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Angel of Light I

Another world
von

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Erste klärende Gespräche, Teil 2

Erste klärende Gespräche, Teil 2
 

In der Großen Halle tobte wie immer das Leben, als sich die Schüler von Hogwarths lautstark mit ihren Tischnachbarn - und manchmal auch Freunden, welche weiter entfernt saßen - unterhielten, während sie ihr Frühstück zu sich nahmen.
 

Harry, Ron und Hermine hatten wie gewohnt am Gryffindortisch Platz genommen, wo vor allem der Schwarzhaarige mit erfreutem Hallo aufgenommen wurde. Seamus, Neville und Dean hatten zwar die Nachricht schon verbreitet, daß Harry wieder erwacht war, dennoch war es für die Gryffindor schön, die Bestätigung dessen vor sich sitzen zu haben.
 

Ginny hatte Harry zuerst voller Freude fast erdrückt, wodurch diesem klargeworden war, daß auch Rons kleine Schwester sich nicht verändert hatte. Sie verhielt sich ganz so, wie er sie kannte - anhänglich, fröhlich und immer für einen Plausch mit ihm bereit.
 

Eine Kleinigkeit war jedoch auch an Ginnys Verhalten anders, denn als Draco wenige Minuten nach dem Gryffindor-Trio die Halle betrat und auf ihren Tisch zusteuerte, rutschte das rothaarige Mädchen bereitwillig ein Stück zur Seite, damit der Blonde sich neben Harry setzen konnte.
 

Es schien vollkommen normal für alle am Tisch, daß Draco neben Harry saß, denn keiner der anwesenden Gryffindor machte eine Bemerkung darüber oder - wie Harry es von seiner Erinnerung her erwartet hätte - sprang auf und hexte den Slytherin dafür, daß er es sich traute, an ihrem Tisch Platz zu nehmen.
 

Für den Schwarzhaarigen war es ungewohnt, so friedlich neben demjenigen zu sitzen und zu essen, der seit nunmehr fünf Jahren sein schlimmster Feind in Hogwarths war - doch Dracos ruhiges Verhalten und die freundliche Wärme, welche er ausströmte, ließen sich Harry langsam an die radikal geänderten Umstände bezüglich ihrer Beziehung gewöhnen.
 

Was jedoch nicht hieß, daß er den Kuß, den Draco ihn vor der Großen Halle gegeben hatte, vergaß. Dafür war dieses Erlebnis zu neu gewesen und vor allem weckte es in dem Gryffindor Gefühle, die er nicht verstand. Sie ängstigten ihn nicht, doch verwirrten sie ihn in ihrer Plötzlichkeit - vor allem der Person gegenüber, für die er nie erwartet hätte, etwas Anderes als Verachtung und Abneigung empfinden zu können.
 

Doch Harry spürte, wie durch Dracos geändertes Verhalten ihm gegenüber auch er die Möglichkeit bekam, neue Eindrücke vom Wesen des blonden Slytherins zu erhalten. Vielleicht bot sich ihm hier die Gelegenheit, mehr über Draco zu erfahren und dadurch vielleicht den anderen jungen Mann besser verstehen zu lernen. Diese Möglichkeit wollte er sich nicht entgehen lassen, vor allem, da er genau fühlen konnte, daß Dracos Emotionen ihm gegenüber nicht gespielt waren, sondern aus tiefstem Herzen entsprangen. Der Gryffindor konnte nicht sagen, woher er das wußte, doch er akzeptierte dieses intuitive Wissen.
 

Daher fand sich der Schwarzhaarige bald inmitten einer sich angeregt unterhaltenden Gruppe, in der Dracos Meinung offenbar durchaus geschätzt wurde - vor allem, wenn es, wie gerade jetzt, um die letzten Tests in Zaubertränke ging. Auch jetzt noch, wo sich doch anscheinend so viel verändert hatte, war der Slytherin also ein Experte im Brauen der Zaubertränke, wie Harry mit innerlichem Amüsement bemerkte, während er sich etwas aus dem Gespräch zurückhielt und nur zuhörte.
 

Es war faszinierend zu sehen, wie Dracos Augen aufleuchteten, wenn das Gespräch auf Tränke kam, fiel dem Schwarzhaarigen auf. So offen und ohne die eiskalte Miene, die Harry sonst von Draco gewohnt war, kannte er den Slytherin gar nicht. Doch er wußte, daß in einem Austausch mit Hermine Leidenschaft schnell geweckt werden konnte; das braunhaarige Mädchen hatte so lange der Gryffindor sie jetzt kannte, noch bei jedem eine schulische Stärke entdeckt, die sie - auf die eine oder andere Weise - fördern konnte.
 

Bei Draco war es ganz offensichtlich Zaubertränke und Hermine gehörte schließlich ebenfalls zu den Besten in diesem Fach, wodurch es nur zu natürlich schien, eine Szene wie die jetzige, wo die Beiden angeregt über Vor- und Nachteile bestimmter Zutaten für einen Trank diskutierten, zu erwarten.

Während er mit halbem Ohr diesem Gespräch lauschte und Ron aufmunternd anlächelte, der ihn gequält wegen des Themas ansah, begann Harry, in seinen eigenen Gedanken zu versinken. Dracos Begeisterung für Zaubertränke hatte ihn nämlich an den Professor erinnert, welcher dieses Fach unterrichtete.

Und dadurch erinnerte sich der Schwarzhaarige unwillkürlich daran, was am gestrigen Abend geschehen war.
 

---Flashback---
 

Es war spät geworden, bevor Harry den Nordturm wieder verließ. Seine Gefühle und Gedanken waren noch immer durcheinander, doch er hatte sich wieder halbwegs gefangen. Da er sich daher wieder in der Lage dazu fühlte, den Anderen gegenüberzutreten, verließ er schließlich die Plattform des Turms.
 

Lange hatte er dort oben gestanden und sich den Wind durch die Haare wehen lassen, ohne zu bemerken, wie die Zeit verging. Doch zu vieles hatte ihn beschäftigt, wie immer, wenn er den Nordturm aufsuchte. Normalerweise war dies der Platz, an dem er - außer auf dem Fensterbrett im Gryffindorturm - am besten nachdenken konnte. Die Weite, welche die nach allen Seiten offene Plattform gewährte, ließ ihn sich oft weniger bedrängt fühlen - was stets vorkam, wenn Probleme oder Sorgen von allen Seiten auf ihn einstürzten. Wenn ihm dann irgendwann alles zuviel wurde, suchte Harry Zuflucht auf dem Turm. Oft verbrachte er dort Stunden mit Nachdenken oder versteckte sich einfach vor jedem anderen Menschen, wenn Ruhe alles war, was er wollte und brauchte.
 

Was er nicht verstand, war, wie er plötzlich zu seinem Lieblingsplatz gelangt war. Einen Augenblick war er noch im Krankenflügel und sah seinen Paten auf sich zukommen und im nächsten umwehte ihn kühle Abendluft. Doch Harry hielt sich nicht lange mit dem Nachdenken über dieses Mysterium auf, gab es doch zuviel Anderes, was auf ihn einstürzte. Es schien nur natürlich, daß er in diesem Augenblick dort war, wo er am ehesten wieder etwas Ordnung in seine Gedanken und Emotionen bringen konnte.
 

Harry wußte hinterher nicht mehr, wie lange er auf einer Stelle gestanden hatte und blicklos über die weiten Ländereien von Hogwarths sah, während in seinem Kopf die Gedanken durcheinander stürzten. So viel war geschehen während der letzten Stunden, seitdem er - mal wieder - in einem Krankenbett aufgewacht war. Wie er dorthin gekommen war, wußte er ebenfalls nicht zu sagen, doch er das letzte, an das er sich vorher noch zu erinnern vermochte, war der Hindernisparcour als Abschlußtest der 5. Klassen in Verteidigung gegen die dunklen Künste gewesen. Danach setzte sein Gedächtnis aus bis zu seinem Aufwachen vor wenigen Stunden.
 

Alles in Allem eine verwirrende Situation. Die Schocks, welche er danach erhalten hatten, trugen nicht gerade zu seiner Erleichterung bei - vielmehr hatte Harry das Gefühl gehabt, kurz vor einem Herzinfarkt zu stehen. Nur die Freude, welche das ungläubige Erstaunen über das plötzliche Wiederauftauchen von Sirius erst einmal verdrängte, hatte es dem schwarzhaarigen Gryffindor möglich gemacht, halbwegs normal auf das veränderte Verhalten der Malfoy-Familie zu reagieren.
 

Nun ja, normal. Normal war die ganze Situation nun wirklich nicht, doch Harry hatte gerade - beruhigt durch Rons und Hermines Anwesenheit - versucht, ein wenig mit der Sachlage vertraut zu machen, als er den nächsten Schlag erhielt.

