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Von der Kunst, richtig zu sein

von

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Kinder

Nate kam nur wenige Minuten später wieder und als Hana aufsprang, erwartete Shinji, dass sie ihm die Tasche weg nahm und nach dem Eis und dem Buch kramte, doch stattdessen half sie ihm brav alles hinein zu tragen. Die Kleine war wirklich gut erzogen.

Das Eis hatte sie dennoch schnell in der Hand.

Sie alle versammelten sich um den Tisch und aßen in Ruhe beisammen. Er warf kurz einen Blick auf die Uhr, doch bis Lily wieder kam, dauerte es noch eine ganze Weile, obwohl es später war, als er erwartet hatte.

Ein Gähnen entkam ihm und langsam spürte er, dass er die Nacht nicht geschlafen hatte. Aber er wollte wach bleiben, schließlich würde Nate Sonntag schon weg sein, also hatten sie prinzipiell nur noch heute und morgen.

“Leg dich etwas hin.”, riet Nate ihm leise, schielte dann aber in seinen Eisbecher, in dem auch prompt dessen Löffel landete und ihm Eis klaute. Das Besteckteil landete in Nates Mund, der ihn darauf treuherzig ansah und mit dem Kopf in Richtung eines Raumes nickte. Wahrscheinlich war das sein Raum.

Aber Shinji wollte nicht schlafen.

“Und mir von dir mein Eis wegfuttern lassen? Pfff.”

Damit verschwand sein Löffel in Nates Becher - der hatte auch Ben&Jerry’s aber mit Karamel - und er klaute ihm wiederum etwas Eis.

“Oi!”, protestierte Nate und versuchte ihn noch aufzuhalten, doch es gelang ihm nicht.

“Geht schon”, sagte Shinji dann aber sanfter, schließlich meinte sein Freund es ja nur gut. Den Protest überging er geflissentlich, es war immerhin ausgleichende Gerechtigkeit.

“Lass uns lieber nachher zusammen schlafen.”

“Schlaft ihr heute hier?”, hörte er dann aber plötzlich Hanas hoffnungsvolle Stimme und ehe er ‘Nein’ sagen konnte, lehnte sich Hana plötzlich über den Tisch und ergriff ihrer beider Hände.

Hilflos sah er zu Nate. So sehr er Hana heute auch in sein Herz geschlossen hatte, er wollte Zeit allein mit Nate haben und das ganz sicher nicht hier.

“Wir haben ja gar nicht so viel Platz, Hana.”, sprang Nate zum Glück ein und wischte dabei auch gleich etwas von dem Schokoeis von Hanas Wange.

“Aber… er kann in meinem Bett schlafen!”

“Mit all den Stofftieren? Nein, Maus. Wir schlafen bei ihm.”

“Aber… aber warum bleibst du denn nicht hier? Du hast doch Platz hier!”

Oh weh… Wahrscheinlich wollte auch Hana so viel Zeit wie möglich mit Nate verbringen.

“Das war so abgemacht. Und Versprechen werden nicht gebrochen.”, erwiderte Nate und strich ihr durchs Haar. Obwohl seine Stimme sanft war, wussten sie alle, dass er keine weiteren Wiederworte dulden würde.

“Ach menno…”, schmollte die Kleine, aber fing sich zum Glück schnell wieder. Andere Kinder hätten jetzt wahrscheinlich eine Trotzattacke gehabt, aber offenbar verstand sie wirklich, dass Versprechen nicht gebrochen werden sollten.

Damit es so friedlich blieb, wollte er versuchen, sie abzulenken: “Sag mal, Hana. Weißt du eigentlich, wie dein Name geschrieben wird?”

Darauf sprang die Kleine sofort an und Buchstabierte ihn. Shinji war etwas erstaunt, er hatte gedacht, er würde eher ‘Hannah’ oder so ähnlich geschrieben. Diese Schreibform war wahrlich selten, aber das passte noch besser.

“Soll ich dir ein Geheimnis verraten?”, fragte er dann verschwörerisch und hatte natürlich sofort die volle Aufmerksamkeit der Kleinen.

“Au ja! Sag schon! Ich liebe Geheimnisse!”

Um das ganze noch eindrucksvoller zu machen, lehnte er sich zu ihr vor und flüsterte ihr halblaut zu:

“In Japan bedeutet dein Name ‘Blume’”

“Waaaas? Wirklich???”

