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Berlin - Hamburg

Liebe und Schmerz
von

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Die Anreise

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Für in dieser FF auftretende Fremdwörter aus dem Go-Milleu empfehle ich den Go-Bereich auf Animexx

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Es war ein ganz normaler Freitagabend. Die 17-jährige Marie, blond, mittelgroß,

wunderschön, stand wie so oft in diesem Jahr an "ihrer" Autobahnraststätte,

von der aus sie schon fast ganz Deutschland bereist hat. Irgendwie war es gar

nicht in ihrem Sinne, mit der Bahn zu fahren. "Echte Fans brauchen keinen

Schnickschnack wie Bahn oder Autos!!!". Also stand sie da, neben dem Brummis

und erkundigte sich mit Hilfe der Kennzeichen nach einem Brummi, der den

Weg zum nächsten Turnier einschlug. Dummerweise regnete es seit etwa zwei

Stunde, was genau der Zeit entsprach, die sie schon auf einen LKW wartete.

Endlich fand sie einen: "Berlin-Hamburg 4x täglich". Und da er in Richtung

Berlin unterwegs war, stieg sie ein. Ihren Eltern war schon lange egal, wo sich

ihre Tochter befand. Solange sie über das Handy totale Kontrolle über ihre

Tochter ausüben konnten ("Wir wollten uns nur mal melden. . . " "Wir haben

uns Sorgen gemacht" "Wir wollten mal was von dir hören"). Der Brummifahrer,

ein etwa 50 jähriger Mann, der so ziemlich jeden schlechten Witz kannte, den

jemals ein Lehrer seinen Schülern erzählte, erachtete es als sinnvoll, ihr jeden

einzelnen zu erzählen, um wenig später in etwa fünfminütige Lachschübe zu

verfallen.

Unbemerkt wechselte ein 50 Euro Schein den Ort: Aus der Briefbörse in die

Hosentasche, und sie dachte dabei nur daran, dass Bahn Fahren ja doch nicht so

schlecht sei; immerhin kann man mit mehreren Leuten fahren und dabei die eine oder andere Partie analysieren oder spielen. Nach drei endlosen Stunden brutalster Folter war sie endlich in Berlin angekommen. Nun galt es, den Weg zum

Spielort zu finden. Ihren Laptop hatte sie immer dabei; wie sie es schaffte, ohne ihn zur Schule zu gehen, ist mir bis heute ein Rätsel.Wenig später kannte sie den Weg, und machte sich auf, um rechtzeitig noch einen Schlafplatz zu ergattern.

Leider waren die Turnhallenschlafplätze schon belegt, was für sie bedeutete,

dass die ausgiebigen Nachtgespräche wohl in einem begrenzteren Personenkreis

stattfinden würden müssen. Als sie dann aber sah, bei wem sie übernachten

sollte, überschlugen sich ihre Augen. Der Go-Spieler war keinesfalls bekannt,

aber ein Mensch der Sorte, die ihr sofort ins Auge fielen: Er war an die 20 Jahre alt, hatte braunes, nun aber Schwarz gefärbtes Haar, einen Dreitagebart, der seinesgleichen suchte, im Gesicht eine Brille, die die braunen Augen gekonnt

zur Geltung brachte, und weiter unten einen kleinen Bauch. Maries Exfreunde

hatten immer die unangenehme Tendenz, in der Beziehung mit ihr so an ihrem

Körper zu feilen, dass der Bauch, den sie so knuddelig-flauschig-toll fand,

in kürze verschwunden war, und damit unberechenbare Beziehungsdiskussionen

vom Zaun brachen. Aber dieser Mann war anders: Der Bauch schien ein Teil

eines ganzen zu sein; mit Stolz getragen, nicht übermäßig groß, aber auch nicht

zu klein. Eben grade so, wie sie ihn möchte.

"Ich bin Lars" trat er aufrichtig lächelnd auf sie zu. "Und du bist?" "M-m-marie" antwortete sie, immer noch überwältigt von dem ungezähmten Bart. "Ich spiele 11 kyu, und du?" "Auch so um die 11 kyu, aber ich kann Go eigentlich

gar nicht. . . " Noch im Satz nahm er ihr Gepäck und drehte sich ab. "Komm,

wir gehen erstmal zu mir, da kannst du dich von der Reise erholen!" "Hmhm"

antwortete sie noch immer in Gedanken versunken. Der Weg war nicht allzu

kurz, und so begann sie, ihm die Witze zu erzählen, die SIE lustig fand. Er

brach fast nach jedem in schallendes Gelächter aus, und knappe 30 Minuten

später waren sie bereits in seiner Wohnung. Man konnte den Fernsehturm von

dort aus sehen, die Kugel hoch oben über Berlin. Sie war schon immer begeistert

von der Geometrie der Kugel und von dem Fernsehturm. In Hamburg hatte sie

schon unzählige Male den Heinrich-Hertz-Turm bestiegen, doch in der Kugel war

sie noch nie. "Hier - deinen Schlafsack brauchst du gar nicht auszupacken. Hab

Dir alles fertig gemacht.". "Danke" flüsterte sie mechanisch aus ihren Gedanken

gerissen. Dieser Mann war anders als die Anderen, höflich, nett, charmant, das

hatte sie schon in der S-Bahn gemerkt, und doch männlich und kein Weichei wie

Carsten, ihr letzter Freund. "Ich hab von dir schon viel gehört" sagte er plötzlich.

