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Hai to Ame

sorry dass so viel zeit vergangen ist, aber das neue kapitel ist jetz endgültig online, am neuen wird schon gearbeitet ! wie immer gilt: THX an meine leserschaft :3 and maximum THX für eure kommentare und ens!
von

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Tsumi o kasane kizuita sekai ~ A world constructed with layers of sin

Kapitel 1
 

Tsumi o kasane kizuita sekai ~ A world constructed with layers of sin
 

Der Wind hielt eisig Einzug über das Gelände. Das Pfeifen und Gellen war markerschütternd. Wie der Klageschrei eines ausgehungerten Wolfes. Jeder herausstehende Winkel des Feldmassivs durchschnitt die scharfe Luft. Grau in Grau. Überall schraubten sich klamme Felstürme in die Höhe. Der Himmel wölbte sich bleiern über den baumlosen Felsgarten.

Die klirrende Kälte kroch langsam seinen gesamten Körper hinauf. Zitternd und bebend bahnte er sich einen Pfad durch das unwegsame Gelände. Müde, erschöpft und ausgehungert. Der Atem prellte seine Rippen, die Luft schnitt ihm die Kehle durch und brannte in seinem gesamten Körper wie eisige, auflodernde Flammen. Kahl und höhnisch blitzten die Felsen ihn an. Schwer keuchend stand er nun vor einer Felswand. Unüberwindbar schnitt sie ihm den Weg ab. Die Schwärze, die sich vor ihm aufbaute, legte sich bedrohlich über ihn und drohte einzubrechen. Die eisigen Winde peitschten gegen sein taubes Gesicht. Der Schatten der Wand drückte ihn nieder und hielt ihn in seinem Bann. Aufsteigende Panik verdrängte das letzte Quentchen Wärme in seinem Körper. Intuitiv setzte er zur Flucht an. Der Berg grölte dumpf. Risse bildeten sich. Wie ein Netz überzogen sie alles, sie schmiegten sich auf jede Fläche. Der Wanderer im Nebelmeer versuchte sich mit einem letzten Energieschub aus dieser kargen Hölle zu befreien. Von Angst getrieben stürzte er sich ein Plateau hinab, doch das Netz hatte ihn alsbald eingeholt und umfasste ihn nun vollends. Schwere Schattengebilde quollen aus den Spalten und fassten nach ihm. Ungestüm versuchte er die Finsternis von sich zu drücken. Ein fester Griff am Nacken zog ihn nach unten. Hart schlug er auf dem Gestein auf. An seiner Kopfpartie breitete sich eine Wärme aus. Bald sollte es vorbei sein. Surreale Hände fassten ihn und zogen ihn tiefer in den Abgrund, tauchten ihn ins Leere.

Dunkelheit, der eine Schatten übermannte den anderen, verschlang ihn und wurde wiederum verschlungen. Die Schatten verdichteten sich. Ein Spiel der Finsternis. Grautöne schlangen sich ineinander und formierten sich zu Türmen und Spiralen, zu Trugbildern seines innersten Ichs. Er wollte vergessen können. Schwarze Schlieren zogen ihn tiefer in das düstere Schauspiel. Immer tiefer.

Schwarz, nun war alles Schwarz. Nein, es war vielmehr als ob man erblindet sei, erblindet von den grausamen Ereignissen, die sich verdunkelnd über seine Iris legten, die ihren Strick immer fester um seinen Hals zogen und ihn zu ersticken drohten. Stille, bedrohliche Stille, die ihn taub machte, verschlang ihn. Er war mittendrin, er war gefangen, ein Gefangener seiner Selbst, seiner Angst, seiner Einsamkeit.

Ein mildes Lächeln zierte sein fahles Gesicht.

Homogen aus dem kalten Felsmassiv thronte ein Tor über dem Szenario. Die steinernen Flügel waren verschlossen. Kaltes Licht lies Glimmer und Spat in seinen Facetten erstrahlen. Zerbrochene Säulen, zertrümmerte Mosaikböden und zerschlagene Grundfeste umsäumten das Relikt. Unberührt stand es aufrecht in dem Meer der Ruine. Zu seinen Füßen ein Ozean aus Finsternis.

Das Krächzen einer Krähe versickerte in der Stille.
 

Am wolkenverhangenem Himmel hatten sich langsam verschiedene Grautöne gebildet. Unmerklich verfinstere sich der Schulhof. Ein dunkler Schleier legte sich über die Anlage. Kleine Wasserspränkel bildeten sich auf dem kalten Boden. Es begann zu regnen. Zuerst nur vereinzelte Tropfen, dann dicke, schwere, die nun zahlreich auf die Erde schlugen und zerplatzten.

Eine dunkle Gestalt lag zusammengerollt auf dem Asphalt. In der Gosse hatten sich schon kleine Sturzbäche aus Regenwasser gebildet. Dünne Rinnsale von Blut zogen sich wie ein fein gewobenes Netz durch das angestaute Regenwasser.

"Hey, Freak! Steh auf!"

Mit einem gezielten Tritt in den Unterleib versuchte er den Jungen aus seiner Ohnmacht zu reißen.

Daisuke durchfuhr ein dumpfer Schmerz. Seine Augenlider waren bleischwer, er konnte sich nicht dagegen wehren.

"Was, wenn er nicht mehr aufwacht?", eine zweite Person schob sich zu dem vermeintlich Bewusstlosen und beäugte ihn. "...wenn jemand rausbekommt, dass wir das waren?"

Der Angesprochene schluckte schwer.

Eine dritte Gestalt löste sich aus dem Schatten und betrachtete das ihm dargebotene Schauspiel aus Distanz. In einer langsamen, schläfrigen Bewegung erhob sich seine Hand und seine langen, schlanken Finger führten die Zigarette erneut zu seinem Mund. Ein letzter Zug, ein letztes Aufglimmen der Zigarettenspitze und ein letztes seufzendes Ausatmen, dann war sie ausgebrannt. Bläulicher Dunst umhüllte ihn kurzzeitig bevor er den heruntergebrannten Stummel achtlos wegschnippte. In fließenden Bewegungen kam er auf seine Schulkameraden zugeschritten, ein lauernder Blick, der dem eines Panthers glich, war in seiner Mimik manifestiert.

Die Aufmerksamkeit der beiden Ratlosen fokussierte sich auf ihren Bandenführer. Bestimmt schritt dieser auf den leblosen Körper zu. Mit herablassendem Blick musterte er den Kleinen genauer.

Seine Schuluniform war getränkt vom kalten Regen. Das Blutrinnsal, das von seinem Haaransatz hinunter zu seinen Wangen verlief, bildete einen harschen Kontrast zu seinem kreidebleichen Gesicht.

Ein sadistisches Lächeln umspielte seine geschwungenen Lippen. Er beugte sich hinab und strich dem Jungen sachte ein paar durchnässte Strähnen aus der Stirn. Das Regenwasser perlte von seinen Wangen und vermischte sich mit dem geronnen Blut.

"Ich weiß, dass du wach bist... ", hauchte eine dunkle Stimme direkt an seinem Ohr, und bewirkte, dass sich sämtliche feinen Härchen auf Daisukes Haut aufstellten. Der heiße Atem schmerzte auf seinem vor Kälte taub gewordenen Ohrläppchen. Wie sehr er ihn hasste. Provozierend strich er mit seiner Zunge über Daisukes Ohrmuschel. Die Starre des fragilen Körpers brach augenblicklich in sich zusammen, Daisuke versuchte mit fahrigen und unkoordinierten Bewegungen seinem Peiniger zu entkommen. Aber seine blutverkrusteten Hände griffen ins Leere, sie fanden keinen Halt.

"Kaoru, bitte.." Daisukes zittrig vibrierende Stimme ging in der monotonen Geräuschkulisse des Regengusses unter.

"...lass mich gehen". Sein Flüstern erstarb.

"Wer wird denn gleich", ein triumphierendes Lächeln legte sich auf die Lippen Kaorus. Bestimmt drückte er den Kleinen flach auf den Boden. Die Unebenheiten schürften Daisukes Gesicht auf. Kleine Kieselsteinchen bohrten sich in die empfindsame Haut. Trübes Regenwasser umspülte ihn. Daisukes Körper war zum Zerreißen angespannt, doch immer häufig werdende Schluchzer durchbrachen diese Körperspannung.

"Kaoru, du hast den kleinen Freak zum Weinen gebracht... wie niedlich. Willst du ihn nicht trösten?", kommentierte einer der Schüler spöttisch. Kaltes, höhnisches Gelächter hallte auf dem Gelände wider. Blanke Angst stieg in Daisuke auf. Eine zweite befremdliche Hand strich ihm beschwichtigend über seine Wange. Wieder traf der rasselnde Atem Kaorus sein Ohr.

"..du wirst doch keine Angst haben, kleiner Freak?"

Unbeholfen wand er sich unter Kaorus Griff, als sich schlanke Finger einen Weg unter seine Schuluniform bahnten.

"Was ist denn hier los?"

"Fuck!"

Sofort erstarben die Stimmen. Daisuke spürte wie sich die starke Hand zurückzog und von seinem Rückrat löste. Kaoru machte einen Satz zurück und sah den Lehrkörper, der sich mit festen Schritten den vier Jugendlichen näherte. Es war so entwürdigend. Daisuke entzog sich dem Gesichtskreis der sich nähernden Person. Der entsetzte Blick vom Lehrer haftete auf dem sich krümmenden Jungen am Boden. Eine harsche Geste seinerseits deutete den Bandenmitgliedern den Weg zurück ins Schulgebäude.
 


 

Er sog am Glimmstengel und in einer beiläufigen Geste schnippte er die überstehende Asche weg. Eine zarte Wolke des grauen Dunstes umgab ihn. Kaorus Blick war finster und undurchsichtig. Wegen diesem kleinen Idioten hatte er sich schon wieder einen Verweis eingefangen. Noch einen mehr und er konnte eine Abschiedsparty an der Schule schmeißen. Beiläufig zog er an der Zigarette und atmete den kalten Rauch aus. Das würde der Freak noch bitter bereuen. Auf andere Weise.. auf anderem Terrain. Noch einmal würde er sich sicherlich nicht erwischen lassen. Er bemerkte nicht wie die Asche abbröckelte..

"Hey, Kaoru."

Ohne eine Rührung zu zeigen schweifte sein Blick zu seinen Schergen, die sich unruhig auf seiner durchgelegenen Ledercouch räkelten. Shin spielte fiebrig mit einem Feuerzeug in der Hand. Immer wieder lies er es zwischen seinen Finger hin und her gleiten.

"Die Sache von heut Vormittag hat mich voll angepisst. Du willst den Freak doch nicht davonkommen lassen? Wenn der Typ heute nicht die ganze Zeit im Krankenflügel gewesen wär, hätt ich ihm so die Fresse eingeschlagen."

Seine Augen funkelten. Tatsuhas beiläufiges Nicken bestätigte den Konsens.

Kaorus Lippen zierte ein süffisantes Lächeln. Er blies kalten Rauch aus.

