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Under these Scars

Teil Vier der BtB Serie
von

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A promise

Lass mich dich finden.

 

Eine halbe Stunde nach seinem Aufbruch wichen die Bambushaine einem vom Dschungel erstickten Wald. Lanzen aus Sonnenlicht stachen sich in dünnen, goldenen Strahlen durch die dichten Baumkronen und durchdrangen die tintige Dunkelheit des Waldbodens. 

 

Neji lief über die gigantischen Luftwurzeln wie über Brücken. 

 

Die Wildnis umgab Kusagakure wie ein Gürtel. Eine beschützende Wildnis, die keine Narren duldete und auch keine Gefangenen machte. Schädel und sonnengebleichte Knochen lagen offen da. Das tiefe, kehlige Jaulen einer Dschungelkatze erscholl dicht hinter ihm und veranlasste Nejis Byakugan zu einem raschen Rundumblick. 

 

Ein gefleckter Jaguar. 

 

Kraftvoll, tödlich, wunderschön und auf leisen Pfoten durch die Bäume streifend. 

 

Neji ignorierte ihn, konzentrierte sich auf das, was vor ihm lag. 

 

Gleich da.

 

Die immense Erleichterung darüber, dass sich Shikamaru sicher außerhalb der Wälle von Kusagakure befand, hatte es nicht geschafft, den Konflikt aufzulösen, den darüber verspürte, in diese Situation gezwungen worden zu sein – diese zweite Haut hing wie ein Kettenhemd an ihm und die dazugehörigen, harten Eisenplatten waren wie an Ort und Stelle festgefroren. 

 

Du wusstest, dass es hierzu kommen konnte. Also tu, was getan werden muss.

 

Das hatte er bereits. 

 

Nogusas Bedingungen waren absolut. 

 

Und in diesem Fall sogar ein Vorteil.

 

Neji drängte sich durch einen Teppich aus Schlingpflanzen und umrundete das Ufer einer kleinen Kaskade mit Wasser, das so klar war, dass die Ströme grün auf den moosigen Steinen schimmerten. Ein dünner Nebenarm zweigte sich von dem felsigen Becken ab und glitt als Bach durch die Bäume. Er floss durch eine kleine Lichtung, die von Sonnenlicht und Schatten befleckt war. 

 

Und hier fand Neji ihn. 

 

„Shikamaru.“

 

Neben dem gurgelnden Strom kauernd gab der Schattenninja keine Antwort. 

 

Energisch verhärtete Neji das Eis um sein Herz, als er sich wachsam näherte und am Rande der Lichtung stehen blieb. Die Venen seines Byakugan spannten sich an, als er aufmerksam Shikamarus Tenketsu scannte. Die Chakrapfade standen in Flammen und das üblicherweise blauweiße Glühen war von einem tiefen, tiefen Rot durchzogen. Weit instabiler als jede Störung, die Neji jemals zuvor gesehen hatte. 

 

Er würde hier sehr, sehr vorsichtig vorgehen müssen. 

 

Als er etwas umhersah, bemerkte er, dass Shikamaru seine Flakjacke zusammen mit seinen Sandalen zur Seite geworfen hatte. Der Rest der Kleidung des Nara klebte an seinem Körper, als wäre er in ein Tauchbecken gesprungen. Er war tropfnass, seine Muskeln unter dem engen Stoff bis zum Zerreißen straff gezogen. 

 

Scheiße. Hatte er schon wieder einen hyperthermalen Anfall?

 

Seine Haut wies keine Rötung auf, schien eher wächsern blass zu sein. Er zitterte. Ein feines Beben in seinen Armen und Beinen, die Finger krampfhaft um seine Schenkel gekrallt. Aber es waren seine Augen, die Neji am meisten Sorgen bereiteten; geistlos und ohne ein einziges Mal zu blinzeln stierten sie ohne irgendeinen Fokus hinunter auf das Wasser.

 

Vorsichtig trat Neji weiter nach vorn und versuchte es noch einmal: „Shikamaru.“

 

Ein Verkrampfen entlang dieser scharf geschnittenen Schultern, eine fast schon tierhafte Reaktion. Und dann sah Shikamaru auf und seine Augen richteten sich auf Neji wie bei einem Hirsch, der ein Raubtier witterte, die Schenkel angespannt und jeder Muskel darauf vorbereitet, die Flucht zu ergreifen. 

 

Verängstigt. 

 

Sofort hielt Neji inne und zeigte seine leeren Hände, indem er seine Handflächen nach außen streckte. „Alles gut.“

 

Ein kurzes Weiten dieser dunklen Siennaaugen und Shikamaru hauchte ein zerfetztes Lachen, seine Stimme zitterte heiser und leise. „Es ist alles so weit weg von ‚alles gut‘, Neji…es ist nicht…mir tut es nicht…“

 

„Egal, was es ist, egal, was es nicht ist, wir werden es wieder richten“, sagte Neji, während er den Abstand aufrecht erhielt und sich gleichzeitig überlegte, wie er ihn schließen könnte. „Wir werden es wieder richten, Shikamaru.“

 

„Es war schon gerichtet…gerichtet und erledigt“, raunte Shikamaru mit zuckender Miene. „Es war von Anfang an erledigt. Erledigt von der ersten verdammten Sekunde an, als diese Chimären auf unserer Türschwelle gelandet sind.“

 

„Wovon redest du?“ 

 

„Die Kids…“ Ein Schluckauf in der Stimme. „Ich hätte es damals wissen müssen. Genau in der Sekunde, als ich sie gesehen habe. Wir müssen sie finden. Sie sind nicht sicher. Wenn ich mich nur früher erinnert hätte, dann hätte ich es aufhalten können.“

 

„Was aufhalten?“

 

Hier stand Shikamaru auf und eine Chamäleonveränderung fand statt. Es passierte so schnell, das Neji den rapiden Wechsel von Lähmung zu Aktion nur bestaunen konnte. Aber seine Bewegungen waren nicht unter Kontrolle; sie waren ruckartig, taumelnd, als würde er in verschiedene Richtungen gezogen werden. 

