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Tiefrote Küsse

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Kapitel 20

Leila sah ihn an und wusste nicht was sie denken sollte. In ihrem Kopf war gerade absoluten Chaos, die Gedanken schwirrten wirr in ihrem Kopf herum und sie konnte einfach keinen klaren Gedanken fassen. Liam sah fertig aus, als wäre er unter einer Dampfwalze gekommen. Auf seinem Brustkorb konnte sie dunkle Blutergüsse erkennen, doch die schockten sie nicht so sehr, wie das Blut das von seinem Arm tropfte. Am Oberarm hatte er eine schlimme Verletzung und sie fragte sich, warum sie nicht heilte? Bei ihr hatte doch auch sofort die Heilung stattgefunden?

Auf seinem nackten Oberkörper und auf der Haut in seinem Gesicht bildete sich ein leichter Schweißfilm ab. Seine Atmung ging hektisch und er hatte offensichtlich bei jeder Bewegung Schmerzen, als wäre ein oder zwei Rippen gebrochen.

Doch am meisten wollte sie wissen, wie das passiert war. Was hatten die beiden gemacht? Waren sie vor einen Zug gesprungen, damit er so hier ankam? Er war doch ein Vampir unsterblich, unverwundbar. Zumindest hatte sie das bisher gedacht. Vielleicht hatte sie auch etwas in den Büchern übersehen, sie hatte ja auch nicht alle Seiten gelesen.
 

„Was ist passiert?“, wiederholte sie ihre Frage noch mal und merkte erst jetzt, dass sie sich am Bettpfosten geklammert hatte. Ihr Blick war nur auf Liam gerichtet und sie hatte Angst, dass er gleich vor ihren Augen sterben würde.

„Wir haben Besuch bekommen“, meinte Menas nur und blickte fragend zur Tür.

„Da bin ich“, sagte Marissandra und kam mit zwei Blutbeuteln in Liams Schlafzimmer. Leila kannte diese Beutel, es waren die Beutel die sie beim Blutspenden immer sah, aber warum brauchte Marissandra diese nun her. Sie sah Leila gar nicht an, ging direkt an ihr vorbei und setzte sich ans Bett ihres Sohnes. „Hier Liam. Nimm die.“ Sie reichte Liam einen der Beutel, doch als sie sah, dass er Schmerzen hatte seinen Arm zu heben, legte sie ihm den Beutel direkt an den Mund.

„Moment. Was machst du da?“, schrie Leila außer sich, doch da sah sie schon wie Liams Zähne spitzer wurden. Zwei spitze Zähne drückten sich aus seinem Mund hervor und stachen in das Plastik. Leila zitterte etwas, als sie sah, wie schnell die rote Flüssigkeit im Beutel weniger wurde.

„Leila, das hilft Liam wieder zu Kräften zu kommen“, erklärte Marissandra der jungen blonden Frau, welche blass aussah. Sie wollte sich nicht auch noch um eine andere Person kümmern. Das Liam so mitgenommen aussah hatte er sich vermutlich selber zuzuschreiben. Aber es schockte sie auch, denn Liam war immer ein sehr guter Kämpfer gewesen. Entweder waren sie überrascht worden oder Liam war unachtsam gewesen. Vermutlich war er wieder im Alleingang gegen die Hostus getreten, denn Menas hatte nicht einen Kratzer abbekommen. Manchmal hatte sie echt das Verlangen, Liam mal über das Knie zu legen, denn solche Alleingänge mussten absolut nicht sein, wenn es da noch jemanden gab, der ihm vielleicht helfen konnte. Sie blickte wieder auf ihren Sohn, der im Bett lag und zitternd an dem Blutbeutel saugte.

Seine Augen öffneten sich wieder und er blickte zu Leila.
 

Marissandra seufzte. Die beiden waren wirklich ein wenig kompliziert oder sie machten es einfach nur komplizierter als es eigentlich war. Warum konnte Liam Leila nicht alles sagen?

