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Black Sheep

~ Why don’t You feel the Sense of Urgency ~
von

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Der Abgrund tut sich auf

Der Abgrund tut sich auf
 

Es war ein langer Abend gewesen, den Karin mit ihren Freundinnen verbracht hatte. Sie waren in verschiedenen Diskotheken gewesen, hatten mit jungen Männern geflirtet und den ein oder anderen Cocktail getrunken. Karin hatte so viel Spaß wie schon lange nicht mehr gehabt. Ihr Vater war immer so streng, wenn es darum ging sie auch einmal allein raus zu lassen. Ihre Brüder durften immer alles, denn sie waren ja schon erwachsen und konnten gut auf sich selbst aufpassen… Klar! Als würde sie das nicht können. Sie war zwar noch nicht volljährig, aber das würde sich ja bald ändern.

Karin lächelte und verabschiedete sich winkend von ihren Freundinnen. Es war schon weit nach Mitternacht und sie würde mit dem Bus noch eine Stunde lang fahren müssen, bevor sie zuhause war. Sie hätte natürlich auch ihren Vater oder ihre Brüder fragen können, ob sie sie abholten, doch dann hätte sie gezeigt, dass sie ja doch noch unselbstständig ist und das wollte sie auf gar keinen Fall.

Sie zog sich die Jacke enger um den Körper und setzte sich auf einen der Metallsitze, die in der Bushaltestelle festgemacht waren. Dann zog sie ihren iPod aus der Tasche und ließ einen Ohrstöpsel unter ihren langen, braunen Haaren verschwinden. Sie drehte die Lautstärke so weit hoch, dass sie nicht davon taub werden würde, aber die Geräusche der Nachtluft ausblenden konnte.

Es war einfach nur kalt und dunkel und leer. Es ärgerte sie, dass sie nicht vom Hauptbahnhof aus gefahren war, obwohl sie dann länger brauchen würde. Aber wenigstens wäre dort Licht gewesen und vor allem ein paar offene Geschäfte, in denen sie sich hätte aufwärmen können.

Karin biss sich auf die Lippen um nicht zu zittern, als sie mit dem freien Ohr Schritte vernahm. Hoffentlich nur ein paar alte Männer, die noch auf eine Sauftour gehen, wiederholte sie innerlich, hoffentlich nur ein paar…

„Hallo Süße!“

Verdammt!

„Was machst du so spät allein noch hier?“, fragte eine tief männliche Stimme. Das raue Lachen, das daraufhin folgte, ließ sie erahnen, dass sie es hier nicht nur mit einem Mann zu tun hatte.

Schnell drehte sie sich weg und verkrampfte ihre Finger in ihre Tasche. Dass sie unter ihrem schweren Mantel nur einen Minirock und ein bauchfreies Top trug machte ihr gerade doch mehr Angst, als sie erwartet hätte, als sie vorhin noch mit ihren Freundinnen um die Häuser gezogen ist.

„Oh… Ist sie etwa stumm?“

„Oder will sie uns vielleicht einfach nur nicht hören?“

Wieder dieses Lachen.

Karin schloss panisch die Augen, als sie merkte, wie sich zwei der Männer neben sie nieder ließen und ihre Armen um ihre Schulter legten.

„Was hörst du denn gerade?“, fragte der eine und zog ihr sogleich den Stecker aus dem Ohr. Am liebsten hätte sie ihn jetzt angeschrien, aber das machte sie Sache meist ja nur noch schlimmer, das wusste sie. Andererseits fiel ihr nicht ein, was sie noch hätte tun können.

Gerade als sie den Mund aufmachte, erklang aber eine andere donnernde Stimme und Karins Herz machte einen kleinen Sprung.

„Hey! Lasst meine Freundin in Ruhe, oder ich ruf die Polizei!“

Unter lautem Protest standen die beiden Männern auf und verschwanden, nicht aber ohne ein „Wir sehen uns bestimmt bald wieder, Süße!“ zu rufen.

Karin atmete auf.

Die Stimme war unverkennbar gewesen, weswegen sie sofort rot wurde, aber trotzdem von ihren inzwischen eiskalten Händen aufblickte.