 

Mit wachsender Sorge beobachtete Neji ihn, aber seine Stimme bellte kalt: „Was aufhalten, Shikamaru?“

 

„Was ich dachte, vor zwei Jahren aufgehalten zu haben.“

 

Das machte in etwa so viel Sinn wie alles bisherige. Wachsam bewegte sich Neji seitwärts, hielt sich im Blickfeld, aber nicht direkt frontal. „Hat das irgendwas mit den Nachrichten zu tun, die du überall in dein Gästezimmer geschrieben hast?“

 

Die Frage ließ Shikamaru innehalten, aber nur für eine winzige Sekunde. Abwesend nickte er, drehte einen lockeren Kreis und schien für einen Moment zu sich selbst zu murmeln, bevor er zu seiner Flakjacke und seinen Schuhen stakte und seine Füße in die Sandalen stieß. „Damals konnte ich die Verbindungen nicht ziehen. Aber jetzt sehe ich sie. Ich wollte sie nicht sehen…aber es stimmt…es war nie zu Ende. Wir sind immer noch im Mittelspiel festgehangen. Die Chimären. Die Mission. Alles.“

 

„Shikamaru. Die Mission ist vorbei.“ Das ließ den Schattenninja schlagartig anhalten.

 

Rot leckte über seine Tenketsu; so scharlachrot, dass es schon fast schwarz war. 

 

Sein Kopf schnellte nach oben und seine Augen zogen sich auf Neji gerichtet zu Schlitzen zusammen. „Hast du gehört, was ich gerade gesagt habe?“

 

„Ich höre dich.“

 

„Nein, du hörst mich nicht“, knurrte Shikamaru mit scharf werdenden Augen und dunkel werdendem Chakra. „Es ist nicht vorbei. Es war nie vorbei. Diese Sache hier ist größer als die Aikoku, Neji. Das ist gar nichts. Das ist Bullshit.Diese ganze Sache war ein Spiel. Sein Spiel. Er spielt immer noch. Und vielleicht habe ich niemals aufgehört.“

 

Nejis Verstand raste wie ein Windrad, als er sich abmühte, irgendeinen narrativen Faden zu finden und gleichzeitig Shikamarus Chakra zu folgen. Der Hyūga hegte überhaupt keinen Zweifel, dass irgendwo in Shikamarus Worten eine logische Erklärung begraben lag, aber was auch immer in Shikamarus Geist vor sich ging, was auch immer ihn dazu brachte, sich so zu verhalten, die Grenzen von Kusagakure waren nicht der Ort, um diese Unterhaltung zu führen oder diese Konfrontation auszutragen, die mit Sicherheit folgen würde. 

 

Er konnte nicht Hyūga Neji und Shirataka zur selben Zeit sein. 

 

Ich habe gesagt, dass ich dich finden würde…selbst wenn ich durch deine Schatten gehen müsste, um dich zu erwischen. 

 

Und hier war er, im Dunkeln stehend…unfähig, nach ihm zu greifen, ohne dabei seine Mission zu riskieren. 

 

Sichere ihn erstmal. Rette ihn später.

 

Sein Schweigen verurteilte ihn. 

 

„Du glaubst mir nicht“, sagte Shikamaru plötzlich, beinahe wie ein Darlegen von Tatsache. Er schien weder überrascht, noch bekümmert davon zu sein. 

 

Und das beunruhigte Neji mehr als diese nervösen Blicke und rastlosen Bewegungen. „Shikamaru, du benimmst dich nicht rational. Wie kannst du da von mir erwarten, zu glauben, dass du rational denkst?“

 

Für einen langen, regungslosen Moment starrte Shikamaru ihn an. Lange genug, damit Neji realisierte, dass der Schattenninja aufgehört hatte zu atmen. Seine Tenketsu flackerten, aber sein Körper bewegte sich nicht. Und dann bogen sich seine Lippen in einem bitteren, höhnischen Feixen. „War ja klar, dass du mir meine Lügen vohältst, wenn ich dir die Wahrheit sage. Du hast echt Nerven, mich über irrationales Verhalten zu belehren, nach dem Scheiß, den du in der Vergangenheit abgezogen hast.“

 

„Unsere Geschichte wird dir hier nicht helfen, Shikamaru“, erwiderte Neji mit gesenkter Stimme, als er bedacht die Hanegakure-Falle umging, in der ihn dieser Worte fangen wollten. Doch er war gegen diese persönlichen Angriffe gewappnet. „Ich habe dir jetzt schon zweimal den Vorteil des Zweifels gelassen. Beide Male hast du dieses Vertrauen verwirkt. Was für Lügen hast du Sai erzählt, um ihn dazu zu bringen, dir zu folgen? Dir zu vertrauen? Du hast deinen Kameraden in ein Kriegsgebiet geführt, das du erschaffen hast. Du hast ihn für das wie auch immer geartete Spiel manipuliert, das du aus dieser Sache gemacht hast.“

 

„Reden wir hier über Sai, oder über dich?“

 

Grausam, gezielt. Neji wich diesem verbalen Dolch aus und seine Stimme nahm den harschen Frost seiner Miene an. „Ich weiß nicht, was zur Hölle mit dir los ist, Nara. Was für eine Vergangenheit du mit diesem Ort hast. Was für einen Schmerz du hier erleiden musstest, als du vor zwei Jah-“

 

Shikamaru schnellte herum, sein Finger ausgestreckt wie eine Klinge. „Wenn du diesen Satz beendest, werde ich dir das niemals verzeihen. Hier geht es nicht um meinen Schmerz.“

 

„Dann bitte, erkläre es mir.“

 

„Nein. Ich werde mich nicht mit dir dorthin begeben.“

 

Es war nicht das erste Mal, dass Shikamaru diese Worte ausspie. Nur wurden sie diesmal nicht von Furcht angetrieben. Diesmal war das Gift hinter ihnen weit schwärzer als alles, was diese Worte jemals zuvor durchzogen hatte. 

