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Looking for Freedom Erfurt, Wohnung

Autor:  Hoellenhund

Die Suche nach einer neuen Wohnung ist wohl immer ein Stück Abenteuer voller (böser) Überraschungen.

Gestern (Mittwoch) sind wir - abgemeldet, meine Mutter und ich - nach Erfurt gefahren, um dort Zweizimmerwohnungen zu besichtigen. Wir kamen kurz vor 9.00Uhr dort an und hatten fünf Termine für diesen Tag.

Der erste Termin war um 9.00Uhr - eine besonders große Zweiraumwohnung in der Bodestraße, nahe des kleinen Verkehrsknotenpunkts "Leibziger Platz", also sehr zentral gelegen, aber nicht an einer vielbefahrenen Hauptstraße, sondern etwas nach hinten versetzt.
Wir stranden vor dem angegebenen Haus, die Maklerin war noch nicht da, und bewunderten dessen Fassade. Ein wunderschön zurecht gemachter Altbau mit beeindruckend hohen Fenstern. Ja, das könnte doch gleich etwas sein.
Als dann die Maklerin bei aufschlug, erklärte sie uns nach einer kurzen Begrüßung, dass sie sich "in der Hausnummer geirrt" habe. Wer's glaubt wird seelig.
Das tatsächliche Haus, in dem die Wohnung leer steht, befand sich dann zwei Häuser weiter in einem Gebäude, das man eher als "alt" denn "imposant" beschreiben würde.
Aber gut. Manchmal trügt der Schein - aber schon als wir hinein kamen, wirkte das Treppenhaus ungepflegt und vergammelt. Die Wohnung war im 3. oder 4. OG und als wir hinein kamen, traf und gleich zweifach der Schlag:
Erst einmal war es so heiß, dass man es kaum aushalten konnte. Und es war gerade mal 9.00Uhr morgens! Natürlich gab es auch keinen Balkon, um der Hitze zu entkommen.
Und dann der Zustand der Wohnung: Unmöglich! Offenbar stand sie schon lange, laaange frei und der Vermieter hatte sich nicht einmal dazu herabgelassen, irgendwas zu renovieren! Von den Türen blätterte die Farbe, der Boden war mit gammeligen Holzdielen belegt, die Decke wies Risse auf, die Fußbodenleisten waren einfach nur untragbar und das schärfste: In einem Türrahmen war eine Kritzelei à la "Ich war hier, 2007".
Also entschuldigung! So aber nicht.
Lediglich Küche und Bad wirkten ganz okay, könnten aber auch mal wieder geputzt werden.

Der zweite Termin war etwas ab vom Schuss - in dem Vorörtchen Ilversgehoven. Also die Verkehrsanbindung zum Hauptbahnhof war dann schon mal nicht so berauschend - und wir werden jeden Tag zum HBF müssen, da ich in Weimar und abgemeldet in Ilmenau studieren wird - also niemand von uns in Erfurt selbst.
Die Wohngegend war und gleich suspekt. Es gab ein seltsames Mischmasch aus hohen, vergammelten Plattenbauten und schönen "kleinen" halbwegs gepflegten Häusen. Da unsere Wohnung allerdings in einem der eher gepflegten Häusern lag, ließen wir uns davon nicht so sehr beeinflussen.
Allerdings hat es uns schon stutzig gemacht, dass bereits morgens um kurz vor 10.00Uhr (als wir den Termin hatten) seltsame Gestalten mit Bierflaschen an der Straße standen und wir erst am Morgen im Zug in der Thüringer Zeitung gelesen hatten, dass man in Ilversgehofen eingebrochen hatte.
Die Wohnung selbst war von innen superschön. Sehr offen geschnitten und gepflegt. Es war noch möbliert, aber auf Wunsch hätten die Möbel entfernt werden können.
Das wäre nun ja doch eine gewisse Überlegung wert gewesen. ABER: Die Wohnung war mit nur 39m² die kleinste, die wir besichtigten und gleichzeitig, mit über 400€ warm, die teuerste.
Also hatte sich das auch erledigt - die Wohnung war für zwei Studenten mit Hab und Gut einfach zu klein, vor allem da viel Fläche als rundlicher Flur drauf ging - da gab es keine Diskussion.