„Danke, Patrick.“

Patrick setzte sich neben sie und grinste, ihr einen heißen Kaffeebecher reichend.

„Keine Ursache. Als ich erkannte, dass du es bist, musste ich doch zu deiner Rettung eilen.“, meinte er fröhlich und trank aus seinem eigenen Becher. Karin blickte ihn von der Seite her an. Patrick war ein Klassenkamerad von ihr und vor allem war sie seit langen in ihn verliebt. Das gerade er sie retten würde… Es war wie ein Traum. Sie lächelte und trank.

„Wissen deine Eltern eigentlich, dass du hier bist?“, fragte er plötzlich, zog eine Zigarettenschachtel aus seiner Jackentasche und steckte sich eine an.

Karin schüttelte den Kopf: „Sie denken ich bin bei einer Freundin.“

„Gut…“

„Was?“

Das plötzliche Lächeln auf Patricks Gesicht wollte einfach nicht zu seinen Augen passen. Karin begann zu zittern. Auf einmal war ihr so schlecht und so schwummrig, alles drehte sich, alles war schwarz…
 

Die Geräusche die an ihr Ohr drangen klangen wie durch Watte gerufen und schafften es nicht wirklich, ihren Körper mit ihrem Geist wieder zusammen zubringen. Wo war sie überhaupt? Was war denn passiert? Karin blinzelte, doch auch das Licht der Deckenbeleuchtung schien wie durch einen Schleier auf die herab. Es war so bunt und… verzerrt?

Der plötzliche, stechende Schmerz, der sich von unten durch ihren Körper zog, ließ sie ihre Augen weit aufreißen, die sobald von Tränen gefüllt waren. Es tat weh. Es tat so weh. Sie wollte Schreien, doch kein Laut kam aus ihrer Kehle. Sie konnte die Person über ihr nicht erkennen, könnte die Stimmen nicht ausmachen. Sie fühlte nur den Schmerz in einem Rausch, der all ihre Sinne unbrauchbar machte und es ihr nicht erlaubte, noch einmal ihr Bewusstsein zu verlieren.

Karin wusste nicht, wie viel Zeit vergangen war, als der Schmerz langsam zu einem rhythmischen Pochen wurde und der Nebel um sie herum sich lichtete.

„Na, Prinzessin, wieder wach?“, hörte sie Patricks Stimme fragen, doch klang sie so anders als sonst, so… falsch.

Sie blinzelte heftig um die letzten Tränen aus ihren Augen zu bekommen und stöhnte auf, als das drehen ihres Kopfes in Richtung von Patricks Stimme ihr Schmerzen verursachte.

„Ganz schön Schade, dass du keine Jungfrau warst, obwohl ich darauf hätte wetten können.“, säuselte er und trat auf sie zu, bis sie ihn erkennen konnte. Das Grinsen auf seinen Lippen ließ sie erschaudern, als die Worte ihr Ohr erreichten und ihr das Grauen auf den nackten Leib schrieb. Sie wollte weinen, ihn anschreien, ihn hassen, ihn umbringen, doch sie konnte sich einfach nicht bewegen.

„Tut es weh?“, fragte er gehässig und zog plötzlich ein kleines Tütchen aus der Hosentasche. Er schüttete den Inhalt in ein Glas, füllte es mit einem Schluck Wasser und trank es. Doch bevor es selbst in seine Kehle gelangen konnte, beugte er sich über sie und drückte ihr gewaltsam seine Lippen auf, und ließ die Flüssigkeit dadurch in ihren Hals laufen. Sie schluckte, obwohl in ihrem inneren alles danach schrie, es nicht zu tun, war sie doch zu durstig, zu ausgelaugt, um sich nach den Stimmen zu richten.

Sie hatte erneuten Schmerz erwartet, ein Brennen in ihrem Bauch, irgendetwas. Doch plötzlich war da solch eine süße Erfüllung, die den Schmerz in ihren Lenden willkommen hieß, die das Licht der Deckenlampe noch bunter werden ließ und Patricks grausames Grinsen in das Lächeln eines Engels verwandelte.

Die Drogen taten ihre Wirkung und zerstörten ein Mädchen, das bis dato nur die guten Seiten dieser Welt kannte.



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