Zum Inhalt der Seite

Evil God

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Prolog

You gotta kill when you gotta kill,


 

"So ist das Leben... keiner kann den Lauf der Dinge ändern. Auch ich nicht!"
 

Yeah, that's what they say.


 

"Wirklich keiner? Bist du dir da sicher?"
 

And I can't go against God's will.


 

"Unmöglich. Ihm widerspreche ich nicht!"
 

You better pray!


 

"Das habe ich doch gar nicht gesagt, aber frage dich selbst. Was denkst du darüber?"
 

'Cause I'm an Angel, a Demon


 

"I-Ich kann das nicht. Ich kann mich nicht gegen ihn wenden, genauso wenig wie gegen den Anderen!"
 

Yeah, I'm Hell and I'm Heaven


 

"Die Hölle auf Erden. Der Himmel findet sich aber in deiner Seele!""
 

I'm everything you couldn't be,


 

"Du verstehst das nicht---"
 

Now you believe in the devil


 

"Doch, ich denke schon. Ich weiß es jetzt."
 

I gotta pick up the pieces,


 

"Was verstehst du schon? Alles ist ein Puzzle, nicht einmal ich habe den Überblick!"
 

I gotta bury 'em deep.


 

"Dann vergiss es einfach, lass es uns begraben!"
 

And when the dirt hits the coffin


 

"Er findet mich! Er wird mich bestrafen, foltern, töten."
 

Just go to sleep


 

"Nicht, wenn ich bei dir bin!"

-1-

"Ater?" Als ich den Kopf etwas nach hinten drehte, sah ich Johannes, der mich mit blassem und verschwitzten Gesicht ungläubig anstarrte. Mist! "Was machst du hier?" Ich zuckte mit den Schultern.

"Chillen! Wie hast du mich gefunden?", fragte ich zurück. Ich konnte ja nicht einfach sagen, dass mir seine Anwesenheit gerade sehr unpassend kam. Er schnaubte und zog sich über den Rand auf das Dach.

"Warst ja nicht zu übersehen, ne?!" Der Sarkasmus in seiner Stimme war nicht zu überhören. Etwas unsicher ging er zum Rand des Daches und lugte über den Rand. "Hast du gar keine Höhenangst?", fragte er zweifelnd. Ich sah ihn an.

"Nö. Du etwa?" Er warf mir einen seltsamen Blick zu und als ich fragend eine Augenbraue hob, schnaubte er nur wieder.

"Eigentlich nicht, aber ich stehe auch nicht jede Nacht auf dem Dach eines über 300 Meter hohen Gebäudes!", erwiderte Johannes schnippisch. Ich wandte meinen Blick wieder ab und sah an der verglasten Wand des Empire-State-Building hinunter auf die befahrene Straße.

"Ich auch nicht.", sagte ich dann. Er lachte, doch es war kein freudiges Lachen.

"Du weißt aber schon, dass das ziemlich gefährlich ist?" Er deutete auf den schmalen Vorsprung auf dem ich saß, und dann auf die Feuerleiter, über die er, und zuvor auch ich, hier hoch geklettert war. "Und überhaupt: Bist du lebensmüde?" Ich sah ihn aus zusammen gekniffenen Augen an, bevor ich mich grinsend wieder dem Nachthimmel zuwand.

"Du bist mir doch gefolgt! Also sollte wohl eher ICH fragen ob DU lebensmüde bist! Ich weiß, was ich hier tue."

"Ach!", knurrte er spöttisch. "Und was tust du hier, wenn ich fragen darf?"

"Ich warte!"

"Und auf was?"

"Wen!"

"Was?"

"Ich warte auf jemanden, und nicht auf etwas!", erklärte ich. "Und außerdem heißt es 'Wie bitte'!" Er sah mich mit einem Blick an, bei dem ich eigentlich Angst hätte haben müssen, allerdings wusste ich, dass er mir nichts tun würde!

"Gut, bitte! Dann sei doch bitte so freundlich und sage mir, auf wen du wartest!", brachte er mühsam heraus.