"Wie viel gehört?" Das konnte doch gar nicht sein? Sie war auf vielen Turnieren

gewesen, ja, aber hatte sich ihr Ruf auch bis nach Berlin rumgesprochen? "Ja,

du hast viele Witze erzählt" "Puhh, ich dachte schon, du meintest was anderes!"

"Ach, das mit dem Bahn Fahren?" Sein Lächeln verwandelte sich in ein breites,

aber immer noch freundliches Grinsen. "Ja, dann stimmt das also?" "Ja. . . " kam

die Antwort fast gehaucht. "Du bist bestimmt ganz geschafft von der Reise! Leg

dich doch erstmal hin, während ich noch etwas zu Essen koche". Sie antwortete

gar nicht mehr; sie hatte sich längst schon auf sein Sofa gelegt, und das Gesicht in den Kissen vergraben. Er lächelte zufrieden, machte die Musik leise und ging in die Küche. Er hatte geplant, ein Reisomelett zu machen. Er fing an, kochte, und wenig später war alles soweit fertig, musste nur noch etwas in den Ofen.

Wie er sich dann, die Hände im Geschirrhandtuch abtrocknend in sein Zimmer

begab, fiel sein Blick - nachvollziehbarerWeise - auf Marie. Sie lag so friedlich da,

ihr Brustkorb hob ihren Körper gleichmäßig etwas an, und ihr Rücken, gespickt von kleinen Härchen lag unbedeckt da.

Liebevoll nahm er eine Decke und deckte sie zu, machte die Musik aus, und setzte sich auf einen Stuhl, um in Gedanken den Text von Aerosmith zu zitieren: "I could stay awake just to hear you breathing, watch your smile while you are

sleeping." Und so ließ er sie schlafen, denn er konnte gut verstehen, dass man

nach so einer Reise geschafft war.

Aufstehen! Sushi!

Nach etwa einer Stunde und einer halben - das Essen war längst kalt - regte

Marie sich wieder. Die Augen reibende begann sie, zu Lars zu sprechen. "Was?

Wo? Wie?" Ihr Blick wanderte ziellos durch den Raum, um letzten Endes bei

Lars zu landen. "Guten Morgen, mein Hase" sagte er, und wie immer, wenn er

seinen Witz sprühen ließ, grinste er verschmitzt. Marie besann sich wieder, sank

ins Sofa zurück, und atmete erleichtert tief durch. "Wollen wir noch los?" fragte er, während er sich langsam und ruhig neben sie auf die Bettkante setzte. "Ich dachte da an einen Sushi-Laden. . . " Er wollte ihr halt doch noch was zu Essen ermöglichen; allerdings hatte er nicht bedacht, dass nicht alle Frauen - um genau zu sein wenige - Sushi mögen. Sie kniff ihre Augen zu, verdrehte die Augen und begann lustvoll durch ihren halbgeöffneten Mund zu hauchen: "Suuuuushiiiiii wa sugoiiiiiii!"

Er hatte sie verstanden und nahm schon ihre Jacke vom Haken, als sie plötzlich

ganz ohne Vorwarnung aufsprang, und Lars wie ein wildes Raubtier an den

Hals fiel. "Daaanke!!! *knuddel*" "Kein Problem!" Und so gingen sie zum Sushiladen.
 

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Dem geneigten Leser erspare ich die grausamen Details dieser orgiastischen

Lebensmittelvernichtung. (Dem interessierten Leser empfehle ich, den

Sushi-Circle zu besuchen, um selbst Teil der All you can eat-community zu werden.)

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Jedenfalls waren sie spät wieder zu Hause, wo sie, kaum dass sie auf seinem

Bett lag, wieder einschlief, und er, kurz nach dem er ihre Jacke weg gehangen

hatte, auch in sein Bett ging. So war einer der ersten Abende vergangen, von

denen viele gemeinsame noch folgen solten.

