließlich gab es einen erstickten Laut von sich und sah ihn aus schreckgeweiteten Augen an. „Die Schriften! Sie verbrennen die alten Schriften!“

Er hatte zwar keine Ahnung von welchen Schriften das Digimon sprach, aber etwas Gutes konnte es nicht bedeuten. Und wie sagte man so schön? Wo man Bücher verbrennt, verbrennt man bald auch Menschen. Oder in diesem Fall wohl eher Digimon.

„Wir sollten von hier verschwinden, Peti Meramon.“

„Natürlich.“

Er zog eine Augenbraue hoch, sagte aber nichts. Über dieses seltsame Digimon konnte man sich nur wundern.
 

Als sie wieder oben ankamen, sahen sie gerade noch wie eine blaue Stichflamme durch den Gang schoss. Offensichtlich hatten sie zu lange gebraucht!

„So ein Mist!“, fluchte er, während er sich unter einer Flammenkugel wegduckte, die in seine Richtung geflogen war.

Ihr Vorteil war, dass der Gang so schmal war, sodass immer nur zwei Goburimon nebeneinander Platz hatten. Doch die Attacken der kleinen Digimon, die hier eingesperrt waren, schienen die Goburimon nicht wirklich zu stören, einzig vor Gabumons Flammenattacken wichen sie zurück. Sein Blick fiel auf das Digimon in seinen Armen. Jetzt hatte er seinen Partner zwar gefunden, doch konnte er diesen kaum in den Kampf schicken. Er spürte den Atem und den Herzschlag des Kleinen, doch es war noch nicht aufgewacht und das war wahrscheinlich auch besser. Vielleicht war es doch keine so gute Idee gewesen sich aufzumachen, um die Digimon zu befreien…

Nein, diesen Gedanken verwarf er wieder. Immerhin konnte er diese armen kleinen Kreaturen doch nicht im Stich lassen. Und seinen Partner hätte er ansonsten auch nicht gefunden. Nein, er hatte die richtige Entscheidung getroffen und sie würden hier nicht verlieren! Nicht mit den vielen Digimon, die auf der Seite von ihm und Gabumon kämpften!
 

Gabumon machte sich auf das Schlimmste gefasst, als eines der Goburimon nach vorne stürmte, die Keule über dem Kopf schwingend. Neben ihm wichen einige Digimon zurück und er konnte es ihnen kaum verübeln. Auch er selbst wäre am liebsten zurückgewichen, doch das durfte er nicht! Nein, er musste sie schützen so gut er konnte, denn ohne ihn wären sie verloren.

So stürmte auch er nach vorne, den Kopf leicht geneigt, um seinen Gegner mit dem Horn zu rammen. Immer näher kam das Goburimon.

Doch dann stand die Zeit für einen kurzen Moment still.

Ein helles Licht flutete durch den Raum und brachte die Goburimon dazu wie versteinert stehen zu bleiben. Auch Gabumon hielt an, drehte sich auf der Suche nach der Quelle des Lichtes um. Es war das kleine Digimon in Kostjas Armen. Es erstrahlte in einem unglaublich hellen Licht. Ein Licht wie es Gabumon noch nie gesehen hatte und selbst als es erlosch und die Dunkelheit zurückkehrte, erschien sie ihm nicht mehr ganz so dicht wie zuvor. Was war gerade geschehen?
 

Erstaunt blickte er auf seinen Partner. Sein Digivice hatte einen leisen Ton von sich gegeben und im nächsten Augenblick war das Digimon erwacht und hatte zu strahlen begonnen, heller als die Sonne jemals strahlen würde. Er hatte die Augen zusammengekniffen, denn das starke Licht brannte in ihnen, dennoch hatte er erkannt, dass die kleinen Verletzungen verschwunden waren, hatte gespürt wie der Herzschlag des Digimons stärker wurde und als das Licht erloschen war, schien es vor Energie förmlich überzulaufen.

„Wahnsinn…“

„Hallo, Konstantin.“

Kurz verzog sich der breite Mund des Digimon zu einem Lächeln, doch dann wurde es wieder ernst. Immerhin gab es hier noch etwas zu erledigen. Als es zu Boden sprang, griff er nach dem Digivice und berührte leicht den Bildschirm.