Voldemort war tot. Seit einem dreiviertel Jahr.
 

Einfach tot, als wäre es ein reines Kinderspiel, den Schwarzmagier, der Harry seit seiner Geburt mit seinem Haß verfolgte, zu besiegen. Doch anscheinend war es ihm hier gelungen, wie auch immer das möglich sein konnte.
 

Harrys Gefühle fuhren Achterbahn, als er daran dachte, wie ein Leben ohne Voldemorts bedrohliche Präsenz sein mochte. Doch die Vielzahl der Emotionen, die ihn bei dem Versuch überfielen, sich zu überlegen, wie sein Leben ohne die Gefahr, die von dem Schwarzmagier ausging, aussehen würde, überwältigten den Gryffindor in ihrer Intensität, so daß er diesen Gedanken erst einmal verbannte.

Statt dessen konzentrierte er sich darauf, seinen Kopf frei zu machen von Allem, was ihn plagte und verunsicherte an dieser neuen Situation. Für eine Weile ließ er sich von dem kühlen Wind umwehen und spürte, wie er langsam wieder ruhiger wurde. Das Chaos seiner Gedanken ebbte ab und machte seinem Verstand Platz. Dies war vielleicht nur der nächste Schritt in seinem Schock, doch Harry wollte nicht weiter nachdenken, da er wußte, er würde sowieso jetzt zu keinem vernünftigen Schluß mehr kommen. Dafür war er zu müde und emotional ausgelaugt.
 

Was auch immer geschehen war, was ihn dieses Mal in den Krankenflügel gebracht hatte, hatte wohl auch seine physischen Reserven ziemlich angestrengt. Was er nun am nötigsten hatte, war eine Nacht voller Schlaf. Der Morgen würde dann sicher die Lösung bringen, denn Harry war sich instinktiv sicher, daß Professor Dumbledore inzwischen darangegangen war, sich Klarheit über dieses Problem zu verschaffen.

Morgen würde sich also hoffentlich alles aufklären.
 

Mit diesem Gedanken verließ Harry den Nordturm und fand wie immer durch verschiedene Geheimgänge und Abkürzungen rasch seinen Weg zum Gryffindorturm. Als er vor dem Porträt der Fetten Dame anlangte und ihm gerade bewußt wurde, daß er das Paßwort nicht kannte, öffnete die Wächterin des Gryffindorturms verschlafen die Augen und sah den jungen Mann an.
 

Als sie Harry erkannte, glitt ein Lächeln über ihre mütterlichen Züge und sie sagte: "Auch endlich wieder aufgewacht, mein Lieber? Du hast deinen Freunden Sorgen gemacht. Doch jetzt, schnell rein mit dir und ab ins Bett, damit ihr eure Ferien genießen könnt!"
 

Somit um das Problem des Paßworts gebracht, dankte Harry der Fetten Dame und stieg, als das Porträt aufschwang, durch das Eingangsloch in den Gemeinschaftsraum der Gryffindor. Kaum betrat er jedoch den Raum, regten sich mehrere Personen, welche beim Kamin gesessen und offensichtlich auf ihn gewartet hatten.
 

Wie Harry im nächsten Augenblick erkannte, handelte es sich dabei um Hermine und Ron, die ihn Beide mit sorgenvollem Blick ansahen, als sie auf ihn zueilten. Harry hatte kaum die Zeit, seine Arme zu öffnen, als sich Hermine schon an ihn schmiegte. Sie umarmte ihn für eine Weile fest, kurz darauf gefolgt von Ron, der seine kräftigen Arme ebenfalls um Harry schlang.
 

Der Schwarzhaarige fühlte sich eingehüllt in freundschaftliche Wärme und Besorgnis, was seine Konfusion angesichts der Situation weiterhin besänftigte. Ron und Hermine waren jederzeit für ihn da, das spürte Harry im Moment ganz deutlich und es gab ihm die Kraft, nachdem er ihre Umarmung noch eine Weile genossen hatte, wieder ein wenig zurückzutreten und sie voller Dankbarkeit anzulächeln.
 

Dieses Lächeln seinerseits schien Harrys zwei beste Freunde zu beruhigen, denn sie traten zurück und machten Sirius Platz, der sich vorher etwas zurückgehalten hatte, nun aber mit väterlicher Besorgnis im Gesicht auf den Gryffindor zutrat.

Als er seinen Paten ansah, verwackelte Harrys Lächeln etwas und in seinen grünen Augen begann es zu schimmern, doch er beherrschte sich sichtlich und nickte Sirius dann beruhigend zu.
 

Dieser seufzte leise erleichtert auf, kam jedoch trotzdem weiter auf Harry zu, als spüre er trotz der zur Schau gestellten Stärke das Bedürfnis des Jüngeren nach seiner Nähe. Harry schloß wohlig die Augen und ergab sich der Umarmung, in die ihn Sirius Sekunden später einschloß. Der junge Mann fühlte, wie ihn all der Streß und die Trauer der letzten Zeit verließen, während er sich enger in die Arme seines Paten schmiegte. Der Ältere hatte sein Gesicht in Harrys rabenschwarzem Haar vergraben und ließ dem Gryffindor alle Zeit, die er brauchte.
 

Schließlich löste sich Harry, wenn auch widerwillig, wieder aus Sirius' Armen und flüsterte ihm ein "Danke" zu, woraufhin der Angesprochene ihm nur liebevoll durch die Haare strich und ihm einen Kuß auf die Stirn hauchte. Auch wenn Harry sich eigentlich schon für zu alt für eine derartige Geste hielt, so protestierte er dennoch nicht dagegen - es war viel zu schön, die Liebe hinter der Berührung zu spüren.

Dies war die Liebe, welche Eltern ihren Kindern schenkten.

Ein Geschenk, das Harry in seinem bisherigen Leben noch nie erhalten hatte, denn Sirius und ihm war zu wenig Zeit vergönnt gewesen, um eine Vater-Sohn-Beziehung aufzubauen. Auch wenn Harry in Sirius immer eine Vaterfigur gesehen hatte.

Doch hier und jetzt bekam er väterliche Liebe.
 

Und zwar nicht nur von Sirius, wie Harry erkannte, als sein Pate zurücktrat und sein Platz von Severus eingenommen wurde. Zuerst ein wenig erschrocken blickte Harry den schwarzhaarigen Zaubertränke-Professor an, der ihm seiner Erinnerung nach nie ein freundliches Wort geschenkt hatte. Doch als er in die onyxfarbenen Augen des älteren Mannes vor ihm sah, erblickte er die gleiche Menge an väterlicher Liebe und Besorgnis, die zuvor in Sirius' braunen Augen gestanden hatte.
 

Dies ließ Harry für einige Augenblicke verwirrt blinzeln und unwillkürlich wich er einen Schritt zurück, als Severus näherkam. Als der Gryffindor jedoch den Schmerz über diese instinktive Zurückweisung im Gesicht des Älteren erkannte, wallte in ihm auf einmal ein Gefühl von Bedauern und vorsichtiger Zuneigung auf.

Der Mann, den er nur kalt und gemein ihm gegenüber kannte, war verletzt, da er ihm nicht so begegnete, wie er es gewohnt war. Und augenscheinlich war die Beziehung des Harry, den die Anwesenden kannten, eine ebenso liebevolle wie die zu Sirius. Unwillkürlich wallte Mitgefühl in Harry auf.
 

War die Situation für ihn schon kompliziert, so mußte es für Sirius - und vor allem für Severus und die Malfoys - noch viel schlimmer sein.

Severus liebte ihn offensichtlich sehr, denn sonst hätte er eben nicht so verletzt reagiert. Und jetzt, wo er darüber nachdachte, erinnerte sich Harry auch wieder an das traurige Flackern in Dracos Augen und die Vehemenz, mit der Lucius Malfoy abgelehnt hatte, ihm je etwas anzutun.
 

Diese Gedanken ließen Harry kurz darauf auf seinen Zaubertrank-Professor und hier seinen Adoptivvater zutreten, der ihm schweigend, doch sichtlich angespannt, entgegenblickte. Kurz vor dem Älteren blieb Harry stehen und sah für einen Augenblick gerade in die onyxfarbenen Augen. Dort fand er nur Traurigkeit, Angst vor Abweisung und - viel Liebe. Keine Verachtung wie sonst oder Abneigung.
 

Nur väterliche Liebe, welche Harrys Herz plötzlich für den schwarzhaarigen Mann erwärmten, so daß er kurzentschlossen die Arme um ihn legte und sich schweigend an ihn drückte. Der Gryffindor hörte ein überraschtes Luftholen, doch wenig später schlossen sich starke Arme in einer beschützenden Geste um ihn. Severus hüllte ihn in eine ebenso wunderbare Wärme wie zuvor Sirius, was Harry erstaunte, ihn jedoch instinktiv eng an den Älteren geschmiegt verharren ließ, um dieses Gefühl - so unerwartet es für ihn auch war - auszukosten.

