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Die Karten legt das Schicksal

von

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Erste Lügen

Wir hatten gerade zu Abend gegessen und es war immer noch schön Zeit mit Madeline zu verbringen. Der Regen hatte aufgehört, sobald wir Zuhause waren und es schien eine trockene Nacht zu werden. Das Essen, was sie sich rausgesucht hatte, schmeckte erstaunlich gut und nach dem Abräumen half ich ihr beim Zimmer aufräumen. Alleine schaffte sie es noch nicht, dafür war sie einfach noch etwas zu jung. Die Wände ihres Zimmers hatten Brian und ich gestrichen, noch bevor sie auf der Welt war. Ich wollte nicht, dass sie ein rosa Zimmer bekam, also wurde eine Wand in einem hellen und sehr freundlichem grün gestrichen. Auf halber Höhe, hatten wir eine Borte anbringen lassen mit Blumen und Schmetterlingen. Brian hatte sich damals richtig ausgetobt. Er konnte so etwas immer besser, als ich.

Seither hatte sich nicht viel geändert. Aus der Wiege wurde ein Bett und am Platz der Wickelkommode stand nun eine Kommode. Einige Bilder von Hunden waren an der Wand. Ihre liebsten Hunde hatten langes und weiches Fell. Was das für eine Rasse war, dass wusste ich nicht. Die Möbel waren alle aus einem hellen Holz und ließen das Zimmer warm und einladend wirken. Auf dem Boden lag ein heller beiger Teppich und einige Spielzeuge standen herum. Duplobausteine und Einhornfiguren waren im Zimmer verteilt und einige Stofftiere saßen herum. Wenn ich nicht darauf achten würde, wäre das Zimmer von Madeline viel chaotischer.

Ich hielt Madeline gerade den Eimer für die Duplosachen hin, als es unten an der Tür klingelte. Überrascht sah ich auf und meinte: „Räum du weiter die Steine da rein, ich schau mal, wer da an der Tür ist.“ Mit großen grünen Augen sah mich Maddy an und ich wusste, dass sie gleich von oben an der Treppe schauen würde, wer vor der Tür stand.

Als ich die Haustür öffnete, sah ich in das rundliche und fröhliche Gesicht meines besten Freundes. Er hatte sich rasiert und seine hellbraunen Haare hingen ihm etwas verschwitzt ins Gesicht. Ich blickte auf den Helm in seiner Hand und sah sein Fahrrad hinter ihm in der Einfahrt stehen. „Hey!“, meinte er freundlich und klopfte mir auf die Schulter, „War gerade eine Runde am Fahren und dachte, ich komme einfach mal vorbei. Oder stör ich?“ Ich lachte leise und schüttelte den Kopf. Ich sagte ihm sofort, dass er reinkommen konnte. Phil war genauso groß wie ich. Wir sahen einander ähnlich und häufiger hatte man uns für Geschwister gehalten. Er hatte wie ich einen sportlichen Körperbau und eine gerade Nase im Gesicht. Das einzige auffällige, was uns neben der unterschiedlichen Haarfarben unterschied war sein etwas rundliche Gesicht.

„Onkel Phil“, rief Madeline von oben und ich hörte, wie sie die Treppe hinuntersprang. Ich schmunzelte leicht und sah zu, wie Phil meine Tochter fröhlich begrüßte. „Was machst du hier?“, wollte sie sofort wissen und sah ihn mit großen Augen dabei zu, wie er begann sich die Jacke auszuziehen. „Sarah ist bei ihren Eltern und ich dachte mir, dann besuche ich mal mein Lieblingsmädchen“, scherzte er und zwinkerte Madeline fröhlich zu. Ich schmunzelte, als ich sah, wie Madeline fast schon ein wenig verlegen die Hände auf den Mund presste und vor sich hin kicherte. „Bleibst du, bis ich im Bett bin?“, fragte sie und immer wieder kicherte sie. Phils blaue Augen suchten die Meinen und als er mich fragend ansah, nickte ich nur. „Madeline muss nur gleich baden, beziehungsweise einmal duschen und Haare waschen“, meinte ich und als ich ein genervtes Seufzen von meiner Kleinen hörte wusste ich, dass sie darauf keine Lust hatte. „Es muss trotzdem sein“, mahnte ich sie mit strenger Stimme. „Wir räumen auch gerade das Chaoszimmer auf“, sagte ich und deutete Madeline an, dass sie wieder nach oben gehen sollte.

