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Anime Evolution: Erweitert

Zweite Staffel
von

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Kapitel dreizehn

Prolog:

Die ersten Stunden in relativer Realfunkreichweite zu Lorania, der Hauptwelt der Anelph, also jenem Bereich, in dem die Zeitdilatation während einer Kommunikation zwischen Frage und Antwort weniger als ein paar Sekunden betrug und eine beinahe normale Unterhaltung ermöglichte, waren von großer Aktivität erfüllt gewesen.

Mit dem Waffenstillstand schien auf dem Planeten Narrenfreiheit ausgebrochen zu sein, zumindest, was die Meinungsfreiheit anging.

Neben tausenden Anfragen nach Konzerten von Joan Reilley und über unsere Elite-Piloten, die ihr Können gegen eine erfahrene Banges-Division der Naguad bewiesen hatten, verfolgten wir auch sehr interessiert die erbittert geführten Debatten in den Medien, die sich mit unserem Angebot beschäftigten, interessierte Anelph zum Mars zu bringen.

Wir hatten in diesem Punkt nichts beschönigt und den Mars als das dargestellt was er war. Eine Welt, die gerade erst erobert wurde, aber in der es bereits Platz, Nahrung und Arbeit für ein paar hunderttausend Menschen gab. Wir hatten auch das Vertrauensverhältnis zwischen Kronosiern, Menschen und Anelph hervorgestellt.

Sakura hatte dazu gesagt: Je weniger man lügte, desto seltener konnte man erwischt werden.

Ich hielt das für eine gute Idee. Denn die ehemalige kronosische Kolonie um den Nyx Olympus war gewissermaßen Expansionsgebiet mit zweistelligen Zuwachsraten, wie es auch die Mondstädte waren.

Und nach der Installation eines planetenweiten künstlichen Gravitationssystem, welches die Schwerkraft des Mars nicht nur im Bereich von Martian City auf einfache Erdschwere und damit fast perfekten Naguad-Standard anhob, wurde diese Welt noch interessanter. Vor allem, da die Anelph diese Welt noch selbst formen konnten, nach eigenen Wünschen und Vorstellungen. Auch die absolute Reisefreiheit zwischen Erde, Mond und Mars hatten wir hervorgestellt, aber auch nicht die relativ hohen Kosten für Privatleute verschwiegen.

Ebenso die Chance auf der Erde zu siedeln hatten wir dargestellt. Immerhin gab es einige kleine tausendköpfige Anelph-Gemeinden auf der Erde, eine davon in New York, dem Sitz der Vereinten Nationen und des Rates der UEMF, dem Herz der Erdverteidigung.

In dieser multikulturellen Stadt fielen die Anelph nicht einmal weiter auf.

Ich konnte also aus ganzem Herzen und mit einer gewissen Arroganz hoffen, dass unsere Mission kein Schlag ins Wasser wurde und wir ein paar zehntausend Anelph begeistern konnten, mit uns zum Mars zu kommen. Auch wenn das Komitee, welches die erste Emigration leitete, offensichtlich nicht mehr existierte.

Sorgen machte ich mir nur, wenn ich daran dachte, dass wir mehrere Flüge geplant hatten.

Ich glaubte zwar nicht ernsthaft daran, aber was war, wenn uns ein zweiter Flug unmöglich gemacht wurde? Was wenn wir mehr Aspiranten hatten als die AURORA aufnehmen konnte?
 

Jemand warf mir einen Stapel Zettel in den Schoß, während ich eine hitzig geführte Debatte auf einem lokalen Fernsehsender verfolgte.

Die Narrenfreiheit, die Einzug gehalten hatte, hatte dazu geführt, dass die niedliche kleine Provinztalkshow vom schlichten Thema: Hilfe, ich traue den Fremden nicht, zu einer offenen Anklage gegen Willkür durch das Imperium geworden war.

Dass die Sendung nicht unterbrochen wurde und dass nicht einfach eine Eingreiftruppe den Sender hochnahm, schien nicht nur mich zu verwundern. Die Moderatorin, ganz offensichtlich pro-imperial, war mittlerweile mit ihrem Latein am Ende, während sich die Fronten zwischen Befürwortern der mittlerweile wesentlich zurückhaltender agierenden Naguad und Gegner der vor allem in der Vergangenheit oft aufgetretenen Willkür der Besatzer verhärteten.

Ich seufzte und widmete mich dem Stapel auf meinem Schoß. Es war ein eilig zusammen gestelltes Dossier über die Aktivitäten der Naguad. Wir hatten zehntausende Hinweise aus der Anelph-Bevölkerung bekommen, die meisten sicherlich, um unsere Analyse-Teams beschäftigt zu halten. Aber nach ein paar Stunden Auswertung lag nun das Ergebnis vor. Als fünfzigseitiges Papierdokument für die wichtigsten Offiziere der Mission.

Ich blätterte kurz durch und pfiff anerkennend. Die Naguad hatten ihren Truppen den Ausgang gestrichen und ihre Einrichtungen durch Militär verstärkt. Zugleich waren alle zivilen Bereiche von ihnen geräumt worden. Die imperiale Armee hielt verhältnismäßig still.

"Niedliche Falle", brummte ich.

Mamoru Hatake, der mir die Dokumente gereicht hatte - eigentlich eher vorgeworfen wie einem Hund einen Knochen - grinste mich frech an. "Ach, und wie kommst du zu dieser Analyse?"

"Ist doch simpel. Bisher gab es einen permanenten Druck der Naguad durch die Truppenpräsenz auf die Anelph. Sicherlich konnte man durch keine Stadt gehen, ohne Soldaten zu sehen. Aber nun, zum ersten Mal in der Geschichte der Besetzung, wurden alle Soldaten von den Straßen abgezogen. Wenn nun Unruhen ausbrechen, oder wenn sie bewusst herbeigeführt werden, dann sind die Anelph auf sich allein gestellt. Je nachdem wie gut sie ausgerüstet sind können sie die Unruhen kontrollieren oder nicht.

Uns werden sie in jedem Fall angekreidet, ob wir uns dann einmischen und Truppen schicken oder nicht."

"Gut erkannt, Akira. Aber das war ja auch etwas offensichtlich, oder?" Mamoru schmunzelte. "Was empfiehlt der ehemalige Executive Commander der UEMF?"

"Lass den Quatsch, das lässt mich so alt aussehen. Was sollte ich also empfehlen? Ich sage es dir: Wir bieten sofort bei der ersten kleineren Rangelei unsere Hilfe an. Wenn wir sie schnell und unblutig beenden, haben wir hier sogar die Chance, vom unerwünschten Gast zum Partner aufzusteigen. Falls nicht irgendeine Geheimdienstintrige dazu führt, dass viele Anelph sterben und uns das auch angelastet wird." Ich zuckte die Achseln. "Wir müssen halt vorbereitet sein, Mamo-chan."

"Schnell sein ist hier also alles. Hm, das ist auch das Credo meiner Analyse."

Er klopfte mir auf die Schulter. "Aber Sakura wird das nicht gefallen. Sie wäre lieber heimlich rein und heimlich raus."

"Das konnte sie vergessen, nachdem wir diese Patrouille nach dem Sprung ausradieren mussten."
 

Verdutzt sah ich mich um. Der Konferenzraum in Poseidon versank in erstarrtes Entsetzen. Unsichere Blicke trafen mich. Mir war für einen Moment, als erwarteten die Angehörigen der UEMF etwas von mir. "Was ist denn mit denen los?", fragte ich Mamoru leise.

Der aber starrte mich auch an. "Dir geht es gut, Akira?"

"Natürlich geht es mir gut. Was habt Ihr alle nur? Denkt Ihr etwa, nur weil ich dieses Foto gesehen habe, plane ich jetzt einen auf guter Junge zu machen, um mir dann, wenn wir in den Orbit um Lorania einschwenken, meinen Mecha zu schnappen und diese Megumi-Imitation auf eigene Faust zu retten?"

"Ehrlich gesagt ja, Akira."

"Das ist lächerlich!" Wütend erhob ich mich. "Das ist nicht Megumi auf dem Foto. Ich bin ja nicht blöd. Die Naguad sind verdammt weit gegangen, um sich eine eigene Megumi zu erstellen. Aber mit Lady Deaths Computerkern hatten sie ja genügend Daten. Noch wissen wir nicht, wozu sie diese Frau benutzen werden, und es wird uns sicher nicht gefallen. Wenn es aber dazu war um mich hervorzulocken, haben sie sich geschnitten!"

Immer noch wütend marschierte ich zum Ausgang, warf noch einmal einen schnellen Blick in den Raum. "Damit auch alle beruhigt sind, ich gehe in mein Büro und arbeite meinen Dokumentenstapel ab, bis wir in den Orbit einschwenken. Ist das in Ordnung, Admiral Uno?"

Sakura sah blass zu mir herüber. Schließlich nickte sie.

Ich grunzte zufrieden, riss die Tür zum Gang auf - und erstarrte. Peinlich berührt massierte ich meine Schläfen. "Leute, bitte, sagt mir, dass das hier nicht wahr ist."

Ich trat auf den Gang hinaus und zählte schnell das angetretene Elite-Kommando - durchwegs Infanteristen, die mit mir auf dem Mars gewesen waren und mit den beiden Dämonenkönigen gedient hatten. "Zwanzig. Zwanzig Elite-Soldaten in voller Gefechtsmontur, aber ohne Waffen. Macht Ihr hier einen Wachjob, Herrschaften?"

Der Anführer, ein junger Lieutenant aus Afrika, sah betreten zu Boden.

"Oder seid Ihr hier, um mich zu stoppen?"

Die Infanteristen raunten leise. Für mich war das ein ja.

Ich schnaubte entrüstet, würdigte die anderen aber keines Blickes mehr. Als ich die Soldaten passiert hatte, hörte ich ihre Stiefel hinter mir poltern. Sie folgten mir. Himmel, sie folgten mir!

Entschuldigend hob Harold Ibate die Schultern. "Befehl ist Befehl, Sir."

"Sakura!", stöhnte ich ärgerlich. "Makoto!" Damit hatte ich meine Hauptschuldigen beim Namen genannt. "Okay, ich werde diese Frage bereuen, aber warum zwanzig?"

"Sie beherrschen KI, Sir. Unter zwanzig Mann würde ich gar nicht erst versuchen, Sie zu verzögern."

"V-verzögern?", stammelte ich.

"Sir, wir sollen Sie nur bremsen. Aufhalten verlangt niemand von uns."

"Und was soll mich aufhalten? Ein Hawk vielleicht?"

Der junge Offizier musste grinsen.

"Zwei Hawks?", scherzte ich.

"Vier."

Übergangslos prustete ich los. Aus dem Pruster wurde ein lautes Lachen. "Das ist nicht euer Ernst."

"Befehl ist..."

"Befehl ist Befehl, ich weiß", unterbrach ich Ibate grinsend. "Na, dann habe ich euch wohl erst mal an der Backe, was? Also kommt, ich koche Kaffee für alle."
 

1.

In den Eingeweiden der AURORA gab es die so genannte Grey Zone, einen Bereich von natürlichen Kavernen und Hohlräumen, in denen ein paar tausend Menschen lebten. Wie diese Menschen an Bord gelangt waren, war relativ schnell rekonstruiert worden. Das warum war es, was den Ermittlern an Bord Sorgen bereitete.

Doitsu Ataka scherte das warum weniger. Die Menschen in der Grey Zone hatten, unterstützt von noch unbekannten Finanzgebern, eine Art Vergnügungsmeile aufgebaut, in der die achtzigtausend Menschen aus dem eigentlichen Bereich der AURORA trinken, spielen, rauchen und... dem ältesten Gewerbe der Welt nachgehen konnten. Auch harte Drogen wurden hier unten angeboten.

Das alles folgte merkwürdigerweise keinem Konzept. Es gab verschiedene Fraktionen unter denen, die diese Läden betrieben. Eine der stärkeren waren die Söhne der AURORA, die fast ein Drittel der Geschäfte kontrollierte. Ihre Beweggründe waren unbekannt, aber sicher war, dass einer der Financiers, die diesen Bereich erst geschaffen hatten, hinter ihnen stand und ihnen Anweisungen mitgegeben hatte.

Auch direkte Befehle schienen möglich, immerhin gab es eine Standleitung zur Erde, die jedem Bürger an Bord zur Nutzung offen stand.

Für Doitsu waren alle anderen Menschen in der Zone nur eine Ablenkung. Eine Ablenkung für das, was von den Söhnen der AURORA ausgehen würde.

Die Grey Zone zu beherrschen, entschied der junge Yakuza, war definitiv nicht ihr Ziel, sonst wäre es schon lange zum offenen Schlagabtausch zwischen ihnen und seiner Gruppe gekommen, die eng mit der Polizei in Furohata City zusammen arbeitete.

Aber das waren Dinge, mit denen er sich nicht beschäftigen musste. Er war der Oyabun der AURORA, der höchste Anführer der Yakuza an Bord, in sein Amt gezwungen von Eikichi Otomo und Sakura Ino. Sein Job war es, die Grey Zone unter Kontrolle zu halten und all den Illegalen ein einigermaßen stabiles und sicheres Leben zu ermöglichen. Sowie den Bürgern der AURORA einen ungestörten Besuch dieser Sektion zu ermöglichen, damit der Umsatz stimmte. Denn für den Schutz durch seine Gruppe zahlten die freien Ladenbesitzer seit einer gemeinsamen Konferenz einen gewissen Obolus.

Doitsu musste an sich halten, um nicht laut aufzulachen. Dieses Geld war keinesfalls eine Schutzgelderpressung. Nein, er und seine Gruppe waren mehr so etwas wie ein privater Wachdienst. Ein elitärer Wachdienst, um genau zu sein. Seine Leute waren hervorragend, das hatte er selbst immer wieder festgestellt. Keinem fehlte auch nur eine Fingerkuppe.

Auf dem Mars hätte die Infanterie sie damals sehr gut gebrauchen können.
 

Wütend stieß Doitsu seine Kaffeetasse von sich. Das Keramikgebilde flog ein paar Meter, landete am Holzrahmen, ergoss seinen Inhalt über die polierten Bohlen des Zimmers und zerschellte schließlich am Boden. Verdammt, nicht nur, dass er Offizier der Hekatoncheiren war, nicht nur dass er ausgerechnet mit Blue Slayer eine Liebesaffäre hatte, er musste auch noch die Halbwelt der AURORA kontrollieren. Wie sollte er das alles schaffen? Und vor allem, welcher Pflicht sollte er den Vorzug geben? Dem Dienst in den Hekatoncheiren? Seinem Amt als Oyabun? Oder dem nervenaufreibensten Job von allem, Hinas Freund zu sein?