 

Und innerhalb eines Herzschlages war Neji zurück in diesem Augenblick. 

 

Zurück in dieser Erinnerung. 

 

Zurück im Zimmer des Schattenninjas, als er Shikamaru mit der Absicht, ihm weh zu tun, ihn zu verletzen, unter sich festgepinnt und sein eigenes Gift, seinen eigenen Zorn verspritzt hatte. 

 

‚Du bist nicht der Einzige, der Narben aufreißen kann.‘

 

‚Geh runter von mir.‘

 

‚Du hast gesagt, niemand hätte dich jemals so gesehen und so berührt, wie ich es getan habe. War das eine weitere Lüge, Nara.‘

 

‚Geh. Runter. Von. Mir.‘

 

‚War es das? Ich glaube ja, dass mir da jemand anderes zuvor gekommen ist.‘

 

‚Ich werde mich nicht mit dir dorthin begeben.‘

 

‚Wer war es? Wem hast diese Kontrolle über dich gegeben, Shikamaru?‘

 

‚Kontrolle…bei dir geht es immer wieder nur darum, oder?‘

 

Gott, wenn das nur wahr wäre. Wenn es so wäre, dann hätte es Neji viel besser fertig gebracht, seine Reaktionen zu kontrollieren und immun zu bleiben gegen diese Eingeweide verkrampfende Besorgnis und den ungezügelten Zorn, den diese alten Worte auslösten. 

 

‚Sein Spiel. Er spielt immer noch. Und vielleicht habe ich niemals aufgehört.‘

 

Kami. War dieser ‚Er‘ die Person, von der Neji Shikamaru so blindwütig beschuldigt hatte, ihm die Kontrolle über sich zu geben? Waren in dieser Nacht Nejis skrupellose Worte darüber, zu einem Kompromiss gezwungen zu werden, dazu gezwungen zu werden, sich zu fügen, weit mehr gewesen als seine eigene, bittere Projektion?

 

Du kennst die Antwort darauf…du hast es schon immer gewusst. 

 

Er hatte nur niemals hinsehen wollen. Er hatte Shikamaru nie dazu gedrängt, sich an diesen Ort zu begeben…da er sich nicht sicher gewesen war, ob er selbst mit der Wahrheit irgendwie besser umgehen konnte, als der Schattenninja…und dennoch war er hier, hielt es Shikamaru vor und forderte ihn auf, sich dorthin zu begeben. 

 

Du Narr. 

 

Trotz all des Eises, das sein Herz umgab; er könnte niemals dem gegenüber gleichgültig bleiben, was auch immer Shikamaru zugestoßen war. Und er kümmerte sich nicht darum, zu erforschen oder sich vorzustellen, was das über ihn als ANBU Kandidaten aussagte. 

 

Nicht. Tu das nicht jetzt.

 

Jetzt im Moment brauchte er Abstand. Fokus. Er konnte die Lügen besser ertragen als die Wahrheit. Außerdem war er im Moment eine lebende Lüge, nicht wahr? Hier, hinter seinen undurchdringlichen Wänden innerhalb von Wänden stehend und vorgebend, dass der Gedanke an Shikamarus Vergangenheit nicht diese Wand erklomm und drohte, die Wälle zu überrennen. 

 

Mission. Mission. 

 

Energisch trat Neji von dem explosiven Gebiet weg, das die Vergangenheit des Nara war und zog ein Stück den Kopf nach hinten, um Shikamarus Zorn mit einem Sinn von Ruhe zu begegnen, der so kalt und überzeugend war, dass er es sich sogar beinahe selbst abkaufte. „Egal, was deine Motive und Intentionen sind, ich kann und ich werde nicht zulassen, dass sie das in Gefahr bringen, weswegen wir hierher gekommen sind. Das sind nicht meine Wünsche. Es sind meine Befehle. Und ich befehle dir, dich zurückzuhalten.“

 

Während Shikamaru nach seiner Flakjacke griff, stieß er ein spottendes Schnauben aus. „Nette Ansprache, Hyūga. Aber das letzte Mal, als ich den Befehlen meines Taichous statt meinen Instinkten gefolgt bin, ist es nicht besonders gut ausgegangen – für ihn.“

 

Ein Stolperdraht. Neji bewegte sich darauf, auf dieser dünnsten aller Linien und sagte sanft: „Asuma hat seine Pflicht getan, Shikamaru. Er hat dich beschützt.“

 

Der Schattenninja taumelte. In seiner Atmung, in seinem Körper; ein Flattern durch die Pfade seines Chakras; Finger zitterten, bevor er sich seine Flakjacke in einem angespannten Griff schnappte. „Jo, er hat seine Pflicht getan. Genau wie dein Vater, richtig?“ Er hob den Blick und verzog dabei spöttisch das Gesicht. „Oh, warte. Nein. Er hat ja deinen Onkel beschützt, nicht dich.“

 

Nejis Kiefer verkrampfte sich bei diesen Worten, und die Konturen seines Körpers zogen sich mit Kontrolle straff. Die Maske hielt. Die Wände blieben stehen. Und die Zahnräder drehten sich tödlich langsam. „Und was motiviert dich, Nara? Erzähl mir nicht, dass es deine Instinkte sind, denn die waren niemals so rücksichtslos und leichtsinnig. Es liegt nicht in deiner Natur.“

 

Shikamarus Tenketsu loderten schwarz um sein Herz herum auf und seine Augen wurden schlagartig kalt und flach. „Was zur Hölle weißt du denn schon über meine Natur?