Den dritten Termin hatten wir eine Stunde später um 11.00Uhr an der Stauffenbergallee - wie wir spätestens, als wir dort aufschlugen, wussten, eine der Hauptverkehrsstraßen Erfurts. Wir konnten vor dem Haus nur schreiend kommunizieren.
Gut, das hätte man mit Fenstern mit Mehrfachverglasung und ein Schlafzimmer zum Innenhof vielleicht ertragen können. Das Haus machte auch einen recht gepfelgten Eindruck. Aber: Es stank unglaublich nach Fisch.
Woher das? Ganz einfach, direkt links daneben stand ein Abrisshaus- wirklich ein ABRISShaus. Die Fensterscheiben waren teilweise eingeschlagen, das Glas so alt und vergilbt, dass es wohl einem Gegenpusten kaum noch Stand gehalten hätte. Das Gebäude wirkte vermodert, die Türen hingen mehr schlecht als Recht in den Angeln und es stand bis auf eine Partei vollkommen leer. Und diese eine Partei bestand aus zwei ausländischstammigen Mitbürgern, die sich lauthals schreiend - einer aus dem Fenster, einer unten auf der Straße - miteinander kommunizierten... oder so etwas ähnliches.
Da wir gut eine halbe Stunde zu früh vor dem Haus standen, hatten wir Zeit, die Atmosphäre zu genießen. Als dann der eine Mitbürger an uns vorbei ging und einfach neugierig glotzend vor uns stehen blieb, warfen wir noch einen Blick in den Hinterhof, den man von außen erreichen konnte, der zwar optisch schön, geruchlich aber anwidernd war, suchten wir das Weite, ohne den Termin warzunehmen...

Nun hatten wir bereits 3 von 5 Wohnungen gesehen, die allesamt auf ihre eigene Weise katastrophal gewesen waren, und verloren allmählich den Mut.
Was tun, wenn wir nun extra aus Hannover angereist waren, und keine Wohnung fänden?
Auf der Hinfahrt hatten wir im Zug besagte Thüringer Tageszeitung gefunden, da waren noch einige Wohnungen drin. Die wollten wir im Falle eines Falles noch einmal anrufen und um einen Termin am heutigen Tage bitten.

Da ein Termin ausgefallen war, hatten wir noch etwas Zeit und fuhren wir zurück zum Anger - dem zentralen Verkehrsknoten und dem Verkaufszentrum Erfurts (so wie bei uns in Hannover der Kröpke oder in Berlin der Alex) und aßen erst einmal bei McDonalds.
Nur nicht den Mut verlieren: Wir hatten immerhin noch zwei Wohnungen, die sehr nahe am HBF liegen sollten. Eine hatten wir den Samstag zuvor in der Zeitung gefunden, die andere lag über einer Arztpraxis und wurde uns durch einen Makler vermittelt.

