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Eindrücke eines vom Aussterben bedrohten Mondkaters

von

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Geständnisse über den Rand eines Tequilaglases

Zwanzig Minuten, und einige hitzige Diskussionen später, fanden sich Artemis und Setsuna in einer Cocktailbar wieder. Er hatte sich ja deutlich für den Trost eines matschigen Hamburgers ausgesprochen. Doch offenbar brauchte seine Begleitung etwas Deftigeres, um ihr restlos zusammengekrachtes Selbstbild wenigstens scheinbar wieder zusammenzuflicken, und dazu konnte nur ein ordentlicher Tequila verhelfen. Artemis hatte an sich nichts gegen die Aussicht auf ein langwieriges und gründliches Besäufnis. Ihm machte eher die Wahl der Bar zu schaffen, in den ihn die Gruppenälteste der Senshi geschleppt hatte.

Bar war eigentlich nicht das treffende Wort. In diesem niedrigen, nur stellenweise mit grellrosa Neonlicht beleuchteten Raum, sah man eigentlich vorerst mal gar nichts. Was auch nicht weiter schade wäre, könnte man immerhin mit einem ordentlichen Trunk rechnen, der einem die Sehsinne entbehrlich machte. Leider ließ die Bedienung auf sich warten, falls es eine solche geben sollte. Nachdem sich die Augen ein wenig an diese vollgequalmte Dunkelheit gewohnt hatten, formte sich etwas wie eine Theke heraus, die allerdings ziemlich eng und aus irgendwelchem groben Holz zusammengebrettert war, und nicht so aussah, als ob sie emsig benützt würde. Es war ziemlich still, die paar unförmigen Gestalten die sich herauskristallisierten gaben wenig gescheite Töne von sich, und auf jedem Tisch stand eine kleine Schüssel mit ominös riechenden Keksen bereit, die neuen Gäste zu empfangen.

Setsuna stopfte sich gleich eine Handvoll dieser Kekse in den Mund.

“Du, ich will nicht wählerisch erscheinen, aber ich bezweifle dass diese Art von Gemeinschaftsort dich aufheitern wird”, sagte Artemis vorsichtig. “Ich kenne eine kleine, lärmige, kunterbunte Kneipe zwei Straßen weiter, und ich bin der Ansicht dass wir da wesentlich besser dran wären.”

Setsuna winkte nur müde ab.

“Wie du meinst. Aber woher kennst du diesen… Ort eigentlich, wenn ich fragen darf? Habe ich das richtig mitbekommen, oder hast du nicht am Eingang ein Passwort aufsagen müssen?”

“Richtig. Es ist eigentlich ein Clubhaus.”

“Für was?”

“Für lichtscheue Menschen die in ihrem Stammbaum irgendwo nachweisen können dass sie von Dämonen oder von Mutanten abstammen.”

“Tatsächlich? Du stammst von Dämonen ab?”

“Nicht direkt. Ein Urverwandter mütterlicherseits stammt aus dem Tartaros und war angeblich der Aufpasser auf den Höllenhund Kerberos. Das geht als Dämon durch. Was glaubst warum man mich Kriegerin der Unterwelt nennt?”

“Ich dachte immer aus Stilgründen.”

“Ach, Artemis. Naivität, einzig und allein eure Naivität hat es mir bisher erlaubt unter dem Deckmantel der asketischen und tadellosen Sailor Pluto zu walten.”

“Moment, alles mit der Ruhe. Bevor du mir irgendwelche haarsträubenden Geständnisse machst, brauch ich erstmals eine Ladung Alk. Ich bin ja herzlich gern bereit euch allen als Reißwolf für bedrückende Erinnerungen zu dienen, aber nicht ohne ein wenig Hochprozentiges. Ich bin auch nur ein Kater.”

Setsuna schnipste majestätisch mit der Hand. Augenblicklich kam ein grüne Fee herbei geschwebt, die so aussah wie eben jene auf den Absinthflaschen, nur mit dem Unterschied dass sie nackt und ihre Haut grün war, nicht ihr Gewand.

Artemis schluckte.

Die Fee verbeugte sich ehrfurchtsvoll.

“Erhabenste Pluto, womit kann ich dienen?”

“Antilopsa, bitte bring uns zwei Tequila.”

Das Wesen schwirrte geschäftig davon.

“Antilopsa? Was für ein absurder Name ist denn das?”

“Ach, sie existiert eigentlich gar nicht. Sie ist nur ein Hirngespinst von Charles Baudelaire, während seiner schlechteren Tage, hat sich aber so verfestigt, ist so intensiv gedacht worden, dass sie sich als materialisierter Tagtraum unter uns bewegen kann.”

“Ah. Nun, hauptsache der Tequila ist echt.”

Schon kam das Ding erneut heran, zwei Tequilagläschen wie Schäfchen hinter sich her führend. Artemis schnupperte misstrauisch daran.

“Naja, ich will mal bescheiden sein. Also Setsu-san, was geht?”