Gut, die junge Frau war einmal abgehauen, aber das auch nur weil ihr lieber Sohn nicht den Mumm hatte Leila alles zu erzählen. Dass sie nicht weit gekommen war, war klar, denn die ersten Eindrücke nach einer Wandlung waren erschreckend. Sie mussten langsam Schritt für Schritt an ihre neuen Fähigkeiten herangeführt werden, doch Leila war einfach zu impulsiv und ungeduldig und hatte es eben ohne Liam versucht. Liam war ein guter Junge, das wusste Marissandra und er gab sein Bestes für ihre Spezies, er kämpfte und das mit einer Leidenschaft die sie selten in anderen Augen gesehen hatte. Das Kämpfen gegen Hostus war Liams Aufgabe, er hatte es sich einfach zur Lebensaufgabe gemacht und lebte während dessen ein zurückgezogenes Leben, ließ keinen so wirklich an ihn heran. Gut, er war schon immer etwas eigen und wollte die Dinge auf seine Art und Weise angehen. Das Leila ihn dabei nun vollkommen von der Rolle brachte, war irgendwie sogar verständlich. Liam wusste nicht wie man mit anderen Personen umging, die nicht zur Familie gehörten, schon gar nicht wusste er wie man mit Frauen umging. Aber dass er Leila mochte konnte sie an diesem Blick erkennen, hätte sie es nicht schon vorher gewusst.
 

„Leila…“, brachte Liam schließlich vor und reichte seiner Mutter den leeren Blutbeutel wieder.

Marissandra blickte zu Leila, doch diese stand nicht mehr am Bettpfosten sondern ging nun um das Himmelbett herum, trat auf die andere Seite und blieb eine Weile dort stehen. Sie sah Liam traurig an und Marissandra stand ohne ein weiteres Wort auf, schob Menas aus dem Raum heraus und verließ das Schlafzimmer ebenfalls. Die Beiden hatten noch eine Menge zu klären, zu besprechen und vielleicht würden sie sich endlich mal eingestehen, dass sie für einander bestimmt war. Als Liam ihr gesagt hatte, das er Leila wandeln würde, hatte sie panische Angst gehabt, das Liam die falsche Entscheidung treffen würde, dass er diese Frau vielleicht gar nicht liebte und nur wegen seinem schlechten Gewissen diese Entscheidung von sich forderte. Er und diese Frau würden dann immer miteinander verbunden sein, für immer und diese schwere Entscheidung sollte man wirklich nur treffen, wenn man die Person wirklich liebte und das hatte sie zuerst bezweifelt. Doch dann hatte sie in Liams Gesicht gesehen, seinen ernsten Blick wahrgenommen und wusste dass es hier nicht nur um Schuldgefühle ging. Er liebte diese blonde Frau, auch wenn er sich dessen selber noch gar nicht bewusst gewesen war.
 

Leila stand immer noch an der Seite des Bettes, blickte auf Liam hinab und wusste nicht was sie sagen wollte. Sie fühlte sich komisch, unwohl und irgendwie machte es ihr Angst, Liam so zu sehen. Seine Wunde am Arm war inzwischen fast verheilt, heilte von innen heraus. Sogar die blauen Flecke auf seinem Brustkorb färbten sich nun von blau zu einem Grün und dann zu einem Gelb weiter. Das Atmen schien ihn nun auch leichter zu fallen, sein Brustkorb hob und senkte sich, ohne dass er das Gesicht vor Schmerzen verziehen musste.

„Leila…“, sagte er sanft. Seine Stimme klang nicht mehr brüchig, aber auch noch nicht wieder so stark wie sie es von ihm kannte. Er hob seine linke Hand und streckte sie nach ihr aus. Das Bett war breit genug, dass er sie nicht erreichen konnte. Doch Leila setzte sich auf die Kante des Bettes und griff nach seiner Hand, sie umschloss sie mit beiden Händen. Als sie sich etwas beruhigt hatte, spürte sie ein anderes gewaltiges Gefühl in ihrer Brust, das ihr schmerzte. Sorge. Ja, verdammt sie machte sich Sorgen um Liam. Sie kannte ihn noch nicht gut und auch noch nicht sehr lange, er manchmal ein wenig arrogant und überheblich, aber dennoch hatte er auch eine sanfte Seite an sich. Sie musste daran denken, wie er Cello gespielt hatte, wie wundervoll sanft die Klänge kamen und das durch seine Bewegungen. Diese sanfte Seite schien er gut zu verbergen, doch Leila hatte er sie gezeigt, ob er es gewollt hatte oder nicht, sie hatte von dieser anderen Seite erfahren.