"Das kann ich dir leider nicht sagen!" Er gab ein frustriertes, wütenden Knurren von sich und setzte sich, an den Vorsprung des Daches gelehnt, hin.

"Weißt du es nicht oder willst du nicht?", hackte er nach.

"Ich darf nicht!", gab ich zurück.

"Und das sagt wer?"

"Das darf ich nicht sagen!" Wieder dieses Knurren. Ich sah ihn irritiert an. "Hast du was?"

"Ja! Schlechte Laune!", fauchte er.

"Oh." Ich sah eine Weile weiter in den Himmel, bevor ich seufzte. "Tut mir leid." Ich sah Johannes nicht an, als ich das sagte.

"Wieso?"

"Naja, du bist wütend wegen mir. Ich bereite dir dauernd Scherereien!" Er lachte.

"Ich denke mal, ich bin nicht viel besser. Außerdem habe ich mich doch mit dir angefreundet!" Ich nickte stumm. Als die Luft plötzlich von einem Rauschen durchrissen wurde, sprang ich auf und drückte Johannes zurück in den Schatten des Vorsprungs.

"Bleib da, egal was passiert: Rühr dich nicht von der Stelle!", zischte ich. Er wollte protestieren, ließ es aber, als ich ihm einen strengen Blick zuwarf. Ohne ein Geräusch landeten drei schwarze Gestalten mit riesigen, schwarzen Schwingen vor mir auf der anderen Seite des Daches.

"Ater Fidelis!", rief die eine Gestalt mit finsterer Stimme. "Deine Zeit ist abgelaufen!" Ich seufzte und trat einen Schritt auf sie zu.

"Ihr seid spät dran!", erwiderte ich trocken.

"Du warst nicht am Treffpunkt!", gab die Gestalt zurück. Ich lachte.

"Stimmt. Und? Was wollt ihr jetzt machen?"

"Wir bringen dich zum Herrn." Ich verzog das Gesicht.

"Och, kommt schon! Was habe ich jetzt schon wieder angestellt?" Die Gestalt grunzte nur irgendetwas und die anderen beiden stürzten vor. Ich wich zur Seite aus und sprang auf den Rand des Daches. "Ich lasse mich doch nicht freiwillig wieder einsperren! Fangt mich!", rief ich und ließ mich rücklings vom Dach fallen.

-2-

-11 Jahre später-

-Deutschland-
 

R U M M S !!! Für einen kurzen Augenblick war die Welt schwarz, dann wurde sie plötzlich kunterbunt.

"Volle Kanne erwischt!", murmelte ich. Das Straßenpflaster unter mir war heiß, doch ich blieb trotzdem liegen.

"Hey!" Jemand lief auf mich zu und fasste mich an der Schulter. "Hey! Bist du wach?" Mühsam öffnete ich ein Auge und versuchte den Mann über mir scharf zustellen. Vergeblich, meine Sicht war hinüber. "Gott sei Dank! Ich rufe einen Krankenwagen!" Er hetzte wieder zu seinem Auto und ich schloss erschöpft die Augen. Müde.

...

...

...

...

...

"Uh." Ich öffnete stöhnend die Augen. Weiß. Überall weiß. Ich versuchte mich aufzusetzen und aus diesem kalten Bett aufzustehen, allerdings tat mir jeder einzelne Knochen weh und ich sank wieder zurück und starrte frustriert die Decke an.

"Hey." Ich drehte den Kopf. Ein Mann mit kurzen, braunen Haaren sah mich besorgt an. "Wie geht es dir?" Ich runzelte die Stirn.

"Wo bin ich?", fragte ich statt einer Antwort und er seufzte.

"Im Krankenhaus."

"Und wieso?" Er sah mich überrascht an.