„Soll ich mithelfen?“, fragte Phil und fügte hinzu, „ich habe mich schließlich auch nicht angekündigt.“ Sofort nickte Madeline und als ich sie streng musterte meinte sie schulterzuckend: „Was denn? Onkel Phil will doch helfen. Dann komm mal mit, dann zeige ich dir, wie das funktioniert.“ Mit diesen Worten, drehte sich meine kleine Tochter um und ging die Treppe, so schnell es ihre kleinen Beine erlaubten, hinauf. „Komm schon Onkel Phil, die Sachen räumen sich nicht von alleine weg!“, rief sie fröhlich und leise lachend folgten wie ihr hinauf. Das sie meine Sprüche einfach so wiederholte war schon niedlich.

Natürlich, musste sie ihm zu den ganzen Spielsachen etwas erzählen, doch als ich sie wütend anfuhr, dass sie endlich fertig werden sollte, räumte sie schmollend auf. Schnell duschte ich sie ab, während Phil unten auf uns wartete und pünktlich um halb acht sahen wir uns Madelines Lieblingsserie an. Später als sonst lag sie im Bett und endlich um halb neun saß ich unten mit Phil alleine.

„Wirklich schön, dass du gekommen bist“, meinte ich grinsend und reichte ihm ein kühles Bier. Er nickte mir dankend zu und trank einen Schluck. „Sarah war heute beim Arzt“, begann er ruhig zu sprechen, doch wie er klang, schien nichts Schlimmes geschehen zu sein. Auch ich hatte mir einen kräftigen Schluck gegönnt und fragte: „Und? Alles gut mit dem Baby?“ Sofort nickte Phil und ein stolzer Ausdruck erschien auf seinem Gesicht. „Es wird ein Junge“, berichtete er stolz und ich sah, wie seine Augen glänzten. Ich wusste, dass er gerne einen Sohn haben wollte und es freute mich sehr für meinen besten Freund. Ich klopfte ihm auf die Schulter und sagte: „Das ist doch toll! Das freut mich für dich! Habt ihr denn schon einen Namen?“ Er lachte leise und nickte sofort. „Ja. Jonathan“, meinte er schmunzelnd und ich sagte ihm sofort, dass mir der Name gefiel.

Ich hatte mir damals auch eher einen Jungen gewünscht, doch eigentlich war ich nur erleichtert, dass Madeline ein gesundes Kind ist. Klar, ich kann immer noch nicht viel mit typischen Mädchenkram anfangen, doch dann lernte ich es eben, oder es gab einfach keinen typischen Mädchenkram. Schließlich entschieden doch eigentlich wir, was typisch Junge oder Mädchen ist. „Also eigentlich“, redete Phil weiter, „soll er Jonathan Phil Segal heißen! Madeline hat doch auch einen zweiten Vornamen, oder?“ Ich nickte. Viele Amerikaner hatten zwei Vornamen, es war also nicht wirklich ungewöhnlich. Madeline und ich waren dabei keine Ausnahme. „Ja hat sie. Madeline Isabella Prescot“, sagte ich sofort. Tatsächlich hatten sich Brian und ich nie wegen ihres Namens gestritten. Uns beiden gefiel der Name, also nahmen wir ihn! Ich wollte etwas klassisches, aber nichts, was in meinen Ohren zu alt und abgedreht klang. Einfach ein Name der ihr später keine Probleme bereiten würde. „Ach ja“, hörte ich Phil sinnieren und er grinste mich zufrieden an. Scherzhaft meinte ich, dass ich den vollen Name nur benutze, wenn ich sauer auf sie bin.