Sie strich vorsichtig über die Narbe, die nun entstanden an seinem Oberarm war, vermutlich aber selber gleich verschwinden würde. Der kalte Schweiß auf seiner Haut war auch nicht mehr zu spüren und er hatte wieder Farbe im Gesicht bekommen.

Sie sagte kein Wort und zuckte zusammen, als sie spürte wie Liam ihr über die Wange strich. Er hatte seine Hand aus ihren gelöst und streichelte ihr über die Wange. Er zog seine Hand zurück und sie konnte eine Träne auf seinem Zeigefinger erkennen. Sie weinte? Sie hatte es gar nicht gespürt. In ihrer Brust war nur dieses erdrückende Gefühl, dass sie das Atmen erschwerte. Doch die Tränen hatte sie nicht gespürt. Er blickte die Träne an und seufzte.

„Es tut mir Leid“, sagte er sanft.

Ihr Blick wanderte von seinem Arm, seine Brust entlang zu seinem Gesicht, wo sie seinen Blick erwiderte. In seinen Augen stand Mitgefühl geschrieben und ihre Brust schwoll etwas an, als sie das sah. Sie hatte es gehasst, wenn man sie früher mitleidig angesehen hatte. Sie wollte kein Mitleid von anderen haben, denn es ging ihr gut. Sie war ein Stehaufmännchen, das immer wieder auf den Füßen landete egal wie tief sei fiel. Vielleicht mochte sie ihren Kater deshalb so gerne, weil Katzen auch immer auf den Füßen landeten.

„Ich habe nicht aufgepasst und das tut mir leid.“

Fragend blickte sie ihn an, atmete langsam aus und spürte, dass der Schmerz in ihrem Brustkorb verschwand. Sie hatte dieses Gefühl noch nie so intensiv gespürt. Gott, sie fühlte sich zu ihm hingezogen und wollte nicht, dass ihm etwas passiert. Gut, er war ein Krieger, aber bisher hatte sie einfach nicht gewusst was das bedeutete. Sie hatte nicht daran gedacht, dass er schwer verwundet nach Hause kommen würde, sich kaum auf den Beinen halten konnte. Sie hatte nicht daran gedacht, weil sie gedacht hätte, er wäre unverwundbar.

„Vampire sind doch unverwundbar“, sagte sie schließlich. Ihre Stimme hörte sich etwas kratzig an, belegt von den Tränen die nun aber versiegt waren. Vorwurfsvoll sah sie ihn an, weil sie das Gefühl hatte, dass er sie angelogen hatte. Er war nicht unverwundbar wie es schien, warum war es dann so toll ein Vampir zu sein? Dann waren sie nicht besser als Menschen. Gut, vielleicht war er ein paar Jahre älter als sie, aber wenn er genauso durch einen Unfall sterben konnte wie sie, was machte dass dann schon?

„Aber wir können auch verletzt werden“, sagte er mit ruhiger Stimme. Er sah sie an, zog sie nicht an sich, auch wenn er das wollte. Sein Körper schrie danach, dass sie sich an ihn kuschelte, er sie festhalten konnte. Er wollte wieder ihren warmen Körper an sich spüren, so wie unten an der Couch. Er wollte mit ihr einschlafen und einfach alles vergessen, nur noch sie bei sich haben. „Es kommt darauf an, wie schlimm die Verletzungen sind.“
 

„Kannst du… kannst du so… getötet werden?“ Die Worte kamen ihr schwer über die Lippen und sie wollte es nicht hören, wenn er es bejahen würde. Sie wollte nicht, dass er sterben konnte. Sie wollte keine Beziehung bei der man sie verlassen konnte. Sie wollte das jemand bei ihr war, immer. Doch irgendwie kam es ihr so vor als hätte er sie angelogen. Irgendetwas sagte ihr, dass er ihr nicht versprechen konnte, dass er für immer bei ihr blieb. Irgendwie hatte sie in ihrem Kopf, dass er es ihr gesagt hatte. Wieder spürte sie die Tränen kommen, doch es waren keine Tränen der Sorgen, sondern der Wut. Sie war sauer auf ihn und biss sich auf die Unterlippe. „Du hast mich angelogen“, sagte sie aufgebracht und versuchte ihre Wut herunterzuschlucken.

