Zum Inhalt der Seite

Mr. Svensson

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Siebter Teil

[RIGHT]Hier auf den Knie'n schwör' ich zu Gott im Himmel:[/RIGHT][RIGHT]Nie will ich wieder ruhn, nie stille stehn,[/RIGHT][RIGHT]Bis Tod die Augen mir geschlossen, oder[/RIGHT][RIGHT]Das Glück mein Maß von Rache mir geschafft.[/RIGHT][RIGHT]-     Shakespeare, König Heinrich VI. – III. Teil[/RIGHT]

 

„Los aufstehen Svensson!“
 

Die Stimme kommt von weit, weit weg. Ich drehe den Kopf und sehe den Vollzugsbeamten neben mir stehen, sehe, wie seine Hand nach meinem Oberarm greift und mich vom Stuhl nach oben zieht. Ich stehe vollkommen neben mir. Meine Beine sind taub, knicken bei den ersten Schritten beinahe unter mir weg. „Hey!“ Der Wachmann rüttelt mich. Ich schüttele den Kopf und versuche endlich wieder klarer zu werden, doch Starricks letzte Worte hallen so laut in meinem Schädel, dass ich kaum zu einem anderen Gedanken fähig bin. Wobei, eine Sache ist da doch:
 

„Alles dreht sich..“, murmele ich, während ich versuche meine steifen Beine wieder unter Kontrolle zu kriegen. Ich spüre wie der Kerl mich von der Seite mustert, dann aber einen Schritt schneller geht.
 

Ich habe nicht die leiseste Ahnung, wie lang ich allein in dem Verhörzimmer gesessen habe. Gefühlt ist eine Ewigkeit vergangen, doch das Zeitempfinden kann sich dahingehend täuschen. Als wir jedoch den Gang zu den Zellen hinunterlaufen, ist es draußen bereits tiefste Nacht. Wieder passieren wir die Trenntür und ich lehne schwer dagegen. Meine Beine sind immer noch weich wie Pudding. Die Tür quietscht als sie endlich aufschwenkt und ich taumele durch zur nächsten Wand, gegen die ich mich lehnen kann, während der Beamte die Tür wieder verschließt.
 

Ich muss ein miserables Bild abgeben, denn ihm bricht bei meinem Anblick langsam der Schweiß aus. Als ich selbst in seinem festen Griff vor meiner Zellentür wieder über die eigenen Füße stolpere, drückt er mich mit stützend gegen die Wand und mustert mich genauer. Er hat Schwierigkeiten mich aufrecht zu halten, denn ich bin weder klein noch besonders leicht, habe aber gerade eher die Stabilität eines übergroßen Sacks Reis.
 

„Scheiße..“ Seine Stimme klingt gepresst und gehetzt. Er wirft einen Blick in die Zelle, in der es inzwischen dunkel ist. Das Licht und der Strom in den Zellen gehen zu einer bestimmten Uhrzeit aus – die Insassen haben darauf keinen Einfluss.
 

Sein Blick fliegt wieder zu meinem Gesicht zurück, doch ich kann den Ausdruck darauf nicht deuten. Immer wieder verschwimmt alles vor mir und die Welt dreht sich stärker. Er ringt mit sich. Die richtige Vorgehensweise wäre wohl, Hilfe zu holen. Warum er das vermeiden will, ist klar: Starricks Besuch hier war unangekündigt und damit eigentlich unzulässig. Was auch immer er dem Wachmann gegeben hat, der Kerl will keine weiteren Probleme mit mir und diesem Vorfall haben. Dass ich jetzt so aussehe, als würde ich in den nächsten fünf Minuten das Zeitliche segnen, ist für ihn ein riesiges Problem. Er schiebt mich weiter, auf die Seite der Tür, zu der sie sich öffnet. Er muss mich mehr tragen als stützen und als er mich mit dem Gesicht gegen die Wand dreht, schiebt er sein Knie zwischen meine Oberschenkel, weil ich schon wieder nach unten sacke.
 

Dann geht – zumindest in meiner Wahrnehmung – alles ganz schnell. Mit einer Hand öffnet er die Tür, löst dann meine Handfesseln, zieht die Tür mit einem Ruck auf und stößt mich hindurch.Der Positionswechsel kommt viel zu schnell. Ich falle mehr durch die Tür, als dass ich gehe, stolpere noch zwei Schritte und falle dann der Länge nach auf den harten Zellenboden. Um nicht auf dem Gesicht zu landen, gelingt es mir irgendwie, mich im Fallen halb zur Seite zu drehen. Der Aufprall treibt mir die verbliebene Luft aus den Lungen und jagt einen stechenden Schmerz durch meine Schulter und meine Hüfte. Mehr als ein heiseres Stöhnen gebe ich trotzdem nicht von mir, denn ich habe selbst dafür kaum noch genügend Luft in der Lunge. „Arnor?“Ich blinzele angestrengt gegen den Nebel und den Schwindel an, doch in der Zelle ist es zu dunkel und vor meinen Augen tanzen schwarze Punkte. Etwas landet neben mir auf dem Boden, dann spüre ich, wie warme Hände nach mir fassen und mich auf den Rücken drehen. „Scheiße, Arnor!“
 