Wenigstens hatte er einen Trost. Akira ging es noch viel schlechter als ihm.

Doitsu sah zu seiner zerschellten Tasse herüber. Mist. Er hatte das Ding gemocht. Aber wenigstens war der Kaffee schon kalt gewesen.

**

In einer dunklen Kammer in eben dieser Grey Zone sah ein Mann mit düsterem Lächeln auf die Monitore, die vor ihm eine Wand bildeten. Auf einigen liefen interne Sender der AURORA, Reportagen, Nachrichten und Musikvideos. Auf anderen waren die Sender von Lorania vertreten. Die meisten verhielten sich nach wie vor pro-imperial. Aber hier und dort wagte der eine oder andere Provinzsender den Aufstand.

"Also beginnt es", sagte der Mann leise in den Raum. Er betrachtete das Foto in seiner Hand, das eine entstellte, dunkelblonde junge Frau zeigte, deren linkes Auge bandagiert war. Der linke Mundwinkel hing etwas herab, aber der Blick aus dem rechten Auge zeigte ungebrochenen Stolz.

"Was wirst du tun, Akira-chan? Was wird sie tun?" Müde ließ er das Foto sinken. Es hatte ihn einiges an Geld und Einfluss gekostet, an diese geheime Aufnahme zu kommen. Und das auch eher aus einer Laune heraus als aus wirklichem Nutzen.

"Ai-chan, was denkst du, ist es Megumi?"

Aus dem Schatten an der Wand trat die schlanke, kleine Frau hervor. "Ich kann es nicht sagen. Die Bandage am linken Auge verhindert eine eindeutige Analyse."

"Und was sagt dein Bauch? Du warst wochenlang mit ihr zusammen. Nein, lass es mich anders formulieren. Was denkt Akira-chan? Was glaubst du?"

"Akira-sama fällt da nicht drauf rein. Das denke ich."

"So, so. In jedem Fall kommt unsere Zeit bald. Sehr bald."

"Ja, Sensei."

"Was wirst du dann tun, Akira-chan? Was wirst du dann tun?" Er legte eine Hand vor sein Gesicht und begann leise zu lachen. Diese Mission bereitete ihm einen höllischen Spaß.
 

2.

Yoni Entan Pander war alles in allem eine durchschnittliche Studentin. Sie fiel nie besonders auf, besuchte keine exotischen Studienfächer und pflegte vollkommen normale Freundschaften. Sie nahm nicht an Protesten gegen die Naguad teil und mied sogar die Nähe der Aktivisten dieser Aktionen. Was ihr schon den Vorwurf eingebracht hatte, eine Kollaborateurin zu sein. Für die liberale Konshyu-Universität und ihre Studenten beinahe schon ein Verbrechen. Beinahe.

Yoni dachte sich nichts dabei. Solange die Aktivisten nicht handgreiflich wurden, spielte sie gerne ihre Rolle als unscheinbares Mauerblümchen.

Umso überraschter war sie, als laute Sirenen erklangen, während sie über den Vorweg der Universität schritt. Zivile Wagen rasten auf den Bürgersteig, hielten direkt auf sie zu. Ein Kampfhubschrauber mit den Insignien der Anelph-Miliz zog heran und hielt über ihr Position.

Dann waren die Wagen heran, Anelph in schwarzen Anzügen sprangen heraus und überwältigten sie, bevor sie auch nur den Gedanken fassen konnte, wegzulaufen.

Einer von ihnen sah sie selbstzufrieden an. "B-Team an Basis. Einsatz erfolgreich. Wir haben Yoni Entan Pander extrahiert." Er sah zu der Frau, die wehrlos am Boden lag und gerade von einer weiblichen Agentin abgetastet wurde, herab. Dann lächelte er, als ihm eine unscheinbare Plakette überreicht wurde. Das Erkennungszeichen einer geheimen Organisation, die sein Geheimdienst schon seit Jahren bekämpfte. Und heute hatten sie vielleicht ihren besten Schlag gelandet. "Wer hätte das gedacht? Ausgerechnet ein kleines Mädchen führt heute das Komitee. Bringt sie fort."

Er sah auf, betrachtete die vielen Studenten, die nun zaghaft näher kamen.

"Was tun sie mit ihr?", rief jemand aus der Menge. "Sie hat nichts getan!"

Der Anführer wandte sich abrupt um, wollte wieder in den Wagen einsteigen. Aber der Zwischenruf ließ ihn halten. "Yoni Entan Pander wurde soeben überführt, Vorsitzende des Komitees zu sein. Sie wurde regulär verhaftet und wird den Gerichten übergeben."

"Yoni? Unmöglich. Was redest du Mistkerl da?"

Ungeachtet der Bedrohung durch den Hubschrauber und die offene Bewaffnung der anderen Agenten rückten die Studenten näher.

"Rückzug", entschied der Agent. Wenn die Stimmung umschwang und die Studenten einen Mob bildeten, würde es zu einem Blutbad kommen. Und das war nicht sein Auftrag. Noch nicht.

"Verdammter Geheimdienst!", rief jemand. Von irgendwoher flog Obst heran. Der Agent achtete nicht darauf, während er einstieg. Die Wagen ruckten an und verließen den Platz so schnell wie sie gekommen waren.

Zurück blieb eine Schar Studenten und ein Kampfhubschrauber, der erst abzog, als die Wagen nicht mehr zu sehen waren.

Dies war nur eine Aktion, eine von Dutzenden die beinahe zeitgleich überall auf der Welt stattfanden.

Nach den ersten Verhaftungswellen durch den Inlandgeheimdienst Iram erfolgte nun die zweite Welle. Man ergriff die Hintermänner, bevor sich das Komitee ernsthaft organisieren konnte. Und ohne die Hilfe der Einheimischen konnte die AURORA ewig im Orbit hängen bleiben.

Sie würde nie eine ernsthafte Zahl an Anelph zur Emigration bewegen können. Nicht ohne die Strukturen des Komitees.

**

Ban Shee Ryon war gerannt wie noch nie in ihrem Leben. Die große Anelph atmete stoßweise, als sie in der Flottenzentrale ankam. Japsend stützte sie sich auf dem erstbesten Tisch ab.

Sakura Ino warf ihr einen überraschten Blick zu. "Was zum...?"

Als kurz darauf Yoshi Futabe eintraf, ebenfalls atemlos, ebenfalls japsend, runzelte die Kommandeurin der Einsatzgruppe Troja die Stirn.

"Ich...", ächzte Ban Shee, "wir... sie..."

"Nun hol erstmal Luft!", blaffte Sakura wütend.

"Okay", ächzte die Anelph und konzentrierte sich darauf, ihre Atmung zu normalisieren.

"Ich bringe sehr schlechte Nachrichten. Das Auge Irams zerschlägt das Komitee!"

Sakura zog eine Augenbraue hoch. "Was? Das gibt es noch?"

"Natürlich. Immerhin wollten wir selbst ein paar Mal zwischen unserer neuen Heimat und Lorania hin- und herpendeln. Um die Exilanten auszuwählen und vorzubereiten hätten auch wir Strukturen gebraucht."

"Und die sind nun in Gefahr."

"In Gefahr ist das falsche Wort. Über meine Kanäle kann ich niemanden aus der Führungsschicht mehr erreichen. Sie wurden alle verhaftet. Damit sind die kleinen Zellen vollkommen hilflos und wir können auf nichts mehr zurückgreifen."

"Was wissen wir über das Auge Irams?", fragte Sakura ernst. "Wohin bringen sie die Komitee-Mitglieder?"

"Ich habe ein Dossier hier", sagte Ban Shee und reichte den schmucklosen Datenträger an Sakura weiter.

"Das ist aber noch nicht alles!", rief Yoshi aufgeregt. "Es kam gerade in den Nachrichten! Sie... Sie machen Aria den Prozess!"

"Was?" Beide Frauen, die anderen Anwesenden in der Zentrale sahen den jungen Eagle-Pilot entsetzt an. "Ja, Ihr habt richtig gehört. Feigheit vor dem Feind, Landesverrat und Spionage."

"Das darf doch nicht wahr sein!" Wütend ballte Sakura die Hände zu Fäusten. "Ausgerechnet Aria."

Ban Shee schwieg entsetzt. Diese Nachricht traf sie schwer.

"Eins nach dem anderen", sagte Sakura schließlich und sah zur Seite. "Ich will Akira hier haben. Sofort."

**

Der beste Mecha-Pilot der Erde... Dieser Rang bedeutete mir nie etwas, und ich hätte ihn gerne an einen jüngeren, besseren Piloten abgegeben. Doch leider trug ich ihn, ob ich wollte oder nicht. Und damit trug ich auch die Bürde der Verantwortung, die damit verbunden war.

Man erwartete viel von mir. Gerade nach meinem Angriff auf die Fünfte Banges-Division, der mir eigentlich eher eine Degradierung hätte einbringen sollen, waren die Ansprüche wieder einmal gestiegen.

Zudem musste ich nun für zwei kämpfen. Seit die Nummer zwei, Megumi, nicht mehr diente, hatte ich sie zu ersetzen. Ich langte über meinen Schreibtisch und zog das gerahmte Bild heran. Es zeigte Megumi in einem der wenigen Momente, in denen sie unbefangen lächelte. Wenn ich es recht überdachte, waren die ernsten und schwierigen Erfahrungen, die sie als Top-Pilotin der Erde gemacht hatte, nicht spurlos an ihr vorüber gegangen. Sie war in der Zeit, in der ich mein Gedächtnis verloren hatte kühler geworden. Lächeln für eine Kamera fiel ihr auch heute noch schwer. Ich musste bei diesem Gedanken schmunzeln. Ihr Lächeln war noch immer für private Momente reserviert, ebenso ihr Lachen.

Was hatte ich mich damals angestrengt, um wenigstens dieses Lächeln für mein Foto zu kriegen. Letztendlich hatte ich sie geküsst und ihr noch einen versprochen, wenn das Foto aufgenommen war...

Nun, es hatte funktioniert.

Ich fühlte, wie meine Augen feucht wurden. Himmel, würde es eigentlich immer so wehtun, oder ließ der Schmerz mit der Zeit nach?

Solange du dich an die Toten erinnerst sind sie bei dir, hat mir Futabe-Sensei einmal gesagt. Was mir der alte Halunke aber verschwiegen hatte war, dass damit nicht nur die geteilte Freude ebenfalls anwesend war - die angesammelten Schmerzen und schlechten Erinnerungen forderten auch ihren Platz ein. Und der größte Schmerz für mich war, dass sie in diesem Moment nicht bei mir war.

"Ein schönes Bild, Aki-chan", hörte ich eine Frauenstimme hinter mir sagen. Zwei Arme schlangen sich um meinen Hals und drückten mich nach hinten. Ich spürte an meiner rechten Wange eine andere Wange, die weich, warm und zart war.

"Es muß schwierig gewesen sein, dieses Bild zu kriegen, was? Megumi soll sich ja immer so geziert haben."

Ich sah zur Seite. "Hallo, Yellow Slayer."

"Sei doch nicht so förmlich, Aki-chan. Yellow reicht." Sie lächelte mich mit zusammen gekniffenen Augen an.

"Sehr komisch", murmelte ich amüsiert und stellte Megumis Bild wieder auf den Schreibtisch zurück.

"So bin ich halt. Trübsal ist einfach nicht mein Ding. Hm, ich hätte nicht gedacht, dass du ihr Bild auf dem Schreibtisch hast. Gibt es da noch etwas, was ich wissen sollte? Ein getragener BH von ihr vielleicht, an dem du ab und an riechst?"

Ich fühlte wie ich rot wurde. Mist.

"Waah! Stimmt das etwa? Aki-chan, du bist mir ja einer!"

"S-stimmt nicht! Ich habe keinen getragenen BH von ihr hier."

"Dann vielleicht andere Unterwäsche?"

"Sei nicht so neugierig, Yellow", tadelte ich.

"Ach komm schon. Was ist es? Ich will es wissen."

"Hast du denn gar keinen Respekt vor den Toten?"

"Wieso, Aki-chan, du lebst doch noch, oder?" Sie lächelte mich an und gab mir einen Kuss auf die Wange. "Wenn du es mir verrätst, kriegst du vielleicht einen auf den Mund."

"Mir würde es schon reichen, wenn du aufhörst, herumzustochern, ja?"

Sie formte mit Zeigefinger und Mittelfinger der Rechten das Victory-Zeichen. "Ich schwöre."

Seufzend ergab ich mich. Dann öffnete ich eine Schublade und zog ein Top heraus. "I-ich habe es aus der Wäsche gefischt, bevor es gewaschen wurde. Sie hat es zu ihrer letzten Trainingsstunde getragen, bevor wir... Bevor wir Andea Twin verließen."

"Zeig mal", forderte sie, griff nach dem Stoff und zog ihn heran. Dabei fiel eine kleine Schachtel aus der Schublade. "Warte, Aki-chan, ich hebe das für dich auf."

"Brauchst du nicht, ich habe es ja schon fast und... Mist. Gib es mir einfach, du brauchst wirklich nicht rein... Mist."

Yellow stand nun links von mir. Mit brennenden Augen starrte sie in die kleine, mit Samt ausgeschlagene Schachtel. Dort gehalten von einer Klammer, thronte ein weißgoldener Ring, in den zwei Opale eingefasst worden waren.

"Der Opal war immer ihr Lieblingsstein", sagte ich leise. "Ich hatte gehofft, sie würde sich freuen wenn..."

"Aki-chan! Erzähl mir nicht, das hier ist... Du wolltest ihr doch nicht etwa..."

Ich begegnete Yellows Blick. Obwohl ihre KI-Aura verhinderte, dass man sich ihr Gesicht merken oder es fotografieren konnte, so erkannte ich aber doch ihre Augen, den überrascht geöffneten Mund und die einzelne Träne, die ihre Wange herab lief. Ich fühlte mich wie das sprichwörtliche Kaninchen vor der Schlange.

"Wann?", hauchte sie leise.

"Auf meinem Geburtstag. Ich wollte ihn ihr auf meinem Geburtstag geben."

"Aki-chan, das... Ich... Das... Ich meine, sie... Ich bin sicher, ich weiß ihre Antwort und... Akira."