 

Die Säure, die sich in diese Worte ätzte, überraschte Neji. Aber er wollte verdammt sein, wenn er das auch zeigte. Sein Gesicht bleib unbeirrt und seine weißen Augen wurden frostig. „Ich weiß genug, um sagen zu können, dass du nicht die Art Mensch bist, die Kameraden oder die Mission in Gefahr bringt. Hast du überhaupt daran gedacht auch mal zu überlegen, was deine Taten entfesseln würden – oder in diesem Fall eher, drohen rückgängig zu machen? Das Bankon Konzil will Blut und Nogusas Gnade ist das einzige, was-“

 

„Seine Gnade? Wirklich? Bist du dir da sicher?“

 

Nein. Aber auch hier wollte er verdammt sein, wenn er das zeigte. Nejis Augen wurden schärfer und die Venen des Byakugans traten hervor wie eisige Drähte. „Was du getan hast. Was du gemacht hast. Es hat alles kompromittiert.“ Und wie viel dieses alles einschloss, würde Shikamaru niemals wissen und Neji konnte es niemals sagen. „Ich mag vielleicht nicht das Recht haben, deine Motive zu verurteilen, aber ich werde deine Züge verurteilen. Das ist mein einziges Recht. Das ist meine Rolle.“

 

„Deine Rolle?“ Shikamarus Gesicht verhärtete sich, aber seine Augen verrieten ihn. Da war das leichteste Aufflackern von Verletztheit und kummervollem Schmerz, das sich durch den Zorn drängte. „Ist das dein einziger Grund, aus dem du hierher gekommen bist?“

 

Nejis Herz zog sich qualvoll innerhalb der eisigen Wände zusammen, aber er blieb hart und unnachgiebig, begegnete Shikamarus Starren mit seinem eigenen. „Ja“, log er. 

 

Ein weiteres Flackern verletzter Emotionen in Shikamarus Augen und dann wurde dieser Schmerz vollständig aus ihnen gesogen. Die dunklen Seen blieben abgeschirmt und unlesbar zurück. Dann lächelte er. Und es war ein kaltes Lächeln. „Ah, genau das, was er hören musste.“

 

Er?

 

Neji blinzelte, völlig aus der Bahn geworfen von diesem unerwarteten Pronomen und sein Kopf legte sich verwirrt schief. 

 

„Es war ein opfernder Zug, Sai den Nagu auszuliefern“, sagte Shikamaru, als er mit einer Gelassenheit und Beiläufigkeit in die Flakjacke schlüpfte, die so überhaupt nicht zu den Emotionen passten, die er nur Sekunden zuvor gezeigt hatte. In einem lässigen Achselzucken rollte er mit den Schultern. „Aber ich war derjenige, der vorausgesehen hat, dass du damit fertig werden würdest. Es ausbügeln und versuchen, es zu kontrollieren. Und das hast du getan. Das tust du immer.“

 

Neji blinzelte völlig perplex, fühlte sich, als wäre in der Spanne von ein paar wenigen Minuten drei extrem unterschiedlichen Kreaturen begegnet. Fort war der weitäugige Hirsch, der jeden Moment panisch losstürzen wollte. Fort war das scharfzüngige Chamäleon, das sich zu verstecken versuchte. Jetzt war da ein ganz anderes Tier, das hinter den Schatten in Shikamarus Augen schlich…nicht wirklich sichtbar, aber auch nicht wirklich verborgen.

 

Es bewegte sich ins Sichtfeld hinein und wieder hinaus…in die Schatten und wieder hinaus…

 

Spielerisch…

 

Raubtierhaft…

 

Shikamaru lachte leise und tief mit einem düsteren, kratzenden Klang. „Ich denke immer und du handelst immer. Und hier bist du und tust exakt das, was ich erwartet habe. So verfickt vorhersehbar. Ich habe darauf gezählt.“

 

Diese Worte trafen Neji wie ein heftiger Tritt gegen das Brustbein, prügelten fast sämtliche Luft aus seinen Lungen. Es war nicht Schock und es war auch nicht wirklich Überraschung. Weiße Augen schlossen sich kurz und er atmete langsam ein, bevor er wieder seinen Blick hob, um diesem halb erhaschten Tier direkt ins Auge zu sehen, seine Stimme täuschend weich. „Du hast mich ausgespielt.“

 

Shikamarus Lippen zuckten in einem Feixen. „Größte Schwäche, erinnerst du dich? Du machst es so verfickt einfach, Hyūga.“

 

Was als nächstes passierte, passierte rasend schnell. 

 

Eine gezackte Klinge aus schimmerndem, kaltem Metall erschien in Shikamarus Handfläche. 

 

Seine Hand war nichts weiter als ein verschwommener Schatten. 

 

Er war schnell. 

 

Aber Neji war schneller.

 

Ihre Handgelenke krachten aufeinander und verschlossen sich mit ächzenden Knochen. Nur eine Haaresbreite von Nejis Gesicht entfernt hielt die Klinge inne – und dann flammte sie mit blauweißem Chakra auf und die gezackte Schneide riss einen sauberen Schnitt durch die straffe Haut seines Wangenknochens. 

 

Ein vertrautes Grabenmesser. 

 

Asumas…

 

Nejis Augen flogen weit auf und Eis stürzte durch seine Venen. 