Verschwörerisch sahen wir uns in die Augen, eher wir beide einen Schlick des Bieres tranken. Wir kannten dieses Verhalten schließlich zur Genüge von unseren Eltern.

„Ich kann es kaum erwarten, bis der Kleine endlich da ist“, meinte Phil fröhlich und wie er mich so offen und glücklich angrinste, konnte ich ihn mir als einen guten, sogar sehr guten Vater vorstellen. Er und Sarah würden gute Eltern werden, da war ich mir sicher.

Wir schwiegen kurz und nach einem Augenblick begann ich Phil von dem Brief von Brian zu erzählen. Es war gut, dass ich endlich mit jemanden darüber reden konnte, wie es für mich war. Wie plötzlich und unerwartet dieser kam und dass er nun das Sorgerecht für seine Tochter haben wollte. „Kann er das denn?“, wollte Phil sofort wissen und fuhr wütend fort, „Dieser blöde Hurensohn. Erst verpisst er sich einfach und jetzt kommt er mit so einem Scheiß um die Ecke.“ Ich nickte nur und nach einem Augenblick erklärte ich: „Eigentlich hat er kaum eine Chance. Damals als wir uns getrennt hatten, war er schließlich einfach verschwunden. Erst als er mit einem Anwalt wegen der Scheidung kam, bekam ich von ihm eine Erklärung. Ein Schreiben in dem steht, dass ich alle Angelegenheiten bezüglich Madeline alleine entscheiden kann. Er hat also das Sorgerecht abgegeben…. Das Problem das ich habe ist, dass es nur zwischen uns geregelt wurde und nie von einem Gericht. Das entscheidet erst, wenn sich Eltern nicht einigen können. Das ist jetzt anders… Aber seit einigen Jahren gibt es ein Kinderschutzgesetz, das besagt, dass das Kind dort bleibt, wo es sich am längsten aufgehalten hat. Natürlich, wenn es da nicht in Gefahr ist, aber ich denke, dass ist verständlich.“ Phil nickte nur und runzelte die Stirn.

Er faltete seine Hände vor dem Gesicht und betrachtete mich nachdenklich. „Und warum, macht er es dann?“, wollte er nachdenklich wissen. Spöttisch lachte ich und meinte mit Verachtung in der Stimme: „Er ist jetzt auf einem Bibeltrip und ist plötzlich der Meinung, dass ein Homosexueller kein Kind erziehen sollte. Er trägt jetzt ein Kreuz und ist mit einer Frau zusammen und Pastor Graham und Gott sind jetzt auf seiner Seite….“

Der Blick, den Phil mir schenkte war Gold wert. Jegliche Gesichtszüge entglitten meinem besten Freund und perplex starrte er mich an. Es schien, als habe ihn meine Aussage sprachlos werden lassen. „Das ist der größte Schwachsinn, den ich je gehörte habe“, sagte er nach einem Augenblick der Stille und wäre die Situation nicht so beschissen für mich, hätte ich darüber lachen können. „Ja, ist es“, bestätigte ich seine Aussage und verdrehte fast schon genervt die Augen, während ich weiter sprach. „Das nervige ist einfach, dass es total unnötig ist. Er wird nicht gewinnen und es bringt nur Unruhe in unser Leben. Vermutlich möchte er einfach nur wieder das geteilte Sorgerecht und versucht zunächst den ganzen Kuchen an sich zu reißen. Aber auch das möchte ich eigentlich nicht! Es ist einfach scheiße und dann auch noch dieser Bibelscheiß. Ernsthaft, das er jetzt so etwas meint, ist doch total heuchlerisch. Als ob er die ganzen Jahre mit mir auf Drogen war…“ Phil schüttelte nur den Kopf und nach einem Moment meinte er fast schon schmunzelnd: „Vielleicht hast du das ja einfach nur nicht bemerkt.“

Ein böses, fast schon grimmiges Lachen stahl sich auf meinen Lippen. Ich strich mir etwas wirsch durch meine schwarzen Haare und meinte: „Klar, dass erklärt auch, warum er so scharf auf meinem Schwanz war… Waren alles Drogen. Klar…“ Ich redete eigentlich nie wirklich aus dem Nähkästchen. Es ging niemanden etwas an, wie und was ich im Bett machte. Doch bei Phil konnte ich es einfach machen. Ohne, dass es falsch wirkte.