Harry hatte bis jetzt in seinem Leben zu wenig von dieser beschützenden Liebe bekommen, so daß es nur zu verständlich war, daß er diese Gelegenheit nicht ungenutzt verstreichen ließ. Auch wenn die Liebe von einer Person kam, die er nie dafür in Erwägung gezogen hätte.
 

Als sie sich Minuten später wieder voneinander lösten, war ein dankbares Schimmern in Harrys Augen, was Severus' Herz sich schmerzhaft verkrampfen ließ. Es tat ihm weh, so viel Dankbarkeit für eine für ihn solch selbstverständliche Geste in Harrys wunderschönen smaragdgrünen Augen zu sehen - so als wäre dies völlig neu für den Gryffindor.
 

Der eigene Schmerz über die Zurückweisung vorher schwand unter dem Mitgefühl, welches nun auch der Slytherin empfand. Was auch immer mit Harry geschehen sein mochte, dieser junge Mann vor ihm hatte in seinem bisherigen Leben offensichtlich nicht viel Liebe erfahren.

Auch nicht von ihm - oder gerade nicht von ihm.
 

Eine Tatsache, welche Severus innerlich entsetzte, denn Harry war außer Sirius die wichtigste Person in seinem Leben. Er liebte ihn wie sein eigen Fleisch und Blut, auch wenn er nicht biologisch mit ihm verwandt war.
 

Severus tauchte aus seinen Gedanken auf, als er Harry leise sagen hörte: "Sir, ich... ich entschuldige mich, wenn ich Sie verletzt haben sollte. Das lag nicht in meiner Absicht, doch...Sie sind...so...anders."
 

Harrys Stimme verklang unsicher, doch seine Augen hingen an Severus' Gesicht und bettelten ihn um Verständnis an. Dieser konnte sich dem Flehen der grünen Augen nicht verschließen, auch wenn es ihn schmerzte, nicht wie immer die bedingungslose Liebe eines Sohnes in ihnen zu erkennen. Daher seufzte Severus nur unhörbar auf und erwiderte mit sanfter Stimme: "Du brauchst dich nicht entschuldigen, Harry. Ich verstehe deine Verwirrung."
 

Erleichterung flog offen über die Züge des Schwarzhaarigen, doch er horchte auf, als der ältere Mann Sekunden später fortfuhr: "Ich habe eine Bitte an dich, Harry."

Auf den fragenden Blick, den er daraufhin geschenkt bekam, sagte Severus leise: "Würdest du mich duzen und mich bei meinem Namen nennen? Wenn du schon nicht..."

Severus biß sich auf die Unterlippe und Harry spürte den Kampf, den er mit sich ausfocht. Daher verschwendete er keine Zeit, dem Schwarzhaarigen diese Bitte zu erfüllen. Mit einem sanften Lächeln in den smaragdgrünen Augen legte er Severus die Hand auf den Arm und drückte leicht zu.
 

"Ich danke Ihnen", Harry unterbrach sich und begann dann von vorn, während er Severus wegen seines Versprechers einen entschuldigenden Blick sandte: "Danke, daß ich dich duzen darf... Severus. Das bedeutet mir sehr viel."

Gerührt von der Ehrlichkeit und Dankbarkeit in Harrys Worten beugte sich der Ältere vor und strich dem Gryffindor durch die Haare, bevor er sagte: "Auch mir bedeutet das viel, Harry."
 

Für den Gryffindor unhörbar fügte er in Gedanken hinzu: ,Du bist mein Sohn, Harry, auch wenn du im Augenblick völlig anders reagierst als ich es gewohnt bin. Doch ich werde um deine Zuneigung kämpfen, das schwöre ich dir. Ich werde dir zeigen, wie viel du mir wert bist.'
 

Doch vorerst, so war sich Severus bewußt, hatte er genug Entgegenkommen von Harry erhalten. Auch wenn er am liebsten noch geblieben wäre, strich er Harry noch ein letztes Mal durch die Haare, bevor er sich mit einem warmen Lächeln an den Gryffindor verabschiedete. Er wußte, er mußte Harry jetzt Zeit geben, sich - wieder? - an ihn zu gewöhnen.
 

Nachdem Severus den Gryffindorturm verlassen hatte, herrschte kurz eine ungewisse Stille zwischen dem Rest der Anwesenden, doch dann zog Ron Harry auf einmal zu ihrem Lieblingsplatz am Kamin und grinste ihn an. Dies brachte Harry zum Lächeln, denn er spürte, daß Ron ihn aufmuntern wollte - er hatte sie alle vorhin wohl ziemlich erschreckt mit seinem Verhalten.
 

Aber hier im Gemeinschaftsraum der Gryffindor fühlte sich Harry zuhause und sicher und daher kuschelte er sich auch nur aufseufzend in die Couch. Wenig später nahm Sirius neben ihm Platz und legte einen Arm um seine Schulter.

Der schwarzhaarige Mann blickte den Jüngeren liebevoll an und öffnete den Mund, um etwas zu sagen...

"Harry? Erde an Harry, bitte kommen!"
 

---Ende Flashback---
 

Abrupt aus seinen Gedanken wieder zurück in die Gegenwart gerissen, sah der Angesprochene auf und blinzelte verwirrt. Der Wechsel war für einen Moment schwer zu begreifen, daher blickte Harry Ron auch nur für einige Sekunden schweigend und sichtlich verwirrt an, was Hermine dazu veranlaßte, ihn besorgt zu mustern. Auch Draco neben ihm schien besorgt und fragte: "Ist alles in Ordnung mit dir, Harry?
 

"Hmm?", war die wenig aufschlußreiche Antwort des Gryffindors, der kurz die Augen schloß, um die letzten Reste seiner Versunkenheit abzuschütteln und sich wieder auf die Realität zu konzentrieren.

"Ich möchte wissen, ob alles ok ist", wiederholte Draco, indem er Harry vorsichtig eine Hand auf den Arm legte. Der Schwarzhaarige öffnete seine Augen wieder und lächelte beruhigend, bevor er sagte: "Ich war nur in Gedanken versunken. Es ist alles in Ordnung, macht euch keine Sorgen."
 

Erleichterung zeichnete drei Gesichter, woraufhin Harry auf einmal bewußt wurde, daß sie Vier nunmehr fast allein am Tisch saßen. Der Gryffindor blinzelte verwirrt, woraufhin Ron meinte: "Du warst wirklich ganz schön weit weg, wenn du nicht einmal mitbekommen hast, daß fast alle gegangen sind."

Harry nickte nur bestätigend. Jetzt mischte sich Hermine in ihr Gespräch und sagte: "Wir sollten jetzt auch langsam gehen, auch wenn wir nicht nach Hause fahren. Doch Professor Dumbledore erwartet uns in seinem Büro. Gut, daß heute Ferienbeginn ist, da haben wir genug Zeit."
 

Mit diesen Worten erhob sich das braunhaarige Mädchen und ihre drei Begleiter taten es ihr gleich. Jeder von ihnen war gespannt, was ihr Schulleiter inzwischen herausgefunden hatte - doch am meisten verlangte es Harry nach einer Erklärung dieser ungewöhnlichen Situation.
 

Er spürte, wie sich eine gespannte Erwartung in ihm breitmachte, als er gemeinsam mit Draco, Ron und Hermine durch die Flure des Schlosses zu Dumbledores Büro ging. Vor dem Gargoyle angekommen, der wie immer den Eingang versperrte, sah Harry seine drei Begleiter fragend an.
 

"Wißt ihr das Paßwort oder müssen wir wieder einmal raten?", wandte er sich aus reiner Gewohnheit an Ron und Hermine. Doch bevor einer der Beiden antworten konnte, erklang hinter ihnen die Stimme von Sirius.

"Zitronendrops", sagte der ehemalige Gryffindor mit deutlichem Humor.

Als der Gargoyle daraufhin beiseite sprang und den Eingang freigab, flog ein amüsiertes Lächeln über Harrys Züge und er murmelte vor sich hin: "Manche Dinge ändern sich doch nie."
 

Dann blickte der Gryffindor auf die Treppe, welche ihn ins Büro des Schulleiters befördern würde und plötzlich spürte er Nervosität in sich aufwallen. Was würde ihn dort oben erwarten? Hatte Dumbledore herausgefunden, was diese Veränderungen hervorgerufen hatte? Konnte er sie rückgängig machen und - erkannte Harry auf einmal - wollte er das überhaupt?
 

Hier war Sirius noch immer am Leben, hatte ihn adoptiert und liebte ihn aus ganzem Herzen. Und auch sonst war sein Leben hier viel leichter, ohne Voldemort und mit Menschen, welche ihn ganz offensichtlich sehr gern hatten.
 