 

Er zögerte, versteifte sich. 

 

Grinsend stieß sich Shikamaru von Nejis starrem Schenkel ab und ließ sein Knie in die Rippen des Hyūga donnern. Der Schlag schleuderte Neji zur Seite und er rollte in dem Schwung mit, um wieder auf die Füße zu kommen, bereit für einen Sprung. Er hörte ein leises Klick unter dem toten Laub am Waldboden, gefolgt von dem Pfeifen und Zischen von Drähten. 

 

Falle. 

 

„KAITEN!“

 

Jenseits des Rauschens von wirbelndem Chakra hörte Neji das Schnappen und Reißen von Drähten, gefolgt von dem Flattern und BANG von Explosionssiegeln, die an seinem Chakraschild detonierten. Boom für Boom für Boom. Shikamaru prügelte mit jedem Distanz-Ninjawerkzeug auf ihn ein, das ihm zur Verfügung stand. 

 

Natürlich. Er weiß es auch besser, als mich mit Nahkampfattacken anzugreifen…

 

Wie erwartet hatte Shikamaru das alles wie ein Spiel aufgebaut. Hatte wahrscheinlich extra diesen Platz mit einem Wasserfall an einer Seite ausgewählt. Wegen des doppelten Vorteils einer engen Einkreisung und adäquaten Schallschutzes. Und dazu kam noch, dass er genug Sonnenlicht hatte, genug Schatten. Und jetzt startete er einen Angriff, der rein auf Zermürbung ausgelegt war und Neji dazu zwang, sehr viel Chakra mit seinem Kaiten zu verschwenden. 

 

Er zwingt mich in die Defensive…

 

Weise Wahl. Aber es würde ihn nicht retten. Hier konnte Shikamaru nicht gewinnen. Und es hatte überhaupt nichts mit der Strategie zu tun, die er ins Rollen gebracht hatte. Höchstwahrscheinlich war sie makellos. Skrupellos. Dazu gedacht, Neji in die Knie zu zwingen…nur hatte Shikamaru etwas essentielles nicht gewusst…

 

Ich war bereits auf meinen Knien, Nara. 

 

Und da er das nur zu gut über sich selbst wusste, war Neji vorbereitet gekommen, hatte seine eigenen Requisiten mit auf die Bühne gebracht. 

 

Jeden Moment…

 

Und tatsächlich passierte es. Schnell und geräuschlos. Genau so, wie es sich Neji vorgestellt hatte. Die Detonationen gegen seine Chakrakuppel hörten auf und die Attacken endeten. Er hörte den flüchtigsten Ton einer fassungslosen Stille, bevor sich Shikamarus Schrei in einem animalischen Brüllen erhob. 

 

Dieser Klang schnitt sich bis in Nejis Innerstes und prallte von dem Eis um seinem Herzen ab…

 

Ließ einen tiefen Riss zurück…

 

Es ist vorbei. 

 

Neji ließ seine Drehung mit scharrenden Fersen anhalten, als er in der Mitte des Kraters zum Stehen kam, der von seinem Jutsu erschaffen worden war. Leicht keuchend hob er den Kopf und dann erst seine Augen; sah sechs Nagu Wächter in einem Ring um den Schattenninja stehen. Shikamaru war auf den Knien, gelähmt von dem chakraunterdrückenden Zirkel der Nagu und von einem riesigen, gefleckten Jaguar an Ort und Stelle gehalten, der sich über seinen gebeugten Rücken kauerte und die Kiefer in einem nicht tödlichen, aber dennoch bedrohlichen Griff um seinen Nacken geschlossen hatte. 

 

Neji erkannte das Tier als Suis Ninhyou.

 

Der Ninjajaguar, der ihm gefolgt war und die Nagu hinter ihm geführt hatte. Sui stand im Ring der Nagu, ihre goldenen Katzenaugen auf Shikamaru gerichtet und ihre Finger in einem Zeichen gekrümmt. 

 

Eine Stimme erscholl hinter Neji. „Bist du dir sicher, dass du tun kannst, was erforderlich ist?“

 

Neji wandte sich um, als Katsu näher trat und beobachtete, wie dieses Echsenauge wachsam über Shikamaru wanderte. Dann nickte er in Verstehen und Zustimmung. Es war besser, wenn das durch seine Hand getan wurde, als Shikamaru zu einem Aufenthalt im Blutgefängnis zu verurteilen. „Ich werde Nogusa-samas Konditionen ehren. Du hast mein Wort.“

 

Katsu suchte nach einem Zögern. Fand aber nichts und trat zur Seite. 

 

Die Nagu hatten ihren Teil erfüllt. 

 

Zeit, den meinen zu erfüllen.

 

In seiner Rolle verwurzelt, näherte sich Neji Shikamaru mit langen, steten Schritten, während Chakra zusammen mit dem Bewusstsein durch ihn flutete, dass er das schon vor Tagen hätte tun sollen. Und der Preis seines Zögerns war dieser Augenblick. 

 

Ich bezahle immer den Preis…

 

Und jetzt würde er den Part spielen, denn Fehler konnten und würden nicht toleriert werden; er hatte bereits viel zu viele gemacht. Das hier war der Akt der Erlösung. Der Fall des Vorhangs. Und falls Tsuno zusah – was Neji stark vermutete – dann würde er seinem ANBU Kommandanten das Ende geben, das er erwartete. 