Die Zeit schien einzufrieren. Alles rings um uns verlor an Bedeutung. Langsam bewegte sich ihr Gesicht in meine Richtung. Ich richtete mich ein Stück mehr auf und kam ihr so näher. Wir bewegten uns aufeinander zu und tausend Gedanken rasten durch meinen Verstand. Das war falsch und doch so richtig. Unlogisch aber dennoch der nächste Schritt. Ich fühlte mich Energie geladen und gleichzeitig zu schwach, um auch nur einen Finger zu rühren. Ich...
 

"Commander! Admiral Ino erwartet Sie sofort in... Eindringling im Büro des Commanders!"

Ich fuhr herum, streifte dabei Yellows Lippen.

Harold Ibate riss gerade seine Dienstwaffe aus dem Holster an seiner Seite und feuerte einen gezielten Schuss ab. Die Kugel überbrückte die Distanz zu Yellow binnen eines Wimpernschlages, bremste eine Handbreit vor ihr ab und fiel dann aller Kraft beraubt zu Boden.

"Nicht schießen! Sie ist eine Slayer!", rief ich hastig, bevor der Lieutenant erneut feuern konnte.

Yellow drückte mir die Box mit dem Ring in die Hand. "Schade, Aki-chan. Vielleicht ein andernmal, wenn du keine bewaffneten Aufpasser hast." Sie zwinkerte mir zu. Draußen auf dem Gang entstand Tumult und zwei Infanteristen mit Sturmgewehren stürmten in mein Büro. Ibate hielt sie mit einer Handbewegung davon ab zu feuern.

"Wir sehen uns, Aki-chan", sagte Yellow, sprang nach hinten, schwebte für einen Moment in der Luft und verblasste dann wie eine Illusion.

Ich seufzte leise. "Das war verdammt knapp." Ich stand auf, ergriff meine Dienstmütze und kam um meinen Schreibtisch herum. "Wenn Sie hier so reingestürmt kommen, dann hat es Sakura sicher eilig. Also, meine Herren."

"Was? Ach so, ja. Richtig. Nach Ihnen, Sir."
 

Fünf Minuten später war ich im Bilde. Ban Shee Ryon beendete ihre Zusammenfassung mit geballten Fäusten und Zornverkniffener Miene. "Und wir können nichts tun, nichts für die Mitglieder des Komitees und nichts für Aria."

"Darf ich dein Kommunikationssystem benutzen, Sakura-chan?", fragte ich ernst.

"Klar. Wieso?"

Ich setzte mich an das Gerät und wählte einige Nummern, schaltete sie zu einer Sammelkonferenz zusammen. "Division Commander Otomo hier. Alle Offiziere der Hekatoncheiren, Oberst Olavson von den Panzern und alle Infanterieoffiziere finden sich sofort auf Poseidon ein. Außerdem der Kapitän der SUNDER, der GRAF SPEE und der PRINZ EUGEN. Sämtliche Kapitäne sollen sich per Vid dazu schalten. Alle Hekatoncheiren werden hiermit in Alarmstufe eins versetzt. Ich erwarte Sie alle so schnell wie möglich, meine Damen und Herren. Der Letzte gibt einen aus. Otomo Ende."

Ich sah auf. "Sakura-chan, ich nehme den großen Konferenzraum. Ich schätze, in einer Stunde kann ich beginnen. Willst du teilnehmen?"

"Teilnehmen woran?", fragte sie mit treuem Augenaufschlag. Ich lächelte dünn. Natürlich wusste mein Cousinchen schon, was ich vorhatte. Und sie hatte es auch schon längst abgesegnet.

"An den Planungen natürlich", erwiderte ich. "An den Planungen, um das Komitee zu befreien. Denn wie sollen die Anelph da unten auf Lorania uns trauen, wenn wir uns nicht einmal um unsere eigenen Verbündeten kümmern können? Yoshi, komm. Du hilfst mir bei der Aufnahme der Fakten."

"Geht klar. Ich sage nur schnell Mamoru und Mako Bescheid, die sind gerade im Gebäude."

"Sehr gut. Ach, und ruf Hina auch. Am besten gleich alle Slayer. Wir werden sie vielleicht brauchen."

"Verstanden."

"Sir! Wollen Sie einen offenen Konflikt mit den Naguad vom Zaun brechen?", rief mir Ban Shee hinterher.

"Nein. Natürlich nicht. Noch nicht. Ich will nur das Richtige tun. Das Richtige ist nicht immer politisch korrekt. Das ist ja das schöne daran."

Ich folgte Yoshi auf den Gang hinaus. "Kapitän Ryon, Sie sind natürlich auch dabei."

"Ja, Sir."

Dies war das erste Mal, dass ihre Stimme nicht spöttisch geklungen hatte, während sie den terranischen Ehrentitel für einen Vorgesetzten mir gegenüber verwendete.
 

3.

"Yoni Entan Pander", sagte der ermittelnde Beamte ernst. "Oder sollte ich sagen, Stela Sida Ryon?"

Die junge Frau auf dem Verhörstuhl zeigte nicht, ob sie die Nennung des zweiten Namens beunruhigte. Sie sah ruhig geradeaus und ignorierte den Geheimdienstmann.

"Stela Sida Ryon, jüngstes von drei Kindern von Admiral Ryon, von ihm auf Lorania während des Exodus zurück gelassen. Oder vielmehr hier stationiert, um das Komitee am Leben zu erhalten!"

Wieder rührte sich die junge Frau nicht.

"Kommen Sie, wenn Sie weiter so stur bleiben, läuft alles auf eine Anzeige wegen Hochverrat hinaus. Und Sie wissen, was Hochverrat bedeutet. Deportation vor den Obersten Gerichtshof des Imperiums. Naguad Primes Central Court."

Der Mann schüttelte den Kopf. "Das können Sie doch nicht wollen. Kaum einer, der nach Naguad Prime überführt wird, kommt zurück. Hochverrat wird mit Jahrzehnten Gefängnis geahndet. Und was das Komitee tut, ist Hochverrat. Kommen Sie, Ryon, die meisten Ihrer Mitarbeiter haben wir ohnehin schon. Verraten Sie die anderen auch noch und ich verspreche Ihnen milde Strafen für die anderen und für sie die Kronzeugenregelung."

Nun sah sie zum ersten Mal auf, fixierte den Beamten ernst. "Sie interessieren sich keinen Deut um das, was die Anelph auf dieser Welt wollen, oder?"

Der Mann sah sie an, erschöpft, müde. "Ich diene den Anelph auf dieser Welt seit dreißig Jahren. Und seit dreißig Jahren wandle ich auf einem sehr schmalen Grat. Auf der einen Seite steht die Militärmacht der Naguad, die uns unterworfen hat und die wie eine wilde angekettete Bestie nur darauf lauert, losgelassen zu werden. Auf der anderen Seite ist mein Volk. Mein eigenes Blut, das schon einmal keine Chance gegen das Imperium hatte. Und nun auch nicht hat. Ich versuche für alle da zu sein. Ich versuche, sie alle zu beschützen und dem Imperium keinen Vorwand zu geben, das Militär von der Leine zu lassen. Und heute wird nicht der Tag sein, an dem ich versage.

Haben Sie eigentlich schon mal dran gedacht, was Sie und die anderen Spinner vom Komitee den Menschen hier antun? Haben Sie eigentlich schon realisiert, dass dieses Riesending, die AURORA bestenfalls ein paar tausend Anelph aufnehmen kann? Was sollen die anderen tun? Was wenn auf dieser Welt ein Bürgerkrieg ausbricht, und alle mitwollen? Lassen Sie sie zurück, überantworten Sie diese dem Imperium? Wollen Sie fliehen in der Gewissheit, eine völlig verwüstete Welt zu hinterlassen?"

"Gäbe es das Komitee noch, dann hätte das Imperium den Exodus nicht einmal bemerkt. Aber nein, Sie mussten es ja unbedingt zerschlagen", zischte sie bitter.

"Ach, mit dem Komitee wäre es besser gegangen? Wie ist das eigentlich? Einer kleinen elitären Gruppe zu gestatten, aus dem Imperium zu entkommen und die anderen minderwertigen zurückzulassen?"

"Das ist nicht wahr! Unsere Pläne gestatten es jedem..." Sie verstummte und nickte anerkennend. "Gute Arbeit, wirklich gute Arbeit. Sie haben mich fast dazu gebracht zu reden." Stela streckte sich. "Bei Ihnen muß ich ja richtig aufpassen, hm? Okay, was kommt als Nächstes? Drogen? Körperliche Folter? Vergewaltigung? Kommen Sie, nutzen wir die Zeit."

Entsetzt sah der Beamte die junge Frau an. "W-was denken Sie eigentlich von uns! Wir sind doch keine..."

"Keine was?"

"Wir sind keine Naguad. Wir sind Anelph."

"Eine merkwürdige Aussage für einen der schärfsten Wächter des Imperiums auf dieser Welt", stellte sie fest.

"Nun, dies ist Lorania, nicht Naguad Prime. Ich wurde für den Schutz dieser Menschen angestellt, nicht dafür, sie zu terrorisieren. Oder dem Militär auszusetzen." Er sah die junge Ryon in die Augen. "Oder bei einem Ausverkauf meines Volkes zuzusehen. Oder glauben Sie etwa den Geschichten dieser Admiral Ino?"

Sie setzte zu einer Antwort an, verstummte dann jedoch wieder. Ein feines Lächeln umspielte ihre Lippen. "Wissen Sie, was ich glaube und was ich tue passt oft nicht so ganz zusammen. Aber man kann es auf einen Punkt reduzieren. Ich tue es für mein Volk. Oder glauben Sie ernsthaft, wir würden nur fliehen wollen?"

Der Geheimdienstmann erstarrte. Seine schlimmsten Befürchtungen wurden in dieser Sekunde wahr. Und die Wahrscheinlichkeit für eine harte Besetzung des kleinen Sonnensystems stieg in unermessliche Höhen.

"Wir...", begann er, wurde jedoch von den Alarmsirenen unterbrochen, die urplötzlich im ganzen Stützpunkt zu hören waren.

Stela Ryon lächelte fein. Ihre Lippen formten lautlose Worte: Wir werden abgeholt.

**

Der Komplex, in dem die Mitglieder des Komitees gefangen gehalten wurden, war nicht sehr schwer bewacht. Als ich mit Prime und einer Kompanie Hawks direkt darauf zuhielt schoss uns nur harmloses Abwehrfeuer aus Handwaffen entgegen. Ich ignorierte es ebenso wie die drei luftgestützten Kampfjets, die uns nun schon begleiteten, seit wir in die Atmosphäre eingetreten waren.

Ihre Anfragen, Drohungen und Bitten gingen bei mir zum einen Ohr rein und zum anderen raus. Überhaupt wollte ich hier Taten zählen lassen und nicht Worte.

"Yoshi, bist du in Position?"

"Drei Kilometer über dem Komplex. Von hier aus treffe ich alles, was du willst."

"Gut, bleib wachsam. Kenji, wie weit bist du mit den Pendlern?"

"Keine Gefahr. Die drei Pendler werden mit Radar und Ortungsstrahlen erfasst, aber sie sind nicht an Waffensysteme gekoppelt. Ein paar Banges steigen auf, halten aber Abstand zu uns. Soweit ich das sehen kann, sind es Milizmaschinen."

"Sehr schön. Takashi-sempai, ich... Oh, Mist."

"Jaja, das kann man sich nur schwer wieder abgewöhnen, nicht wahr, Akira?", erklang die fröhliche Stimme des Sparrow-Piloten. "Umfeld ist gesichert, du kannst landen."

"Danke dir, Sempai. Blue Lightning an alle, die Aktion beginnt."

Ich ließ Prime hart aufsetzen und auf den Gebäudekomplex zumarschieren. Hinter mir sicherten zwei Hawks die Ausfallstraße nach Norden auf der anderen zwei nach Osten. Die anderen folgten mir zu dem Gebäude.

"Startender Helikopter!"

"Goran, zwing ihn zur Landung. Aber nicht feuern, wenn es nicht unbedingt sein muß."

"Ich könnte ihm die Rotoren abreißen", bot der ehemalige Ausbilder an.

"Meinetwegen. Das ist kein Waffenfeuer", bemerkte ich amüsiert.

Mittlerweile sahen die Bewaffneten der Anlage die Sinnlosigkeit ihres Angriffs ein und sparten Munition.

"Fünf Schützen auf der Nordseite, Sir. Erlaubnis, sie zu eliminieren?"

"Negativ, Daynes. Noch nicht. Aber weiter beobachten."
 

Ich führte Prime ein wenig näher an den Haupteingang des acht Stockwerke großen, bulligen Baus heran. "Ich erfasse auf dieser Seite drei feuerbereite Schützen, Sir. Ich habe sie markiert. Soll ich bei Anzeichen von Waffenfeuer selbstständig das Feuer eröffnen?"

Kurz legte ich den Kopf schief. "Nein. Gefeuert wird nur auf mein Kommando."

Hinter mir setzten die drei Pendler auf. Zwei volle Kompanien Infanterie, drei gepanzerte Mannschaftstransporter und zwei Mecha-Abwehrpanzer vom Typ Goblin verließen sie und hielten auf den Haupteingang zu.

"Was machen unsere Schützen?", fragte ich nach.

"Verhalten sich ruhig. Noch."

"Ich hoffe, das bleibt so. Prime, geh auf Standby."

"Standby? Sir, Sie wollen doch nicht wieder etwas Dummes machen?", rief die KI aufgeregt.

"Nicht dümmer als sonst auch", erwiderte ich amüsiert und entsiegelte das Cockpit. Die Luke fuhr auf, während der erste gepanzerte Mannschaftswagen Primes Füße erreichte.

Ich ließ den Mecha in die Hocke gehen und überwand den Höhenunterschied von zwei Metern zum Boden mit einem beherzten Sprung. Nun kam auch die Infanterie an und ich registrierte verwundert, dass Joan sie anführte.

"Was machst du denn hier?", fragte ich erstaunt.

Joan ließ neben mir halten. Eine ausgewählte Truppe, ähnlich der, die mich auf Sakuras Befehl bewacht hatte, Elitesoldaten, jeder bei der Schlacht um den Mars dabei gewesen.

"Ach, weißt du, ich drohte einzurosten. Wenn meine bionischen Implantate nicht ab und zu strapaziert werden, stößt mein Körper sie womöglich noch ab. Außerdem hat mir ein Vögelchen gezwitschert, dass du mal wieder eine Aktion vorhast, die Degradierung, unehrenhafte Entlassung und sogar den Tod bedeuten kann. Mal ehrlich, Aki-chan, darf ich dabei fehlen?"