„Siehst du!“, meinte er mit gespielt ernster Stimme, „All diese verdammten Drogen, sage ich dir.“ Ich lachte leise und schüttelte den Kopf. „Na ja, aber mal Spaß beiseite“, meinte ich und meine Stimme wurde ernst. „Es ist schon scheiße. Wenn er es wirklich ernst meint, wird er zum Gericht gehen und da einen beschissenen Antrag stellen. Wenn er echt alles ins Rollen bringt, muss am Ende noch ein Gutachter kommen. Wenn der dann bescheinigt, dass es Madeline nicht schaden würde, auch mit Brian Kontakt zu haben, werde ich kaum verhindern können, dass er sie regelmäßig sehen darf.“

Nachdenklich strich sich Phil über seine Falten an der Stirn und atmete schwer und gedankenverloren durch. „Hm… Na ja, es gibt viele Eltern, die das Kind dann nicht herausgeben, wenn es zu Besuchskontakten gehen soll“, meinte er ruhig und als würde diese Herangehensweise nicht noch mehr Öl in eine lodernde Flamme werfen.

„Ich schau jetzt erst einmal, wie sich der ganze Scheiß entwickelt“, erwiderte ich ruhig. Natürlich hatte ich an so etwas gedacht. Doch was würde es mit sich bringen? War das klug oder würde ich Madeline damit nur in eine unangenehme Situation bringen? Wenn es bedeutete, dass Brian und ich uns jedes Jahr vor Gericht wieder sahen, wollte ich das meiner kleinen Tochter nicht antun. Sie konnte nichts für den Streit und anders als Brian schien mir dies auch bewusst. Sie war in dieser Konstellation das Opfer und ich wollte sie einfach davor beschützen, als Punchingball hin und her geschoben zu werden.

„Gibt es denn sonst was Neues?“, wollte Phil dann wissen. Gerade, als ich den Kopf schütteln wollte fiel mir Paul ein. „Ich hab jemanden kennen gelernt. Wir waren heute zusammen Mittagessen. In dem Café in der Nähe vom Gericht“, meinte ich erklärend und sofort wusste Phil, welches ich meinte. „Okay, war das der Schwarze, von dem du mal erzählt hattest“, wollte er nachdenklich wissen und als er von Alex sprach, schüttelte ich sofort den Kopf. „Nein, das mit ihm war… was Lockeres. Der wollte keine Beziehung.“ Phil nickte nach einem Augenblick und ich war ihm dankbar, dass er nicht weiter nachfragte. Er kannte meine Probleme mit den Männern.

„Okay. Also schon wieder jemand Neues. Mann, du lässt ja kaum etwas anbrennen“, scherzte er und ein schräges Grinsen schlich auf meine Lippen. Ich zuckte mit den Schultern und wie ein Gentleman schwieg ich dazu.

Erst nach einem Augenblick sagte ich ruhig: „Er ist nett, ist Polizist und etwa in meinem Alter. Passt also eigentlich. Hätte heute aber die Verabredung vergessen, wenn mein Handy mich nicht daran erinnert hätte.“ Lauthals lachte Phil und als er sagte, was wir heutzutage ohne dieses Ding machen würden, zuckte ich gut gelaunt mit den Schultern.