Bevor die widersprüchlichen Gedanken und Gefühle in Harrys Kopf jedoch noch völlig Amok laufen konnten, spürte er Sirius' warme Hand auf seiner Schulter und seine Panik verflog. Es war unglaublich, welche beruhigende Wirkung sein Pate auf ihn hatte, fuhr es Harry durch den Sinn, bevor er mit einem dankbaren Lächeln an Sirius auf die Wendeltreppe stieg, welche sich sofort in Bewegung setzte und ihn nach oben beförderte.
 

Vor der Tür zum Büro von Dumbledore angekommen, wollte Harry gerade klopfen, als er die Stimme des Schulleiters hörte. "Komm doch herein, Harry." Wie gesagt, manche Dinge änderten sich doch nie - und diese Kontinuität trotz aller sonstigen Veränderungen ließ Harry von einem Augenblick auf den nächsten vollkommen ruhig werden. Er würde sich anhören, was Dumbledore zu sagen hatte und dann damit umgehen lernen. Schließlich hatte er noch alle Hindernisse überwunden, die das Leben - und Voldemort - ihm in den Weg gestellt hatte.

Dies hier würde dabei keine Ausnahme bilden.
 

Harry betrat das Büro und spürte, wie hinter ihm noch weitere Personen hereinkamen. Doch er achtete nicht weiter darauf, denn in dem Augenblick, als er gerade seinen Schulleiter begrüßen wollte, wurde seine Aufmerksamkeit auf etwas Anderes gelenkt.
 

Fawkes, der nämlich bei seinem Eintreten an der üblichen Stelle auf seiner Stange gesessen hatte, erhob sich Sekunden später und flatterte auf ihn zu, um auf seiner Schulter Platz zu nehmen. Harry blinzelte kurz überrascht über diese Handlung des Phönix', doch widersetzte er sich in keinster Weise. Vielmehr hob er rein instinktiv die Hand, um Fawkes sanft zu streicheln.
 

Als seine Finger behutsam durch das feuerrote, weiche Gefieder des Vogels fuhren, entwich der Kehle des Phönix ein zufriedenes Gurren, bevor er seinerseits seinen Schnabel an Harrys Wange drückte und ihm damit seine Zuneigung bekundete.
 

Dies ließ Harrys Augen mit sanfter Freude leuchten, und während er bereitwillig fortfuhr, Fawkes zu streicheln, meinte er zu ihm: "Das magst du, nicht wahr? Ich bin froh, dich wiederzusehen, Fawkes."
 

Der Feuervogel gurrte erneut, doch Harry meinte im nächsten Augenblick, eine Stimme sprechen gehört zu haben, die ihn ebenfalls begrüßte. Doch dann war dieses Gefühl auf einmal wieder fort und der Gryffindor verbannte es als Produkt seiner Einbildung.
 

Während Fawkes Harry in Beschlag nahm, hatte der Rest der Anwesenden das wunderschöne Bild bewundert, welches der hochgewachsene Schwarzhaarige und der feuerrote Phönix auf seiner Schulter zusammen ergaben. Und für Professor Dumbledore bestätigte sich durch Fawkes' offen dargestellte Zuneigung zu Harry auch, daß dieser - wenn auch nicht ihr Harry - so doch vom Grunde seiner Seele her ein gütiger Mensch war. Denn ansonsten hätte der Phönix sich ihm keinen Meter genähert, geschweige denn würde er mit ihm auf die Art und Weise schmusen, wie es die Beiden inzwischen taten.
 

Harry hatte nämlich sein Gesicht in den weichen Federn von Fawkes' Gefieder geborgen und genoß die beruhigende und wärmende Ausstrahlung des Phönix. Dieser begann im nächsten Moment ein helles, wunderschönes Lied zu singen, als wolle er Harry wieder aufmuntern und ihm seine Sorgen nehmen.
 

Minutenlang herrschte bis auf den Gesang des Vogels Stille im Zimmer, als alle Anwesenden andächtig dem Lied lauschten, welches sie tief in ihren Herzen wieder Hoffnung schöpfen und ruhiger der Erklärung des Schulleiters entgegensehen ließ.
 

Schließlich verklang Fawkes' Lied mit einem letzten Triller und nach einem sanften Entlangstreichen mit seinem Schnabel an Harrys Wange erhob sich der Phönix von der Schulter des Gryffindor und flog zurück zu seiner Stange.
 

Daraufhin meldete sich Dumbledore zu Wort und wandte sich mit der Frage an Harry, wie dieser geschlafen hatte. Der Angesprochene neigte dankend den Kopf und meinte: "Ausgezeichnet, Professor. So gut wie lange nicht mehr."

Der Schulleiter nickte zufrieden, dann schwenkte er seinen Zauberstab und hieß alle Anwesenden in den herbeigezauberten Sesseln Platz nehmen. Während Harry sich in einen hineinsinken ließ, sah er sich um und registrierte, daß Dumbledores Büro wie immer voller geheimnisvoller, seltsamer Gegenstände war. An den Wänden hingen die Gemälde der Vorgänger des Schulleiters und beobachteten ihn neugierig.
 

Dann wandte Harry seinen Blick wieder seinem Professor zu, der ebenfalls wieder hinter seinem riesigen Schreibtisch Platz genommen hatte und ihn nun aus funkelnden blauen Augen durch seine Halbmondbrille hindurch anschaute.
 

"Nun, Harry", begann der weißbärtige alte Mann langsam, "nachdem du also den ersten Schock überwunden hast, ist mir bewußt, daß es dich - ebenso wie dem Rest der Anwesenden", hier wies Dumbledore auf Sirius, neben dem Severus saß sowie auf Hermine, Ron, Draco und dessen Eltern, "nach einer Erklärung verlangt. Doch vorher möchte ich wissen, was du von der entstandenen Situation hältst - was du über sie denkst... und fühlst."
 

Für einen langen Moment war es ruhig im Zimmer, während Harry seine Gedanken sammelte, bevor er zu sprechen begann.

"Auf diese Frage zu antworten ist ziemlich kompliziert, Professor. So vieles hat sich innerhalb so kurzer Zeit geändert. Es ist nicht, daß ich einige der Gegebenheiten nicht aus vollstem Herzen begrüßen würde", an dieser Stelle blickte Harry auf Sirius im Sessel neben ihm, welcher ihm daraufhin sanft zulächelte.
 

"Andere...Veränderungen sind auch nicht schlecht...irgendwie", fügte der Schwarzhaarige mit leicht gerunzelter Stirn hinzu, während sein Blick zu Severus, den Malfoys und schließlich zu Draco schweifte. "Aber eines ist klar - das hier ist nicht die Welt, die ich kenne."
 

Eine Weile herrschte Stille nach diesen Worten, als alle Anwesenden verarbeiteten, was Harry mit seinem Satz hatte ausdrücken wollen. Doch Dumbledore nickte nur weise vor sich hin, denn er hatte erwartet, daß Harry sich seine eigenen Gedanken über das vorliegende Problem machen würde. Der Gryffindor hatte schon immer eine bemerkenswerte Fähigkeit an den Tag gelegt, Neuem zu begegnen und mit Hindernissen fertigzuwerden.
 

Daher lächelte der Schulleiter Harry nun warm an, während er seine Hand auf ein dickes, sichtlich altes Buch legte und erneut anhub, zu sprechen. Aller Augen richteten sich sofort wieder auf ihn, um seinen Worten zu lauschen.
 

"Nun, Harry, damit hast du ganz Recht. Diese Welt hier ist anders als die, welche du gewohnt bist. Das wurde schon gestern abend deutlich, als du so verschreckt auf deine Pateneltern und Severus reagiert hast."

Dumbledore unterbrach sich kurz, als er sah, wie Harry den drei Genannten einen entschuldigenden Blick zuwarf. Dann fuhr er fort.
 

"Ich habe mich seit gestern intensiv mit Zaubern beschäftigt, welche Parallelwelten öffnen oder erschaffen können, und bin in diesem Buch hier", an dieser Stelle deutete der Schulleiter auf das Buch unter seiner Handfläche, "auf einen Zauber gestoßen, von dem ich annehme, daß er diese Situation ausgelöst hat."
 

Interessiert lehnte sich Hermine nun vor, wie immer voller Begehr, etwas Neues zu lernen. Ihre eigenen Nachforschungen hatten in der kurzen Zeit seit dem gestrigen Tage nicht viel ergeben, doch der Schulleiter hatte viel bessere Möglichkeiten, eine Lösung zu finden. Ron hingegen rollte kurz die Augen, als er das Funkeln in den braunen Augen seiner Freundin sah. Auch er war interessiert an einer Erklärung, was geschehen war, doch der Eifer Hermines war ihm unverständlich.
 