Ich grinste. "Nein, nicht wirklich. Du weißt, wie wir vorgehen?"

"Du bist nicht ganz beieinander, hm? Ich war bei der Besprechung dabei. Ich stand neben Kei und Gonzales, deren beide Schiffe gerade im stationären Orbit über unseren Köpfen kreisen", tadelte sie mich.

"Okay", sagte ich hastig, um meine Verlegenheit zu überspielen, "dann gehen wir vor wie geplant. Nur mit der kleinen Änderung, dass ich die Delegation anführe. Zwanzig Mann kommen mit rein, der Rest verteidigt gegen außen. Geschossen wird nur auf meinen Befehl."

"Aye, Sir." Joan sprach leise, aber eindringlich mit ihren Lieutenants, die daraufhin ihren Sergeanten Befehle zuschnarrten. Danach brach alles in organisiertes Chaos aus, an deren Ende Joan, zwanzig bewaffnete Infanteristen und ich alleine vor der Tür standen.

"Prime, was machen die Schützen?"

"Sind noch da, Sir, aber die Waffen zeigen weder auf Ihre Gruppe noch wurden sie durchgeladen."

"Okay. Otomo hier, wir gehen jetzt rein."

"Akira, du weißt hoffentlich, dass du nicht unsterblich bist, ja?", mahnte mich Yoshis Stimme.

"Mit Unsterblichkeit hat diese Aktion nichts zu tun, nur mit idiotischem Wagemut", konterte ich.

"Dann sollte ich da unten stehen und nicht du."

Ich lachte kurz. "Nächstes Mal, Yoshi. Nächstes Mal."

Ich ging voran, die Automatiktür des Gebäudes glitt vor mir und den Infanteristen auf. Entschlossen setzte ich den ersten Schritt hinein - und erstarrte.

**

"Ich hasse dieses Warten!", blaffte Oliver Ryan, der Zweite Offizier der KOWLOON ärgerlich. Nervös trommelte er mit den Fingern der rechten Hand auf seiner Armlehne herum und erzeugte auf diese Weise eine Geräuschkulisse, die alle anderen in der Zentrale zu nerven begann.

"So? Das warten wird dir noch mal wie das Paradies vorkommen, Ollie", murmelte Shawn Winslow, der Kapitän der NOVEMBER-Fregatte. "Wenn hier nämlich der Himmel brennt und die Geschichte richtig interessant wird, wirst du dich zu jeder einzelnen Minute Langeweile zurück sehnen."

Marek Dobarev, der Erste Offizier und Chef der zwanzig Daishi-Mechas der NOVEMBER-Fregatte, sprach eher selten, und dann auch nur Befehle. Doch im Moment wirkte er, als wolle er Ollie eine Standpauke halten wollen, die sich gewaschen hatte. "Trink nicht soviel Kaffee!", riet er dem Zweiten stattdessen lautstark. "Dann rennst du auch nicht wie ein aufgezogener Spielzeugsoldat durch die Gegend."

Mable Ryan, die Ortungschefin verkniff sich ein Grinsen. "Könnt Ihr mal ernsthaft bleiben, Jungs? Unsere Patrouille startet in elf Minuten. Dann kriegt Ihr eure Action. Obendrein die Gefahr, jederzeit auf ein paar hundert stinksaure Naguad-Banges zu treffen."

"Isjagutichbinjaschonstill", murmelte Ollie nach dem doppelten Anraunzer.

Shawn sah es mit Erleichterung. Im Moment improvisierte die ganze Einsatzgruppe Troja, nichts entsprach im Moment den Vorplanungen, den Besprechungen, den Absprachen. Rein gar nichts. Es gab keine Ausweichpläne, keine Langzeitstrategie, nichts. Nur die UEMF-Doktrin, die sich aber nur begrenzt auf diesen Fall anwenden ließ. Der Rest blieb dem Genie der Kapitäne und ihren Mannschaften vorbehalten. Und wenn sie auf Patrouille flogen, konnte es durchaus sein, dass ein eifriger Naguad-Kapitän dem Schiff und der Mannschaft eine Menge Improvisationstalent abverlangen würde.
 

"Shawn", meldete sich Jenny vom Funk herüber. "Jemand hat gerade per Überrangcode das Schiff über die Schleuse betreten, die noch mit der AURORA gekoppelt ist!"

"Überrangcode? Wessen Überrangcode?", blaffte der aufgeregt. Wie konnten sie es wagen? Dies war sein Schiff, sein Kommando! Welcher UEMF-Arsch hielt es hier gerade für richtig, ihm neun Minuten vor dem Start einen Überraschungsbesuch zu machen?

Jenny schluckte hart. "Shawn, der Code ist nicht signiert, ich weiß nicht wer dort rein gekommen ist."

"Ach, wollen die Herren Spielchen spielen? Darin bin ich gut, richtig gut", murmelte der Kapitän der KOWLOON verärgert. "Okay, Alarm für das Schiff. Wenn sie sich wie Eindringlinge herein schleichen müssen sie auch damit rechnen, wie Eindringlinge behandelt zu werden. Kein Feuerbefehl. NOCH nicht."

Die Offiziere sahen erstaunt zu ihm herüber. Bisher hatte sich Shawn gut eingefügt und die Berichte über die KOWLOON und die Mannschaft waren ohne Tadel gewesen. Bisher. Um all das vollends zu ruinieren musste eigentlich nur noch auf einen UEMF-Offizier geschossen werden. Ihn mit einer Waffe zu bedrohen alleine zerschlug schon genügend Porzellan.

"Wo befinden sich die Eindringlinge?", fragte Shawn.

"Ich... Keine Ahnung, ich habe sie nicht auf den internen Sensoren."

"Dann finde sie. Wenn das hier eine Prüfung ist, will ich nicht dümmer dastehen als ich muß."

"Shawn, ich habe den Algorhythmus des Codes dechiffriert. Es ist ein alter Hochrangflottencode des Legats."

"Verdammt, was wird hier gespielt?", blaffte der Kapitän aufgebracht. Nicht nur, dass diese UEMF-Typen in sein Schiff eindrangen, sie beschworen auch einer Hybris gleich die Geister der Vergangenheit wieder herauf. Sie...

Shawn erstarrte. "Rotalarm! SOFORT!"

Jenny zögerte. Ein Rotalarm im angedockten Zustand würde auch auf der AURORA registriert werden. Und dann würde es eine Untersuchung geben. Zumindest aber würde ein Bericht gefordert werden. Und der dauerte und dauerte und...

Tadelnd sah Shawn sie an, kam aber nicht mehr dazu zu meckern. Das Hauptschott zur Zentrale glitt auf. Zwei seiner Rauminfanteristen taumelten rückwärts in den Raum. Sie hielten ihre Waffen gesenkt. Als sich einer von ihnen umwandte, erkannte Shawn blankes Entsetzen darin.

Ihnen folgten zehn gut ausgerüstete Soldaten in schwarzen Uniformen, die bedingt Vakuumtauglich zu sein schienen. Und sie waren gut, sogar sehr gut bewaffnet.

Ihnen folgte ein groß gewachsener Mann, der von einer schmalen jungen Frau begleitet wurde.

"Verschlusszustand, Lieutenant Commander Winslow. Verschlusszustand wäre die richtige Entscheidung gewesen. Das Schiff in alle neunzehn autarken Zellen aufteilen und jede Zelle anschließend einzeln durchsuchen."

Der Mann trat in die Mitte der Zentrale, sah in die Runde.

Erschrockenes Raunen klang auf. Auch Shawn fühlte die Überraschung, sank in seinem Sessel zusammen.

"Schön, dass Sie mich noch kennen", spottete der große Mann.

Shawn sah vor sich einen Kronosier von sehr hohem Wuchs. Die weißen Haare und die dunklen Augen waren Beleg seiner Herkunft - beziehungsweise der Gift, die ihm gewährt worden und ihn genetisch in einen Naguad verändert hatte. In einen von neun Grundtypen, wie sie von den Anelph wussten.

"SIE!", rief Shawn, fuhr aus seinem Sitz hoch. Die Soldaten in schwarz ließen ihre Waffen hoch rucken. Doch das scherte ihn nicht, als er einen ersten taumelnden Schritt auf ihn zumachte.

"Ja, Kapitän?", fragte dieser und lächelte ihn an.

"Sie... Sie sind tot! Was tun Sie hier?"

Der Mann lachte. "Nun, ich... Tue meine Pflicht. Und genau das werden Sie jetzt auch tun. Ich werde die KOWLOON auf ihrer Patrouille begleiten. Und wenn ich das Zeichen gebe, brechen Sie vom Patrouillekurs ab und fliegen den Mond Jomma an, genauer gesagt die Naguad-Militärbasis Axixo."

Ollie senkte unmerklich die Hand. Sie glitt seinem Waffenholster immer näher. Auch Marek schien sich bereit machen zu wollen. Er spannte die Beine an, beugte sich leicht vor, als wolle er jede Sekunde los laufen. Jenny langte vorsichtig unter ihr Pult. Shawn wusste, dass die junge Frau dort eine Waffe versteckt hatte. Aber war es das wert? Konnten sie es schaffen? Durften sie es überhaupt schaffen? Der Mann da vor ihm, er war ein Legat! Einer jener fünfzig Männer und Frauen, unter deren Kommando er gedient hatte, bevor Otomo gekommen war. Er hatte sogar noch für sie gekämpft, nachdem die meisten von ihnen gefallen waren und der Mars sich ergeben hatte.

Langsam schüttelte er den Kopf, vor allem für seine Leute, damit sie nicht angriffen. Noch nicht.

Er sah den Legaten an und fragte: "Wie kommen Sie nur darauf, dass ich Ihnen helfen werde, Legat? Die KOWLOON und ihre Mannschaft sind nun Teil der UEMF, Teil der AURORA-Begleitflotte. Warum sollte ich all das wegwerfen?"

Der Kronosier lachte. Übergangslos wurde er wieder ernst. "Ai-chan."

Die junge Frau an seiner Seite nickte kurz. Einen Augenblick später stand sie neben Shawn und hielt eine Klinge an seinen Hals gedrückt, ohne auch nur hinzusehen. An der Schneide begann sich Blut zu sammeln und das Metall herab zu fließen.

Die Waffen der Wachen ruckten erneut hoch und zielten wieder auf die Anwesenden.

Shawn verstand. Es würde ansonsten ein Blutbad geben.

"Einen Grund", stammelte er. "Geben Sie mir einen Grund!"

Nachdenklich legte der Mann den Kopf zur Seite. "Ai-chan."

Die junge Frau nickte und trat von Shawn fort. Die Waffe nahm sie ab und steckte sie in ein verstecktes Futteral im Ärmel.

"Wie wäre es mit dem Grund? Sie schulden mir mehr als der UEMF, Shawn."

"Mehr als meine Ehre? Meine Integrität? Das Vertrauen meiner Leute in mich?"

"Ja", sagte der Mann schlicht und Shawn gab auf.

Nicht nur, dass er damit Recht hatte. Er hatte auch die Gewalt über ihn und das Schiff. Denn Shawn bezweifelte nicht, dass der Legat genügend Soldaten mitgebracht hatte, um es effektiv zu kontrollieren. Es war das Beste, wenn sie vorerst kooperierten. Für sie, für ihn, für die AURORA. Die AURORA? Wann hatte er nur gelernt sich selbst zu belügen?

Jedenfalls würden seine Leute auf ihn hören. Und damit würde das große Blutbad hoffentlich ausfallen.

"Wir hören auf den Legaten", entschied Shawn ernst.

Durch seine Leute schienen verschiedene Emotionen zu laufen. Jenny nahm die Hand wieder vor, Marek fluchte zum Steineerweichen und schenkte ihm einen wütenden Blick.

Ollie entkrampfte langsam seine Hand. "Ich hoffe, du weißt was du tust, ja?"

"Das hoffe ich auch", erwiderte der Kapitän.
 

"Startsignal", kam es von Jenny.

"Eins-O übernehmen." Shawn erhob sich, machte für Marek Platz und stellte sich neben den Legaten. Die junge Frau namens Ai-chan folgte ihm dabei, blieb immer in seiner Reichweite.

Doch Shawn ignorierte sie. "Eine Frage, Legat Taylor", rang sich Shawn ab, während die KOWLOON mit guten Wünschen von der AURORA startete, "wo haben Sie sich so lange versteckt? Und warum leben Sie noch?"

Der Mann grinste ihn an. "Nun, ich... Habe mir mein eigenes kleines Reich aufgebaut, unten in der Grey Zone, direkt unter den Augen der UEMF und der Söhne der AURORA. Dort kann man es gut aushalten, wenn man die richtigen Kontakte und Geld hat. Sowie einige sehr loyale Leute."

Die schwarz uniformierten Soldaten lachten, einige laut, andere dezenter, je nach Charakter.

"Selbst gegenüber den Leuten eines anderen Legaten ist es gut, selbst Legat zu sein. Das bringt Sicherheit", murmelte Henry William Taylor wie im Selbstgespräch. "Aber ich schweife ab. Sie wollten wissen, warum ich noch lebe, nicht?

Nun, wie die meisten anderen auch denken Sie, dass mich Akira Otomo eigentlich getötet hat, oder?"

Shawn nickte. Das hatte er bisher immer gedacht.

"Nun, das ist auch richtig. Dieser Halunke hat ein Herkules-Schwert erst durch meinen Mecha und dann durch mich getrieben. Von Rechts wegen müsste ich nun tot sein."

"Cloning?", schoss Shawn ins Blaue. "Oder das Übertragungsprogramm, von dem ich in letzter Zeit immer höre?"

Der Legat lachte laut. "Nein, warum? Ich bin der echte, einzige, wahre Henry William Taylor. Und ich habe so meine Möglichkeiten. In dem Moment, als abzusehen war dass Otomo mich töten würde, da nutzte ich mein Alter aus."

Shawn fiel es wie Schuppen von den Augen. Er verstand. Und er erschauerte vor dem Genie dieses Mannes. Ihn zu überlisten oder gar zu überwältigen würde sehr schwierig werden, war für einen schlichten Menschen wie ihn beinahe unmöglich. Und vielleicht gar nicht nötig, aber das würde die Zeit zeigen müssen. "Das Resonanzfeld."