„Leila, ich habe dich nicht angelogen.“ Er richtete sich etwas auf, stützte sich mit seiner rechten Hand ab und beugte sich etwas nach vorne. „Ich könnte getötet werden, aber dazu braucht es schon mehr als das man mir meinen Arm halb abschneidet, wobei das auch nicht so gut ist, denn ich weiß gar nicht ob der nachwachsen würde.“

„Das ist nicht witzig“, sagte sie bissig, denn sie hatte seinen humorvollen Ton aus seinen Worten herausgeholt. Vermutlich machte er sich gerade über sie lustig. Etwas was sie gar nicht haben konnte.

„Leila“, sagte er sanft, jeder Ton von Witz war verschwunden, als er sah, dass sie wirklich aufgebracht war. „Lass es mich dir erklären.“

„Das kannst du doch gar nicht.“ Sie verschränkte die Arme von ihrer Brust, ihre Atmung war durch die Wut in ihrem Blut kräftiger und sie versuchte ihn nicht anzuschauen. Denn sie wusste, wenn sie ihn ansehen würde und sich in seinen warmen Augen verlieren würde, würde die Wut sich in Luft auflösen. „Du konntest es mir bisher auch nicht erklären.“

Er atmete leise aus und sah sie an, er verstand warum sie wütend auf ihn war und irgendwie machte ihn das traurig. „Und auch das tut mir leid.“

„Tut dir irgendetwas denn nicht Leid.“ Sie machte ihm hier eine Szene und eigentlich hasste sie so ein Verhalten. Aber sie waren unter sich und es war ihr gerade auch mal egal, ob sie nun zickig, kindisch oder wie auch immer er dieses Verhalten bezeichnen würde.

„Ja, es tut mir nicht Leid, dass ich dein Leben gerettet habe. Es tut mir nicht Leid, dass ich nun immer an dich gebunden bin, egal ob du mich lieben würdest oder nicht. Es tut mir nicht Leid, dass du hier bist, denn ich will dich bei mir haben. Ich kann es nicht so gut erklären, wie du es vielleicht gerne hättest.“

Sie sah ihn überrascht an. Sie hatte vieles erwartet, aber nicht diese Worte. Ihre Wut wurde im Keim erstickt, seine Worte waren die Löschdecke, die er auf die Flammen ihrer Wut warf und alles löschte. Sie saß einfach nur da und wusste nicht was sie sagen sollte. Eben war sie noch wütend gewesen, doch nun war dieses Gefühl weg und sie fühlte sich irgendwie taub. Als würde sie unter Wasser sein und alles nur durch ein Rauschen wahrnehmen.

„Ich habe von all so etwas keine Ahnung, Leila. Aber ich weiß was ich für dich empfinde.“

Sie saß immer noch da, ruhig, erstarrt und sah ihn einfach nur an. Worte waren immer ihre Waffe gewesen, mit ihnen hatte sie sich gegen die Welt gewehrt. Sie wusste immer was sie wann sagen sollte – meistens zumindest. Doch nun wusste sie gar nichts. Ihr Kopf war leer, noch vor ein paar Minuten war in ihrem Kopf ein Chaos voller konfuser Gedanken gewesen und nun war da nur eine Stille.

Sie sah überrascht aus, löste sich aus ihrer Starre als sie seine Berührung an ihrer Wange spürte, er streichelte über ihre Haut, strich dieses Mal keine Tränen aus ihrem Gesicht. Er lächelte und zog sie einfach an sich. Er sagte kein Wort mehr, sondern ließ Taten sprechen, denn das war nun mal das was er konnte. Er war nun mal nicht der große Redner, konnte nicht mit großen Worten beeindrucken, aber er konnte Taten sprechen lassen. Das war nun mal sein stärkster Charakterzug.

