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Der Schreiber...

...legt seine Seele ins Tintenfass
von

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037 Horror

Thema 037
 

Horror
 

Ich wusste, dass er da war.

Ganz in der Nähe. Hundertprozentig.

Der Angstschweiß lief mir an der Stirn herab, aber ich traute mich nicht, ihn abzuwischen. Die Bewegung hätte seine Aufmerksamkeit wecken können. Stattdessen drückte ich mich, so unauffällig wie möglich, immer tiefer in die Wandnische.

Ich hörte die Schritte der Passanten, die ein paar Meter weiter die Hauptstraße entlang eilten. Wahrscheinlich erledigten sie noch die letzten Einkäufe vor Ladenschluss, schließlich war morgen Sonntag.

Da!

Ein Zittern durchfuhr mich und ich warf einen vorsichtigen Blick die schmale Seitengasse herab, aber sie war leer. Nur eine Ratte huschte über den schlecht asphaltierten Weg.

Aber das hieß nichts, ich wusste schließlich, dass er ein Meister im Tarnen und Verstecken war. Nur weil ich ihn nicht sehen konnte, hieß das noch lange nicht, dass er nicht da war.

Mein sechster Sinn sagte mir, dass sich dieses Monster in der Nähe aufhalten musste. Getrieben von seiner Blutgier wartete er in irgendeiner Ecke, genau wie ich darauf wartete, dass er endlich verschwand.

Oder mich tötete.

Wenn er mich fand, dann wollte ich sterben. Auf keinen Fall wollte ich auf ewig dazu verdammt sein, als Untoter über die Welt zu gehen und einem Menschen nach dem anderem das Blut aus dem Körper zu saugen.

Zu einer Kreatur der Finsternis gemacht zu werden, das war für mich die schrecklichste Vorstellung die es gab. Lieber wollte ich sterben und ihn unter Schmerzen bis zum Ende von mir trinken lassen, ohne Gegenwehr. Aber das würde nicht nötig sein, nicht wenn er mich übersah. Wenn er einfach an mir vorbei gehen würde.

Er kam näher.

Wieder war ich mir sicher.

Krampfhaft versuchte ich meinen Körper ruhig zu halten, aber mein Zittern verstärkte sich. Zu groß war die Angst vor seinen Augen und seinen Zähnen. Die Zähne eines Raubtiers.

Noch immer hörte ich die Schritte der Leute und fragte mich, wie sie so naiv sein konnten. Warum versteckten sie sich nicht? Es würde ihnen nichts bringen, aber wieso versteckten sie sich nicht in einem der Häuser?

Einfach um Überlebenswillen zu zeigen.

Einen Moment lang fuhr mir durch den Kopf, dass ich sie warnen musste. Vor dem Boten des Bösen, der sie alle innerhalb von einer Minute umbringen konnte, aber dann drückte ich mich noch tiefer in die Mauernische.

Warum sollte ich es tun? Jahrelang hatte ich es versucht und keiner hat mir zu gehört. Stattdessen hatten sie mich in eine Psychiatrie gebracht. Nicht wissend, was für einer Gefahr sie ausgesetzt waren.

Ich spürte einen kalten Luftzug und drehte mich wieder dem anderen Ende der Gasse zu, während ich versuchte, die Schritte der ahnungslosen Menschen auszublenden.

Aber es ging nicht. Ich hörte sie schwatzen und lachen. Weinen und schimpfen. Menschen halt.

Eine schreckliche Spezies und doch so einzigartig.

Sie hatten mir nicht geglaubt, keiner von ihnen obwohl ich sie gewarnt hatte.

In alle Medien bin ich gegangen, habe Artikel veröffentlicht und das Internet genutzt. Sogar einen Radioaufruf habe ich gestartet. Alles um die Menschheit vor dieser schrecklichen Bestie, die sich an all ihrem Blut laben wollte, zu warnen.

Aber hoffnungslos.

Keiner von ihnen hatte mir zugehört. Keiner war bereit gewesen der Wahrheit ins Auge zu blicken.

Stattdessen lebten sie ihr Leben weiter und genossen ihre Perfektion, ihre Macht gegenüber den anderen Lebewesen.