"Sie sind klug", stellte Taylor fest. "Im Daishi Ecco, den ich benutzte, war genügend Platz für eine verkleinerte Version der Waffe, mit der wir den OLYMP lahm gelegt hatten. Gerade groß genug, um den Mecha und einen Radius von fünf Metern abzudecken.

Als mich die Herkules-Klinge durchbohrte, spürte ich nichts davon, weil die Zeit für mich bereits eingefroren war.

Akira Otomo und die anderen bemerkten nichts davon, denn sie waren damals zu jung, um vom Feld gelähmt zu werden.

Ich aber verharrte in der Zeitlosigkeit, wurde Stunden oder Tage später von meinen Vertrauten geborgen, während ganz Martian City ans Aufräumen ging.

Meine Vertrauten befreiten mich aus dem Daishi und sorgten dafür, dass der Resonator ausgebaut und ich im Resonanzfeld blieb, während der Ecco der UEMF übergeben wurde.

In einem Biotank hatten sie dann die Möglichkeit, die eigentlich tödliche Verletzung auszuheilen, lange bevor ich auch nur annähernd wieder beweglich wurde. Ein Jahr später... Aber das ist eine andere Geschichte."

Shawn nickte. Eine geniale Idee. Eine brillante Idee. Er erinnerte sich daran, dass die UEMF Taylors Körper nicht mehr hatte finden können, für sein ehrenvolles Begräbnis. Und nun wusste er auch wieso.

"Eine letzte Frage, Sir. Warum jetzt? Warum wir? Und warum die Naguad?"

Taylors Lächeln stoppte. "Erstens weil Akira Otomo und der Führungsstab der AURORA gerade beschäftigt sind. Zweitens weil Sie mir persönlich etwas schulden. Und drittens... Es ist mein Recht, zu den Naguad zu gehen. Immerhin teile ich mit ihnen meine Genetik, oder?" Er ballte die Hände zu Fäusten. "Sie werden mir einige pikante Fragen beantworten."

Shawn straffte sich. Plötzlich sah er einen Nutzen in Taylors Plan. Einen Nutzen für sich und dieses Schiff und für die ganze AURORA. Die Zukunft versprach noch etwas interessanter zu werden.
 

4.

Okame-sama sah auf den Mann vor sich. Respektvoll senkte er das Haupt. "Michael-tono."

Der grauhaarige Mann winkte ab. "Keine Förmlichkeiten, bitte, Okame-tono. Wir sind hier Gleiche unter Gleichen."

Der Dämonenkönig erhob sich. "Ich bringe schlechte Nachrichten, Michael-tono."

"So etwas habe ich mir schon gedacht. Die Frage ist nur: Wie schlecht?"

Neben dem Wolf entstand ein Blitz. Kitsune erschien und ließ sich schwer atmend auf die Knie und auf den Hintern sinken. "Das war knapp", ächzte sie.

Kurz sah Kitsune zur Decke, schüttelte drohend eine Faust und rief: "WARTET MAL AB! ES GIBT AUCH NOCH NE RÜCKRUNDE!"

Indigniert sah Michael Berger die Dämonin an. "Kitsune... chan?"

"Ist doch wahr", maulte sie. "Was glauben diese Typen auch... Auuuuuuu! Blöder Wolf!"

Okame rieb sich die schmerzende Faust, mit der er der jungen Dämonin eine saftige Kopfnuss verpasst hatte. "Kannst du nicht mal ernst bleiben? Nicht einmal vor Michael-tono?"

"Hey, ich komme gerade aus der größte gequirlten Scheiße, seit Torah mit Youmas rumgespielt hat, ja? Darf ich da etwas Verständnis erwarten oder ist das zuviel verlangt?"

Erschrocken rückte Kitsune vom Wolf ab, als dieser erneut die Faust hob. "Rette mich, Michael-tono!"

Der grauhaarige Mann lachte aus vollem Hals. Dann trat er neben die Füchsin und legte ihr eine Hand auf die Schulter. "Genug gespielt, Kitsune-chan. Dein Bericht, bitte."

Sie sah kurz zu Okame herüber. "Hat er schon von den Energiebahnen berichtet? Ja? Also, die Bahnen in diesem Sonnensystem sind korrumpiert, das wisst Ihr also schon.

Was jetzt kommt ist aber bestimmt neu. Ich war in der hiesigen Dämonenwelt."

"Also gibt es eine Dämonenwelt auch hier", sagte Michael nachdenklich. "Nummer fünf. Wie nennen die hiesigen Dämonen ihren Bereich?"

"Hölle", sagte Kitsune trocken.

Überrascht tauschten Okame und Michael einen Blick aus. "Wieso?"

"Weil die Dämonenwelt die Hölle ist. Ich habe es erlebt. Es gibt keinen Herrscher. Es gibt keine Gliederung. Keine Struktur. Und durch die Manipulation der Bahnen auch nicht einmal einen Hauch von Ordnung."

Sie seufzte lange und nachdrücklich. "Ich habe einen guten Einstieg in die Dämonenwelt gefunden. Er liegt nahe der Hauptstadt in einem alten Tempel, der übrigens während der Invasion der Naguad gezielt zerstört wurde. In die Dämonenwelt überzuwechseln war leicht, ebenso sie wieder zu verlassen. Das war mein Glück. Denn auf der anderen Seite musste ich leider feststellen, dass die Naguad nicht nur Lorania angegriffen haben. Nein, sie griffen auch die Dämonenwelt an."

Kitsune atmete tief ein und wieder aus. "Sie haben alle neunzehn hiesigen Dämonenkönige getötet. Dazu Dutzende der stärksten Dämonen, die ihre Nachfolger hätten werden können.

Im Dämonenreich herrscht Anarchie, Willkür und Krieg. Und über all dem schwebt der Schatten der Möglichkeit, dass die Naguad jederzeit wieder eine Strafexpedition starten und die Dämonen erneut dezimieren.

Tatsächlich gibt es ein Lager, das den Naguad bis zum Anschlag in den Arsch kriecht - die haben mich übrigens verfolgt und beinahe gekriegt - und mehrere Fraktionen, bis hin zu Einzelgängern, die überhaupt nicht wissen, was sie wollen.

Fazit: In der Dämonenwelt Verbündete zu suchen ist illusorisch."

Michael Berger nickte leicht. "Ich habe mir so etwas auch schon gedacht. Man kann eine Welt nur dann erobern, wenn dies auf allen Ebenen erfolgt."

Michael wandte sich um und sah durch ein Fenster auf die Stadt Fushida hinab. "Es war vielleicht doch keine so schlechte Idee, dass ich heimlich mitgekommen bin. Nicht wahr, Eikichi?"

Wieder wandte er sich den beiden Dämonen zu. "Diese Welt ist feindlicher als ich jemals erwartet hätte. Akira leidet noch immer unter seinem Verlust und die Flotte wurde im Orbit um Lorania regelrecht fest gepinnt. Was denkst du, Eri, sollen wir es benutzen?"

Im Hintergrund erhob sich eine groß gewachsene Frau. Sie sah nicht älter als vierzig aus, hatte aber das Lächeln einer gütigen Großmutter. Als sie heran trat, verneigte sich Kitsune spontan und sehr tief. "Eri-sama."

Die Frau lächelte gütig und tätschelte der Dämonin den Kopf. "Sei nicht so schüchtern, Kitsune-chan. Sieh dir Okame-chan an, er benimmt sich normal."

"Ja, er sitzt da stocksteif, weil er vor Schreck keinen Finger rühren kann", spottete Kitsune und bereitete sich auf den unvermeidlichen Schlag des Wolfs vor. Doch der kam nicht.

Stattdessen begann der Dämon zu zittern. Mit aufgeregter, sich überschlagender Stimme rief er: "Eri-sama!"
 

Eri Yodama lächelte den beiden Dämonen zu, bevor sie sich ihrem Mann zuwandte. "Michael, ich denke, es ist noch zu früh dafür. Wir sollten uns das aufheben bis zum letzten Moment. Vertraue Akira und vertraue seinen Freunden. Unsere Rolle in diesem Spiel ist..." Die große Frau legte den Kopf schräg, als lausche sie auf eine ferne Stimme. Ein Lächeln umspielte ihre Lippen, es war kalt. Sehr ungewöhnlich für diesen Menschen. "...in diesem Moment festgelegt worden."

Die beiden sahen sich lange in die Augen. Ihr Versteckspiel, ihre Zeit in Fushida, in der sie den Kindern aus dem Weg gehen mussten, weil sie sich selbst als Trumpfkarte verstanden, obwohl sie eigentlich bei ihren Enkeln sein wollten, war bitter nötig gewesen.

Michael nickte schwer. "Du hattest schon immer den besseren Blick in die Ferne. Wer ist gekommen?"

Eri schmunzelte. Die Kälte war aus ihrem Blick gewichen. "Fühle dich geehrt, Schatz. Es ist Begam der Sonderklasse Torum Acati. Dein alter... Freund."

Michael zog eine Augenbraue hoch. "Der Rat der Begam schickt den stellvertretenden Ratsvorsitzenden? Falls er es noch immer ist. Dreihundert Jahre sind eine lange Zeit."

Nachdenklich rieb er sich die linke Schläfe. Torum Acati, der dritthöchste Mann im Geheimen Orden, direkt unterstellt Meisterin Tevell und verantwortlich nur dem Rat und ihr. Das er extra von Naguad Prime zu den Anelph geschickt wurde, konnte nur eine Handvoll Gründe haben.

"Sehen sie in der AURORA eine Bedrohung? Oder in unseren KI-Geschulten Kräften?", fragte Michael nachdenklich. "Oder sogar in Akira?"

"Nein, Schatz. Für Akira alleine nicht. Aber für Akira und Yellow schon. Die beiden vereint sind eine viel zu große Gefahr für die Randgebiete, als das Tevell sie ignorieren kann."

"Ich stimme dir zu. Ab jetzt müssen wir doppelt wachsam sein."
 

Ein Bildschirm im Hintergrund flammte auf. Das Gesicht von Sakura Ino erschien. "Onkel Michael, Tante Eri, es gibt Neuigkeiten."

"Falls du die Fregatte der DEPAR-Klasse meinst, die gerade ins System gesprungen ist, die haben wir schon bemerkt", schmunzelte Michael.

"Dann ist ein KI-Meister an Bord, was?", schloss Sakura messerscharf. "Wie stark ist er?"

"Stärker als Eri."

Sakura wurde bleich. "D-das sind keine guten Neuigkeiten. Und sie werden nicht besser. Der Prozess gegen Aria Segeste beginnt gerade, während Akira noch auf Lorania herumspielt. Megumi Uno wurde als Zeuge der Anklage vorgeladen. Ich weiß nicht, ob ich Akira alleine bändigen kann. Onkel Michael, wenn du..."

Der ältere Mann winkte traurig ab. "Dieses Problem kann ich dir nicht abnehmen, Sakura. Ich muß nun all meine Kraft auf Torum Acati verwenden." Er seufzte schwer und setzte sich hin wo er gerade stand. "Hört das denn nie auf?"

"Lass dich nicht so gehen, Schatz", tadelte Eri. "Du bist erst vierhundertachtundzwanzig. Werde erstmal sechshundertsiebenundvierzig wie ich, dann darfst du jammern."

Michael grinste sie anzüglich an. "Zum Glück stehe ich auf ältere Frauen."

"Vorsicht, oder die ältere Frau wird dir den Hintern strammziehen."

"Das wäre es doch beinahe wert", erwiderte Michael mit einem feinen Lächeln.

"Wie dem auch sei!", blaffte Sakura, "ich habe meine Meldung gemacht. Seht zu mir Bescheid zu geben, wenn Ihr etwas Neues erfahrt. Und schickt mir doch bitte Kitsune und Okame rüber, ja?"

Kitsune sprang geradezu erleichtert auf. "Bin schon weg! Komm, alter Brummwolf, wir müssen los. Bevor die beiden hier..." Kitsune konnte sich nicht zwischen einem anzüglichen Lachen und erröten entscheiden, also tat sie beides. Zusammen mit dem Dämonenkönig, der noch immer wie gelähmt wirkte, verschwand sie mitten in der Luft.
 

Michael lachte lauthals. "Himmel, wir sind erst vierhundert und sechshundert. Nicht tausend und zweitausend. Das Sakura ein Problem damit hat, ist mir klar. Aber Kitsune-chan ist doch selbst zweitausend. Und sie hat nicht aufgehört, Sex zu mögen, als sie tausend wurde."

"Ich glaube", schnurrte Eri und ließ sich neben ihrem Mann am Boden nieder, "es war weniger der Sex an sich, den wir angedeutet haben. Es war eher der Weg, der dorthin führen sollte."

Michael beugte sich vor und küsste seine Frau. "Sie mögen vielleicht keine Schnörkeleien, Schatz."

"Für heute können wir sie ja mal weglassen", hauchte sie und schmiegte sich an ihn.

"Habe ich dir eigentlich in diesem Jahrhundert schon gesagt, wie sehr ich dich liebe?", flüsterte Michael mit wehmütiger Stimme.

"Nicht Worte, sondern Taten zählen", raunte sie zurück.

"Kein Problem!"
 

5.

Die ganze Aktion dauerte nur eine gute Sekunde. Ich spürte die fremde Präsenz lange bevor ich den dazugehörenden Naguad sah. Beschleunigt durch seine KI-Kräfte sauste er auf mich zu, in der Hand ein Kampfmesser, dass einem Ka-Bar nicht unähnlich war. Und während eines Wimpernschlags stand er auch schon vor mir, versuchte die Klinge in meine Brust zu treiben.

Zu diesem Zeitpunkt hatte ich bereits mein eigenes KI aktiviert, war einen Schritt beiseite getreten und wich der vor KI strotzenden Klinge aus. Dabei packte ich nach dem Genick des Mannes und verstärkte seinen beträchtlichen Schwung noch einmal, warf ihn gegen die nächste Mauer. Dort nagelte ich ihn mit der Hand im Genick und einem schwungvoll auf seinen Hintern gesetzten Fuß effektiv fest. Mit der anderen Hand entwand ich ihm die Klinge.

"Autsch", kommentierte Joan, als an der Wand ein dünner Faden Blut herab lief, "das muß ihm weh getan haben. Hast du ihm die Nase gebrochen?"

"Na, mindestens. Okay, Kumpel, was sollte der Scheiß?"

"Tut mir Leid", sagte der Angreifer auf Anelph-Idiom, allerdings mit einem satten Akzent. "Aber ich musste es wenigstens versuchen, oder? Agent Jopra Calar, imperialer Inlandgeheimdienst und Verbindungsoffizier zu Auge Iram."