"Weil... ich dich angefahren habe.", brachte er heraus. Ich blinzelte. Ach ja. Das schwarze Auto. Ich kämpfte mich hoch und lehnte mich an die Wand, dann musterte ich ihn. Braune Haare, grüne Augen, groß und schlank. Und an irgendjemanden erinnerte er mich. Ich wusste nur nicht, an wen. Er musterte mich seinerseits.

"Wie geht es dir?", fragte er noch einmal. Ich verzog das Gesicht.

"Wollen Sie eine ehrliche Antwort? Miserabel!" Ich schloss die Augen. "Aber wieso sind sie noch hier? Ich meine, klar, sie haben mich angefahren und so, aber es ist nicht ihr Job, hier aufzupassen!"

"Du erinnerst mich an jemanden." Ich riss überrascht die Augen wieder auf.

"Was?" Er nickte.

"An einen Freund. Ich habe ihn seit 11 Jahren nicht mehr gesehen und... du siehst genauso aus wie er." Ich runzelte die Stirn. 11 Jahre. Den Letzten, den ich vor 11 Jahren gesehen hatte, war ein Junge, mit dem ich mich angefreundet hatte. Es war ein kurze Freundschaft gewesen. Wie hieß der Junge doch gleich? Ein scharfer Schmerz zuckte durch meinen Kopf und ich presste stöhnend die Hände an meine Schläfen. Nicht erinnern, gefährlich! Ich lehnte mich wieder zurück.

"Ich gehe einen Arzt holen!" Der Mann stand auf und verließ fluchtartig den Raum. Ich seufzte.

"Was hat das jetzt mit meinem Auftrag zu tun? Was mache ich hier?", fragte ich leise in die Leere. Plötzlich erschienen wie aus dem Nichts auf der Bettkante drei schwarze, hoch gewachsene Gestalten.

"Er ist dein Auftrag!", murmelte der eine kaum hörbar und deutete mit der Hand auf die Tür. Ich riss überrascht die Augen auf.

"Er? Was?" Ich hatte noch mehr fragen wollen, doch in dem Moment ging die Tür auf, die Gestalten verschwanden, und ein bärtiger, großer Mann in einem weißen Arztkittel trat ein.

"Na hallo!" Er lächelte. "Dann können wir mit der Befragung ja beginnen!" Ich musste ihn ziemlich verschreckt angesehen haben, denn er fing laut an zu lachen und zog sich einen Stuhl an das Bett. "Nein, es ist nur: Wie haben keinerlei Ausweispapiere bei dir gefunden und auch eine Fingerabdruck Suche von der Polizei hat nichts ergeben." Ich schloss erleichtert die Augen. Nichts schlimmes, nur eine kleine Personenbeschreibung.

"Ater Fidelis, 16 Jahre, ich wohne auf der Straße", ratterte ich runter, wie ich es schon so oft gemacht hatte, nur wieder mit einem anderen Nachnamen. Der Mann sah mich überrascht an.

"Und deine Eltern?"

"Leben nicht mehr!" Das war nicht einmal eine Lüge!

"Und wieso bist du nicht im Heim?" Ich zuckte mit den Schultern.

"Da wollte ich halt nicht hin!" Der Arzt blinzelte, blinzelte noch einmal und ich konnte seine Verwirrung sogar spüren.

"Du weißt aber, dass du jetzt in ein Heim musst. Du bist noch nicht volljährig!" Ich kniff die Augen zusammen.

"Ja, das weiß ich." Und ich wusste auch, dass ich da schnell wieder raus kommen würde. Schneller als ihm lieb war! Der Arzt schüttelte ratlos den Kopf und plötzlich schaltete sich der andere Mann ein.

"Das wird nicht nötig sein! Ich kann ihn aufnehmen, ich habe Platz genug bei mir, da wird eine Person mehr nicht groß auffallen. Und ich habe einen guten Job, ich kann ihn also auch versorgen!" Ich sah ihn überrascht an. Der Arzt sah zwischen ihm und mir hin und her.