Turniertag 1

Um sieben Uhr klingelte der Wecker. Marie wachte entspannt auf. Sofort wanderte

der Blick nach rechts, wo Lars auf der Couch geschlafen hatte - in seinem

Bett lag Marie. Leise Musik tönte aus der Küche, wo er scheinbar damit beschäftigt war, Frühstück vorzubereiten. Die Sonne hatte sich noch nicht getraut hinter dem mit Nebel gefüllten Wäldchen hervorzusteigen. Kaum hatte sie sich ihrer Situation vergewissert, trat er leise durch die Tür ein. Sie hatte ihre Augen wieder geschlossen, um zu sehen - oder besser um zu hören - was er nun tun sollte. Die Schritte kamen näher, schließlich hörte sie sie kaum noch. Lars schien darauf bedacht zu sein, dass sie ihn nicht höre. Sie spürte, wie sein Kopf sich langsam auf ihren hinbewegte. Ihr Herz begann, in ihrer Brust immer heftiger zu schlagen, innerlich musste sie schlucken. . . Was hatte er bloß vor? Seine Lippen hatten ihre fast erreicht, und dann bewegte er seinen Kopf zur Seite. Marie konnte nicht sagen, ob sie enttäuscht oder erleichtert war; jedenfalls verharrte sie weiter, und wartete darauf, was nun kommen sollte. "Mari-i-i-i-e! Aufstehen" säuselte es durch ihren Gehörgang. Er wollte sie nur wecken! Da öffnete sie, wie von der Tarantel gestochen ihre Augen, und umarmte Lars so innig, dass dieser, völlig überwältigt zu ihr auf das Bett fiel. "Bärchi!!!" entrann es ihrem Mund.
 

"Öhm. . . Ja. . . Woher kennst du denn meinen KGS-Nick?" Sie lief rot an. "Ach,

du bist halt das Bärchi!" stammelte sie verlegen. "Ja, gut, das erklärt auch den

Honig, der auf dem Frühstückstisch steht. . . Komm, bevor die Brötchen kalt

werden!" "Wow", dachte sie bei sich selbst, "Frühstück". Tatsächlich hatte es bisher noch kein Freund von ihr auch nur im Entferntesten in Erwägung gezogen,

einmal Frühstück zu machen.
 

Die erste Mahlzeit des Tages war schnell verschlungen, und so gingen sie. Das Auto glänzte schon im Licht. "Auch wenn du so was nicht magst, da musst

du heute durch, ich bin zu faul, um mit der Bahn zu fahren!" "Joa, kann ich

verstehen" sagte sie, während sie langsam auf dem Weg zur Garage seinen Arm

zu sich heran zog, um sich an eben diesen anzuschmiegen. Er selbst erwiderte

das Ankuscheln, indem er langsam seinen Arm um sie legte. Die Strecke zum

Turnierort war nicht sehr weit, aber weit genug, dass man bei der ausgiebigen

Fahrt so einiges von der Meinung des Beifahrers über das Regionale Radioprogramm

erfahren konnte. Nach einer Diskussion darüber, ob "Die Allianz" oder "Band ohne Name" ein besserer Name für eine Band wäre, erreichten die beiden den Turnierort, der jetzt noch fast vollständig leer war. Lediglich ein paar Helfer waren dort, Also konnte man nach der Anmeldung noch gemütlich eine Partie zocken. Und dies geschah dann auch. Nach dieser Partie, die den beiden einiges abverlangte, wurde das Turnier offiziell eröffnet, und die Auslosungen bekannt gegeben. Lars sollte gegen Daniela, Marie gegen Rolf spielen. Beide spielten ihr "normales" Go, doch wie dem immer so ist, wenn es gar nicht anders sein kann, schleichen sich bei Lars Tesuji-Fehler ein, während Marie im Byôyomi mit ihrem schlechten Endspiel zu kämpfen hat. Die erste Runde ist für beide ein Verlust. 0:2. Danach verlassen beide das Turnier (es handelt sich um ein vier Runden McMahon Turnier, von dem am Samstag die erste, Sonntag drei gespielt werden).

Nachdem auch die letzten Spieler ihre Partien beendet haben, waren Lars und Marie längst am Grillplatz angekommen, an dem an diesem Abend ein großer Grillfest stattfinden sollte, wo Lars sofort damit begann, nach einer Gitarre

zu fragen. Marie bemerkte dies, und war sehr überrascht; hatte sie solch einem Menschen doch nie zugetraut, Gitarre spielen zu können. Und so saßen sie da im Park: Von Fackellicht erhellt, er Gitarre spielend, sie angelehnt, singend. Beatles, "Let it be" Stunde um Stunde verging so, singend, lachend, fröhlich. Doch irgendwann konnte es Lars nicht mehr aushalten, und legte seinen Kopf erschöpft auf Maries Beine. Diese war zunächst etwas verwirrt, doch dann nahm sie seinen Kopf in die Hand, und begann damit, langsam seinen Kopf zu massieren.

Im Schlaftrunkenen Zustand (und auch sonst nicht gerade nüchtern) begann Lars damit, seinemWohlgefallen Ausdruck zu verleihen, indem er Marie leise anschnurrte.
 