Leila ließ sich an ihn ziehen, betete ihren Kopf auf seinen nackten Oberkörper, lauschte den Rhythmus seines Herzens, spürte das Heben und Senken seines Brustkorbes. Sie wusste nicht was sie wollte, ob sie ihn wollte. Denn das war doch verrückt, sie kannte ihn doch gar nicht. Aber er küsste einfach so wundervoll und auch wenn er nicht gut im Reden war, gab er ihr das Gefühl etwas Besonderes zu sein. Wenn er sie ansah, fühlte sie sich einfach wie etwas Besonderes, so etwas hatte sie noch nie gespürt. Es war ein schönes und sicheres Gefühl, ja, es gab ihr Sicherheit. Sicherheit die sie früher nie hatte. Wie oft hatte sie kämpfen müssen um von den Männern, die sie eigentlich lieben sollten, die Aufmerksamkeit zu bekommen die sie brauchte. Da war ihr Erzeuger, der ihre Mutter verlassen hatte als sie mit ihr schwanger war. Dann war da der Vater ihrer Brüder, den sie wie nichts sonst hasste. Sie hasste diesen Menschen, sie hasste es, was er mit ihr gemacht hatte. Er hatte einen Teil in ihr kaputt gemacht, hatte das Vertrauen in die Männer zerstört. Sie wusste nicht, ob sie das alles irgendwann mal Liam erzählen sollte oder musste. Aber sie wusste nicht wie er reagieren würde. Sie hatte schon oft die Reaktionen von Männern erlebt und die meisten hatten dann Angst, etwas falsch zu tun. Und genau das war es, was sie nicht brauchte, nicht wollte. Sie wollte nicht mit mitleidsvollen Augen angesehen oder mit Samthandschuhen angefasst werden, sie war keine kleine Prinzessin, sie war einfach sie.

Das Heben und Senken seines Brustkorbes, ebenso das gleichmäßige Schlagen seines Herzens beruhigte sie ungemein. Sie sah auf zu ihrer linken Hand, die neben ihrem Gesicht auf seinem Körper ruhte und welche nun sanft über seine Haut fuhr. Nur ihre Fingerspitzen berührten seine Haut, doch kribbelte es immens, als würde sie etwas Geladenes streicheln und nicht Liam Noxus’ nackten Oberkörper. Das er gut gebaut war, wusste sie von Anfang an, hatte es gespürt, wenn er sie umarmt und sie fest an sich drückte. Seine Muskeln waren deutlich unter seiner Haut erkennbar, als wäre dort kein Gramm Fett wo es nicht hingehörte. Sie errötete und wusste nicht einmal genau warum, vielleicht auch einfach nur, weil ihr bewusst wurde, dass sie auf Liams nackten Oberkörper lag.

„Mache ich dich nervös?“ Sie wusste dass er bei dieser Frage grinste und sie konnte einfach nicht widerstehen und zwickte ihm dafür in die Haut.

„Hey“, meinte Liam wehleidig und griff sofort nach ihrer Hand, hielt sie fest. Sie blickte auf seine Hand, die ihre umfasste, beobachtete wie ihre Finger sich miteinander verschränkten, ihre Hände somit die Distanz größtmöglich aussperrten.

„Du machst mich nicht unbedingt nervös“, antwortete sie schließlich. „Eigentlich hast du eine beruhigende Wirkung auf mich, was echt verrückt ist.“

„Es ist nicht verrückt“, warf er ein, doch sie überging diesen Einwurf von ihm. Sie war noch nicht bereit, darüber zu reden.

