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Schutzengel wider Willen

von

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Hass

Der Drache hob den Kopf. "Nun zu dir, Draco. Ich weiß, das du darauf lauerst zu erfahren, was es mit dir auf sich hat."
 

Unwillig hatte Draco zugehört, denn er hatte genau diese Dinge dem Gryffindor immer wieder unter die Nase gerieben. Aber er hatte ihm auch versucht klar zu machen, dass es ganz natürlich war, dass man sich schlecht seinen Mitmenschen gegenüber benahm, wenn diese so verdammt einfach zu belügen und auszunutzen waren. Jeder war sich selbst der Nächste, dann war schließlich an alle gedacht. Nur Potter musste natürlich aus der Reihe tanzen. Das hatte ihn schon immer geärgert.
 

"Nicht nur geärgert, auch fasziniert, oder nicht?", drang nun die sanfte Stimme des Drachen in seine Gedanken. Hatte etwa laut gedacht. So wie Potter ihn ansah, schon. Verflucht! Seit dieser...Sache war er verdammt unvorsichtig geworden. Alles schien ihm zu entgleiten.
 

"Das ist das schlimmste für dich, nicht wahr, Draco? Wenn du die Kontrolle verlierst. Wenn du wehrlos bist, gefangen von den Gefühlen, von denen du glaubst, dass sie dich so schwach und verletzlich machen. Du hast ebenso wenig wie Harry begriffen, dass beides zu einem Menschen gehört und das ihr nur stark seid, wenn ihr ein Gleichgewicht findet, das eurer Natur entspricht. Sonst seid ihr wahrhaft schwach und vergeht irgendwann an euren Bemühungen."
 

Draco reichte es jetzt. Er hatte sich das schon viel zu lange angehört.- "ICH BIN NICHT SCHWACH!", brüllte er jetzt wieder und fragte sich, wo seine kühle Fassade hin verschwunden war, die er doch so sorgfältig aufgebaut hatte. "Ich brauche niemanden und dich bin stolz darauf. Ebenso wie mein Vater stolz auf mich wäre, wenn er mich jetzt sehen würde."
 

"So?", schmunzelte der Drache. "Wäre er das? Auch dein Vater hat den Fehler begangen, den du versuchst bis zum bitteren Ende nachzuvollziehen. Doch auch er war zu schwach und ist schließlich einen gefolgt, der es in seinen Augen besser konnte. Doch ist er jetzt stark? Ich denke, leer trifft es eher. Das Einzige, was ihn noch füllt, sind der Stolz auf seinen Namen und dich, Draco. Wenn du so willst, bist du das Einzige, was deinen Vater noch am Leben erhält."
 

"Dann darf ich ihn erst Recht nicht enttäuschen.", flüsterte Draco nun. Dann würde er eben für die beide stark sein.
 

"Aber du bist nicht verantwortlich, für das, was dein Vater macht. Du kannst frei sein. Es ist deine Entscheidung."
 

Stolz richtete Draco sich auf. "Ich habe mich doch bereits entschieden. Potter ist mein Feind und ich hasse ihn aus ganzem Herzen. Mein Lebensziel wird es sein, ihn zu vernichten, erst dann werde ich ruhig schlafen können."
 

Nachdenklich schüttelte der Drache seinen Kopf. "Draco, Draco. Ich weiß nicht, was ich noch mit dir machen soll. Du sprichst das Wort "Hass" aus, als wäre es etwas, das man sich mal eben beim Aufstehen umlegt wie einen großen Umhang, damit einen niemand erkennen kann. Doch du übersiehst, dass er dich auch lähmt, dich festfährt auf etwas, das sich vielleicht aus einer anderen Richtung ganz anders darstellt und das dich einsam macht. Du bist stark, das ist wahr. Sogar stärker als Harry, wenn dich das glücklich macht. Aber du wirst ebenso enden, wie er es getan hätte, wenn du ihm nicht geholfen hättest. Auf eine Weise, die nur du vermocht hast. Nur an dir konnte er die Krallen seiner ungeschliffenen Wut und Trauer wetzen ohne dass es dich ernsthaft getroffen hat."
 