 

„Gut gespielt, Hyūga“, knurrte Shikamaru, als sich seine dunklen Augen mit einer Schwärze Neji zuwandten, die zu seinen siedenden Tenketsu passte. „Du hast meinen Zug vorausgesehen.“

 

„Nein. Ich habe meinen vorausgesehen.“ Neji schüttelte den Kopf über den flüchtigen Ausdruck der Verwirrung, der von Shikamarus Gesicht Besitz ergriff und Kummer brandete hart gegen seine Rippen. „Ich wusste, dass ich wahrscheinlich zögern würde. Das habe ich. Also bin ich vorbereitet gekommen. Ich habe es dir schon vor Monaten gesagt…ich kenne meine Schwächen besser, als es irgendjemand sonst jemals könnte, Shikamaru.“

 

Ein Flackern hinter Shikamarus Augen, ein weit entferntes Licht, das gegen welche Finsternis auch immer ankämpfte, die seinen Verstand verschlungen hatte. Es war genug Licht, um hoffen zu können. Dieses einzige, winzige Flimmern in der Dunkelheit war alles, was Neji sehen musste, um entschlossen zu sein, das letzte zu beschützen, was er noch zu verlieren hatte. 

 

Ich habe gesagt, dass ich dich im Dunkeln finden würde. Und das werde ich.

 

Und mit diesem Versprechen löschte Neji jedes Licht in Shikamarus Tenketsu aus. 

 

~❃~

 

Eine Pattsituation in den Schatten. 

 

Zwei kollidierende Welten. 

 

Naturgewalten standen ebenso oft in Konflikt zueinander, wie sie ausbalanciert waren. Und während Tsunades Vorgänger immer den harmonischen Pfad gesucht hatten, hatte Tsunade überhaupt kein Problem damit, sich mit aller Kraft ihren Weg zu bahnen. Und besagter Weg hatte eine höllisch heiße Spur direkt bis zu Danzōs Türschwelle gebrannt. 

 

Und da standen sie jetzt. 

 

Tief im Untergrund des Ursprungs, auf gegenüberliegenden Seiten einer Brücke und an verschiedenen Enden eines moralischen Spektrums. 

 

Hokage. Kriegshabicht. 

 

Die Blätter und die Wurzeln. 

 

Danzō stand wie eine selbstgerechte Säule da, die aus dem kalten Beton selbst gehauen zu sein schien. Eine Armee aus KERN Agenten fächerte sich in einer Phalanx hinter ihm auf. 

 

„‘Etwas zu viel des Guten‘ sind die Worte, die einem in den Sinn kommen“, bemerkte Tsunade, als ihr Blick über Danzōs Entourage wanderte. Sie selbst hatte gerade einmal vier Wachen mit sich genommen: ein Quartett hartäugiger ANBU Agenten, die von Hiruzen selbst während seiner Herrschaft handverlesen und angeworben worden waren. Der Rest ihrer Kräfte wartete in Bereitschaft. 

 

Danzō hob eine Schulter. „Das Zuhause eines Mannes ist seine Burg, Tsunade. Nimm es als Kompliment.“

 

Hn. Hier gibt’s nur eins, was ich mir nehmen werde, du alter Köter.

 

Sie war zu einem einzigen Zweck gekommen und sie verschwendete auch keine Zeit damit, ihn klar zu machen. „Ich werde das jetzt simpel für dich machen, Danzō. Wir beide haben etwas, das der andere will. Also, wir können mit einem ständigen Hin und Her über das Protokoll und Zuständigkeiten Zeit verschwenden, aber wir beide wissen, dass ich nicht Sarutobi Hiruzen bin und so sehr ich meinen Sensei auch respektiert und geliebt habe, teile ich dennoch nicht seine Sensibilität oder seinen Pazifismus, wenn es um dich geht. Und um die Art und Weise, wie du operierst.“ Sie sah aufmerksam umher und legte Wert darauf, ihren Blick durch die Schatten und die Dunkelheit schweifen zu lassen, bevor er mit der sintflutartigen Raserei einer Gewitterwolke über die KERN Agenten wanderte. „Wir können wegen dieser Sache Blut vergießen, oder du akzeptierst die gewaltlose Alternative.“

 

Während er sie durch sein eines, gesundes Auge anstierte, schien Danzō sie beim Wort zu nehmen, schnupperte aber wie ein Wolf, der den Geruch von Intrige witterte. Seine Stimme erscholl in einem drolligen, krächzenden Ton, genau wie bei Eltern, die einem naiven Kind beipflichteten. „Und was mag diese Alternative wohl sein, Tsunade-hime?“

 

Tsunade schmunzelte angesichts seiner herablassenden Art und ihre Bernsteinaugen funkelten gefährlich. „Du wirst mir meine Jōnin wiedergeben und im Austausch dafür werde ich dir etwas anbieten, das viel wertvoller ist als dieser komatöse Agent.“

 

Ein leises Schnauben und Danzōs Nase rümpfte sich angewidert, als sich die tiefen Furchen um seinen Mund zu einem höhnischen Ausdruck verzerrten. „Was könntest du mir denn schon geben, Tsunade, was ich nicht schon längst-?“

 

„Immunität.“

 

Das Wort erscholl wie ein Donnerschlag und das Echo davon verschwand in Stille, in Regungslosigkeit. Danzō stand im Zentrum dieser Regungslosigkeit, seine Lippen verdrehten sich zu der abfälligsten Andeutung eines Schmunzelns. „Immunität wovor?“

 

Tsunade gestattete ihm diesen Augenblick falscher Sicherheit. Aber als sie sprach, klatschten ihre Worte das Feixen direkt aus seinem Gesicht. „Immunität vor mir.“

 

Spannung packte die Luft in einem unaufhaltsamen Griff. 

 

Danzō sagte gar nichts, sondern spießte Tsunade mit seinem Stieren auf – wachsam geworden und nicht sicher, wie er vorgehen sollte. 

