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Von der Kunst, richtig zu sein

von

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Beschützerinstinkt

Da ihre Pizza bereits kalt war, als sie wieder kehrten und Shinji der Appetit vergangen war, zahlten sie, ließen sich alles einpacken und gingen dann.

Sie sprachen nicht wirklich auf dem Weg zur Bahnstation, aber diesmal fiel Shinji auf, dass Nate tatsächlich näher bei ihm ging. Auf dem Weg her, war er zu abgelenkt gewesen, um es zu bemerken. Diesmal versuchte er abzuschätzen, wie nah sein Kumpel wirklich war. Normalen Menschen wäre es sicherlich nicht unangenehm gewesen, aber für Shinji kratzte es gefährlich an einer der vielen, vielen Grenzen, die er nicht überschreiten wollte. Aber er sagte nichts. Er wollte, dass es irgendwann funktionierte. Dass sie funktionierten. Er musste da durch, irgendwie. Auch wenn er von vorher noch aufgekratzt war.

"Danke fürs bezahlen.", murmelte Shinji, einfach, um irgendwas zu sagen. Mittlerweile waren sie in der U-Bahnstation angekommen.

"Keine Urs-" Nate stoppte, als ein erstickter Aufschrei durch die langen Tunnel hallte und die wenigen Anwesenden aufsehen ließ, wenn auch nur in stumpfer Sensationslust. Anders als Nate, der, als er in einer Ecke den kleinen Menschenauflauf entdeckte, näher hinsah. Shinji wollte eigentlich wegsehen, wie all die anderen, nachdem sie sich überzeugt hatten, dass ihnen keine Gefahr drohte, doch auch er sah hin.

Der kleine Menschenauflauf waren zwei Männer, die sich über einen anderen beugten und auf ihn einschlugen.

Es dauerte keine Sekunde, da setzte Nate sich in Bewegung. Wenn er nicht in eben jener Begleitung gewesen wäre, hätte er den Vorfall wahrscheinlich ignoriert. Das passierte jeden Tag irgendwo, es war ihm in seiner Jugend auch oft genug passiert und irgendwann war er so etwas gegenüber stumpf geworden. Aber jetzt zückte er sein Handy und rief die Polizei. Denn Nate hatte recht, sich einzumischen und Shinji wollte besser sein, als all die, die sich in Ignoranz übten.

Er ließ seinen Partner aber keine Sekunde aus den Augen, denn der wäre wirklich in Gefahr, wenn einer von denen ein Messer zog. Wobei er hoffte, dass dessen Ausbildung auch solche Situationen abdeckte. Dennoch hatte er Angst um ihn. Auch wenn einfach dazustehen und zuzusehen niemandem etwas brachte, er aber nichts anderes tun konnte.

Aber seine Sorge war unbegründet. Mit wenigen Griffen hatte Nate die beiden weg gezogen und einem von ihnen einen Faustschlag ins Gesicht verpasst, der daraufhin zur Seite taumelte.

Um den anderen kümmerte sich Nate genauso effektiv und nur wenige Sekunden, nachdem er von Shinjis Seite verschwunden war, hatte er dem zweiten Übeltäter den Arm auf den Rücken gedreht und ihn zu Boden gedrückt.

Nate ließ das aussehen, als wäre das Nichts und Shinji - so sehr er Gewalt auch verabscheute - kam nicht umhin beeindruckt zu sein. Doch auch sein Kumpel konnte keine Wunder vollbringen, weshalb der Erste, der sich von dem Schlag erholt hatte, die Beine in die Hand nahm und rann. Natürlich hielt ihn niemand auf und auch wenn Shinji gerne wollte, konnte er niemanden dafür verurteilen. Er wusste selbst nicht, ob er ihn aufgehalten hätte, wenn er gekonnt hätte. Wahrscheinlich nicht. Nate war da schon was Besonderes.

"Kannst du mal nach ihm schauen?"

Kurz etwas orientierungslos sah Shinji auf, ehe er Begriff, dass Nate den Mann meinte, der blutverschmiert am Boden lag und sich nicht wirklich rührte. Ja, natürlich, wie dumm von ihm. Er konnte sich wenigstens das Opfer ansehen.

Während er sich zu dem Mann kniete. Der Kerl war ihm eigentlich egal. Keine neue Erkenntnis, aber er wusste, dass es Nate wichtig war, anderen zu helfen, also tat er ihm den Gefallen. Er kramte alles aus seinem Kopf, was er von Erste Hilfe noch kannte.

"Es ist jetzt alles in Ordnung", redete er ruhig auf den Mann ein, der ihn nur vollkommen abwesend anstarrte. "Mein Kumpel kümmert sich um die Kerle und die Polizei ist gleich mit einem Krankenwagen da."