"Sind Sie sicher, Johannes?" Johannes? Ich starrte den Mann verwundert an. Johannes. Tatsächlich. Wieso war mir das nicht sofort aufgefallen? Deshalb kam ich ihm anscheinend so bekannt vor! Weil wir uns bereits kannten. Und das letzte mal hatten wir uns vor elf Jahren gesehen. Auf einem Dach in New York. Das hatte ich ja komplett verdrängt! Was allerdings für Probleme sorgen könnte, doch da er mein Auftrag war, könnte mir genau das zu Gunsten kommen. Und der Herr hätte mir diesen Aufgabe nicht erteilt, wenn er nicht der Meinung wäre, dass ich ihn auch ausführen konnte.

"Ich bin mir sehr sicher!" Er sah mich an und ich konnte dort eine grimmige Entschlossenheit sehen. Die gleiche Entschlossenheit, die ich bei mir gerade vermisste.

-3-

"Das ging ja schnell.", stellte ich fest, als wir das Justiz Gebäude verließen. Johannes nickte knapp.

"Sie haben erst keinerlei Informationen über dich gefunden. Erst nach einiger Zeit fanden sie einen kleinen Eintrag." Ja, und dass nur, weil ich kurzfristig bei Petrus "Bitte, bitte." gemacht und er den Eintrag erstellt hatte. "Solange sich kein Verwandter von dir ausfindig machen lässt, bin ich dein Vormund.", fuhr er fort. Ich erwiderte nichts. Dass sich niemals melden würde, war mir klar, doch ich sagte es nicht. Wieso auch. Es würde nur unnötige Fragen aufwerfen. Ich spürte Johannes Blick auf mir, als wir zu seinem neuen, schwarzen Auto gingen (sein altes hatte Dank mir ja eine schöne Beule), doch ich ignorierte ihn und setzte mich stattdessen kommentarlos auf den Beifahrersitz.

"Hast du Hunger?", fragte er, als er den Motor startete. Ich zuckte mit den Schultern. "Irgendetwas Bestimmtes?" Wieder zuckte ich nur mit den Schultern. Er seufzte. "Du musst schon mit mir sprechen. Hör mal, ich kenne dich doch gar nicht!" Beinahe hätte ich gelacht. Eine Weile fuhren wir schweigend weiter, bevor er sich an einer roten Ampel mir zu drehte.

"Du heißt also Ater? Ein komischer Name!", meinte er.

"Finde ich nicht!", gab ich zurück und warf ihm einen giftigen Blick zu. Johannes kniff die Lippen aufeinander und konzentriere sich wieder auf die Straße. Ich starrte teilnahmslos aus dem Fenster, während die Häuser an uns vorbei zogen, und hing meinen Gedanken nach. Wäre Covu jetzt hier... Ich zuckte zusammen, als mein Blick auf die große Brücke fiel.

"Halt!" Ohne irgendeine weitere Warnung riss ich die Tür auf und sprang aus dem noch fahrenden Auto. Fluchend blieb Johannes stehen.

"Ater!", rief er vorwurfsvoll.

"Ich habe was vergessen.", rief ich und rannte den Hang runter zur Unterseite der Brücke. Erleichtert sah ich, dass mein Rucksack noch da war, und auf ihm saß ein kleiner, schwarzer Rabe.

"Covu!" Er flatterte auf meine Schulter und wühlte in meinen Haaren. "Ja, ich freue mich doch auch dich zu sehen! Aber wir müssen uns beeilen! Johannes wartet an der Straße!" Er krächzte. "Ja, genau der Johannes!" Ich schnappte meinen Rucksack, warf ihn über meine andere Schulter und rannte den Hang stolpernd wieder hoch, wobei Covu laut krächzend wegen dieser groben Behandlung protestierte. Ich verdrehte die Augen, ließ mich zurück auf den Sitz fallen und stellte den Rucksack zwischen meine Füßen ab. Covu flatterte auf meinen Schoß. Johannes sah mich einigermaßen genervt an.

"Sorry. Aber da sind alle meine Sachen drin!", entschuldigte ich mich.