"Ich will ihn brechen."

Der alles durchbohrende Blick eines Raubtieres lag in seinen Augen verborgen. Er war kein Dilettant. Er lauerte, stoß zu und zerfleischte. Kaoru war berechnend, jedoch nicht berechenbar.

Verständnislos zog Shin eine Augenbraue hoch. "Du willst ihn richtig fertig machen? Mit allen Mitteln?"

Es wurde still.

"Was hältst du von einer Wette?", Tatsuha stellte die Frage zusammenhangslos in den Raum. Die Aufmerksamkeit des Zimmers lag nun allein bei ihm. Sein Gesicht war Kaoru zugewandt, er beobachtete ihn mit einem passiven Gesichtsausdruck. Seine pechschwarzen Strähnen hingen ihm achtlos ins Gesicht, die Augenhöhlen waren tief im Schatten verschwunden und gaben nichts preis.

"Spucks aus, deine theatralischen Gesprächspausen n.e.r.v.e.n!", zischte Shin.

Tatsuha fuhr unbeeindruckt fort "Brech ihn von Innen heraus. Weißt du wie sentimental der Typ ist?"

Kaoru schenkte seinem Freund aufmerksam Gehör. Die Zigarette war schon fast abgebrannt. "Er schreibt Lyrik, er drückt sich in Bildern aus, er komponiert... ein Künstlerherz, verstehst du? Lass es ausbluten bis es nicht mehr schlägt."

"Woher weißt du das denn wieder?" Shin fühlte sich komplett im Dunkeln gelassen.

"Oh, ich renne nicht so ignorant wie du durch die Welt", entgegnete Tatsuha spröde.

Die Zigarette brannte bis auf den Filter nieder.

"Du meinst ich sollte-"

Tatsuha fiel Kaoru ins Wort.

"Stiehl ihm sein Herz."

Für kurze Zeit flackerte die Asche ein letztes Mal auf. Erkaltet blätterte sie ab und fiel zu Boden.
 

Mit einem lauten Ächzen fiel die Türe ins Schloß. Es war dunkel und nah an den Fensterscheiben spinnten Nebel. Das Zimmer war in dichtes und geheimnisvolles Dunkel getaucht. Nur kleine, matte Lichtflecken bildeten sich am Fensterglas. Es waren die Abbilder der Straßenlaternen von draußen, deren seidiger Schein versuchte durch die Scheiben zu brechen. Aus den vielen Winkeln des Zimmers quoll die Dunkelheit hervor und überwucherte den Lichtschein.

Ein zitternder Junge wurde von ihr verschlungen. Mit schwachen Bewegungen streifte Daisuke sich sein zerrissenes Jackett von den Schultern.

Tränen stachen ihm in die Augen. Was für ein erniedrigendes Spiel die Welt mit ihm trieb. Und er war der Spielball. Lediglich ein Objekt. Unwirsch wischte er die salzige Tränenspur von seinem Gesicht, ... die ihm angelegten Verbände störten. Er war es leid von solchen lästigen Gefühlsausbrüchen in die Knie gezwungen zu werden. Doch seine innere Zerrissenheit ließ ihm keine andere Wahl. Er war nur ein Opfer. Und Kaoru ein laienhafter Puppenspieler auf niedrigster Ebene. Irgendwann würde ihn das Schicksal mit aller Härte treffen und zerschlagen.

Unsicher tappte er in der Dunkelheit des Zimmers und griff nach einer Schere, die scheinbar vergessen auf dem Boden lag. Einige Augenblicke lang betrachtete er den metallischen Gegenstand intensiv, der wie flüssiges Silber im diffusen Licht der Außenwelt in seinen Händen lag. War er nicht geboren, um zu sterben?

Achtlos glitt das weiße Hemd von seiner weichen Haut zu Boden. Matt schimmerte sie im Mondlicht. Dann stach er zu. Mit der Schere fuhr er unter die Verbände, zerschnitt die Muhlbinden, versuchte das aufdringliche Material zu lockern und zerrte an ihnen.

Die zerstückelten Leinenfetzen fielen blutgetränkt auf den Grund.

Ein metallisches Klirren erfüllte den Raum.

Tokeijikake ~ Clockwork

gomen ne! dass die fortsetzung so lange hat auf sich warten lassen. bin gerade ein -wenig- im stress mit facharbeit und klausuren.*hust* bzw: ich hoff, dass ich -überhaupt- fertig werd mit meiner fa.(macht niemals in kunst, bitte! tut euch das nicht an!)

aber trotz alledem: ein dickes dankeschön für eure konstruktiven kommentare! ich bin ganz gerührt, die 2. ff in meinem leben und ich hab so viel anklang (va weil die erste schon 5 jahre her is ^^°) allen voran bou ein >doumo arigatou<! *verbeug* ich hoff, das nächste kapitel gefällt euch, die lemon kommt natürlich auch noch, versprochen ^^°

*sen no kisu* an meine mio und immmortal bride, als beta-leser seid ihr einfach unersetzlich!

lean back n enjoy
 

Tokeijikake ~ Clockwork
 

Der Gong hallte laut und vibrierend im Schulgang wider. Hektisch suchten noch ein paar wenige Verirrte den Weg zu ihren Klassenzimmern. Mit der Zeit war die Schülerflut abgeebbt.

Daisuke saß teilnahmslos an seinen Platz. Den Kragen der Schuluniform hochgeschlagen, kritzelte er mit hastigem Duktus auf ein Blatt Papier. Mit scheinbar willkürlich gesetzten Strichen entstanden langsam einzelne Bildelemente. Ein Landschaftsbild? Es sah so aus, als hätte der Junge in seinem Leben noch nie etwas anderes getrieben. Seine Bewegungsabläufe waren absolut stereotyp.

Kaoru beobachtete den Kleinen argwöhnisch. Tatsuha hatte Recht behalten, es fiel ihm erst jetzt auf, dass er nicht ohne ein Blatt Papier oder seinem Black Book anzutreffen war. Lächerlich. Kaoru lehnte sich zurück und ließ den Eindruck des in seiner eigenen Welt lebenden Freaks auf sich wirken. Es fiel nicht auf, denn er saß zwei Reihen hinter Daisuke. So konnte Kaoru sich seinen Studien am lebenden Objekt in aller Ruhe und Ungestörtheit widmen.

Daisuke war tief in seiner Arbeit versunken. Dünne, feine Linien verwoben sich zu Konturen. Schwarze Schraffierungen ließen dunkle Felswände entstehen. Ein Bergmassiv schraubte sich hinauf aus den Graphitspuren des Schreibgerätes. Am Wipfel, weit entfernt stand ein Tor im Gegenlicht. Man konnte nur die schwarzen Umrisse erkennen. Ein kühler Schauer durchfuhr Daisuke.

"Schließen Sie bitte die Fenster."

Der Lehrer durchschnitt Daisukes Gedankenstrang und riss ihn aus seiner Arbeit.

"Aber sicher doch, sensei.", eine dunkle Stimme von weiter entfernt drang an sein Ohr.

Der introvertierte Schüler schenkte seine Konzentration abermals seinem Werk. Es war unvollständig. Irgend etwas fehlte. Seit Jahren war er seiner Arbeit vollkommen verschrieben, aber kein Bild war je zufriedenstellend gewesen.

Ein plötzlicher Kontakt an seiner Schulter ließ Daisuke zusammenzucken. In einer Ausweichbewegung fuhr er aus seiner gebeugten Haltung hoch. Kaoru. Er hatte ihn mit dünnen, feingliedrigen Fingern absichtlich am Körper gestriffen. Mit geschmeidigen Bewegungen schritt er nach vorne. Bestimmt war es vorsätzlich. Langsam und aufreizend schloss Kaoru die Fensterflügel.

Ein ungläubiges Blinzeln des Lehrers ließ die Schülerschaft kichern.

"Niikura, ziehn Sie hier keine Show ab."

Er feuchtete seine Finger an und blätterte aufgescheucht durch das Inhaltsverzeichnis seines Lehrbuches.

"Seite 45, Die Bildung des Aktionspotentials an der saltatorischen und kontinuierlichen Nervenbahn..."

Ein anzügliches Lächeln brannte sich in Daisukes Sichtfeld, als sich Kaoru den Weg zurück an seinen Platz durch die Reihen der Schüler bahnte. Diesmal nicht an Daisukes Tisch vorbei. Er hörte das laute Knarren eines zurückgeschoben Stuhles. Kaoru war wieder an seinem Platz. Daisuke fühlte sich unangenehm beobachtet. Er hatte der Gang um Niikura Verweise eingebrockt. Schmiedeten sie Rachepläne?

Er verkrampfte die Hand um seinen Bleistift. Mit fahrigen Bewegungen streifte er die offenen Wunden, die von seinem Jackett bedeckt waren. Seine Sicht wurde trüb, die Stimme des Lehrers dumpf und die Erinnerungen klar.
 

Der Gong beendete die Stunde.

Das Geräusch war anbetungswürdig. Kaoru räumte freudestrahlend seine Materialien und Utensilien in die Schultasche. Als er aufsah, war Daisuke auch schon zur Tür heraus verschwunden. Er grinste. Die Hetzjagd war eröffnet.
 


 

Daisuke drängte sich zwischen den Mitschülern durch die überfüllten Gänge. Immer wieder wurde er beinahe von der Kraft des Gedränges zu Boden gerissen. Es war der Pausengong, der die vorige Stunde beendet hatte. Vor dem Schulbäcker entstand eine Traube hungriger Schüler, die aufgeregt mit ihren Yenstückchen in der Hand klimperten, in der Hoffnung noch etwas von dem beliebten Gebäck abzubekommen. Der Andrang war groß.

Daisuke zog an ihnen vorbei. Er lehnte sein Gewicht gegen die schwere Flügeltür des Haupteinganges. Kalte Herbstluft ließ die rot und golden gefärbten Blätter im tristen Schulhof tanzen. Keiner war zu dieser Jahreszeit im Hof anzutreffen, nur vereinzelt sah man einige jüngere Jahrgangsstufen draußen miteinander spielen, lachen und glucksen.

Vereinsamt schlug er den Kragen seiner Uniform hoch und lief zielgerichtet auf eine dunkle Betonwand zu, die hochgezogen war, um die Sportanlage des Geländes vom Hof abzutrennen. Müde ließ sich Daisuke an ihr hinunter gleiten. Die kühle, frische Luft, die ihn umspielte, tat gut. Und er war endlich alleine. Keine lästigen Blicke oder Kommentare. Nichts hasste er mehr als zu viele Menschen auf einem Fleck. Isoliert von allen konnte er endlich für sich sein.

Ungeduldig fuhrwerkte er an den Verschlüssen seiner Schultasche und zog sein Skizzenbuch heraus. Ein kurzer Blick auf die Seitenkanten und sein unvollendetes Werk war aufgeschlagen. Er schob sich einen Druckbleistift zwischen die Lippen und hielt die Zeichnung eine Armlänge von sich weg. Kritisch beäugte er das Bild.