Er hörte, wie Nate zwei Männer im Befehlston anwies, den einen Schläger fest zu halten, danach rannte er dem zweiten hinterher.

Mit einem sauberen Taschentuch tupfte Shinji dem Opfer das Blut etwas weg, vor allem um die Nase und die Mundpartie, in der Hoffnung, ihm das Atmen etwas erleichtern zu können. Er fühlte sich echt nutzlos.

Damit er nicht vollkommen in einen Schockzustand abrutschte, stellte Shinji dem Mann ruhig ein paar Fragen. Wie er heiße, wo er her käme und auch so vollkommen unsinnige Sachen, wie, was sein Lieblingsessen sei. Ihm wurde nur langsam geantwortet, aber Hauptsache war, dass er mit ihm sprach. Hoffentlich war das richtig, was er hier machte.

Nach einigen Minuten kam endlich die Polizei und die Sanitäter, denen er den Mann übergab. Danach beantwortete er ein paar Fragen.

Er war allerdings erleichtert, als er nebenbei bemerkte, wie Nate wieder kam. Ein wenig außer Atem, aber dafür den zweiten Täter fest im Griff. Er musste wirklich gerannt sein, um ihn noch zu erwischen. Er wirkte keinesfalls siegessicher oder irgendwie glücklich. Seine Miene war stoisch und wahrscheinlich darauf gerichtet, den Job zuende zu bringen. Ein Teil davon war, den Kerl der Polizei zu übergeben, der andere Teil bestand darin, auch noch Fragen zu beantworten.

Es muss nicht erwähnt werden, dass sie ihre U-Bahn verpasst hatten. Und auch die nächste... und die nächste und eine ganze Menge weiterer. Als sie endlich saßen, atmete Shinji kurz ein wenig durch. Hatte sich das jetzt wirklich gelohnt? Vielleicht... aber ohne Nate wäre er wirklich im Traum nicht darauf gekommen, jemandem wie diesem Fremden zu helfen. Er versuchte in sich hinein zu fühlen, aber da war kein Stolz darauf, dass er jemandem in Not geholfen hatte. Er fühlte sich nicht heldenhaft oder... irgendwie anders. Er war nur ein bisschen genervt, weil sie das jetzt so viel Zeit gekostet hatte.

"Jetzt hätte ich gerne eine Bier.", murmelte Nate und Shinji musste ein bisschen grinsen.

"Ist dir schon Mal aufgefallen, dass wir fast immer in so was geraten, sobald ich vor die Tür gehe? Entweder ist die Welt und die Menschheit einfach scheiße oder ich ziehe Unglück magisch an."

Es war wirklich nicht das erste Mal, dass ihm so etwas begegnete. Das einzige Mal, wo er mit Nate unterwegs gewesen war, und nichts passiert war, war bei dem Basketballspiel gewesen, aber vielleicht hatte er da auch nicht genug aufgepasst, weil er wirklich gut gelaunt gewesen war. Wer wusste schon, was die Hardcorefans hinterher noch getrieben hatten?

Es gab schon Gründe, warum er so wenig wie möglich vor die Tür ging. Er glaubte nämlich nicht, dass das nur an ihm lag. Die Welt war einfach Mist und er wollte nicht, dass ihm noch einmal passierte, was dieser Mann vorhin hatte erleiden müssen.

"Schade, ich wollte dir gerade vorschlagen, dass wir öfter so was machen sollten." Während Nate das sagte, schüttelte er seine Hand aus. Sein Gesichtsausdruck wirkte immer noch etwas verkniffen und Shinji glaubte nicht, dass das an den Schmerzen in dessen Hand lag, die gerade dabei war anzuwschwellen.

"Alles in Ordnung?" Ohne weiter darüber nachzudenken, griff Shinji vorischtig nach der Hand seines Freundes und betrachtete sie. Selbst Nate war wohl nicht unverwüstlich. "Ich denke, ich habe zu Hause noch Eiswürfel. Hast du dir was gebrochen?"

"Es ist alles in Ordnung." Es schwang ein merkwürdiger Unterton in Nates Stimme mit, aber Shinji wollte nicht nachfragen. "Wenn, dann habe ich dem anderen was gebrochen."

Er bewegte sogar die Finger kurz, um zu beweisen, dass alles gut war.

"Wenn du Alkohol zu Hause hast, mixen wir uns lieber einen "on the rocks". Das ist eine viel bessere Verwendung dafür."

Shinji verdrehte die Augen. Dass Nate so etwas nie ernst nehmen konnte. Das war früher auch immer schon gewesen. Hauptsache immer den Starken markieren.