"Und was ist das?" Er deutete auf Covu.

"Mein Rabe! Dad hat ihn mir geschenkt!" Ich drückte Covu an mich und zog die Tür zu. "Ich kann ihn nicht hier lassen!" Johannes seufzte demonstrativ, fuhr aber endlich los. Ich schloss meine Augen.
 

Ich musste eingeschlafen sein, denn als ich das nächste Mal die Augen öffnete, saß ich nicht mehr im Auto, sondern lag auf einer gemütlichen, schwarzen Couch. Ich rappelte mich hoch. Covu saß auf meinem Knie und krächzte anklagend. Meine innere Uhr meldete sich: zwei Uhr vierundzwanzig. Ich hatte neun Stunden geschlafen. Normalerweise schlafe ich nie solange! Gegenüber der Couch auf der ich saß stand eine weitere und auf ihr saßen drei Gestalten die mich unentwegt beobachteten.

"Was gibt's?", fragte ich genervt, doch sie verschwanden einfach wieder, ohne mir eine Antwort zu geben. Ich schnaubte. "Sie führen sich wie Aufpasser auf."

"Nun, im Prinzip sind sie das ja auch, oder?", fragte Covu rau und ich sah ihn an.

"Hör auf!", befahl ich. "Wenn Johannes dich hört, wirft das nur unnötige Fragen auf!" Es würde schon seltsam genug werden, mit den scheinbaren Selbstgesprächen, die ich dauernd führte, wenn ich mit dem Raben sprach.

»Aber ich habe doch Recht!«, ertönte seine Stimme nun in meinem Kopf. Ich knurrte.

"Ich kann es immer noch nicht fassen. Elf Jahre im Fegefeuer, nur weil Nagian zu doof war, diesen Serienmörder vernünftig zu beseitigen!" Ein Knarren vor der Tür ließ mich verstummen. Johannes kam rein, in der einen Hand eine Tasse in der anderen ein Apple Tablet.

"Ater!", sagte er erleichtert.

"Wo sind wir?", fragte ich.

"Bei meiner Schwester, ich wohne hier." Ich sah ihn fragend an. "Ich kann mir mit meinem Job keine eigene Wohnung leisten." Er zuckte mit den Schultern und setzte sich auf die Couch mir gegenüber. Seine Tasse stellte er auf dem kleinen Tisch ab und sein Tablet legte er daneben. "Du bist im Auto eingeschlafen, ich habe dich nicht wach gekriegt. Ehrlich gesagt war ich ziemlich beunruhigt, doch der Arzt meinte, nach dem Unfall sei es kein Wunder, dass du so müde bist."

"Neun Stunden. Normalerweise schlafe ich nicht mal halb so lange!" Johannes runzelte die Stirn.

"Dreizehn Stunden! Wir haben es sechs Uhr morgens, Ater!" Ich blinzelte.

»Zeitumstellung!«, sagte Covu in meinem Kopf. »Wir haben da oben eine andere Zeit als in der Welt der Sterblichen!« Ich schüttelte fassungslos den Kopf. Memo an Hirn: innere Uhr an die örtliche Zeit anpassen!

"Das ist.. wirklich überdurchschnittlich lang! Sonst schlafe ich, wenn überhaupt drei Stunden." Ich war nicht wenig beeindruckt. Johannes jedoch sah mich nur seltsam an, sagte allerdings nichts. Stattdessen rutschte er etwas unruhig auf der Couch hin und her.

"Ich habe dir doch von meinem Freund erzählt, oder? Den, den ich vor elf Jahren das letzte Mal gesehen habe." Ich nickte. "Nun. Ich habe gesagt, dass du mich an ihn erinnerst. Das seltsame ist nur, dass er auch Ater hieß. Ater da Capo. Ich dachte, du kennst ihn vielleicht?" Er sah mich erwartungsvoll an. Natürlich kannte ich diesen Ater.

"Nein, ich kenne keinen Ater da Capo.", log ich. Johannes nickte und sah zu Boden.