Das hatte wirklich mitten ins Schwarze getroffen, denn die Kleine strahlte übers ganze Gesicht. Es war echt einfach, Kinder zu begeistern. Oder Hana war wirklich etwas ganz besonderes.

“Ich bin eine Blume!”

Sie hüpfte wieder durchs Zimmer, ehe sie an Nates Stuhl hochsprang und auf dessen Rücken kletterte. “Hast du gehört Nate? Ich bin eine japanische Blume!”

Weil Nate Mühe hatte sie ordentlich fest zu halten, zog er sie letztendlich hoch, so dass er sie Huckepack nehmen konnte.

Für die nächsten Worte, nahm er die Augen keine Sekunde von Shinji, wodurch es wirklich kitschig wirkte, als er sagte: “Für mich warst du schon immer was Besonderes.”

Dennoch pochte Shinjis Herz eine Takte schneller und ein warmes Gefühl, schlich sich in seine Brust. Zumindest mit Hana konnte er wohl ganz gut umgehen, denn auch wenn das gerade wieder eines von Nates Liebesgeständnissen war, nahm Shinji es doch auch als Lob. Das machte ihn wirklich glücklich.

Dann wandte er sich aber wieder an Hana, die ihren Kopf auf Nates Schulter abgelegt hatte. “Mach’s dir nicht zu bequem hier, hallo?”

Er lachte leise und stand dann umständlich vom Stuhl auf, ehe er Richtung Sofa ging und die Kleine dort absetzte.

“Mein Malbuuuch!”, beschwerte sie sich sofort und streckte ihren Arm in Richtung Shinji aus.

Aber so lief das nicht, schließlich war er nicht ihr Bediensteter. “Wie heißt das?”

Es war so ein typischer Elternspruch, aber er empfand ihn als wichtig. Wenn sie etwas haben wollte, war es das Mindeste, ihn darum zu bitten.

Als er das magische Wort von ihr hörte, kam er dann aber zu ihr und übergab ihr das Buch.

“Hmm… ich weiß, das ist unmöglich, aber vielleicht kannst du mir ja irgendwann eine Blume malen, die genauso hübsch ist wie du.”

Uah, wo hatte er das denn jetzt her genommen? Aber es schien zu klappen, denn Hana lachte glücklich.

“Das mach ich! Aber die musst du dann an den Kühlschrank kleben und für immer behalten!”

Shinji versprach ihr, das zu tun und war zufrieden damit, dass sie jetzt noch mehr Motivation hatte, Malen zu lernen.

Danach versank sie vollkommen in ihrer eigenen Welt.

“Du hast gerade einen kleinen Fan dazu gewonnen.”, grinste Nate und wuschelte ihm durch die Haare.

Gemeinsam räumten sie dann den Tisch ab, während im Hintergrund irgendeine Fernsehserie lief.

Als der Tag langsam dem Ende zuging, war es erstaunlich einfach, Hana bettfertig zu machen. So lag der kleine Wirbelwind um neun Uhr friedlich schlummernd in ihrem Bett.

Nate und er kuschelten gemütlich auf der Couch, selbst vollkommen erledigt, aber irgendwie glücklich. Es war doch ein ziemlich schöner Tag geworden. Da es noch ewig war, bis Nates Schwester kam, legte sich Shinji um und damit mit dem Kopf auf Nates Schoß, von wo aus er einfach nur in die Ferne starrte.

“Hana ist ein interessantes Kind.”, murmelte er, nach einer Weile.

Nachdem er Nate so mit seine Nichte hatte umgehen sehen, kreiste ihm nun eine ganz besondere Frage durch den Kopf, weshalb er Nate auch nachdenklich fixierte: “Wie stehst du zu Kindern? Willst du irgendwann adoptieren?”

Nate hielt inne und hörte damit auf, ihm durch die Haare zu streicheln. Etwas verwirrt sah er zu Shinji hinunter:

“Ich glaube nicht, dass ich das Zeug zum Vater hätte.”

Er nahm das Streicheln wieder auf. “Weißt du… Noch vor ein paar Jahren hätte ich mir nie vorstellen können, für ein Kind da zu sein. Ich dachte eigentlich immer, ich gehöre zu der Sorte Mensch, die mit Kindern nichts anfangen kann. Aber seit Hana auf der Welt ist… sie hat etwas in mir geweckt, von dem ich gar nicht wusste, dass ich es habe. Und irgendwo… ja, da gibt es den Gedanken, wie es wohl wäre, ein Kind zu Hause zu haben. Aber letztendlich bleibt es nur ein Gedanke.”