“Nichts geht, wenn du es genau wissen willst. Doch Freundchen, ehe ich dir irgendetwas weiteres anvertrauen werde, was mich komprimittieren könnte, sag mir gefälligst was du in diesem Zimmer verloren hattest.”

Verdammt. Eine Ausrede zu dem Thema hatte er sich noch überhaupt nicht überlegt.

“Du musst verstehen… Ich… Also… Hotaru hat mich geschickt!”

Setsuna wurde kreidebleich.

“Was? Sie weiß von all dem?”

“Das nicht, das nicht…Nur fühlte sie sich in der letzten Zeit so einsam…Vernachlässigt…Spürte bei ihrer hohen Sensibilität dass es ihrer Ziehmutter nicht gut geht…Ja, sie macht sich Sorgen um dich, und da hat sie mich los geschickt, dir nachzuspionieren. Ich in meiner Gestalt kann das nunmal gut, und setze es auch nur dann ein, wenn es wirklich, wirklich nötig ist. Der Zweck heiligt die Mittel.”

“Verstehe.”

Puh. Gottseidank schien ihr Liebeskummer ihre sonst so scharfe Deduktionskraft auf Urlaub zu schicken. Im Ernst, welcher Idiot würde ausgerechnet ihn in empfindlichen Familiengeschichten auf den Plan schicken?

“Artemis, du musst mir versprechen ihr nie etwas von dem zu erzählen, was du vorhin gesehen hast, noch von dem, was ich dir jetzt erzählen werde. Es würde ihr junges, blühendes Gemüt vergiften.”

Himmel, war die pathetisch drauf. Setsuna war ja für ihre umständlichen Reden bekannt, aber das hier schlug dem lexikalischen Fass den Boden aus.

“Ich bin von Geburt und Bestimmung her eine Sailorkriegerin. Das kann mir niemand nehmen, das ist Fakt. Allerdings war ich als junge Schülerin in Charon so verdorben und ungezogen, alkoholisiert und männersüchtig, den philosophischen Schulen von Nihilisten und weltverneinenden Genies verschrieben, dass man mich früh bestrafte, und mir die mühsame und langweilige Pflicht zuwies, das Tor der Zeit zu bewachen.”

“Ist das so anstrengend?”

“Zum Kotzen ist es.”

Artemis verschluckte sich fast an seiner Zitrone. Solch ein Wort aus deren Mund, das war wie Amy beim Crack anräuchern vorzufinden.

“Mondkater, du hast keine Vorstellung davon. Totenstille, nicht ein Lüftchen das über deine Wange geht, und die Sterne hängen auf eine Weise tot und unbelichtet im Raum, dass du glatt Lust kriegst dich im nächsten Weier zu ertränken, wenn es denn einen solchen geben würde. Die Sonne scheint ja nicht bis zu diesem verfluchten Stern durch, dessen Planetentitel sie ihm mit Recht abgesagt haben! Saukalt ist es dort. Und dann nichts als Wüste und dieses blöde Tor! Und bis ins Unendliche!”

Artemis winkte das grüne Viech nochmal herbei, und bestellte gleich sechs Tequila auf einmal.

“Es war eine furchtbare Strafe. Nun, den Verdienst hatte sie dass sie mir auf nicht absehbare Zeit all meine Laster austrieb. Als sich dann endlich die helfende Hand einer alten Sailorkriegerin nach mir ausstreckte, und mich beauftragte, die Kriegerinnen des äusseren Sonnensystems anzuführen, war ich voller Eifer und schwor mir wie eine Mönchin zu leben. Oh, ich habe manchmal über die Stränge geschlagen, das kann ich dir sagen. Ich konnte keine Männer mehr sehen, aus Angst ihnen wieder zu verfallen. Ich habe Uranus und Neptun sogar einen Eid schwören lassen, dass wenn sie sich im Notfall nicht mehr beherrschen können, sich dann gegenseitig abzukühlen, als Ausnahmefall. Jeder anderer sexueller Partner ist ihnen bis heute untersagt, durch diesen Eid. Kannst du das fassen?”

“Nun, darauf kommen wir später nochmal zurück. Wie kommt denn nun Diamond ins Spiel, wenn ich die Geschichte ein wenig vorantreiben darf?”

Setsuna kippte nervös einen Tequila nach.

“Wir kennen uns schon länger. Schon im heftigen Krieg der Zukunft, während dem Neo Königin Serenity sich seiner Liebesattacken erwehren musste, bin ich ihm restlos verfallen. Ich war der Königin engste Beraterin und wurde als Botschafterin zwischen ihm und ihr hin und her geschickt. Wie oft musste ich in seinen Thronsaal eindringen, um ihm erneut einen Korb mitzuteilen. Jedesmal fand ich mich allein mit ihm, da ja niemand seiner Untertanen davon Wind bekommen durfte. Er wurde so wütend, und reagierte wie ein enttäuschtes Kind, dem man etwas verweigerte. Und da er sich irgendwie austoben musste, durfte ich augenblicklich dran glauben. Und ich glaubte dran, und mit was für Inbrunst! Ja, er verkörpert alles was mein früheres Ich begehrte, Lust ohne Liebe, Treulosigkeit, Trinksucht, Spielsucht, ein schönes Aussehen und ein schlechter Kern, Intelligenz die nur zum intrigieren ausgespielt wird….Ach Gott, mir wird ganz heiß.”