„Wissen deine Eltern eigentlich, dass Brian wieder aufgetaucht ist?“, wollte Phil wissen und stand langsam auf. Ich kannte ihn, er wollte sicher langsam wieder nach Hause aufmachen und auch ich erhob mich von meiner bequemen Couch. „Nein. Ich fliege nächstes Wochenende runter nach Phoenix. Mum hat Geburtstag und da kann man besser reden“, erklärte ich ruhig und begleitete meinen besten Freund zur Tür. Er nickte und setzte sich den Helm wieder auf. Seit Madeline auf der Welt war, hatten Phil und ich uns wieder angewöhnt mit Helm Fahrrad zu fahren. Ich fand es amüsant, dass auch mein bester Freund seine Angewohnheiten geändert hatte.

„Na ja ist doch gut. Dann kommst du ein bisschen raus und kannst Sonne tanken“, scherzte er und ging zu seinem Fahrrad. Ich wohnte in einem ruhigen Wohnviertel und noch nie wurde etwas geklaut. Auch Einbrüche geschahen nicht sehr häufig. „Okay Rick“, meinte Phil und stieg auf sein Fahrrad, „wir sehen uns! Und wenn was ist, melde dich okay?“ Ich schmunzelte leicht und nickte, während ich Phil kurz winkte und die Tür langsam hinter mir schloss. Immer noch war es trocken und ich drückte Phil die Daumen, dass er trockenen Fußes Zuhause ankam.
 

Überpünktlich war ich am nächsten Tag im Bistro. Von Paul war noch nichts zu sehen und so suchte ich mir einen leeren Tisch. Ich war froh, dass es nicht zu lange bei Gericht gedauert hatte. Etwas ungeduldig trommelte ich mit den Fingerspitzen auf dem Tisch herum. Wieso war ich eigentlich nervös? Ich kannte den Mann kaum und wir trafen uns erst das zweite Mal. Wieso sollte ich also nervös sein? Ja, Paul sah gut aus und ja, er hatte wohl auch einen guten Humor und sein Hintern war in der Hose gestern jedenfalls nicht zu verachten gewesen.

Doch ich sollte keine Schnellschüsse ziehen. Vielleicht war er auch gar nicht auf der Suche, nach etwas Festem. Doch wieso sollte man sich dann in einem Bistro zum Reden treffen? Wenn er es schnell und unkompliziert haben wollte, hätte er es einfacher haben können. Ich hatte nichts gegen Onenightstands, außer ich war vergeben.

Immer, wenn die Tür des Bistros sich öffnete blickte ich von meinem Handy auf. Doch erst beim vierten Mal, sah ich, dass Paul das Bistro betreten hatte. Seine Augen glitten durch die Menge und als er mich sah bemerkte ich, wie sich seine Lippen zu einem zufriedenen Grinsen verzogen. Er ging auf mich zu und irgendetwas wirkte komisch, wie er ging. Doch ich konnte nicht benennen, was es war und als er bei mir am Tisch war, setzte er sich mir freundlich zunickend, gegenüber.

„Hi“, raunte er freundlich und schmunzelte leicht, „Alles klar?“ Ich nickte und ließ meinen Blick an seinem Gesicht entlang gleiten. Er schien etwas müde und leichte Augenringe zeichneten sich auf seiner Haut ab. „Ja, bei mir schon“, antwortete ich und mit skeptischer Stimme fragte ich: „Und bei dir? Du wirkst müde? Alles gut?“

Leicht nickte der Mann vor mir und winkte ab. „Alles gut“, sagte er und ich hatte das Gefühl, als würde er nachdenklich klingen, „Ich habe nur etwas Stress. Der ließ mich nicht schlafen.“ Ich war unschlüssig, ob ich fragen durfte. Natürlich war ich neugierig und doch wollte ich nicht unhöflich sein.

„Was denn für Stress?“, entschied ich mich zu fragen und blickte den Mann vor mir neugierig an. Ich bemerkte, dass er stockte und als er seine Augen zusammenkniff wusste ich, dass egal was er sagte, es sicherlich nicht die Wahrheit war. „Arbeit. War so lange krank und ich bekomme jetzt ein Wiedereingliederung. Ich bin einfach kein Fan davon“, seufzte er. Als der Kellner kam und unsere Getränke aufnahm blickte ich den Mann weiterhin skeptisch an.