Nate lächelte sanft und fuhr mit einem Finger über seine Stirn. “Warum fragst du?”

Shinji hatte sich das in Ruhe angehört. Er war der Meinung, dass Nate ein hervorragender Vater wäre. Er war der Typ, der alles für seine Familie tat und er ging so unglaublich natürlich mit Hana um. Gut, dass sie ihn anhimmelte war weniger ein Indiz, immerhin war er der coole Onkel, aber trotzdem.

“Wenn ich dich so mit Hana sehe, hab ich das Gefühl, es wäre Verschwendung, wenn du kein Kind hättest. Deshalb frage ich. Andererseits… auch wenn ich Hana lieb gewonnen habe, ich glaube nicht, dass ich Kinder… oder auch nur ein Kind haben will. Aber ich bin ehrlich am überlegen, ob ich deiner Schwester nicht vielleicht anbieten soll, dass ich Hana nehme, wenn es dringend notwendig ist.”

Eh… irgendwie war er etwas vom Thema abgekommen und wenn man gemein wäre, könnte man denken, er habe gerade vorgeschlagen Hana auf lange Sicht zu adoptieren. Brrr, nein.

“Deine Schwester tut mir irgendwie leid… und Hana war so gegen den Hort. Ich arbeite ja sowieso von zu Hause aus. Das sollte also kein Problem sein, solange es nicht öfter als ein oder zweimal die Woche ist.”

Andernfalls wäre er nämlich ein Zombie, weil er dann garantiert nicht genug Schlaf bekäme.

“Ich bin sicher, dass Lily dein Angebot sofort annehmen würde und dass Hana lieber bei dir wäre, als im Hort und dass ich beruhigter abfliegen könnte, wenn ich wüsste, dass sie gut aufgehoben ist.”

Nates Finger fuhr seine Konturen nach, bis schließlich die ganze Hand auf seiner Wange lag und nur noch der Daumen über seine Haut strich. Shinji konnte nicht anders, als entspannte die Augen zu schließen und sich an die wunderbar warme Hand zu schmiegen.

“Ich schlaf noch mal drüber, aber ich denke, es würde mir auch gut tun, nicht ständig allein in der Wohnung zu sein, während du weg bist.”

Er wollte seine neu gewonnenen sozialen Fähigkeiten - so gering sie auch sein mochten - nicht wieder verlieren, beziehungsweise sogar ausbauen.

“Wenn Hana dann noch etwas älter ist, kann ich mit ihr zocken, dann ziehen wir dich beide ab.”

“Hey, ich nehme es auch mit euch beiden auf!”

Shinji musste lachen, weil er sich vorstellte, wie Nate schmollend auf dem Sofa saß, weil er gleich gegen sie beide verloren hatte.

“Was würdest du machen, wenn ich dir eines Tages sagen würde, dass ich tatsächlich gerne ein Kind hätte? … Nein, die Diskussion will ich mir gar nicht erst antun, deshalb denk ich gar nicht erst an Kinder.”

Shinji öffnete die Augen wieder und sah Nate nachdenklich an. Das war so gar nicht seine Art. Oder war das sein Versuch, ihn indirekt darauf vorzubereiten? Wäre untypisch, aber das Thema war ja auch irgendwie heikel.

“Deshalb frage ich dich ja jetzt, damit ich mich darauf vorbereiten kann, dass diese Diskussion irgendwann mal kommt und ich dann einen klaren Standpunkt zu der Thematik habe.”

“Verstehe…”, murmelte Nate und schwieg kurz. Ein bisschen sah es aus, als würde er Mut sammeln. “Dann sag ich dir… eventuell… in ferner Zukunft, wenn ich nicht mehr bei den SEALs bin und wenn du deine Angst überwundern has… kann es sein, dass ich dich fragen werde.”

Gut. Das war doch wenigstens mal eine Ansage, damit konnte er arbeiten und so wie das Gespräch zum Thema ‘SEALs’ verlaufen war, war das wirklich noch eine lange Zeitspanne. Aber er würde bereit sein.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Onlyknow3
2019-07-18T09:55:05+00:00 18.07.2019 11:55
Ach die beiden tun mir schon leid, jetzt wo sie sich doch wieder näher gekommen sind.
Aber es geht eben nicht so wie sie wollen. Sorry das ich erst jetzt wieder kommentiere, hatte einfach keine Zeit vorher.

LG
Onlyknow3


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