Doch wurde diese Konstellation nicht ganz unkritisch gesehen: Anna, die schon lange wieder ein Auge auf Lars geworfen hatte (besonders, nachdem er sich von ihr getrennt hatte), beobachte das Geschehen kritisch aus einiger Entfernung mit einer Bierflasche in der Hand, aus der sie unnachgiebig nippte. Ihre Gedankengänge drehten sich um Rache, Mord, Leid, Verderben, Schmerzen, Zahnarzt, Finanzamt, usw. Ihr langjähriger Lästerkamerad Björn unterstützte ihren Blick hier und da mit einem "was ist das denn für eine. . . " oder "also so was. . . ".
 

Nach etwa eine halben Stunde, die Lars und Marie so gesessen hatten, kam Anna, voll wie ein Bauer auf die beiden zu. Mit einem "L-l-l-asch Lars in Ruh-uh-uh!" schmetterte sie Marie lieblos zur Seite, ohne auch nur einen Gedanken daran zu verschwenden, dass sie sich hätte wehtun könne. (Es kann aber hier verraten werden, dass es nicht so passiert ist.) Sie rüttelte an Lars, der nun erwachte. In seinen Augen spiegelte sich die blanke Angst; zu schrecklich war die Zeit im nach hinein mit ihr gewesen als dass er nun, so überrascht, hätte ruhig bleiben können. Doch nun sah er, wie Marie, die Frau, mit der er sich auf Anhieb so gut verstanden hatte, ihre Kleidung zurechtrückte und die Situation beobachtete. Ohne Anna auch nur eines Blickes zu würdigen drehte er sich zu Marie, und half ihr in die Jacke, die er als Unterlage benutzt hatte. "Warte kurz, bitte! Ich muss da was klären. . . " "O. . . o. . . ok, aber ich will nicht, dass su wegen

mir. . . " "Schon Ok, lass mich nur machen. . . " So ging er direkt auf Anna zu,

fasste sie mit Nachdruck bei der Hand und entfernte sich mit ihr etwas aus dem

Bereich des Geschehens, und zwar gerade so, dass Marie noch alles mitkriegen

konnte. "Sag mal, was fällt dir eigentlich ein, sie so zu behandeln? Hast du sie

noch alle?" brüllte er laut. Anna antwortete gewohnt gemein-bissig; "Nichts.

Wer hat mich den weggeworfen wie ein Spielzeug, nur weil er jetzt ein neues

hat?" "Wie, neues?" "NA, das Flittchen da!" "Pass mal auf, was du sagst, es ist

immerhin deine Schuld. Hättest du mich besser behandelt, so wären wir wohl

noch zusammen. Siehst du, so wie du jetzt bist, das ist nicht gut." "Du hast es

mir eh nicht besorgen können. Schlappschwanz. Was will ich überhaupt von dir?

Die halbe Schule ist hinter mit her. . . " -
 

Dann unterbrach Lars sie: "Dann nimm dir einen von denen, und nerve nicht

mich, ok? Wir beide sind durch. Delta Uniform Romeo Charlie Hotel. Durch.

Es gibt kein zurück. Du hast es riskiert und alles verloren." Er drehte sich um,

und begab sich auf Marie zu, um sie bei der Hand zu nehmen. "Du wirst schon

sehen, was du davon hast. . . " drohte Anna Marie aus einiger Entfernung. Nun

platzte auch Lars langsam der Kragen. Er konnte sicher viel ertragen, aber

wehe, es geht um seine Freunde. "Niemand tut ihr was. DU hast mich Schlecht

behandelt", wetterte er gegen Marie, "Du bist nie richtig auf mich eingegangen,

hast mir nie richtig vertraut. Diese Frau hier, ich kenne sie weniger als einen

Tag. Ich vertraue ihr mehr, und ich glaube sie mir auch, als ich dir je in den

zwei Jahren getraut habe. Und niemand tut meinen Freunden etwas, ich stehe

für sie ein. Zur Not auch mit meinem Leben. Ich werde niemals einen meiner

Freunde so verraten, wie du es getan hast." Lars spielte hier auf seine Operation an, die er nach einem Fahrradunfall über sich ergehen lassen hatte müssen. Die Operation war gut verlaufen, aber Anna hatte sich für die Zeit, die Lars im Hospital war, einen anderen Freund gesucht, und, wie er erst später erfuhr, auch mit ihm Schluss gemacht, wenn die Operation den Ausgang gehabt hätte, den die Ärzte prognostiziert hatten: Amputation. Lars hatte es nach diesem Vorfall zwar geschafft, Anna wieder zu vertrauen, aber sein Grundvertrauen war soweit geschädigt, dass es nur eine Frage der Zeit gewesen war, bis er sich von ihr trennte. "Ich traue dir genau so weit, wie ich dich werfen kann", sagte er, und Tränen erfüllten langsam seine Augen, als er sich Marie an die Hand nahm, und den Platz verließ. "Was ist denn los? Stimmt was nicht mit dir? Kann ich dir helfen?" "Nein, nein, danke, schon ok" sagte Lars, sich die Tränen aus dem Gesicht wischend, und er wusste genau, dass er gelogen hatte.
 