Der nächste Termin war also um 11.30Uhr in der Löbervorstadt.
Wir fuhren vom Anger mit der Straßenbahn und mussten dann noch ein ordentliches Stückchen zu Fuß gehen - durch eine wirklich hinreißende Wohngegend. Die Straßen waren ruhig und mit neueren aber eher kleinen Autos zugeparkt, alles war gepfelgt und ordentlich und wunderschöne sanierte Altbauten mit 4-5 Geschossen säumten den Weg.
Aber noch waren wir ja nicht in unserer Straße angekommen.
"Passt mal auf. Gleich biegen wir um die Ecke und landen bei den Plattenbauten", sagten wir uns immer wieder, bis wir schließlich in der Straße ankamen - die sich aber tatsächlich nicht von dem Bild des vorigen Viertels unterschied!
Gut, unser Haus als einziges in der Straße, hätte mal wieder einen neuen Anstrich auf seinen Ärkerchen vertragen können. Aber hey - wir gucken schließlich raus, auf das schicke neue Gebäude gegenüber, nicht hinen.
Wir hatten reichlich Zeit darüber nachzudenken, denn der Mitmieter, der uns freundlicherweise die Wohnung zeigen wollte, kam ca. 30 Minuten zu spät. Wir hatten ihn vorher aber auf dem Handy erreicht - er hat einen Job, bei dem er viel herumfahren muss. Da haben wir es ihm nicht übel genommen - vor allem war es ja gar nicht der Vermieter.
Als er dann kam, entpuppte er sich als supernetter Mann in den Vierzigern, der uns erst einmal belustigt fragte, ob wir den Sperrmüll noch gesehen hätten, den sie am Tag zuvor an die Straße gestellt hatten - denn die Wohnung war vom Vormieter wohl fluchtartig verlassen worden - er hatte einfach alles da gelassen!
Anzurechnen: Die Mieter selbst haben die Möbel vor die Straße gestellt und den Sperrmüll bestellt, nicht der Vermieter und der Mitmieter, der uns die Wohnung zeigte, hatte schon mit dem neuen Anstrich begonnen. Er wollte tatsächlich von uns wissen, ob wir die Küche lieber gelb oder weiß haben wollten *lach*
Die Wohnung war in einem optimalen Zustand, nur im Flur musste noch mal neu gestrichen werden, aber das war ja nun in Arbeit. Sie lag übrigens im Erdgeschoss zur Sonnenseite, lag allerdings durch Bäume vor dem Haus im Schatten, war aber trotzdem hell und freundlich und dadurch natürlich schön kühl!
Es gab einen "100 Jahre alten" Keller, wie der Mitmieter verkündete, der zwar wirklich alt und etwas schmuddelig war, aber den Charme eines alten Weinkellers hatte und einen schönen Innenhof, auf dem wir in der Sonne sitzen und uns eine eigene Sitzecke einrichten könnten.
Geht's noch besser? Klar - die Fenster waren von Marke Energiesparend - doppelt verglast mit einer Gasschicht dazwischen, jeder Mieter hat eine eigene Gasterme, das Band war mit Fenster und Badewanne, so geräumig, dass auch eine Waschmaschine hinein passte und die Küche so groß, dass eine kleine Sitzecke wohl hinein passt.
Der einzige Nachteil: Die beiden Zimmer. Das eine ist sehr groß, das andere dafür sehr klein geschnitten, sodass man wohl nicht in Wohn- und Schlafbereich teilen können wird, da in das kleine Zimmer kein Doppelbett hinein passt.
Das war wohl der einzige Grund, aus dem die Wohnung nicht längst weg war. Es waren schon viele sehr interessierte Menschen da, aber niemand hatte fest zugesagt. Das erledigten wir nun. Wir konnten von unserem Mitmieter nun ja leider keinen Vertrag bekommen, aber Samstag fahren wir noch einmal nach Erfurt - zum Ausmessen und unterschreiben. Ich hoffe, alles klappt, denn wir haben bei der Besichtigung schon mal 3 Nachbarn kennen gelernt und die waren alle supernett. Ganz oben wohnt eine Familie mit Kindern, sodass laut Biene Maja durch den Hof schallte, darunter der nette Hausmeister-artige Mieter, der uns die Wohnung gezeigt hat, dann noch zwei junge Männer und ein alter Mann mit Familie, dem das Haus früher einmal gehört hat und der wohl noch ein wenig auf dem Stand "mein Haus" ist.
Insgesamt wirklich eine tolle atmosphäre. Die Vermietung geht nicht über einen Makler, daher gibt es keine Provision zu entrichten  und - tja, wir haben hinterher herausgefunden, dass man zu Fuß nur 5 Minuten zum HBF braucht - wenn man weiß wie. Und eine Bushaltestelle nur 100 Meter entfernt um die Ecke gibt es auch noch.

Die Wohnung liegt in der Löbervorstadt von Erfurt, eigentlich nur durch den wunderschönen Stadtpark vom Hauptbahnhof getrennt:

Drückt uns die Daumen, dass wir die Wohnung wirklich bekommen, dann kommen Samstag auch weitere Fotos ^.~

Die letzte Wohnung über der Arztpraxis haben wir uns dann gar nicht mehr angesehen.



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