"Ich dachte nur, weil-"

"Ich weiß.", unterbrach ich ihn. "Du fährst jemanden an, der genauso aussieht wie dein Freund, den du schon ewig nicht mehr gesehen hast, und dann auch noch so heißt wie dein Freund, diesen aber nicht kennt. Tut mir leid, dass ich dir nicht helfen kann. Du hattest gehofft, ich würde ihn vielleicht kennen und könnte dir irgendwie sagen, wie du... mit ihm Kontakt aufnehmen kannst. Ich verstehe das schon." Ich verstand es sogar sehr gut. Denn schließlich waren Ater da Capo und Ater Fidelis ein und die selbe Person! Genauso wie die anderen dreiundzwanzig Ater in den letzten 126 Jahren auch alle ein und die selbe Person waren. Nämlich Ich!

-4-

"Waaaaaaaaaaah!!" Ich fuhr erschrocken hoch und hielt mir im selben Moment die Ohren zu. Mitten im Wohnzimmer stand eine junge, braunhaarige Frau und schrie wie am Spieß. Covu flatterte hoch und krächzte empört.

"Emma!" Johannes stürzte ins Wohnzimmer und packte die Frau am Arm. Sie hörten auf zu kreischen.

"WAS IST DAS!!!", brüllte sie stattdessen und deutete auf mich und den Raben, der jetzt auf dem Fernseher saß. Johannes sah mich an, sah dann wieder zu der Frau, Emma, und fing an zu lachen. Ich stand auf und ging zu ihr, doch sie wich zurück.

"Ater Fidelis. Ich bin ein Mensch!" Ich reichte ihr grinsend meine Hand. Einen Moment sah sie mich verstört an, dann wandte sie sich zu Johannes um.

"Was macht er hier?", fragte sie leise und Johannes verschluckte sich an seinem Lachen.

"Ich... das ist mein Sohn, Emma." Ihre Kinnlade klappte hinunter. "Adoptivsohn" Sie fasste sich wieder.

"Adoptivsohn? Und wieso hast du mir gestern nichts gesagt?" Sie sah ihn ungläubig an. "Was ist überhaupt los mit dir? Erst bringst du mir mein Auto mit einer riesigen Beule zurück und jetzt lässt du hier einen wildfremden Jungen einziehen, den du nicht einmal richtig kennst? Und überhaupt, wie geht es dem armen Burschen, den du überfahren hast eigentlich?" Ich unterdrückte ein Lachen und stellte mich neben Johannes.

"Mir geht's gut, danke der Nachfrage!" Erneut machte ihr Unterkiefer Bekanntschaft mit dem Boden. Ihr Blick huschte zwischen mir und Johannes hin und her.

"Das ist...?"

"Der Junge den ich angefahren habe, ja!" Johannes sah so aus, als müsste er ebenfalls ein Grinsen unterdrücken. "Es tut mir leid, dass ich dir nichts gesagt habe." Sie blinzelte überrascht, bevor sie eine wegwerfende Handbewegung machte.

"Ach was! Ist doch nicht so schlimm!", meinte sie und rauschte aus dem Wohnzimmer. Ich sah Johannes an und er sah mich an.

"Ist das deine Schwester?" Er nickte und lächelte.

"Sie mag dich.", sagte er und sein Tonfall ließ mich aufhorchen.

"Wie meinst du das?", hackte ich nach, doch er grinste nur und folgte seiner Schwester. Toll. Muss ich mir jetzt Sorgen um zwischenmenschliche Beziehungen machen? Ich schnaubte.

"Komm Covu, ich habe Hunger!" Er flatterte auf meine Schulter.
 

In der Küche stand Johannes am Herd (was im Übrigen meine Weltbild bezüglich 'Mann kocht nicht' ziemlich über den Haufen warf) und Emma saß auf einem Stuhl, das linke Bein an der Tischkante abgestüzt, und malte sich die Fußnägel an. Es roch nach einer interessanten Mischung aus Nagellack und Rührei.