Ich fragte nicht weiter nach. So etwas könnte man machen, wenn man sich besser kannte. Ich teilte ihm schließlich auch nicht meine Sorgen mit. Doch ich war mir sicher, dass er nicht die Wahrheit gesprochen hatte. Ich bestellte mir Essen und entschied mich einfach für einen Wrap mit Rindfleisch. „Das wird sicher schon werden, mit der Arbeit. Ist vielleicht auch ganz gut nicht mit einer Arbeitszeit von einhundert Prozent anzufangen“, meinte ich und legte die Karte beiseite. Paul nickte nur und immer noch hatte ich das Gefühl, etwas Unergründliches in seinen Augen zu erkennen. Er schwieg und nach einem Augenblick meinte ich: „Das Bild von dir in der Uniform sieht übrigens gut aus. Ich glaube, mir könnten Uniformen gefallen“, versuchte ich die Stimmung aufzuheitern. Ich zwinkerte ihm zu und grinste ein wenig. Vielleicht brachte ihn dies ja auf andere Gedanken.

Sofort bemerkte ich, dass ich mit dieser Idee vollkommen richtig lag. Sein Blick hellte sich auf und das leichte Lächeln, welches sein Gesicht zierte, stand ihm erstaunlich gut. Er sah tatsächlich etwas geschmeichelt aus. „Du hast ja nur ein Bild von deinem Fahrrad als Profilbild“, beschwerte er sich schmunzelnd. Ich hörte sofort heraus, dass er es nicht ernst meinte und konnte dennoch nicht verhindern, dass ich frecher antwortete, als es angebracht war: „Du hättest mir ruhig schreiben können, wenn du Bilder gewollte hättest. Das ein oder andere hätte ich dir sicher geschickt.“

Überrascht sah er mich an und sein Gesichtsausdruck war unergründlich. „Kannst mir ja später welche schicken“, scherzte er und zwinkerte mich leicht zu. Gerade, als ich etwas antworten wollte kamen unsere Getränke. „Was hättest du denn gerne für Bilder?“, fragte ich und ein süffisanter Unterton schlich sich in meine Stimme, nachdem der Kellner wieder verschwunden war. Über den Tisch hinweg beugte ich mich leicht zu ihm. Fast schon etwas herausfordernd blickte ich ihn aus meinen grünen Augen an.

Auch Paul beugte sich zu mir und schmunzelte leicht. „Hm…“, kam es langgezogen von ihm und seine dunkelbraunen Augen glitten über meinen Oberkörper. Süffisant schien das Grinsen zu werden und nach einem Augenblick fragte er keck: „Was ist, wenn ich Bilder möchte, auf denen mal mehr zu sehen ist?“ Frech zwinkerte er mich an und ich verstand sofort. Doch ich schickte niemanden Bilder, auf denen ich unbekleidet war.

Es brachte mich und meine Karriere nur in Gefahr, wenn jemand meinte, mich damit zu erpressen. Ich war froh, dass ich schon immer diese Weitsicht hatte. Doch ich wollte einfach keinen Rückzieher machen. Ich nickte leicht, nachdenklich und frech erwiderte ich. „Ich zeige das alles lieber Live. Dann kann ich die Reaktion genießen.“ Überrascht weiteten sich die braunen Augen des Mannes vor mir und er blickte mich durchdringend an.

Ich sah, wie der Mund sich ein, zwei Mal öffnete und erst beim dritten Mal kamen Wörter heraus: „Du hast echt eine große Klappe…. Was ist, wenn ich jetzt sage, okay lass uns gehen?“ Ich lachte leise und immer noch, hatte er mich nicht in die Ecke gedrängt. „Dann würde ich sagen, dass ich eigentlich recht viel Hunger habe und nur mitkomme, wenn du mir genug gibst, was mich satt machen kann“, sagte ich mit einem dreckigen, amüsierten Unterton und ließ meine Augen erneut an dem Körper des Mannes hinabgleiten.