"Was fehlt denn nur...", murmelte er zu sich und legte seinen Kopf schief.

"Ein vernünftiges Motiv.", kam die Antwort aus dem Nichts.

Die unerwartete Stimme warf Daisuke vollkommen aus dem Konzept. Er geriet ins Straucheln und das Black Book fiel geräuschvoll zu Boden. Vollkommen wirr ordnete er seine Haare und blickte in die durchdringenden Augen Kaorus. Der Bleistift machte sich unwillkürlich selbständig und rutschte aus Daisukes heruntergezogenem Mundwinkel.

"Du hast da was verloren, Kleiner."

Kaoru setzte sich auf einem Knie ab und griff nach dem Skizzenbuch. Bevor seine Fingerspitzen es berührten, hatte Daisuke es schon geborgen und hielt es fest umschlungen in seinen Armen.

Kaoru grinste den Oberstufenschüler unverhohlen an. Seine Selbstsicherheit und seine künstliche Arroganz kannten scheinbar keine Grenzen.

"Du hast ja Reaktionen. Beachtenswert. Scheint ja sehr persönlich zu sein, dein Buch."

Daisuke fühlte sich von Kaorus Präsenz in eine Ecke gedrängt. Was zur Hölle wollte Kaoru von ihm? Der verschüchterte Junge versuchte vergebens Distanz zwischen sich und Kaoru zu bringen. Die kahle Betonwand verhinderte dies. Unsicher tastete er mit einer Hand, um sich zu stützen und Stabilität in seine Haltung zu bringen, der Bandenführer sollte ihm endlich mit Respekt begegnen.

Kaoru bemerkte die panikbehaftete Schüchternheit des Kleinen. Genau das wollte er erreichen , es war so einfach mit willensschwachen Charakteren zu spielen. Die Reaktionen waren so vorhersehbar. Er kostete seine Überlegenheit vollends aus.

"Solche einseitigen Gespräche sind recht monoton, findest du nicht?"

Daisuke antwortete nicht, er wollte seinen unliebsamen Klassenkameraden einfach nur ausblenden. Sein Buch hielt er fest umklammert in einer starren Umarmung. Der Wind pfiff durch die leeren Gassen und Höfe des Geländes. Daisuke saß aufrecht und blickte in das Gesicht seines Gegenübers. Kaoru kniete vor ihm und lies nichts durch seinen Mimik durchsickern. Es war ein stiller Kampf entbrannt. Keiner war gewillt den steten Blick abzuwenden.

"Andererseits, ... lassen sich Gesprächspausen ja immer recht sinnvoll überbrücken."

Kaoru stützte seine Hand auf die kühle Mauer, zog Daisuke schroff am Nacken zu sich hoch und betrachtete ihn mit neutralem Interesse.

Daisukes mandelförmigen Augen waren schockgeweitet. Kaoru spürte wie dessen knochige Finger sich in seinem Jackett verharkten und versuchten ihn von sich zu drücken. Er grinste unwillkürlich.

Schwer keuchend spürte Daisuke die kühlen Lippen Kaorus, die sich hart auf die seinen legten. Die rabenschwarzen Haarspitzen kitzelten auf seinen Wangen. Er glitt über Daisukes Lippen, schob sich zwischen sie, seine Zungenspitze fuhr sachte die Konturen seiner Unterlippe nach, sog an ihr.

Daisuke wehrte sich nicht. Wieso nicht? Er biss hart in seine Unterlippe. Vielleicht musste man ihn aus der Reserve locken? Kurz zuckte der Körper unter ihm zusammen aber er zeigte keine Reaktion, weder eine der Zuneigung noch eine der Ablehnung. Ging es denn so spurlos an ihm vorbei? Seine Lippen waren vollkommen starr.

Kaoru löste sich von dem einseitigen Kuss und besah sich Daisukes versteinerten Gesichtsausdruck. Seine Augen waren trübe, das Gesicht blutleer und seine Lippen spröde. Kaoru wich ein wenig zurück.

"Hey! Kleiner!"

Mit seiner Stimme erreichte er ihn nicht.

"Tickst du jetzt ganz aus?"

Er schnippte mit seinen Fingern knapp vor Daisukes Nasenspitze. Zweimal. Dreimal.

Nicht zu fassen...

Kaoru stand auf . Resigniert lies er sich neben ihm fallen. Aus seiner Hosentasche fischte er sich eine Zigarettenschachtel. Ungeduldig zog er sich einen Glimmstengel aus der Schachtel und schob ihn zwischen seine Lippen. Gedankenversunken durchstöberte Kaoru seine Jackentaschen.

In seiner Innentasche hatte er schließlich das gefunden, was er gesucht hatte. Ein silbernes Feuerzeug. Er ließ den Deckel aufschnappen. Die flackernde Flamme ließ die Zigarettenspitze erglimmen. Ein lautes Seufzen entwich ihm.

"Dich störts doch nicht, oder?"

"Ach ja dich stört ja überhaupt nichts."

Kaoru inhalierte den Rauch tief.

"Danke der Nachfrage ich fands auch toll."

"Ja klar können wir uns mal daten."

"Wie wärs mit ner Sushi Bar oder Karaoke!"

"Ne...o-cha is nicht so mein Fall."

"Ich übernehm mal die kleinen Nichtigkeiten, dann brauchst du nicht so viel mit mir zu reden, macht dir doch nichts aus, ne?"

Kaorus Geduldsfaden wurde merklich immer dünner. Daisuke war vollkommen weggetreten.

"Hey, komm. So schlimm wars auch nicht. Ich fass das als persönliche Beleidigung auf, wenn du nicht gleich wieder zu dir kommst. Küss ich so schlecht? Wegen so ner kleinen Sache musst du ja nicht gleich zu nem taubstummen Psychopathen mutieren."

Der Tonfall ging langsam von angespannt in aggressiv über. In einer unkontrollierten Bewegung schnippte er die Asche seiner Zigarette zur Seite.

"Soll ich n Exorzisten für dich rufen?", schnarrte Kaorus rauchige Stimme.

Daisukes Augen wurden glasig, er zitterte und umklammerte apathisch sein Skizzenbuch. Kaorus überraschter Blick fiel auf die verkrampften Finger des Kleinen. War das Buch sein wunder Punkt?

Überrascht sah er, dass sich Daisukes starrer Ausdruck seiner Miene langsam auflöste. In einer ruckartigen Bewegung packte er seine Schultasche und wankte mit großen Schritten zum Haupteingang zurück.

Kaorus Gesichtszüge entgleisten. Was war das für eine Aktion gewesen? Von weitem sah er, wie sich Daisuke mit den Ärmeln über das Gesicht wischte.
 


 

Das Uhrwerk arbeitete stumm. Das Ticken der Uhr war nur noch ein Ausdruck von Sinnlosigkeit. Daisuke stand regungslos vor einer Wand. Es war nicht mehr viel von ihr zu sehen, nur noch stellenweise blitzte die kahle, weiße Putzwand hervor. Endlos viele Blätter verhangen die Sicht auf das Mauerwerk.

Allesamt waren die Blätter bemalt. Schwarzweiß. Doch die schwarzen, feinen Linien verliefen in der Gesamtheit im Sande. Es war nur noch ein unendliches Wirrwarr von Strichen und Formen ohne irgendwelche Bedeutung.

Rote Farbe glänzte. Sie war noch nicht trocken. Die Schwerkraft zwang sie dazu, nach unten hin zu verlaufen. Die Schrift legte sich höhnisch kreischend über die Bleistiftzeichnungen.
 

Mada namida tomaranai

Mada furue tomaranai

Ima miteta yume ga kowakute
 

[the tears still won't stop

the trembling still won't subside

the dream I just saw frightens me]
 

Kraftlos blickte Daisuke sein Werk an. Die Farbe tropfte von seinem Pinsel. Schlaff hingen seine Arme an der Seite herab.
 

Ein totes Lächeln lag auf seinen Lippen.

Kalt war der Abendhauch. Das heisere Krächzen einer Krähe durchbrach das monotone Ticken der Uhr.

Mei wo tojite, daite ~ close your eyes, embrace me

Gomen ne! *verbeug* lag in letzter zeit unter bücherbergen vergraben, hatte also nur sehr sehr wenig zeit! >.< zudem hatte ich ja nicht geahnt, dass überhaupt noch irgendjemand diese ff liest...waren ja kaum kommentare da ;_; da sinkt natürlich auch die motivation ._. aber ich freu mich mich dass zumindest ein paar leute etwas zu kapitel 2 geschrieben haben! doumo arigatou!
 

hoffe euch gefällt das 3. kapitel :3, die grundsituation klärt sich hier langsam auf ^^
 

have fun!
 


 

Kapitel 3
 

Mei wo tojite, daite ~ close your eyes, embrace me
 


 

"Kennen Sie das Gefühl, tief in einen Abgrund zu blicken? Zu sehen, dass da nichts mehr ist? Man weiß einfach, dass da nichts mehr ist. Man ist alleine. Aber intuitiv spürt man, dass ein Ziel vor Augen alles ändern könnte. Das kann nur eine kleine Sache sein. Aber es würde Ihr Leben umwerfen. Ganz sicher sogar. Endlich würde der pechschwarze Regen aufhören und ich könnte diese Mauer überwinden. Diese große Mauer, von der ich jede Nacht träume. Sie wissen schon. Aber... aber, sie wird immer höher."

Daisuke wurde still und verkrampfte die Hände in seinem Schoß.

Der Psychotherapeut löste sich von seinem Konzept. Natsukawa-sensei trug eine tiefe Sorgenfalte auf der Stirn.

"Daisuke-san, ist etwas vorgefallen? Bei Ihnen im Heim, oder in der Schule vielleicht? Sie wirken äußerst bedrückt."

Daisukes Gesicht wurde wieder licht.

"Nein. Es ist alles wie gewohnt."
 


 

"Und, wie läufts mit deinem Sorgenbündel? Lass doch mal was raus!" Shins fröhlich auflockernde Art stand im kompletten Kontrast zu Kaorus Laune. Er hatte für seinen Freund nichts weiter als einen angewidert abschätzigen Blick übrig.

"Komm schon!", stichelte er weiter, "du konntest nicht bei ihm landen, oder?" Ein breites Grinsen zog sich von Shins einem zum anderen Ohr.

"Heut Vormittag war er nicht im Biokurs.", presste Kaoru zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. Shin konnte sich ein leises Kichern nicht verkneifen.

"Es stimmt also! Der Herr beider Geschlechter hat tatsächlich Probleme mit unserem Schul-Freak!"

"Halt die Klappe!", hisste Kaoru. "Muss ja nicht jeder hier mitkriegen! Ich krieg ihn schon noch so weit."

"Hoffentlich bleibt der Kleine standhaft. Dann wär die Wette gewonnen." Shin tänzelte freudig durch die Umkleidekabine, während Kaoru einen lauten Seufzer ausstieß. Dieser ging jedoch komplett unter im Aufruhr, der sich in der Kabine ausgebreitet hatte. Lautstark wurden Neuigkeiten ausgeplaudert. Das Rascheln von Turnbeuteln war allgegenwärtig.