Die Malfoys schwiegen, ebenso wie Severus. Dennoch konnte man auch in ihren Augen ungebremste Neugier erkennen. Eine Neugier, welche Sirius gleich darauf zum Ausdruck brachte. "Bitte spannen Sie uns nicht so auf die Folter, Professor", meinte der Schwarzhaarige, der eine Hand auf Harrys Arm gelegt hatte, um diesem somit moralische Unterstützung zu geben.
 

In den blauen Augen hinter der Halbmondbrille blitzte es amüsiert auf, als der alte Mann die Ungeduld bemerkte, welche den Raum förmlich zum Schwingen brachte.

"Du hattest noch nie viel Geduld, Sirius", tadelte er den Jüngeren milde. Daraufhin war von Severus ein leises Grollen zu hören, bevor der Zaubertränke-Professor mit warnender Stimme meinte: "Professor, jetzt ist nicht die Zeit für Späße. Was habt Ihr herausgefunden?"
 

Der Schulleiter blinzelte, etwas überrascht von der Ungeduld, welche auch Severus nicht verhehlte. Doch er fing sich rasch wieder und sah wieder Harry an, als er nun endlich zu seiner versprochenen Erklärung kam.
 

"Der Zauber heißt ,Wunsch des Herzens'", begann er.

"Dieser Spruch ist kein Zauber, der normal angewendet werden kann - wie zum Beispiel ein Schildzauber oder ein Fluch. Es müssen bestimmte Kriterien erfüllt sein, damit er wirkt.

Eine davon ist das Magielevel, welches nötig ist. Doch dies ist bei dir ja nun wahrlich nicht das Problem, Harry", lächelte der alte Mann den Gryffindor an, welcher leicht verwirrt zurückschaute angesichts dieser Worte.
 

"Zweitens muß eine Situation geschaffen werden, in welcher der betreffenden Person - also in unserem Fall dir, Harry", fuhr Dumbledore fort, während er den Angesprochenen weiterhin gütig ansah, "eine rationale Lösung nicht mehr zur Verfügung steht. In solch einer Phase, wenn dem Verstand nichts mehr einfällt, übernehmen die Überlebensinstinkte - und das ist dann der Augenblick, in dem sich die der Person innewohnende Magie um eine Lösung des Problems zu kümmern beginnt.
 

Du mußt in einer prekären Lage gewesen sein, daß diese zwei Komponenten für die Verwirklichung dieses schweren Zaubers in solch perfekter Harmonie zusammenarbeiteten, um dir deinen Herzenswunsch zu erfüllen.

Dein Unterbewußtes lieferte deiner Magie die Möglichkeit, dich dieser Lage zu entziehen - und damit wahrscheinlich vor einer Gefahr zu retten - und hat dich daher in unsere Realität versetzt, Harry."
 

Die Stille, die nach diesen Worten herrschte, war im wahrsten Sinne des Wortes ohrenbetäubend.

Ron schaute verwirrt und etwas ungläubig auf Dumbledore, während Hermine an seiner Seite schon angestrengt überlegte, was dies in der jetzigen Situation für Harry bedeuten würde.
 

Wenn Dumbledore Recht hatte mit diesem Zauber - und daran zweifelte die Gryffindor nicht für eine Sekunde - dann war diese ihre Realität das, was Harry sich von ganzem Herzen gewünscht hatte.

Ob dies bewußt geschehen war, war nicht sicher, doch nach einem Blick in Harrys Gesicht zweifelte das braunhaarige Mädchen daran. Harry wirkte nicht so auf sie, als hätte er diesen Zauber freiwillig gewirkt, auch wenn er sich ziemlich rasch an die anscheinend radikal geänderten Umstände anpaßte.
 

Bevor Hermine jedoch weitergrübeln konnte, was die Konsequenzen aus ihrer Erkenntnis bedeuteten, erklang die Stimme von Lucius Malfoy. Auch er schien irritiert und seine Stimme klang ungläubig, als er fragte: "Meint Ihr damit etwa, daß Harrys Wunsch so stark war, Dimensionen zu überwinden?"
 

Dracos Vater schüttelte zweifelnd den Kopf, bevor er fortfuhr: "Auch wenn Harry sehr ungewöhnliche Kräfte besitzt und immer wieder bewiesen hat, daß seine Magie den Durchschnitt bei weitem übersteigt, kann ich dennoch nicht glauben, daß er einen derartig seltenen Zauber bewirken konnte.

Professor, selbst bewußt ist so etwas seit Jahrhunderten nicht mehr versucht worden - und angesichts von Harrys Reaktion gestern Abend dürfte uns wohl allen klar sein, daß er von diesem Zauber keine Ahnung hatte und ihn daher auch nicht angewendet haben kann.
 

Nicht einmal Merlin ist dies gelungen, wie dieses Buch hier", an dieser Stelle deutete Lucius mit seiner ausgestreckten Hand auf das dicke, vom Alter vergilbte Buch auf Dumbledores Schreibtisch, "beweist, da er es selbst geschrieben hat, nachdem er es mehrmals versucht hatte.

'Wunsch des Herzens' ist selbst für diesen überaus mächtigen Magier nicht zu bewältigen gewesen - wie soll es dann Harry geschafft haben?"
 

"Gerade weil er es nicht in vollem Bewußtsein der Konsequenzen getan hat", erwiderte Dumbledore ruhig, obwohl seine Augen voller Enthusiasmus funkelten.

Harry, der sich nach der Erklärung des weißbärtigen Magiers still verhalten hatte und den Inhalt von dessen Worten zu verstehen und zu akzeptieren versuchte, erkannte den Elan des Schulleiters angesichts seiner Entdeckung. Und wenn er wirklich recht hatte, war diese Begeisterung nur zu verständlich.
 

Nicht einmal Merlin sollte diesen Zauber hatte ausführen können! Dies schockte Harry zutiefst, denn er hielt seine magischen Fähigkeiten allenfalls für Durchschnitt, auch wenn Dumbledore und auch Lucius Malfoy dies anders zu beurteilen schienen. Aber für den schwarzhaarigen Gryffindor war das einzige Besondere an ihm seine verhaßte Narbe, die ihm Fähigkeiten wie Parsel gegeben und einen egomanischen, zutiefst bösen Schwarzmagier mit Welteroberungsplänen nach seinem Leben trachten ließ.
 

Dennoch war Harry mit der Zeit dazu übergegangen, Dumbledores Erklärungen stets einer genauen Prüfung zu unterziehen, bevor er sie abtat. Zu oft waren seine Meinungen am Ende als Wahrheit ans Tageslicht getreten, auch wenn sie zuerst phantastisch und realitätsfern anmuteten.
 

Daher richtete sich der Gryffindor nun in seinem Sessel etwas auf und lenkte damit die allgemeine Aufmerksamkeit auf sich. Seinen Schulleiter mit nachdenklichen tiefgrünen Augen anschauend, fragte Harry: "Professor, wenn Ihr wirklich die Lösung gefunden habt und dieser Zauber diese seltsame Situation erklärt, wieso gelang es dann bis jetzt nur mir?

Mr. Malfoy sagte ganz richtig, daß Merlin als einer der mächtigsten Zauberer der Magierwelt bekannt ist...und es doch nicht schaffte, diesen Spruch zu bewältigen. Und ich kann mich nicht einmal daran erinnern, wann oder wie ich ihn ausgesprochen haben soll!"
 

"Um 'Wunsch des Herzens' zu 'aktivieren', um es einmal auf diese Weise auszudrücken", antwortete Dumbledore geduldig, "bedarf es keiner gesprochenen Worte. Die Situation, in der du dich befandest, bot deiner Magie keinen anderen Ausweg an - daher hast du instinktiv auf die Stimme deines Herzens vertraut und den Zauber dadurch ermöglicht.

Du mußt verstehen, Harry, daß gerade das bewußte Konzentrieren auf das Gelingen dieses Zaubers der entscheidende Fehler war, den Merlin und andere Zauberer, die es versuchten, machten. Da sie glaubten, zu wissen, was ihr allergrößter, tiefster Wunsch war, meinten sie, ihn bewirken zu können.
 

Doch der Wunsch, der ganz tief in der innersten Seele verankert ist, den kann man nicht wissen - dieser Wunsch ist etwas Unbewußtes. Man weiß von Teilen dieses Wunsches, von Bruchstücken - doch nie seine Gesamtheit.

So hatte Merlin den Wunsch, mehr Wissen zu erlangen, doch worüber genau war ihm nicht klar. Daher war es ihm im Gegensatz zu dir nicht vergönnt, bei seinen Bemühungen Erfolg zu haben."
 