Ich bemerkte, wie Paul stockte und als er anfing zu lachen, konnte ich nicht anders und stimmte in sein Lachen mit ein. „Man, Rick“, meinte Paul und strich sich über die Augen, „Dass war ja mal so was von billig.“ Ich nickte nur und schmunzelnd betrachtete ich den Mann vor mir. Ich zuckte mit den Schultern und meinte: „Ja, das kann ich auch.“ Immer noch schmunzelte der Mann vor mir und meinte nach einem Augenblick: „Vielleicht finden wir mal wieder zum Niveau zurück.“ Ich nickte nur und trank einen Schluck meines Wassers.

„Hätte nicht gedacht, dass der Herr Anwalt solche Töne von sich gibt“, scherzte Paul und stellte seine Cola zurück auf den Tisch. Ich zuckte mit den Schultern. Nur, weil ich Anwalt war, musste es schließlich nicht bedeuten, dass ich keinen Humor besitze. „Wir Anwälte sind auch nur Menschen, bei euch Polizisten sieht das schon etwas anders aus“, scherzte ich schmunzelnd und Paul lachte kurz auf. Er schien seine schlechte Laune vergessen zu haben und nach einem Augenblick sagte er: „Ich war am überlegen, heute abzusagen aber irgendwie, bin ich froh, dass ich doch hier bin.“ Ich nickte nur, denn auch ich war sehr froh, dass wir wieder gemeinsam unsere Mittagspause verbrachten. Klar, hätte ich sie auch mit meinen Kollegen verbringen können doch es war, wie ein kleines Date und ich genoss diese Flucht, wie gestern.

„Morgen dann wieder?“, fragte ich lächelnd und sofort nickte Paul. Er fragte mich, was ich gestern getan hatte und ich erzählte ihm, dass mein bester Freund gestern Abend vorbei kam. Wir sprachen über alltägliches. So erfuhr ich, dass er ein großer Footballfan war. Ich war immer eher ein Fan von Baseball und Basketball gewesen. Paul wollte schon immer beim Superbowl dabei sein. Ich schaute diesen zwar, war aber eigentlich kein wirklicher Footballfan gewesen.

„Besuchst du deine Familie eigentlich häufig“, wollte Paul wissen und aß den letzten Rest seiner Pizza. Ich nickte und schluckte das Essen hinunter bevor ich antwortete: „Klar. Hab ein gutes Verhältnis zu meinen Eltern und meiner Schwester. Ich bin nächstes Wochenende bei ihnen. Meine Mutter feiert Geburtstag. Da freuen wir uns schon drauf.“

Skeptisch hob Paul den Blick und fragte: „Wir? Wer ist wir?“ Kurz weiteten sich meine Augen und ich verschluckte mich am Essen, welches ich gerade im Mund hatte. Ich wollte nichts von Madeline erzählen! Ja, vielleicht war es falsch, doch es war erst unser zweites Treffen! Schnell ratterte es in meinem Kopf und immer noch hustete ich. Ich trank einen Schluck Wasser und nach einem Augenblick meinte ich: „Wir, ich meine, meine Schwester und ich. Wir haben ein tolles Geschenk für unsere Mutter besorgt.“ Skeptisch blickte Paul mich an und erst nach einem Augenblick nickte er. „Okay. Ich wollte früher immer einen Bruder haben“, sagte er ruhig und immer noch, wirkte der Blick mit dem er mich musterte seltsam.

„Ich auch“, sagte ich sofort und ging bewusst nicht auf den Unterton ein, welcher in der Stimme des Polizisten mitschwang, „Aber ich hab nur ’ne Schwester bekommen. Marieanne Meine Eltern stehen auf alte und traditionelle Namen.“ Paul nickte nur und schwieg.