Nichts brauchte er in diesem Moment dringender als eine Schulter, an der er sich ausweinen konnte. Er war sich aber nicht sicher, wollte Marie mit seinen Problemen nicht belasten, und so schwieg er den restlichen Weg. "Es tut mir leid", fing Marie dann wieder an, "dass du wegen mir solche Probleme und Umstände hast." Sie selbst war der festen Überzeugung, Auslöser dieses Konflikts

gewesen zu sein. Lars indessen konnte sich ein Lächeln kaum verkneifen, obwohl

ihm in diesem Moment nach allem anderen als nach Lachen zumute war. "DU doch nicht!!!", sagte er, jetzt stehend, und sich die Tränen aus dem Gesicht wischend.
 

"Ich bin froh, dass ich so eine Frau wie dich kennen lernen durfte. Bitte,

mach meine Probleme nicht zu deinen, auch, wenn es lieb gemeint ist." "Aber

dafür sind Freunde doch da!" Jetzt waren beide baff. Marie war nie zuvor als

Frau bezeichnet worden, und Lars war geplättet von Maries Ansicht, die seiner

so ähnlich war. Beide fielen sich wenig später um den Hals. "Freunde?" - "Nee,

weist du?!" - "hrhr". Die erste Krise hatte Lars durchstanden. Er hatte seine

Furcht begraben, und Annas Sabotageversuche hinter sich gelassen. Er hatte

eine Frau im Arm, die ihm ihre Schulter lieh, um sich daran auszuruhen, und

die sich nicht dafür zu fein war, Lars' Schulter zum Ausweinen zu benutzen. So

gingen die Beiden zur Bushaltestelle, Hand in Hand, und mit der Gewissheit,

auf ganz besondere Weise verbunden zu sein.

Reise nach Hause

Der Bahnhof Alexanderplatz glänzte im fahlen Mondlicht, der Fernsehturm im

altbekannten Kunstlicht, und die Straßen waren durchgehend in das grelle Neonlicht der Straßenlaternen getaucht; nur hier und da unterbrochen von dem

grellen, gelben Licht der Natriumdampflampen, die die Zebrastreifen erhellten.

Menschen flanierten selbst zu dieser Stunde noch über den Alex, und unterhielten

sich. Von all dem bekamen Lars und Marie nichts mit. Die Bahn nahm ihren

eigenen Weg. Das monotone Geräusch der über die Schienen rollenden Räder

war eines der Dinge, die verhinderten, dass die Beiden einschliefen. Ein anderes

war, dass die beiden eng umschlungen quer zu Fahrtrichtung saßen, hoffend,

dass die Endhaltestelle doch noch ein, zwei Minuten weiter entfernt war. Aber

wie das so ist im Leben: Man kann sich die Dinge nicht immer so aussuchen, wie

sie kommen. Ausgestiegen waren sie bereits. Der kühle Wind war für die Jahreszeit außergewöhnlich kalt, und so zog Lars seine Jacke aus, um sie wärmend

über Marie zu legen, die ihm mit weit geöffneten Augen durch das nächtliche

Berlin führte. Nach etwa zehn Minuten im deutete Lars auf seine Wohnung, die

noch gut 500 Meter entfernt war. Auf dem Weg dorthin ging man durch einen

kleinen Park, der links von hohen Büschen begrenzt war (dahinter fuhr versteckt

die Stadtbahn) und rechts von einem kleinen Wildbach, der durch ein kleines

Wäldchen führte. Alle 50 Meter waren große, hölzerne Bänke aufgestellt, und als

sie an der dritten vorbeikamen, zog Marie Lars auf die Bank herunter. "Komm,

lass uns noch ein bisschen reden." Lars war das unbehaglich "Ja, aber wir müssen

morgen doch früh raus, und. . . " "Wenn du nicht willst, musst du nicht. . . "

Aber Lars wollte ja. Er hatte sich lange nicht mehr von der Seele gesprochen,

was ihn bedrückte. Also antwortete er ihr "Nee, reden ist ok."
 

"Ok" Und so setzten sich die beiden. Lars wartete gespannt ab, was sie wohl

über ihn als ersten wissen wollte. "Sag mal, wie kommt es eigentlich, dass du

mit so einer Person zusammen warst?" Lars schluckte. Sicher, er hat mit so

einer Frage rechnen müssen, erst recht, bei der Reaktion die er gegenüber Anna

gezeigt hatte. "Hach, das ist eine lange Geschichte. . . ", fing er an zu erzählen, "als ich 13 war, sind wir aus Lichtenberg hierher gezogen. Da bin ich dann auch in eine neue Schule gekommen, wo ich mich mit der Betreuung der Computerräume auseinander setzte, als man den Posten ausschrieb, und dann gab es eine Schulaufführung, für die wir im Internet Werbung machen sollten. Ich machte

mich daran,Werbetexte zu schreiben, merkte aber, dass ich von dem Stück nicht

die geringste Ahnung hatte. Also wollte ich mit einigen reden, die dabei waren."