Shin war der erste, der in die Turnhalle stürmte. Kaoru folgte ihm ruhigen Schrittes.

"...wenn man vom Teufel spricht."

Kaoru blickte fragend in das Gesicht seines Freundes.

"Na, da drüben."

Shin deutete mit einem schwachen Nicken in die gemeinte Richtung. Ganz alleine saß der kleine Freak auf einer Sportbank und wartete auf den Unterrichtsbeginn. Traurig ließ er seinen Kopf hängen. In der Einheitssportkleidung der Schule sah er vollkommen verloren aus. In den Stofflagen der weiten, langen Hose und des ihm viel zu großen T-Shirts ging er beinahe unter. Kaoru lächelte. Die Sportstunde würde sich interessanter gestalten als gedacht.

"Komm, setz dich neben ihn!" Shin gab Kaoru einen leichten Stoß mit dem Ellenbogen in die Seite.

"Du packst dich mal schön in den Hintergrund und hältst dich aus der Sache raus, klar?", herrschte Kaoru seinen Freund an. Shin wurde widerwillig still und setzte sich an den Rand des Geschehens, Kaoru hielt ebenso seinen Abstand von Daisuke. Langsam trudelten die allesamt höchst motivierten Schüler ein. Der Platz um die Bänke herum wurde rar. Mit dem Gong erschien der Lehrer im Türrahmen der Halle.

"Kommt! Auf geht's! Ein wenig mehr Elan, wenn ich bitten darf! Baut die Stufenbarren auf! Die großen und die kleinen Holme! Selbständig aufwärmen! Ich mach heut Noten!"

Ein ächzendes Stöhnen raunte durch die Schülerreihen. Kaorus Laune befand sich am heutigen Tiefpunkt. Das war zu viel des Guten.

Die meisten Schüler ergaben sich ihrem Schicksal und halfen beim Aufbau. Kaoru saß missmutig auf der Bank und beobachtete das kleine Minispektakel.

Daisuke ließ seinen Blick umherschweifen. Ein schwarzer Haarschopf schnitt sich in seinen Sichtwinkel. Erschrocken fuhr er hoch, Kaoru saß nur ein kleines Stückchen von ihm entfernt. Die Schüler, die den Raum zwischen den beiden aufgefüllt hatten, waren nun mit den Sportgeräten beschäftigt. Angestrengt versuchte Daisuke seine innere Aufgewühltheit zu kaschieren, seinen Blick starr auf den Boden gerichtet. Die Holzbank ächzte, als sich Kaoru aufraffte.

Ein paar Finger tippten Daisuke fedrig aufs Knie. Unstet sah der Junge auf. Kaoru lächelte ihn sanft an.

"Komm schon. Du warst die letzten Stunden ziemlich mies am Reck. Ich geb dir Hilfestellung."

Ein verwirrter Daisuke sah ihm angestrengt ins Gesicht.

"Ich will nicht, nicht mit dir.."

Sein Blick nahm klare Züge an, eine klamme Traurigkeit spiegelte sich in seinen Augen wider. Kaoru war sich unsicher den Ausdruck richtig zu deuten. Mit einem Schlag verwarf er seine Gedanken und zog den Kleinen am Ärmel zu einem leer stehenden Stufenbarren in der Ecke der Halle. Zu seiner großen Verwunderung gab der Kleine keinen großen Widerstand, er ließ sich einfach und ohne große Aufstände von Kaoru führen. Überraschte Blicke seitens der Klassenkameraden folgten den Beiden für einen kurzen Augenblick. Kaorus Griff löste sich von Daisukes Ärmel, als sie vor dem Stufenbarren standen.

Er brüstete sich vor den beiden Holmen.

"Die Übung hast du noch im Kopf, oder?"

Daisuke nickte schwach.

"Also, zur Auffrischung", Kaoru kommentierte jeden seiner Schritte. "Zuerst Feldaufschwung auf den großen Holm" Galant schwang er sich auf den höheren Barren und stützte sich mit den Händen fest ab. "Du musst Körperspannung halten, sonst siehst du das Ende der Kür schneller als dir vielleicht lieb ist." Kaoru stabilisierte seine Haltung. "Wenn du dir sicher bist, verlagerst du das Gewicht nach vorne und gehst in die Waage." Nun schwebte er horizontal über den Boden, löste den Griff seiner rechten Hand vom Holm, kippte nach vorn über und griff nach dem unteren Barren. "Das solltest du hinbekommen, oder?" Daisuke analysierte die Turnübung kritisch. "Schau nicht so, du hast den besten Lehrer, den du kriegen kannst" Kaoru grinste verschmitzt. In einer flüssigen Bewegung griff er mit der linken Hand am oberen Holm um, stieß sich kräftig mit den Beinen ab und vollzog eine technisch perfekte Radwende. Geschmeidig kam er auf den Matten auf und schloss damit die Übung ab. "Die Wende verlangt dir höchstens ein wenig Mut ab. Ist in der Ausführung aber relativ banal."

Kaoru schritt bestimmt auf Daisuke zu, der nun völlig desillusioniert vor dem Sportgerät stand.

"Eine kurze Frage an dich... ich kenn dich nur als Freak. Wie heißt du eigentlich wirklich?"

Der Angesprochene blickte in das sonnige Gesicht von Kaoru. Er war vollkommen perplex. Was sollte die Frage? War er wirklich nur als Freak bekannt? Die Tatsache versetzte Daisuke einen imaginären Seitenhieb.

"Sprichst du noch immer nicht mit mir?" Voller Erwartung zog Kaoru spielerisch eine Augenbraue hoch.

"Daisuke desu." Eine kurze förmliche Verbeugung folgte.

Kaoru verfiel bei diesem Anblick in ein akutes Grinsen.

"Kaoru desu. Hajimemashite, Douzo yoroshiku, Daisuke." Er tat es dem Kleinen gleich und schloss das Kennenlernen ebenso höflich ab, auch wenn es ihm albern vorkam.

"Du kommst aus einer traditionsbewussten Familie, oder?" Der erstaunte Junge sah Kaoru an: "Nein, ich habe keine Familie.", gab er spröde zur Antwort. Mit großem Respekt näherte er sich dem höheren Holm. Oha, klassisch abserviert. Damit war Kaorus Frage beantwortet, der Kleine schien nicht weiter darauf eingehen zu wollen. Das hätte er nicht erwartet, er hätte seine Hand darauf verwetten können, dass der kleine Freak der verwöhnt verzogene Spross eines behüteten Elternhaus wäre. Verdutzt guckte er dem Kleinen nach. Daisuke streckte seinen schlanken Körper nach dem Barren. Er sah sich schon mit dem ersten Problem der Übung konfrontiert, Kaoru hingegen schüttelte seine Überlegungen ab und besah sich die kläglichen Versuche des Kleinen den hoch angesetzten Holm zu umgreifen.

"Du musst hochspringen." Er grinste überlegen, während er sich Daisuke näherte. "Spring richtig kräftig ab. Deine kleinen Hopser würden niemals als Sprung durchgehen. Edelmetall bei Olympia kannst du dir abschminken. "

Kaoru fing sich einen angenervten Seitenblick von Daisuke ein, der sich sogleich wieder auf seine persönliche Hürde konzentrierte. Wäre er nur ein paar Zentimeter größer würde sich das Ganze viel einfacher gestalten.

Plötzlich spürte Daisuke einen sanften Druck an seiner Hüfte und seinem Oberschenkel. Ungestüm blickte er sich um, als er bemerkte, dass sich Kaorus Arme um ihn gelegt hatten.

Dieser zwinkerte belustigt. "Kleine Starthilfe ist erlaubt." und hob Daisuke an. Unbeholfen umgriff der Kleine den großen Holm mit beiden Armen und klammerte sich fest. Die unterstützenden Hände lösten sich und schon war die unliebsame Schwerkraft wieder zur Stelle.

"..und was jetzt?", presste Daisuke hervor, während er damit rangelte nicht wieder abzurutschen.

"Stütz dich ab... denk an deine Körperspannung" kam es unter glucksenden Lachern als Antwort. Angestrengt zog er sich nach oben und stützte sich mit aller Kraft zittrig ab. Seine Wunden schmerzten unter der Anstrengung. Kaoru bemerkte die veränderte Mimik des Kleinen.

"So, und jetzt die Waage und das Umfassen des kleinen Barrens." Unruhig tigerte er unter den Holmen herum und korrigierte jeden Haltungsfehler von Daisuke.

"Ich fass da nicht runter."

"Doch tust du, ich geb dir Hilfestellung." Kaoru postierte sich zwischen den beiden Holmen. "Greif um und lass dich fallen." Es kostete Daisuke einige Überwindung den Anweisungen zu folgen. Aber so schwierig konnte das nicht sein. Von außen sah alles immer so einfach aus. Augen zu und durch. Solange Kaoru da war. Daisuke kippte nach vorne über und griff nach dem Holm.

Kaoru leitete den Kleinen, indem dass er seine Hände gegen die Brust des Kleinen presste und sein Körpergewicht damit zu unterstützten versuchte. Amüsiert bemerkte er wie aufgeregt Daisukes Herz klopfte. "Na also, das war die halbe Übung. Jetzt kommt nur noch die Radwende." Wieder überließ er den Kleinen sich selbst und tauchte unter dem vorderen Holm durch, an dem sich Daisuke angestrengt mit einer Hand festklammerte. Ruhig blickte er in Daisukes Augen, die nun auf seiner Höhe waren.

"Komm, den Rest schaffst du auch noch.", ermutigte er seinen Schützling.

"Nein, nie und nimmer. Was ist, wenn ich mit den Beinen an einem Barren hängen bleib?"

"Hast du kein Vertrauen in meine Fähigkeiten?" Kaoru grinste ihn schelmisch an. Die Frage blieb unbeantwortet.

"Sieh nach unten.....", wies er Daisuke ein wenig ruppig an.

Kaoru packte ihn mit einer Hand an seinem Oberkörper und mit der verbliebenen an seinem Rücken. "Und jetzt drück dich mit deinen Beinen ab." Er konnte fühlen wie schnell sich Daisukes Oberkörper hob und senkte. "Keine Angst.", flüsterte er ihm ins Ohr. "Ich bin da."

Mit einem Ruck stieß er sich ab und unter sicherer Anleitung Kaorus Hände vollzog er galant eine Radwende über dessen Schultern. Als er auf sicheren Boden ankam und sich zu Kaoru drehte, belohnte er seinen Lehrer mit einem seichten Anflug eines Lächelns. Kaoru strahlte ihn an.

"Sauber, Daisuke. In dir schlummern verborgene Talente."

Applaudierendes Getöse raunte durch die Turnhalle. Die Beiden hatten nicht bemerkt wie aufmerksam die gesamte Schülerschaft und der Lehrer bei der privaten Nachhilfestunde zugesehen hatten. Ein leichter Rotschimmer breitete sich auf Daisukes Gesicht aus.