Systematisch tasten mich forsche Hände ab, streichen über meine Brust, drücken seitlich gegen meinen Hals und sind schließlich für einen Moment ganz verschwunden. Ich schließe die Augen, weil ich das Flimmern nicht mehr aushalte und das Schwindelgefühl einfach nicht nachlassen will. Wie eine Spirale, die mich immer weiter nach unten zieht. Das Abendessen will sich mit aller Gewalt einen Weg hinaus bahnen und es braucht mehr als nur Willensanstrengung, es daran zu hindern.
 

Am Rande nehme ich wahr, dass jemand – es kann nur Alexej sein – meine Hüfte greift und mich dreht, so dass er meine Füße auf dem Bett ablegen kann, um meinen Kreislauf zu stabilisieren. Vorsichtig hebt er danach meinen Kopf an und bettet ihn auf etwas Weiches. Vielleicht sein Kissen? Es riecht nach ihm.
 

„Hey.. schau mich an“, fordert er mich auf, seine Stimme noch immer besorgt. Meine Lider öffnen sich flackernd, doch dieses Mal nehme ich wirklich etwas wahr. Alexejs Gesicht schwebt unweit über meinem. Er sieht müde aus, sein Blick ist aber wachsam. Dann flackert plötzlich ein grelles Licht über mir auf und ich versuche mich aus dem Griff zu winden, der sich jetzt unbarmherzig um mein Kinn geschlossen hat. „Halt still, Gott verdammt..“ brummt er angestrengt, blendet meine ohnehin überreizten Augen. „Gut..“ murmelt er schließlich zufrieden mehr zu sich selbst und das Licht verschwindet wieder, lässt mich erneut in schwankender Dunkelheit zurück.
 

„Haben die dir was gegeben?“ Seine Stimme klingt etwas weiter entfernt, offenbar hat er sich aufgesetzt oder ist zu seinem Bett zurückgegangen. Ich schaffe es nicht wirklich etwas zu antworten, weil sich meine Zunge bleischwer anfühlt und sich der Schwindel und der Nebel nur sehr langsam zurückziehen.
 

„Hey, wachbleiben Prinzessin..“ seine Hand tätschelt meine Wange nicht gerade liebevoll, doch immerhin bringt er mich so dazu, die Augen wieder zu öffnen. „Was ist da draußen passiert?“ spezifiziert er seine Frage und öffnet die Wasserflasche, die er vom Bett geholt hat. „Du warst Stunden weg. Habe gar nicht mehr damit gerechnet, dass du zurückkommst. Ich dachte nach der Aktion holt die Wache deine Sachen. Einzelhaft oder zumindest eine andere Zelle.“ Wie immer sehr knapp mit Worten und Erklärungen. Ich mühe mich mit einem Räuspern ab, mein Mund fühlt sich trocken an. „Starrick..“ krächze ich nur und muss dann husten. Alexej beugt sich nach unten, zieht mich am Nacken vorsichtig etwas nach oben, ohne die Schulter dabei zu sehr zu belasten und flößt mir etwas Wasser ein. Es hilft und ich merke erst bei den ersten Schlucken, wie schrecklich durstig ich bin. Eigentlich kein Wunder, wenn man bedenkt, was ich zuletzt geschluckt habe.
 

Haha. Immer noch zum Scherzen aufgelegt. Wirklich Arn? Aber hey, von ganz unten gesehen…
 

Aus dem Nichts schleicht sich ein böses Grinsen auf mein Gesicht, als ich den Blowjob zurückdenke und an Starricks geschocktes Gesicht. „Er war ganz schön angepisst von der Situation, die er vorgefunden hat“, flüstere ich leise, weil ich das Gefühl habe, dass meine Stimme noch nicht mehr hergibt. Alexej gibt ein leises Geräusch von sich, das ich als Lachen identifizieren kann und legt mich vorsichtig wieder auf dem Boden ab, ehe er die Flasche verschließt. „Hat er etwas dazu gesagt? Oder hats ihm derart die Sprache verschlagen?“Ich schüttelte nur schwach den Kopf. „Er hat es nicht kommentiert, aber sein Blick war eindeutig. Keine Ahnung, vielleicht hat er sowas schon ne Weile nicht mehr gehabt oder gesehen. Er kam zumindest danach ziemlich schnell zum Punkt.“
 