 

Grinsend nutzte Tsunade ihren Vorteil und trat einen kühnen Schritt nach vorn. Ihre Ferse grub sich in den blaugrauen Beton und spinnennetzartige Risse breiteten sich nach außen aus. „Immunität vor dem Zorn, den ich auf jeden niedergehen lassen werde, der in die Verschwörung verwickelt ist, die sich nicht einfach nur um diesen komatösen Agenten dreht, sondern auch um einen meiner besten Goei Shotai.“

 

Sie ließ diese Drohung wie eine Abrissbirne in der Luft hängen.

 

Danzō hielt das eisige Schweigen, aber seine Finger verkrampften sich kaum wahrnehmbar um den Stab, den er in seinen Händen hielt. Es war ein unmittelbarer und auch erfreulicher Hinweis. Sie hatte ihn an den Eiern, er war einfach nur zu stolz um zu kreischen wie ein Chorknabe. 

 

Ich mag ja ein hoffnungsloser Fall beim Glücksspiel sein, aber nicht, wenn ich mein Herz auf etwas setze. 

 

Und sie setzte einfach alles von sich auf diese Sache. 

 

Für ein paar Momente ließ sie ihn schmoren, bevor sie ihm einen Ausweg anbot. „Du lässt diesen Vorfall auf sich beruhen und ich werde dir dieselbe Gnade erweisen. Ungeachtet deiner Involvierung in diese Situation. Ungeachtet dessen, was du getan hast. Ungeachtet, wie tief das hier geht oder wie schmutzig es wird. Du kommst davon. Ungeschoren. Ich werde zu der Hokage, von der du immer geträumt hast. Die Hokage, die ein Auge zudrückt und dich vom Haken lässt.“ Sie machte eine kurze Pause, stierte in das kohlschwarze Loch seines schwelenden Auges und forderte ihn unmissverständlich dazu heraus, die Feuer zu unterschätzen, die in ihren eigenen brannten. „Aber wenn du diesen Handel verwirkst, dann werde ich zu deinem Albtraum. Ich werde es zur Mission meines Lebens machen, dich zu entwurzeln. Ich werde dich und deine Verwaltung mit so viel Amtsschimmel einwickeln, das KERN für den Rest seines Lebens humpeln muss, ohne auch nur einen Zweig zu habenum sich darauf stützen zu können.“

 

Die Drohung war so groß, dass sie wie ein Erdbeben durch die Reihen der Agenten in Danzōs Rücken wogte. Wie eine Einheit versteiften sie sich und eine Welle aus Schatten und Licht spielte über eine See aus Muskeln und Stahl; darauf vorbereitet zu kämpfen und auch zu sterben. 

 

Tsunade konnte spüren, wie ihr ANBU Quartett gewappnet und bereit nach vorn drängte. 

 

Aber sie gab keinen Befehl, sondern wartete. 

 

Danzōs Blick hielt beständig den ihren und er krümmte die Finger fester um seinen Stock, bis die Knöchel weiß hervor traten. Es war eine gesichtswahrende Verzögerung. Und sie endete mit einem schweren Tappen seines Stabs. Ein solides Krack gegen die Betonbrücke. Auf diesen wortlosen Befehl hin steckten die KERN Agenten ihre Klingen weg und füllten dadurch die großen, kalten Kammern der Hallen des Ursprungs mit dem Zischen von Stahl. 

 

Die Wachen der Hokage machten nichts dergleichen. 

 

Der nächste Zug lag allein bei Danzō. 

 

Sein eisiges Schweigen löste gar nichts bei Tsunade aus; sie hielt ihre Stellung, bereit, dafür zu kämpfen. Ein Krieg unter widrigen Umständen oder eine unkontrollierte Talfahrt, es machte keinen Unterschied. Das hier war mehr als einfach nur ein Revierkampf. So war es schon immer gewesen. Und tief unten, jenseits der schmutzigen Politik und den cleveren Lügen, wussten sie das beide. Es war ebenso sehr eine Frage der Kompromisse wie der Konflikte. Koexistenz von Schatten und Licht, die Wurzeln und die Blätter, der Himmel und seine Hölle. 

 

Ein letztes stures und zorniges Funkeln, bevor sich Danzo auf dem Absatz umwandte. „Gebt ihr, weswegen sie gekommen ist“, war alles, was er sagte. 

 

~❃~

 

Sag irgendwas…

 

Was könnte er denn schon sagen?

 

Trotz all dieser grausamen, entsetzlichen Ironie ihrer Situation, hätte Neji niemals gedacht, dass er derjenige sein würde, der von außen durch die Gitterstäbe in Shikamarus Käfig blickte. 

 

Es war ein geradezu perverser Umsturz. 

 

Eine Umkehrung jedes Symbols, das er jemals in seinem Verstand – in seinem Herzen – gehalten hatte und es brauchte all sein Training, um nicht an diesen Wänden vorbei zu greifen, an diesen Zahnrädern vorbei zu greifen…an diesen kalten Eisenstäben vorbei zu greifen. Nicht, dass er den Schattenninja hätte erreichen können. 

 

Shikamaru saß in der entferntesten Ecke der Kerkerzelle; katatonisch und stierend. 

 

Er reagierte nicht auf Nejis Anwesenheit, reagierte nicht auf die Kälte oder die Dunkelheit oder das Geräusch seiner eigenen, angestrengten Atmung. Seine Ellbogen verharrten verkrampft auf seinen hochgezogenen Knien, seine steifen, geäderten Hände krallten sich um seinen Kopf und die Knöchel traten knochenweiß hervor. Als würde es bedeuten, völlig den Verstand zu verlieren, sollte er seinen Schädel loslassen. 

 

Dieser Anblick höhlte Nejis eingefrorenes Herz aus und Klumpen aus Eis durchstachen seine Lungen. 