Das große Tier kam nun näher und legte seine Pranke auf Dracos Kopf und drehte ihn um.
 

"Wenn er das nicht bei dir hätte tun können, wäre er zusammengebrochen. Denn wer nur liebt, ohne Liebe annehmen zu können, kann irgendwann selbst auch nicht mehr lieben. Er wird sich selbst so sehr hassen, dass er sein Leben nicht mehr erträgt. Das war das erste Mal, dass du ihn gerettet hast. Das zweite Mal war sehr viel schwieriger, denn es verlangte von dir, dass du selber dich änderst."
 

Jetzt wurde Draco doch neugierig. Wo hätte er sich denn ändern sollen? Er hatte dem Gryffindor als Kratzbaum gedient? Nun, damit konnte er umgehen. Dass machte es noch einfacher, den schwarzhaarigen Jungen zu hassen. Er hatte ihn ausgenutzt und dafür würde Draco sich rächen
 

Die tiefe Stimme unterbrach seine Gedanken. "Doch du wärst ebenso in eine haltlose Dunkelheit abgedriftet, wenn du nicht gelernt hättest, deinen Gefühle manchmal auch zu vertrauen und zu lieben. Denn das ist es, was dich schließlich davor bewahren wird, so zu werden wie dieser selbsternannte Dunkle Lord. Ihr Menschen könnt nicht ohne Liebe existieren. Sicher ist Lieben ein zweischneidiges Schwert, denn nichts trifft so tief, wie ein verschmähte Liebe."
 

Dracos Blick wanderte unweigerlich zu Potter hinüber, der ihn nun aus großen Augen ansah. Fast körperlich spürte Draco die Sehnsucht nach dem, das hätte sein können. Das zweite Mal in so kurzer Zeit fühlte er sich einsam.
 

"Aber auch der Hass ist ein solch tückisches Schwert. Er stärkt von innen und macht dich hart gegen Verletzungen. Anders als bei der einseitigen Liebe, die dich irgendwann zusammenfallen lässt, wie ein Kartenhaus ohne Stütze, so versteinert der Hass dich von innen und führt zu einem inneren Tod, aus dem es kein Entrinnen mehr gibt."
 

Das Tier richtete sich nun auf. "Ihr werdet lernen müssen mit beiden Seiten eurer Menschlichkeit umzugehen. Harry hatte schon viel Gelegenheit dazu, bei dir wird es noch dauern, Draco. Denn hassen oder wie in Harrys Fall, auch mal an sich denken, kann man lernen. Liebe muss man erfahren. Deshalb ist es ungleich schwieriger, sich ihr anzuvertrauen und den Schmerz zu überstehen, den sie mit sich bringt. Man muss schwach werden, um wieder innerlich zu Kraft zu kommen und eben das macht es so kompliziert."
 

Der Drache stellte sich nun auf seine Füße und breitete die Flügel aus. "Ich werde euch nun verlassen, denn ich muss meinen Bericht abliefern. Ich hoffe, ihr habt beide etwas aus der Sache gelernt und seid in der Lage, die Konsequenzen zu ziehen.
 

Dann schrumpfte der Drache wieder auf seine ursprüngliche Größe als Patronus und erhob sich in den dunklen Nachthimmel. Der blonde Junge folgte den hektischen Flügelschwüngen mit seinem Blick, als ihm etwas einfiel.
 

"Hey!", schrie er dem Drachen hinterher. "Was ist mit den Flügeln?" Hoffnungsvoll hob er sie an. "Hast du da nicht was vergessen?"
 

Das Tier war schon sehr weit weg, aber seine Antwort war immer noch deutlich. "Du kannst sie behalten, wenn du magst. Aber du kannst sie auch für das Leben eines anderen hergeben, doch dann wirst du alleine sehen müssen, wie du zurecht kommst."
 

Dann war er verschwunden.
 