„Nervös macht mich nur, dass du eigentlich fast nackt bist.“

Sie wusste dass er wieder lächelte. „Ja, das bin ich wohl“, stimmte er ihr zu und er hatte damit absolut kein Problem. Er fühlte sich nicht unwohl oder vor ihr entblößt. Er war einfach nur froh, dass sie bei ihm war und er wollte sie einfach nicht mehr loslassen, wollte sie immer in seinen Armen haben und nie wieder gehen lassen. Aber er wusste selber, dass er dafür noch einen steinigen Weg vor sich hatte. Dennoch war er froh, dass sie hier war, sich nicht von ihm wegdrückte und einfach bei ihm liegen blieb. Wenn ihm vor ein paar Wochen noch jemand gesagt hätte, dass er mit einer Frau in einem Bett liegen würde und einfach nur den Moment genießen würde, nicht ans Kämpfen oder Hostus dachte, dann hätte er ihn mit Sicherheit ausgelacht. Doch Leila veränderte einfach alles. Sie war wundervoll, schön, klug und verdammt noch mal eine starke Persönlichkeit. Sie war mutiger und tapferer als er es selber war. Natürlich ging er jede Nacht nach draußen zum Kämpfen, aber er war bewaffnet und Leila hatte nie Waffen gehabt. Sie hatte nur sich selber gehabt und einen Krieg gewonnen, der so schwer und grausam war, dass er selber nicht mal hinsehen konnte, dabei kannte er den Krieg nur zu gut. Er hatte schon oft an der Front gestanden, mit einer Waffe in der Hand, egal ob Schwert oder eine Schusswaffe. Sie waren beide todbringend, die eine kaltblütiger als die andere. Er ging nie unbewaffnet los, doch sie war es. Sie hatte weder Schwert noch Schild. Er hatte Respekt vor dieser Frau und das wo er von den meisten Menschen keinen Respekt hatte, sie waren umsichtig und kaltblütig, töteten ohne Grund. Doch Leila war auf ihre starke Art und Weise auch sanft, wenn auch hin und wieder sehr impulsiv.

„Wirst du mir sagen, was passiert ist, wenn ich dich frage.“

Liam blickte zu Leila runter, sah auf ihren Kopf und lächelte. Er wollte sie nicht mehr anlügen, er wollte ihr nichts mehr verheimlich. Er wollte von nun an ehrlich zu ihr sein, denn er spürte dieses stechende Gefühl in seiner Brust, sobald er daran dachte, dass Leila ihn vielleicht verlassen konnte. Sie war schon einmal gegangen, weil er nicht ehrlich gewesen war, weil er ihr nicht alles von Anfang an gesagt hatte. Nun hatte er eine zweite Chance und wollte es richtig machen und nicht mehr zögern, weil er Angst hatte.

„Lass es uns ausprobieren.“

Sie nickte. „Was ist passiert? Warum bist du so verletzt worden? Ich dachte du wärst ein Krieger. Ich dachte sogar, du wärst der Beste. Warum wurdest du verletzt?“

„Ich bin der Beste in meinem Job Leila Sullivan“, sagte er mit Nachdruck, seine Stimme beruhigte sich aber wieder, wurde sanfter. „Ich war unachtsam, etwas was mir sonst nicht passiert. Doch etwas hatte mich abgelenkt.“

„Was?“

„Du.“

„Ich?“ Sie hob den Kopf und sah ihn fragend an. In ihren Augen erkannte er Verwirrung, war vielleicht auch überrascht, dass er bei der Antwort nicht einen Moment gezögert hatte. „Ich war doch gar nicht da.“

„Oh und wie du da warst“, widersprach er und lächelte sie an. „Du warst in meinem Kopf und in…“

Sie mochte dieses Schmunzeln in seinen Augen, es war frech und keck. Sie mochte seine ernste und kalte Seite nicht, die Seite die gerne über andere bestimmte. Sie war aber einfach schon zu lange für sich selber verantwortlich gewesen, als dass sie sich von irgendjemand etwas sagen ließ. Am Anfang hatte sie Angst vor ihm gehabt, da er mit seinen breiten Schultern ein wenig beängstigend wirkte. Aber dass seine freie Hand nun zärtlich über ihren Rücken strich, zeigte ihr nur noch mal, dass er nicht nur der Krieger war.

„Und in was?“ Sie sah ihn fragend an, keine Spur von Angst erkannte er in ihrem Blick. Sie fühlte sich bei ihm wohl. Am liebsten würde er die dunkelroten Vorhänge des Betthimmels zuziehen, damit er sie wirklich für sich hatte und sie absolut ungestört waren. Er wollte dieses wundervolle Wesen vor allem beschützen, auch wenn er wusste, dass sie sich sehr gut selber schützen konnte. Vermutlich war ihre Geist stärker als der seine. Er kämpfte weil er es als seine Berufung ansah, Leila kämpfte damals um zu überleben, sie wollte sich nicht klein kriegen lassen, wollte nicht zulassen dass dieser Mann, der ihr Vater sein sollte, ihre kleine Seele tötete.