"Hey, du hast dich gut geschlagen. Ich hätt nicht gedacht, dass du die Übung hinbekommst. Ich bin stolz auf dich." Hakuei-Sensei lobte seinen kleinen Sorgenschüler. "Du kriegst von mir in der Benotung zwölf von fünfzehn Punkten, ne 2+, is das n Deal?" Daisuke nickte heiter. "Und über deine Note brauchen wir nicht zu diskutieren, ne Kaoru? Volle Punktzahl." Das wollte er auch hoffen.
 

Mit dem Gongschlag stürmten die Schüler in die Umkleidekabinen. Endlich war der Unterricht offiziell beendet. Auch wenn die Noten teilweise nicht so gut ausfielen, war in den strahlenden Gesichtern keine Spur davon zu erkennen. Vorrangig war die Schule aus, das allein zählte. Während sich Kaoru seiner Sportkleidung entledigte, verschwand Daisuke in den Duschräumen. Er sah überrascht auf, Daisuke war dem Anschein nach wirklich der einzige, der diese Einrichtung überhaupt wahrnahm. Grob stopfte er die Turnkleidung in den dazugehörigen Beutel, als er den argwöhnischen Blick Shins auf sich lasten spürte. Ohne irgendwelche Notiz von ihm zu nehmen, antwortete er Shins stummer Aufforderung "Was ist?"

Shin setzte sich auf die Bank neben seinen Freund. "Das war ja eine nette Aktion vorhin. Fasst er langsam Vertrauen zu dir?"

"Scheint so.." Kaoru griff nach seiner Schuluniform. Fluchs schlüpfte er in seine Hosen und zog den Ledergürtel durch die silberne Schnalle.

Shin hatte ein sorgenvolles Gesicht aufgesetzt. "Ich weiß nicht, ob die Wette eine gute Idee war. Wenn uns unsere Klassenkameraden mit dem Freak abhängen sehn, is das irgendwie Rufmord für uns."

Die Schüler waren größtenteils schon aus den Kabinen verschwunden. Kaoru zupfte seinen Kragen zurecht und war gerade dabei sich sein Hemd zuzuknöpfen.

"Die Klasse redet schon über dich, Kaoru."

"Und wenn schon, keiner von denen kann mir auf irgendeinem Gebiet das Wasser reichen. Sie sind nur kleine Spielfiguren. Und wenn ein Bauer meint den König Schachmatt zu setzen, dann sollte er sich erst mal mit den Spielregeln für die Großen vertraut gemacht haben. "

Stille setzte ein.

Ein resignierender Seufzer entkam seinem Freund nach der längeren Gesprächspause.

"Na gut. Tu, was du für richtig hältst. Deine Metaphern werden Übrigen auch immer schlechter...... Kommst du mit?" Shin stand auf und hing sich seine Schultasche gewohnt lässig um die Schultern.

Kaoru lehnte sich zurück: "Danke für die Blumen, das werde ich. Geh ruhig, ich warte noch auf den Kleinen. Du wärst nur im Weg." Aufmunternd klopfte Shin seinem Kumpel auf die Schultern. "Halt die Ohren steif."

Er schlug die Türe mit einem lauten Knall zu. Kaoru war alleine in der Umkleide. Die Duschen waren abgestellt. Schon längst hörte er nicht mehr das laute Zischen des Wassers.

Ein Lächeln huschte über Kaorus Mundwinkel.

Als er Daisuke Hilfestellung gab, konnte er spüren, dass sein Körper überhaupt nicht so verweichlicht war, wie er es erwartet hatte. Die fest angespannten Bauchmuskeln, die trainierte Beinmuskulatur. Der Junge hatte doch ein wenig mehr zu bieten als seine auf den ersten Blick schlacksige Art. Mit jedem neu hinzugewonnenem Detail wurde der Kleine interessanter. Die Wette konnte langsam aber sicher in die Vollen gehen. Müde reckte Kaoru sich auf der harten Holzbank. Wann war er denn verdammt nochmal fertig mit Duschen? Gedankenversunken starrte er hoch zur Decke. Allein die Vorstellung... Die nassen Haare, die dem Kleinen strähnig ins Gesicht hingen. Der heftige stoßweise kommende Atem, wenn das kalte Wasser von dem von Sport überhitzten Körper lief. Die weiche Haut, die von dem Wasser benetzt, seiden schimmerte.

Gegen ein kleines Techtelmechtel mit dem Freak hätte er wirklich nichts einzuwenden. Kaoru überkam unbewusst ein laszives Grinsen. Gott, nicht zu glauben: er wollte ihn.

Ein schrilles Klirren riss Kaoru aus seinen Phantasien. Er richtete seinen Blick auf die dunkle Türe der Duschkabinen.

Ore wa itchattemasuka ~ Am I insane?

*verbeugz*

vielen lieben herzlichen dank an alle meine leser, ich bin geehrt von euren kommentaren ^^

@jolli: psst, verrat doch nicht meinen plot XDD

und einen ganz besonderes dankeschön an die liebe seath, die mich sogar per pm unterstützt hat und mir das gefühl gegeben hat, dass die ff hier gelesen wird!
 

so, hab das kapitel vor meiner bio klausur geschrieben ._. zur "ablenkung"

hoff es gefällt euch und es sind nicht zu viele fehler drin, habs diesmal nicht geschafft es beta lesen zu lassen ++

das kapitel widme ich allen stress geplagten *ausm letzten loch pfeif*
 

have fun ^^
 


 


 

Kapitel 4
 


 

Ore wa itchattemasuka - Am I insane?
 

Daisukes Blick war schal und trübe. Er war alleine. Der Raum war dunkel. Tropfnass kam er aus der Dusche, als sein Blick sogleich an den vom Dampf angelaufenen Spiegeln haften blieb. Durch das milchig trübe Glas betrachtete er seinen Oberkörper. Die Zeichen der letzten Zeit waren deutlich zu erkennen. Rote Blutstriemen, teils schon verkrustet und teils noch offen, schlängelten sich an seinen Unterarmen hoch. Überall Kratzer und Schürfwunden auf der blassen Haut. Seine sich deutlich abzeichnenden Rippenbögen waren überseht mit blauen Flecken, die wie dunkle Male auf dem schmalen Körper hervorstachen.

Er fasste mit seiner Hand an das Spiegelglas und fuhr den Reflexionen seiner Wunden mit den Fingerkuppen nach. Das kondensierte Wasser gab den Blick frei auf eine verschwommene Wiedergabe der Wirklichkeit. Immer noch perlten Wassertropfen von seinen durchnässten Haarsträhnen. An der Reflexion seiner Hüftknochen versteiften sich seine Finger. Ein tiefschwarzer Vogel legte sich über seine Lendengegend. Wie ein Tattoo hatte sich das Motiv tief in seine Haut gebrannt. Auch jetzt noch roch er den beißenden Gestank von verbranntem Fleisch. Der Vogel ernährte sich von seinem Aas. Gehässig lachte er über Daisuke und fraß ihn innerlich immer weiter auf. Bald würde das Ende einsetzen und er könnte sich in die Arme der stillen Muße geben, denn dann war nichts mehr da, was die Krähe zu verspotten hatte. Wie sehr er sich diesen Moment herbeisehnte. Daisuke schenkte seinem Spiegelbild ein bitteres Lächeln.
 


 

Erschrocken fuhr Kaoru hoch. Was war das für ein Geräusch? Sein Blick haftete an der dunklen Tür der Duschräume. Sofort sprang er auf und ließ seine Hand auf der kalten Klinke ruhen. Einige Momente lang verharrte er lauschend an der Türe, in der Hoffnung irgendwelche Geräusche aus dem Nebenzimmer auszumachen. Ein leises Wimmern drang aus dem Raum. Kaoru schluckte und öffnete die Tür behutsam einen Spalt weit. Ein langer breiter Lichtstreifen glitt in den gekachelten Duschraum. Seine Augen mussten sich zuerst an die Dunkelheit gewöhnen. Wieso hatte Daisuke das Licht nicht eingeschalten? Blinzelnd sah er sich im Raum um: er hatte ihn gefunden, ein wenig abseits im Dunkeln saß er. Vorsichtig schlüpfte er durch die Türe und näherte sich ihm lautlos. Der Anblick schnürte ihm die Atemwege zu.

Daisuke saß inmitten eines Scherbenkreises. Die Spiegel um ihn herum fassten nur noch wenige silberne Bruchstücke. Mannigfach wurden Reflexionen an den Scherben am Boden gebrochen und auf ein paar wenigen war ein dunkler Sud geheftet. Die hagere Gestalt des Kleinen schien ziellos in die Ferne zu starren. Ein Handtuch war achtlos um seine Hüften geschlungen. Der Lichstreifen des Nachbarzimmers tauchte das Bad in kalte, gedämpfte Farbtöne. Kaoru rang nach Fassung, als Daisukes leerer, stierer Blick sich löste und ihn mit einer Mischung aus Angst, Reue und Ungewissheit fixierte. Sein sonst so edles, scharf geschnittenes Gesicht entstellten nun die unkoordiniert herabhängenden schwarzen Strähnen und das markant rot unterlaufene Augenpaar. Sie blickten ihn gequält an. Die gesamte Farbe war aus seinem Gesicht gewichen, es war blutleer und fahl. Nur die rot unterlaufenen Augen hoben sich aus dem Bild heraus. Ausdrucksstarke Augen, die von weichen, hilflosen Zügen umrahmt waren.

Dunkle Substanz tropfte von einer Scherbe, die Daisuke verkrampft in eine Faust eingeschlossen hatte.

"Spinnst du?!!!"

Jede einzelne Muskelfaser in Kaorus Körper schien sich aufs äußerste hin anzuspannen, während er sich seinen Weg über den Scherbenteppich bahnte. Die Scherben zerbrachen knirschend unter seinen Füßen. Daisuke rührte sich nicht. Als er direkt vor ihm stand, sah er ungläubig auf den Kleinen herab.

Zögerlich ließ er sich auf den Boden sinken. Die silbrig flimmernden Splitter bohrten sich durch den dünnen Stoff seiner Hose.

Sein hektischer, unsteter Blick wanderte über Daisukes gesamten Körper. Immer wieder huschte er über die vielen Narben und die offenen Wunden an seinen Unterarmen, die blauen Flecken. War das seine Schuld? Hatte er sich die Blessuren von der letzten Attacke seiner Bande zugezogen? Kaoru nahm wahr, dass sich Daisukes Finger so fest in seine Hüfte hineinbohrten, dass seine Fingerknöchel schon weiß hervortraten.

"Lass mal sehen...."

Zaghaft legte er seine warme Hand auf die von Daisuke. Er spürte wie sich die Finger noch mehr unter ihm verkrampften.

"Komm schon."

Kaorus schmale Finger verwoben sich mit denen von Daisuke und versuchten die Hand von seiner Hüfte zu lösen. Unwillkürlich ließ er die Scherbe fallen und griff nach Kaorus Arm, der ihn zu bedrängen versuchte.