Wenn sie doch auf mich hören würden! Wenn sie mir doch glauben würden, dass es noch jemanden gab, der noch hundertmal intelligenter war als sie. Und das dieser Jemand ihnen auch noch nach dem Leben trachtete.

„Hier sind Sie ja endlich.“

Ich schrak zusammen und kauerte mich noch tiefer in die Ecke. Ein paar Sekunden lang wartete ich darauf, dass sich sie Zähne durch meine Haut bohrten, aber nichts geschah.

Ich öffnete die Augen und blinzelte den Mann der vor mir stand an.

Es war der Leiter der Psychiatrie. Mein Arzt.

Einer dieser Unwissenden, die mir nicht glaubte. Auch er würde sterben, früher oder später.

„Kommen Sie, wir fahren zurück zur Klinik.“

Ich schaute zu ihm hoch.

„Wir müssen sie warnen. Er ist hier.“

„Wenn er hier ist, dann sollten wir als erstes verschwinden, finden Sie nicht? Am Besten fahren wir zurück in die Klinik, dort sind Sie sicher.“

Ich schüttelte den Kopf, aber niemand beachtete es. Sie zogen mich auf die Beine und trieben mich in Richtung des Autos, wie ein Tier.

Als wir auf die breite Straße traten, schaute ich mich um. Immer noch diese unschuldigen Leute.

Ein paar Sekunden später saß ich im Fahrzeug und spürte wie der Motor ansprang.

Er würde mir folgen, schließlich wusste er, dass ich als Einziger von seiner Existenz wusste.
 

Es war dunkel, ich lag in meinem Bett und starrte an die Decke.

Ich hatte drei Stunden zu einer extra Therapie gemusst. Schließlich hatte ich Halluzination und leidete an Paranoia.

Glaubten sie alle.

Ich wusste es besser.

Dieser verdammte Vampir, es gab ihn wirklich. Das Fenster zu meiner rechten quietschte und ich schrak hoch. Wie konnte es quietschen? Ich hatte es zu gemacht.

Vorsichtig setzte ich mich auf.

Das Fenster war weit offen. Ich schlug die Bettdecke zurück, stand auf, schloss es und legte mich wieder hin.

Dann drückte ich auf den roten Knopf. Ein paar Minuten später kam eine Schwester herein.

„Jemand war in meinem Zimmer und dieser Jemand wollte mich umbringen.“

„Nein, ich bin sicher, dass niemand hier war. Sie haben bestimmt nur schlecht geträumt.“

„Doch. Er war hier. Sie wissen schon wen ich meine. Am besten ist es, wenn man sich nur noch zu zweit aufhält, ich glaube, dann greift er nicht an.“

„Ihr Vampir existiert nicht.“

„Und wenn doch?“

„Dann sind Sie hier sicher. Versuchen Sie jetzt zu schlafen.“

Dann schloss sich die Tür wieder.

Niemand glaubte mir.

Wieder quietschte das Fenster.

Ich traute mich kaum zu atmen, denn er war hier. Ich wusste es.

Ich öffnete die Augen und sah ihn über mir.

Sein dunkler Blick drang bis in mein Innerstes und sein kaltes Lächeln ließ mich versteinern, dann beugte er sich weiter zu mir herunter und ich machte mich auf den Tod gefasst.
 

Keuchen schreckte ich hoch und spürte eine Hand an meinem Arm.

„Ganz ruhig, es ist alles in Ordnung.“

Es war eine der Schwestern und am Fußende meines Bettes stand der Arzt.

„Bin ich tot?“

Er lächelte ansatzweise.

„Nein. Sie sind nicht tot.“

„Aber er war hier. Der Vampir.“

„Es gibt keinen Vampir. Am besten Sie beruhigen sich jetzt ein bisschen und kommen dann zum essen.“

Der Mann lächelte noch einmal, dieses Mal breiter, und ich sah mich um. Sofort fiel mein Blick auf das geöffnete Fenster. Ich wandte mich an die Schwester:

„Haben Sie das Fenster geöffnet?“

Sie schüttelte den Kopf. „Nein, das haben Sie wahrscheinlich gemacht, bevor sie gestern zu Bett gegangen sind.“

Die Schwester verließ das Zimmer und ich starrte mir schreckgeweiteten Augen auf das geöffnete Fenster.

Er würde wieder kommen.

Nächste Nacht.



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