„In meinem Herzen Leila.“

Sie hörte auf zu atmen, als sie das hörte und sie hatte das Gefühl, das ihr Herz anschwoll, schneller pumpte und größer wurde, als hätten seine Worte direkt ihr Herz berührt. Er hatte ihr gerade mehr oder weniger ihn verschlüsselten Worten gesagt, dass er sie liebte, dass er sie sehr mochte und sie in seinem Herzen einen Platz eingenommen hatte. Sie wollte den Kopf schütteln, sich von ihm lösen, weil eine Stimme in ihrem Kopf ihr sagte, dass das nur gelogen war, dass er sie eh wieder verlassen würde. So waren doch alle Kerle, die sie bisher kennen gelernt hatte, entweder logen sie sie an, spielten mit ihren Gefühlen oder verließen sie einfach wieder. Und immer wieder stand sie dann im Regen, Trauer und Verzweiflung perlten wieder auf ihr Gesicht herab und durchnässten sie mit Selbstzweifel.

„Du musst atmen, Leila“, sagte er und erst als sie ihn ansah, seine Worte ihr Gehirn erreichten, sie diese verarbeiten konnte, merkte sie, dass sie wirklich die Luft angehalten hatte. Ihr Brustkorb bewegte sich wieder und ihre Lungen füllten sich wieder mit Luft. Seine Hand streichelte wieder über ihren Rücken und sie legte ihren Kopf wieder auf seinen Brustkorb, lauschte seinem Herzen und sie prägte sich diesen Rhythmus ein. So sehr sehnte sie sich danach, dass ihre beiden Herzen gemeinsam im gleichen Takt schlagen würden. Sie blickte auf ihre Hand, wanderte mit ihren Augen ihr Handgelenk hinab und erstarrte augenblicklich. Die Narbe war verschwunden. An der Stelle wo sie sich vorhin in der Küche mit dem Messer in den Arm geschnitten hatte, war nichts mehr zu sehen. Die rosafarbene Narbe war vollkommen verschwunden und dann fiel ihr wieder ein, dass sie nicht einfach mit irgendjemanden hier im Bett lag, sondern mit Liam, einem Vampir, der offensichtlich irgendetwas mit ihr angestellt hatte. Er hatte ihr versprochen ihre Fragen zu beantworten, wenn er wieder kommen würde, doch bisher hatte sie keine der wichtigen Fragen gestellt.

„Als ich angeschossen wurde“, fing sie langsam an, sie sah ihm nicht ins Gesicht, sondern lauschte seinem Herzschlag. Sie hatte mal gehört, das man anhand des Pulses eine Lüge erkennen würde, als würde sie die Lüge auch erkennen, wenn sie mit ihrem Kopf auf seiner Brust lag. „Da bin ich gestorben, oder?“

Liam wartete einen Moment bis er zu sprechen anfing. Er wollte diesem Gespräch nicht weiter aus dem Weg gehen, dennoch fiel es ihm einfach schwer. Die Angst, dass sie sich von ihm zurückziehen würde, war zu groß und dabei hatte er sonst vor gar nichts Angst. Doch die Furcht Leila zu verlieren, war unerträglich, schlimmer als jedes Schwert mit dem man ihn durchbohrt hatte. Schlimmer als jede Kugel, die ihn getroffen hatte. „Nein, das bist du nicht.“

Sie spürte, dass er nicht log, doch es war alles so wirr und unlogisch. Sie wusste nicht was sie war und wusste auch nicht, ob sie akzeptieren konnte, was Liam ihr sagen würde, wer sie nun war. Vielleicht war sie ein Monster, eine tickende Zeitbombe, eine Gefahr für die Menschheit. Woher sollte sie das denn auch wissen? Allerdings war es nicht ihre Art so pessimistisch zu sein. Vielleicht hatte man sie ja auch mit einer Art Unversehrtbarkeits-Zauber belegt, wie in Harry Potter.