Alexej hockt neben mir auf dem Boden, ein Bein angezogen, das andere angewinkelt. Er sagt nichts, nickt nur. Er weiß genau, dass ich von selbst anfange zu erzählen oder eben nicht.„Er hat mir einen Deal angeboten“, flüstere ich nach einer Weile in die Stille, die sich um uns herum ausgebreitet hat. „Ein paar Jahre Haft, wenn ich zugebe, dass ich zumindest mitbekommen habe, wie Rawlinson ertrunken ist, ohne zu helfen oder so in der Art. Hat versucht seinen Arsch zu retten, aber ich habe nicht alle Details gelesen...“ Im Nachhinein war das vielleicht eine schlechte Idee, aber verdammt! Wie könnte ich mich dem geschlagen geben? Lieber verrotte ich hier, als Starrick diesen Triumph zuzugestehen.
 

Wieder Stille. Alexej beobachtet mich sehr aufmerksam, ich spüre es. Langsam drehe ich den Kopf etwas weiter zu ihm, um ihn besser ansehen zu können. Meine Augen haben sich langsam an die Dunkelheit gewöhnt und sorgen dafür, dass ich den Russen im diffusen Licht der Hofbeleuchtung, die von draußen durch das Fenster herein scheint, besser erkennen kann. Er muss nichts sagen, ich weiß was er wissen will und die Frage ist naheliegend. Immerhin liege ich hier auf dem Boden und mache sicher noch immer dem weißen Kopfkissen Konkurrenz. „Er wusste…“ fange ich an, doch ich breche wieder ab. Bei dem Gedanken an das Foto und die Erinnerungen, die es heraufbeschworen hat, meldet sich mein Abendessen erneut. Dazu die letzten Worte:
 

Ich bin sicher, sie schaffen noch ein paar Cartwrights ...
 

Mein ganzer Körper spannt sich an, als erneut Zorn, ohnmächtige Wut und Übelkeit in mir aufwallen. Der Schrei hallt so laut durch die Zelle, dass ihn der Wachmann vorn in seinem bequemen Büro sicher auch noch hören kann. Ich fahre nach oben, ziehe in der gleichen Bewegung die Beine vom Bett. Ich kriege keine Luft, spüre, wie die Woge der Emotionen über mir zusammenbricht.
 

Dass ich meine Wut nicht an der Zelle oder den wenigen Dingen, die hier drinnen zerstörbar sind, auslasse, liegt an Alexej. Der Russe hat die Arme um meinen Oberkörper geschlungen und presst mich an sich, so fest, dass ich mich nicht entwinden kann, auch wenn ich es versuche. Meine Fäuste schlagen auf Alexejs Seite und seinen Oberschenkel ein und ich bin ziemlich sicher, dass es WEH tut, doch er lässt nicht los. Lässt mich wüten, bis meine Stimme bricht und mein Körper in seinem festen Griff ruhiger wird.
 

Sein warmer Atem streicht an meinem Ohr entlang und meinen Nacken hinunter. Der Overall ist mir bis in die Armbeugen hinunter gerutscht, doch das spielt keine Rolle. An meiner Wange, die an seinem Hals zum Liegen gekommen ist, spüre ich seinen kräftigen Puls. Er hört und fühlt sich anders an als Logans. Logan.. Der Knoten in meiner Brust, der sich gerade ein wenig beruhigt hatte, schwillt wieder an. Ich spüre, wie meine Augen feucht werden, wie sich mein Körper erneut verkrampft. Ich will um mich schlagen und treten, doch der feste Griff lässt es nicht zu. Meine Finger kratzen über Alexejs Seiten, vergraben sich in dem Overall den er trägt.
 

„Lass ihn nicht in deinen Kopf.“
 

Alexejs Stimme klingt beruhigend in meinem Nacken. Seine Finger kraulen sachte über meine Wirbelsäule, was wirklich hilft. „Er will gewinnen und wenn ihm das nicht gelingt, dann will er dich wenigstens brechen. Gib ihm diese Macht nicht.“
 

Zu spät Alexej.. diese Schlacht hat er gewonnen.

Aber nicht diesen Krieg.

[JUSTIFY][/JUSTIFY]



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (1)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von: abgemeldet
2019-02-01T13:16:29+00:00 01.02.2019 14:16
Whoa, das war eindringlich! :O Toll geschrieben, toll beschrieben - da war wieder Mitfühlen und -leiden angesagt xD unser guter Arnor muss da echt was durchstehen, oh Mann ... da bin ich ja umso gespannter, was Owen dazu sagt - oder Alexander, wenn sie denn mal eine Gelegenheit zum Sprechen haben sollten. Das Duell Starrick-Svensson geht dann wahrscheinlich im Gerichtssaal weiter, hehe :D


Zurück