Argwöhnisch betrachtete der Slytherin den Nachthimmel "Na toll!", schimpfte er. "Endlich bemüht sich mal jemand hierher und dann das. Nicht mal eine klare Antwort bekommt man. Scheißspiel!"
 

Murrend drehte er sich zu Potter um, der nun langsam auf ihn zukam. Etwas Seltsames lag in dem Blick des anderen. So als hätte er verstanden, was der Drache gemeint hatte. Er lächelte.
 

"Grins nicht so dumm, Potter.", fauchte Draco ihn an, aber es war ein versöhnlicher Unterton darin. "Du bist doch der Rätsel-Spezialist, was hat er gemeint? Ich kann sie für das Leben eines anderen geben. Ich will die Dinger los sein, das ist alles."
 

"Hast du sie dir denn schon einmal angeschaut?", fragte der schwarzhaarige Junge ihn, und wies mit einer Hand hinter Draco. Wenn er es genau betrachtete, nicht. Also versuchte er hinter sich zu blicken. Die weißen Flügel waren immer noch da, aber sie schienen jetzt nicht mehr fest zu sein, sondern seltsam durchscheinend, ähnlich wie der Körper des Drachen.
 

Doch als sich sein Blick wieder auf Potter richtete, hatte der sich umgedreht und war zu dem toten Zentauren gegangen. Leise trat Draco neben ihn. Er wünschte sich, den Jungen irgendwie trösten zu können. Egal, was es ihn kosten würde.
 

War das Liebe? Für jemanden da sein zu wollen, ihn nicht mehr verlieren zu wollen und alles zu geben, nur damit der andere glücklich war? In diesem Moment war er bereit dazu.
 

Als sein Blick auf den toten Körper fiel, der das halb Mann, halb Pferd im Mondlicht lag, wusste er, was zu tun war. Er kniete sich hin, legte seine Hände auf den Körper und schloss die Augen.
 

Ein seltsames Kribbeln lief durch seinen Körper und er hatte das Gefühl irgendwie... auseinander zu fallen. Seine Teile drehten und wendeten sich in der kalten Nachtluft und sammelten die verstreuten Teil des Zentauren wieder ein, die immer noch in jedem Grashalm, jedem Tautropfen, jedem kleinen Tier auf der Lichtung verteilt waren.
 

Als er die Augen wieder öffnete, sah er tausende kleine, silberweiße Federn auf der Lichtung umherschwirren. Immer wenn sie den Körper des toten Zentauren berührten, verschmolzen sie damit und der Körper schien ein kleines bisschen lebendiger zu werden und seine Wunden schlossen sich.
 

Als endlich die letzte Feder zurückgekehrt war mit ihrer kostbaren Fracht, lief ein Schauer durch den Körper und die Brust des Zentauren hob sich zu einem tiefen Atemzug. Erleichtert seufzte Draco auf. Es war endlich vorbei.
 

Potter stand immer noch neben ihm. Ein Leuchten war wieder in seine Augen zurückgekehrt, das Draco glücklich machte. Aber nur für einen kurzen Moment, dann fiel ihm ein, wer er war, was er gerade getan hatte und dass er neben einem Pferd auf dem Boden herumrutschte.
 

Hastig stand er auf und stolperte einen Schritt rückwärts. Die seltsame Atmosphäre, die eben noch geherrscht hatte, war verflogen. Er schüttelte leicht den Kopf. Das war alles so...
 

Er fand kein passendes Wort dafür. Der Gryffindor sah ihn immer noch an. Aus dem angrenzenden Wald drangen Rufe zu ihnen herüber. Einzelne Lichtblitze zeigten an, dass sich Hogwarts Lehrer offensichtlich mit den Todessern eine schwere Schlacht lieferten. Wenn er jemals hatte hoffen können, zum Gefolge des Dunklen Lords zu stoßen, dann war das jetzt die Gelegenheit. Ein verschlagenes Grinsen bahnte sich wieder den Weg in sein Gesicht. Er sah dem anderen direkt in die Augen.
 