Der panische Gesichtsausdruck von Daisuke brannte sich in Kaorus Gedächtnis ein. Die geröteten Augen hatten sich geweitet und ein funkelnder Glanz striff seine verkleinerten, schwarzen Pupillen. Als wäre in ihnen ein stummer niemals verhallender Schrei gefangen.

Eine Wärme breitete sich auf Kaorus Hand aus. Das dunkle Blut quoll zwischen Daisukes Fingern hervor.

"Verdammt.... Daisuke...." Kaorus flehende Bitte erreichte ihn nicht im geringsten.

Mit seiner freien Hand fasste Kaoru den Schopf des Kleinen und zog ihn in seine Halsbeuge. Die getränkten Strähnen durchnässten seine Uniform. Die Kälte griff nun langsam auf Kaoru über.

Daisuke schloss die Augen und umklammerte seine Hüfte. Der brennende Schmerz, der von ihr ausging, griff auf seinen ganzen Körper über. Unterbewusst nahm er wahr, dass Kaoru besänftigend über sein benetztes Haar strich.

"Shht... Ich bring dich zum Schularzt."

Augenblicklich bekam er zu spüren, wie sich Daisukes Knie in seiner Magengrube verfingen. Ungestüm versuchte er Kaoru von sich wegzudrücken. Daisuke fiel rücklings auf den Scherbenteppich und zog sich durch seine ruckartigen Bewegungen immer mehr Splitter in die feine Haut. Seine Hand ruhte immer noch auf der klaffenden Wunde an seiner Lende.

"Beweg dich nicht!" Kaoru herrschte ihn lautstark an. "Wieso musst du verdammt nochmal so stur sein?! Du verhältst dich wie ein trotziges Kleinkind" Er sprang auf und baute sich vor Daisuke auf. Sein funkelnder Blick durchstach den Kleinen tausendfach.

"Ich will nicht... kein Arzt.... bitte.... ich will nicht mehr zurück..."

Zitternd kauerte sich Daisuke zusammen. Er befand sich wie in einem Delirium. Die Wortfetzen gaben in den Augen Kaorus überhaupt keinen Sinn. Ärztliche Versorgung war mehr als nur ratsam in seiner Verfassung. Wieso sträubte er sich denn gegen alles und jeden?

Daisuke wurde langsam ruhig. Der Atem wurde schwächer , sein kleiner Körper sackte kraftlos in sich zusammen.

"Fuck."

Kaoru stürzte sich auf die kleine Gestalt und barg sie in seinen Armen. Seine Augen waren geschlossen und sein Brustkorb hob und senkte sich in immer längeren Abständen. Hektisch tätschelte Kaoru seine blasse Wange. Wieso hatte dieser kleine Idiot das getan? Vorsichtig umfasste er ein paar Finger von Daisukes Hand und löste sie von seinem Hüftknochen.

Tiefe Schnitte fraßen sich in die Haut. Der schwarze Vogel breitete seine verwesenden Schwingen über die Lende aus. Eine klaffende Wunde trennte den Kopf der Krähe von ihrem restlichen Körper ab. Das Blut ronn strahlenförmig von dem dunklen Motiv weg.

Kaorus Sicht wurde trüb.
 


 

Wie ein Daumenkino. Immer wieder das selbe. Verwirrende Striche bildeten eine Landschaft. Hie und da war die Kohle verschmiert, aber das Motiv blieb durchgängig das selbe: Ein kahles Felsmassiv und dieses hässliche Tor. Von verschiedenen Standpunkten aus, verschieden nah und verschieden fern vom Zeichner beleuchtet. Mit neutralem Interesse durchblätterte Kaoru das Skizzenbuch. Der Freak hatte keinen kleinen Dachschaden. Das daumendicke Buch hatte er durchgehend mit denselben Studien ausgefüllt, lediglich die letzten Seiten boten noch ein wenig unausgefüllten Platz für mehr dieser psychopathischen Landschaftsmalereien. Auf was hatte er sich da nur eingelassen...

Kaorus Blick huschte auf sein Bett. Der Kleine schlief merklich unruhig, immer wieder wälzte er sich in den Laken umher und murmelte Unverständliches im Schlaf. Freak war definitiv untertrieben, der Mensch gehörte eingewiesen. Die Zeichnungen, sein introvertiertes Verhalten, seine Unterwürfigkeit und seine Schnittwunden. Definitiv gute Gründe, den Kleinen von der Öffentlichkeit wegzuschließen.

Unter einem kaum hörbaren Seufzen schlug er die schwere Lektüre seines Wettobjektes zu und ließ sich kraftlos in seinen Sessel gleiten. Die Digitalanzeige seines Weckers schlug auf Punkt Acht Uhr um. Eine geschlagene Stunde hatte es gedauert die Wunden des Kleinen zu säubern und zu fixieren, und der ganze Aufwand nur, weil sich der Idiot mit ganzem Willen gegen ärztliche Hilfe gesträubt hatte. Im Nachhinein relativ nachvollziehbar, die Wunden hätte kein Arzt als Unfall abgestempelt. Tja, und dann? Adé normale Welt und hallo Therapeutenliege. Vielleicht war das nicht das Schlechteste....

Müde räkelte sich der Oberstufenschüler in seinem Sessel in der Ecke des Schlafzimmers. Wie viele Stunden würde es wohl noch dauern, bis er den Kleinen los würde? Daisuke war mehr Last als Freude oder Genugtuung.

Ein flaches Keuchen drang an Kaorus Ohr. Argwöhnisch blickte er auf das Lakengemenge. Daisukes dunkle Silhouette hatte sich blitzartig aufgebäumt.

Verängstigt umklammerte er seinen eigenen Körper. Er ließ seine Fingerspitzen über das fremdartig vertraute Material der Bandagen wandern. Ein durchdringender Schmerz, der von seiner Hüfte ausging, breitete sich in seinem Körper aus und die zahlreichen Prellungen und Schnittwunden drangsalierten ihn wie kleine Nadelstiche. Daisuke krümmte sich unter den brennenden, offenen Wunden.

"Ach, auch schon wach?", spottete eine kalte, fast schon tote Stimme.

Hastig und wirr suchte der Kleine im nachtdunklen Raum nach der Geräuschquelle. Lauernd löste sich Kaoru aus dem Schatten und näherte sich dem eingeschüchterten Schüler, dessen Finger sich unwillkürlich in der Bettdecke vergruben.

"Ka...Ka..Kaoru!"

Daisukes hartes Schlucken war in der Stille des Schlafzimmers unnatürlich laut hörbar. Kaorus Miene war finster und undurchlässig. Das Mondlicht und der sanft goldene Laternenschein, der durch die Gläserfront des Raumes brach, gab nur spärlich den Ausdruck in Kaorus Gesicht wieder. Zitternd brach der fragile Körper des Kleinen in sich zusammen und suchte abermals Halt. Kaoru stand direkt vor ihm!

Ohne Vorwarnung schmetterte er sein Skizzenbuch zu Boden und zerriss damit die Stille. Daisuke zuckte intuitiv zusammen.

"Tickst du eigentlich noch richtig?!"

Unwirsch griff Kaoru nach Daisukes Handgelenk und zog den Kleinen auf seine Sichthöhe. Die Wunden brannten wie Höllenfeuer und kleine salzige Tränen bildeten sich in Daisukes Augenwinkeln. Vergeblich wand er sich unter dem festen Griff.

"Verdammt, Kaoru, du tust mir weh!"

"Das hättest du dir vorher überlegen können!", herrschte er mit fester Stimme.

"Was hast du dir eigentlich dabei gedacht, als du mal eben ein paar Spiegelscherben hergenommen hast, um ein wenig zu ritzen und ein Tatoo ambulant zu entfernen?!!"

Daisuke drehte seinen Kopf weg von dem lauten Gebrüll und dem erhitzten Atem Kaorus, den er auf seiner Wange spürte. Der Druck, der auf sein Handgelenk ausgeübt wurde, nahm zu. Er kniff seine Augen fest zusammen, um den Schmerz zu ertragen.

"Hörst du mir zu?! Was sollen diese bescheuerten Zeichnungen?!! Hast du vor , einen Wettbewerb zu gewinnen?!"

Abermals setzte eine beklemmende Stille ein. Einige Momente lang rührte sich keiner der beiden. Die Anschuldigungen standen unkommentiert im Raum.

Daisuke betete stumm, dass dieser Alptraum bald ein Ende nahm. Er war wie gelähmt in seinem Denken und Handeln und konnte sich Kaoru auch nicht entgegenstellen oder sich rechtfertigen. Aber was hätte es auch schon gebracht...

Von Ekel gerührt ließ Kaoru von Daisuke ab.

"Kranker Psychopath..."

Das war heftiger als jeder physische Schmerz. Daisuke vergrub beschämt sein Gesicht in seinen Händen. Er konnte doch nichts dafür.... er war nicht schuld daran... daran... an dem, wer er...was er war....

Kaoru hörte nur noch gedämpft die jämmerlich japsenden Schluchzer, als er die Schlafzimmertüre hinter sich schloss.
 


 

Seine Kehle war wie zugeschnürt, seine Augen geschwollen und sein Kopf dumpf und leer von den ständig wiederaufsteigenden Tränen. Und das schlimmste: kein Problem war gelöst. Er war schon wieder in einer Sackgasse, alle Auswege schienen noch tiefer in die Misere hinab zu führen. Daisuke wusste nicht, was Kaoru von ihm erwartete. War es eine stumme Aufforderung, sich schnell aufzumachen und zu verschwinden? Aber andererseits wollte er nicht den Nachbarraum durchqueren und einem verbittert, aggressiven Kaoru begegnen. Dazu fehlte ihm die Kraft. Nein, eigentlich war er dazu lediglich zu feige.

Hatte Kaoru nun vor, den Vorfall bei der Schule zu melden? Oder hatte er es bereits getan? Daisuke schluckte hart bei dem Gedanken und verkrampfte seine ineinander gefalteten Hände. Gekrümmt saß er im Bett und schluchzte sich Leib und Seele aus dem Körper. Es war alles so sinnentleert.

Plötzlich stach ihm sein Skizzenbuch in die Augen. Aufgeschlagen und unliebsam auf den Boden geworfen. Sein ganzer Besitz, seine ganze Hoffnung. Sein Blick verschwamm und er spürte eine salzige Tränenspur an seinem Mundwinkel.

Eine Wärme breitete sich aus, Daisuke machte den Geruch verschiedenster Gewürze aus. Augenblicklich schüttelte er seine Überlegungen ab und fixierte seinen Blick auf eine dampfende Schüssel, die aufdringlich unter seine Nase gehalten wurde.

"Träumer."

Daisuke erschrak und wich zurück. Er war so an seiner eigenen Phantasie geheftet gewesen, dass er nicht einmal etwas so offensichtliches wie Schritte oder das Öffnen einer Türe bemerkt hatte.

Ein paar geröteter, verweinter Augen blickten Kaoru furchtsam an.