"Deine Ex" schob Marie verständnisvoll mit dem Kopf nickend ein. "Richtig,

meine Ex. Wir waren dann noch ein paar Mal gemeinsam Essen, als wir den

selben Sport- und Lateinkurs hatten, und als sie mich mal zu sich eingeladen

hat, hat es halt gefunkt. Jetzt ist es mir auch unbegreiflich. Aber ich kann nicht sagen, dass ich es zu der Zeit bereute. Jetzt im Nach hinein sicherlich, besonders wegen dem Müll den sie mit Telefonterror, Drohbriefen und so weiter abgezogen hat. Was soll's, ich bin es ja gewohnt, wie Dreck behandelt zu werden. Solange wenigstens die richtig lieben Leute zu mir halten."
 

Er blickte kurz zu Marie auf, sprach aber eigentlich von seiner besten Freundin,

die ihm so manches Mal den Arsch aus der Jauche gezogen hatte. "Klar!",

warf Marie da ein, um ihn wenig später auf die Wange zu küssen, "Ich weiß, was

du meinst, erzähl ruhig weiter." Marie hatte nun auch Gefallen an seiner tiefen,

dumpfen Stimme gefunden. "JA, gut, mache ich", antwortete Lars, noch durch

den Kuss verstört, bevor er kurz durchatmete und begann, weiter zu erzählen:

"Ja, und, ich habe sie aber auch nicht immer richtig behandelt. Ich hätte offener zu ihr sein müssen. . . " "Offener?" fragte Marie verunsichert. "Die Frau hat dich nur ausgenutzt!" "Ich weiß" seufzte Lars. "Aber was will man machen. . . wo die Liebe hinfällt. . . " Marie merkte, dass das Gespräch Lars sehr beeindruckte, und so entschloss sie, von dem Thema abzulassen und mit Lars gemeinsam schlafen zu gehen. Als sie in der Wohnung angekommen waren, setzte sie sich aber auf Lars' Schlafsofa, und schlief, während er Fenster und Türen abschloss, ein. Lars kam zurück und bemerkte diesen Umstand, doch wollte er Marie lieber auf dem weichen Bett schlafen lassen. Also legte er seine Arme unter sie und hob sie auf die weiche Matratze. Marie begann fast zu schnurren, war aber nun nur noch im Halbschlaf, sodass sie sich noch in den Schlafanzug umziehen konnte. Lars legte sich in das Bett neben ihr, und die beiden fingen an zu schlafen. Lars hatte sein Handy lautlos gestellt und das Telefon aus der Dose gezogen; er wusste, dass Anna die ganze Nacht wach bleiben würde, um Telefonterror zu machen.

Getrennt werden

Der zweite Turniertag war wesentlich erfolgreicher als der erste, und so kam

es, dass Lars sogar einen Preis für sein 3:1 bekam. Er hatte nämlich sogar gegen

Marie gewonnen, die dadurch zwar leicht geknickt war, Lars den Sieg aber

durchaus gönnte. Anna war an Turnierort auch aufgetaucht; ihre feuerroten Augen

bestätigten Lars' Ahnung vom Vortag. Nach der Siegerehrung fuhren die

beiden zu Lars nach Hause, um Maries Gepäck zu holen, denn nun war die wohl

härteste Zeit für die Beiden gekommen: Der Abschied voneinander. Auf dem

Weg zum DB-Bahnhof hatten sie noch viel gelacht, doch je näher die Minute

rückte, zu der der Zug, für den Marie nach ihren anfänglichen Problemen mit

dem LKW-Fahrer Tickets gekauft hatte, abfahren sollte, desto schlimmer wurde

die Atmosphäre. Beide hätten in Tränen ausbrechen können, wollten dies dem

anderen aber nicht zeigen. Zu sehr lastete der Gedanke auf ihren Schultern, den

Abschied für den anderen nur noch schwerer zu machen. Also standen sie da

und umarmten sich, in dem Wissen, das es nur ein Abschied auf Zeit war, und

jede Sekunde, die verstrich, auch weniger zwischen dem erneuten Wiedersehen

lag.
 

Andererseits wusste Lars' als Single nur zu gut, wie es sein würden, käme

er nach Hause: Er würde auf das leere Bett blicken, und schon jetzt Marie

vergessen. Er war sich selbst seiner Gefühle noch nicht sicher, und trotzdem

hatte er Interesse an einer Beziehung zu Marie, die er am liebsten 24 Stunden

knuddeln würde. Marie selbst war betrübt, und hatte keine Ahnung, was sie nun

denken solle. Daher zog sie es vor, erstmal Abstand zu gewinnen. Der Zug fuhr

ein, und hatte einen dreiminütigen Aufenthalt am Bahnhof. Lars half Marie noch

beim Einladen, und wenig später ertönte die Pfeife des Schaffners, und langsam

setzte de Zug sich in Bewegung. Lars winkte ihm mit einem weißen Taschentuch

hinterher. Auf dem Weg nach Hause konnten beide nicht vom Boden aufsehen.