"So, und jetzt wo du es versucht hast, was dann?", fragte ich ernst.

Der Naguad zuckte mit den Schultern. "Jetzt bringe ich euch zum Leiter des Geheimdienstes."

"Zum Leiter? Nicht etwa in eine Falle, in der ein Dutzend schwer bewaffneter Agenten nur darauf warten, uns ins Kreuzfeuer zu nehmen?", hakte Joan nach.

"Nein."

"Das ist schade. Soll hier etwa nur Aki-chan den ganzen Spaß haben?", maulte sie. Übergangslos wurde sie aber wieder ernst und winkte ihren Leuten. "Langsam vorrücken. Auf automatische Waffen und Hinterhalte achten."

"Okay, Jopra, dann zeig uns mal den Weg." Langsam nahm ich Hand und Fuß zurück.

Der Agent straffte sich, rückte seinen Kragen zurecht und sagte: "Bitte folgen Sie mir, Commander Otomo."

"Der gibt mir etwas zu schnell klein bei", kommentierte ich ernst und schritt voran.

"Darf ich an dieser Stelle anmerken, dass wir hier ausgebildete Infanteristen haben, denen Commander Otomo gerade die Arbeit fort nimmt, weil er unnötigerweise vorweg geht?"

Ein Teil der Decke wurde plötzlich von Rissen durchzogen und kam zu uns herab.

Joan trat einen schnellen Schritt vor, riss die Arme hoch und stemmte die kompakte Betonplatte einen Moment, bevor sie sie mit einer beiläufigen Geste an die Wand fallen ließ. "Sonst passiert nämlich so was, Commander Otomo."

Entsetzt und kreidebleich sah ich sie an. "Äh... Vielleicht sollte ich zumindest dich vorgehen lassen."

Erinnerungen kamen hoch, Erinnerungen an den Felsgang an Bord der AURORA und die herab stürzende Decke, während ein übernommener Agent auf mich schoss - und Yellow mich rettete.

Doch ich schüttelte den Gedanken ab, trat drei schnelle Schritte vor und ergriff den Agenten am Kragen. "Und was Sie angeht, junger Mann..."

"I-ich kann nichts dafür", rechtfertigte er sich. "Die Fallen werden vom Center aus gesteuert, da habe ich keinen Einfluss drauf!"

"Fallen? Was für Fallen?", fragte ich eisig und schob den Agenten vor mir her.

Bis ich Joans Hand auf meiner Schulter spürte, die mich sofort stoppte. Der Agent rutschte vor meinen Augen ab und fiel einen halben Meter, bevor ich ihn geistesgegenwärtig auffing. Joan zog uns beide zurück.

"Aha. Falltüren", kommentierte ich den plötzlich verschwundenen Boden. "Und was ist darunter? Die klassischen Metalldorne?"

"E-eigentlich ein gepolstertes Verhörzimmer. Aber ich wusste nicht, dass das Center so weit geht." Der Naguad war nun ebenfalls bleich. "Ist immerhin ein Sturz von acht Meter."

"Autsch!", kommentierte ich.

"Ja, autsch. Wenn hier jemand eindringt, soll er ja nicht allzu schnell wieder aktionsfähig werden."

"Das kann ich nachvollziehen." Wieder packte ich zu, diesmal riss ich den Mann an seinem Kragen in die Höhe. "Also, wollen wir jetzt etwa alle Fallen des Gebäudes kennen lernen oder kommen wir zur Sache?" Ich sah zur Decke hoch, aufs Geratewohl, ohne dort wirklich eine Kamera zu sehen. "Wie sieht es aus? Ich kann mich hier auch mit meinem Mecha durchgraben!"

"Sie können Agent Calar wieder herunter lassen, Commander Otomo. Wir geben den Widerstand auf. Agent Calar, bringen Sie den Commander bitte zu uns."

"Verstanden, General Teless."

Ich ließ den Kragen los. Vor uns klappte der Boden wieder hoch. Dann sah ich Joan an. "Okay, ab hier bin ich vernünftig. Spezialisten vor."

Der weibliche Popstar nickte grimmig. Kurz darauf ging ein Viererteam mit schussbereiten Halbautomatikpistolen von Heckler&Koch vor.
 

Zwei bemerkenswert ereignislose Minuten später betraten wir einen Raum im dritten Stock. Er hatte auf mich die Wirkung einer Kommandozentrale. Und das war er schließlich auch. Dutzende Monitore bedeckten die Wände, Arbeitsstationen waren über den Raum verteilt. Alle Stationen waren besetzt, Wachen waren ebenfalls zu sehen, hatten ihre Waffen aber abgelegt.

In der Mitte des Raumes erwartete mich ein hoch gewachsener, braunhaariger Anelph, in dessen Schopf sich die ersten grauen Strähnen geschlichen hatten. Er stand auf und kam auf uns zu.

"Commander Otomo. Entschuldigen Sie, dass ich Ihnen für diese verrückte Aktion weder gratuliere noch das ich von Ihrem Truppenaufmarsch begeistert bin."

Er deutete auf einige Monitore, die Aufnahmen aus dem Weltraum abbildeten. Die GRAF SPEE zog gerade auf dreien von ihnen vorbei.

"Kommen wir zur Sache", sagte ich ernst. "Wir wissen beide, dass wir nicht viel Zeit haben. Wenn erst einmal Ihre Polizei oder die Miliz eintrifft, können wir nur verlieren. Also, lassen Sie die Mitglieder des Komitees frei."

"Das kann ich nicht tun. Es ist gegen meine Befehle. Ich werde Ihnen keinen Widerstand leisten, aber ich werde Sie auch nicht unterstützen. Doch bevor Sie beginnen, sollten Sie eines wissen: Hier in diesem Gebäude werden nicht nur Mitglieder des Komitees festgehalten. Es sind auch Mörder, Vergewaltiger und geistig instabile Gewaltverbrecher hier untergebracht. Es wird mir eine Freude sein dabei zuzusehen, wie Sie sich dieses Problem ins Haus holen."

"Wir nehmen sowieso nur mit, wen wir wirklich haben wollen." Ich trat an die Monitorwand links heran, die das Innere von Zellen zeigte. "B 4 zuerst, Joan."

Die junge Frau nickte. "Zelle 4, Block B, verstanden." Sie verließ den Raum, zehn Mann im Schlepp.

Ich ließ meinen Blick durch den Raum schweifen. "Vier Mann blockieren diese Tür und lassen niemanden raus und niemanden rein", befahl ich leise, "bis wir wieder abziehen. Sie haben Erlaubnis, jeden mit Gewalt daran zu hindern."

"Ja, Sir."

"Einen Punkt haben Sie vergessen, mein lieber General", erklärte ich süffisant, während ich den Raum wieder verließ. "Ich brauche gar nicht alle mitzunehmen. Die Leute vom Komitee kennen sich doch auch. Ich lasse sie sich selbst rausholen. Die Mörder und Psychopathen können Sie behalten."

"Nicht schlecht", kommentierte der General.
 

Als ich im Gang langsam in Richtung des Zellenblock B schritt, sprach ich in meine Kommunikation. "Alles bereit machen für einen schnellen Rückzug. Sobald wir die Leute vom Komitee haben, müssen wir hier unbedingt fix raus."

"Verstanden, Sir", meldete Ibate. "Übrigens haben wir mehrere Eindringlinge im Sicherheitsparameter. Wollte ich gerade melden. Wie soll ich verfahren?"

"Feindlich? Verdammt, ich habe nicht erwartet, dass die Miliz so schnell ist. Das ist ganz schlecht für die Presse."

"Feindlich weiß ich nicht, aber mit dem anderen Punkt haben Sie ins Schwarze getroffen, Sir. Es ist die Presse. Was soll ich tun?"

"Scheiße! Behandeln Sie die Damen und Herren gut, aber sehen Sie zu, dass wir uns keinen getarnten Soldaten einschleppen."

"Verstanden, Sir."

Vor mir ging gerade eine Zellentür auf. Die Frau auf der anderen Seite schmunzelte leicht. "Das hat aber gedauert."

"Wir können die Tür auch gerne wieder zumachen, Schätzchen", drohte Joan grinsend.

"Besser nicht. Wie viel Zeit haben wir?"

"Hoffentlich genügend Zeit, um alle Mitglieder des Komitees auszusortieren, bevor die Miliz kommt. Wir haben das Gelände mit Mechas und Panzern abgesichert, aber ich würde ungern einen Schuss abgeben müssen, Miss Ryon."

"Sie sind Commander Otomo, richtig? Schön, dass Sie so geradeheraus sind. Dann lassen Sie uns anfangen."

"Nichts gegen einzuwenden, Schätzchen", kommentierte Joan grinsend.

"Moment mal, Moment!" Stela Sida Ryon, so hieß die Dame, starrte Joan an wie ein Gespenst.

"Sie... Sie sind Joan Reilley!", keuchte sie erschrocken auf.

"Ja, bin ich, wieso?"

"Ich hätte nicht erwartet, Sie ausgerechnet hier zu treffen!", rief sie, plötzlich aufgeregt. "Ich habe die meisten Ihrer Musikfiles und die Videos. Wann kommt denn das Video zu Anger is a bad mood raus?"

"Wir haben ein Neues drehen müssen", sagte Joan mit einem amüsierten Blick auf mich, "aus Gründen der Geheimhaltung. Aber ich verrate wohl nicht zuviel, wenn ich sage, dass es sehr viel besser geworden ist als die alte Version."

Schnell legte ich beiden Frauen je eine Hand auf den Rücken und schob sie vor mir her. "Ihr dürft euch ruhig unterhalten, Ladies, aber tut dabei bitte auch was."

Das hätte noch gefehlt in meinem Bericht. Grund für die Verzögerung beim Rückzug, durch den wir gezwungen waren, das Feuer auf die Miliz zu eröffnen: Colonel der Reserve Joan Reilley musste noch Autogramme geben.

**

"...live vom Hauptquartier des Auge Irams und können kaum glauben, was wir hier sehen! Live auf Demiral Network werden Sie Zeuge, wie die Mitglieder des Komitees, flankiert von Truppen der AURORA das Gebäude verlassen."

"...Es ist unglaublich, wir sind fünf Fernsehteams von fünf unterschiedlichen Sendern, die diesen historischen Moment aufnehmen können. Pech für alle, die nicht schnell genug sind. Da! Ich erkenne den geheimnisvollen Commander Otomo, der vor nicht einmal zwei Tagen alleine eine ganze Division Banges in den sprichwörtlichen Staub getreten hat! Commander Otomo! Auf ein Wort!"

"...auf Gondo TV verfolgen Sie nun live, wie Admiral a.D. Gennusuke Riada das Gebäude verlässt. Damit steht außer Frage, dass der Admiral nicht zu einer Besprechung eingeladen war, sondern hier verhört und festgehalten wurde! Ich finde, die Naguad gehen nun etwas zu weit! Wieviel wollen wir uns noch gefallen lassen? Wie weit werden sie es noch treiben? Was? Wer? Na, dann lasst doch Koman in Zukunft die Nachrichten machen! Ja, nehmt mir ruhig meinen Job weg! Ich bleibe eh nicht mehr hier. Ich vertraue jetzt den Komitee, die stehen wenigstens zueinander..."

**

Die Evakuierung erfolgte wie im Lehrbuch. Wir brachten jedes verifizierte Mitglied des Komitees sofort nach draußen ins Freie, sobald wir es aus der Zelle befreit hatten, außer wir brauchten es für die Identifizierung der anderen.

Das Ganze dauerte keine zehn Minuten, dann verließ ich mit fünf Soldaten und vier Komiteemitgliedern ebenfalls das Gebäude.

Im Freien erwartete uns das Äquivalent von Blitzlichtgewitter. Dutzende blauer Laserpoints wurden auf uns gerichtet, während die anwesende Presse Lärm für ein gutes Hundert machte.

"Kein Kommentar!", wehrte ich ab und brachte Miss Ryon und den Admiral persönlich zum wartenden Infanteriependler. Danach tauschte ich einen schnellen Blick mit Joan aus. Sie nickte und sprach konzentriert: "Mission beendet. Ich wiederhole, Mission beendet. Wir ziehen uns zurück."

Während ich in meinen Mecha kletterte und mich festschnallte, rollten die Mechaabwehrpanzer zu ihrem Pendler zurück. Die vier Hawks, die auf der Ausfallstraße Wache geschoben hatten, kamen nun ebenfalls langsam zurück, während die Infanterie einschiffte.

"Das war´s, Commander. Wir starten!"

"In Ordnung. Seht zu, dass euch auf dem Weg zur GRAF SPEE nichts in die Quere kommt, ja?"

"Verstanden, Commander."

Nacheinander starteten die Infanteriependler. Die Hawks starteten ebenfalls und bezogen Flankenschutzposition. Nun war es auch Zeit für mich. Ich trat die Pedale durch und wurde von Prime hart in den Sitz gepresst, als er mit drei G Andruck durchstartete.

In tausend Meter Höhe beendete ich den Steigflug abrupt und begann zu kreisen. Die KAZE würde bis auf hundert Kilometer herab kommen und uns aufnehmen. Doch bis dahin mussten die Hawks, Sparrows und Eagles den Weg alleine bewältigen.
 

Neben mir fing sich ein Eagle ab. Yoshis Eagle. "Akira, schlechte Nachrichten."

"Was? Die ganze Aktion hat doch super geklappt. Die Miliz hatte ja nicht mal Zeit zum ausrücken. Ich würde das durchaus als gute Nachricht werten."

"Die KOWLOON ist desertiert", entgegnete er trocken.

"Was?" Ich zog Prime Lightning in die Richtung seines Mechas. "Was, bitte?"

"Sie war auf Patrouille. Ziemlich weit draußen, fast auf der Dipur-Bahn. Dann plötzlich hat sie das nächststehende Naguad-Schiff angefunkt und sich ergeben."

"Das glaube ich nicht. Das glaube ich einfach nicht. Shawn ist nicht so einer! Er ist kein Taylor!"