Der Gryffindor schwieg, während er sich Dumbledores Worte durch den Kopf gehen ließ und zu begreifen versuchte, was ihm dieses Mal wiederfahren war. Sollte es wirklich dieser mächtige Zauber gewesen sein, der ihn hierher befördert hatte? Konnte es nicht vielmehr sein, daß Dumbledore sich irrte und Harry statt dessen durch eine Art mißglückten Anschlag auf ihn - was nicht zum ersten Mal geschah - in dieser Realität gelandet war?
 

Der Schwarzhaarige bezweifelte nämlich stark, daß seine magischen Kräfte für etwas ausreichten, was nicht einmal Merlin geschafft hatte. Egal, was sein Professor offensichtlich von seiner Magie und deren Stärke hielt, hatte Harry doch über die letzten fünf Jahre nie bemerkt, daß er eine außergewöhnliche Begabung auf diesem Gebiet aufweisen konnte.
 

Er war gut im Duellieren und nicht schlecht in Verwandlung und Zaubersprüchen, doch die erste Fähigkeit kam von seinem gefahrvollen Leben, das automatisch schnellere Reflexe gefordert hatte, damit er überlebte. Und die anderen zwei Talente hatte er von seinen Eltern geerbt, nahm man die Geschichten, welche Sirius und Remus ihm erzählt hatten, als Hintergrund.
 

Also nichts Außergewöhnliches, was untermauern würde, was Professor Dumbledore behauptete. Eher das Gegenteil, dachte Harry bitter. Durch seine Schuld war Sirius tot, nur, weil er Voldemorts Falle nicht früh genug erkannt hatte. Die Träume waren ihm damals so lebensecht erschienen, daß er keine Sekunde daran gezweifelt hatte, daß Sirius in Gefahr war.

Und in Gefahr war dieser dann ja auch geraten. Tödliche Gefahr.

Und all das nur, weil Harry nicht vorsichtig genug gewesen war.
 

Dies war eine Schuld, welche der Schwarzhaarige sein Leben lang mit sich herumtragen würde. Eine zusätzliche Last, welche ihn bedrückte und ihm in den letzten Wochen all seiner Lebensfreude und des Optimismus beraubt hatte, den er sich trotz der Ereignisse in den vergangenen Jahren bewahrt hatte.
 

Doch ohne die Aussicht, eines Tages mit Sirius gemeinsam an einem Ort zu leben, den er ,Zuhause' nennen konnte, hatte Harry in der letzten Zeit kaum noch einen Grund gesehen, am Morgen aufzustehen und sich den Dingen zu stellen, die der Tag mit sich bringen würde.
 

Wozu?, fragte er sich jeden Morgen, wenn er erwacht war. Was konnte ihm dieser Tag geben? Sirius würde er nicht zu ihm zurückbringen und damit verschwand die Aussicht für Harry, jemals eine Familie sein eigen nennen zu können.

Doch nun war er in dieser Welt, wo alles so anders war. Er hatte Eltern, zwei ihn wirklich liebende Eltern. Einen Teil dieses Paares hätte Harry in dieser Position niemals vermutet, dennoch spürte er erste Zuneigung zu dem Severus Snape dieser Welt in sich aufkommen.
 

Er war so ganz anders als der Professor Snape, den der Gryffindor die letzten fünf Jahre gekannt hatte.

Und er gefiel Harry viel besser, denn er verbarg seine Gefühle nicht hinter einem eiskalten, verbitterten Ausdruck. Statt dessen konnte Harry die Liebe von ihm ausströmen fühlen, wenn Severus ihn ansah. Das war ein ungewohntes Gefühl, doch Harry saugte es instinktiv in sich auf und bewahrte es tief in seinem Herzen, um sich daran zurückerinnern zu können, wenn er einmal unglücklich sein würde.
 

Für einen Moment blitzte in dem Gryffindor der Gedanke auf, daß diese Erinnerung ihm sicher dabei helfen konnte, einen starken Patronus heraufzubeschwören. So viel unverhohlene Liebe und Zuneigung wie seit dem gestrigen Tage hatte er in seinem ganzen bisherigen Leben nicht erhalten.
 

Vielmehr hatte es größtenteils aus der Verachtung und Abneigung seiner ,Familie' - soweit man die Dursleys als solche bezeichnen konnte - sowie aus dem unbändigen Haß eines größenwahnsinnigen Schwarzmagiers und der kaum verhohlenen Feindseligkeiten zwischen den Häusern Gryffindor und Slytherin bestanden.
 

Ganz in seinen Gedanken vertieft, hatte Harry nicht mitbekommen, wie er vom Rest der Anwesenden gemusterte wurde. Sie bemerkten die verschiedensten Emotionen, welche über das Gesicht des jungen Gryffindors huschten, während er in seinen Überlegungen versank.
 

Sie konnten sich kaum vorstellen, was gerade in ihm vorgehen mußte. Waren selbst sie doch kaum in der Lage, zu begreifen, was Harry getan hatte - wenn auch ohne sich dessen bewußt zu sein. Doch vor allem sein Zustand interessierte sie, denn sie konnten sehen, daß es nicht einfach für den Schwarzhaarigen war, zu akzeptieren, was sein Schulleiter ihm als Lösung der Situation angeboten hatte.
 

Als sich Harrys smaragdgrüne Augen jedoch bitter und schmerzhaft verdunkelten, hielt es Draco nicht mehr auf seinem Platz. Dies mochte nicht der Harry sein, mit dem er seit drei Jahren zusammen war, dennoch öffnete sich das Herz des blonden Slytherins ihm ohne Bedenken. Draco spürte den Schmerz, welchen der Schwarzhaarige in sich trug, all die Qual, welche ihn belastete.

Und er konnte Harry mit dieser Pein nicht alleinlassen.
 

Leisen Schrittes ging er auf Harry zu, der ihn nicht kommen hörte, so abwesend war der Ältere inzwischen durch den Verlauf seiner Gedanken. Vor ihm angelangt, setzte sich Draco auf die Armlehne von Harrys Sessel und legte nach einem Augenblick des Zögerns sanft seine Arme um die breiten Schultern des Gryffindors. Ihn behutsam an sich heranziehend, versuchte der Slytherin Harry zu vermitteln, daß er ihm gern helfen wollte, wenn der Schwarzhaarige es zuließ.
 

Harry hingegen wurde durch die sanfte Berührung aus seinen Gedanken gerissen und blickte überrascht auf. Als er sah, wer ihn so tröstend umarmte, weiteten sich seine Augen erstaunt und er zuckte ein wenig zusammen. Es war nicht leicht, von einem Tag auf den anderen zu akzeptieren, daß der bisherige Erzfeind auf einmal derjenige war, dessen wärmende, liebevolle Umarmung Linderung für die gepeinigte Seele brachte.
 

Draco spürte, wie Harry kurz zusammenzuckte, als er seine Identität erkannte. Es gab dem Blonden einen Stich ins Herz, seinen Freund so schreckhaft ihm gegenüber zu erleben. Sein Harry war nie vor ihm zurückgeschreckt, hatte ihn nie mit so verwunderten Augen angesehen, wenn er ihn ohne Vorwarnung einfach umarmte. Stets war dann statt dessen ein Lächeln in den smaragdgrünen Tiefen aufgestrahlt, welches Dracos Herz Purzelbäume schlagen ließ.
 

Unhörbar aufseufzend lockerte Draco seine Umarmung, ließ Harry jedoch nicht los. Statt dessen sah der Slytherin dem anderen jungen Mann nur schweigend in die erstaunt blickenden Augen, welche ihn forschend betrachteten, als sähe Harry ihn zum ersten Mal.
 

Was vielleicht in gewisser Weise auch der Fall war, ging es Draco durch den Sinn. Aufgrund der Reaktionen des Gryffindors konnte er sich ausmalen, daß Harry und er in dessen Welt wohl kein Paar waren. Harrys erschrockene Reaktion dazu hatte am gestrigen Abend dies eindeutig klargemacht.
 

Dennoch hoffte der Blonde, daß sie wenigstens Freunde waren. Dies allein hatte ihn nämlich jahrelang sehr glücklich gemacht. Harry war, so lange er denken konnte, sein Freund gewesen. Sie waren durch die Verbundenheit ihrer Eltern praktisch miteinander aufgewachsen - und diese Zeit wollte Draco nicht missen.

Ein warmes Lächeln huschte über seine Züge, als er an all die Streiche dachte, welche Harry und er den Erwachsenen gespielt hatten. Auch Ron war oft mit ihnen zusammen gewesen, so daß sie den Spitznamen "Terrible Trio" verpaßt bekommen hatten, bevor sie nach Hogwarths kamen und die Tradition der Rumtreiber weiterführten.
 

All diese Erinnerungen hütete Draco wie ein Schatz, auch wenn ihn inzwischen mit dem Freund seiner Kindheitstage etwas viel Stärkeres verband - Liebe. Doch diese Liebe hatte sich auf dem soliden Gerüst einer niemals wankenden Freundschaft entwickelt.
 