Die abenteuerlichsten Gedanken flogen ihnen durch den Kopf, und ehe er sich

versah kullerte auch schon die erste Träne von seiner Wange. Marie konnte ihre

Tränen zurückhalten. Wie immer wenn sie traurig war, wollte sie am liebsten

nur noch schlafen und nie wieder aufwachen.

Gammel und I-Net

Dank der glorreichen Mittel der Telekommunikation, die das 21.te Jahrhundert

Lars und Marie bietet, konnten die beiden auch über die große Entfernung in

Kontakt bleiben. Telefon, Handy, SMS, E-Mail, ICQ, MSN und KGS bildeten

einige der Grundlagen für den Kontakt. Die Beiden wussten, dass diese Grundlage

sehr dürftig war; doch gab es keine andere Möglichkeit für sie. Sicher,

zusammenziehen und Briefe, aber beide borgen die allseits bekannten Nachteile.

Und so verbrachten sie ihren Tag "ganz normal", nur halt unter dem Druck,

möglichst schnell die E-Mails abzufragen, und in den KGS zu kommen. Lars

ging noch zur Schule, hatte seine Abiturprüfung aber bereits bestanden. Marie

hatte noch zwei Jahre vor sich, weswegen sie der ganzen Sache wesentlich

ruhiger entgegenblicken konnte. (Zur Information an den geneigten Leser: Lars

hatte folgende P-Fächer: Mathematik, Physik, Spanisch, Philosophie und Marie

Englisch, Französisch, Psychologie und Biologie. Diese Informationen helfen

dem Leser höchstens, sich die Personen genauer vorzustellen; eventuell sind sie

auch später von Belang.) So schrieben sie sich Tagelang, am Wochenende sogar

teilweise über 13 Stunden. Ein Wiedersehen wollten die beiden so schnell wie

möglich arrangieren. Mittlerweile war Marie jedes Mal wehmütig, wenn sie so

über die großen Hamburger Plätze wie Rathaus etc. zog. Nur zu gerne würde

sie Lars "ihr" Hamburg zeigen. Und so kam es dann auch. Lars' Ferien und Maries

fielen dieses Jahr genau zusammen, und so beschlossen sie, dass Lars eine

Woche bei Marie übernachten sollte. Der Wille war dort. . . Allerdings gab es

unberechenbare Probleme: Die Eltern. Ein hartes Stück Arbeit, das innerhalb

der nächsten Woche zu beseitigen war.

Die Eltern

Verstohlen schlich Marie sich in die Küche, unermüdlich, den schwankenden

Blicken des Vaters ausweichend, während sie versuchte, sich ungesehen an ihre

Mutter zu nähern. Aber es war zu spät, der Vater hatte sie schon längst aufgenommen und mit einem fröhlichen "Gn Mun" begrüßt, was wohl an besagtem Morgen soviel zu bedeuten hatte wie "Guten Morgen". "Morgen", entgegnete sie ertappt, "ich wollte nur kurz zu Mutti. . . " Ihr Vater war längst wieder in seine Zeitung vertieft, sodass das Unternehmen Übernachtung begonnen werdenkonnte. "Du?" fragte sie skeptisch; jederzeit bereit, sich vor den orkanartigen Windböen zu schützen, "darf der Junge aus Berlin bei uns übernachten?" Sie kniff die Augen zusammen. "Ja, ist ok, bist ja alt genug, du musst ja schließlich selbst mal lernen, was gut für dich ist.". Marie fühlte sich gar nicht wohl. Entweder hatten Aliens ihre Eltern oder zumindest wesentliche Teile übernommen bzw. assimiliert, oder sie waren in den Konsum illegaler Betäubungsmittel abgeglitten. Da es weder nach Hasch, Marihuana oder Crack roch, und die Pupillen ihrer Mutter normal geöffnet waren, war Möglichkeit eins plausibler. Außerirdische. Diese könnten dann aber nicht gefährlich sein, denn sie stellten ihre Eltern ruhig - genial. Nun, nachdem diese Vorbereitung so sorgfältig getroffen worden war, konnte sie endlich ein neues Vier-Stunden-Telefonat mit Lars beginnen.