"Hast du das damals nicht auch gesagt, als du dir den Fuß angebrochen hast? Du bist noch fünf Kilometer oder so mit uns wandern gegangen und kamst dann am nächsten Tag mit einem Gips um den Fuß in die Schule. Tu nicht so, ich sehe, dass du Schmerzen hast." Das war vielleicht ein bisschen geflunkert, denn Nate hatte ein ausgezeichnetes Pokerface. Aber die Farbe konnte nichts Gutes bedeuten.

"Das waren nie im Leben fünf Kilometer.", beschwerte sich Nate sofort. "Das waren mindestens acht und ich habe den Rucksack von Jess getragen, weil er ihr zu schwer geworden war."

Als wäre es eine Todsünde, dass er das vergessen hatte, rollte Nate extra theatralisch mit den Augen. Dass er daraufhin aus dem Fenster sah, verbarg sein spitzbübisches Grinsen auch nicht, das spiegelte sich nämlich in der Scheibe.

Nate hatte damals nicht einmal gehumpelt. Shinji wusste wirklich nicht, wie er das machte, denn er neigte eher dazu, zu jammern. Glücklicherweise war das für seinen Kumpel nie ein Problem gewesen, denn der liebte es, sich um andere und vor allem, um ihn zu kümmern.

"Wir kühlen das, wenn wir bei mir sind. Ende der Diskussion." Nur weil Nate nicht zugeben wollte, dass er Schmerzen hatte, hieß das ja nicht, dass man sich nicht um ihn kümmern konnte.

Gerade als Nate sich geschlagen gab, wurde ihre Station angekündigt und bald darauf, waren sie wieder in seiner Wohnung.

Sofort eilte Shinji in die Küche, wo er einen Gefriebeutel mit Eis füllte und ein Handtuch darum zu wickeln.

"Hier"

"Danke."

Nate ging zum Sofa und ließ sich darauf fallen.

"Ich bin definitiv zu alt für Raufereien.", lachte er, während Shinji im Bad verschwand um noch eine Salbe zu holen. Er ließ sich neben Nate fallen und zog die Hand wieder zu sich, legte den Eisbeutel beiseite und begann die Salbe vorsichtig auf den Knöcheln zu verteilen.

Als er kurz aufsah, nutzte Nate die Gelegenheit und küsste ihn. Im ersten Moment fühlte sich der Kuss unpassend an, aber dann bemerkte Shinji, wie die Anspannung, die er seit dem Restaurant mit sich herum getragen hatte, Stück für Stück von ihm abfiel und er sich endlich wieder etwas entspannen konnte. Er ließ auch zu, dass Nate seine Hand unter sein T-Shirt schob und nach einigen intensiven Küssen, ließ er sich sogar ins Schlafzimmer führen.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Ich verkünde mit Freude, dass ich den NaNoWriMo gewonnen habe :D
Das Buch ist immer noch nicht fertig, aber es ist langsam ein Ende in Sicht XD
Das Projekt hat jetzt 130.000 Wörter und es kommen noch einmal 20.000 bis 30.000 dazu.
Insgesamt sind es gerade 440 Normseiten
Nur um euch mal ein paar Daten zu geben ;)

Vielen Dank an jeden der das hier liest!
Und ganz besonderen Dank an alle die Kommentieren oder mir eine Empfehlung geben^^ Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Onlyknow3
2018-12-04T12:05:58+00:00 04.12.2018 13:05
Das hast du dir mehr als verdient, es ist super geschrieben. Und wenn du dein Buch genau so geschrieben hast wundert es mich nicht das du gewonnen hast. Wozu ich dir recht herzlich Gratuliere Lyndis.
Schreib weiter so, ich freue mich auf das nächste Kapitel.

LG
Onlyknow3
Antwort von:  Lyndis
04.12.2018 13:08
Hi,
danke für den Kommi^^
Aber ich glaube es gibt einen kleinen Irrtum, auch wenn ich es toll finde, dass du wirklich denkst, ich könnte mit dem Buch einen Preis gewinnen ^///^
Aber den NaNoWriMo zu 'gewinnen' bedeutet, dass ich die 50.000 Wörter geschafft habe und damit gegen meinen inneren Schweinehund gewonnen habe. Man tritt bei dem NaNo immer nur gegen sich selbst an ;)
Antwort von:  Onlyknow3
04.12.2018 13:10
Das ist trotzdem super, denke mal das schaffen die wenigsten. Ich glaube nicht das ich es packen würde.
Antwort von:  Lyndis
04.12.2018 13:14
ich glaube, das kommt immer an die Motivation an^^ 'das einfach mal zu versuchen' funktioniert meistens nicht. Aber diesmal hatte ich den festen Entschluss, das Buch damit zuende zu kriegen (was leider trotzdem nicht geklappt hat XD) weil ich das nächstes Jahr veröffentlichen will.
Das gibt genug Motivation es einfach durchzuziehen^^


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