"Wenn du dich nicht verziehst, Potter, könnte es ein, dass mir einfällt, wo mein Zauberstab ist. Das könnte dann unangenehm für dich werden. Auf so eine Gelegenheit muss ich dann sicher wieder lange warten. Aber so könnte ich es ganz leicht einem Todesser in die Schuhe schieben und wäre dich für immer los."
 

Der schwarzhaarige Junge sah ihn fassungslos an. "Aber Malfoy, ich dachte..."
 

"Du machst den selben dummen Fehler immer wieder, Potter.", spottete Draco genüsslich. "Du denkst. Hatte ich dir nicht gesagt, dass du es lieber lassen sollst.
 

Er wand sich um und suchte auf dem Boden nach seinem Zauberstab, den er irgendwo hatte fallen lassen. Doch der Gryffindor stürzte auf ihn zu, hielt ihn fest und zwang ihn, ihm in die Augen zu sehen. Damit hatte Draco nicht gerechnet. Die Maske, die er mühsam wieder zusammengesetzt hatte, war noch dünn und unter dem Blick des Gryffindor bekam sie schon wieder Risse. Unbehaglich wand er sich.
 

"Lass mich los, Potter. Ich will nicht mehr mit dir kuscheln, schon vergessen?"
 

Aber der andere sah ihm nur weiter in die Augen. "Wo ist der wahre Draco geblieben. Warum sperrst du ihn schon wieder ein, Malfoy?"
 

Das war zu viel.
 

Seine Fassade brach zusammen.
 

Verletzt richtete er seinen Blick zu Boden. "Bitte, Potter, lass mich zufrieden. Ich kann das nicht. Hast du es vergessen? Ich bin kein Engel mehr. Ich habe keine positiven Gefühle mehr für dich."
 

"Doch die hast du.", widersprach der andere ernst. "Du versuchst sie nur wieder zu verstecken. Ich bitte dich, Malfoy. Wir sind alle keine Engel und müssen doch miteinander leben."
 

Gequält stöhnte Draco auf. Er war nicht bereit alles zu verlieren, was ihn als Person ausmachte. War nicht bereit, alles aufzugeben. Es machte ihm Angst. Er würde weich und schwach werden und das Versprechen, nämlich Potter irgendwann umzubringen, würde er nicht einlösen können.
 

Er riss sich los. "Ich kann es nicht, Potter. Ich habe es geschworen bei allem was mir lieb und heilig ist und dem Leben meines Vaters. Ich werde dich töten. Aber nicht heute. Nein, heute nicht. Wir werden uns wieder sehen."
 

Damit drehte er sich um und rannte in den Wald, der ihn so gleich verschluckte.
 

Irgendwo da draußen, waren die Todesser und er würde einer von ihnen werden.



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von: abgemeldet
2005-05-04T21:07:07+00:00 04.05.2005 23:07
och nööö!
Der typ rafft es einfach nicht!
Dass er die Liebe erfahren muss, gut und schön, aber Tom kann sie ihm bestimmt nicht geben.
Harry rennt nicht hinterher, oder?
Zutrauen würd ich's ihm...
Von: abgemeldet
2004-11-14T13:37:55+00:00 14.11.2004 14:37
Zuerst mal:
Was der Drache sagt:
"Du kannst sie behalten, denn sie werden nun nicht mehr körperlich sein. Das wird dir dein Leben um einiges erleichtern."
Würde ich teilweise weglassen. Immerhin hat er sich vorher auch nicht um Dracos Bequemlichkeit gekümmert. Und später wird eh erwähnt, dass die Flügel nicht mehr körperlich sind, und es würde den Bogen mehr spannen, wenn Draco zuerst denkt, dass er weiterhin so als Flattermann leben muss.
Es gefällt mir außerordentlich gut, dass Draco nicht gut bleibt. Dass mit den Flügeln auch seine übermäßige Freundlichkeit zum teil verschwindet.
Und dass er immer noch Todesser werden will, was immer das auch ist.
Von: abgemeldet
2004-10-14T22:25:58+00:00 15.10.2004 00:25
Was hab ich gesagt.... Ich hatte bei Kapitel 25 aufhören sollen und nicht weiter lesen ...


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