Die Anreise 2

Nur wenige, für Marie und Lars allerdings viel zu lange Wochen trennten die

beiden voneinander, bis Lars endlich, aber doch mit einem Gefühl der Unsicherheit den IC179 bestieg und mit diesem Richtung Hamburg fuhr. Langsam

wurde der Fernsehturm kleiner, und da es morgen war, begann die Sonne, sich

langsam majestätisch über das wunderschöne Berlin zu erheben. Lars war schon

oft Bahn gefahren, nachdem ihn ein Freund, Holger, mehrmals mit seinem alten

Punto ohne Tacho zu vielen Turnieren mitgenommen hatte. Das Auto machte dann meist bei jeder Form der Beanspruchung Geräusche, die einem das Herz bei Tempo 160 (schätzte er) bis zum Halse schlagen liessen. Er selbst hatte auch keine Lust mit seinem Wagen zu fahren - sagte er. In Wahrheit gehörte das Auto ihm gar nicht, sondern es war das Familienauto. Die Bahn fuhr durch viele Städte die er kannte. Stunden vergingen, da war er in Hamburg-Bergedorf.
 

Er und Marie hatten ausgemacht, dass er sich von hier mit dem Mobiltelefon melden würde. Langsam fuhr er von Südosten nach Hamburg hinein. Als plötzlich der Michel auftauchte, begann er, sich von neuem Sorgen zu machen. Würde

er gut von Maries Eltern aufgenommen werden? Wie würden er und Marie sich

verstehen? Finde ich sie am Bahnhof? Der Zug passierte inzwischen die Weichen

an den Deichtorhallen, und so wusste er, unterstützt durch das Bremsen des Zuges, dass er bald in Hamburg Hauptbahnhof aussteigen würde können. Er nahm sein Gepäck von oben, schnallte es sich auf den Rücken, und stieg aus der Bahn. Er sah sich um. Niemand war zu sehen. Vereinzelte Geschäftsmänner bewegten sich hektisch und telefonierend auf einen anderen Bahnsteig, Frauen schlossen ihre vermeintlichen Männer in die Arme. Er drehte den Kopf etwas weiter, konnte aber Marie nicht erkennen.
 

Wie auch, denn diese schlich sich geschickt in seinem Rücken an, um ihn dann fürchterlich zu erschrecken und zu knuddeln. "Operation Knuddelattack" nannte sie dieses Manöver. Es hatte funktioniert. Lars sprang von Angst erfüllt an die Decke, und Marie kringelte sich, da sie es vor Lachen nicht mehr aushalten konnte, auf dem Fußboden. Lars drehte sich um und sagte, immer noch zu Tode erschrocken: "Na, was machst du denn für Sachen mit dem Bärchi?"
 

Marie erkannte, dass er keineswegs böse war, denn in der nächsten Sekunde

schloss er sie in die Arme, knuddelte sie und sagte, dass, falls sie ihn nocheinmal so erschrecken würde, er sie zu Tode kitzeln werde. Marie nickte, konnte sich ein Lachen aber nicht verkneifen, woraufhin Lars begann, sie zu kitzeln. Marie konnte das Lachen nun nicht mehr zurückhalten, und schrie aus Leibeskräften, so dass Lars bald aufhörte. Danach sahen die Beiden sich an, und lachten kurz,bevor Marie Lars an die Hand packte, um ihn in Richtung S-Bahn zu ziehen.
 

Und wie immer begann sein Herz im Purzelbaum zu springen, als ihre Hand

sein Handgelenk berührte.

Hamburger Wohnung

Etwas skeptisch sah Lars nach der Bahnfahrt dem Weg zu Maries zu Hause entgegen,

denn er hatte schon viel von Hamburg Steilshoop gehört. Messerstecher, Vergewaltiger, viel Gewalt usw. . . Keine seiner Befürchtungen wurde bestätigt,

nichts passierte. Und so stiegen sie nach einer sehr unterhaltsamen Busfahrt endlich aus. Lars war es egal, das die Last seiner Tasche so schwer auf seine Schulter drückte, immerhin war er bei Marie und von dem Gefühl überwältigt, dass dieser Stadtteil auf ihn ausübte. Der Siebener (für Nichthamburger: Der Metrobus der Linie 7) bahnte sich seinen Weg.
 

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Steilshoop ist ein Hamburger Stadtteil, der einen schlechten Ruf hat, aber eigentlich recht normal ist...

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Steilshoop erhob sich wenig majestätisch, eher kränkelnd und schwach und mit einem Hauch von verlassenem Industriegebiet vor ihren Augen. Der Bus hielt an, die beiden stiegen aus. "Komm", sagte Marie, sehr selbstsicher, was sie in dieser Situation von sich selber nicht verstand, "da hinten wohne ich". Lars dachte bei sich nur: "Wo?". Er kannte diese monotonen, gleich aussehenden Wohnungen ja auch aus Berlin Hohenschönhausen. Sie öffnete die Türe. Leise tappste sie hinein, und wie Lars an ihr - ebenfalls leise - zu folgen. Das hatte leider nicht den gewünschten Effekt: Ihr scheinbar immer noch von Außerirdischen besessener Vater schmiss die Tür auf und gab mit einem freundlichen, jedoch für ihn untypischen "Moin Moin, is det de utländer, de wi opnehmn schalln?", einem pseudo-plattdeutschen Ausruf, der in diesem Moment scheinbar sein weltmännisches Hamburgersein unterstreichen sollte.



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