"Da, nimm! Hausmannskost....Ich biete dir deine Nudelsuppe ganz sicher kein zweites Mal an."

Seine Stimme klang zwar streng, jedoch hatte sie einen ruhigen Unterton. Daisuke strich mit der flachen Hand über sein Gesicht und wischte seine Tränenspur trocken. Zögerlich umfasste er das heiße Porzellangefäß und zog es auf seinen Schoß.

Ein leises "Dankeschön." entkam seinen Lippen.

Kaoru ließ sich auf sein Bett fallen und streckte seinem Schwerpatienten ein paar Einwegstäbchen hin. Wortlos nahm Daisuke das Essbesteck an und brach es entzwei.

Während Kaoru seine Arme hinter dem Kopf verschränkte, begann der Kleine bedrückt an seiner Suppe zu schlürfen.

Kurz hielt er inne und sah neben sich, in die Augen Kaorus, mit einer stummen Frage auf den Lippen.

"Nein, ich hab niemanden etwas von dem Vorfall erzählt. Zufrieden?", unvermittelt gab er die Antwort preis.

Man sah merklich wie dem Kleinen ein Stein vom Herzen fiel. Ein seliges Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus.

"Danke, Kaoru."

"Einmal und nie wieder, Daisuke."

Kimiga tsuite iru deshou? ~ You’re noticing now, aren’t you?

so, endlich ein neues kapitel, ich bin euch wohl eine erklärung schuldig für die lange zeit, die verstrichen ist:

aber es beschränkt sich auf ein schlagwort: uni!
 

ich weiß nich ob ihr das gefühl kennt andauernd neuen lernstoff in euren kopf hineinzupressen und danach unfähig zu sein irgendetwas anderes zu tun als im sofa wien schluck wasser in der kurve zu hängen und geistreiche programme wie talk talk talk oder dergleichen anzusehn.

aber ich versuche mein bestes wieder gewohnheit beim schreiben zu bekommen, der plot steht soweit, er geht mehr in die tiefe als ich ursprünglich geplant habe, aber seis drum.

aber ihr könnt ihn natürlich gerne mit konstruktiver kritik oder ideen und vorschläge mitbeeinflussen!

ich freue mich natürlich auch über positives feedback~
 

es ist schließlich ne fanfic, von fans für fans~ nicht vom autor für den autor hihi
 

bleibt mir nichts anderes zu sagen: lean back and 'njoy!

(ich hoffe es haben sich nicht allzuviele fehler eingeschlichen ._.)

eure mika
 

Kapitel 5
 

Kimiga tsuite iru deshou? ~ You’re noticing now, aren’t you?
 

Kaoru musterte den Kleinen mit beleidigender Neugier, als Daisuke mit seinen Holzstäbchen nervös gegen das milchig trübe Porzellan der Schüssel klapperte und versuchte die langen Glasnudeln aus dem heißen Sud der Brühe zu fischen. Immer wieder entglitt ihm die unliebsame Speise vom Essbesteck, während sein Kopf einen ungesund scheinenden Rotton annahm. Der Kleine schien vor Scham immer tiefer unter die Bettlaken zu rutschen. Kaoru gestatte sich ein Lächeln.

„Soll ich deiner Feinmotorik wieder auf die Sprünge helfen?“

„... oder willst du doch lieber gefüttert werden?“

Das heitere Gesicht Kaorus beraubte den Oberstufler jeglicher Antwort.

Er war heute so wortkarg, ungeheuerlich ungelenk und zittrig... und das vor Kaoru. Die Schamesröte stand ihm offensichtlich ins Gesicht geschrieben. Entgegen der fast schon schmerzhaft peinlichen Situation, schüttelte er energisch, mit zusammengekniffenen Augen seinen Kopf. Die Strähnchen flatterten in der heftigen Bewegung, die abrupt ein Ende nahm, als sein Schopf umfasst wurde und Daisuke spürte, wie warme Lippen seine Lider und Haare berührten. Ungestüm schlug er seine Augen wieder auf und sah Kaoru im trüben Licht des Raumes scharf an.

Er wusste nicht, dass sein Herz schneller schlagen könnte als gerade eben, aber jetzt raste es; der Puls klopfte gegen seine Schläfen und raubte ihm fast das Bewusstsein.

Kaoru spürte wie sich Daisukes Nackenhärchen unter seinen Fingern sträubten, während der Kleine ihn mit angstbeladenem Blick und seinen großen, ausdruckstarken Augen fixierte.

„Wage es bloß nicht, mir jetzt wieder die Stimmung zu verderben...“

Mit ungestümer Brutalität drückte er seine spröden Lippen auf Daisukes, seinen Schopf fest an sich gepresst. Seine Zähne trieben sich schmerzhaft in die Unterlippe des Kleinen und rissen die dünne Haut auf. Kaorus Fingernägel hinterließen dunkle Male auf der blassen Haut seines Nackens.

Daisuke zuckte unter dem plötzlichen brennenden Schmerz zusammen, konnte aber nicht anders als Kaoru zu gehorchen und sich ihm zu unterwerfen. Der Griff in seinem Genick zwang den Kleinen sich ihm geradezu darzubieten. Die Erniedrigung ließ den Glanz in seinen Augen verblassen, getrübt nahmen sie seinen Gegenüber nicht mehr wahr, die rohe Zärtlichkeit war mit einem Mal in weite Ferne gerückt.
 

Sinnlich leckte er über die Mundwinkel seines Studienobjektes, die Augen fest geschlossen. Er wollte den bitteren Geschmack verinnerlichen und den Schmerz, den er seinem Opfer zufügte, als Triumph verherrlichen.

Kaoru drängte sich gegen den schmächtigen Körper, während sich seine Hand in dem groben Verbandsmaterial verfing, mit dem er vorher noch so sorgsam die tiefen Schnitte in Daisukes Brust behandelt hatte.

Rücksichtslos gruben sich seine knochigen Finger tief in die Leinenstücke, und bohrten sich in die wunde Haut.

Ein plötzlicher Ruck durchfuhr den kleinen Körper, unbewusst drückte er seinen Rücken gegen die kalten Metallstäbe, die das Kopfende des Bettes umrahmten. Sein Körper war wie eine Bogensehne zum Zerreißen hin angespannt, der Hinterkopf schmerzhaft an das Kopfende gepresst.
 

Ein lächerlicher Anblick, dass er die Porzellanschüssel noch immer fest umklammert hielt.
 

Kaoru genoss die Glorie, spürte mit seiner Zungenspitze den Spuren der Substanz nach, die den charakteristischen metallischen Geschmack auf Daisukes Lippen hinterließen. Die ungehemmte Lust kam in ihm auf, den zerbrechlichen Schüler in seine Gewalt zu bringen, ihn abhängig von sich und seinen Berührungen zu machen. Ein kaltes Lächeln zierte wie ein fahler Schein seine geschwungenen Lippen, als er seinen Kopf zur Seite drehte und gewaltsam Daisukes Lippen aufbrach. Seine Finger bohrten sich immer tiefer in den Schopf und zwangen den Schüler gefügig den Kopf in den Nacken zu legen und sich seinem Willen zu beugen. Der Rausch der Kontrolle ließ Kaorus Herz schneller schlagen und brachte sein Blut zum Pulsieren. Seine Zunge trieb er tief in die Mundhöhle der erbärmlichen Gestalt unter sich, wütete in jedem Winkel.
 

Erfüllt von verdorbener Euphorie entriss er dem Kleinen mit roher Gewalt das störende Porzellangefäß aus den Händen und schleuderte es an die kahle Wand über ihren Köpfen. Das Gefäß zersprang, die Reste des heißen Suds ergossen sich, und einzelne Tropfen, vermischt mit trübe flirrenden Scherben legten sich auf die empfindsame Haut der beiden. Die unbedeutenden Schmerzreize und die plötzlich aufgestiegene Panik des Kleinen steigerten Kaorus Verlangen nur noch weiter. Schroff strich er über Daisukes Zunge, während er ein Bein um dessen Hüfte schlug und seinen Körper rittlings an den des Hemdlings presste. Aufreizend drückte er sein Becken gegen Daisukes Lenden und versuchte den Kleinen langsam mit verführerischen Bewegungen in den Wahnsinn zu treiben. Er sollte sich vor Verlangen nach ihm verzehren und innerlich zu Asche verbrennen.

Kaorus Jeansstoff rieb rauh gegen das grobe Material von Daisukes Shorts, kleine Splitter trieben sich in die Haut der beiden Jungen.

Er würde ihn soweit bringen bis er sich unter ihm wand, der Freak sollte ihn anflehen, winselnd um Erlösung bitten…

Jeder Stoß seiner Hüften, jede noch so feine Bewegung ließ den unerfahrenen Schüler schaudern und vor Schmerz zusammenzucken.

War es Angst?

Fürchtete er sich vor Kaorus Berührungen?

…oder war es bloße Erregung….

Der armselige Freak war ihm ausgeliefert. Sein Körper … und seine naiven Gefühle.

Beides würde er manipulieren, beides zerschmettern…

Allein die verdorbene Vorstellung, den Spinner zu zerschlagen und leichenblass unter sich zur Verzweiflung zu treiben, ließ Kaoru stöhnend gegen Daisukes Lippen raunen.

Schockgeweitete Augen, kalter Schweiß auf seiner Stirn, Lust und Hass zugleich in seiner verzerrten Mimik.

Das war es, was er sehen wollte.

Kaoru spürte den heißen, bebenden Atem von Daisuke an seinen angefeuchteten Lippen, als er sich von dem Zungenspiel löste. Pervers befriedigt von dem ihn ausfüllenden Schrecken, griff er nach Daisukes Hand, die sich krampfhaft in das Bettlaken verharkt hatte. Seine schlanken Finger verwoben sich mit denen des verschüchterten Schülers.

Dreckig grinsend drängte Kaoru sein Gesicht gegen Daisukes, strich mit seiner Zunge sinnlich den edel geschwungenen Kiefer entlang und heftete seine Lippen an den feinen Flaum von seinem Ohrläppchen.

„Daisuke….“, nuschelte er kaum hörbar gegen die samtige Haut.

Das Flüstern durchdrang Daisukes irreale Welt, rüttelte seine Sinne wach und zog seine von Furcht durchzogene Aufmerksamkeit auf sich.

Eine schwache Gänsehaut zog sich über seine Arme und seinen Rücken, als Kaoru provozierend mit seiner flachen Hand Daisukes Brust hinab zu seinem schmalen Bauch glitt, auf dem sich obwohl er so dünn war, schmale, schön geformte Muskelstränge abzeichneten, sobald er sich bewegte. Die feinen Porzellansplitter unter Kaorus Fingerkuppen zerkratzten die ebene, matt schimmernde Haut.

Daisukes verklärt eingeschüchterter Blick war dem Oberstufenschüler Reaktion genug.

Der Druck, den er auf Daisukes Hand ausübte, nahm zu, als er sie bestimmt auf seinen eigenen Bauch dirigierte. Kaoru spürte die grenzenlose Genugtuung, als der kleine Freak unter der plötzlichen Aktion zusammenzuckte.