„Du bist nicht gestorben. Aber fast.“ Er zog sie fester an sich, roch an ihrem Haar und sog ihren Duft ein. „Und das ist meine Schuld, Leila. Ich habe nicht auf dich aufgepasst, ich hätte dich besser beschützen müssen. Ich…“

„Liam, ich habe dir schon mal gesagt, ich habe früh gelernt, dass man mich nicht immer vor allem beschützen kann.“ Sie sah nun auf, blickte ihn an und registrierte dass er sich das wirklich zu Herzen nahm, es ihn quälte und fertig machte. Schmerz stand ihm ins Gesicht und das war kein körperlicher Schmerz, denn seine Wunden waren inzwischen verheilt.

„Ja, das mag vielleicht stimmen und vermutlich brauchst keinen Beschützer oder Ähnliches, aber ich sehe es als meine Aufgabe.“

„Du siehst es als deine Aufgabe an, mich zu beschützen?“ Sie rollte mit den Augen, das klang voll machohaft. Natürlich fand sie es toll, dass er sie beschützen wollte, aber es gab nun mal Dinge auf der Welt vor denen man einander nicht beschützen konnte. Schlimme Dinge, da half auch keine Schusswaffe oder ein Schwert, kein Schild oder ein Panzer. Niemand hätte sie vor dem schützen können, was dieser Mann ihr angetan hatte. Sogar ihr Vertrauen in die Polizei hatte sie damals verloren. Was sollte sie denn auch schon vom Freund und Helfer denken, wenn sie den Mann der ihr und ihrer Mutter so schrecklich weh getan hatte, auf unterschiedliche Art und Weise, nicht mal festnahmen.

„Leila, es ist meine Aufgabe dich zu beschützen, ob du das nun auch so siehst oder nicht, ist zweitrangig. Es ist meine Entscheidung dich zu beschützen.“

„Du bist sehr von dir überzeugt“, meinte sie zu ihm und seufzte. Sie wollte nicht bissig zu ihm sein, doch manchmal kamen Worte über ihre Lippen, ohne dass sie über diese nachdachte.

„Ja, vielleicht bin ich das.“ Er war ihr nicht böse, sonder lächelte sogar, denn er mochte ihre impulsive Art. Er führte ihre Hände zu seinem Mund und küsste ihren Handrücken. „Lass mir dir einfach zeigen, dass man dich beschützen kann.“

Sie seufzte, blickte aber auf ihre Hand, die er immer noch mit Küssen benetzte. Sie wollte ihm ja vertrauen, ihm glauben, dass er sie beschützen wollte. Aber wie oft hatte sie solche Worte schon gehört. Wie oft hatte man ihr Dinge versprochen und sie wurden dann doch nicht eingehalten. Sie musste ihm vertrauen und sie war sich nicht sicher, ob sie schon dazu bereit war. Instinktiv wusste sie aber, dass sie ihm schon längst vertraute.



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Kommentare zu diesem Kapitel (5)

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Von:  Guardian
2010-03-11T18:39:38+00:00 11.03.2010 19:39
ohhha wie schön :D
fast schon zu toll ;)
Von:  bella-swan1
2010-02-22T12:08:50+00:00 22.02.2010 13:08
Hi super Kapi.
wer hat liam so verletzt?
Freu mich schon drauf wie es weiter geht.
lg.^^
Danke für die ENS.^^
Von:  kaya17
2010-02-21T20:45:00+00:00 21.02.2010 21:45
Tolles Kapitel (:

Die zwei sind einfach klasse :D
Von: abgemeldet
2010-02-21T17:49:44+00:00 21.02.2010 18:49
Die zwei sind so was von süß!
Ein tolles Kappi!
Und Leila vertraut ihm schon, das ist supi
Freu mich, wenns weitergeht
lg fireflys
Von: abgemeldet
2010-02-21T17:34:53+00:00 21.02.2010 18:34
Oh...das war echt n schönes kappi
voll süß die beiden
wann er wohl erzählt was sie wirklich ist und wie sie dann reagiert?
schreib schnell weiter
lg<3
nami ^-^


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