Harry hatte sich inzwischen von dem Schrecken erholt, von Draco so unerwartet in den Arm genommen zu werden. Es hatte ihn überrascht, daß der Blonde anscheinend seinen Schmerz gefühlt hatte und daraufhin zu ihm gekommen war, um ihn zu trösten.
 

Nun lag nur noch Dracos Hand warm auf seinem Arm, da der Slytherin zu wissen schien, daß Harry noch etwas Abstand brauchte. Dennoch war der Kontakt durch die Berührung der schmalen Hand unglaublich tröstend für den Gryffindor.

Doch was ihn am meisten erstaunte, war das sanfte Leuchten in Dracos Augen.

Silberblaue Augen, die ihn warmherzig anlächelten und kein bißchen der haßerfüllten Kälte zeigten, die Harry von dem Blonden sonst stets erhielt. Durch die Sorge und das Mitgefühl in ihren Tiefen vermittelten sie Harry ein Gefühl der Geborgenheit.
 

Während er wie gebannt in die warmen Augen seines Gegenübers hineinsah, murmelte Harry leise und nachdenklich: "So hätte es also sein können. Ich habe immer gehofft, daß du mich eines Tages einmal so ansehen würdest...Draco."
 

Der Angesprochene war von diesen Worten irritiert und runzelte die Stirn, doch als er den ein wenig wehmütigen und tieftraurigen Ausdruck in den smaragdgrünen Augen des Schwarzhaarigen bemerkte, zuckte er innerlich zusammen. Alles zog sich in ihm zusammen, als er spürte, wieviel Schmerz in Harry verborgen lag.
 

Unwillkürlich hob er seine Hand zum Gesicht des Älteren aus und streichelte es sanft, woraufhin zuerst ein erschrockener Ausdruck über Harrys Züge flog, dieser sich jedoch kurz darauf wieder entspannte und wehmütig lächelte.
 

"Es wäre schön gewesen", seufzte Harry und blickte Draco direkt in die Augen, bevor er hinzufügte: "Und es hätte uns vielleicht so Einiges erspart."

"Was meinst du damit, Harry? Wie sollte dich Draco denn ansehen?", wollte an dieser Stelle Ron neugierig wissen, der noch immer ein wenig verwirrt über Harrys Verhalten war und nicht so ganz verstehen konnte, warum dieser so merkwürdig auf seine Familie reagierte.
 

Hermine neben ihm schüttelte leicht den Kopf über die Frage ihres Freundes, denn sie hatte im Gegensatz zu ihm schon begriffen, daß für Harry anscheinend ein freundliches Verhalten von Seiten Dracos etwas völlig Neues war. In seiner Welt waren die Beiden wohl nicht befreundet - geschweige denn ein Liebespaar.

Als Harry bemerkte, wie Hermine leicht die Augen verdrehte, weitete sich sein Lächeln und wurde instinktiv wärmer, als er schließlich seine zwei besten Freunde betrachtete.

Doch er fühlte, daß er seine Worte - zumindest Ron - erklären mußte.
 

"Es mag für dich schwer zu verstehen sein, da du es gewohnt bist, Ron, daß Draco und ich...", Harry zögerte kurz und sein Blick huschte zu Draco, der ihn schweigend beobachtete, "...Freunde sind", fuhr der Schwarzhaarige dann fort.

"Doch für mich ist das etwas völlig Ungewohntes. In...in meiner Welt...da sind er und ich Feinde. Sogar Erzfeinde. Sozusagen das Paradebeispiel für die Feindschaft zwischen unseren Häusern."
 

Harrys Blick verdunkelte sich traurig, aber auch ein wenig resigniert, während ein Schatten über sein Gesicht huschte. Dann sprach er weiter, doch es schien, als wäre er auf einmal ganz weit weg, denn sein Blick ging durch Ron hindurch, der seinen Freund ungläubig musterte.
 

"Wenn Draco und ich uns begegnen, ist das keine lustige Angelegenheit. Vielmehr ist es ein ständiger Kampf, ein andauernder Streit, der aus den nichtigsten Gründen beginnt und unerbittlich geführt wird.
 

Und wenn er mich ansieht...", Harrys Stimme wurde leiser, während sich immer mehr Resignation und Traurigkeit in seine grünen Augen schlichen, "...dann ist da nie auch nur ein Funken Freundlichkeit.

Nur Haß, eisige Kälte und Verachtung.
 

Egal, was auch geschah, dieser Ausdruck änderte sich nie, während der gesamten letzten fünf Jahre nicht - und inzwischen hatte ich die Hoffnung aufgegeben, daß einmal Wärme in seinen Augen stehen würde, wenn er mich ansieht.

Darum", hier sah Harry hinauf zu Ron, Hermine und dem Rest der Anwesenden, die mit geschocktem Gesichtsausdruck auf ihn blickten, "war es für mich so...wie soll ich sagen...überwältigend und in gewisser Weise auch erschreckend, als ich diesen Ausdruck auf einmal geschenkt bekam, den ich mir gewünscht hatte."
 

Stille herrschte nach diesem bedrückenden Geständnis, während die Anwesenden zu begreifen versuchten, wie Harrys Verhältnis in seiner Welt zu Draco aussah. Es war anscheinend doch völlig verschieden zu dem in dieser Welt.
 

Dann schlangen sich auf einmal erneut starke Arme sanft um Harrys Gestalt und zogen ihn behutsam an einem warmen Körper. Der Schwarzhaarige wurde dadurch aus seinen traurigen Gedanken gerissen und blickte auf - und direkt in lebhafte, blaue Augen hinein, die ihn freundlich musterten. Auch in ihnen lag nun Trauer, aber vor allem Mitgefühl und liebevolle Wärme.
 

"Es tut mir leid", flüsterte Draco in Harrys Ohr, während er ihn unwillkürlich noch fester an sich drückte, als könne er ihn damit vor seinen Erinnerungen beschützen. Harry hatte sich zuerst instinktiv etwas versteift, aber nun entspannte er sich und ergab sich unwillkürlich der Geborgenheit spendenden Wärme, die von dem Blonden ausging.
 

Indem er diesen ansah, erwiderte er: "Du kannst doch nichts dafür."

"Trotzdem fühle ich mich schuldig. Schließlich ist es mein anderes Ich, das auf diese Weise mit dir umgeht, Harry. Es tut mir einfach weh, wenn ich mir vorstelle, daß ich - wenn auch in einer anderen Welt - der Grund dafür bin, daß es dir schlecht geht", kam die schuldbewußte Antwort des Jüngeren.
 

Nach diesen Worten wurde der Ausdruck in Harrys smaragdgrünen Augen wärmer und er lehnte sich für ein paar Augenblicke vertrauensvoll in die warme Umarmung des Slytherins, bevor er meinte: "Ich habe es überlebt, Draco."
 

Es wunderte Harry für einen Moment, wie rasch er es akzeptierte, daß der Junge, mit dem er seit immerhin über fünf Jahren verfeindet war, in dieser Welt abgesehen von Ron und Hermine sein bester Freund war.

War es, weil er sich tief in seinem Inneren stets gewünscht hatte, Freundschaft mit Draco zu schließen? Oder sehnte er sich inzwischen so sehr nach freundlichen Worten, so daß es ihm egal war, daß sie von seinem (angeblichen) Erzfeind kamen?
 

An dieser Stelle meldete sich Sirius zu Wort, der bis jetzt geschwiegen und Harry beobachtet hatte.

Es schmerzte ihn bis ins Innerste, den jungen Mann, den er als normalerweise so fröhlich - vor allem, seit Voldemort für immer besiegt war - und manchmal sogar ausgelassen kannte, nun so völlig anders vor sich zu sehen.
 

Der Schwarzhaarige spürte ebenso wie Draco die Pein in Harrys Seele, sah die tiefen Schatten in den sonst so strahlendgrünen Augen, welche Sirius deutlich machten, daß dieser Harry kein leichtes Leben hatte. Und wenn er die Reaktionen des jungen Mannes richtig deutete, waren in seiner Welt weder Severus sein Vater noch die Malfoys in irgendeiner Weise mit ihm auf liebevolle Art verbunden. Dies wiederum bedeutete, Harry hatte auch weder Pateneltern noch einen Liebsten, der ihm zur Seite stand.
 

Es schien fast, als hätte der Gryffindor nur Ron und Hermine. Und ihn.

Dies war nicht viel, stellte man es der Situation gegenüber, welche sein Harry Tag für Tag erlebte. Liebevolle Pateneltern, einen süßen Freund und Eltern, die ihm praktisch zu Füßen lagen, so sehr liebten sie ihn. Doch Sirius war es schon immer leichtgefallen, Harry zu lieben. Seit der Minute, in der ihm James Harry das erste Mal als kaum dreiwöchiges Baby in den Arm gelegt hatte, war er dem jüngeren Gryffindor mit ganzer Seele verfallen gewesen.
 

