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Die Monochroniken

02 :: Der Junge und das Seil
von

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Die Schlafenden

Die Schlafenden
 

Das Gras teilt sich wie widerwillig unter den nackten Sohlen. Der Tau des frühen Morgens nässt die frierende Haut des ungelenken Läufers, doch die Kälte ist uninteressant. Die Schritte verlangsamen sich, als sie ihr Ziel fast erreicht haben. Der erste Vogel zwitschert munter und begrüßt den neuen Morgen. Zarter Nebel schwebt über der Erde wie ein keuscher Schleier der Unschuld. Zögernd setzt er sich wieder in Bewegung, für einen Moment war er erstarrt. Sein Blick gleitet über die bleiche Haut. Die hellen Haare glitzern im Morgentau, selbst die Wimpern sind mit glänzender Feuchtigkeit überzogen und zieren den Toten mit einer grausigen Schönheit.
 

Wie friedlich er zu schlummern scheint. Ruhige, angenehme Träume. Einzig das fehlende Sich-Heben und -Senken des Brustkorbs verrät diese trügerische Harmonie. Die blasse Oberfläche wie feinstes Porzellan. Wie eine wunderschöne Puppe. Eine leblose, tote aber herrliche Puppe.
 

Vorsichtig streicht seine Hand an der kalten, feuchten Wange hinab, berührt für einen kurzen Moment die blutleeren Lippen. Er sieht sie lächeln. Sie bewegen sich, bilden ein einziges Wort. Seine verblassenden Sinne spielen ihm Streiche, er muss den Blick abwenden. Vorsichtig legt er den Kopf an die erkaltete, erstarrte Brust und schließt die Augen. Das Herz hat schon lange seinen letzten Schlag getan, doch in seinem Geist pocht es weiterhin, gesellt sich zu seinem eigenen Herzen, das müde wird unter der Last der beiden Körper.

"Hab keine Angst, Hal. Jetzt wird alles wieder gut."
 

Das Zwitschern des ersten Vogels verliert sich in dem vielstimmigen Gesang der frisch erwachten Singvögel. Die aufgehende Sonne wirft ihre Strahlen auf die Erde, schenkt den beiden Kindern ein Bett aus Licht und Wärme. Ein Tag wie jeder andere beginnt.



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