Ein sadistisches Lächeln umspielte seine Mundwinkel, als er seine Lippen noch stärker gegen Daisukes Ohrmuschel presste.

„Sag Kleiner…. Bist du schon einmal so richtig durchgevögelt worden?“

Daisuke lauschte den Worten zwar, begriff aber kaum, was er hörte. Seine Pupille verengte sich zu einem schwarzen Glitzern in der Iris, langsam drang die Realität zu ihm durch.

„Antworte mir, verdammt noch mal!!!“

Der barsche Ton ließ den schmächtigen Jungen zusammenzucken.

Die Narbe brach auf, er wusste dass er bereits tot war: dies war aber ein Schmerz jenseits aller Vorstellungskraft, jenseitig dessen, was man ertragen konnte. Stoßweise atmend hob er seinen Blick gleich einer lauernden Bestie, die seinem Henker die letzte Genugtuung der Demütigung versagen wollte.

Er wollte seine Hände an Kaorus Wangen legen, dieses ruhige, spottende Gesicht zerschmettern und ihn einen winzigen Teil seines Grauens spüren lassen.

Scharlachrotes Blut, das von seinen Lippen rinnt. Ein schneeweißes Gesicht mit einem erstorbenen Schrei.

Verzückt von dieser Vorstellung, kerbte sich diese graue Vision tief in die Fasern seines pechschwarzen Herzens.

Der Wahnsinn sollte ihn bis in den Tod begleiten!

Die verkleinerten Augen des Schülers waren der Spiegel seiner perversen Befriedigung,
 

Daisuke spürte wie sich der Griff um seine Finger langsam löste und Kaorus Finger nur noch in einer schläfrigen Bewegung dessen Handrücken streiften.

„Pass auf, dass du nichts verschüttest…“

Geschockt richtete Daisuke seinen Blick auf das trübe schimmernde Porzellangefäß, in dem sich nur ein Rest an Sud befand. Die Brühe war bereits kalt geworden.
 


 

„Daisuke Ochida“

„vom Amtsgericht in die Obhut übergeben am: 13.12.1997 „

Hektisch schlug sie die Akte auf und erzeugte einen kleinen Staubwirbel, der auf dem Tisch wütete. Leise hüstelnd rückte sie ihre Brille zurecht und ihre rosigen Wangen nahmen einen grauen Ton an.

„Der Junge ist noch nicht zurück?“, vibrierte ihr dünne Stimme.

Einige Momente lang wurde es still in dem kleinen Büroraum.

Leise seufzend schüttelte die Schwester ihren Kopf.

„Nein, seit heute Morgen, als er zur Schule ging. Es ist noch nicht lange, aber ich mache mir große Sorgen, dass er sich nicht einmal bei uns gemeldet hat. Meinen Sie, ihm ist etwas zugestoßen? Das ist sonst nicht seine Art, er hat uns nie Proble“

„Probleme?!“, kreischte die alte Dame höhnisch.

„Dieser Ochida-Bursche genügend Unsinn im Kopf!“

„A…aber er kann doch nichts dafür, er tut mir so leid, …das was ihm widerfahren ist. Ich glaube, er braucht nur jemandem, dem er sich anvertrauen kann… jemanden, der ihn nicht so bitterlich enttäuscht “

Der Einwand wurde von einem verständnislosen Kopfschütteln seitens der Heimleiterin quittiert.

„Sie dürfen sich nicht auf emotionale Ebene mit ihren Schützlingen begeben. Versuchen sie ihnen ihm Hand zu reichen, aber nicht seine Hand zu fassen! Dafür sind Sie nicht zuständig, Sie haben genügend andere Aufgaben hier zu erfüllen, für ihre Debütantenpsychologentätigkeiten werden Sie nicht bezahlt.“

Die zierliche Frau wich demütig ein paar Schritte zurück und nickte schwach.

„Das darf doch nicht wahr sein… Der Junge verstößt gegen sämtliche Auflagen der Justiz, wenn er uns nicht informiert, wo er sich aufhält! “

Angespannt verkrampfte die Schwester ihre Hände ineinander. Nur zaghaft ergriff sie erneut das Wort.

„Was sollen wir tun, Yamoto san? Die Polizei rufen?“

Die Dame wies ihre Frage mit einem barschen Knurren zurück.

„Wir warten zunächst bis morgen früh ab, falls der Junge bis dahin noch nicht auftaucht, informieren wir die Beamten von der zuständigen Behörde.“

Geistesabwesend trommelte die alte Frau mit ihren knorrigen Fingern auf den polierten Eichenholztisch.

„Falls er aus selbstverschuldeten Gründen nicht pünktlich erscheinen konnte und ihm nichts zugestoßen ist, wird er die Konsequenzen selbst tragen müssen. Auch für einen Oberstufenschüler kommt eine nach Tugenden ausgerichtete Erziehung nicht zu spät.“

Wortlos verließ die Schwester indessen das Zimmer.
 

Glucksend bahnte sich ein kleiner Knirps durchs meterhohe Schilf. Immer wieder brannte die Sonne durch die Halme in sein heiteres, rundes Gesicht. Der frische Wind hielt Einzug durch das grüne Meer und spielte mit den Blättern, die sich wie Wogen über die Landschaft zogen. Das laute Rauschen und Rascheln erfüllte das Gefilde.

Zikaden versuchten sich in dem Rohrwerk festzuklammern, als der Junge vorbeirauschte.

Von außen sah man nur einen schwarzen Haarschopf unkoordiniert sich einen Weg nach draußen bahnen, heraus aus dem unwegsamen Labyrinth.

Ein schmales Lächeln legte sich auf die blassen Lippen einer zierlichen Frau, die die letzten Strahlen der der Wärme spendenden Herbstsonne genoss.

Der Wind zerwühlte ihr Haar und zog einige Strähnen mit in seine Richtung.

Die kleinen Kinderhände klammerten sich fest an einen roten glänzenden Ball. Das unbefangene Gelächter des Sprosses drang noch an ihr Ohr, als sie ihm den Rücken zuwandte.

Der Wind drehte sich.

Beißender Gestank hing in der Luft.

Und der rote Ball lag verlassen in einer Erdfurche.



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Kommentare zu dieser Fanfic (57)
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Von:  sasu-naru-love
2010-11-24T20:21:47+00:00 24.11.2010 21:21
Bin zufällig über diese FF gestolpert und total begeistert von deinem Schreibstil.

Sieht zwar nicht so aus, aber ich würde mich trotzdem wahnsinnig freuen, wenn es weiter gehen würde ".__.
Lg
Von: abgemeldet
2008-03-26T10:45:49+00:00 26.03.2008 11:45
WOW... ich bin sprachlos. dein Schreibstil is der Hammer, schade das ich die FF jetzt erst entdeckt habe, ich hoffe doch das es bald weiter geht. *freuz*
Von:  to_ri
2007-09-07T19:28:20+00:00 07.09.2007 21:28
Ah, das ist es was mich stört. Kao hasst Daisuke so innerlich, aber er kennt ihn nicht. Der Geschichte nach sollte er aber mehr lauern, und wenn er hier nur Unwissenheit schauspielert, ist glaub ich ne andere Perspektive besser. Und wie hätte jemand wie Daisuke .... bla, du hast ja gesagt es sei die Rohfassung. Aber eigentlich eine sehr gute. Wir müssen nur ein paar Details ändern. Beschäftige mich gerade mit dem Panneling. Irgenwie ist das ganze nicht so ganz unkompliziert, aber wir kriegens schon hin :) Bring meine Ergebnisse das nächste mal mit
Von:  to_ri
2007-09-07T14:37:36+00:00 07.09.2007 16:37
FFw a la Mangaadaption

Ok, außer dass ich bei den ersten beiden Sätzen total über den Satzbau gestolpert bin (ich hätt die von hinten aufgerollt XDD Weiß auch nicht, ich bin da wohl anders geprägt, oder so...) Kann ich mit deinen Schreibstil schon sehr viel anfangen. Es entstehen Bilder im Kopf, die auch zu zeichnen währen, so dass ich die Story fast so in der Reihenfolge übernehmen könnte. Was mich an Details stutzig gemacht hat, war die Reaktion des Lehrers auf Kao. Warum darf er am Schulhof rauchen? Warum kommt er mit einen Verweiß davon? Ich denke der Lehrer wird schon mit ihm gesprochen haben, aber das müsst ma kurz erwähnen. Und das das Kao anscheinend eh nicht so viel auf Schule gibt, weil er den Kopf zu sehr in Privatdifferenzen hat, könnte man auch ansprechen. Aber ich les mal weiter.

Ich mags übrigens deinen Schreibstil insgesamt gern. Besonders dass die Story auch vorranzukommen scheint. :)
Von: abgemeldet
2007-08-29T19:27:03+00:00 29.08.2007 21:27
wow du hast einfach einen klasse schreibstil >.<
übelst großes lob!
ich wünschte ich könnte so schreiben ;__;
freu mich schon auf das nächste kapi ^^
viel erfolg beim weiterschreiben!!!
LG
Von: abgemeldet
2007-05-08T12:10:57+00:00 08.05.2007 14:10
neues Kapi!
*freu*
*schon überlegt hab mal wieder zu nerven*

nach meinen Abi-Prüfungen versteh ich dich mit den sinnlos irgendwelchen Stoff in einen hineinstopfen ganz gut ^^
wirst du auch noch überleben ^^

wha~~
und ich dachte schon Kao wird nett ;_;
*das böse Kao mag*
Von: abgemeldet
2007-05-08T12:10:43+00:00 08.05.2007 14:10
neues Kapi!
*freu*
*schon überlegt hab mal wieder zu nerven*

nach meinen Abi-Prüfungen versteh ich dich mit den sinnlos irgendwelchen Stoff in einen hineinstopfen ganz gut ^^
wirst du auch noch überleben ^^

wha~~
und ich dachte schon Kao wird nett ;_;
*das böse Kao mag*
Von: abgemeldet
2007-05-07T13:21:31+00:00 07.05.2007 15:21
Das warten hat sich gelohnt.
Das neue Kap ist wieder phänomenal geworden <3
Daisuke lässt du ganz schön „leiden“ ;__;’
aber... es muss zum wohl der Ff sein *nodnod*
Kaoru, hast du ehrlich super beschrieben – richtig gefühlskalt(?)
Ich hoff du kommst bald wieder zum schreiben [♥]

lunchen~
Von: abgemeldet
2007-05-06T19:20:07+00:00 06.05.2007 21:20
Kaoru is ne Sau und ich mag die Schnalle aus dem ?Heim/Psychiatrie/whatever? nicht!

Also geh ich recht in der Annahme du schriebst in nächster Zeit noch weiter?
Von:  FunGhoul
2007-05-06T18:39:04+00:00 06.05.2007 20:39
wie genial^^
ich freu mich schon richtig darauf, dass es weitergeht!1
*_______*


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