Wütend umkrampfte ich die Sticks der Steuerung. Ich konnte, ich wollte das einfach nicht glauben. Es durfte nicht sein! Und überhaupt, was sollte sich ein Shawn Winslow davon versprechen, ausgerechnet hier zu desertieren? Er war hier genauso ein Feind wie wir alle auch und die einzigen Verbündeten waren das Komitee! Wo war der Nutzen? "Scheiße!", blaffte ich wütend und trat wieder die Pedale durch. Yoshi beschleunigte seinen Eagle ebenfalls, blieb an meiner Seite haften. Prime meldete fünfzig atmosphäregebundene Jäger in hundert Kilometer Entfernung, auf unsere Position zurasen, ebenso eine Kompanie Banges. Schien so, als wären wir gerade noch rechtzeitig abgehauen. "Immerhin etwas positives", murmelte ich. Doch meine Gedanken kreisten nach wie vor um die KOWLOON und die ehemaligen Marodeure. Ich verstand es nicht. Wenn wenigstens einer von ihnen die Gift erhalten hätte, dann hätte es einen kruden Sinn ergeben, so aber...
 

6.

Als Taylor mit einem Teil seiner Leute sowie Kapitän Winslow die KOWLOON durch einen Personenschacht verließ, empfing sie eine Ehrengarde der Axixo Basis. Vize-Admiral Ikosu stand ihr persönlich vor. Wenn er davon erstaunt war, dass Taylor die Naguad-Genetik trug, zeigte er es nicht.

Stattdessen salutierte er und hieß die Besatzung willkommen.

"Kommen wir gleich zur Sache", begann der Legat das Gespräch und klärte den Admiral in wenigen Sätzen über die Geschehnisse auf der Erde und seine eigene Rolle darin auf.

Wie Winslow erstaunt bemerkte, beschönigte Taylor nichts.

"Dann macht uns das also zu Verbündeten", schloss der Admiral mit einer gewissen Erleichterung in der Stimme.

"In der Tat. Wir haben einen gemeinsamen Feind, den ich nur zu gerne stolpern sehen würde. Wenn Sie also direkt gegen Commander Otomo vorgehen wollen, haben Sie in mir einen Verbündeten, der ihn besser kennt als er sich selbst. Haben Sie etwas Bestimmtes geplant?"

Der Admiral lächelte. "Einer meiner Untergebenen hat da was aus dem All gefischt, was wir gegen Ihren Commander Otomo verwenden. Er hat noch nicht drauf angebissen, aber..."

"Zeigen Sie es mir", verlangte Taylor.

**

William Henry Taylor besah sich die junge Frau im Gleiterstuhl von allen Seiten. Als er ihr Kinn ergriff, um das Gesicht zu drehen, musste er all seine Kraft aufbringen, um nicht plötzlich der Kraft nachzugeben, die sein Handgelenk umklammerte wie ein Schraubstock und zu Boden zu reißen drohte.

"Ich bin vielleicht noch nicht wieder ganz da. Das heißt aber nicht, dass ich mich von Ihnen betatschen lasse, Legat", sagte sie mit Hass in ihren Augen.

Mit einer nachdrücklichen Geste befreite sich Taylor. "Sie ist fast perfekt. Das was ihr noch fehlt können wir mit Amnesie erklären."

Ikosu runzelte die Stirn. "Sie ist perfekt. Sie ist das Original."

Taylor sah wieder zu der jungen Frau und musterte sie erneut. "Sie ist fast perfekt. Und jetzt sage ich Ihnen, wie Sie Otomo mit ihr herlocken können."

"Ich werde nicht kooperieren", blaffte sie harsch.

Taylor begann zu grinsen, ging vor ihr in die Hocke und sagte: "Das brauchst du auch gar nicht, Megumi-chan. Wir kriegen deinen Schatz sowieso." Er sah zum Admiral hoch. "Sind wir Verbündete?"

"Wir sind es."

**

Als ich aus Prime stieg, hatte ich das Gefühl, jemand hätte meine Wirbelsäule ein paar Zentimeter zusammen gestaucht. Meine Zeit der Trauer und mein vernachlässigtes Training machten sich nun bitter bemerkbar. Es rächte sich immer sehr schnell, wenn ich den Muskelaufbau für Wirbelsäule und Gelenke vernachlässigte. Ich würde wohl die nächste Zeit ein paar Bahnen mehr schwimmen müssen, um wieder auf meinen alten Level zu kommen.

Karl nahm mich in Empfang und schnappte sich meinen Helm.

"Danke", sagte ich müde.

"Ich hänge ihn in deinen Mecha, Akira." Er sah mich ernst an. "Damit du nicht lange suchen musst."

Irritiert sah ich den Techniker an, der mich schon seit einer kleinen Ewigkeit begleitete und unterstützte. "Du wirst schon wissen, was du tust, Karl", murmelte ich und ging in Richtung der Umkleidekabinen. Das war ja das Fatale. Er wusste genau, was er tat. Immer. Jederzeit. Deshalb war ich mir ziemlich sicher, dass ich den Helm tatsächlich bald brauchen würde.
 

Nach der Dusche und wieder in meiner Dienstuniform fuhr ich nach Hause. Während Yoshi und die anderen noch mit Berichten über den Einsatz beschäftigt waren, gönnte ich mir die Ausnahme von der Regel und beschloss, früh schlafen zu gehen und den Bericht am nächsten Morgen zu verfassen.

Ich erreichte den Innenraum der AURORA während der Nachtphase. Die Lichtemission war auf ein Zehntel zurück gefahren, am Himmel prangten die Sterne der Umgebung als Projektion und zwei Monde gingen auf. Jomma und Dipur.

Sie spiegelten sich im Serenity-Meer, ebenso wie die fernen Sterne und schufen eine wundervolle Atmosphäre, die mich wünschen ließ, diesen Anblick mit einer Flasche Sekt und Megumi genießen zu können. Megumi! Meine Hände ballten sich zu Fäusten. Irrte ich mich oder tat es wirklich von Tag zu Tag mehr weh?
 

Als ich durch die Straßen ging, tat ich das lustlos und müde. Der Einsatz unten auf Lorania hatte mich doch mitgenommen. Fast von Betonplatten erschlagen zu werden und acht Meter in die Tiefe zu stürzen schien an mir genagt zu haben und für einen bangen Moment fragte ich mich, ob ich schlicht und einfach alt wurde. Bekam ich vielleicht schon graue Haare?
 

Ich blieb vor einem großen Fenster stehen und versuchte in meinem Spiegelbild etwas zu erkennen.

Stattdessen fiel mein Blick auf den großen Fernseher, der jenseits der Scheibe gerade lief.

Was ich sah, ließ mir einen Eisschauer durch die Adern rieseln. Ich sah eine Reihe uniformierter Naguad an einem langen Tisch und eine einzelne Naguad, die vor ihnen stand und eine Tirade an Beschimpfungen über sich ergehen ließ. Kurz entschlossen betrat ich den Laden. Hier war der Ton besser.

"Wir fragen Sie ein letztes Mal, Captain. Was sind Ihre Ziele? Kooperation wird sich günstig auf das Strafmaß auswirken."

"Ich kann nichts zugeben, was nicht existiert, Colonel. Ich will weder für die AURORA spionieren noch sabotieren. Stattdessen habe ich meine Pflicht immer treu und vorbildlich erledigt", antwortete die Frau mit ernster Miene. Aria! Aria Segeste!

"Leugnen ist zwecklos! Sie wurden von Ihren Kameraden gesehen! Sie erhielten von Ihrem Führungsoffizier vor dem Start von der AURORA letzte Instruktionen. Wir haben über dreißig übereinstimmende Zeugenaussagen, Ban Shee Ryon betreffend!"

Für einen Augenblick wirkte Aria hilflos, ließ den Blick streifen, als suche sie jemanden. "Ban Shee ist... eine Freundin."

"Eine Freundin. Und das sollen wir Ihnen glauben?", blaffte der Wortführer.

"Nun habe ich aber wirklich genug!", erklang eine aufgeregte, raue Stimme von der Seite. Eine junge Frau, die sich auf einer Krücke abstützte, schob einen Wachtposten beiseite und trat in den Innenbereich ein. "Wie unglaubwürdig sollen Ihre Konstrukte denn noch werden, bis Sie Aria was anhängen können? Brauchen Sie so dringend irgendeinen Erfolg gegen die AURORA, dass Sie sogar den einzigen Offizier opfern, der auf Ihrer Seite gegen Akira Otomo bestehen kann? Der mich besiegt hat, die zweitbeste Pilotin der Erde?"

"Wache! Entfernen Sie Colonel Uno sofort aus dem Saal! Wache!"

"Ist doch wahr! Was soll man von solchen Vorgesetzten halten, hä? So was sollten sie mal auf der AURORA oder in der UEMF versuchen, dann stünden Sie auf der Angeklagten-Seite und nicht Aria!"

"Colonel Uno! Colonel Megumi Uno! Sie sind hier Gast und neutraler Beobachter! Mäßigen Sie sich!"

"Wenn ich so einen hirnrissigen Quatsch sehe, dann..."

Weiter kam sie nicht, denn eine Wache trat ihr die Krücke fort und drehte ihr einen Arm auf den Rücken. Derart wehrlos gemacht zog er sie aus der Mitte heraus. Sie keuchte erschrocken auf, als der Mann richtig zupackte.

"Verdammt!", rief ich und drosch auf die nächste Wand ein. "Ich glaube, ich mache jetzt was wirklich Dummes!"

Langsam wandte ich mich um und verließ den Laden wieder. Ich beschleunigte, wurde schneller, immer schneller, bis ich zur Magnetschwebebahn lief. Das konnte doch nicht wahr sein! Das durfte doch gar nicht wahr sein!
 

"Akira?", erklang hinter mir eine bekannte Stimme.

Ich stockte im Lauf, wandte mich um und erkannte Kei.

Er hob abwehrend die Arme. "Ich weiß, warum du so hetzt, Akira. Und nein, ich will dich nicht stoppen. Du hast ja Recht, wenn du meinst, jetzt sei das Maß voll und du musst Megumi da endlich rausholen. Aber bevor du gehst, muß ich dir noch etwas sagen."

Er sah mich an und in seinen Augen schimmerte grenzenlose Traurigkeit. "Akira, du hast dich doch immer gewundert, dass ich keine Freundin habe. Es ist ja nicht so, als wäre da nicht die eine oder andere, die an mir interessiert ist. Aber..." Verlegen sah er zur Seite. "Aber ich will sie einfach nicht. Ich will dich, Akira."

Entgeistert sah ich den Freund an. Meine Kinnlade sackte herab und meine Synapsen schienen gerade durchschmoren zu wollen. "WAS?"

Zaghaft sah er wieder zu mir herüber. "D-du bist immer so stark, so unbeirrbar. So aufrichtig. So ehrlich. Ich habe Megumi immer beneidet, weil sie dir so nahe sein konnte. Aber ich habe mich immer damit zufrieden gegeben, in deiner Nähe sein zu dürfen, Akira, selbst nachdem wir alle dachten, Megumi wäre tot. Aber jetzt, wo... Wo du so etwas Dummes tun willst, Akira, da sollst du nicht gehen, ohne nicht wenigstens zu wissen, wie ich für dich fühle..."

Langsam kam er auf mich zu, sah zu mir hoch. In seinen Augen schimmerten Tränen. Als sich der kleinere Mann, der einer der härtesten und erfahrensten Kapitäne der UEMF war, auf die Zehenspitzen stellte - um mich zu küssen - dachte ich, meine letzte Mahlzeit hätte aus rostigen Nägeln bestanden.

"Kannst aufhören, Kei!", erklang hinter mir eine japsende Stimme und eine schwere Hand legte sich auf meine Schulter. "Ich bin da."

Kei Takahara atmete mehr als erleichtert aus und fiel auf seinen Allerwertesten. "Das war verdammt knapp, Yoshi. Nächstes Mal ein wenig schneller, sonst kann ich dir bald sagen, was Akira so mit seiner Zunge macht."

Ich spürte, wie ich rot wurde, teils vor Ärger, teils vor Verlegenheit. "KEI!", rief ich entrüstet. "Was sollte das? Und warum gehst du so weit?"

Er grinste mich matt an. "Da war ich ja wohl nicht der einzige, oder, Akira?"

Wo er es aussprach, fiel es mir auch auf. Warum war ich so vollkommen gelähmt gewesen? So... geschockt?

Ich winkte ab. "Mach dir keine Hoffnungen, Kei. Ich wollte nur einem sehr guten Freund nicht wehtun, indem ich ihn abweise."

"So kennen wir unseren Akira. Edel bis zur letzten Sekunde", spottete Kei und ließ sich von Yoshi aufhelfen. "Also, was tun wir jetzt?"

Ich sah die beiden an. "Ich weiß nicht, was Ihr tut, aber ich fliege jetzt zur Axixo-Basis."

"Deswegen sollte Kei dich ja aufhalten", erwiderte Yoshi und hielt mir mein Katana hin. "Hier, das hast du vergessen."

"Was?"

"Du verstehst schon richtig. Du kannst gehen, Akira."

Ich nahm das Schwert in Empfang, befestigte es an meiner Hüfte. "Yoshi, das..."

"Natürlich nicht ohne mich und meinen Eagle, verstanden? Wenn du schon freiwillig ins Verderben rennst, brauchst du Flankenschutz."

"Und ich werde die SUNDER in eine Position bringen, aus der ich euch zwei Helden so weit es geht unterstützen kann." Er zwinkerte uns zu. "Aber erwartet nicht schon wieder speziellen Service, okay?"

"Ich muß mal mit Ami reden. Kei braucht dringend ne Freundin." Ich wischte mir verstohlen etwas Schweiß von der Stirn. "Ganz, ganz dringend."

Seite an Seite setzten wir uns wieder in Bewegung.

**

Beim Hangar angekommen, in dem mein Mecha in der Bay lag, verabschiedeten wir uns von Kei, der nun zum Dockingplatz seines Schiffes fuhr. Yoshi und ich wechselten in die Druckanzüge und kamen in den Hangar. Ich stockte kurz, als ich Yellow Slayer erkannte, die neben der Boarding Bay stand, von der aus ich Prime Lightning betreten würde.

Ich nickte Yoshi zu, der zu seiner Boarding Bay ging.

Dann trat ich neben die junge Frau und aktivierte die Boarding-Sequenz. "Du kannst mich nicht aufhalten, Yellow."

"Wer redet denn von aufhalten? Ich will mit." Sie zwinkerte mir zu. "Du wirst jede Hilfe brauchen, die du kriegen kannst."

"Ich will da nicht geschlossen mit den Hekatoncheiren einrücken", wehrte ich ab. "Eine kleine, kompakte Truppe, mehr will ich nicht."

"Also im Zweifelsfall du alleine, hm?"