Sneschimon

Type: Lesser

Level: BabyII

Attribute: none

Attack: Bubbles

„Jetzt zeige ich euch wo der Hammer hängt!“, drohte es, während es sich in den Kampf stürzte.

„Sneschimon, warte!“

Aber es hörte ihm gar nicht erst zu.

Nicht nur Kostjas Partner stürzte sich in den Kampf, nein, auch die anderen Digimon schienen wieder Mut zu fassen, während die Goburimon sich immer noch nicht regten. Das Licht hatte ihnen ziemlich zugesetzt, wie es aussah. Als unzählige Seifenblasen über sie hereinbrachen, ergriffen jene in der vordersten Reihe die Flucht. Oder sie versuchten es zumindest, denn es war so gut wie unmöglich sich durch dieses Gedränge zu wühlen. Fasziniert beobachtete Kostja die Reaktion der orkartigen Digimon. Wie sie in Panik verfielen, ihre Attacken gegeneinander richteten. Es herrschte heilloses Chaos und immer noch griffen Gabumon, Sneschimon und die anderen Digimon an.

Dann geschah es.

So etwas hatte er noch nie gesehen. Vor seinen Augen schienen sich einige der Digimon aufzulösen, zu zerbröseln, als wären sie nichts weiter als Sand. Glitzernd sanken die einzelnen Partikel zu Boden, während die Luft förmlich zu vibrieren schien. Es war, als wäre zu viel Energie freigesetzt worden, als würde ein einziger Funke genügen, um eine Explosion auszulösen. Was war das?

Noch während er darüber nachdachte, verschwanden die glitzernden Partikel endgültig. Wohin wusste er nicht und wahrscheinlich könnte es ihm auch keiner sagen. Er nahm an, dass das die Art der Digimon war zu sterben.

Auch die Spannung in der Luft schien sich zu legen. Es war, als würden die vielen kleinen Digimon die Energie in sich aufnehmen, um sich zu stärken. Sie erschienen ihm größer als vorhin, wenn auch nicht viel. Und in jedem Fall wirkten sie stärker und gesünder. Was war passiert?

„Jetzt aber raus hier!“

Gabumons Stimme riss ihn aus den Gedanken und er setzte sich in Bewegung. Sneschimon sprang wieder in seine Arme und gemeinsam eilten sie die Treppe nach oben. Doch was sie dort erblickten, ließ sein Herz für einen Augenblick stehen bleiben.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  PenAmour
2011-10-02T18:33:48+00:00 02.10.2011 20:33
So, etwas verspätet, da bin ich wieder mit meiner Meinung. xD
Wie darkfiredragon schon erwähnte, konnte man sich gut in die Handlung hinein versetzen und mitfiebern.
Der Übergang aus dem Flashback war cool, so etwas habe ich letztens selbst ausprobiert einen Fluss einzubauen und die Zeiten ineinander gleiten zu lassen. Eine schöne Technik, denke ich.
Auch das Muster eines Games bleibt weiter erhalten - und anhand der Quest bleibt in den langen Kapiteln die Orientierung vorhanden und man erhält immer einen kleinen Ausblick auf das, was da kommt.
Der Cliffhanger. Ach ja, er ist gut gesetzt und bindet den Leser ;D.
Alles in allem wieder ein schönes, rasantes Kapitel.
Da fällt mir ein, endlich mal keine Japaner als Protagonisten, sondern ein Schweizer und ein Russe - keine typischen Charaktere bei Digimon, wie schön.^^
Bis dahin
PenAmour
Von:  darkfiredragon
2011-09-30T07:53:45+00:00 30.09.2011 09:53
Wie gemein, ein Cliffhanger. Die mag ich gar nich - es sei denn ich schreib sie selber :D
Aber (ansonsten) gefällt mir das Kapi sehr gut, man kann richtig schön mit Kostja mitfiebern =) Ich hoffe es geht bald weiter.

lg, darkfiredragon


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