Ich sah, wie er die Stirn immer wieder runzelte und nach einem Augenblick meinte er: „Du, wenn du was lockeres willst, dann kannst du das einfach sagen.“ Diese Aussage, überraschte mich. Wie kam er denn darauf? Verwirrt zogen sich meine grünen Augen zusammen und langsam schüttelte ich den Kopf. „Nein“, sagte ich langsam und vorsichtig, „Ich bin für alles offen, was sich so ergibt. Wie kommst du darauf?“

Schnell winkte Paul ab und meinte: „Nur so. Vielleicht treffen wir uns einfach am Wochenende mal?“ Ich blinzelte und in meinem Kopf begann es erneut zu rattern. Könnte ich Madeline für ein paar Stunden zu Freunden geben? Phil hätte sicher nichts dagegen. Doch ich kannte seinen Terminplan nicht. Nachdenklich meinte ich nach einem Moment: „Hm… Ich schreib dir heute Abend. Ich weiß nicht, ob an diesem Wochenende schon was ansteht. Ich schreib dir einfach, okay?“ Paul nickte und winkte den Kellner zu sich. „Klar, melde dich einfach“, meinte er und freundlich war das Lächeln, welches wieder auf seinem Gesicht erschienen war. Er bezahlte das Essen und gemeinsam verließen wir das Bistro. Ich war froh, dass es nicht regnete. Nur die dicke Wolkendecke ließ kein Sonnenstrahlen hindurch. „War echt schön. Morgen wieder um eins?“, fragte ich freundlich und konnte die gute Laune nicht aus meiner Stimme verbannen. Ja, es war wirklich toll, sich mit ihm zu treffen! Diese Flucht aus meinem Alltag war einfach wundervoll! „Geht klar“, meinte Paul, winkte leicht und als er sich umdrehte erinnerte ich mich, dass ich ihn eigentlich fragen wollte, ob mit seinem Bein was nicht stimmte. Hölzern schien sein Gang, doch eigentlich, konnte man Eins und Eins zusammen zählen. Er war krankgeschrieben und bekam nun eine Wiedereingliederung. Vermutlich hatte er einen Unfall und hatte sich am Bein verletzt. Meine Augen glommen erneut zu seinem Gesäß und zufrieden grinste ich leicht, als ich mich auf den Weg zurück in die Kanzlei machte.

Ich holte mein Handy aus der Tasche und schrieb ihm fröhlich: „Ich schaue, dass ich am Wochenende etwas Zeit habe. Und dein Hintern sieht echt gut aus.“ Ich packte einen Smiley dahinter, welcher ihm die Zunge rausstreckte und schickte die Nachricht ab.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Huhu,

wünsch euch ein schönes WE und hoffe, das Kapitel hat gefallen. ;)
Wenn ihr mögt, könnt ihr ja eure Meinung sagen.
Und danke, an die bisherigen Kommischreiber. Ihr motiviert mich ^^

Liebe Grüße Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  radikaldornroeschen
2018-04-16T11:15:43+00:00 16.04.2018 13:15
Ich denke ja immernoch, Paul hat Dreck am Stecken.... irgendwie hätte ich mir gewünscht, dass Rick gleich von Maddy erzählt, nun wo er sich einmal verplappert hat. Dass beide sich gleich beim zweiten Date anlügen ist eine verdammt schlechte Grundlage :(
Antwort von:  Strichi
19.04.2018 10:54
Ja, du hast vollkommen Recht, dass man nicht lügen sollte... aber na ja
kein Mensch ist eben perfekt...
xD mal schauen, wie du Paul bald so findest ;) danke übrigens fürs schreiben. Freut mich, wenn man regelmäßig Feedback bekommt
Von:  chaos-kao
2018-04-14T07:40:05+00:00 14.04.2018 09:40
Ich tippe ja auf Beinprothese ^^ Phil scheint echt ein guter Freund zu sein. I like him :) Und das Gespräch mit Paul ist sehr amüsant zu lesen. Die beiden harmonieren gut
Antwort von:  Strichi
19.04.2018 10:55
xD schön, dass du Paul magst. und mal schauen, was der so geheim hält ;)
bin dabei, dass nächste Kapitel fertig zu schreiben und mal schauen, wie schnell mein Beta so ist


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