Die klaren smaragdgrünen Augen hatten ihn so neugierig und voller Unschuld angeblickt, daß Sirius sein Herz sofort an dieses Baby verlor - nicht ahnend, daß er ihn einmal seinen Sohn würde nennen dürfen.
 

Die Umstände, die dazu führten, waren schrecklich gewesen, doch Sirius hatte mit Severus' Hilfe alles dafür getan, daß Harry glücklich aufwuchs. Er sollte erwachsen werden wie jeder andere Teenager auch, begrenzt in dieser Normalität natürlich durch Voldemorts Präsenz. Dennoch aber glücklich.
 

Als Sirius nun aber in die smaragdgrünen Augen dieses Ebenbilds seines Sohnes sah, konnte er dort nicht die Unschuld sehen, welche ihn an dem Baby so bezaubert hatte. Statt dessen standen dort eine über sein Alter weit hinausgehende Weisheit, gepaart mit tiefem Schmerz und Einsamkeit geschrieben.
 

Und eine Hoffnungslosigkeit, welche Sirius' Herz wie mit Eisenbändern zusammenzog, als er sie erblickte. Was war nur mit dem fröhlichen Jungen geschehen, der ihn mit glücklich leuchtenden Augen ansah und ,Dad' zu ihm sagte? Der ihn und Sev mit Geschichten der Abenteuer unterhielt, welche Draco, Ron und er gemeinsam erlebt hatten? Wo war der junge Mann, der stolz und stark hochaufgerichtet in den Kampf gegen Voldemort gezogen war, um seine Familie und die gesamte Magierwelt zu beschützen?
 

Konnte er auch das unschuldige Kind nicht mehr in Harry finden, so sah Sirius doch deutlich Teile des jungen Mannes seines Erinnerung in dem Grün der traurig, aber trotzdem auch unbeugsam blickenden Augen. Der Schwarzhaarige spürte, daß Harry ein Kämpfer war. Gleichzeitig schien er jedoch schon viel Schmerz in seinem jungen Leben erfahren zu haben - etwas, wovor Sirius ihn immer hatte bewahren wollen. Die vielen verschiedenen, manchmal fast konträren Emotionen in Harrys seelenvollen Augen ließen Sirius innerlich erzittern, voller Mitgefühl für den jungen Mann, den er seinen Sohn nannte und liebte mit jeder Faser seines Herzens.
 

Severus an seiner Seite fühlte ebenso. Auch er war zutiefst geschockt von dem, was Harry mit seiner kurzen Episode über sein Verhältnis zu Draco in seiner Welt noch ausgedrückt hatte. Wenn weder er - Severus - sein Vater war noch Draco sein Freund, dann bedeutete dies, daß Harry wenig Glück erfahren hatte in familiärer Hinsicht.
 

Severus wollte gar nicht darüber nachdenken, was vielleicht zwischen Harry und ihm in dessen Welt vorgefallen war, um die Reaktion des Schwarzhaarigen vom vorigen Abend ihm gegenüber auszulösen. Schon die Erinnerung daran ließ Severus' Herz schmerzen. Doch jetzt war nicht die Zeit, über seinen Gefühlen zu brüten und sich womöglich Horrorszenarios auszumalen, entschloß sich der Hauslehrer Slytherins.
 

Vielmehr war es an der Zeit, daß sie erfuhren, wie die Wirklichkeit in Harrys Welt aussah.
 

Vielleicht war es gar nicht so schlimm.
 

Doch Severus spürte tief in seinem Herzen, daß er sich damit an einen Strohhalm klammerte.
 

Die Wahrheit würde schlimm sein.
 

Er legte er seine Hand auf Sirius' Arm, welcher sofort die Seine darüber legte und sich damit instinktiv an Severus' liebevolle Unterstützung klammerte. Danach holte Severus unhörbar Atem für die Frage, welche, wie er in einer Art Vorahnung plötzlich wußte, eine Antwort mit sich bringen würde, die ihm nicht gefallen würde.
 

"Harry?", wandte er sich dennoch an den schwarzhaarigen Gryffindor.

Der Angesprochene fuhr aus seinen eigenen Gedanken auf und blinzelte Severus für eine Sekunde verwirrt an. Doch er fing sich rasch wieder und neigte fragend den Kopf, während er Severus aus seinen tiefgrünen Augen musterte.
 

"Würdest du uns mehr von deiner Welt erzählen?", fragte der ältere Mann. "Ich weiß nicht, wie es den Anderen hier ergeht, doch ich möchte gern mehr von dir wissen.

Es ist schwierig, die großen Veränderungen, die du seit gestern durchgemacht hast, zu verstehen und zu akzeptieren", fuhr Severus erklärend fort. "Doch ich denke, wenn wir mehr über deine Realität wissen, wird es uns leichter fallen, dich von dem Harry zu unterscheiden, den wir seit seiner Geburt kannten."
 

Die Malfoys, welche bis jetzt geschwiegen hatten, nickten zustimmend. Auch Sirius machte seine volle Zustimmung deutlich und selbst in Dumbledores Augen blitzte es unübersehbar neugierig. Ron, Hermine und Draco hingegen schwankten zwischen Neugier und dem instinktiven Bedürfnis, Harry vor seinen offensichtlich unschönen Erinnerungen zu bewahren.
 

Die drei waren mit Harry so eng befreundet, daß sie seine Gefühle oftmals spüren konnten, als wären es ihre eigenen. Und so brauchten die frei Jugendlichen eigentlich gar nicht in Harry Gesicht zu schauen, um zu wissen, wie es dort arbeitete, als der Gryffindor zu entscheiden versuchte, ob er Severus' Bitte nachkommen sollte.
 

Zuerst hatte er sich in unwillkürlicher Abwehr versteift, doch er fühlte die ehrliche Anteilnahme und die Besorgnis in Severus' Worten. Daher - und weil die Anwesenden seiner Meinung nach ihrerseits ebenfalls ein Recht auf eine Erklärung hatten, brachte Harry schließlich seine durcheinandertobenden Gefühle mit Macht wieder unter Kontrolle.
 

Severus bestätigend zunickend, meinte der Schwarzhaarige dann: "Ich werde von meiner Welt erzählen, doch es wird euch nicht gefallen. Ganz und gar nicht..."

Besorgte Augenpaare richteten sich nach dieser leisen Warnung auf Harry, doch diesen hielt es nicht mehr in seinem Sessel.

Der Gryffindor trat an das Erkerfenster und lehnte seine Stirn an den kühlen Fels dort, um seine Gedanken zu sammeln. Für einige Minuten herrschte Stille im Büro des Schulleiters, als die Anwesenden Harry die nötige Zeit gaben, sich für seinen Bericht vorzubereiten.
 

Schließlich straffte der Gryffindor sichtlich seine Schultern und drehte sich wieder herum. Seine Augen blickten klar, offenbarten jedoch seine Gefühle nicht mehr, als er langsam mit seiner Erzählung begann.
 

Danke für all die netten Kommis - macht bitte weiter so!

CU, Antalya



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Kommentare zu diesem Kapitel (4)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von: abgemeldet
2004-09-07T07:37:14+00:00 07.09.2004 09:37
Ich lesse die Geschichte auf FanFiction.net und finde sie sehr gut!
Von: abgemeldet
2004-09-01T20:50:43+00:00 01.09.2004 22:50
jupp, schreib büdde schnell weiter, deine story is super klasse und ich will ganz unbedingt wissen wie die andern auf seine geschichte reagieren...*neugierig is*
susui
Von:  blue_Celestit
2004-08-31T14:02:46+00:00 31.08.2004 16:02
Hey!!
bin grad über die story gestollpert und habs sie jetzt durch!!
ich muss sagen die story war mir schon sympatisch als ich die laaaaaanngen pitel gesehen habe*findet-kapitel-können-garnicht-lang-genugsein* und dann noch die idee und story-line...einfach toll!!! am anfang hab ich ja gedacht"häää?? was geht jetzt ab???" aber mit der zeit...wie gesagt einfach nur tooooolll!!!!
also schnell weiter schreiben, sonst seh ich mich gezwungen und muss ne "Morddrohung"^^ aussprechen!!!
*fühl-dich-geknuddel*
K-K =^.^=
Von:  Black-cat
2004-08-30T15:04:49+00:00 30.08.2004 17:04
Hi! ^.^
*schnief* eine Wunderschöne Story! Hoffe es geht bald weiter ich bin nämlich ganz gespannt wie die anderen auf Harrys geschichte reagieren! (vor allem Snape und Sirius)

grüßle
Black-cat ^_____^


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