“Und wo genau liegt dein Problem?”

Setsuna starrte ihn ungläubig an.

“Bist du bei Sinnen?”

“Absolut. Sieh dir Minako an. Die hat schon alle möglichen Bösewichte aller fünf Staffeln inklusive der Specials in unserem Zimmer beherbergt, und ich kann dir sagen, es ist ihr mehr als egal, es kommt ihr nicht mal in den Sinn, so etwas wie Reue zu empfinden. In ihrem Hirn gibt es keine Sensoren dafür.”

“Nun, in meinem schon, Wertester, und dass wir den Inners mit dem guten Beispiel voran gehen, umsonst übrigens, brauche ich dir wohl nicht zu erklären.”

Setsuna wurde langsam sichtlich besoffen, und begann auf ihr unähnliche Art mit dem Zeigefinger herumzuschwenken.

“Kleine Dilettantinnen sind das. Guck dir mal meine Michi…und meine…Haru an, wie die sich brav aneinander halten. Glaubst du Naoko hat uns zum Spaß vermittelt dass im Manga alle außer Usagi keinen Mann kriegen? He? Und was machen diese Ungläubigen? Nehmen sich einfach das Recht heraus auf…auf…Ach diese Glücklichen…”

Zu Artemis enormen Missvergnügen stützte Setsuna den Kopf in die Hände und heulte los.

“Ich bin geistig und moralisch ruiniert. Wie werde ich Haruka und Michiru noch in die Augen sehen können?”

Wunderbar. Genau an dem Punkt konnte er nun die Führung übernehmen.

Artemis räusperte sich umständlich.

“Setsuna-san, du weißt, wir waren nie die besten Freunde, und zu meinem Bedauern muss ich dir ankündigen, dass wir es wohl auch heute nicht werden sollen. Ich bin leider mit der Aufgabe gesegnet dich erpressen zu müssen, und ich habe gute Gründe das zu tun.”

Schlagartig hörte sie auf zu weinen. Ihr Gesicht versteinerte sich.

“Ich mach es kurz. Haruka hat sich vorige Nacht auf mir unangenehme Weise an meiner Minako vergangen. Da dieser Umstand nun unglücklicherweise euren Pakt bricht, ist sie erschüttert, und zu Verzweiflungstaten bereit. Um das zu verhindern, und auch aus anderen persönlichen Interessen, habe ich mich bereit erklärt, ein wenig Öl ins Feuer zu werfen, und deine Rache zu verhindern. Nun, ich glaube den Rest kannst du dir nun selbst zusammenreimen.”

Setsunas violette Augen färbten sich plötzlich auf beunruhigende Weise tiefschwarz. Ihr Gesicht begann zu verbleichen, und um Artemis herum wurde es siedenheiß. Langsam aber sicher ergriff ihn die Ohnmacht, als sich zwei Hände um seinen Hals schnürten, und ihn zusätzlich würgten.

“Poo!”

Auf der Stelle war alles wieder normal.

Vor ihrem Tisch standen Chibi-Usa und Hotaru.

“Und Artemis auch? Was macht ihr denn da?”

“Nun, dasselbe könnte ich euch fragen”, sagte Setsuna bemüht ruhig. “Hotaru, du hast eigentlich Hausarrest in der Zukunft. Wie bist du entkommen?”

“Ach Poo, Hotaru wollte mich in dieses Clubhaus einweihen. Ich hab Luna-P gebeten sie wieder her zu holen, ich weiß mich allein nicht zu beschäftigen. Shinji hat uns auf sein Fussballturnier eingeladen, aber dort ist es zum Sterben langweilig, trotz Hauptattraktion Wakabayashi. Ausserdem gibt’s hier anscheinend sauguten Shit.”

“Kommt, setzt euch, ihr Lieben”, rief Artemis übertrieben freundlich. “Ich wollte sowieso gerade gehen. Setsu, altes Haus, die nächste Runde geht auf mich.”

Er warf Hotaru noch kurz einen dankbaren Blick zu, welche ihm verstohlen zublinzelte. Dann sah er zu dass er sich verfutzelte.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von: robin-chan
2007-08-25T08:42:45+00:00 25.08.2007 10:42
*laaaaach* Oh man..genial XDDD
Noch besser als das vorige.
Setsuna schlägt ja wohl alles.

gglg robin-chan
Von: abgemeldet
2007-08-25T04:44:08+00:00 25.08.2007 06:44
*looooooooooooooooooooooooool* Hammer! Aber jetzt muß ich zur Arbeit los...


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