"Setz dich, Ater.", sagte Johannes ohne aufzusehen und ich setzte mich gegenüber von Emma auf einen freien Stuhl, um möglichst weit weg von diesem gefährlichen Farbzeug zu sein. Nur falls Johannes Schwester auf dumme Gedanken kommen sollte. Johannes stellte mir und Emma einen Teller mit Rührei und Toast hin und setzte sich neben mich, ebenfalls mit einem Teller. Allerdings kümmerte er sich nicht groß um sein Essen, sondern tippte nur auf seinem Tablet rum.

"Wie kommst du mit deinem Buch voran?", fragte Emma, während ich schweigend aß. Johannes seufzte.

"Ich hätte schon lange abgeben müssen.", antwortete er gequält. Emma verzog mitfühlend das Gesicht. Mit einem frustrierten Seufzer klappte Johannes die Hülle des Tablets zu und widmete sich seinem Essen.

"Du, Jojo. Ich bin ab morgen weg für zwei Monate. Habe einen Termin in Amerika.", erklärte Emma. "Kannst du mich zum Bahnhof fahren? Du brauchst doch das Auto." Johannes schüttelte den Kopf.

"Nimm du es. Ich fahre mit dem Motorrad."

"Und Ater? Ich meine, wenn ihr mal zusammen wo hin wollt?" Sie sah ihn zweifelnd an.

"Dann setzt er sich einfach hinter mich und muss sich festhalten. Das wird kein Problem sein!", erwiderte Johannes.

"Jojo?", fragte ich. Emma lächelte.

"Spitzname. Ich könnte dich ja A.T. nennen. 'A.T.-Der Alien, der der Hausbesitzerin einen mächtigen Schrecken einjagt'." Sie lachte, doch ich verzog gespielt schmollend das Gesicht.

"Ich bin keine Alien. Und außerdem ist das voll die E.T. Abklatsche!" Sie nickte.

"War ja nur ein Scherz." Johannes sah mich mit mit einem seltsamen Blick an.

"Was?", fragte ich ihn.

"Was ist eigentlich mit Schule, Ater?" Ich blinzelte verwirrt.

"Was soll damit sein?"

"Hast du jemals eine Schule besucht, meine ich." Ich stürzte die Lippen.

"Nö. Paps hat mir alles beigebracht. Wieso fragst du?" Johannes sah wenig begeistert aus.

"In den Bedingungen zur Adoption steht, dass ich für eine vernünftige Schulbildung sorgen soll."

"Dann melde ihn doch einfach hier an der Schule an.", schlug Emma vor. Johannes kniff die Augen zusammen.

"Ja, ich denke das werde ich heute machen. Und noch einige andere Sachen organisieren. Kann Ater das Gästezimmer haben? Er kann ja nicht ewig auf der Couch schlafen." Emma sah ihn entgeistert an.

"Natürlich! Was dachtest du denn! Ich habe sogar schon ein Schild dran geklebt auf dem 'Ater's Zimmer' steht. Es muss nur mal gestrichen werden, aber das geht schnell! Wir kaufen heute die Farbe, ich engagiere schnell ein paar Maler und ihr könnt direkt Möbel kaufen gehen!" Johannes und ich sahen sie überrascht an.

"Ähm. Du kennst mich seit gerade einer halben Stunde und hast bereits alles durchgeplant?", fasste ich noch einmal zusammen. Sie stand auf.

"Aber natürlich! Du bist doch jetzt Teil der Familie!" Sie strubbelte mir durchs Haar (zerstörte ganz nebenbei meine Frisur) und drückte mir einen Kuss mitten auf die Stirn. "Ich muss los. Auf dem Rückweg bringe ich die Maler mit! Macht es euch solange gemütlich. Bis später, Jungs!"


Nachwort zu diesem Kapitel:
Songtext: I don't wanna die von Hollywood Undead Komplett anzeigen

Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu dieser Fanfic (0)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.

Noch keine Kommentare



Zurück