"Das wäre der Idealfall gewesen, ja", gab ich zu.

"Akira-chaaaaaaan!", hörte ich eine aufgeregte Stimme hinter mir. Ich hatte kaum Zeit mich umzudrehen, da sah ich auch schon einen roten Schemen, der gerade zum Sprung auf mich ansetzte. Im Sprung wurde aus dem Schemen ein Mädchen. "Akira-chaaaan, du willst doch nicht ohne mich gehen?"

"Kitsune-chan", rief ich erschrocken. Die Fuchsdämonin umarmte mich heftig. "Wenn du Yellow mitnimmst, dann will ich auch mit. Ich wette, ich wäre für die doofen Naguad eine Riesenüberraschung. Jedenfalls mehr als so ein blöder Slayer."

"Wer ist hier blöd, Pelzknäuel, hä?", erwiderte Yellow und riss die Mundwinkel der Dämonin weit auseinander.

"Autffff. Daff tut weh."

"Soll es ja auch! Also, Aki-chan. Wie sieht dein Plan aus?"

Ich warf einen kurzen Blick auf die Boarding Bay. Mein Mecha wurde gerade heran gefahren und mein Helm lag tatsächlich im geöffneten Cockpit bereit. Guter Karl.

"Na, was wohl? Wir gehen da rein und holen uns Lady Death und Aria zurück."

"Guter Plan", nickte Yellow.

"Aber... Aber... Aber...", stammelte Kitsune, "Lady Death ist doch... Ach, Lady Death! Jetzt verstehe ich. Na, du verdrehst hier aber ganz schön die Worte, Akira."

Ich kletterte in mein Cockpit, setzte den Helm auf und kämpfte für einen Moment mit dem Sammelschloss.

"Warte mal, Aki-chan. So geht das", sagte Yellow und schloss die Kontakte für mich.

"Danke. Kitsune-chan, Fuchsgestalt."

"Jajaja", maulte sie und verwandelte sich wieder in den Fuchs zurück. Danach sprang sie ins Cockpit.

"Yellow, wie wäre es, wenn du dir einen Druckanzug holst?"

Die junge Frau lächelte kurz. "Aki-chan, ist es dir wirklich noch nie aufgefallen? Was ich und die anderen Slayer tragen, ist ein Schutzanzug. Eine KI-Rüstung, wenn du so willst."

Sie senkte den Blick. "Diese Rüstung hat mir schon das Leben gerettet."

"Gut zu wissen." Ich streckte die Hand nach ihr aus. "Komm jetzt."

Ein Lächeln huschte über Yellows Gesicht, als sie an Bord von Prime kletterte.

"Ich werde wohl auf deinem Schoß sitzen müssen, Aki-chan", argumentierte sie.

"Auf dem Schoß sitzen reicht aber", meckerte Kitsune-chan. "Versuch gar nicht erst, die Situation auszunutzen, ja? Ich bin immerhin auch noch da!"

Ich lachte leise und schloss den Mecha. Danach aktivierte ich die Startsequenz. Neben mir wurde der Eagle von Yoshi auf die Bahn geschoben. Einen Startschacht, der uns beschleunigte, gab es hier nicht. Aber einen Bereich, in der wir mit voller Last unserer Beindüsen starten konnten.

"Du weißt aber schon, dass ich einen Zweisitzer steuere, oder?", kommentierte Yoshi amüsiert. "Du hättest also nicht beide zu dir ins Cockpit nehmen müssen."

"Das sagst du mir jetzt, zehn Sekunden vor dem Start", scherzte ich.

"Aki-chan!", beschwerte sich Yellow.

Ich grinste schief, während vor mir die Hangartore auffuhren. Ich stellte den Mecha in den Sicherheitsbereich. "Commander Akira Otomo. Start."

"Komm gesund wieder, Akira-chan", klang eine weitere Stimme in der Funkverbindung auf.

"Sakura? Sakura?"

In diesem Augenblick startete meine Maschine durch und ging auf volle Geschwindigkeit. Sekunden nach mir startete der Eagle und setzte sich schnell an meine Seite.

Aus einem Nebenhangar starteten zwei Booster.

"Wir kriegen Spielzeug mitgeschickt, Akira", meldete Yoshi.

Ich bestätigte und aktivierte die Kopplungssequenz. Mit den Dingern würde es nach Jomma ein Katzensprung sein.
 

7.

"Wie lange willst du ihm dieses eigenmächtige Handeln noch durchgehen lassen, Sakura-chan?", fragte Tetsu leise, während die beiden auf dem Hauptmonitor der Zentrale der AURORA verfolgten, wie die beiden Mechas durchstarteten.

"Dies ist kein eigenmächtiges Handeln", sagte sie zaghaft und sah auf ihre zitternden Hände. "Dies ist genau das, was die UEMF von ihm erwartet. Ich bin es, die hier einen Fehler macht. Weil ich ihn nicht aufgehalten habe." Ihre Hände ballten sich zu Fäusten. So stand sie da und starrte zu Boden. Dann fiel die erste Träne wie ein einsamer Regentropfen herab und zersprang auf dem Boden der Zentrale. Dies war nur der Anfang für einen fürchterlichen Weinkrampf, der die junge Frau durchschüttelte. Tetsu Genda trat sofort an sie heran, führte sie in einen leeren Raum neben der Zentrale.

Dort schloss er sie in die Arme, bis sich die Anführerin der Operation Troja wieder etwas beruhigt hatte. "Ich schaffe es nicht, Tetsu", schluchzte sie. "Ich schaffe es einfach nicht! Ich kann Akira nicht dauernd in dieser Gefahr wissen. Ich kann nicht andauernd daran schuld sein. Ich..." Wieder unterbrach sie ein Weinkrampf.

"Ruhig, du stehst nicht alleine, Sakura-chan. Ich bin auch noch da. Ich nehme dir soviel ab wie ich kann."

"Danke, das ist so süß von dir, Tetsu, aber manche Lasten kannst du mir einfach nicht abnehmen."

Diese Worte schienen ihr wieder Kraft zu geben. Sanft löste sie sich von dem ehemaligen Straßenrocker und setzte sich aus eigener Kraft an den nächsten Tisch. Tetsu ließ sich neben ihr nieder, legte seine große Rechte schwer auf ihrer Schulter ab.

Sakura nahm diese Geste dankbar zur Kenntnis. "Es geht mir jetzt besser, Tetsu, danke. Es ist nur, dass... Weißt du, ich kenne Akira nun schon, seit er laufen gelernt hat. Ich habe ihn aufwachsen sehen. Und ich habe ihn fallen sehen, so tief, so schwer. Aber er kam wieder hoch, erneut, und noch einmal, egal, wie oft und egal wie tief er gefallen ist. Ich ertrage das nicht länger, ich..."

"Du musst sie verstehen", brummte Makoto vom Eingang her, bevor er näher trat und seine Schwester an sich drückte. "Sie hat Akira und Yohko praktisch aufgezogen. Und jedes Mal wenn ihnen etwas passiert, bricht ihr das Herz. Als Yohko damals auf dem Mars verschollen war und wir alle dachten, sie wäre tot, da dachte ich, sie erholt sich niemals. Und jetzt, wo sie Akira in diese Gefahr schickt, in diese Ungewissheit..."

"Verstehe."
 

Makoto ließ seine Schwester noch ein wenig weinen, bevor er sich wieder von ihr löste. "Du bist ihr ein wirklich guter Freund, Tetsu, ich weiß das zu schätzen. Bitte bleibe bei ihr, bis sie sich wieder gefangen hat. Ich finde schon einen Weg, um sie wieder aufzuheitern. Aber jetzt muß ich mal mit Doitsu und Daisuke reden."

Makoto wandte sich ab, kam aber nicht weit. Sakuras Rechte hatte sich in seine Uniformjacke verkrallt. "Du, Mako", sagte sie mit sich überschlagender Stimme, "es gibt da wirklich was, was mich wieder aufheitern würde."

Sie sah ihren Bruder mit strahlenden Augen voller Hoffnung an. "Ziehst du für deine O-nee-chan die weibliche Ausgehuniform der United Earth Mecha Force an?"

Entsetzen huschte über Makos Gesicht. "War das hier etwa eine Falle?"

"Ach, komm, nur für deine O-nee-chan, für Yohko, für Joan, für Hina, für Ami, für Sarah, für..."

"Ich bin verdammt..."

**

Vierzig Minuten später erschien ein sichtlich abgekämpfter Colonel Makoto Ino im Besprechungsraum der Hekatoncheiren. Von den fast sechshundert Plätzen waren aber nur zwei besetzt.

Yohko kniff die Augen zu Schlitzen zusammen. "Mako, ist das etwa Lippenstift? Habe ich dir nicht gesagt, dass blassrosa nicht deine Farbe ist?"

"Ha, ha, du kannst ja auf die Fotos warten, die Sakura geschossen hat."

Yohko tauschte mit Daisuke einen Blick aus, woraufhin der Major seufzte und der jungen Frau tausend Yen reichte.

Irritiert sah Makoto auf diese Szene, beschloss aber sie zu ignorieren. "Machen wir es kurz, Herrschaften. Daisuke. Du bist mit sofortiger Wirkung Interim-Commander der Division. Yohko, du bist permanent zum Colonel befördert und wirst den Stellvertreterposten übernehmen. Akira und Yoshi sind zu einer Geheimmission nach Jomma aufgebrochen und wir wissen noch nicht, wann sie zurück sein werden."

Yohko nickte verstehend. "Ah, sie holen endlich Megumi raus. Wurde ja auch höchste Zeit."

"Du machst dir keine Sorgen?", staunte Daisuke, den diese Eröffnung doch überrascht hatte.

"Klar mache ich mir Sorgen. Aber wenn es jemand schaffen kann, dann Akira. Und wenn ihm jemand helfen kann, dann Yoshi. Ist Joan auch dabei? Die wäre ebenfalls sehr hilfreich."

"Nein, aber Kitsune ist dabei. Und soweit ich weiß hat sich Yellow Slayer ebenfalls eingeschifft."

"Na, da werden die Naguad aber ein paar böse Überraschungen erleben." Yohko lehnte sich nach hinten, faltete die Hände ineinander. "Komm trotzdem schnell wieder zurück, Akira. Du auch, Yoshi. Der Papierkram für ein Regiment ist schon übel, aber für eine Division halte ich das nicht lange durch."

Makoto sagte nichts dazu. Ihre pragmatisch oder lustig gemeinten Worte waren eben nichts als Makulatur, wenn gerade die beiden wichtigsten Männer in ihrem Leben in einen Einsatz gingen, der durchaus beiden das Leben kosten konnte.

"Was für Fotos?", fragte Yohko plötzlich.

Makoto sah sie erschrocken an. "Habe ich Fotos gesagt?"

"Hat Sakura dich mal wieder rumgekriegt? Und sie hat Fotos gemacht? Die muss ich sehen."

"Yohko-chan, das kannst du doch nicht machen! Warum zückst du denn dein Handy? Yohko-chaaaan!"

"Hallo, Ami? Ja, Yohko hier. Sag den anderen Bescheid. Sakura hat eine neue Serie von Mako gemacht. Ja, ich freu mich auch. Wir treffen uns bei ihr, ja?"

Sie zwinkerte Makoto noch einmal zu und verließ dann den Saal.

Daisuke stand auf und kam zu dem kleineren Mann herüber. Mitfühlend legte er ihm eine Hand auf die Schulter. "Bei der Schwester brauchst du echt keine Feinde mehr, Mako."

"Danke für dein Mitgefühl, Dai-chan."

"Schon gut. Ach, und was ich dir noch sagen wollte: Yohko hat recht. Du bist mehr der Typ für schwarzen oder knallroten Lippenstift."

"Versuchst du witzig zu sein?"

"Äh..."

"Der blassrosa Lippenstift war doch nur ein Experiment. Als wenn ich das nicht selber wüsste."

Mako raffte seine Unterlagen zusammen und versuchte nicht zu lachen, während er den Saal ebenfalls verließ, und einen sehr verdutzten Daisuke zurückließ.
 

Epilog:

Der Admiral war ein gestandener Anelph, hatte aber schon vor Ewigkeiten die Gift erhalten und seinen zweiten Vornamen abgelegt. Dennoch war er einer der führenden Köpfe des Kommitees.

Zusammen mit Stela war es Gennusuke Riada, der die Arbeit des Komitees in die entscheidende Phase führte. Zusammen mit seinem eilig zusammen gestellten Stab sah er die Ergebnisse ein.

Erschrocken musterte er sie, las sie noch mal, warf der jungen Ryon einen fragenden Blick zu.

"Ich habe es fünfmal geprüft, Gennusuke. Die Zahlen stimmen. Aber das kommt unseren Plänen entgegen, oder?"

"Natürlich kommt es unseren Plänen entgegen, das so viele Anelph freiwillig auswandern wollen, um unsere Kultur auf dem Mars neu aufzubauen. Und uns ist allen klar, dass die AURORA kaum einen zweiten Anflug machen kann, jetzt wo die Naguad das Schiff kennen.

Aber ich frage mich ernsthaft, was Admiral Ino sagen wird, wenn ich ihr verrate, dass... Dass die erste Welle ausreisewilliger Anelph eine Million dreihundertsiebentausendneunzehn Personen sind."

Der Admiral rechnete kurz nach. "Die kriegen wir niemals alle in die AURORA und die Begleitschiffe."

Kevin Lawrence, Verbindungsoffizier zur Schiffsführung und Kronosier, der die Gift erhalten hatte, meldete sich zu Wort. "Es gibt da vielleicht einen Weg. Es wäre eine sehr gute Gelegenheit, um die Hölle auch mal etwas Gutes tun zu lassen..."



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von: abgemeldet
2007-03-04T17:44:41+00:00 04.03.2007 18:44
Boah! wie immer sehr spitzenklasse. Mal sehen, wie ich die Woche zum weiterlesen komme.
Von: abgemeldet
2005-10-03T21:01:00+00:00 03.10.2005 23:01
AAAAAAAAAAH!
Ace es tut mir leid ich hab im moment kaum Zeit deine FF zu lesen.
Aber ich versprechs dir!
Sobald ich auch nur ein Fitzelchen Zeit hab, dann les ich weiter!
Von:  Subtra
2005-10-01T18:04:41+00:00 01.10.2005 20:04
HARHARHAR Ich bin wieder mal der erste der es gelesen hat.
Super wie immer, vergesslich wie immer.
Hatten wir uns nicht ausgemacht dass du mir bescheid sagst?


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