 

Nicht…

 

Wenn er die Shirataka Maske jetzt abnahm, war er sich nicht sicher, ob er sie jemals wieder aufsetzen könnte. 

 

Und das wird ihm nicht helfen, oder?

 

Er musste sich zusammenreißen, ebenso sehr für Shikamaru wie auch für sich selbst. 

 

Wie auch für dich selbst? Oder nur für dich selbst? Denn hier geht es nicht um Fühlen, oder? Es geht um Freiheit. Die Frage ist nur: seine oder deine?

 

Energisch ignorierte Neji diese unmögliche Wahl und wandte seine Gedanken stattdessen dieser sonderbaren und brüchigen Unterhaltung zu, die Shikamaru auf der Lichtung zustande gebracht hatte. Bedacht filterte er die Worte heraus, die für die Mission relevant waren. 

 

‚Die Kids. Ich hätte es damals wissen müssen. Genau in der Sekunde, als ich sie gesehen habe. Wir müssen sie finden. Sie sind nicht sicher…Wir sind immer noch im Mittelspiel festgehangen. Die Chimären. Die Mission. Alles…‘

 

Lag Wahrheit in diesen Worten? Oder waren das einfach nur Shikamarus Paranoia und Angst, die aus ihm sprachen? Die Gespenster seiner geheimen Vergangenheit, die Gift in sein Ohr träufelten und ihn dazu zwangen, Zeichen zu sehen, wo gar keine waren.

 

‚Diese Sache hier ist größer als die Aikoku, Neji. Das ist gar nichts. Das ist Bullshit. Diese ganze Sache war ein Spiel. Sein Spiel.

 

Schon wieder drohten Nejis Gedanken, um diese mysteriöse Gestalt zu kreisen. Diese Narbe auf Shikamarus Verstand. Leise fluchend wich Neji von den Gefängnisstäben zurück und lief einen langsamen Kreis, die Hände in die Hüften gestemmt. 

 

Egal, was für eine Vergangenheit er mit diesem Ort hat…diese Mission ist vorbei…

 

Fast vorbei. Der Erfolg hing momentan an einem seidenen Faden. Ein Faden, von dem Nogusa nicht zögern würde, ihn zu kappen, sollte Neji dem Daimyō jetzt noch in die Quere kommen und sich gegen die Konditionen stellen, denen er zugestimmt hatte. Und Shikamarus unbegründeten Theorien nachzugeben würde in einer regelrechten Verletzung dieser Konditionen enden. 

 

Es wäre desaströs für diese Mission…

 

Fürwahr. Und nicht nur für die Mission. Nogusas Bedingungen zu verletzen, würde zu einer Einkerkerung des gesamten Teams führen, gefolgt von politischen Unruhen zwischen Konoha und Kusagakure…ganz zu schweigen von der Möglichkeit, dass auch der Feuerdaimyō in die Sache mit hinein gezogen wurde. Köpfe würden rollen. Waffenstillstände würden außer Kraft gesetzt werden. Die Hokage würde sich einem politischen Taifun gegenüber sehen. 

 

Desaster schien auf einen Schlag ein viel zu zahmes Wort zu sein. 

 

Ich kann diesen Handel nicht rückgängig machen. 

 

Denn das war ein schnurgerade Weg hin zum Chaos. Und Shikamaru war diesen Weg mit voller Geschwindigkeit entlang gespurtet. 

 

Warum?

 

Ah. Diese gefährliche Frage durfte er nicht stellen. Nicht als Shirataka.

 

Ich frage nicht als Shirataka…

 

Und darin lag der Weg zu seinem ganz eigenen Chaos. Seinen eigenen, unmöglichen Entscheidungen. Dieser Riss, den er sich auf der Lichtung zugezogen hatte, schnitt sich noch tiefer in ihn und spaltete ihn geradezu in der Mitte – genau so, wie er es schon immer gewusst hatte. 

 

Und die Fragen bluteten ungehindert hervor…

 

Warum? Warum? Warum?

 

Würde die geistige Gesundheit des Schattenninjas nicht in Frage stehen, dann hätte Neji vielleicht innegehalten, um zuzuhören, hätte innegehalten, um zu überlegen. Aber es war unmöglich zu sagen, was zur Hölle im Kopf des Nara real oder eingebildet war.

 

War ja klar, dass du mir meine Lügen vorhältst, wenn ich dir die Wahrheit sage.‘

 

Neji beendete seinen Kreis und atmete langsam durch die Nase ein, bevor er in die Hocke ging, um mit Shikamaru auf Augenhöhe zu sein. Verzweifelt versuchte er, ihre Blicke zu verbinden. Unmöglich. Shikamaru stierte direkt durch ihn hindurch. Diese blutunterlaufenen Augen dunkel und leer wie zwei leblose Fenster mit heruntergezogenen Jalousien. Er war nicht zuhause. Und die finstere und gerissene Persönlichkeit, die vor ein paar Stunden noch da gewesen war, hatte scheinbar nicht die Absicht, sich Neji jetzt zu stellen. 

 

„Die Wahrheit…“, murmelte Neji leise, während er den Kopf schüttelte. „Ich wünschte, ich könnte dir glauben.“

 

Es war, als würde er eine Leiche ansehen…

 

Dieser Gedanke räderte Neji geradezu und ergriff das Wort, um ihn zu zerstreuen, während er nach einem Flackern von Licht in diesen dunklen, dunklen Augen suchte. „Wo auch immer du hingegangen bist. Wo auch immer du bist. Ich werde dich finden…“ Er schluckte schwer. „Und wenn ich dich finde…dann bringe ich dich zurück.“

 

 

 



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